Jahresbilanz der Pressefreiheit, Gewalt gegen Frauen, Rundfunkpolitik

1. Weltweit 54 Journalisten getötet und 550 in Haft
(reporter-ohne-grenzen.de)
Die Organisation Reporter ohne Grenzen hat ihre aktuelle “Jahresbilanz der Pressefreiheit” veröffentlicht (PDF), laut der weltweit derzeit 550 Journalistinnen und Journalisten in Gefängnissen sitzen, sieben Prozent mehr als im Vorjahr: “Die Zahl der 2024 weltweit getöteten Journalistinnen und Journalisten bleibt auf einem hohen Niveau. Bis zum Stichtag 1.12. kamen 54 Medienschaffende wegen ihrer Arbeit ums Leben. Fast ein Drittel von ihnen wurde in Gaza getötet. Insgesamt kamen dort seit Kriegsbeginn am 7. Oktober 2023 mehr als 145 Medienschaffende ums Leben, darunter mindestens 35 mit klarem Bezug zu ihrer Arbeit.”

2. Nicht viel gelernt
(taz.de, Ann-Kathrin Leclère)
Eine Studie der Otto-Brenner-Stiftung (PDF) zeige, dass die Berichterstattung über geschlechtsspezifische Gewalt in deutschen Medien oft oberflächlich bleibe, Täterperspektiven überbetone und wichtige Aspekte wie Hilfsangebote oder gesellschaftliche Maßnahmen vernachlässige. Partnerschaftsgewalt und strukturelle Hintergründe würden selten thematisch eingeordnet, und stereotype Darstellungen, etwa bei nichtdeutschen Tatverdächtigen, würden Vorurteile verstärken.

3. Das Exxpress-Netzwerk
(tageins.at, Dominik Ritter-Wurnig & Markus Sulzbacher)
“Exxpress bleibt auch im dritten Jahr seiner Gründung ein Krawallmedium, das nochmals einen Stock tiefer als der Boulevard agiert. Nicht-Ereignisse werden zu Stories aufgeblasen und mit billigem Clickbait Nutzer*innen abgezogen. Dazwischen finden sich reißerische Geschichten vom deutschen Partnerportal Nius und banale APA-Meldungen.” Dominik Ritter-Wurnig und Markus Sulzbacher haben sich angeschaut, was das österreichische Portal “Exxpress” einmal war, was es aus ihrer Sicht heute ist und was es gerne wäre.
Update: Der Beitrag wurde inzwischen hinter eine Paywall gestellt.

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4. Australien plant Strafzahlungen für Internetriesen, die für Nachrichten nicht bezahlen
(spiegel.de)
Australiens Regierung plane neue Regelungen, um Internetkonzerne wie Google und Meta zur Bezahlung von Nachrichteninhalten zu verpflichten. Ab 2025 wolle sie eine Art Sondersteuer für Unternehmen einführen, die sich weigern, mit Medienhäusern zu verhandeln. Bei einigen Konzernen führe das offenbar zu einem gegenteiligen Effekt: “Meta, zu dem auch Instagram, Threads und WhatsApp gehören, hat den Anteil, der Nachrichten und politische Inhalte umfasst, global zurückgefahren – angeblich, um die Anzahl der Zugriffe zu steigern. Nachrichtenlinks würden inzwischen nur noch einen Bruchteil der Feeds der Nutzer ausmachen. In Kanada boykottiert der Konzern sogar journalistische Angebote, um einer Zahlungspflicht zu entgehen.”

5. Wie bulgarische Medien über Minderheiten berichten
(de.ejo-online.eu, Ivo Indzhov)
Eine Untersuchung zur Berichterstattung über Minderheiten in bulgarischen Medien zeige deutliche Diskrepanzen zwischen dem Ethikkodex der Branche und der tatsächlichen Praxis, berichtet Ivo Indzhov: “Der Bericht analysiert, wie bulgarische Medien traditionelle Minderheitengruppen, bestimmte gefährdete Gruppen wie LGBTI sowie Migranten aus dem Nahen Osten und Nordafrika und Geflüchtete aus der Ukraine darstellen. Während einige Gruppen neutral behandelt werden, werden andere von vielen Medien als Zielscheibe benutzt.”

6. Komplett-Verweigerung der Rundfunkpolitik
(verdi.de)
Die gestrige Ablehnung der von der KEF empfohlenen Erhöhung des Rundfunkbeitrags um 58 Cent ab 2025 durch die Ministerpräsidentinnen und Ministerpräsidenten wird von der Gewerkschaft Verdi scharf kritisiert. Christoph Schmitz-Dethlefsen, im Verdi-Bundesvorstand für Medien zuständig, kommentiert: “Das Gebaren der Ministerpräsident*innen in der Rundfunkpolitik ist nicht hinnehmbar. Indem sie die nötige Beitragserhöhung verwehren, brechen die Regierungschef*innen der Länder mit verfassungsrechtlich geregelten Verfahren.”

Ausgezeichnet, “Sportschau”-Ende?, “Luftraum völlig ungeschützt”

1. Reporter:innen-Preis 2024
(reporter-forum.de)
Das Reporter:innen-Forum hat mit seinem Reporter:innen-Preis erneut herausragende journalistische Arbeiten ausgezeichnet, die gesellschaftlich relevante Themen beleuchten: Von Flüchtlingsunterkünften und Afghanistan-Abzug bis hin zu Zwangsprostitution und Kulturkämpfen in den USA – die in elf Kategorien prämierten Beiträge würden “akribische Recherche”, “erzählerische Kraft” und Feingefühl aufweisen. Die Jury hob besonders den Mut, die Relevanz und die handwerkliche Qualität der ausgezeichneten Reportagen, investigativen Recherchen, Essays und Podcasts hervor. Unbedingter Lesetipp, da PDFs der prämierten Beiträge verlinkt sind.

2. Vor der MPK: ÖRR-Finanzierungsreform wackelt
(dwdl.de, Timo Niemeier)
Am heutigen Donnerstag beraten die Ministerpräsidentinnen und -präsidenten über die Zukunft des Rundfunkfinanzierungsstaatsvertrags. Timo Niemeier beleuchtet bei “DWDL” die zentralen Fragen rund um ein neues Finanzierungsmodell und die laufende Verfassungsbeschwerde von ARD und ZDF. Die Entscheidungen könnten weitreichende Konsequenzen für die öffentlich-rechtlichen Sender und die Medienpolitik im Allgemeinen haben.

3. RSF-Vorschläge zu Medienpluralismus
(reporter-ohne-grenzen.de)
Die Organisation Reporter ohne Grenzen (RSF) hat Empfehlungen zur Förderung des Medienpluralismus in Deutschland vorgestellt. Sie lehnen sich an das neue Europäische Medienfreiheitsgesetz an. Die Vorschläge umfassen unter anderem die Gemeinnützigkeit für Non-Profit-Journalismus, mehr Transparenz bei Medieneigentum und staatlichen Werbegeldern sowie eine klare Reform des öffentlich-rechtlichen Auftrags. Ziel sei es, Medienvielfalt und Unabhängigkeit besser abzusichern, journalistische Inhalte sichtbarer zu machen und stärker zu schützen.

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4. KI: Menschen wollen Regeln
(verdi.de)
Das Verdi-Medienmagazin “M” berichtet von einer Umfrage der Landesmedienanstalten zur Akzeptanz von Künstlicher Intelligenz (KI) in Medien. Laut der Studie fordern 90 Prozent der Befragten eine verbindliche Kennzeichnung von KI-gestützten Inhalten, da vor allem synthetische Moderationen und KI-generierte Artikel auf Skepsis stoßen. Christian Krebs, Leiter der niedersächsischen Landesmedienanstalt und verantwortlich für die Studie, kommentiert: “Nur wenn Medienhäuser und Plattformen sich aktiv für klare Kennzeichnung und nachvollziehbare Prozesse einsetzen, können wir verhindern, dass Vertrauen verloren geht”.

5. “Luftraum ungeschützt”: Verbreiteten Medien Spin des Verteidigungsministeriums?
(kobuk.at, Simon Weiß)
Simon Weiß kritisiert die Berichterstattung österreichischer Medien, die den Luftraum des Landes fälschlicherweise als “völlig ungeschützt” dargestellt hätten. Dabei habe die passive Überwachung uneingeschränkt funktioniert. Das österreichische Verteidigungsministerium dementiere die falsche Darstellung nicht, was den Verdacht aufkommen lasse, dass die Aufmerksamkeit genutzt werden könnte, um mehr Budget für das Heer zu fordern. Der tatsächliche Zustand sei eine eingeschränkte aktive Überwachung, nicht ein völliger Schutzverlust.

6. Das Ende der “Sportschau” nur verschoben?
(fachjournalist.de, Michael Schaffrath)
Michael Schaffrath bewertet die jüngste Vergabe der Übertragungsrechte der Fußball-Bundesliga im Hinblick auf Refinanzierbarkeit und Zukunftsperspektiven kritisch. Trotz gestiegener Einnahmen seien die Investitionen für Sender wie Sky und DAZN nur schwer zu stemmen, was das Geschäftsmodell langfristig gefährden könnte. Mit Blick auf öffentlich-rechtliche Traditionssendungen sieht Schaffrath das Ende von ARD-“Sportschau” und ZDF-“Sportstudio” nur als eine Frage der Zeit, da wirtschaftliche Gründe die Bundesliga zunehmend ins Pay-TV drängen könnten.

Nebenkostenprivileg, Sammelklage gegen Meta, “Zum Blauen Bock”

1. Ein TV-Desaster? Die unbequeme Wahrheit des Nebenkostenprivilegs
(dwdl.de, Thomas Lückerath)
Mit dem Wegfall des sogenannten Nebenkostenprivilegs im Juli dieses Jahres müssen Mieterinnen und Mieter in Deutschland einen gewünschten TV-Kabelanschluss direkt bezahlen. Zuvor wurde dieser über die Mietnebenkosten durch den Vermieter abgerechnet. Während Anbieter wie Vodafone und IPTV-Dienste wie Waipu und MagentaTV einige Kunden gewinnen konnten, bleiben Millionen Haushalte ohne neue Verträge und nutzen nun Kabel-TV möglicherweise illegal weiter. “DWDL”-Chefredakteur Thomas Lückerath beschreibt die Konsequenzen, die von erheblichen Einnahmeverlusten der Netzbetreiber und Content-Produzenten bis zu einem möglichen Schrumpfen der Reichweite des linearen Fernsehens reichen.

2. Verbraucherschützer reichen Sammelklage gegen Meta ein
(spiegel.de)
Der Verbraucherzentrale-Bundesverband habe eine Sammelklage gegen Meta eingereicht, um Betroffenen des Facebook-Datenlecks von 2021 Schadensersatzansprüche zu ermöglichen. Über 500 Millionen Telefonnummern seien damals durch den Missbrauch der Suchfunktion entwendet und teils veröffentlicht worden, allein in Deutschland betreffe dies sechs Millionen Nutzerinnen und Nutzer. Ein aktuelles Urteil des Bundesgerichtshofs erleichtere die – wenn auch niedrigen – Ansprüche.

3. Altersdiskriminierung beim WDR?
(verdi.de, Ullrich Schauen)
Ein Beschluss der WDR-Geschäftsleitung soll freie Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter nach Erreichen des Rentenalters grundsätzlich von weiteren Aufträgen ausschließen, was von Betroffenen und Gewerkschaften als Altersdiskriminierung kritisiert werde. Während der öffentlich-rechtliche Sender eine Verjüngung seines Teams als Ziel anführe, würden Kritiker bemängeln, dass durch den Beschluss eine Menge der über Jahre aufgebauten Kompetenzen verloren gehen und die Qualität der Berichterstattung leiden könnte.

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4. Wie steht es um Reformen und Finanzierung
(deutschlandfunk.de, Sören Brinkmann, Audio: 38:30 Minuten)
Die Debatte über Reformen im öffentlich-rechtlichen Rundfunk dauere seit Jahren an. Zwar gebe es politische Einigungen zu einzelnen Aspekten, die Frage der zukünftigen Finanzierung bleibe jedoch offen. Beim Deutschlandfunk fragen sich Diemut Roether von “epd medien” und Christoph Sterz aus der Deutschlandfunk-Redaktion “mediasres”: “Wie steht es um Reformen und Finanzierung?”

5. Medienmogul erleidet Rückschlag
(tagesspiegel.de)
Ein Nachlassgutachter in Nevada habe Rupert Murdochs Plan, seinem Sohn Lachlan die alleinige Kontrolle über das Medienimperium zu übertragen, vorläufig zurückgewiesen. Das Gutachten habe die Gleichberechtigung der Geschwister innerhalb der Familienstiftung gestärkt, die bisher gemeinsam über das Unternehmen entschieden hätten. Lachlan Murdoch stehe für die konservative Ausrichtung des Konzerns.

6. Das deutsche Trauma weggelacht
(taz.de, Andreas Rüttenauer)
Andreas Rüttenauer schreibt in der “taz” über eine neue Doku des Hessischen Rundfunks, in der es um Entertainer Heinz Schenk und dessen Show “Zum Blauen Bock” geht (“Der 20 Millionen Mann – Entertainer Heinz Schenk”). Die Produktion beleuchte Schenk als Symbol einer Zeit, in der volkstümlicher Witz, derbe Sprüche und fragwürdige Pointen Millionen Zuschauer und Zuschauerinnen begeisterten und halfen, die Traumata der Kriegsgeneration wegzulachen. Rüttenauer ordnet dieses Phänomen ein und zieht Verbindungen zur heutigen Festzeltkultur.

Aufschub für TikTok?, Zwischen politischen Fronten, Aserbaidschan

1. TikTok beantragt Aufschub für drohendes US-Verbot – und hofft auf Trump
(spiegel.de)
TikTok habe gegen ein drohendes Verbot in den USA einen Aufschub beantragt, um das entsprechende Gesetz vorübergehend auszusetzen, bis der Oberste Gerichtshof den Fall entschieden habe. Andernfalls drohe der Videoplattform einen Tag vor dem Regierungswechsel im Januar die Abschaltung. Die chinesische Muttergesellschaft ByteDance wehre sich weiterhin gegen die gegen sie erhobenen Spionagevorwürfe.
Weiterer Lesetipp zu TikTok: Bei netzpolitik.org kommentiert der Datenschutzexperte Thilo Weichert: “Die etablierten Parteien haben eine Brandmauer zur AfD hochgezogen. Wann aber kommt die Brandmauer zu TikTok? Die Plattform geht kaum gegen Falschinformationen und Hetze vor.”

2. Wenn Journalisten zwischen politische Fronten geraten
(br.de, Nina Landhofer, Audio: 27:51 Minuten)
Mit zwei Mitarbeitern des ARD-Studios in Moskau sind erneut Journalisten zwischen die politischen Fronten geraten und müssen Russland verlassen. Nina Landhofer fragt: “Was bedeutet das für Medien, wenn wegen Ihnen Staaten erpresst werden? Wie wirkt sich solch ein Druck auf die Journalisten aus? Wie hat sich das Mediensystem in Russland in den letzten Jahren verändert? Und vor allem: Wie kann gute Berichterstattung weiter funktionieren?”

3. Aserbaidschan wird immer gefährlicher für Journalisten
(taz.de, Bernhard Clasen)
Bernhard Clasen berichtet über die Verhaftung mehrerer Journalistinnen und Journalisten des unabhängigen Medienunternehmens “Meydan TV” in Aserbaidschan. Ihnen wird die illegale Einfuhr von Devisen vorgeworfen, was “Meydan TV” als unbegründet und repressiv zurückweise. Clasen stellt die Vorfälle in Zusammenhang mit einer seit 2014 verschärften Gesetzgebung, die unabhängigen Journalismus und Nichtregierungsorganisationen zunehmend kriminalisiere.

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4. Klimathemen in Sozialen Medien
(verdi.de, Bärbel Röben)
Bärbel Röben berichtet über Vanessa Kokoschkas Forschung zur Wirkung von Plattform-Algorithmen auf klimajournalistische Inhalte. Die Untersuchung basiere auf einer Analyse von Formaten auf Instagram, TikTok und Youtube und behandle die Frage: “Inwieweit passen Redaktionen ihre klimajournalistischen Beiträge der algorithmischen Plattformlogik an?”

5. Chefin zu zweit
(journalist.de, Catalina Schröder)
“Die Journalistinnen Lydia Leipert und Rebecca Zöller teilen sich ihre Führungsposition im Bayerischen Rundfunk. Das Jobsharing bekommt als Modell immer mehr Aufmerksamkeit – wie sinnvoll ist so eine Tandem-Konstruktion im Journalismus?” Über diese und weitere Fragen hat sich Catalina Schröder mit dem Jobsharing-Duo unterhalten.

6. ARD will Kommentare in die Mediathek integrieren
(dwdl.de, Alexander Krei)
Die ARD plane, in ihrer Mediathek eine Kommentarfunktion einzuführen. Dies solle einen stärkeren Dialog mit den Nutzerinnen und Nutzern ermöglichen. Der genaue Zeitpunkt für die Einführung stehe jedoch noch nicht fest.

Rechtenbühne “Nius”, Blockade in Israel, Rügen des Presserats

1. Nius: Wo Rechte eine Bühne bekommen
(zdf.de, Jan Böhmermann, Video: 32:31 Minuten)
Die Redaktion des “ZDF Magazin Royale” hat sich mit dem rechten Krawallportal des ehemaligen “Bild”-Chefredakteurs Julian Reichelt beschäftigt und dabei allerhand zutage gefördert: “Irgendwo im beschaulichen Berlin-Kreuzberg will sich eine Einheit aus tapferen Recken nicht damit zufriedengeben, dass die deutsche Medienlandschaft vom links-grün-woken Zeitgeist komplett verschlungen wird. Als rechtspopulistische Meinungsfreiheits-Avengers zieht das Team von Nius durchs Netz, um mit Artikeln, Podcasts und Videoformaten ihre ganz eigene Wahrheit ans Licht zu bringen. Dabei lassen sie sich nicht von nervigen Dingen wie moralischen Prinzipien oder journalistischer Sorgfalt beirren und geben Rechtsextremen bereitwillig eine Bühne.”

2. Bibis Medien-Blockade
(taz.de, Nicholas Potter)
Nicholas Potter schreibt in der “taz” über die Eskalation der Angriffe Benjamin Netanjahus auf die Pressefreiheit in Israel, darunter der Boykott der Zeitung “Haaretz” durch die israelische Regierung. Neben staatlichen Sanktionen gegen kritische Medien würden auch Pläne zur Privatisierung des öffentlich-rechtlichen Senders Kan vorangetrieben, um unabhängigen Journalismus zu schwächen. Diese Maßnahmen seien Teil einer umfassenderen Strategie zur Kontrolle der Berichterstattung sowie zur Untergrabung der Demokratie und unabhängiger Institutionen im Land.

3. Rügen für Verstöße gegen Sorgfaltspflicht und Opferschutz
(presserat.de)
Der Deutsche Presserat hat mehrere Medien gerügt, darunter Bild.de wegen einer unzulässigen Berichterstattung über einen Suizid, spekulativer Inhalte und der Verletzung des Persönlichkeitsschutzes durch identifizierende Darstellungen von Opfern. Auch andere Publikationen wurden gerügt, etwa für unangemessene Details zu Missbrauchsfällen, irreführende Überschriften und Verstöße gegen die Trennung von Werbung und Redaktion.

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4. Qualitätsoffensive: Telepolis überprüft historische Artikel
(telepolis.de, Harald Neuber)
Wie die Redaktion von “Telepolis” in eigener Sache mitteilt, habe man im Rahmen einer “Qualitätsoffensive” alle Beiträge vor 2021 vorübergehend aus dem Archiv genommen, um sie auf Qualität, Urheberrechte und Barrierefreiheit zu prüfen: “Wir werden die alten Inhalte systematisch und so schnell wie möglich sichten und – soweit sie noch einen Mehrwert bieten – nach unseren Qualitätskriterien bewerten und überarbeiten. Essays und Fachaufsätze haben dabei Vorrang, tagesaktuelle Texte aus der Vergangenheit nicht.”

5. Metas Content-Moderator:innen fordern besseren Schutz
(netzpolitik.org, Ben Bergleiter)
Content-Moderatorinnen und -Moderatoren, die für den Social-Media-Konzern Meta tätig sind, fordern in einem offenen Brief an das EU-Parlament gesetzliche Maßnahmen gegen ihre schlechten Arbeitsbedingungen. Sie berichten von niedrigen Löhnen, extremer psychischer Belastung durch verstörende Inhalte und unzureichender Unterstützung: “Es fühlt sich manchmal so an, als würde sich Meta mehr um das Image der Content-Moderation kümmern als um uns – die Menschen hinter den Bildschirmen. Wir sind keine Maschinen, die endlos verstörende Inhalte filtern können, ohne dass es Spuren hinterlässt”, so die namentlich nicht näher benannten Unterzeichner des offenen Briefs.

6. Guardian-Verlag verkauft »Observer«
(spiegel.de)
Der britische “Observer”, die älteste Sonntagszeitung der Welt, werde vom “Guardian”-Verlag an das Online-Portal “Tortoise Media” verkauft. In den kommenden fünf Jahren soll der neue Eigentümer mehr als 30 Millionen Euro investieren, um die gedruckte Ausgabe des “Observer” zu erhalten und dessen Onlinepräsenz auszubauen. Die Belegschaften von “Observer” und “Guardian” hätten vergangene Woche aus Protest gegen die Pläne gestreikt.

KW 49/24: Hör- und Gucktipps zum Wochenende

Hurra, Wochenende – und damit mehr Zeit zum Hören und Sehen! In unserer Wochenendausgabe präsentieren wir Euch eine Auswahl empfehlenswerter Filme und Podcasts mit Medienbezug. Viel Spaß bei Erkenntnisgewinn und Unterhaltung!

***

1. BGH entscheidet zu Luftaufnahme von Michael Schumachers Villa auf Mallorca gegen BURDA Verlag
(youtube.com, Alexander Boos, Video: 10:00 Minuten)
Wie am Freitag in den “6 vor 9” zu lesen war, hatte die zum Burda-Verlag gehörende Zeitschrift “Freizeit Spass” im Sommer 2020 einen Artikel über die Familie von Michael Schumacher veröffentlicht, der auch eine Luftaufnahme der Villa der Schumachers auf Mallorca enthielt. Dagegen klagte die Familie, unterlag jedoch vor dem Bundesgerichtshof (BGH). Rechtsanwalt Alexander Boos erklärt, warum er an Stelle des BGH den Fall wahrscheinlich anders entschieden hätte.

2. Was ist überhaupt Misinformation?
(uebermedien.de, Holger Klein, Audio: 31:12 Minuten)
Im “Übermedien”-Podcast unterhält sich Holger Klein mit dem Molekularbiomediziner und Wissenschaftsjournalisten Kai Kupferschmidt über das Thema Misinformation: “Sind Fake News doch nicht so gefährlich wie gedacht? Wie grenzt man Misinformation, Desinformation und Fake News voneinander ab? Und was haben Falschnachrichten und Viren gemeinsam?”

3. Fachtag KI & Desinformation: Künstliche Intelligenz im Journalismus
(youtube.com, Kirsten Limbecker, Video: 1:27:04 Stunden)
Bei der Fachtagung “KI & Desinformation” sprechen die beiden Journalistinnen Ine Dippmann vom MDR Sachsen und Rebecca Ciesielski vom Bayerischen Rundfunk über den Einsatz von Künstlicher Intelligenz (KI) im Journalismus. Sie diskutieren darüber, wie KI-Tools journalistische Prozesse wie Recherche, Transkription und Produktion unterstützen können, und welche Herausforderungen wie Glaubwürdigkeit und Datenschutz bestehen.

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4. Brian Reed untersucht die Wahrheitskrise im Journalismus
(laeuft-programmschau.podigee.io, Alexander Matzkeit, Audio: 27:46 Minuten)
Im Podcast “Läuft” spricht Alexander Matzkeit mit dem bekannten US-Podcaster Brian Reed über die Fragen, ob der Journalismus seine Funktion gegenüber der Öffentlichkeit noch erfüllt und warum Wahrheit allein als Ziel nicht mehr ausreicht. Reed teilt seine Erkenntnisse über journalistische Herausforderungen, die Bedeutung persönlicher Geschichten in Podcasts und denkt darüber nach, wie die US-Medien nach Donald Trumps Wiederwahl weitermachen könnten. Das Interview hat Matzkeit auf Englisch geführt, ein deutsches Transkript findet man hier. Außerdem gibt es Podcasttipps – die dann wieder auf Deutsch – von Azadê Peşmen, Sandro Schroeder, Susanne Klinger und Lea Utz, die Alexander Matzkeit auf der Podcastkonferenz “So Many Voices” in München eingesammelt hat.

5. »Kinder sehen Inhalte, für die sie nicht bereit sind« – »Für junge Leute ist das Internet Realität«
(spiegel.de, Aleksandra Janevska, Video: 18:30 Minuten)
Der australische Senat hat kürzlich Kindern und Jugendlichen unter 16 Jahren den Zugang zu TikTok, Instagram und anderen Sozialen Netzwerken verboten beziehungsweise ein entsprechendes Verbot beschlossen. Könnte ein solches Verbot auch für Deutschland ein Vorbild sein? Darüber diskutieren die “Spiegel”-Redakteurinnen Aleksandra Janevska und Kristin Haug.

6. Zukunft der Medien
(spotify.com, Christian Jakubetz, Audio: 18:12 Minuten)
Gibt es zu viel Meinung und zu wenig Information in den Medien? Kann es objektiven Journalismus überhaupt geben? Wie sehen die zukünftigen Verbreitungswege von Medieninhalten aus? Und wird es weiterhin lineares Fernsehen geben? Über diese und andere Fragen zur Zukunft des Journalismus spricht Christian Jakubetz mit dem BR-Journalisten und Redaktionsleiter Andreas Bachmann.

Gewalt gegen Frauen, Keine Krone für die KI, Bild von Schumis Feri­en­villa

1. Gewalt gegen Frauen: Eine journalistische Tragödie
(journalist.de, Livia Lergenmüller)
Livia Lergenmüller kritisiert, dass Gewalt gegen Frauen in der journalistischen Berichterstattung häufig verharmlost und als Einzelfall dargestellt werde, wodurch die gesellschaftlichen Ursachen unsichtbar bleiben würden. Lergenmüller verweist auf eine neue Studie, die zeige, dass Medien selten die strukturelle Dimension der Gewalt beleuchten und oft nur Einzelfälle beschreiben, wodurch das Problem marginalisiert werde.

2. Die Krone zeigt, warum es keine gute Idee ist, KI freie Hand zu lassen
(kobuk.at, Sebastian Deiber)
Das österreichische Boulevardblatt “Krone” experimentiere mit maschinellen Übersetzungen durch eine Künstliche Intelligenz, was nicht immer gut ausgehe. Sebastian Deiber fragt sich: “Welches Ziel verfolgt die Krone mit der automatisierten Mehrsprachigkeit? Um neue Zielgruppen zu erschließen und die Reichweite zu erhöhen, richtete sie dem Falter auf Anfrage aus. Sieht man sich die Sorgfalt an, mit der die Krone die übersetzten Beiträge online stellt, scheint sie das Experiment nicht sehr ernst zu nehmen.”

3. Klatsch­presse darf Bild von Schumis Feri­en­villa ver­öf­f­ent­li­chen
(lto.de)
Das im Burda-Verlag erscheinende Regenbogenblatt “Freizeit Spass” habe im Sommer 2020 einen Artikel über die Familie von Michael Schumacher veröffentlicht, der auch eine Luftbildaufnahme der Villa der Schumachers auf Mallorca enthielt. Dagegen klagte die Familie, am Ende jedoch erfolglos: “Ein Eingriff in Persönlichkeitsrechte liege zwar vor, er sei aber nicht besonders schwerwiegend”, fasst “Legal Tribune Online” die Entscheidung des Bundesgerichtshofs zusammen.

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4. Keine Zukunftsvision: Warum die ÖRR-Reform die Zukunft von ARD und ZDF nicht sichert.
(turi2.de, Diemut Roether)
Diemut Roether bemängelt, dass die geplante Reform des öffentlich-rechtlichen Rundfunks zentrale Herausforderungen wie die digitale Strategiefähigkeit und eine grundlegende Strukturreform unberücksichtigt lasse. Zudem weist sie auf widersprüchliche Regelungen hin, wie das Verbot “presseähnlicher” Inhalte. Insgesamt sieht Roether die Zukunft von ARD und ZDF durch die Reform nicht gesichert und warnt vor den Folgen einer fehlenden politischen Einigung.

5. Zwei Schweizer Medien bei der Premiere gefördert
(persoenlich.com, Nick Lüthi)
Der “Media Forward Fund” habe erstmals Gelder zur Förderung gemeinwohlorientierter Medienprojekte in Deutschland, Österreich und der Schweiz vergeben, mit einer Gesamtsumme von 1,5 Millionen Euro. Aus der Schweiz erhielten das Berner Recherche-Team “Reflekt” und das Zürcher Onlinemagazin “Tsüri” Förderungen, um ihre Reichweite durch innovative Social-Media-Formate und die Berichterstattung über die Wohnkrise auszubauen. Insgesamt profitieren vier Medien von der Förderung, darunter auch zwei österreichische Projekte, die auf Abonnentengewinnung und eine kreative Präsentation ihrer Recherchen setzen.

6. Merkels Memoiren sind bislang erfolgreichstes Buch des Jahres
(spiegel.de)
Angela Merkels Memoiren seien in der ersten Woche mehr als 200.000 Mal verkauft worden. “Kein anderes Buch hat in diesem Jahr einen derart fulminanten Start hingelegt”, so Ulrike Altig, Geschäftsführerin des Unternehmens Media Control, das Zahlen zu Buchverkäufen zusammenträgt.

Opfer und Täter, Press Freedom Awards, Neonfarbene Ablenkung

1. “Spiegel” verwechselt Opfer und Täter bei Fahrradunfall
(stefan-fries.com)
Stefan Fries kritisiert, dass viele Medien Unfälle zwischen Radfahrern und Autofahrern oft aus der Sicht des Autofahrers schildern und damit Opfer und Täter sprachlich vertauschen würden. Anhand eines aktuellen “Spiegel”-Artikels zeigt er, wie der Text den Autofahrer als Verursacher unsichtbar mache und stattdessen den Radfahrer als unfähig darstelle.

2. RSF würdigt mutige Journalisten
(reporter-ohne-grenzen.de)
Die Organisation Reporter ohne Grenzen (RSF) hat zum 32. Mal ihre Press Freedom Awards verliehen: “Mit den RSF Press Freedom Awards werden seit mehr als drei Jahrzehnten Medienschaffende und Medien ausgezeichnet, die mit ihrer Arbeit einen wichtigen Beitrag zur Verteidigung oder Förderung der Pressefreiheit in der ganzen Welt geleistet haben. Nominiert waren in diesem Jahr 18 Reporterinnen und Reporter, zwei Medienunternehmen und fünf Fotografinnen und Fotografen aus 22 Ländern, darunter Russland, Libanon, Vietnam, Peru und Ghana.”

3. “Journalism Value Report”: Studie zeigt den gesellschaftlichen Wert unabhängiger Medien und warnt von großer finanzieller Unsicherheit innerhalb des Sektors
(netzwerkrecherche.org)
Der “Journalism Value Report” (PDF) des Netzwerk Recherche unterstreiche “die Bedeutung unabhängiger, gemeinwohlorientierter Medien für den investigativen Journalismus und den Lokaljournalismus in Europa”, zeige aber auch die prekäre finanzielle Situation vieler unabhängiger Redaktionen. Insbesondere Lokalmedien hätten mit geringer Finanzierung und prekären Arbeitsbedingungen zu kämpfen, während investigative Medien besser gefördert würden. Die Studie empfiehlt Maßnahmen wie eine verstärkte Strukturförderung, Kompetenzaufbau in organisatorischen Bereichen und einen verstärkten Erfahrungsaustausch, um die Widerstandsfähigkeit und Nachhaltigkeit des Sektors zu fördern.

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4. Good bye, Greenpeace Magazin, hello atmo: Mut zum Print-Journalismus in schwierigen Zeiten
(fachjournalist.de, Ulrike Bremm)
Ulrike Bremm hat mit Frauke Ladleif gesprochen, Mitgründerin des neuen Umweltmagazins “atmo”, das von einem Team ehemaliger Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des eingestellten “Greenpeace Magazins” gegründet wurde. Ladleif erklärt, warum unabhängiger Umweltjournalismus in Zeiten von Desinformation und Lobbyismus wichtig sei, wie sie und ihr Team das Magazin ausschließlich über Abonnements finanzieren wollen, und welche Themen und Formate im Fokus stehen. Sie betont den Wert von konstruktivem Journalismus, klarer Einordnung und nachhaltiger Bezahlung der freien Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter als Grundlage für qualitativ hochwertige Berichterstattung.

5. Studienergebnisse: Worlds of Journalism
(verdi.de, Till Schmidt)
Der Länderreport “Journalist*innen in der Schweiz. Wer sie sind, wie sie arbeiten und was sie plagt” zeige, dass die Arbeitsbedingungen von Journalistinnen und Journalisten prekär, Frauen in Führungspositionen weiter unterrepräsentiert seien und der Berufsalltag zunehmend von Stress, Zeitdruck und Bedrohung geprägt sei. Schweizer Medienschaffende seien mehrheitlich männlich, politisch eher links eingestellt und würden oft für mehrere Formate arbeiten. Die Studie unterstreiche die Notwendigkeit von Verbesserungen in den Bereichen Diversität, Arbeitsbedingungen und Sicherheit.

6. Eine neonfarbene Ablenkung von der eigenen Schäbigkeit
(netzpolitik.org, Ben Bergleiter)
Ben Bergleiter kommentiert bei netzpolitik.org, wie der Musikstreamingdienst Spotify mit der Kampagne “Wrapped” die persönlichen Daten seiner Nutzerinnen und Nutzer in ein glamouröses Marketingevent verpacke und damit erfolgreich von problematischen Geschäftspraktiken wie der Ausbeutung von Künstlerinnen und Künstlern sowie aggressivem Datentracking ablenke. Bergleiter kritisiert, dass die Nutzerinnen und Nutzer durch ihre spielerische Selbstdarstellung in den Sozialen Medien unbewusst kostenlose Werbung für Spotify machen würden. Die Kampagne schaffe ein scheinbar individuelles Hörerlebnis, das jedoch von algorithmischen Einschränkungen und Kommerzialisierung geprägt sei.

“Der Osten ist kein Zoo”, Plagiate, Das Ende der Klatschpresse?

1. “Der Osten ist kein Zoo”
(journalist.de, Sonja Peteranderl)
Sonja Peteranderl hat sich mit Marieke Reimann, Zweite Chefredakteurin des SWR, über die stereotype und einseitige Berichterstattung über Ostdeutschland in deutschen Medien unterhalten. Reimann, die aus Rostock kommt, kritisiert die geringe Repräsentation von Ostdeutschen in Führungspositionen und fordert eine diversere und kontinuierlichere Berichterstattung, die den Osten nicht auf Klischees reduziert. Sie erläutert außerdem ihre Entscheidung, den SWR zu verlassen, und beschreibt ihre Pläne für die Zukunft (unter anderem ausschlafen und die Blumen umtopfen).

2. Plagiatsvorwürfe im Wahlkampf: Wie berichtet man über einen Verdacht?
(journalistik.online, Jochen Zenthöfer)
In der Fachzeitschrift “Journalistik” schreibt Jochen Zenthöfer über den Umgang von Medien mit Plagiatsvorwürfen im Wahlkampf. Er gibt Handlungsempfehlungen für Journalistinnen und Journalisten, damit sie sich nicht als Instrument politischer Kampagnen missbrauchen lassen, und betont die Bedeutung fundierter Recherche sowie die Einhaltung der Verdachtsberichterstattung. Zenthöfer erörtert auch, wann und unter welchen Umständen Redaktionen über Plagiatsvorwürfe berichten sollten, insbesondere kurz vor Wahlen.

3. “Plötzlich und unerwartet”: Exxpress mit Falschinformationen zu Impftoten
(kobuk.at, Andrea Gutschi)
Andrea Gutschi kritisiert den österreichischen “Exxpress”, der eine wissenschaftlich unsaubere Studie über angebliche Impftote unkritisch verbreitet habe. Ihr Fazit: “Das Problem ist größer als der Exxpress, und auch größer als der Mythos ‘plötzlich und unerwartet’. Es geht darum, wie bestimmte Medien seit Jahren ihr eigenes Verständnis von Wissenschaft propagieren. Wie sie fragwürdige Studien zitieren, über andere hingegen gar nicht berichten. Und wie sie dabei letztendlich die Sorge vieler Menschen vor Impfungen für eigene Zwecke ausnutzen.”

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4. Selbstzensur rund um Nahost-Berichterstattung
(reporter-ohne-grenzen.de)
Die Organisation Reporter ohne Grenzen (RSF) berichtet über zunehmende Selbstzensur und Druck auf Medienschaffende bei der Nahost-Berichterstattung in Deutschland. “Vielen Journalistinnen und Journalisten, die sich trotz einer Vielzahl an Tabus und Ungewissheiten der Berichterstattung rund um Palästina-Themen widmen, ist eine spürbare Erschöpfung anzumerken: Zum einen wird RSF Gewalt auf Nahost-Demonstrationen gemeldet, ausgehend von Protestierenden oder der Polizei. Zum anderen klagen viele Medienschaffende über ein Klima der Angst und Selbstzensur in deutschen Medien”, so Katharina Viktoria Weiß, Sprecherin der deutschen Sektion von Reporter ohne Grenzen.

5. Hype um X-Alternative Bluesky: Ist das jetzt wirklich die Zukunft des Netzwerkens?
(rnd.de, Matthias Schwarzer)
Seit der US-Wahl wandern immer mehr Nutzerinnen und Nutzer von Elon Musks Plattform X/Twitter zu Bluesky ab. Matthias Schwarzer ordnet die Entwicklung ein und spekuliert, wie sich der Markt für ähnliche Dienste fragmentieren könnte: “Würde Bluesky erfolgreich bleiben, könnte es zu einer Zersplitterung der sozialen Plattformen kommen. Schon jetzt ist zu beobachten, dass sich auf den verschiedenen Kurznachrichtendiensten unterschiedliche Milieus tummeln: Technisch Interessierte bevorzugen Mastodon, die Influencer-Szene hat sich auf Threads niedergelassen, das Bildungsbürgertum setzt auf Bluesky – und X bleibt für die radikalen Schreihälse übrig.”

6. Warum der Klatschpresse das Ende droht
(youtube.com, Mats Schönauer, Video: 9:36 Minuten)
Mats Schönauer wirft auf seinem Youtube-Kanal “Topfvollgold” regelmäßig einen Blick hinter die Kulissen von Boulevardpresse, Youtubern und Social Media. Diesmal geht es um den bevorstehenden Untergang der Klatschpresse: “In diesem Video zeige ich, warum das so ist und wie lange es noch dauern wird – und wie Taylor Swift und Manuel Neuer dabei helfen sollen, die Klatschpresse vor dem Untergang zu retten.”
Transparenzhinweis: Mats Schönauer ist ehemaliger Leiter des BILDblog und Co-Autor des BILDblog-Buchs “Ohne Rücksicht auf Verluste. Wie BILD mit Angst und Hass die Gesellschaft spaltet”.

AfD schikaniert Medien, “Klima vor acht”, Social-Media-Verbot

1. Ihr Kampf
(taz.de, Gareth Joswig)
Bei einem Parteitag in Bayern habe die AfD Journalistinnen und Journalisten von Security-Mitarbeitern bewachen lassen. Dies sei selbst für AfD-Verhältnisse ein neuer Tiefpunkt, findet Gareth Joswig: “Zwei stämmige Securitys begleiteten den Reporter Johannes Reichart vom Bayerischen Rundfunk beim Parteitag der AfD Bayern in Greding Ende November auf Schritt und Tritt. Sogar beim Toilettengang und beim Kauf von Getränken bewachte das Sicherheitspersonal den Journalisten.”

2. Klima vor acht will sich jetzt ins ARD-Programm einkaufen
(dwdl.de, Timo Niemeier)
Der Verein “Klima vor acht” plane, sich mit einer einmaligen Sendung ins Vorabendprogramm der ARD einzukaufen, um dort auf ein tägliches Klimaformat aufmerksam machen zu können. Dafür sollen 250.000 Euro bei Sponsoren eingeworben werden, mit denen dann ein entsprechender Werbeplatz gekauft werden soll. Ziel sei es, die öffentlich-rechtlichen Sender zum Handeln zu bewegen und die Klimaberichterstattung stärker in den Mittelpunkt zu rücken.

3. Wie “Politfluencer” Jugendliche erreichen
(blog.medientage.de, Bettina Pregel)
Bettina Pregel von der Bayerischen Landeszentrale für neue Medien hat sich mit der Kommunikationswissenschaftlerin Desiree Schmuck über das Phänomen der “Politfluencer” unterhalten: Welche Rolle spielen sie für die Meinungsbildung Jugendlicher und junger Erwachsener? In welcher Weise und auf welchen Kanälen erreichen Influencer junge Menschen mit politischen Themen? Und was können klassische Nachrichtenmedien wie Zeitung, Radio und Fernsehen ändern, um im Wettbewerb um die junge Zielgruppe zu punkten?

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4. Zahlreiche prominente Accounts verlassen X
(netzpolitik.org, Markus Reuter)
In einem offenen Brief haben sich mehr als 60 Medienschaffende, Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler sowie Autorinnen und Autorinnen von X (ehemals Twitter) verabschiedet. Sie schreiben: “Seit der Übernahme durch Elon Musk ist Twitter kein Ort mehr für freie und faire Meinungsäußerung und einen offenen Austausch. Schlimmer noch, Twitter ist ein Ort der Zensur, des Rassismus, Antisemitismus und des rechten Agendasettings geworden. Die Abschaffung von Moderationsmechanismen und die gezielte Verstärkung extremistischer Inhalte untergraben die Grundprinzipien einer deliberativen Plattform und machen X zu einem Werkzeug der Polarisierung, der Manipulation​​​ und der Menschenfeindlichkeit.”

5. Die besten Texte 2024
(arminwolf.at)
Der österreichische Journalist Armin Wolf macht Werbung für die nominierten Texte bei der Wahl des diesjährigen Reporter:innen-Preises: “Es ist eine Art Best of des deutschsprachigen Text-Journalismus 2024 und man kann sich einfach stundenlang querdurch lesen.” Wolf kennt die Texte sehr gut – er ist Mitglied der Jury.

6. Mehrheit befürwortet Social-Media-Verbot für Kinder wie in Australien
(spiegel.de)
Australien hat ein radikales Social-Media-Verbot für Kinder und Jugendliche erlassen. Nun berichtet der “Spiegel” über eine repräsentative Onlineumfrage, nach der eine große Mehrheit in Deutschland ein ähnliches Social-Media-Gesetz befürworten würde: “77 Prozent der knapp 2000 Befragten gaben an, ein solches Gesetz in Deutschland ‘voll und ganz’ oder ‘eher’ zu befürworten. Dagegen würden es 13 Prozent entweder ‘voll und ganz’ oder ‘eher’ ablehnen. Der Rest beantwortete diese Frage mit ‘weiß nicht’.”

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BILDblog-Klassiker

neu  

Von Katzen und dummen Menschen

Gestern berichtete “Bild”:

… und okay-okay, im letzten Absatz, ganz am Ende ihrer Berichterstattung hat “Bild” im Vornamen der darin zitierten Tierschützerin “Annelise Krauß” ein “e” vergessen. Aber selbst Anneliese Krauß findet das nicht so schlimm. Allerdings steht ihr Name natürlich nicht nur zum Spaß in “Bild”. Zitiert wird sie dort – und zwar wie folgt:

‘Das ist so schlimm wie grausame Tierversuche’, wettert Annelise Krauß vom Tierschutzverein Dresden.”

Und das sei nun wirklich “Quatsch”, sagt Krauß, wenn man sie fragt. Weil sie nämlich den von “Bild” zitierten Satz weder gewettert noch gesagt habe. Im Gegenteil: “Das wäre ja auch idiotisch,” sagt Krauß, “denn wenn es um tote Tiere geht, dann ist das ja kein Problem des Tierschutzes!” Zusammenfassend sagt uns die Tierschützerin über die Erfindung von Christian Koch (der laut “Bild” ja “aus Katzen Benzin machen” kann):

“Von unserer Seite ist daran nichts auszusetzen.”

Und genau so habe sie das im Übrigen auch zu “Bild” gesagt. (Aber, so Krauß weiter, wenn “der Herr Helfricht”, also einer der Autoren des “Bild”-Artikels, sie anrufe, dann wisse sie schon aus Erfahrung, dass hinterher Sachen in “Bild” stünden, die sie so gar nicht gesagt habe. Das gehe in Dresden schließlich schon über zehn Jahre so, so Krauß. — Und soviel vielleicht nur zum letzten Absatz des obigen Artikels.)

Kommen wir zum Rest, dem Eigentlichen, also darum, dass “Dr. Christian Koch (55) aus Kleinhartmannsdorf (Sachsen)”, wie es in “Bild” heißt, “aus Katzen Benzin machen” könne: Denn dass die “Benzin”-Überschrift Unsinn ist, verrät schließlich schon der dazugehörige “Bild”-Text selbst, weil darin nur von “Bio-Diesel” oder “Diesel” die Rede ist… Tatsächlich aber hat Koch offenbar eine ungewöhnliche und effektive Alternativmethode zur Treibstoffgewinnung entwickelt: die katalytische drucklose Verölung (KDV), über die beispielsweise schon der MDR im Mai 2003, 3sat im Juli 2004, die “Welt” im Januar 2005, die “Pirmasenser Zeitung” im Juli, der RBB vergangene Woche oder auch RTL berichteten. Und all diesen Berichten ist eines gemein: dass sie dem Gegenstand, über den sie (durchaus auch kritisch) berichten, gerecht werden.

“Bild” indes nennt Kochs Erfindung einen “Spezialreaktor” und schreibt Sätze wie diesen:

“Die Katzen-Kraft lässt sich theoretisch exakt berechnen: Aus einem ausgewachsenen 13-Pfund-Kater könnten 2,5 Liter Sprit entstehen, vier Miezen würden für 100 Kilometer reichen, für eine Tankfüllung wären 20 tote Katzen erforderlich.”

Und fragt man einfach mal nach bei dem “Mann, der (Stuben-)Tiger in den Tank packen kann” (“Bild”), antwortet Christian Koch, der “Bild”-Bericht habe “nichts mit der Wahrheit zu tun” und sei “zudem grenzenlos dumm”. Koch weiter:

“Wie kann man mit gekochtem tierischen Material Auto fahren? Wasser würde jeden Motor sofort zum Stillstand bringen. Hier wird an die niedrigsten Instinkte von dummen Menschen appelliert, um eine wertvolle Entwicklung zu verunglimpfen. (…) Mir zu unterstellen, dass ich mit Tierkadavern herumhantiere, ist kriminell. Das ist nicht im geringsten der Inhalt der Entwicklung und kann deshalb nur als gezielte Verleumdung angesehen werden.”

Auf der Website von Kochs Firma heißt es zudem inzwischen:

Mit Dank an Jan S. für die Anregung.
 
Nachtrag, 12:15:
“Bild” hat die Sache mit der “Katzen-Kraft” heute noch einmal aufgegriffen:

Darf man aus Katzen wirklich Benzin machen?

Doch wenn es jetzt etwas vorsichtiger als gestern heißt, dass Christian Koch “theoretisch auch aus Katzen” Bio-Diesel herstellen “könnte”, wenn jetzt nicht Koch, sondern ein Konkurrent die gestern von “Bild” aus der Luft gegriffene Skandalisierung zurechtrücken darf, wenn nun auch die gelassene Position der Tierschützer weniger sinnenstellend als gestern wiedergegeben wird und sich im heutigen “Bild”-Bericht immerhin ein einziger halbwegs sinnvoller Satz (“Die Diskussion ist überflüssig”) wiederfindet, dann macht das alles den Nonsens von gestern weder ungeschehen noch besser — und sei es nur deshalb, weil es “Bild” offenbar immer noch nicht gelingen will, zwischen “Benzin” (Überschrift) und “Diesel” (Text) zu unterscheiden…

Mehr dazu hier und hier.