Wir kennen die Probleme der Redaktionen nur allzu gut und haben dafür die Lösung: Mit unserem neuen Würfelspiel “Kurz vor Redaktionsschluss” lassen sich, jawoll, auch kurz vor Redaktionsschluss auf die Schnelle druckreife Teaser, kurze Artikel und sogar ganze Kolumnen erstellen.
Folge 1 unserer 16-teiligen Serie: Post von Wagner.
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1. Coronakrise: “Spiegel”-CvD arbeitet im Homeoffice (ndr.de, Caroline Schmidt, Video: 5:59 Minuten)
Janko Tietz ist Chef vom Dienst beim “Spiegel” und hat es derzeit mit einer besonderen beruflichen Herausforderung zu tun: Seine Familie und er befinden sich seit einem Skiurlaub in Österreich in häuslicher Quarantäne. Tietz muss die “Spiegel”-Website daher von Zuhause aus steuern. Caroline Schmidt hat ihm bei der Arbeit zugeschaut und musste dafür einige technische Hürden nehmen, denn sie durfte das Haus nicht betreten.
2. Coronavirus-Zeiten: Medienhäuser verkaufen mehr Digital-Abos (rnd.de)
Für die Medienhäuser wirkt sich die Corona-Krise geschäftlich höchst unterschiedlich aus. Einerseits gebe es große Rückgänge und Stornierungen im Anzeigenmarkt, andererseits würden mehr Digital-Abos abgeschlossen.
3. Veränderung im Zeitraffer (sueddeutsche.de, Fabian Heckenberger)
“Chefredaktion, Nachrichtenchefs und Ressortleiter besprechen sich am Konferenztisch, Mindestabstand zwei Meter. An einige Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter wurden Passierscheine ausgegeben, mit denen sie im Falle von Ausgangssperren bei Polizeikontrollen nachweisen können, dass sie sich auf dem notwendigen Weg in die Redaktion befinden. Auf den Stockwerken ist es still. Die Kantine steht leer, die Cafeteria bietet Suppe, Eintopf, viel Kaffee — überreicht von weiß behandschuhten Händen.” Fabian Heckenberger berichtet, welche Folgen das Coronavirus für die Arbeit der “Süddeutschen Zeitung” hat.
4. Datenverkehr für Videokonferenzen steigt um 100 Prozent (spiegel.de, Matthias Kremp)
Immer mehr Menschen greifen auf Videokonferenz-Software zurück, um sich beruflich oder privat mit anderen zu verständigen. Das macht sich auch beim weltgrößten Internetknoten in Frankfurt am Main bemerkbar: Dort habe sich der durch Videokonferenzen verursachte Traffic verdoppelt. Der durchschnittliche Datenverkehr an den Internetknoten sei jedoch nur um insgesamt zehn Prozent gestiegen.
5. Nehmen Sie doch Urlaub! Streit um Corona-Hilfen für NDR-Mitarbeiter (uebermedien.de, Jürn Kruse)
“Hamburg hält zusammen” heißt die gemeinsame Aktion der NDR-Hörfunkwelle 90,3 und der NDR-Fernsehsendung “Hamburg Journal”, bei der Hilfesuchende und Hilfe zusammenfinden sollen. So lobenswert die Aktion ist, so wenig lobenswert scheint der Zusammenhalt im eigenen Haus — jedenfalls, was die Hilfe für die freien Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen betrifft. Die stehen derzeit nämlich ziemlich alleine da, wie Jürn Kruse bei “Übermedien” berichtet.
6. Verdrostet! (deutschlandfunk.de, Matthias Dell, Audio: 4:29 Minuten)
Matthias Dell denkt in seiner Deutschlandfunk-Kolumne über den Podcast “Coronavirus-Update” mit dem Virologen Christian Drosten nach: “Interessant ist das Modell von Information, das die ruhigen, tastenden Auskünfte von Drosten vorstellen. Es kommen einem beim Zuhören nicht Thesen und Ansagen entgegen, sondern man wird Teil einer Denkbewegung. Drosten schafft im Gespräch mit der NDR-Redakteurin Anja Martini Orientierung und Verständnis dadurch, dass er den Raum seines Wissens absteckt — was auch bedeutet, dessen Grenzen zu kennen, etwa wenn der Mediziner über das Verhältnis zur Politik redet, die anders funktioniert als die Wissenschaft.”
Teil 2 unserer Corona-Clickbait-Spezial-Serie! Auch diesmal wieder “Für Sie geklickt”: “DerWesten”, das Klopapier-Portal der Funke-Mediengruppe.
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… noch eine Weile in seiner Heimat Madeira bleibt.
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… bei ihrer Hochzeit auf den Empfang im Garten des Buckingham Palace verzichten.
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In Kliniken.
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“Wie sollen sie von ihrem monatlichen Regelsatz von rund 150 Euro einen großen Vorrat [an Lebensmitteln] anlegen?”
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“… weiterhin Blut gespendet wird.”
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Menschengruppen auf dem Münchner Viktualienmarkt.
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Bis September.
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Spülmittel.
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… verschoben.
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Geschäftsschließungen.
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Cannabis.
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Falsche Mediziner, die bei älteren Menschen klingeln und unter dem Vorwand, einen Coronavirus-Test durchzuführen, in die Wohnung gelangen wollen.
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“… uns beleidigen lassen, weil alles nicht schnell genug geht und uns die Ware ausgeht.”
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“… ist zehn Mal so hoch wie bei einem Influenzafall.”
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„An dieser Stelle noch einmal die Bitte an alle Mitarbeiter von Durstexpress.de, die sich momentan krankgeschrieben haben, oder nicht zum Dienst erscheinen wollen. Wir brauchen euch gerade mehr denn je und ihr tut uns einen riesigen Gefallen, wenn ihr die Getränke bis an unsere Haustür liefert. Deswegen versucht, zur Arbeit zu erscheinen. Wenn es euch gut geht und ihr nicht krank seid, dann kommt zur Arbeit. Wir brauchen euch. Habt Mut!“
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Dass einige Haushaltsgegenstände nicht mehr im Lager vorrätig sind.
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“Der Instagram-Post zeigt Michael Wendler und seine Laura, die sich nach der Show einen Kuss geben. Keinesfalls unbedenklich, wie einige Fans behaupten. In einer Zeit, in der sogar vom alltäglichen Händeschütteln abgeraten wird.”
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Aldi UK spendete 250.000 britische Pfund an eine Hilfsorganisation, die ältere Menschen unterstützt.
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“Das wird davon abhängen, welche Stornierungsbedingungen Sie festgelegt haben.”
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„(Um 17:00 Uhr gehe ich ins Styling! Und draußen fangen die Menschen an Partys zu feiern … sie stehen eng an eng, liegen sich in den Armen. Mehrere Menschen trinken aus einer Flasche Bier. Nuckeln alle NACHEINANDER an einer shisha…. Hup-Konzerte, Autorennen. Irgendwann schmeißt einer den Grill an und legt Bratwürste darauf. Wisst ihr was? Ich finde das sowas von zum kotzen. Wie viele Egoisten sind eigentlich unterwegs? Wie viele haben nicht die geringste Spur von Solidarität in sich? Wie viele haben NULL gesellschaftliche Verantwortung??? Was glauben diese Menschen ???“
In Großbritannien ist eine 21-Jährige, die keinerlei Vorerkrankungen gehabt haben soll, am Coronavirus gestorben. Dass die “Bild”-Redaktion in so einem Fall loszieht, Soziale Netzwerke nach Fotos der Frau durchsucht und die zusammengeklaubten Bilder dann ohne Skrupel und Verpixelung veröffentlicht, ist zwar erbärmlich, aber nichts Neues. Dass sie dabei den vollen Namen der Person nennt, überrascht uns auch nicht mehr.
Dass sie aber auch einen Link zum Facebook-Profil der Verstorbenen setzt, das kannten selbst wir bisher nicht:
Es ist nur ein Beispiel, aber dafür ein recht typisches, das zeigt, wie die “Bild”-Redaktion in diesen unsicheren Tagen a) Angst verbreitet und b) versucht, mit dieser Angst der Menschen Kohle zu machen:
Jeder, der bisher nicht daran gedacht hat, dass ja vielleicht “auch bei uns die Tankstellen dicht” machen könnten, kann nun denken: Oh Gott, machen auch bei uns die Tankstellen dicht?
In Italien schließen demnächst die ersten Tankstellen, kündigen die Betreiberverbände an. Ab Mittwochabend sollen demnach zunächst die Zapfstellen an Autobahnen dichtmachen, dann sollen nach und nach andere Tankstellen folgen.
Tankstellen dicht — ist das auch bei uns möglich?
Lesen Sie mit BILDplus, wie die Mineralöl-Industrie die Versorgungslage in Deutschland einschätzt!
Die Antwort auf die “Bild”-Überschrift lautet, wie so oft, wenn dort ein Fragezeichen am Ende steht: nein. In Deutschland sei es “offenbar nicht der Fall”, dass Tankstellen bald schließen müssen, steht im Artikel. Ein Sprecher des Mineralöl-Wirtschaftsverbands sagt, “bei uns” sehe es gut aus. Und der Hauptgeschäftsführer des Verbands antwortet auf die Frage, ob die Versorgung aufrechterhalten werden kann:
“Eindeutig ja, Benzin und Diesel sind jederzeit verfügbar.”
Die durchaus wichtige Info, dass an der Tankstellenfront alles in Ordnung ist, gibt es nur gegen Bezahlung.
Klar, auch die “Bild”-Redaktion muss zusehen, wie sie ihre Arbeit finanziert. Aber muss sie dafür wirklich die Notlage von Menschen ausnutzen, wie in diesem Fall?
Zumal gestrandete Urlauberinnen und Urlauber die Antworten auf ihre wichtigsten Fragen sowieso beim Auswärtigen Amt bekommen — ohne vorher ein Abo abschließen zu müssen.
Wir würden gar nicht soweit gehen, dass alle Artikel zum Coronavirus, egal von welcher Redaktion, kostenfrei abrufbar sein sollten. Aber die grundlegenden. Die, die Menschen zum Beispiel bei der drängenden Frage helfen, ob sie sich “jetzt testen lassen” sollen. Die “Bild”-Redaktion will mit der “ANGST VOR CORONA-INFEKTION” aber lieber Geld machen:
1. Wegen Corona: ORF-Mitarbeiter wohnen im Fernsehsender (rnd.de)
Um den Sendebetrieb aufrechterhalten zu können, werden mehr als 150 Menschen beim ORF einziehen und dort eine “Corona-WG” bilden (Zitat Armin Wolf). Essen, schlafen, arbeiten — all das werde für die betreffenden Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Österreichischen Rundfunks nun in sogenannten Isolationsbereichen direkt im Sender stattfinden.
2. Land des Lächelns (taz.de, Steffen Grimberg)
Der Vorstandsvorsitzende des Springer-Konzerns Mathias Döpfner hat einen längeren Text über die Corona-Krise geschrieben (erster Satz: “Seit Tagen zögere ich, etwas zu schreiben”). Was für einige Irritation sorgte: Döpfners Aufsatz erschien nicht nur bei der Springer-Tochter “Welt”, sondern auch im neokonservativen Rechtsaußen-Blog “Achse des Guten”. Steffen Grimberg kommentiert: “Warum der Springer-Chef seinen Beitrag jetzt ausgerechnet dort für eine Zweitveröffentlichung freigegeben hat, fragt er sich hoffentlich mittlerweile selbst.”
3. Warum dieser Mann die Epidemie kleinredet (welt.de, Nike Heinen)
Weil das Video immer noch zirkuliert, der folgende Lesetipp: Wissenschaftsjournalistin Nike Heinen hat sich mit dem Lungenarzt Wolfgang Wodarg beschäftigt, dessen vielfach geteiltes Verschwörungsvideo zu Covid-19 immer noch für Verunsicherung und Verwirrung in Teilen der Bevölkerung sorgt. Nach der inhaltlichen Aufarbeitung hat Heinen eine schöne Schlusspointe zu dem fragwürdigen Mediziner parat: “In den 1980er-Jahren übernahm er die Leitung am Gesundheitsamt Flensburg. Einem größeren Publikum bekannt wurde er, weil er dort den Medizin-Hochstapler und gelernten Postboten Gert Postel als stellvertretenden Amtsarzt einstellte.”
Weiterer Lesetipp: Die gefährlichen Falschinformationen des Wolfgang Wodarg (spiegel.de, Julia Merlot).
Bei den “Riffreportern” hat sich Marcus Anhäuser dem Thema gewidmet, ergänzt um eine umfangreiche Liste mit Faktenchecks und Einordnungen. Eine fantastische Fundgrube für alle, die sich weiter in das Thema einlesen wollen. Wodarg, Bhakdi und Co.: Die Besserwisser in Zeiten der Coronakrise
4. Wie das Coronavirus den Journalismus verändert (anchor.fm, Levin Kubeth, Audio: 57:39 Minuten)
Für seinen Medienpodcast “Unter Zwei” hat sich Levin Kubeth mit Susanne Amann, Managing Editor beim “Spiegel”, unterhalten. Wie geht das Nachrichtenmagazin mit der Pandemie um? Wie wirkt sich die derzeitige Lage auf das Miteinander im Haus aus? Welche technischen und administrativen Folgen erfordert die neue Situation?
5. Gegenläufig (sueddeutsche.de, Caspar Busse)
Medienunternehmen reagieren ganz unterschiedlich auf das Coronavirus: Manche schicken die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter ins Homeoffice, manche verfallen auf das Arbeitsmarkt-Instrument der Kurzarbeit. Caspar Busse hat sich angeschaut, wie Mediengrößen wie Bertelsmann, Axel Springer und ProSiebenSat.1 derzeit agieren.
6. 9 Pandemie-Filme, in denen Journalisten eine Rolle spielen (journalistenfilme.de, Patrick Torma)
Patrick Torma sammelt auf journalistenfilme.de Kinofilme und Fernsehproduktionen, in denen Journalisten und Journalistinnen eine Rolle spielen. In einer Sonderausgabe stellt er neun Pandemie-Filme vor, in denen Medienschaffende auftauchen.
Unsere Taskforce hat sich mal wieder durch den Clickbaitdschungel gekämpft, damit Ihr nicht selber klicken müsst, aber trotzdem immer auf dem neuesten Stand bleibt!
Und weil sich “DerWesten”, das Onlineportal der Funke-Mediengruppe, in diesen Tagen ganz besonders viel Mühe gibt, wollen wir diese Anstrengungen auch angemessen würdigen. Darum widmen wir ihm ab heute eine Serie — das Für-Sie-geklickt-“DerWesten”-Corona-Spezial! Legen wir gleich los mit DIESEN krassen Geschichten …
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Sich Beauty-Gesichtsmasken machen.
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… ein Konzert absagen.
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Nein.
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Dass er seinen Job verliert.
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“Um bis zu 20 Prozent sei der Verbrauch von Seife und Desinfektionsmitteln in den vergangenen Tagen und Wochen an Bord der Züge gestiegen, heißt es.”
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Sie musste über eine Stunde in einer Schlange warten, weil die Zimmer nach jedem Test penibel gereinigt wurden.
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Teuer weiterverkaufen.
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“… dann würde das System vermutlich explodieren.” [Wenn in Essen eine drei- bis vierstellige Zahl von Fällen auftreten würde.]
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“… sehen Sie nichts :) Toilettenpapier momentan leider nicht lieferbar!”
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… Termine absagen.
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Nein.
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… zuhause in Quarantäne bleiben, weil sein Trainer positiv getestet wurde.
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Tische auseinanderrücken.
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Nein.
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… ist, “die Verbreitung des Virus einzudämmen.”
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“… nicht im Stich.” Die Tafeln seien auch nicht von den Hamsterkäufen betroffen, das sei “absoluter Quatsch”.
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Mark Uth, Leihspieler beim 1. FC Köln, sollte nach der Saison eigentlich verkauft werden.
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31,40 Euro.
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Nö. Nicht Sex wurde verboten, sondern der Betrieb in Bordellen pausiert.
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… nichts. Der “Coronavirus-Schock” ist, dass er eventuell von einem Ausreiseverbot betroffen gewesen wäre, dann aber doch ausreisen konnte.
Wäre es nicht vielleicht eine gute Idee, auch das Schild mit dem Nachnamen des Mannes unkenntlich zu machen, wenn man den Nachnamen des Mannes in der Bildunterschrift schon extra abkürzt? Sollte die Redaktion möglicherweise, wenn sie sowieso schon dabei ist, dann nicht auch die öffentliche Position des Polizisten, die ziemlich flott Rückschlüsse auf seinen Namen zulässt, aus dem Beitrag streichen (folgt in der Bildunterschrift nach “Horst N. (55) ist”)? Und wie wäre es, auch gleich noch das Gesicht zu verpixeln, das bisher nicht verpixelt ist, sollte das Ziel des abgekürzten Nachnamens tatsächlich Anonymität gewesen sein?
Mit Dank an @yeboah17 für den Hinweis!
Nachtrag, 15:03 Uhr: Vielleicht waren wir mit unserem Vorwurf etwas vorschnell: Der Artikel ist Teil einer “Mopo”-Serie über “Hamburgs Helden in der Corona-Krise”. Zum Konzept dieser Serie scheint zu gehören, dass die Nachnamen der interviewten Personen immer abgekürzt werden — ob nun beim Busfahrer, beim Chefarzt oder bei der Friseurin. Alle diese Personen sind im Foto (unverpixelt) zu sehen. Im Gegensatz zum Polizisten ist bei den anderen allerdings nie ein Namensschild mit dem vollen Nachnamen erkennbar.
Dass wir zu doof waren, dieses Konzept zu verstehen — dafür möchten wir um Entschuldigung bitten. Die Diskrepanz zwischen Bildunterschrift mit abgekürztem Nachnamen und Bild mit vollem Nachnamen im Falle des Polizisten halten wir aber immer noch für eine merkwürdige Lösung.
1. Journalismus in Zeiten einer Pandemie (zeit.de, Jochen Wegener)
Wir wirkt sich das Kontaktverbot auf eine Redaktion wie “Zeit Online” aus, bei der fast 200 Kolleginnen und Kollegen ins Homeoffice geschickt wurden? Wie stark leidet Recherche in Zeiten körperlicher Distanz? Geht kreativer Journalismus ohne Redaktionsräume? Chefredakteur Jochen Wegner erzählt, wie seine Redaktion auf die derzeitigen Herausforderungen reagiert. Man habe Wege zu kollaborativer Arbeit gefunden, doch: “Dass wir die neue Heimarbeit Wochen oder gar Monate durchhalten, während wir gleichzeitig unsere Kinder betreuen und uns um Angehörige und Nachbarn kümmern, können wir uns allerdings schwer vorstellen — wie derzeit sicher die meisten neuen Heimarbeiter in Deutschland.”
2. Männer, die in Kameras starren: Warum die “Quarantäne-WG” bei RTL bestürzender Blödsinn ist (rnd.de, Imre Grimm)
“Wenn bisher noch Restzweifel bestanden haben sollten, dass die Coronakrise auch eine Krise der Kultur ist, dann dürfte spätestens mit der Premierensendung der ‘Quarantäne-WG’ Klarheit herrschen.” Imre Grimm hat sich das neue Primetime-Format bei RTL angeschaut, eine Art abgefilmtes Skype-Gespräch zwischen Unterhaltungsgrößen wie Günther Jauch, Thomas Gottschalk und Oliver Pocher. Nach einem lesenswerten Rant konstatiert Grimm: “Das passiert halt, wenn erfahrene Medienmacher, zu denen niemand mehr ‘Nein’ sagt, in die Midlife Crisis kommen. Manche gründen Social-Media-Agenturen. Manche mieten Schiffe. Manche machen Skype-Fernsehen.”
3. Schweiß der Vergangenheit (taz.de, Alina Schwermer)
Sportsender betrifft die Corona-Krise besonders heftig, da alle Live-Events gestrichen sind. Die Sender verfallen daher auf das Ausstrahlen von Dokus und alten Sporthighlights, doch wird das die Zuschauer und Zuschauerinnen dauerhaft bei der Stange halten? Alina Schwermer hat sich bei den Pay-TV-Sendern Sky, Dazn und Magenta Sport sowie anderen Anbietern wie Eurosport und Sport1 nach deren Umgang mit der Krise umgehört.
4. Radio machen unter der Bettdecke (srf.ch)
Auch beim Schweizer Radiosender Radio SRF werkeln derzeit viele Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter vom Homeoffice aus und müssen dabei die unterschiedlichsten Hürden überwinden. In der Fotostrecke kann man sich die Arbeitsbedingungen der SRF-Moderatoren und -Moderatorinnen anschauen: vom Auto als schallisoliertem Arbeitsplatz bis hin zur Küche mit Bettdecke über dem Kopf.
5. Bitte keine Appelle! (deutschlandfunk.de, Christoph Sterz, Audio: 3:52 Minuten)
Medienjournalist Christoph Sterz versteht die derzeitige Fokussierung der Medien auf das Thema Corona, kritisiert jedoch die seiner Meinung nach oft fehlende Distanz. Manche Journalistinnen und Journalisten würden sich darauf beschränken, die Statements der Politik eins zu eins und ohne kritische Nachfragen wiederzugeben: Sie “sollten sich keiner Corona-Kampagne anschließen, sondern einfach ihren Job machen.”
6. Dieser verdammte Schlagzeilen-Virus (uebermedien.de, Mats Schönauer)
Mats Schönauer ist der offizielle Regenbogenpressebeauftragte des medienkritischen Portals “Übermedien”. Dort ruft er regelmäßig zum “Schlagzeilenbasteln” auf: “Hätten Sie das Zeug, Redakteurin oder Redakteur bei der Regenbogenpresse zu werden? Finden Sie es heraus! Wir geben Ihnen eine Nachricht, und Sie versuchen, eine titelseitentaugliche Schlagzeile daraus zu basteln.” Diesmal geht es um Nachrichten, die — mal mehr, mal weniger — mit dem Coronavirus zu tun haben.
Gestern, um 10:54 Uhr, erschien im Bild.de-Corona-Liveticker diese Meldung:
Wir benötigen im Klinikum Offenburg dringend helfende Hände. Ob mit oder ohne medizinische Erfahrung spielt keine Rolle. Es gibt Bedarf in der Küche, an der Pforte, Essen verteilen, Betten schieben. Und wer medizinische Kenntnisse hat im pflegerischen Bereich.
Wer jemand kennt, der jetzt zum Beispiel in Kurzarbeit ist, bitte melden. Per E-Mail: […] oder telefonisch […]
Bitte weiterleiten. Vielen Dank und bleibt gesund.
Die “Bild”-Redaktion nannte auch eine E-Mail-Adresse und eine Telefonnummer, die man anschreiben beziehungsweise anrufen soll, wenn man helfen möchte. Das Problem dabei: Das Ortenau Klinikum in Offenburg sucht derzeit gar nicht “händeringend Helfer”. Es handelt sich um “Fake News”, die Bild.de verbreitet hat.
Zuvor kursierte bei WhatsApp der vermeintliche Appell der Klinik samt Kontaktdaten. Während die “Bild”-Redaktion das Rundschreiben blind eins zu eins abgeschrieben hat, hat das Team von Hitradio Ohr recherchiert und bei der Klinik mal nachgefragt, was es mit dem Aufruf überhaupt auf sich hat:
Auf HITRADIO OHR-Anfrage hieß es heute (Sonntag) vom Ortenau Klinikum, das sei wohl Fake News.
Es gebe Überlegungen, ob das irgendwann nötig sei und intern gebe es beim Ortenau Klinikum die Überlegung, ob man sich — wenn sich die Situation verschlechtere — auch an die Öffentlichkeit wende. Das sei aber nur eine Idee und momentan KEIN Aufruf an die Bevölkerung. Beim Klinikum stehe wegen des “Fake-Aufrufs” das Telefon nicht mehr still.
Nun ist es eine Sache, dass die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Klinik auf “rund 1000 Anfragen” (Stand: Sonntagmittag) reagieren mussten und damit von ihrer wichtigen Arbeit abgehalten wurden. Vielleicht noch gefährlicher: Der gefakte Appell, den Bild.de verbreitet hat, vermittelt den falschen Eindruck, dass das Klinikum in Offenburg die Situation nicht mehr im Griff habe und “am Limit” sei. Daher hat das Klinikum mit einer Stellungnahme reagiert:
Zur Zeit kursiert in verschiedenen Medien ein Aufruf, das Ortenau Klinikum Offenburg-Kehl würde sofort dringend “helfende Händen” benötigen. Das ist gut gemeint, aber nicht zielführend! Aktuell laufen alle Prozesse in unseren Häusern im Rahmen der Planungen. […]
Derzeit ist das Ortenau Klinikum hinsichtlich Personal und Intensivbetten bestens ausgestattet.
Erst nach mehreren Stunden löschte Bild.de die Falschmeldung klammheimlich aus dem Liveticker. In einer späteren Meldung im selben Liveticker, die davon berichtet, dass ein gefälschter Appell des Klinikums Offenburg im Umlauf ist, erwähnte die Redaktion mit keinem Wort, dass sie kräftig mitgemischt hat.