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1. “Patriotisch auf Gefühligkeit fixiert” (zeit.de, René Martens)
Die auf deutsche Medaillen zentrierte Olympia-Berichterstattung von ARD und ZDF: “Die Livestreams im Netz können sehr erholsam sein – vor allem, wenn sie nicht kommentiert werden. Da kann man all die nationalistische Fixiertheit vergessen – und eine gewisse meditative Qualität genießen.”
3. “Zu viele Patzer bei ‘Galileo'” (sueddeutsche.de, Katharina Mittelstaedt)
“Falsche Tatsachenbehauptungen” in der ProSieben-Infotainmentsendung “Galileo”: “Im Jahr 2010 wurde im Zuge des ‘Grundschulwissenstest’ beispielsweise erklärt, dass die Nadel eines Kompasses auf die ‘riesigen Eisenvorkommen’ am Nordpol reagieren werde, ‘sofern sie magnetisch ist’. Es wurde auch schon behauptet, dass der Mond ein Planet sei, man CDs nur von innen nach außen säubern dürfte, um eine Verschiebung der Daten zu vermeiden und dass die Farbe des Hühnereis auf das Gefieder des brütenden Huhns zurückzuführen sei.”
4. “Weshalb ich das Degen-Bargespräch trotzdem publiziert habe” (bar-storys.ch, Christian Nill)
Wie die Fußballprofis David Degen und Philipp Degen sowie der FC Basel auf ein veröffentlichtes Interview reagieren: “Ich habe mich schliesslich dennoch entschieden, das Gespräch von unserer Plattform Bar-Storys.ch zurückzuziehen und habe unsere Content-Partner entsprechend angewiesen, es mir gleich zu tun. Ich bedauere dies sehr, denn auf diese Weise laufen wir Journalisten Gefahr, zu Marionetten von wie auch immer gelagerten prominenten Befindlichkeiten zu werden.”
5. “Warum noch Feuilleton?” (kopfzeiler.org, Johannes Kuhn)
Bei Funktionären der Universitätslehre und des Kulturbetriebs werde das Feuilleton noch am stärksten wahrgenommen und bestimme dort wirklich Diskurse, schreibt Johannes Kuhn. “Einzig: Die Aufgabe des Feuilletons der Gegenwart kann es nicht sein, Funktionäre zu bedienen.”
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2. “‘Silber ist das neue Gold'” (sueddeutsche.de, Verena Wolff)
Silbermedaillen können einige deutsche Fernsehkommentatoren nicht zufriedenstellen – sie erwarten Gold.
3. “Forscher: ‘Es gibt keine schwulen Tiere'” (science.orf.at, Mark Hammer)
Zwei Biologen sehen ein Problem, wenn Medien bei naturwissenschaftlichen Studien zu sexuellem Verhalten bei Tieren die Begriffe “schwul” und “lesbisch” verwenden: “Diese Begriffe beziehen sich auf menschliches Verhalten. Und zu diesem gehören neben dem genetisch und hormonell gesteuerten Sexualverhalten auch Lebensstil, Partnerpräferenzen und Kultur.”
Rund 4.600 Frauen nehmen an den Olympischen Sommerspielen in London teil. Für viele von ihnen gilt wohl das Olympische Motto “Dabeisein ist alles”, einige werden mit Medaillen behängt nach hause fahren und an ein paar wird man sich vielleicht auch noch in einigen Jahrzehnten erinnern.
Und einige von ihnen fallen nicht (nur) durch beeindruckende sportliche Leistungen auf oder durch enttäuschende Missgeschicke, sondern …
Nun ja:
Laufsteg London – in fast allen Disziplinen verzaubern uns Schönheiten aus allen Kontinenten. Sie legen es offenbar drauf an, uns die Köpfe zu verdrehen: Viele Athletinnen “brezeln” sich für die Wettkämpfe richtig auf, fast so, als stände eine Miss-Wahl an.
Noch nie sind bei Olympischen Spielen so viele Schönheiten aufgefallen, ob beim Tennis, Turnen, Hürdenlauf oder sogar beim Hammerwerfen.
Mit anderen Worten: Bei Bild.de sind die kalten Duschen ausgefallen, die Latten sind knapp unter Hüfthöhe aufgelegt und für geübte Sportler aus dem Stand zu überspringen.
In 27 Bildern werden 23 Sportlerinnen vorgestellt, die wahlweise “toll geschminkt”, “einfach nur bezaubernd”, “hübsch”, “goldig”, “süß”, “atemberaubend schön”, “sympathisch und schön”, “schnell und schön”, “strahlend schön”, “genau gleich schön” oder “schön anzuschauen” sind.
Auch vor angestaubten Chauvinisten-Phrasen schrecken die Autoren bei Bild.de nicht zurück: So ist die schwarze Turnerin Gabrielle Douglas eine “exotische Schönheit”, die Schweizer Turnerin Giulia Steingruber eine “absolute Naturschönheit”.
Dabei ist es offenbar gar nicht so wichtig, wer jetzt eigentlich wirklich auf diesen ganzen Bildern zu sehen ist:
Die abgebildete Frau heißt – man kann es ein bisschen am Namensschild erahnen – nicht Chai von der Laage, sondern Carolin Nytra. “Chai von der Laage” ist der Nachname der Fotografin, die dieses Bild gemacht hat.
Mit Dank an Armin J.
Nachtrag, 10. August: Bild.de hat einige Bilder aus der Galerie entfernt und ein paar neue hinzugefügt. Das Foto von Carolin Nytra ist dabei sicherheitshalber rausgeflogen.
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1. “Wo die Liebe hinfällt” (tagesspiegel.de, Harald Martenstein)
Harald Martenstein schreibt über die Berichterstattung deutscher Medien zur Gesinnung des Partners der Ruderin Nadja Drygalla: “Gefahr für die Demokratie geht bis auf Weiteres nicht von Nadja Drygalla aus, sondern von denen, die diese Hetzjagd auf eine 23-Jährige veranstalten. Wenn schon der Kontakt zu einer irgendwie belasteten Person in Deutschland ausreicht, um eine Karriere zu beenden, stellt sich die Frage, wo da die Grenze zu ziehen ist. Ein Bruder, der bei den Islamisten mitmacht? Eine Mutter, die bei der Stasi war? Ein Freund bei Scientology? Der Fantasie sind keine Grenzen gesetzt, auch nicht der Willkür.”
3. “Abschied auf Raten” (11freunde.de, Philipp Köster)
Der Vertrag des Pressesprechers der deutschen Fußball-Nationalmannschaft, Harald Stenger, wird nicht verlängert. Philipp Köster sieht seine größte Leistung darin, “die Nationalmannschaft aus dem Würgegriff des Boulevards” befreit zu haben. “In den Achtziger- und Neunziger Jahren hatte insbesondere die Bild-Zeitung eine eigene Busspur zur Nationalelf, Aufstellungen wurden dem Blatte ebenso bevorzugt durchgestochen wie wichtige Personalien. Stenger verstand es meisterhaft, Chancengleichheit der Medien herzustellen, ohne allerdings die Boulevardzeitungen schlechter zu behandeln.”
4. “Mein lieber Herr Gesangsverein” (sueddeutsche.de, Gökalp Babayigit)
Olympia auf Eurosport, zum Beispiel Leichtathletik mit Dirk Thiele und Sigi Heinrich: “Weder sind die Erfolge der deutschen Athleten Anlass für ausgelassenstes Feiern – Thiele und Heinrich freuen sich international, zum Beispiel auch mit Weißrussinnen. Noch ist ihr Scheitern Grund für atemlose Enttäuschung – Thiele und Heinrich schelten auch international, zum Beispiel auch Weißrussinnen (Thiele: ‘Die Weißrussin darf sich aus meiner Sicht ruhig mal ein bisschen freuen. Man wird ja schließlich nicht jeden Tag Olympiasieger. Aber sie nimmt das hin, als wenn sie gerade ‘n Stück Brot isst’)”.
6. “Das Fest Des Huhns” (youtube.com, Video, 55:44 Minuten)
Der Film “Das Fest des Huhnes” von 1992 zeigt ein afrikanisches Reporterteam, das in Oberösterreich für die Reihe “Fremde Länder, fremde Sitten” dreht.
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1. “Zeit ist Macht” (zeit.de, Jochen Bittner)
Jochen Bittner beschäftigt sich mit der Hektik in der Politik, getrieben von den Medien, zum Beispiel von “Spiegel Online”: “Eine ganze Schar von Hauptstadtreportern ist, bildlich gesprochen, damit beschäftigt, tagsüber die Sauen durchs Dorf zu jagen, die sie morgens selbst losgelassen haben. Jeden Vormittag, so der Anspruch der Redaktion, soll auf dem ‘HP1’ (Homepage-Platz 1) eine eigene Exklusivmeldung stehen. Bis 14 Uhr müssen die Reporter dazu weitere Zitate und Reaktionen eingeholt haben. Aus ihnen wird die sogenannte ‘Nachdrehe’ geschrieben. Danach recherchieren die Redakteure die Nachricht für den nächsten Morgen. Bis 19 Uhr geht die ‘Analyse’ online, ein Text, der zusammenfasst und zuspitzt, wie sich die Nachricht den Tag über entwickelt hat.”
2. “Die ZEIT zensiert die Welt” (blog.felixvictor.net, Felix Victor Münch)
Was die “Zeit” über Google, Amazon, Apple und Facebook schreibt. “Schon die Überschrift ‘Vier Sheriffs zensieren die Welt’ ist so reißerisch, dass es schwer vorstellbar ist, dass es überhaupt möglich ist, sie durch den Text zu decken.”
3. “Wehrbeauftragter sorgt für Medien-Eklat” (spiegel.de, Severin Weiland)
Der Wehrbeauftragte des Bundestags, Hellmut Königshaus, reagiert auf einen Kommentar bei Deutschlandradio Kultur und erwartet, dass dieser “in der Audio- wie in der Textvariante schnellstmöglich aus dem Internetangebot” gelöscht werde. “Der Chefredakteur von Deutschlandradio Kultur, Peter Lange, sorgte dafür, dass der Kommentar gelöscht wurde. Er habe, so heißt es aus der Pressestelle des Senders, mit den ‘Qualitätsstandards kollidiert’, sei aber strafrechtlich nicht zu beanstanden.”
4. “Alles außer live – ARD und ZDF veräppeln Zuschauer” (welt.de, Paul-Nikolas Hinz)
“Dauernde Aufzeichnungen führen irgendwann dazu, dass überhaupt nichts mehr live zu sehen ist”, schreibt Paul-Nikolas Hinz über die Olympia-Berichterstattung von ARD und ZDF: “Sätze wie ‘Hier verliert sie Zeit’ oder ‘Das sieht langsamer aus’ sind leichtes Expertentum, wenn der Reporter schon weiß, wie das Rennen ausgeht. Das ist nicht authentisch.”
5. “Bobeles Märchenstunde” (kicker.de, Stefan Bomhard) Boris Becker kritisiert in der ARD deutsche Tennisspieler, die bei den olympischen Spielen in London nicht antreten: “Man hätte Becker bei dieser Gelegenheit mal fragen sollen, wie es damals war, wenn er sich unpässlich fühlte und im Davis Cup nicht antrat.”
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1. “Olympia: Gericht entscheidet für uns – Medaillenziele werden öffentlich” (derwesten-recherche.org, Daniel Drepper)
Das Bundesinnenministerium muss die Medaillenvorgaben aller Sportverbände offenlegen, entscheidet das Verwaltungsgericht Berlin. “Da uns auf mehrmalige Anfrage weder DOSB noch Ministerium die Vorgaben an die Verbände mitteilen wollten, reichten wir am 6. Juli Klage beim Verwaltungsgericht Berlin ein. Unsere Begründung: Hier wird Steuergeld ausgegeben, das muss öffentlich sein.” Siehe dazu auch dieses Interview mit Daniel Drepper (newsroom.de, Bülend Ürük).
2. “2,5 Millionen Mails” (journalist.de, Max Ruppert)
“Stern” und NDR durchforsten derzeit die anfangs Juli von Wikileaks öffentlich gemachten Syria Files.
3. “Gericht beschwert sich über VOL.AT-Liveticker und fordert Verbot” (vol.at, Andreas Haller)
Ein Richter kritisiert nach der Urteilsverkündung im Testamentsfälscherprozess, die Internet-Live-Berichterstattung habe Zeugen vor ihrer Befragung beeinflusst: “Sie hätten aufgrund des VOL.AT-Livetickers gewusst, was sie gefragt werden. Der Richter regt nun in einem Schreiben an das Justizministerium eine gesetzliche Änderung für Berichte aus dem Gericht mittels Liveticker an.”
4. “Twitters folgenloser Fauxpas” (zeit.de, Juliane Leopold)
Juliane Leopold befasst sich mit dem zwischenzeitlich gesperrten Twitter-Konto @guyadams: “Es stimmt, Twitter hat versagt, als es NBC selbst auf den kritischen Tweet hinwies und damit gegen seine eigene Regel verstieß, Inhalte nicht aktiv zu überprüfen. Aber die Sperrung des Accounts, basierend auf einem Tweet, der private Informationen preisgab, entsprach geltendem Twitter-Regelwerk.”
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1. “Eine Umfrage – und was daraus wird…” (blog.tagesschau.de, Jörg Schönenborn)
Wie man mit Umfragen zum Euro “fast jedes Ergebnis behaupten und jede Schlagzeile gestalten kann”.
2. “Man muss Heribert Prantl verteidigen” (freitag.de, Michael Angele)
Michael Angele weist auf Heribert Prantls “man” hin: “Man muss erleben. Man! Hallo? Schon mal was von Heidegger gehört? Bei diesem vermutlich bedeutendsten Philosophen aller Zeiten ist das Man ja gerade das Gegenteil des Ich! ‘Abständigkeit, Durchschnittlichkeit, Einebnung’ zeichnen es aus.”
4. “Sterbenden Mann fotografiert – angeklagt” (20min.ch, kle)
Einem 19-Jährigen wird in Schottland vorgeworfen, er habe einen verunfallten Mann fotografiert, statt ihm Nothilfe zu leisten – und das Foto wenige Minuten später bei Twitter hochgeladen.
Kleine Kinder wollen immer wissen, was sie zum Geburtstag oder zu Weihnachten geschenkt bekommen. Wenn sie erwachsen werden, interessieren sie sich dafür, wie das neue iPhone, das neue Trikot ihres Lieblingsvereins oder ein neues Auto aussehen könnte, bevor diese Produkte offiziell vorgestellt werden.
Manche Medien leben ganz gut davon, mit einer Gemengelage aus Gerüchten, andererleuts Spekulationen und Selbstgedachtem die Stimmung weiter anzuheizen.
So sieht die aktuelle Ausgabe von “Auto Bild” aus:
Auch auf autobild.de zeigt die Redaktion stolz, wie der neue Mercedes GLG aussehen soll:
Sagen wir so: Es wäre schon ein arger Zufall, wenn der GLG tatsächlich so aussehen würde. Vieles deutet nämlich darauf hin, dass die Grafiker von “Auto Bild” ihren Photoshop-Fähigkeiten einfach freien Lauf gelassen haben.
Das hier ist jedenfalls ein Foto vom Konzept des Land Rover DC 100, das im vergangenen Jahr veröffentlicht wurde:
Wenn man dieses Bild spiegelt, ein bisschen verzerrt und dreht …
Am Freitag wurden in London die 30. Olympischen Sommerspiele der Neuzeit eröffnet. Im ausverkauften Olympiastadion wohnten 80.000 Zuschauer dem bunten Spektakel und dem Einmarsch der Athleten bei — aber wie viele waren es wohl in aller Welt vor den Bildschirmen?
Bereits am Donnerstag hatte der Sportinformationsdienst (sid) zur Frage, wer die Olympische Flamme entzünden wird, geschrieben:
So kurz vor dem mit Spannung erwarteten Moment, den 80.000 Zuschauer im Stadion und rund vier Milliarden Menschen rund um den Globus vor dem Fernseher verfolgen werden, erreichen die Spekulationen um Mr. oder Mrs. X ihren Höhepunkt.
Die dpa hatte ebenfalls am Donnerstag berichtet:
Für die Zeremonie, künstlerisch gestaltet von Star-Regisseur Danny Boyle, erwartet [Organisationschef Sebastian] Coe vier Milliarden Zuschauer in aller Welt – mehr als die Hälfte der Menschheit.
Am Freitag wiederholte dpa diese Zahl:
Diesmal erwartet das IOC weltweit vier Milliarden Olympia-Fans vor den Fernsehern.
Um 22.05 Uhr, nur wenige Minuten nach Beginn der Eröffnungsfeier, tickerte der sid für die Samstagszeitungen, die zu dieser Zeit in den Druck gingen:
Mit einem spektakulären Knalleffekt hat um 21.03 Uhr Ortszeit die Eröffnungsfeier der Olympischen Spiele in London begonnen. Bis zu vier Milliarden Zuschauer auf der ganzen Welt saßen vor den Fernsehschirmen, als vier Modelle der olympischen Ringe an Ballons in den Himmel aufstiegen.
Um 22.42 Uhr, drei Stunden vor dem Ende der Eröffnungsfeier, schrieb dpa bereits:
62 000 Zuschauer im Olympiastadion und bis zu vier Milliarden Menschen weltweit vor den TV-Geräten ließen sich am Freitagabend von einer stilvollen Show verzaubern, bei der Tradition und Moderne in bunten Bildern miteinander verschmolzen.
Es war inzwischen Samstag, 1.19 Uhr, die Feier war immer noch nicht ganz vorbei, als der sid wiederum berichtete:
Große Emotionen, jede Menge Spektakel und Queen Elizabeth II als “Bond-Girl”: Mit einer bewegenden Reise durch die Geschichte Großbritanniens, einem musikalischen Zeitraffer und Showeffekten im besten Hollywood-Stil hat London die Athleten der Welt begrüßt und vier Milliarden Zuschauer in aller Welt begeistert.
In einer dpa-Meldung von Samstagnachmittag hatte sich die Zahl der Zuschauer dann schon rapide reduziert:
Eine Milliarde Menschen in aller Welt haben die begeistert gefeierte Eröffnungsfeier der Olympischen Spiele von London im Fernsehen gesehen. Diese Schätzung gab die Regierung am Samstag in London bekannt.
Die Zahl von vier Milliarden Menschen – “mehr als die Hälfte der Menschheit”, wie dpa richtig angemerkt hatte – hatten die Veranstalter schon im Vorfeld ausgegeben, die Nachrichtenagenturen hatten sie zunächst einfach weitergeplappert — obwohl einem die Zahl mit etwas gesundem Menschenverstand als geradezu grotesk hochgegriffen erscheinen musste.
Die Website “Sporting Intelligence” (die im vergangenen Jahr schon vorgerechnet hatte, dass die weltweiten Zuschauerzahlen der sogenannten “Royal Wedding” von Prinz William mit Kate Middleton eher bei 300 Millionen als bei den vorher postulierten zwei Milliarden lagen), hat schon am Donnerstag erklärt, warum die Zahl von vier Milliarden “bollocks” (“völliger Unfug”) ist:
Die Welt hat sieben Milliarden Bewohner, die in 1,9 Milliarden Haushalten leben, welche durchschnittlich 3,68 Mitglieder haben.
Von diesen 1,9 Milliarden Haushalten haben nur 1,4 Milliarden einen Fernseher, geschweige denn Internet. Es sind die ärmeren Haushalte, die dazu neigen, keinen Fernseher zu haben, und sie haben auch die größeren Haushalte. Also haben etwa 2,5 Milliarden Menschen keinen Zugang zum Fernsehempfang.
Zuschauerinteresse in Deutschland
Obwohl in Deutschland viele Menschen einen Fernseher haben, die Eröffnungsfeier zeitlich günstig lag, das Interesse mutmaßlich groß und das Wetter überwiegend schlecht war, schaltete hierzulande nur etwa jeder zehnte Einwohner ein: Das ZDF verzeichnete Zuschauerzahlen von 7,66 Millionen.
Wir müssen auch die Zeit in Betracht ziehen, zu der die Londoner Zeremonie stattfinden wird: zwischen 20 Uhr und Mitternacht britischer Zeit.
Asien wird schlafen, denn es wird mitten in der nacht sein. 4,1 Milliarden der Weltbevölkerung leben in Asien. Die allermeisten von ihnen werden nicht zuschauen.
Das belegbar meist gesehene Ereignis der Menschheitsgeschichte – und das bis heute einzige “echte Milliarden”-Ereignis – war die Eröffnungsfeier der Olympischen Spiele in Peking 2008.
Die “durchschnittliche” Zuschauerzahl (jene, die die vierstündige Veranstaltung in voller Länge gesehen haben) lag bei 593 Millionen Menschen, viele davon in der Gastgebernation China, dem bevölkerungsreichsten Land der Erde. Chinas 1,3-Milliarden-Bevölkerung war der Grund, warum die Veranstaltung so populär war. In Großbritannien, zum Beispiel, haben nur 5 Millionen Leute die gleiche Veranstaltung verfolgt.
Insgesamt haben 984 Millionen Menschen in aller Welt die Eröffnung der Spiele 2008 am heimischen Fernseher eingeschaltet und die Differenz von 16 Millionen, die zur Milliarde fehlt, wurde fast sicher durch die Leute erreicht, die rund um die Welt an öffentlichen Plätzen zugesehen haben.
Die eine Milliarde, die die Feier in Peking verfolgt haben, war einmalig hoch, weil es so eine wichtige Sache im Gastgeberland war, das eine einmalig hohe Bevölkerungszahl hat.
Es ist eine große, glatte Zahl, also lieben die Medien sie, und es steht überall — aber werden wirklich vier Milliarden Menschen die Olympische Eröffnungsfeier sehen? In einem Wort: nein. In ein paar Worten mehr: natürlich nicht, wie nach nur einem Moment Nachdenken klar sein sollte.
(Übersetzung von uns.)
Aber wer würde bei einer großen, glatten Zahl schon einen Moment nachdenken?
In Vereinen, wo der Sport bekanntlich am Schönsten ist, gibt es viele merkwürdige Traditionen und Regeln. Dazu zählt etwa die sogenannte Mannschaftskasse, in die die Mitglieder unterschiedlich hohe Geldbeträge einzahlen, wenn sie gegen bestimmte Verhaltensregeln verstoßen haben.
Auch der Fußballbundesligist FC Augsburg hat eine solche Mannschaftskasse mit entsprechendem Strafenkatalog, den sportbild.de gestern “enthüllte”:
Echte Fans des FC Augsburg werden von diesen Enthüllungen (“Wer ungeduscht auf die Massagebank oder ins Entmüdungsbecken geht, zahlt je 50 Euro”) allerdings wenig überrascht gewesen sein: Die “Augsburger Allgemeine” hatte schon zwei Wochen vorher über den Strafenkatalog des FCA berichtet, der der Redaktion damals schon “vorlag”.
In diesem Zusammenhang kam es auch zu dieser grandiosen Kombination von Überschrift, Symbolfoto und Bildunterschrift: