Suchergebnisse für ‘Klima’

Zusammenarbeit beendet, Yahoos Rückzug, Leugner und Profiteur

1. WDR beendet Zusammenarbeit mit El-Hassan endgültig
(tagesspiegel.de, Joachim Huber & Ellen Nebel)
Der WDR hat sich endgültig gegen eine Zusammenarbeit mit der Journalistin Nemi El-Hassan entschieden. Zuvor hatte die Journalistin einen Gastbeitrag in der “Berliner Zeitung” veröffentlicht, in dem sie Kritik zum Umgang des WDR mit ihr in den vergangenen Wochen äußerte: “Der WDR hat sich – in der Hoffnung, sich selbst aus der Schusslinie zu ziehen – allen Argumenten der ‘Bild’-Zeitung angeschlossen und somit auch zukünftigen Kampagnen Tür und Tor geöffnet.”

2. Mit Chefinnen aus der Krise
(taz.de, Volkan Ağar)
Linna Nickel und Antje Schippmann werden als Blattmacherinnen Mitglieder der “Bild”-Chefredaktion. Frauen haben dort nun zumindest der Zahl nach die Oberhand. Ist damit wahrscheinlicher, dass sich die toxische Arbeitskultur ändert? “taz”-Redakteur Volkan Ağar kommentiert: “Wie viel Einfluss die beiden Chefinnen auf die proklamierte betriebskulturelle Erneuerung und auf die Inhalte des Boulevardblattes haben werden, darauf kann man gespannt sein – auch weil die Stellenbezeichnung ‘Blattmacherin’ vieles und nichts bedeuten kann. Interessant wird ebenso, ob personelle Änderungen ausreichen, um eine Arbeitskultur nachhaltig zum Besseren zu verändern.”

3. Belarus sperrt Online-Angebot der Deutschen Welle
(netzpolitik.org, Christina Braun)
In Belarus haben die staatlichen Behörden den Online-Auftritt der Deutschen Welle (DW) wegen der angeblichen Verbreitung extremistischen Materials gesperrt. DW-Intendant Peter Limbourg bezeichnet die Vorwürfe als “absolut lächerlich”, die Sperre sei ein Akt der Verzweiflung: “Herr Lukaschenko hat gezeigt, dass er im Kampf gegen seine eigene Bevölkerung vor nichts zurückschreckt, um seine Macht zu erhalten”, so Limbourg.

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4. Yahoo zieht sich endgültig aus China zurück
(spiegel.de)
In China bestehen für ausländische Tech-Unternehmen erhebliche Einschränkungen. So seien Online-Plattformen dort beispielsweise verpflichtet, Daten chinesischer Nutzerinnen und Nutzer auf Anfrage den Behörden zur Verfügung zu stellen und politisch Unerwünschtes, etwa Hinweise auf das Tiananmen-Massaker, zu entfernen. Nun hat Yahoo Konsequenzen gezogen und seinen Rückzug aus Festland-China bekanntgegeben. Das Unternehmen fühle sich “weiterhin den Rechten unserer Nutzer sowie einem freien und offenen Internet verpflichtet”.

5. Nicht mit, sondern über Faschisten auf der Buchmesse reden
(nd-aktuell.de, Natascha Strobl)
Politikwissenschaftlerin und Rechtsextremismus-Expertin Natascha Strobl kommentiert die Debatte um den Umgang der Frankfurter Buchmesse mit rechtsradikalen Verlagen: “Was genau möchte man mit solchen Leuten ausdiskutieren? Der Wunsch, diese Personen in einen demokratischen Diskurs zu rücken, sagt mehr über jene aus, die mit Faschisten diskutieren möchten, als über die Faschisten, die keinen Hehl aus ihren Ansichten machen. Es ist Angstlust, mit der Faschismus ein ums andere Mal eine große Bühne geboten wird. Und es ist Narzissmus, der einen glauben lässt, dass nur der eigene scharfe Verstand Faschismus im direkten Duell platt machen kann.”

6. Klimawandel-Leugner und -Profiteur zugleich
(deutschlandfunk.de, Heike Wipperfürth, Audio: 5:11 Minuten)
Donald Trumps langjähriger Lieblingssender Fox News will mit einem eigenen Wetterkanal die Gunst der Zuschauerinnen und Zuschauer gewinnen: “Der konservative US-Sender wittert hier ein Geschäft mit Zukunftspotential – wegen zunehmender Extremwetterereignisse, aber auch weil viele Zuschauer politikmüde sind.”

Mehr und weniger Transparenz, Appell an Koalition, Wilhelma-Visionen

1. CORRECTIV setzt sich gegen Bundesrechnungshof durch: Bundesbehörde ist zur Auskunft gezwungen
(correctiv.org)
Sieben Jahre lang hat “Correctiv” für mehr Transparenz beim Bundesrechnungshofs gekämpft und dafür durch die Instanzen bis zum Bundesverwaltungsgericht geklagt. Mit Erfolg: Der Bundesrechnungshof müsse erklären, welche Fälle er überprüft und was er beim Bundeskanzleramt, beim Verkehrs-, beim Wirtschafts- und beim Umweltministerium bemängelt hat. Der Vorsitzende des Deutschen Journalisten-Verbands kommentiert: “Das ist ein ermutigender Sieg der Pressefreiheit über die kleinkarierte Geheimhaltungs-Taktik einer Bundesbehörde. Ich gratuliere Correctiv zu diesem Erfolg. Gleichwohl ist es für ein demokratisches Land eine Schande, dass hier überhaupt Gerichte bemüht werden mussten. Die neue Bundesregierung muss deshalb endlich ein Presseauskunftsrecht auf Bundesebene etablieren.”
Weiterer Lesehinweis: An anderer Stelle sieht es nicht so gut aus für Transparenz und Informationsfreiheit: Innenministerium muss Twitter-DMs nicht herausgeben (netzpolitik.org, Alexander Fanta & Markus Reuter).

2. Appell an künftige Koalition
(djv.de, Hendrik Zörner)
Mehrere Organisationen, darunter der Deutsche Journalisten-Verband und der Deutsche Fachjournalisten-Verband, haben sich in einem offenen Brief an die möglichen Koalitionäre von SPD, Grünen und FDP gewandt: “Mit unzähligen Überwachungsgesetzen hat die ‘Große Koalition’ die Grund- und Freiheitsrechte schwer beschädigt. Von einem ‘Ampel’-Koalitionsvertrag mit den Parteien SPD, FDP und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN erwarten wir eine Beseitigung der schädlichsten Altlast der ‘Großen Koalition’, nämlich der Vorratsdatenspeicherung von Telekommunikationsdaten in Deutschland.”

3. Wolfgang Blau: “Hohe Summen werden investiert, um Desinformationen über die Klimakrise zu verbreiten”
(derstandard.at, Oliver Mark)
Wolfgang Blau ist nicht nur langjähriger Journalist und Medienmanager, sondern auch Mitgründer des Oxford Climate Journalism Network. Im Interview mit dem österreichischen “Standard” bezeichnet er den Klimawandel als die größte Herausforderung, mit der der Journalismus jemals konfrontiert war, und fordert: “Eine Redaktion braucht Klimaexpertinnen, und gleichzeitig müssen – ich verwende das Wort müssen so selten wie möglich -, gleichzeitig müssen alle Mitglieder einer Redaktion zumindest Grundwissen zur Klimakrise erwerben. Das ist nötig, weil die Klimakrise sich auf jeden Bereich des Journalismus auswirken wird.”

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4. Die Deutsche Digitale Bibliothek startet das Deutsche Zeitungsportal mit zentralem Zugang zu historischen Zeitungen von 1671 bis 1950
(deutsche-digitale-bibliothek.de)
“Entdecken Sie historische Zeitungen aus den Jahren 1671 bis 1950!” Die Deutsche Digitale Bibliothek schaltet mit dem Deutschen Zeitungsportal einen zentralen Zugang zu digitalisierten historischen Zeitungen aus Kultur- und Wissenseinrichtungen frei. Eine wunderbare Quelle für private, berufliche oder wissenschaftliche Recherchen. Und das Beste: Alles davon ist kostenfrei zugänglich.

5. Neuer “Bild”-Chefredakteur Johannes Boie will Kultur grundlegend ändern
(rnd.de)
Der neue “Bild”-Chefredakteur Johannes Boie wolle sich laut einer Interview in der “Süddeutschen Zeitung” (nur mit Abo lesbar) für eine grundlegende Änderung des Redaktionsklimas bei der Boulevardzeitung einsetzen. Das bedeute ein empathisches Miteinander, “ohne die für ‘Bild’ typische Härte – auch in der politischen Linie – nach außen zu verlieren”. Inhaltlich wolle Boie bei “Bild” jedoch nichts grundlegend ändern.

6. Laut BILD sind im Haushalt 452 Millionen für die #Wilhelma drin.
(twitter.com/FinanzenBW)
Die “Bild”-Zeitung wettert in einem Empörartikel in der Stuttgart-Ausgabe gegen staatliche Verschwendung (“Immer raus mit der Kohle. Wir haben’s ja!”). Für den zoologisch-botanischen Garten der Stadt, die Wilhelma, seien angeblich mehr als 450 Millionen Euro eingeplant. In Wahrheit beträgt das Budget jedoch nur etwa 450.000 Euro, also ein Tausendstel der genannten Aufregersumme. Das Finanzministerium von Baden-Württemberg nimmt den Fehler der “Bild”-Redaktion auf Twitter mit Humor und überlegt, was man mit dem vielen Geld alles anschaffen könnte.

Das Bild, das “Bild” abgibt

Angesprochen auf den äußeren Schaden, der durch die Affäre um Ex-“Bild”-Chefredakteur Julian Reichelt entstanden ist, sagt der neue “Bild”-Chef Johannes Boie im Interview mit der “Süddeutschen Zeitung” (nur mit Abo lesbar):

Ich denke, dass der Schaden nach außen vorhanden ist, aber an manchen Stellen auch gezielt größer gemacht wird, als er tatsächlich ist.

Eine grundsätzlichere Frage wäre: Was ist überhaupt noch an (positivem) “Bild”-Image vorhanden, das – auf welche Weise auch immer – beschädigt werden kann? Es gibt mehrere Studien und Umfragen, die darauf Antworten geben.

Das Reuters Institute for the Study of Journalism der Universität Oxford zum Beispiel hat in seinem “Digital News Report 2021” auch für Deutschland “Brand trust scores” erfragt, also: Wie sehr vertrauen die Befragten dem jeweiligen Medium? Das Ergebnis:

“Bild” landet unter den abgefragten Medien mit weitem Abstand auf dem letzten Platz. 60 Prozent der befragten Personen sagen, dass sie “Bild” nicht vertrauen. (Zu einem ähnlichen Ergebnis kommt die Universität Mainz. “Wie vertrauenswürdig finden Sie diese Angebote?”, fragten die Forscherinnen und Forscher 2020, wobei sie dabei nicht konkrete Medienmarken nannten, sondern Gattungen. Darunter auch “Boulevard-Zeitungen”, deren wichtigster Vertreter nach wie vor “Bild” ist. Sie landeten ganz hinten (7 Prozent “sehr/eher vertrauenswürdig”, 56 Prozent “überhaupt/eher nicht vertrauenswürdig”).)

Einen etwas anderes Fokus haben die Initiative Reset. und die Agentur pollytix in ihrer Studie zur Debattenkultur (PDF) gesetzt. Sie fragten im Juni 2021 in einer bundesweiten repräsentativen Umfrage:

Glauben Sie, die folgenden haben einen eher positiven oder eher negativen Einfluss auf die Art und Weise, wie Diskussionen in Deutschland geführt werden?

Das Ergebnis:

Auch hier landet “Bild” auf dem letzten Platz, mit dem niedrigsten Wert bei “eher positiv” und dem höchsten bei “eher negativ”.

Der “GemeinwohlAtlas” der Leipziger Graduate School of Management und der Universität St. Gallen will den “gesellschaftlichen Nutzen” von deutschen sowie internationalen Unternehmen, Marken, Organisationen und Institutionen untersuchen und abbilden:

Im Jahr 2019 nahmen insgesamt 11.769 Personen im Alter zwischen 18 und 93 Jahren an der Befragung teil.

Kannten die Befragten mindestens eine der aufgelisteten Organisationen, wurden sie aufgefordert, für einzelne, randomisiert ausgewählte Organisationen den Beitrag zum Gemeinwohl in den vier Dimensionen Lebensqualität, Aufgabenerfüllung, Zusammenhalt und Moral zu bewerten.

Hier landet “Bild” nicht auf dem letzten, sondern auf dem drittletzten Platz – Rang 133 von 135. Schlechter bewertet wurden nur die FIFA und Marlboro:

Und wie sieht die “Bild”-Belegschaft das selbst? Nach dem Compliance-Verfahren gegen Julian Reichelt im Frühjahr hat der Springer-Verlag eine Befragung unter den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern von “Bild”, “Bild am Sonntag” und “B.Z.” durchgeführt. Sie konnten 51 vorgegebene Aussagen bewerten, auf einer Skala von 0 bis 10, von wenig bis hoher Zustimmung.

Der “Spiegel” berichtete Anfang Juni über die Ergebnisse (nur mit Abo lesbar). Und über die interne Präsentation durch “Bild”-Geschäftsführerin Carolin Hulshoff Pol:

Sie tritt an diesem Montagnachmittag demütig auf. Bei einem Wert, sagt sie, habe sie sich “echt erschrocken”. Er betrifft den Blick, den die Mitarbeiter auf die Außenwirkung ihrer Blätter haben, auf den Wert für die demokratische Öffentlichkeit. Abgefragt worden war: Werden “Bild”, “BamS” und “BZ” ihrer gesellschaftlichen Verantwortung gerecht? Die Belegschaft vergab dafür den Wert 5,5. “Das darf nicht unser Anspruch sein”, sagt Hulshoff Pol.

Das “Bild”-Image scheint auch aus Sicht der dort arbeitenden Menschen so ramponiert zu sein, dass nicht wenige nur ungern erzählen, wo sie arbeiten:

Und noch eine Zahl: 225 Befragte, also ein Viertel, erzählen nach außen ungern, dass sie bei “Bild” arbeiten. Eine Redaktion, die sich zumindest in Teilen für den eigenen Arbeitgeber schämt.

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Feldbett ade, Döpfners autoritärer DDR-Staat, Wetten, dass nicht

1. Ende der Feldbett-Geschichten
(taz.de, Erica Zingher)
Der Axel-Springer-Konzern hat sich von “Bild”-Chefredakteur Julian Reichelt getrennt (offizielle Pressemitteilung). Der Entscheidung vorausgegangen war ein Beitrag in der “New York Times” über die zweifelhafte Unternehmenskultur im Hause Springer und der “Bild”-Redaktion. Auch das Investigativteam der Ippen-Verlagsgruppe, zu der unter anderem die “Frankfurter Rundschau” und der “Münchner Merkur” gehören, hatte zu den Vorwürfen gegenüber Reichelt recherchiert. Die Veröffentlichung war jedoch von Verleger Dirk Ippen gestoppt worden (einige der Ergebnisse flossen in einen neuen Beitrag beim “Spiegel” (nur mit Abo lesbar) mit ein). Erica Zingher fasst den Vorgang zusammen, der viele bemerkenswerte Nebenaspekte hat.

2. BDZV-Präsident hält Deutschland für neuen autoritären DDR-Staat
(dwdl.de, Thomas Lückerath)
Der Rauswurf Reichelts bei “Bild” dürfe nicht ablenken von dem, was für die “New York Times” der eigentliche Grund für ihre Berichterstattung gewesen sei: Das zwielichtige Bild, das der Vorstandsvorsitzende Mathias Döpfner an der Spitze von Axel Springer abgebe. Von diesem war eine Nachricht bekanntgeworden, in der er Reichelt wie folgt verteidigt hatte: “Er ist halt wirklich der letzte und einzige Journalist in Deutschland der noch mutig gegen den neuen DDR Obrigkeitsstaat aufbegehrt. Fast alle anderen sind zu Propaganda Assistenten geworden.” Lückeraths Kommentar: “Der Kapitän lässt den für ihn wichtigsten Mann über die Planke laufen und alle grölen vor Freude über das Spektakel. Dabei sollte man nicht vergessen, wer auf dem Schiff das Sagen hat.”

3. Offener Brief an die Intendanten, Geschäftsführer und Chefredaktionen von ARD, ZDF, PRO7/SAT1, RTL und N-TV
(klimajournalismus.de)
Das “Netzwerk Klimajournalismus” wendet sich mit einem offenen Brief an die Verantwortlichen von ARD, ZDF, ProSieben/Sat.1, RTL und n-tv, in dem es die Trielle kritisiert: “Wir haben die von einem Millionenpublikum verfolgten und vermutlich die Wahlen mitentscheidenden Trielle analytisch ausgewertet und kommen zu dem Schluss, dass kein Moderator und keine Moderatorin den Ernst der Lage adäquat dargestellt hat.”

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4. Statement zur Frankfurter Buchmesse 2021
(twitter.com, Jasmina Kuhnke)
Die Autorin und Schriftstellerin Jasmina Kuhnke sieht sich als Schwarze Frau seit Längerem Bedrohungen durch Rechtsextreme ausgesetzt. Bei der Frankfurter Buchmesse 2021 sollte sie, wie sie auf Twitter schreibt, als Überraschungsgästin bei der ARD-Buchnacht und der Diskussionsrunde “Die Streiterinnen” auftreten. Nun habe sie erfahren, dass in unmittelbarer Nähe ein Verlag ausstelle, dessen Leiter bereits verkündet habe, sie “gehöre abgeschoben”. Kuhnke sieht angesichts dieses Umfelds und des möglichen Bedrohungspotenzials keinen anderen Weg, als der Buchmesse fernzubleiben: “Ich möchte den Verantwortlichen damit aufzeigen, dass die hier getroffene Entscheidung, Nazis den Raum zu bieten sich darzustellen, vor allem Konsequenzen für Betroffene wie mich hat.”

5. Mörder endlich zur Rechenschaft ziehen
(reporter-ohne-grenzen.de)
Kurz vor dem vierten Jahrestag der Ermordung der Journalistin Daphne Caruana Galizia sind Vertreterinnen und Vertreter verschiedener Organisationen nach Malta gereist: “Wir fordern umfassende Reformen im Bereich der Pressefreiheit, die Anerkennung des Journalismus als vierte Säule der Demokratie und die Schaffung eines sicheren Umfelds für alle in Malta arbeitenden Journalistinnen und Journalisten – durch Gesetze und in der beruflichen Praxis.”

6. Zweitverwertung
(sueddeutsche.de, David Denk)
Am 6. November strahlt das ZDF eine neue Folge der eigentlich lange verabschiedeten Sendung “Wetten, dass..?” mit Thomas Gottschalk aus. In seiner Kolumne kritisiert David Denk: “Wer keine Abos verkaufen muss, sondern sich aus zuverlässig sprudelnden Gebührengeldern bedienen kann, sieht offenbar nicht die Notwendigkeit einer Erneuerung, die diesen Namen auch verdient. So wenig Ehrgeiz kann sich noch nicht mal ein Kommissar im Ruhestand am Bodensee erlauben.”

KW 41: Hör- und Gucktipps zum Wochenende

Hurra, endlich Wochenende – und damit mehr Zeit zum Hören und Sehen! In unserer Samstagsausgabe präsentieren wir Euch eine Auswahl empfehlenswerter Filme und Podcasts mit Medienbezug. Viel Spaß bei Erkenntnisgewinn und Unterhaltung!

***

1. Shitstorms für Jugendsünden
(wdr.de, Sebastian Sonntag, Audio: 9:31 Minuten)
Die heute 20-jährige Sarah-Lee Heinrich ist seit Kurzem Bundessprecherin der Grünen Jugend und steht wegen Posts, die sie als 14-Jährige bei Twitter verfasst hat, im Zentrum eines Shitstorms. Wie Medien und Betroffene mit derartigen Situationen umgehen sollten, erklärt Martin Fehrensen vom “Social Media Watchblog” im WDR5-Medienmagazin. Die komplette Sendung mit weiteren Medienthemen gibt es hier (40:03 Minuten).
Weitere Lesehinweise: Kampagnen wie die gegen Heinrich zielen auf Unsichtbarmachung und Verdrängung, schreibt Carolina Schwarz in der “taz”: “Wir brauchen die Debatte, welches Verhalten wir als Gesellschaft entschuldbar finden. Und es wird Zeit, dass wir Strategien entwickeln, um das Spiel der Rechten nicht mehr mitzuspielen.” Und bei “Zeit Online” ist ein Interview mit Sarah-Lee Heinrich erschienen, in dem “Zeit”-Redakteur Robert Pausch mit ihr über den Shitstorm spricht.

2. ZDF Magazin Royale vom 15. Oktober 2021
(zdf.de, Video: 31:28 Minuten)
Das Genre True Crime, in dem reale Kriminalfälle nacherzählt werden, scheint seit einigen Jahren zu boomen. Das machen sich selbsternannte “Profiler” und “Profilerinnen” zunutze, die mit viel Selbstbewusstsein und wenig Sachkenntnis durch Medien tingeln und ganze Veranstaltungshallen füllen. Jan Böhmermann und sein Team haben sich drei der erfolgreichsten True-Crime-Expertinnen und -Experten herausgegriffen und zeigen, wie erschütternd wenig übrigbleibt, wenn man genauer auf Lebenslauf und Referenzen schaut.
Weitere Lesehinweise: Bei einer der drei angesprochenen Personen handelt es sich um eine besonders schillernde Figur, die bereits vielfach Gegenstand der Berichterstattung war:

3. Journalismus in Belarus: Tricks gegen Zensur
(ndr.de, Video: 16:02 Minuten)
Bei “Zapp” geht es um die besorgniserregenden Zustände im von Alexander Lukaschenko autoritär geführten Belarus: “Mit brutaler Gewalt werden in Belarus alle unabhängigen Medien zerschlagen, sogar der belarussische Journalistenverband. Viele Journalistinnen und Journalisten müssen Hals über Kopf das Land verlassen. Doch die kritische Berichterstattung geht weiter: Mutige Belarussen überlegen sich Tricks, wie sie die Zensur umgehen können.”

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4. Meteorologe Özden Terli – Jung & Naiv: Folge 536
(youtube.com, Tilo Jung, Video: 2:23:55 Stunden)
Özden Terli arbeitet als Meteorologe und Wettermoderator beim ZDF. Im Gespräch mit Tilo Jung erzählt er von seinem Werdegang, den Zusammenhängen und Unterschieden von Wetter und Klima, Wettervorhersagen und Klimawandel-Fakten im Wetterbericht.

5. Kampf gegen das Urheberrecht
(deutschlandfunknova.de, Sibylle Salewski, Audio: 42:35 Minuten)
Im Vortrag der Literaturwissenschaftlerin Annette Gilbert geht es um das “Manifest zum Urheberrecht” des russischen Dichters und Musikers Kirill Medwedew. Für Gilbert ist Medwedews Manifest “eine Fortführung des Widerstands russischer Autoren gegen ein staatlich reguliertes Verlagswesen”.

6. So gefährlich ist BILD TV wirklich
(youtube.com, Philipp Walulis, Video: 15:02 Minuten)
Philipp Walulis widmet sich in seiner neuesten “Story”-Folge dem Sender “Bild TV”. Ist Springers neuer Fernrsehkanal das deutsche Fox News, das mit rechter Propaganda so überaus erfolgreich ist? “Wie gefährlich es wirklich ist, dass Julian Reichelt und Claus Strunz jetzt bei genau denen abschreiben – das ist unsere Story!”
Weiterer Lesehinweis: Auf Twitter gibt ProSieben die aktuellen Einschaltquoten von Mitbewerber “Bild TV” bekannt: “Der TV-Sender BILD hatte am Donnerstag einen Marktanteil von 0,0 Prozent Marktanteil (14-49). In der PrimeTime (20-23 Uhr) kam BILDTV ebenfalls auf einen Marktanteil von 0,0 Prozent (14-49).”

Starke Botschaft, Werbebedrohte Mediathek, Kampf der Wetteransager

1. Starke Botschaft für mutigen Journalismus
(reporter-ohne-grenzen.de)
Die Organisation Reporter ohne Grenzen freut sich über die Verleihung des Friedensnobelpreises 2021 an Maria Ressa und Dmitri Muratow: “Sie verkörpern in ganz besonderer Weise den Kampf für die Unabhängigkeit des Journalismus. Diese Auszeichnung ist eine Würdigung des Journalismus, aber auch ein Aufruf zur Mobilisierung, denn das vor uns liegende Jahrzehnt wird entscheidend sein für die Zukunft des Journalismus. Es ist eine starke Botschaft in einer Zeit, in der Demokratien weltweit durch Desinformation und Hassrede bedroht werden.”
Weiterer Lesehinweis: “Gerade erst wurde Maria Ressa mit dem Friedensnobelpreis geehrt. In einem ihrer ersten Interviews attackiert sie Facebook. Die Algorithmen der Plattform würden eher Lügen und Hass streuen, als Fakten zu verbreiten” – Nobelpreisträgerin Ressa nennt Facebook Gefahr für Demokratie (spiegel.de).

2. Könnten in der ARD-Mediathek bald Werbespots laufen?
(rnd.de, Matthias Schwarzer)
Eigentlich sind die gebührenfinanzierten öffentlich-rechtlichen Mediatheken werbefrei, doch bei einem Branchentreff empfahl der scheidende Intendant des Hessischen Rundfunks listig eine Art Revolution von unten: “Sie sollten sich dafür einsetzen”, empfahl er den Werbekunden und Agenturchefs, “dass Sie bei uns auch in der Mediathek und in der Audiothek werben dürfen, wenn Sie weiterhin Menschen erreichen wollen, die Qualität suchen und denen Gemeinwohl am Herzen liegt. Wir sind da eher schüchtern und zurückhaltend, wie es unsere Art ist. Aber Sie können das zum Thema machen.”

3. Der einsame Klimakampf der Wetteransager
(spiegel.de, Christian Stöcker)
Wenn TV-Meteorologen immer deutlicher über Extremwetterkatastrophen reden, habe das auch mit dem Versagen öffentlich-rechtlicher Sender zu tun, findet Christian Stöcker in seiner “Spiegel”-Kolumne: “Tatsächlich ist der Wetterbericht in vielen Nachrichtensendungen mittlerweile politischer – oder vielmehr: relevanter als weite Teile der übrigen Berichterstattung. Das liegt daran, dass die einst so unpolitischen Wetterleute offenkundig die Nase voll davon haben, dass das wichtigste Thema der Gegenwart auch in den Öffentlich-Rechtlichen oft noch immer wie eine Randnotiz behandelt wird.”

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4. Polizei behindert mehrfach Pressearbeit und nimmt Fotografen in Gewahrsam
(tagesspiegel.de, Madlen Haarbach)
Am Rande einer Demonstration gegen die Räumung des linksalternativen Køpi-Wagenplatzes in Berlin habe die Journalistengewerkschaft dju am Samstagabend mindestens drei Verstöße gegen die Pressefreiheit durch die Polizei registriert. Insgesamt seien ihm zwei grobe Behinderungen und ein tätlicher Angriff seitens der Einsatzkräfte bekannt, so dju-Landesgeschäftsführer Jörg Reichel.
Weiterer Lesetipp: “Das Netzwerk ‘Copservation’ will polizeiliches Fehlverhalten dokumentieren. Fast jeden Tag erhalten die Mitglieder in sozialen Medien Berichte über Vergehen” – “Das Einzelfall-Narrativ ist absurd” (taz.de, Emeli Glaser).

5. Was mit Medien? Das braucht Hartnäckigkeit
(verdi.de, Susanne Stracke-Neumann)
Im Journalismus Fuß zu fassen, ist oftmals gar nicht so leicht. Obwohl in manchen Bereichen, wie den Lokalredaktionen, von Nachwuchsmangel die Rede sei, hätten es junge Leute schwer mit dem Berufseinstieg. Susanne Stracke-Neumann hat für das Verdi-Medienmagazin zwei junge Frauen auf ihrem Weg in den Beruf begleitet.

6. Ich habe einen langen Atem.
(planet-interview.de, Jakob Buhre & Adrian Arab)
Tilo Jung ist mit seinen Interviews für das Format “Jung & Naiv” und seinen regelmäßigen Berichten von der Bundespressekonferenz inzwischen fester Bestandteil des Politikjournalismus in Deutschland. Im ausführlichen Interview spricht er über die Ära Merkel, heikle Interview-Partner, Absagen von der AfD, seine Kritik an Boris Reitschuster, über die Frage, wo er die Öffentlich-Rechtlichen als “staatstragend” empfindet. Und er beantwortet die Frage, unter welchem Kanzler er Regierungssprecher werden würde: “Ich werde niemals Sprecher eines Politikers oder einer Politikerin, das habt ihr hiermit auf Band. Ich glaube, das wird auch nie irgendjemand wollen. Okay, eine Ausnahme würde ich machen: Wenn Jürgen Todenhöfer Kanzler wird.”

Dieser Fall zeigt – im Wahlkampf verzerrt “Bild” heftig

Nachdem vergangene Woche vermutlich ein Anschlag auf eine Synagoge in Hagen vereitelt werden konnte, und sich seitdem ein 16-jähriger Syrer in Untersuchungshaft befindet, stand für “Bild” am Freitag fest:

Ausriss Bild-Zeitung - Deutschlands wichtigstes Thema - Dieser Fall zeigt - im Wahlkampf wird zu wenig über Islamismus gesprochen

Dazu präsentiert die Redaktion einen “Islamismus-Check”, in dem sie nach eigener Aussage überprüft, ob Grüne, SPD und CDU “Deutschlands wichtigstes Thema” (ob das wirklich zutrifft – dazu weiter unten mehr) auch wirklich ernst nehmen:

Ausriss Bild-Zeitung - Wer nimmt das Thema ernst? Die Kanzlerkandidaten im Islamismus-Check

Machtübernahme der Taliban! Islamistische Anschläge weltweit! Terrorangst auch in Deutschland!

Dennoch kommt das Reizthema Islamismus im Bundestagswahlkampf kaum vor.

Viele Wähler fragen sich: Wie wollen die Parteien mit der islamistischen Gefahr der selbst ernannten Gotteskrieger umgehen?

BILD macht den Wahlcheck!

Zu Annalena Baerbock und den Grünen schreibt “Bild”, dass es in der Partei “traditionell” eine “große Nähe zum islamistischen Mullah-Regime in Teheran” gebe, und “Kritik an islamistischem Hass auf Schwule, Lesben, Juden” eher “verhalten geäußert” werde. Und:

Im Programm der Grünen taucht das Wort “Islamismus” nicht auf

Also wird das Thema auch von den Grünen verschwiegen?

Dass das Wort “Islamismus” nicht im Wahlprogramm der Grünen auftauchen soll, ist eine klassische “Bild”-Verzerrung, die, wenn überhaupt, nur haarscharf an einer Lüge vorbeischrammt. Es ist richtig, dass der Begriff “Islamismus” im Programm (PDF) nicht zu finden ist. Dafür aber das Wort “islamistische” (Seite 195):

Zahlreiche Straftaten finden grenzüberschreitend statt, insbesondere die organisierte Kriminalität uns islamistische oder rechtsextreme Terrornetzwerke machen nicht an Landesgrenzen halt.

Und das Wort “islamistischer” (Seite 197):

Wir wollen daher auf Bundesebene einen Fonds für Opfer und Betroffene, insbesondere rechtsextremer, rassistischer oder islamistischer Gewalt, einrichten.

Und das Wort “Islamist*innen” (ebenfalls Seite 197):

Jede Form politisch motivierter Gewalt gefährdet unseren Rechtsstaat. Insbesondere durch Terrorismus von gewaltbereiten Rechtsextremist*innen und Islamist*innen ist die öffentliche Sicherheit in Deutschland bedroht.

Und das Wort “islamistischen” (Seite 198):

Aussteigerprogramme für Menschen aus der rechtsextremistischen und islamistischen Szene werden wir ebenso ausbauen wie Hilfs- und Beratungsangebote für Opfer und deren Angehörige.

Nichts davon erwähnt die “Bild”-Redaktion in ihrem “Islamismus-Check”.

Bei der SPD und deren Spitzenkandidaten Olaf Scholz raunt “Bild” derart rum, dass man glatt auf die Idee kommen könnte, Scholz trüge eine irgendwie geartete Mitschuld an den Anschlägen des 11. September 2001:

Nach den Anschlägen vom 11. September 2001 wurde bekannt, dass einige der Attentäter aus Hamburg kamen und die Behörden sie nicht stoppten.

Innensenator damals: Olaf Scholz.

Und auch bei der SPD ist “Bild” aufgefallen, dass die Partei in ihrem Wahlprogramm (PDF) nicht von “Islamismus” spricht:

Die SPD vermeidet den Begriff “Islamismus” im Programm

Man findet allerdings diesen Absatz (Seite 47):

Extremisten und Terroristen bedrohen unsere freie Gesellschaft. Um dieser erheblichen Gefahr wirksam begegnen zu können, muss der Verfassungsschutz die Rolle eines demokratischen Frühwarnsystems erfüllen. Verfassungsfeindliche Organisationen werden wir verbieten. Wo Religionsfreiheit missbraucht wird und in religiösen Fanatismus umschlägt, müssen staatliche Sicherheitsbehörden konsequent eingreifen. Mit aller Konsequenz und Härte werden wir weiter gegen Terror und Gewalt vorgehen.

Auch dazu: kein Wort im “Bild”-“Islamismus-Check”. Stattdessen lässt die Redaktion es so wirken, als hätten lediglich die CDU und Armin Laschet eine Antwort parat (“In ihrem Wahlprogramm bezeichnet die CDU Islamismus als ‘extremistische politische Ideologie’, die mit ‘der ganzen Härte des Rechtsstaats’ bekämpft werden müsse.”).

Und dann noch zur Frage, ob Islamismus wirklich, wie “Bild” behauptet, “Deutschlands wichtigstes Thema” ist. Wie die Redaktion darauf kommt, ist uns schleierhaft. Vielleicht mag das in der eigenen Redaktionskonferenz so sein oder beim AfD-Stammtisch. “Bild” nennt jedenfalls keine Quelle für die Behauptung.

Uns ist keine aktuelle Umfrage bekannt, in der die Befragten mehrheitlich Islamismus oder wenigstens Terrorismus oder innere Sicherheit oder Kriminalität als “wichtigstes Thema” oder größtes Problem Deutschlands nennen. Nur wenige Tage vor Erscheinen des “Bild”-Artikels veröffentlichte “Bild am Sonntag” das Ergebnis einer eigenen Umfrage: “Welche der folgenden Themen sind für Sie bei der Bundestagswahl wahlentscheidend?” Auf Platz 1: “Klima” (35 Prozent). Platz 2: “Rente” (33). Platz 3: “Wohnen und Miete” (26). Gefolgt von: “Umgang mit Corona-Pandemie” (26), “Gesundheit und Pflege” (24), “Schule, Kitas und Bildung” (21). Auf Platz 10: “Innere Sicherheit” (17). Ein ähnliches Bild auch bei anderen Umfragen: Die EU-Kommission fragte zum Beispiel “Was sind Ihrer Meinung nach die beiden wichtigsten Probleme, denen Deutschland derzeit gegenübersteht?”. Am häufigsten wurde “Umwelt und Klimawandel” genannt (34 Prozent), dann “Steigende Preise/Inflation/Lebenshaltungskosten” (24) und dann “Das Bildungssystem” (22). Deutlich weiter hinten: “Kriminalität” (8) und “Terrorismus” (3). Das Umweltbundesamt fragte (PDF), welche Themen in Deutschland für “sehr wichtig” gehalten werden. Die meisten Befragten sagten “Zustand des Bildungswesens” (78 Prozent), “Zustand des Gesundheitssystems” (73) und “Soziale Gerechtigkeit” (66). “Kriminalität, öffentliche Sicherheit” (57) sowie “Kriege, Terrorismus” (48) antworteten deutlich weniger. Und auch auf europäischer Ebene sieht es nicht viel anders aus: Das Europäische Parlament wollte wissen “Welche der folgenden Themen sollte das Europäische Parlament Ihrer Meinung nach Priorität einräumen?” (PDF). Bei den Antworten aus Deutschland lagen die “Maßnahmen gegen den Klimawandel” ganz vorne (44 Prozent), gefolgt von “Maßnahmen zur Bekämpfung von Armut und Ausgrenzung” (37) und “Menschenrechte (in der EU und weltweit)” (29). “Die Bekämpfung von Terrorismus und organisierter Kriminalität” (25) wurde seltener genannt.

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Social-Media-Wahlkampf, Facebooks späte Reaktion, Falsche Prioritäten

1. Wie der Wahlkampf 2021 auf Social Media geführt wird
(tagesspiegel.de)
Welche Partei postet am meisten? Was sind die am häufigsten verwendeten Hashtags? Welche Politiker haben die meisten Follower? Was sind die meistgenutzten Emojis? Der “Tagespiegel” hat zusammen mit Democracy Reporting International den Wahlkampf auf Facebook, Twitter, Instagram und Youtube ausgewertet und die Ergebnisse in interaktiven Grafiken aufbereitet.

2. “Die Sternstunden des Journalismus stehen noch bevor”
(journalist.de, Henning Kornfeld)
Otto-Kommunikationschef Thomas Voigt diskutiert im “journalist”-Interview über die Herausforderungen des Journalismus beim Thema Klima und über die Frage, wo bei Projekten wie “Now”, einer Kooperation von Otto und “Geo”, die Probleme liegen.

3. Über 100 afghanische Journalisten bitten um Hilfe
(reporter-ohne-grenzen.de)
Mehr als 100 afghanische Journalistinnen und Journalisten haben anonym über Reporter ohne Grenzen einen dringenden Appell an die internationale Gemeinschaft gerichtet. Ihr Aufruf ist mit “Der Journalismus in Afghanistan ist vom Aussterben bedroht” überschrieben. Unterzeichnet haben ihn insgesamt 103 Medienschaffende: “Wir sind afghanische Journalistinnen und Journalisten verschiedener politischer Überzeugungen und Ethnien. Einige von uns sind noch arbeitsfähig. Andere verstecken sich in Kabul oder anderswo in Afghanistan. Andere sind bereits ins Ausland geflohen oder stehen kurz vor der Ausreise. Wir alle sind gezwungen, bei diesem Aufruf anonym zu bleiben. Wir wollen nicht, dass der Journalismus in Afghanistan wie von 1996 bis 2001 ausstirbt. Die Zeit drängt.”

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4. Warum jetzt, Facebook?
(zeit.de, Lisa Hegemann)
Eine Woche vor der Bundestagswahl hat Facebook 150 “Querdenken”-Kanäle gelöscht. Der Gedanke dahinter sei richtig, aber der Weg falsch, findet Lisa Hegemann: “Wieso reagiert die Plattform erst jetzt, so kurz vor der Bundestagswahl und zu einem Zeitpunkt, an dem die Bewegung deutlich an Zulauf und Bedeutung verloren hat? Tatsächlich erinnert das Vorgehen stark an den Umgang des sozialen Netzwerks mit US-Präsident Donald Trump: Jahrelang durfte er die Community-Standards ignorieren und Falschinformationen sowie Hetze in den Newsfeed von Nutzerinnen und Nutzern hineinblasen. Erst nach dem Sturm auf das Kapitol im Januar, als er die US-Präsidentschaftswahl schon verloren hatte und sein Abgang nahe war, reagierte Facebook und sperrte ihn.”

5. “Tagesschau” revidiert Bericht über AfD
(faz.net)
Die AfD hat eine Unterlassungsverpflichtung gegen die “Tagesschau” erwirkt. Die Nachrichtensendung muss einen Bericht über das Abstimmungsverhalten der AfD-Bundestagsfraktion zur Fluthilfe nachträglich umarbeiten. Es habe der Eindruck entstehen können, die AfD-Fraktion habe gegen den Aufbau des Fluthilfefonds gestimmt, “tatsächlich hatte sie in 2. Lesung einstimmig dafür votiert.” Ein Beitrag des “Tagesschau”-“Faktenfinders”, der auf den Einwand der AfD geantwortet hatte, ist derzeit offline und werde nach Angaben des NDR überarbeitet.

6. Möbelhaus schlägt Herzzentrum? Die falschen Doku-Prioritäten des ZDF
(dwdl.de, Peer Schader)
Peer Schader erinnert die Programmzuständigen der Öffentlich-Rechtlichen daran, mehr gesellschaftsrelevante Themen aufzugreifen: “Ich hab nicht den Eindruck, dass in Mainz, München und andernorts, wo Fernsehen für die Realitäten des Jahres 2021 gemacht werden soll, schon ausreichend verstanden worden ist, wie viele Beitragszahlende sich nach einem öffentlich-rechtlichen Rundfunk sehnen, der seine Prioritäten sehr viel besser zu ordnen versteht als das in den zurückliegenden Jahren der Fall war.”

Townhall vs. Triell, Obrigkeitshöriges Genre, Attila Hildmann offline

1. Mehr Erkenntnisgewinn durch Wählerfragen
(deutschlandfunk.de, Michael Borgers & Christina Holtz-Bacha & Christoph Sterz, Audio: 5:57 Minuten)
Schon während des zweiten TV-Triells gab es in den Sozialen Medien Kritik am Moderatorenteam. Bei Oliver Köhr (ARD) und Maybrit Illner (ZDF) habe hinsichtlich der Diskussionsführung Chaos und Uneinigkeit geherrscht. Außerdem seien wesentliche Themen nicht berücksichtigt worden. Die Kommunikationswissenschaftlerin Christina Holtz-Bacha bevorzugt ein sogenanntes Townhall-Format wie die “Wahlarena” in der ARD, wo Wählerinnen und Wähler Fragen stellen können: “Das ist viel lehrreicher, da geht es mehr um die alltäglichen Probleme der Wählerschaft.”

2. “Wahres Tatsachensubstrat”
(arminwolf.at)
Der österreichische “Kurier” druckte im Januar ein ganzseitiges Inserat mehrerer Vereine ab, die sich gegen die Corona-Maßnahmen wandten. In einem Kommentar distanzierte sich die Zeitung von den Inhalten. Man habe sich trotzdem zum Abdruck entschieden, da “wir Meinungsfreiheit für ein unantastbares Gut halten”. Als Armin Wolf den “Kurier” dafür auf Twitter kritisierte, flatterte ihm Anwaltspost von den Leuten ins Haus, die offenbar hinter dem Inserat stehen.

3. Die Verantwortung der Krimi-Autor*innen: Einige Forderungen an ein obrigkeitshöriges Genre
(54books.de, Till Raether)
Der Schriftsteller Till Raether verfasst unter anderem Kriminalromane. In einem bemerkenswert offenen Text spricht er über die Zweifel an seinem Umgang mit dem Genre. Zu Beginn seiner Laufbahn als Krimi-Autor sei er zwei Irrtümern aufgesessen: “Irrtum 1: Das Genre Kriminalroman enthebt mich als Autor von der Verantwortung, mich mit der Realität des von mir benutzten Materials auseinanderzusetzen, weil Genre sich aus Fiktionalitäts-Markern zusammensetzt. Irrtum 2: Polizei ist cool. Denn: Die Waffen. Die Uniformen. Die Büros. Das Blaulicht. Die Rituale. Die Ermächtigung. Die Gewalt.” Lesenswert für jeden Krimi-Fan, da es neue Perspektiven öffnet.

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4. Der engste Vertraute zerstört Attila Hildmann
(t-online.de, Lars Wienand)
Die Hacker-Gruppe Anonymous hat Telegram-Kanäle und Websites von Attila Hildmann vom Netz genommen. Der ehemalige Kochbuch-Autor hatte über den Messenger rechtsextremistische, antisemitische und verschwörungsideologische Inhalte an seine teilweise mehr als 100.000 Abonnenten ausgespielt. Die Aktion wäre nicht möglich gewesen ohne den ehemaligen IT-Administrator Hildmanns, der die Zugangsdaten an das Hacker-Kollektiv weitergab.

5. Journalisten klagen gegen Bayern
(verdi.de)
Vier Journalisten klagen gegen den Freistaat Bayern. Die Pressevertreter waren am 9. September auf dem Gelände der Internationalen Automobil-Ausstellung von Polizeibeamten angehalten, kontrolliert und in Gewahrsam genommen worden – trotz mehrfacher Hinweise auf ihre Akkreditierungen, der bereits am Eingang erfolgten Kontrolle und des Vorzeigens ihrer Presseausweise. Der sie vertretende Rechtsanwalt kommentiert: “Freiheitsentziehung und Durchsuchung sind schwerwiegende Grundrechtseingriffe, erst Recht gegenüber Pressevertretern. Die Polizei ist dabei insbesondere an den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit gebunden. Da die Polizei München keine Einsicht zeigt, wird sie die rechtliche Grundlage für ihr Vorgehen nun dem Verwaltungsgericht erläutern müssen.”

6. klimaneutral
(journalist.de, Sebastian Pertsch & Udo Stiehl)
Sebastian Pertsch und Udo Stiehl werfen im Rahmen ihres Projekts “Floskelwolke” einen sprach- und medienkritischen Blick auf vielbenutzte Formulierungen. Diesmal kritisieren sie den inflationär verwendeten Begriff “grün” und das Wort “klimaneutral”.

Rüge für Scheuer, Hass verlagert sich, Im Zweifel die Radfahrer

1. Humanitärer Schutz für afghanische Journalisten
(reporter-ohne-grenzen.de)
Reporter ohne Grenzen fordert humanitären Schutz für afghanische Journalisten und Journalistinnen und appelliert an das Bundesinnenministerium: “Afghanische Medienschaffende, die sich in ihrer Verzweiflung an Auslandsvertretungen in Nachbarländern wenden, müssen humanitären Schutz in Deutschland bekommen. Das gleiche gilt für jene Journalistinnen und Journalisten, die mit unserer Unterstützung und mithilfe des US-Militärs nach Deutschland gelangt sind. Mit humanitären Visa kann die Bundesregierung nicht nur Leben retten, sondern auch ermöglichen, dass Journalistinnen und Journalisten aus dem Exil heraus weiterarbeiten können.”

2. Dicke Rüge für Minister Scheuer wegen Intransparenz
(netzpolitik.org, Alexander Fanta)
Das Bundesverkehrsministerium torpediert kritische Berichterstattung. In internen E-Mails des Ministeriums, die Medien vorliegen, zeigt sich, dass Minister Andreas Scheuer Anweisung gab, eine Recherche des “Spiegel” zu unterlaufen. Die Herausgabe des vollständigen Mail-Wechsels verweigere das Ministerium aber. Dies könne die “mediale Wahrnehmung” Scheuers verzerren und sich im Untersuchungsausschuss nachteilig für ihn auswirken. Ulrich Kelber, Bundesbeauftragter für den Datenschutz und für die Informationsfreiheit, reagierte darauf mit dem stärksten Instrument, das ihm zur Verfügung steht: der Beanstandung. “Konsequenzen hat sie keine, aber sie hebt Scheuers Haus als besonders intransparent hervor.”

3. “Jeder wird bald Klimareporter sein”
(journalist.de, Wolfgang Blau)
Die Klimakrise wird das am härtesten umkämpfte Themenfeld im Journalismus, prophezeit Wolfgang Blau in seinem Gastbeitrag für den “journalist”. Blau rät zu einem Umdenken in den Redaktionen: “Wenn etwa der Sportjournalismus finanzielle Aspekte eines Spielertransfers, eines Vereins oder Turniers erwähnt, wundert sich kaum jemand. Es ist höchste Zeit, dass die Klima-Aspekte einer Nachricht oder Reportage mit der gleichen Selbstverständlichkeit und in allen Ressorts auftauchen.”

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4. “Eigentlich könnte man jeden Tag eine solche Sendung machen”
(dwdl.de, Alexander Krei)
Im aktuellen Wahlkampf kommt den sogenannten Triellen eine besondere Bedeutung zu. Sonntag findet das zweite Triell statt, dieses Mal moderiert vom ARD-Chefredakteur Oliver Köhr und der ZDF-Talkerin Maybrit Illner. “DWDL” sprach mit Illner über das Konstrukt der Sendung, die Politisierung der Gesellschaft und Politiker, die sich nicht festlegen wollen.

5. Im Zweifel hat der Radfahrer Schuld
(deutschlandfunk.de, Dieter Wulf, Audio: 6:04 Minuten)
Der Fahrradclub ADFC kritisiert die Polizei- und Presseberichte über Unfälle, in denen Fahrradfahrer und -fahrerinnen beteiligt sind. In ihren Pressemitteilungen stelle es die Polizei häufig so dar, als hätten Radfahrer Fehler gemacht. Die Person im Auto bleibe dagegen meist unsichtbar. Diese Perspektive werde dann von Medien oft übernommen.

6. Digi­taler Hass geht zurück – bei Face­book
(lto.de, Hasso Suliak)
Die Strafrechtlerin Elisa Hoven hat zusammen mit einem Medienwissenschaftler und einem Wirtschaftsinformatiker die Publikumskommentare auf Facebook-Seiten deutscher Massenmedien in den Jahren 2018 und 2020 erfasst und dabei Verblüffendes festgestellt: Der Hass bei Facebook habe in den vergangenen Jahren eher abgenommen. Dies sei leider kein Grund zur Entwarnung: “Es gibt Anhaltspunkte dafür, dass der digitale Hass nicht schwindet, sondern weniger sichtbar wird, indem er sich z.B. von eher transparenten Facebook-Seiten in schwieriger zu kontrollierende Zonen wie Telegram-Chats verlagert.”

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