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Offener Brief, Schlechterbezahlung belegt, Laschets verpasste Chance

1. Offener Brief der Autor:innen an die öffentlich-rechtlichen Sendeanstalten
(hoerspielkritik.de, Verband der Theaterautor:innen & Hans-Flesch-Gesellschaft, Forum für akustische Kunst)
Zahlreiche Autorinnen und Autoren befürchten für sie nachteilige Auswirkungen des neuen Medienstaatsvertrags und haben sich deshalb in einem offenen Brief an die öffentlich-rechtlichen Sendeanstalten gewandt: “Kunst und Kultur werden in den neuen Medienstaatsverträgen nicht mehr als Auftrag des Rundfunks definiert, sondern lediglich als ‘Angebote’. Die ARD nimmt damit Abschied vom Gedanken der Grundversorgung und wandelt sich schrittweise in einen quasi kommerziellen Anbieter um”. Und natürlich geht es dabei auch ums Geld: “Wir haben die Neugier auf Neues, wir schreiben die Serien, die Dramen und Komödien und auch die crossmedialen Formate des 21. Jahrhunderts. Aber wir nehmen es nicht hin, dass wir nach Honorarbedingungen aus einem anderen Zeitalter bezahlt werden.”

2. Ein Modell mit Schwächen – und Gefahren
(tagesschau.de, Wulf Rohwedder)
Die Idee klingt zunächst gut: “Publikum ist eine Plattform für Schreibende und ihre Leserschaft. Wir bieten Schreibenden die Tools, um mit ihren Texten Reichweite zu bekommen und auch für ihre Arbeit vergütet zu werden.” Das muss sich jedenfalls das Bundesministerium für Wirtschaft gedacht haben, das das Projekt in sein Förderprogramm für innovative Geschäftsmodelle aufgenommen hat. Doch die Macher und Macherinnen scheinen mit der Sichtung der eingereichten Beiträge teilweise überfordert zu sein. Immer wieder würden problematische Inhalte auf der Seite landen.

3. Weiterer Erfolg im Equal Pay-Verfahren: Schlechterbezahlung belegt, Klägerin setzt nun auf Bundesverfassungsgericht
(freiheitsrechte.org, Janina Zillekens)
Bis zum Bundesarbeitsgericht musste sich eine Journalistin hochklagen, um vom ZDF in Form einer Gehaltsauskunft bestätigt zu bekommen, dass vergleichbare männliche Kollegen im Mittel erheblich mehr verdienen. Nora Markard hat das Verfahren für die Gesellschaft für Freiheitsrechte juristisch begleitet: “Die Auskunft erhärtet nicht nur den Diskriminierungsverdacht, sondern zeigt auch, dass der Klägerin jährlich bis zu 18.000 Euro entgehen – das sind ganz erhebliche Summen. Das erklärt, warum der Sender sich bisher mit Händen und Füßen gegen die Auskunftspflicht gewehrt hat.” Sachliche Gründe, warum die Männer mehr verdienen, habe das ZDF bislang nicht überzeugend vortragen können.

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4. Funktioniert das Gendersternchen (und wie)?
(sprachlog.de, Anatol Stefanowitsch)
Sprachwissenschaftler Anatol Stefanowitsch fasst die Ergebnisse einer Studie über das Gendersternchen zusammen: “Das ‘generische’ Maskulinum ist nicht geeignet, uns neben Männern auch an Frauen denken zu lassen (keine Überraschung, das wissen wir schon lange). Außerdem denken wir bei (fast) jeder sprachlichen Form hauptsächlich an Männer (auch das ist schon lange bekannt). Aber: Das Gendersternchen erhöht signifikant die Wahrscheinlichkeit, dass wir auch an Frauen denken – allerdings nicht stärker als die traditionelle Doppelform (und nicht so stark wie das Binnen‑I)! Wir können also ebensogut weiterhin die Doppelform (Musikerinnen und Musiker) verwenden, um den Effekt des Gendersternchens (Musiker*innen) zu bekommen.” In Bezug auf das Problem der Unsichtbarkeit nicht-binärer Menschen sei das Gendersternchen nicht die Lösung, sondern nur ein erster Schritt.

5. Laschet sagt Kanzlerkandidaten-Runde mit Rezo und Tilo Jung ab
(netzpolitik.org, Markus Reuter)
Den Youtubern Rezo und Tilo Jung ist es nach eigenen Angaben gelungen, Olaf Scholz, Spitzenkandidat der SPD, und Annalena Baerbock, Spitzenkandidatin der Grünen, für ein Online-Kanzlerduell auf Youtube und Twitch zu gewinnen. Von Armin Laschet (CDU) gab es jedoch eine Absage, was von vielen als Kneifen und verpasste Chance empfunden wurde. Hendrik Zörner vom Deutschen Journalisten-Verband kommentiert in eine ähnliche Richtung: “Nun kann man ja zu Rezo und Jung stehen, wie man will. Aber klar ist, dass sie Interviews anders führen als die meisten Journalisten des Berliner Politikbetriebs und damit den Journalismus bereichern. Und sie erreichen junge Menschen – auch und gerade solche, die sich ausschließlich in Social Media informieren. Ein Triell auf Youtube wäre eine gute Ergänzung zu den Fragerunden der öffentlich-rechtlichen und privaten Sender gewesen.” Die CDU habe gegenüber netzpolitik.org darauf verweisen, dass “viele digitale Formate für alle Zielgruppen von jung bis alt” mit Laschet geplant seien.

6. ARD, ZDF und die Frage: Ist unser Fernsehen zu Nostalgie-beschwipst?
(dwdl.de, Peer Schader)
Peer Schader beschäftig sich in seiner aktuellen Medien-Kolumne mit dem “Nostalgiefernsehen-Fernsehen”. Mit liebevoller Wehmut denkt er an die guten, alten Zeiten des linearen Fernsehens zurück und fragt sich: “An was aber erinnern sich Menschen in 30 oder 40 Jahren dann aus dem Programm von heute? Welche Show aus diesem irren Jahr 2021, in dem die erste Pandemie des Jahrhunderts zu Ende ging, läuft zu Ostern in der Wiederholung? Und auf welchem Gerät überhaupt?”

7. Shitstürme und Fake News in unsozialem Medium: Das BILD-kritische Buch von Mats Schönauer und Moritz Tschermak
(scilogs.spektrum.de, Markus Pössel)
Ausnahmsweise ein siebter Link, da in eigener Sache: Bei den “SciLogs” stellt Markus Pössel das “Bild”-kritische Buch meiner BILDblog-Kollege Moritz Tschermak und Mats Schönauer vor: “Wer sowieso schon nach dem Max-Goldt-Zitat von BILD als ‘Organ der Niedertracht’ gehandelt hat, wird sich durch die von den Autoren zusammengetragenen und dokumentierten Beispiele bestätigt sehen.”

“Maaagdeburg”, Berliner Polizei in Erklärungsnot, Leistungsschutzrecht

1. Wie Medien ostdeutsche Namen verhunzen
(meedia.de, Tobias Singer)
“‘Maaagdeburg’ – während der Name bei Marietta Slomka immer länger wird, zieht sich bei mir innerlich etwas leicht zusammen. Es ist ein bisschen wie dieses unschön quietschende Kratzgeräusch auf der Tafel. Warum? Die Landeshauptstadt Sachsen-Anhalts wurde rund um die Wahl phonetisch wiederholt gefoltert, nicht nur am Wahlabend im ‘Heute Journal’, das Phänomen begleitete die ganze Wahlkampfphase.” Tobias Singer sind bei der Berichterstattung über die Landtagswahl in Sachsen-Anhalt einige sprachliche Schnitzer aufgefallen. Böse Absicht, mangelnde Professionalität oder Ignoranz gegenüber dem Osten?
Anne Haeming kommentiert bei “Übermedien” in eine ähnliche Richtung: “Halb fassungslos, halb wütend: Anders konnte ich den gestrigen Abend nicht verfolgen. Als sei in den vergangenen Jahren nichts passiert!”
Weiterer Lesehinweis: Sachsen-Anhalt und die Lehren für Medien: “Ein ZDF-Reporter bezeichnet die AfD als Teil einer ‘konservativen Mehrheit’, Wahlsieger Reiner Haseloff von der CDU kritisiert eine ‘westdeutsche Medienwelt’: Die Wahl in Sachsen-Anhalt legt altbekannte Probleme offen.” (deutschlandfunk.de, Annika Schneider, Audio: 6:18 Minuten)

2. Berliner Polizei gerät in Erklärungsnot
(verdi.de, Helma Nehrlich)
Jörg Reichel, Landesgeschäftsführer der Journalistengewerkschaft dju Berlin-Brandenburg, hat anlässlich der Proteste gegen die Erweiterung der Autobahn 100 etwa 20 Journalistinnen und Journalisten bei ihrer Arbeit begleitet. Reichel ist unzufrieden mit dem Verhalten der Polizei und bezeichnet es als “eine Mischung aus fehlendem Überblick, pressegegnerischer Einstellung und zum Nachteil von Journalist*innen ausgelegter Rechtsprechung”. Seine Forderung: “Es muss auf jeden Fall politisch Druck auf die Berliner Polizei gemacht werden, um presserechtliche Standardfragen etwa auch bei Platzbesetzungen für die Zukunft eindeutig zu klären.”

3. Fake News mit ihren eigenen Waffen schlagen
(de.ejo-online.eu, Roman Winkelhahn)
Viorela Dan vom Institut für Kommunikationswissenschaft und Medienforschung der LMU München hat einen ungewöhnlichen Vorschlag, wie man “Fake News”, Desinformation und Falschmeldungen begegnen könne: Mit Richtigstellungen, die nach demselben Konzept funktionieren sollen wie die Fehlinformationen selbst. Roman Winkelhahn erklärt die unkonventionelle Idee.

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4. Journalismus & Netz | Mai: Facebook News startet in Deutschland: Trau, schau, wem
(blog.torial.com, Alex Sängerlaub & Simon Hurtz)
Was hat sich in Sachen Journalismus und Netz im Mai 2021 getan? Alex Sängerlaub und Simon Hurtz fassen die wichtigsten Diskussionen, Highlights, Entwicklungen und Erkenntnisse zusammen. Lesenswert – auch wegen der verlinkten Quellen und weiterführenden Beiträge.

5. “Das wird vor Gericht gehen”
(deutschlandfunk.de, Audio: 5:27 Minuten, Christoph Sterz)
Deutsche Verlage wollen von den Tech-Giganten wie Facebook und Google Geld für ihre Inhalte. Die Chancen dafür stehen dank des neuen Leistungsschutzrechts eigentlich nicht schlecht, doch die Sache ist knifflig. Der Deutschlandfunk hat sich mit Christoph Schwennicke, Geschäftsführer von Corint Media, einer Art Gema für Verlage, über das weitere Vorgehen unterhalten. Eher skeptisch zeigt sich Urheberrechts-Experte und Rechtsanwalt Till Kreutzer: “Das wird garantiert vor Gericht gehen. Und wenn das vor Gericht geht, dann dauert es halt fünf Jahre, vielleicht zehn Jahre, dann geht das bis zum EuGH und wieder zurück.”
Weiterer Lesehinweis, zwar nicht zum Leistungsschutzrecht, aber zu einem der Protagonisten: Google in Frankreich zu hoher Strafe verurteilt: “Frankreichs Kartellamt hat Google ein Bußgeld von 220 Millionen Euro auferlegt: Das US-Unternehmen habe seine marktbeherrschende Stellung im Anzeigensektor missbraucht.” (zeit.de)

6. Schauspielerin Eva Herzig lehnt Impfung ab
(faz.net)
Die Schauspielerin Eva Herzig (“Steirerkrimi”, ORF & ARD) lehnt die Impfung gegen das Coronavirus ab. Darauf lehnt die Produktionsfirma das weitere Engagement der Schauspielerin ab und lässt das Drehbuch überarbeiten.

KW 22: Hör- und Gucktipps zum Wochenende

Hurra, endlich Wochenende – und damit mehr Zeit zum Hören und Sehen! In unserer Samstagsausgabe präsentieren wir Euch eine Auswahl empfehlenswerter Filme und Podcasts mit Medienbezug. Viel Spaß bei Erkenntnisgewinn und Unterhaltung!

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1. Kann man das Leben im Dritten Reich erklären, indem man Sophie Scholl nachspielt?
(uebermedien.de, Holger Klein, Audio: 32:31 Minuten)
Anlässlich des 100. Geburtstags von Sophie Scholl haben SWR und BR ein digitales Projekt gestartet und die Widerstandskämpferin auf Instagram quasi auferstehen lassen. Man wolle die “User*innen hautnah, emotional und in nachempfundener Echtzeit an den letzten zehn Monaten ihres Lebens teilhaben” lassen. Die Journalistin und Podcasterin Nora Hespers hatte bereits auf “Übermedien” den öffentlichen Umgang der Verantwortlichen mit Kritik thematisiert (nur mit Abo lesbar): “Statt Wertschätzung hätte man diese Kritik lieber aus der Welt. Sie ist störend und lästig, scheint es. Dabei ist es gerade diese ehrenamtliche Arbeit in den Kommentaren, die aktuell Kontexte liefert, die das Community-Management bislang wenig geliefert hat – oder erst, wenn bereits entsprechende Diskussionen im Gang waren.” Nun spricht Hespers mit Holger Klein im “Übermedien”-Podcast über ihre Kritik an dem Projekt.

2. Medientage Mitteldeutschland 2021
(youtube.com, Medientage Mitteldeutschland 2021, diverse Videos)
Diese Woche fanden die Medientage Mitteldeutschland statt, eine zweitägige Medienkonferenz mit einem vielfältigen Programmangebot. Wer nicht dabei sein konnte, kann beruhigt sein: Alle Diskussionen und Vorträge stehen zum Nachgucken auf der Website unter dem jeweiligen Programmpunkt sowie auf Youtube bereit. Wer sich das volle Programm gönnen will, kann sogar die kompletten Mitschnitte anschauen:

3. Die Blaue Stunde: Wie verändern Plattformen die Demokratie?
(zdf.de, Vivian Perkovic, Video: 60:07 Minuten)
Auf der Leipziger Buchmesse hat Vivian Perkovic drei Autorinnen und Autoren aufs blaue Sofa eingeladen, um mit ihnen über ihre Bücher zu sprechen: Gesine Schwan (“Politik trotz Globalisierung”), Bernd Stegemann (“Die Öffentlichkeit und ihre Feinde”) und Michael Seemann, der ein Buch über die “Die Macht der Plattformen”) vorgelegt hat.

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4. Sind die sozialen Netzwerke noch zu retten?
(freitag.de, Benjamin Knödler, Audio: 55:31 Minuten)
Nicole Diekmann ist Hauptstadtkorrespondentin des ZDF und Autorin des jüngst erschienenen Buchs “Die Shitstorm-Republik”. Darin beschäftigt sie sich mit den Fragen, “wie Hass im Netz entsteht und was wir dagegen tun können”. Mit Benjamin Knödler, Online-Redakteur des “Freitag”, spricht Diekmann über Versäumnisse von Politik und Medien im Umgang mit Sozialen Netzwerken, über Mechanismen des Hasses im Netz und darüber, was es bedeutet, davon betroffen zu sein. Außerdem erörtert sie, wie man die Sozialen Medien vielleicht doch noch retten kann.

5. Influencer gegen Impfstoff und Literaturformate im Netz
(wdr.de, Steffi Orbach, 43:19 Minuten)
Im WDR5-Medienmagazin werden in etwas mehr als 40 Minuten verschiedenste Medienthemen behandelt: Der Kampf gegen die freie Presse, Anti-Impfstoff-Kampagnen von Influencern, Literatur-Formate im Internet, das Community-Management von Medienhäusern sowie die Bürger-Beteiligung an der ARD-Zukunft. In der satirischen Medienschelte wird am Schluss noch mit den “Pfingstfestspielen” der Medien abgerechnet.

6. Polizeiruf 110 – die Krimidokumentation
(ardmediathek.de, Tom Kühne, Video: 44:29 Minuten)
Die Fernsehreihe “Polizeiruf 110” wurde ursprünglich vom DDR-Fernsehen als Gegenstück zum westdeutschen “Tatort” produziert. Seit vielen Jahren wird die beliebte Sendung von der ARD fortgesetzt und feiert dieses Jahr ihren 50. Geburtstag. Passend dazu gibt es bei der ARD einen Blick hinter die Kulissen und ein Zusammentreffen mit einigen Kommissarinnen und Kommissaren.

Maaßen vs. “Kontraste”, Presse-Plattmacher Putin, Sportrechte

1. Anmerkungen der Kontraste-Redaktion zur Recherche über Hans-Georg Maaßen
(rbb-online.de)
In der “Kontraste”-Sendung vom 3. Juni sowie in einem Artikel auf tagesschau.de gibt es einen Bericht über den ehemaligen Präsidenten des Bundesamtes für Verfassungsschutz und Thüringer CDU-Bundestagskandidaten Hans-Georg Maaßen. Im Vorfeld hatte die Redaktion Maaßen die Gelegenheit gegeben, sich zu den aufgeworfenen Fragen zu äußern. Statt einer Antwort kam ein Anwaltsschreiben im scharfen fordernden Ton und mit seltsamen Ausführungen zurück. Die “Kontraste”-Redaktion hat den Vorgang öffentlich gemacht und kommentiert: “Wir werden uns jedoch dem Druck von Politikern, die – wie im konkreten Fall – eben nicht mit uns reden, sondern uns per Anwalt unter Androhung von juristischen Schritten diktieren lassen wollen, was wir wann, wo und wie zu veröffentlichen haben, nicht beugen.”

2. Mitteldeutschen Medientage: Wie steht es um das Vertrauen in die Medien?
(ardmediathek.de, Peter Stawowy, Video: 3:25 Minuten)
Bei den diesjährigen Mitteldeutschen Medientagen ging es unter anderem um moderne politische Kommunikation, internationale Entwicklungen in der Medienwelt und die Zukunft des öffentlich-rechtlichen Rundfunks. Peter Stawowy, Redakteur beim MDR-Medienportal 360G, berichtet von einigen weiteren dort diskutierten Themen: dem Vertrauen in die Medien, dem Umgang mit Hate-Speech und Haltung im Journalismus.

3. Putin macht die Presse platt
(faz.net, Friedrich Schmidt)
Vor zwei Tagen verlinkten wir in den “6 vor 9” einen “taz”-Beitrag, der sich mit dem Rückzug des unabhängigen russischen Onlineportals newsru.com beschäftigte. Wie die “FAZ” berichtet, geht der Kampf des Kremls gegen unabhängige Medien weiter. Das Onlinemagazin “VTimes” habe gestern erklärt, seine Arbeit einzustellen. Friedrich Schmidt schildert den Hintergrund: “Mitte Mai war VTimes auf die Liste ‘ausländischer Agenten’ des Justizministeriums gesetzt worden, mit der Putins Regime gegen missliebige Kräfte in der Zivilgesellschaft und in den Medien vorgeht. Dieser Schritt, der kurz zuvor schon das führende, aus dem lettischen Exil betriebene Newsportal Medusa getroffen hatte, war nun laut einer Erklärung der VTimes-Redaktion der Sargnagel für das Projekt.”

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4. Höhere Rechtekosten, niedrigeres Produktionsbudget?
(dwdl.de, Manuel Weis)
Sportrechte haben sich in den vergangenen Jahren massiv verteuert. Und dann gibt es, etwa bei der Übertragung von großen Fußballturnieren, ja noch die Produktionskosten für Personal, Reisen und technischen Aufwand. Das setze Fernsehanbieter unter Druck und erfordere cleveres Wirtschaften. Manuel Weis fragt sich, ob Reporter deshalb seltener im Stadion seien, und hat sich in der Branche erkundigt, was von dieser Annahme zu halten ist.

5. Wie es um die Datensicherheit bei deutschen Verlagen bestellt ist
(deutschlandfunk.de, Audio: 5:25 Minuten)
Im vergangenen halben Jahr wurden drei deutsche Medienhäuser von Cyber-Kriminellen attackiert: die Funke Mediengruppe, die Verlagsgesellschaft Madsack und Radio Energy Hamburg. Das wirft die Frage nach der Datensicherheit bei deutschen Verlagen auf. Der Deutschlandfunk hat sich bei Sicherheitsberatern umgehört, was die Schwachstellen sind und ob es sich um ein branchentypisches Problem handelt.

6. Noch ein letzter Blick auf den Tweet? Macht 2,40 Euro!
(spiegel.de)
Der Kurznachrichtendienst Twitter bietet in zwei Testländern ein Abo-Modell an: In Kanada und in Australien kann man sich für umgerechnet 2,40 Euro beziehungsweise 2,80 Euro im Monat den Zugang zu bestimmten Funktionen erkaufen. Dazu zählen das Setzen von Lesezeichen, ein Lesemodus für lange Texte und das sogenannte “Undo-Tweet”, mit dem sich Tweets nachbessern lassen. Das ist jedoch weit entfernt von der vielfach gewünschten Editiermöglichkeit, denn das “Undo” gelte nur für einen Zeitraum von maximal 30 Sekunden.

Relotius-Interview, Kein “Klima vor Acht”, Mutig in Minsk

1. Zweifel und Neugierde – über den Umgang mit einem Fälscher
(deutschlandfunk.de, Henning Hübert, Audio: 9:06 Minuten)
Der frühere “Spiegel”-Reporter Claas Relotius hat sich in einem 90 Fragen umfassenden Interview mit dem Magazin “Reportagen” erstmals zu seinen gefälschten Texten geäußert. Der Deutschlandfunk hat mit “Reportagen”-Chefredakteur Daniel Puntas Bernet über die Entstehungsgeschichte gesprochen. Im Text zum Deutschlandfunk-Beitrag gibt es darüber hinaus einige Einschätzungen Dritter (darunter auch die des “6-vor-9”-Kurators).
Weiterer Lesehinweis: Der Journalist Armin Wolf stellt in einem Blog-Beitrag eine bezeichnende Stelle des Relotius-Interviews heraus: “Irgendwo in dem Interview schildert er eine rührende Episode, wie er auf einer Dienstreise ins irakische Kriegsgebiet 4.500 Euro von seinem Spesenkonto einer Flüchtlingsfamilie schenken wollte, die dann aber nie am vereinbarten Treffpunkt eingetroffen sei. Die Anekdote endet mit dem Satz: ‘Es kann auch sein, dass alles ganz anders war und ich mir Teile davon nur eingebildet habe.’ Ja, so könnte es auch sein.”

2. Mehr Klimathemen? Noch keine Einigung zwischen ARD und Klima vor Acht
(rnd.de)
Die Initiative “Klima vor Acht” hat sich mit ARD-Verantwortlichen getroffen, um für eine Klimasendung vor der “Tagesschau” zu werben. Das Gespräch sei “in guter, konstruktiver Atmosphäre” verlaufen, wenn es auch keine Einigung gegeben habe. In diesem Zusammenhang eine vielsagende Aussage des ZDF-Intendanten Thomas Bellut auf den Medientagen Mitteldeutschland: “Ich würde es nicht machen. Klima ist wichtig, aber danach kommt das nächste Thema. Themen ändern sich ständig. Ich finde es falsch, so etwas vorzugeben, denn damit macht man Politik. Ist das unsere Aufgabe? Nein.” “Klima vor acht” kommentiert das mit einem knappen “Wer sagt’s ihm?”

3. Mutig in Minsk – wenn die Polizei das TV-Studio stürmt
(youtube.com, Zapp – Das Medienmagazin, Video: 17:02 Minuten)
(Achtung: Trigger-Warnung! Im verlinkten Video sind Gewaltszenen zu sehen.) Für Alexander Lukaschenko, das Staatsoberhaupt von Belarus, scheinen unabhängige Medien Staatsfeind Nummer eins zu sein. Jeder Mensch mit einer Kamera in der Hand riskiere eine Festnahme. Seit August 2020 seien mehr als 400 Journalisten und Journalistinnen festgenommen worden. Das neueste, prominente Opfer ist der regierungskritische Blogger Roman Protasevich, den Lukaschenko über den Umweg einer Flugzeugentführung festnehmen ließ. Roman Schell berichtet seit mehr als zehn Jahren aus Osteuropa. Für “Zapp” hat er die jüngsten Ereignisse zusammengefasst.
Weiterer Lesetipp: Die Deutsche Welle meldet, dass ihr Korrespondent Alexander Burakow nach 20 Tagen aus dem Untersuchungsgefängnis entlassen wurde. Es muss eine furchtbare Zeit für Burakow gewesen sein: “Sie haben mich jede Nacht zweimal geweckt, mich aus der Zelle geholt und mir befohlen, mich komplett auszuziehen, auch die Unterwäsche”. Außerdem habe man ihm in seiner Haftzeit Bettlaken, Decke und Kissen verwehrt (dw.com, Irina Filatova).

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4. “Man muss sich als Journalist vor zu viel Nähe hüten”
(fachjournalist.de, Florian Beißwanger)
Der “Fachjournalist” hat sich mit Michael Schlieben unterhalten, der als politischer Korrespondent bei “Zeit Online” tätig ist. In dem Gespräch geht es unter anderem um Schliebens Arbeitsalltag, den bevorstehenden Bundestagswahlkampf und die Frage, warum Politikjournalismus in Deutschland vergleichsweise höflich ist. Die Tendenz der Politik, eigene Newsrooms einzurichten, sieht Schlieben mit gemischten Gefühlen: “Wenn die Ministerien und Parteien ihre Kommunikation nicht professionalisieren würden, wäre es nicht zeitgemäß. Trotzdem nervt es natürlich manchmal, wenn die Pressestellen darauf verweisen, dass ihr Chef vom Dienst heute Morgen schon um neun Uhr eine Pressemitteilung herausgegeben hat und der Minister für ein Statement leider nicht zur Verfügung steht – oder nur für den eigenen Hauskanal.”

5. Achtzig Millionen für ostdeutsches Programm
(faz.net, Anna Schiller)
Wenn es nach dem Willen von Linkspartei und MDR-Rundfunkrätin Nicole Anger geht, sollen künftig ein Prozent der Beitragseinnahmen, rund 80 Millionen Euro jährlich, an ostdeutsche Programmangebote von NDR, RBB und MDR fließen. Der Deutsche Journalisten-Verband sieht in dem Vorstoß einen “ernst zu nehmenden Diskussionsansatz” und fordert: ARD braucht Ost-Talkshow (djv.de, Hendrik Zörner).

6. Lesen, was sonst nur der Verfassungsschutz liest
(uebermedien.de, Klaus Ungerer)
Klaus Ungerer ist Leser der vom Verfassungsschutz beobachteten “jungen Welt” geworden. Er schildert es ironisch als eine Mutprobe der besonderen Art: “Damit das Ganze noch etwas verschwörerischer wird, abonniere ich nicht direkt beim Blatt, sondern gehe täglich zu einem der verbliebenen Zeitschriftenläden – und kaufe das Ding. Anonym. An der Kasse. Das wird den Schlapphüten zu denken geben! Wer ist der Typ, was führt er im Schilde, läuft da eine ganz große Sache, sollten wir rasch mehr Mittel beantragen?”

7. Clubhouse-Tipp: Die Writers Pub diskutiert über das “Bild”-Buch “Ohne Rücksicht und Verluste”.
(turi2.de, Tatjana Kerschbaumer)
Zuletzt ein siebter Link, da in eigener Sache: Heute Abend diskutiert das “Writers Pub” der “Reporterfabrik” über das “Bild”-Buch “Ohne Rücksicht auf Verluste” meiner BILDblog-Kollegen Moritz Tschermak und Mats Schönauer. Neben Moritz unter anderem auf dem virtuellen Podium: “Reporterfabrik”-Gründer Cordt Schnibben, der Politiker Kevin Kühnert und die TV-Moderatorin Aline von Drateln. Um 18:30 Uhr geht es auf Clubhouse los, ihr seid alle herzlich eingeladen.

Gruner + Jahr schrumpft, Elend der Medien, Medien der Impfskeptiker

1. G+J verkauft Prisma Media an Vivendi
(meedia.de)
Gestern hatten wir an dieser Stelle Wolfgang Michals Analyse zum Niedergang des Gruner-+-Jahr-Verlags empfohlen, der einstmals als Europas größter Zeitschriftenverlag galt. Michal hatte darin einen Blick in die Zukunft geworfen: “Wird demnächst auch das Frankreich-Geschäft verscherbelt, ist Gruner + Jahr vollständig auf den deutschen Markt zurückgeworfen. Dann droht im Herbst der Todesstoß. Die RTL-Group, der umsatzstarke Fernsehboulevard-Riese, könnte den angeschlagenen Verlag übernehmen, inhaltlich ausschlachten und schließlich liquidieren.” Einen Tag später wird nun bekannt, dass sich Gruner + Jahr tatsächlich von seiner französischen Magazinsparte trennt. Es bleibt abzuwarten, ob Michal auch mit seinen weiteren Befürchtungen Recht behält, was die Übernahme Gruner + Jahrs durch die RTL-Group anbelangt.

2. Auf Kosten der Qual
(sueddeutsche.de, Nicolas Freund)
Der Bewegtbild-Markt ist ein Wachstumsmarkt, der jedoch nicht unproblematisch ist: Die Streamingdienste machen einander heftig Konkurrenz, das Kinogeschäft ist coronabedingt geschwächt, und die Zuschauer würden wieder vermehrt auf illegale Plattformen ausweichen. Nicolas Freund stellt dazu fest: “Die Anbieter saugen sich gegenseitig aus, die illegal streamenden Zuschauer betrügen sich selbst um ihre künftigen Inhalte, die wegen der Einnahme-Ausfälle nicht produziert werden können, und die Filmschaffenden stehen schon jetzt zwischen den Fronten”.

3. Ermuntern oder entmutigen? Die Medienkanäle der Impfskeptiker
(de.ejo-online.eu, Joachim Trebbe)
An einer britischen Universität hat man untersucht, welche Rolle Medien bei der Verbreitung von Impfskepsis und Impfbereitschaft spielen. Joachim Trebbe fasst die Ergebnisse zusammen: “Impfbereitschaft ‘erzeugt’ man nicht mal eben über ein paar Werbespots, Plakate oder Anzeigen mit aufgerollten Hemdsärmeln.”

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4. “Das Elend der Medien” ist da
(medienblog.hypotheses.org, Michael Meyen)
Für ihr Buch “Das Elend der Medien” haben Alexis Mirbach und Michael Meyen mit 40 Menschen aus dem Medienumfeld gesprochen – ob Medienpraktikerinnen, Medienpolitiker, professionelle Medienbeobachterinnen oder Laien. “Wie unser Vorbild Bourdieu (1997) haben wir diese Sammlung zwischen zwei Buchdeckel gepackt und veröffentlichen hier das Fazit, um Lust zu machen auf den großen Rest.”

5. Die “NZZ” stockt in Deutschland personell auf
(dwdl.de, Timo Niemeier)
Die “NZZ” investiert in ihr Deutschland-Geschäft und stockt ihr Personal auf. Timo Niemeier schreibt bei “DWDL” über die Neuzugänge: “[Hannah] Bethke kommt von der ‘FAZ’, wo sie seit 2018 als Berlin-Korrespondentin für das Feuilleton arbeitet. [Oliver] Maksan ist seit 2016 Chefredakteur der katholischen Wochenzeitung ‘Die Tagespost’. Von 2012 bis 2016 berichtete er als Nahost-Korrespondent aus Israel unter anderem für ‘Die Tagespost’, ACN International und ‘Cicero’. Fatina Keilani ist seit mehr zwanzig Jahren Redakteurin für Justiz- und Rechtspolitik-Themen beim ‘Tagesspiegel’. Und [Kalina] Oroschakoff kommt von ‘Politico Europe’ aus Brüssel, das sie mitgegründet hat.”

6. Grande Dame der Lottozahlen: Karin Tietze-Ludwig wird 80
(rnd.de)
Karin Tietze-Ludwig startete ihre Fernsehkarriere, als das Bild noch in Schwarz-Weiß flimmerte und es nur drei Kanäle gab. Über Jahrzehnte hinweg war sie die “Lottofee”, die die Ziehung der Lottozahlen moderierte. Gestern ist Tietze-Ludwig 80 Jahre alt geworden.

7. Buchtipp: Geistige Brandstifter
(verdi.de, Tilman Gangloff)
In eigener Sache und deshalb als zusätzlicher Link: Der Medienjournalist Tilman Gangloff hat das Buch meiner BILDblog-Kollegen gelesen: “‘Der Aufmacher’ von Günter Wallraff, 1977 erschienen, war viele Jahre lang eines der wichtigsten deutschen Journalismus-Bücher. Schonungslos hatte der Undercover-Autor die menschenverachtenden Machenschaften der ‘Bild’-Zeitung aufgedeckt. 44 Jahre später weist das Autorenduo in seinem Buch ‘Ohne Rücksicht auf Verluste’ auf 270 gleichermaßen fesselnden wie erschreckenden Seiten nach, dass sich an den von Wallraff angeprangerten fragwürdigen Methoden nichts geändert hat.”
Dazu noch ein Hinweis von uns: Weil wir wissen, dass sich nicht alle das Buch leisten können, haben wir den BILDblog-Lesefonds eingerichtet, über den wir eine gewisse Anzahl von Büchern unentgeltlich abgeben. Einfach dort eintragen, wenn ihr derzeit knapp bei Kasse seid, und wir schauen, was sich machen lässt.

Gruner + Jahrs Niedergang, Sat.1 und die Reality-Falle, “Verlagstrojaner”

1. Gruner + Jahr – das bittere Ende der Story
(freitag.de, Wolfgang Michal)
Gruner + Jahr war einst ein bedeutendes Verlagshaus und Europas größter Zeitschriftenverlag. Fast 13.000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter produzierten über 100 Zeitschriften und Zeitungen, darunter Magazine wie “Stern”, “Geo”, “Brigitte”, “Capital” und “Schöner Wohnen” sowie Tageszeitungen wie “Financial Times Deutschland” und “Berliner Zeitung”. Doch irgendwann setzte der Niedergang ein: “Wird demnächst auch das Frankreich-Geschäft verscherbelt, ist Gruner + Jahr vollständig auf den deutschen Markt zurückgeworfen. Dann droht im Herbst der Todesstoß. Die RTL-Group, der umsatzstarke Fernsehboulevard-Riese, könnte den angeschlagenen Verlag übernehmen, inhaltlich ausschlachten und schließlich liquidieren.” Wolfgang Michal macht sich auf die Suche nach der Antwort auf die Frage, wie es zu diesem beispiellosen Absturz kommen konnte.

2. Schwarm-Recherche – der Bürger als Informant
(fachjournalist.de, Gunter Becker)
In den vergangenen Jahren gab es in Deutschland verschiedene Recherchen, die ohne Schwarmintelligenz und die Beteiligung von Bürgern und Bürgerinnen so nicht möglich gewesen wären. Gunter Becker berichtet von zwei besonders eindrucksvollen Beispielen: dem Projekt “Wem gehört Lüneburg” der “Lüneburger Zeitung” sowie dem Projekt “Radmesser” des Berliner “Tagesspiegels”. “Die beiden Fallbeispiele zeigen, wie aufwendig und komplex, aber auch, wie journalistisch ergiebig und wie publikumswirksam solche Kollaborationen zwischen Redaktion und Publikum sein können.”

3. Die Reality-Falle: Was hat dich bloß so ruiniert, Sat.1?
(dwdl.de. Peer Schader)
Der Privatsender Sat.1 hat bei seinen Trash-TV- und Reality-Formaten zum wiederholten Male danebengelangt. Im April war es der Homophobie-Eklat bei “Promis unter Palmen”, im Mai die Produktion “Plötzlich arm, plötzlich reich”. Beide Serien beziehungsweise Staffeln sind mittlerweile abgesetzt. In seiner lesenswerten Analyse kommentiert Peer Schader: “37 Jahre nach seiner Gründung wirkt der Kanal, der einst die Ära des Privatfernsehens in Deutschland begründete, vor allem: kaputtversucht. Die vor einigen Jahren getroffene Entscheidung, mit dem einstigen Familiensender in Richtung Reality abzubiegen, hat diesen Verfall massiv beschleunigt. Mag sein, dass sich so kurzfristig wieder Quoten erzielen ließen, die längst Vergangenheit schienen. Nachhaltig war das – bis auf wenige Ausnahmen – jedoch nicht.”

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4. Tracking: Deutsche Forschungsgemeinschaft warnt vor “Verlagstrojanern”
(heise.de, Stefan Krempl)
Die Deutsche Forschungsgemeinschaft beklagt den Umgang der dominierenden Wissenschaftsverlage mit deren Kundinnen und Kunden. Die Branchenriesen Elsevier und Springer würden durch Aggregation, den Weiterverkauf von Daten und den Einsatz von Spyware zu Datenkraken mutieren. Stefan Krempl erklärt, worum es dabei im Einzelnen geht.

5. Der ganz normale Hass bei Facebook
(blog.clickomania.ch, Matthias Schüssler)
Matthias Schüssler kritisiert die Redaktion der “NZZ”. Diese habe einen seiner Meinung nach differenzierten Beitrag über die “Klimajugend” reißerisch auf Facebook beworben und einen darauf folgenden Hasskommentar zu spät und intransparent gelöscht: “Ich finde es nicht gut, dass in so einem Fall der ganze Ast des Threads verschwindet, ohne dass für die Beteiligten der Grund dafür ersichtlich ist. Ich fände es besser, wenn mit Hinweis auf den Verstoss gegen die Netiquette der Inhalt geschwärzt würde, die Diskussion um den Kommentar aber ersichtlich bliebe – das hätte auch eine erzieherische Wirkung.”

6. Mehr Realität wagen
(taz.de, Anne Haeming)
Die Fernsehreihe “Polizeiruf 110” wurde ursprünglich vom DDR-Fernsehen als Gegenstück zum westdeutschen “Tatort” produziert. Seit vielen Jahren wird die beliebte Sendung von der ARD fortgesetzt und feiert dieses Jahr ihren 50. Geburtstag. In der “taz” kommentiert Anne Haeming: “Der ‘Polizeiruf’ hat das Potenzial, ein weiterer Baustein zu sein, die mediale Teilung zu überwinden, in der dieses Land immer noch festhängt. Auch weil es vielen Westdeutschen zu lange zu wurscht war, mehr zu erfahren.”

7. “Nennt mir einen beliebigen Ort, eine Person und eine Farbe”
(twitter.com, Lorenz Meyer)
Und noch ein zusätzlicher Link, da aus der Feder des “6-vor-9”-Kurators. Für eine Persiflage von Reportage-Anfängen habe ich auf Twitter um Einsendungen gebeten: “Nennt mir einen beliebigen #Ort, eine #Person und eine #Farbe, und ich schreibe Euch einen szenischen Einstieg für eine Reportage, mit der Ihr Journalismus-Preise abräumen könnt.” Die Vorschläge und Antworten darauf können in dem Thread nachgelesen werden. In diesem Zusammenhang noch einmal ein Dank an alle, die sich dort eingebracht und die notwendige Inspiration geliefert haben.

KW 20: Hör- und Gucktipps zum Wochenende

Hurra, endlich Wochenende – und damit mehr Zeit zum Hören und Sehen! In unserer Samstagsausgabe präsentieren wir Euch eine Auswahl empfehlenswerter Filme und Podcasts mit Medienbezug. Viel Spaß bei Erkenntnisgewinn und Unterhaltung!

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1. Wie vergiftet ist das Klima in den Redaktionen?
(uebermedien.de, Holger Klein, Audio: 21:23 Minuten)
Im “Übermedien”-Podcast unterhält sich Holger Klein mit den beiden Reporterinnen Eva Hoffmann und Pascale Müller. Die zwei Journalistinnen haben Kolleginnen und Kollegen nach deren Erfahrungen mit Belästigungen, Machtmissbrauch, Sexismus und Rassismus in Redaktionen befragt. Insgesamt hätten 189 Personen auf ihren Aufruf reagiert, mit 25 mutmaßlich Betroffenen haben die Autorinnen tiefergehend gesprochen. Die Medienbranche habe ein strukturelles Problem, das sich nachteilig für alle auswirke: “Unsere Meinung ist schon, dass es den Output verschlechtert, wenn Redaktionen verängstige und belästigte Mitarbeiter*innen haben.”

2. Welche 11 Learnings hat die Rheinische Post auf TikTok gemacht, Hannah Monderkamp?
(wasmitmedien.de, Daniel Fiene & Sebastian Pähler, Audio: 49:56 Minuten)
Seit drei Monaten mischt die “Rheinische Post” auf der Kurzvideo-Plattform TikTok mit. Wie geht man auf einem TikTok-Kanal viral – und wie nicht? Wie lassen sich redaktionelle Prozesse auf TikTok umsetzen? Welche Ziele können Medien erreichen? Um diese Themen geht es im Gespräch mit Hannah Monderkamp, Head of Audience Development der “Rheinischen Post” (das Gespräch beginnt bei Minute 8:30.)

3. Warum Trash-Schleuder RTL jetzt seriös wird
(youtube.com, Walulis Story, Philipp Walulis, Video: 15:33 Minuten)
Der Fernsehkanal RTL ist bei vielen Menschen vor allem als Unterhaltungs- und Trashschleuder bekannt, doch der Sender arbeitet an seinem Image: weniger Dieter Bohlen, mehr Jan Hofer. Weniger Trash-TV, mehr seriöse News. Philipp Walulis erklärt den Strategiewechsel auf gewohnt zugespitzte Weise.

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4. Podcast Spezial zur Rundfunkpolitik: Seriöses für junges Publikum
(soundcloud.com, M – Der Medienpodcast, Manfred Kloiber, 35:32 Minuten)
Bei “M – Der Medienpodcast” gibt es eine Sonderausgabe zur Rundfunkpolitik. Manfred Kloiber hat sich mit Juliane Leopold, Chefredakteurin Digitales von ARD Aktuell, unterhalten – über die Fragen, wie die Öffentlich-Rechtlichen das junge Publikum erreichen können, wie sie der Streaming-Konkurrenz trotzen wollen und wo sie bei den Sozialen Medien ansetzen.

5. Lebensgefährlicher Enthüllungsjournalismus und Grimme-Preise
(wdr.de, Anja Backhaus, Audio: 44:19 Minuten)
Im Medienmagazin von WDR 5 geht es unter anderem um folgende Themen: Lebensgefährliche Enthüllungen, die Grimmepreise, den Unmut über die WhatsApp-Frist und den Trend zum Newsletter-Journalismus. Zum Abschluss folgt noch eine Portion Medienschelte: “Ein falscher Satz – und raus bist du.”

6. Indiana Jones: Hinter den Kulissen
(youtube.com, Arte, Video: 52:16 Minuten)
Und noch etwas Unterhaltsames. Die Arte-Doku über den Kassenschlager “Indiana Jones”, der vor vier Jahrzehnten das Genre Abenteuerfilm revolutionierte: “Peitsche, Hut, verschlissene Jacke und ein schelmisches Lächeln auf den Lippen – das sind die unverkennbaren Markenzeichen von Indiana Jones. Der Filmheld wird dieses Jahr 40: Der runde Geburtstag bietet die ideale Gelegenheit zur Untersuchung eines popkulturellen Phänomens, das die Filmlandschaft nachhaltig prägte.”

7. #77 Was sind die Grenzen von Boulevardjournalismus, Moritz Tschermak?
(podcastproduzenten.de, Medientage Mitteldeutschland, Claudius Nießen, Audio: 20:52 Minuten)
In eigener Sache und deshalb als zusätzlicher Link: Mein BILDblog-Kollege Moritz Tschermak hat sich im Podcast der Medientage Mitteldeutschland über die Grenzen von Boulevardjournalismus unterhalten. Es geht unter anderem um tendenziöse Berichterstattung, den Einfluss von “Bild”-Chef Julian Reichelt und um Soziale Medien in der Regenbogenpresse.

Uploadprobleme, Klickerfolg der “Welt”, Diana-Interview

1. Ihr Upload ist leider fehlgeschlagen
(zeit.de, Meike Laaf)
Alle Einwände der Kritikerinnen und Kritiker haben nichts genutzt: Gestern wurde vom Bundestag die umstrittene Urheberrechtsreform beschlossen. Mit dabei: die von vielen als problematisch angesehenen Uploadfilter. Meike Laaf widmet sich in einer ausführlichen Analyse den Fragen der möglichen technischen Umsetzung. Die Technik allein könne es jedoch nicht richten: “Ohne Menschen, die maschinelle Entscheidungen zumindest überprüfen, wird es in vielen Fällen schwierig werden. Ganz zu schweigen von der Notwendigkeit, mehr Transparenz als bisher darüber herzustellen, warum Sperrentscheidungen gefallen sind.”

2. Für seriöse Medien wäre #DIVIgate eine Katastrophe, für “Welt” war es ein voller Erfolg
(volksverpetzer.de, Thomas Laschyk)
Die “Welt” hat einem hochproblematischen, da fehlerbehafteten Thesenpapier über die angeblich nicht vorhandene Auslastung der Intensivstationen großen Raum gegeben. Laut Insiderinformationen freue sich der Digital-Chef der “Welt” über den Klick-Erfolg – trotz der Fehler und trotz heftigem Widerspruch von Medien und Experten. Thomas Laschyk kommentiert: “Für seriöse Medien, denen Ansehen und korrekte Berichterstattung wichtig sind, wäre so eine massive Fake News eine Katastrophe. Der MDR bezeichnet das als ‘Unfall’, wenn HR oder MDR nach dem Verbreiten von Fake News selbst Korrekturen veröffentlichen müssen (wir haben auch darüber berichtet). Bei WELT nimmt man das eher als vollen Erfolg wahr.”

3. “Ich bin für meine Autor:innen jederzeit erreichbar”
(fachjournalist.de, Florian Beißwanger)
Anna von Planta arbeitet als Lektorin beim Diogenes Verlag. Dort betreut sie das Gesamtwerk der bereits verstorbenen Friedrich Dürrenmatt und Patricia Highsmith sowie viele andere bekannte Autoren wie Patrick Süskind, John Irving und Paulo Coelho. Im Interview mit dem “Fachjournalist” erinnert sie sich an die Zusammenarbeit mit Dürrenmatt, erklärt, was gute Lektoren ausmacht, und was angehende Schriftstellerinnen und Schriftsteller von Autor John Irving lernen können. Ein lohnenswerter, da eher seltener Blick hinter die Kulissen der Bücherwelt.

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4. Neue ARD-Programmchefin im RND-Gespräch: “Wir haben Teile der Bevölkerung verloren”
(rnd.de, Imre Grimm)
Die ARD hat eine neue Programmchefin: die von der ARD-Filmproduktionstochter Degeto kommende Christine Strobl. Im Gespräch mit Imre Grimm geht es unter anderem um ihre Pläne für die ARD, um Spar- und Konkurrenzdruck, Diversität, die Mediathek und das Thema Gebühren. Und natürlich spricht Grimm das Thema einer möglichen CDU-Nähe an: Strobl ist die Tochter von Bundestagspräsident Wolfgang Schäuble und mit dem baden-württembergischen CDU-Landesvorsitzenden Thomas Strobl verheiratet.

5. Hassrede, absetzbar
(taz.de, Matthias Meisner)
Seit Jahren gelinge es Vereinen im rechten politischen Spektrum, den Status der Gemeinnützigkeit zu erlangen, berichtet die “taz”: Das sei zeitweise beim Portal “Journalistenwatch” so gewesen und nun beim sogenannten “Demokratienetzwerk”, das im Kern nichts weiter als ein pöbelnder Twitter-Account sei. Matthias Meisner schreibt: “Das in Mannheim ins Vereinsregister eingetragene ‘Demokratienetzwerk’ mit seinen rund 2.800 Twitter-Follower:innen ist 2019 vom Finanzamt Rastatt als ‘gemeinnützig’ eingestuft worden, Spenden sind also steuerlich abzugsfähig. Und das für eine rechte Propagandaschleuder. Wie ist das möglich?”

6. Schwere Fehler bei legendärem Diana-Interview – BBC bittet um Entschuldigung
(spiegel.de)
1995 erreichte ein Interview weltweit Rekord-Einschaltquoten. Im Gespräch mit dem BBC-Reporter Martin Bashir sprach Lady Diana ungewöhnlich offen über die Untreue ihres Mannes Charles und ihre eigenen psychischen Probleme. Jahrzehnte später kommt ein interner Untersuchungsbericht des Fernsehsenders zu dem Schluss, dass sich Bashir das Interview offenbar mit unlauteren Methoden erschlichen hatte: Der Reporter habe Diana gefälschte Kontoauszüge vorgelegt, die beweisen sollten, dass Mitarbeiter am Hofe für Spitzeldienste bezahlt worden seien.

7. “Bildblog”-Autoren: “Angst verkauft sich besser als eine Willkommenskultur”
(derstandard.de, Oliver Mark)
In eigener Sache und deshalb als zusätzlicher Link: Meine BILDblog-Kollegen Moritz Tschermak und Mats Schönauer haben sich mit dem “Standard” über ihr “Bild”-kritisches Buch “Ohne Rücksicht auf Verluste” unterhalten. In dem Gespräch geht es um die Mechaniken der “Bild”-Berichterstattung, die Muster dahinter und die Unterschiede zwischen der Ära Diekmann und der Ära Reichelt. Bei der Gelegenheit und bei aller Befangenheit: “Ohne Rücksicht auf Verluste” sollte in jedem Bücherschrank stehen. Nicht nur, weil es eine fundierte Analyse des immer noch mächtigsten Mediums Deutschlands darstellt, sondern auch medienerfahrenen Lesern und Leserinnen neue Einblicke und Einsichten bietet.

Wahrheitssuche, “Querdenker” auf Journalistenjagd, Ingrid Kolbs 80ter

1. Per Crowdsourcing zur Wahrheit?
(deutschlandfunk.de, Marina Weisband)
In Talkshows werden oft Dinge behauptet, für die es keine beziehungsweise nicht sofort Belege gibt. Marina Weisband denkt darüber nach, wie man das Probleme mit Hilfe der Zuschauerschaft lösen könnte: “Während der Sendung sitzt ein großes Social-Media-Team an Rechnern und fordert die Community zur Prüfung von Aussagen auf. Sie bekommen Quellen und Argumente zugespielt, prüfen und filtern sie sorgsam und können diese in Echtzeit auf einen Bildschirm im Studio werfen. Die Moderatorin kann steuern, wie sie darauf eingeht.”

2. “So viel Angst, Misstrauen, Beharrungswillen, Unmut, Kontrollwahn” beim “Spiegel”
(uebermedien.de, Stefan Niggemeier)
Der Literaturkritiker Volker Weidermann wird den “Spiegel” verlassen und ab Oktober die Leitung des “Zeit”-Feuilletons übernehmen. Es könnte eine normale Personalmeldung sein, wenn da nicht Weidermanns Abschiedsmail an die Kolleginnen und Kollegen wäre, in der er mit seltener Offenheit die Gründe für den Abschied benennt. Vor Weidermanns Wechsel gab es beim “Spiegel” bereits zwei prominente Abgänge: den von Weidermanns Feuilleton-Kollegen Nils Minkmar und den von Chefredakteurin Barbara Hans.

3. Warum die Tagesschau auf TikTok so erfolgreich ist
(fachjournalist.de, Ulrike Bremm)
Antje Kießler ist eines der Gesichter des TikTok-Kanals der “Tagesschau”. Im Interview mit dem “Fachjournalist” spricht sie über ihren Einstieg in das Projekt, die Besonderheiten der Plattform, die Aspekte, auf die Nachrichtenredaktionen im Umgang mit TikTok achten sollten, und das Klima, das sie dort wahrnimmt: “Ich nehme die Community auf TikTok ganz anders wahr als auf anderen Social Apps. Die User:innen sind mehr emotionsgetrieben: Sie sehen ein Video und schreiben sofort darunter, was sie davon halten, verlinken Leute. Die Kommunikation ist viel wohlwollender – den ganzen Hate wie auf anderen Plattformen gibt es noch nicht.”

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4. Querdenker auf Journalistenjagd
(blog.zeit.de, Dominik Lenze)
Unter die Journalisten auf “Querdenker”-Demos würden sich immer öfter Pseudojournalisten aus dem rechten Milieu mischen, berichtet Dominik Lenze: “Selten bleiben sie dabei unauffällig: Sie rennen mitten in die Masse der Gegendemonstranten, um die vermeintlich ‘staatsfinanzierte Antifa’ zu filmen. Nicht wenige treten als Redner auf denselben Kundgebungen auf, von denen sie vorgeben zu berichten. Von der Bühne aus verbreiten sie Verschwörungsmythen, häufig baumelt noch der Presseausweis an einem Band um den Hals.” Dabei gehe es nicht nur um Selbstinszenierung, sondern um Einschüchterung und Drangsalierung der redlichen Medienschaffenden.

5. Journalismus jenseits von Profit
(verdi.de, Helma Nehrlich)
Oliver Moldenhauer ist einer der Köpfe des Forums Gemeinnütziger Journalismus, das Non-Profit-Organisationen im Medienbereich vereint. Im Interview spricht er über Entwicklungschancen sowie über mögliche Finanzierungsformen. Der Verein setze sich für die Aufnahme des gemeinnützigen Journalismus in die Abgabenordnung ein: “Gemeinnützigkeit macht viele Dinge einfacher, insbesondere bei der Finanzierung durch Stiftungen, aber auch für Kleinspender. Es gibt ja heute bereits viele journalistische Projekte, die gemeinnützig sind, doch die müssen immer den Umweg über andere im Gesetz anerkannte Bereiche gehen: Bildung, Verbraucherschutz, Völkerverständigung. Das ist legitim, aber immer auslegungsfähig. Die Finanzämter bewerten das unterschiedlich, Rechtssicherheit besteht nicht.”

6. MeToo im Jahr 1977
(taz.de, Felix Zimmermann)
“Eine Uneitle in einem mitunter sehr eitlen Gewerbe” – die Journalistin und ehemalige Leiterin der Hamburger Henri-Nannen-Schule, Ingrid Kolb, feiert ihren 80. Geburtstag, und Felix Zimmermann gratuliert ihr mit einer ganz besonderen Würdigung.

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