1. “Wie tickt Tom Bartels?” (newsroom.de, Markus Wiegand)
Ein Interview mit Tom Bartels, der das Finale der Fußball-WM kommentieren soll: “Jeder Reporter, auch ich, könnte einfach zehn Prozent mehr schweigen. (Man hört eine Frauenstimme im Hintergrund.) Meine Frau Tina, die gerade wiederkommt, ruft: 20 Prozent.”
2. “Pressefreiheit mitgelöscht” (berliner-zeitung.de, Jonas Rest)
Vom Recht auf Vergessenwerden betroffene Zeitungen müssen “eine Möglichkeit des außergerichtlichen Widerspruchs haben”, findet Jonas Rest: “Ansonsten verkommt die Pressefreiheit zur funktionslosen Dekoration: Es werden viele kritische Texte auf den Servern von Nachrichtenportalen liegen, die aber nutzlos sind, da sie niemand findet, wenn er sie wirklich braucht.” Siehe dazu auch “Google reverses decision to delete British newspaper links” (reuters.com, englisch).
3. “Kiews Dilemma mit den russischen Medien” (nzz.ch, Rudolf Hermann)
Die ukrainischen Behörden fragen sich, wie sie mit russischen Medien umgehen wollen, die “offen desinformieren”, berichtet Rudolf Hermann: “Nicht nur in Russland, sondern auch in weiten Teilen der russischsprachigen Ostukraine gehört russisches Fernsehen zu den wichtigsten Informationskanälen. Die Objektivität der Information wird dabei wenig hinterfragt.”
4. “Der Krieg der Phrase” (wahrheitueberwahrheit.blogspot.ch)
Der “erste Medienkrieg” der Geschichte.
5. “‘Spüre die Angst auch schon in Deutschland'” (deutschlandradiokultur.de, Korbinian Frenzel) Boris Reitschuster, Autor des Buchs “Putins Demokratur”, redet über seine Erfahrungen mit dem russischen Geheimdienst FSB: “Ich wurde einmal festgenommen, ich wurde einmal umgefahren von einem Auto, absichtlich, wo man sagte, ich stehe ich Weg. Man hat mich dann umgefahren. Ich wurde einmal verprügelt. Man wird richtig ängstlich, ich spüre diese Angst inzwischen auch schon in Deutschland, wenn ich jemand sehe mit einer Kunstlederjacke und mit einem bestimmen Haarschnitt, dann fange ich schon an nervös zu werden, obwohl es hier in Deutschland natürlich Fehlalarm ist.”
6. “Von der NSA als Extremist gebrandmarkt” (tagesschau.de, Lena Kampf, Jacob Appelbaum und John Goetz)
Wer sich mit Software zum Schutz vor Überwachung im Internet beschäftigt, wird von der NSA als “Extremist” markiert: “Extremisten? Das Gegenteil ist der Fall, wie die Recherchen zeigen. Die deutschen Opfer sind politisch keinesfalls am äußeren Rand zu finden. Extrem sind sie allein in einem Punkt: Sie sind besorgt um die Sicherheit ihrer Daten. Und genau das macht sie in den Augen des US-Geheimdienstes verdächtig.”
1. “EU’s right to be forgotten: Guardian articles have been hidden by Google” (theguardian.com, James Ball, englisch)
James Ball stellt sechs Guardian-Artikel vor, die aufgrund des Rechts auf Vergessenwerden vom Google-Suchindex verschwinden: “Publishers can and should do more to fight back. One route may be legal action. Others may be looking for search tools and engines outside the EU. Quicker than that is a direct innovation: how about any time a news outlet gets a notification, it tweets a link to the article that’s just been disappeared. Would you follow @GdnVanished?” Siehe dazu auch “Why has Google cast me into oblivion?” (bbc.com, Robert Peston).
2. “Wozu gibt es eigentlich STERN.de?” (jensrehlaender.tumblr.com)
Wer Stern.de aufrufe, dem offenbare sich “in schonungsloser Härte, wie Reichweitenoptimierung eine Medienseite bis zur Unkenntlichkeit” ruiniere, schreibt Jens Rehländer. “Liebe Leute von stern.de, ich bin sicher, ihr würdet euren Dienst anders machen, wenn man euch ließe. (…) Denn angesichts dieses Allerwelts-Klimbim frage mich ernsthaft, was fehlen würde, wenn es stern.de morgen nicht mehr gäbe?”
3. “Gegenentwurf zu Facebook: Wie Digg zur Startseite des Internets werden will” (spiegel.de, Ole Reißmann)
Ole Reißmann schaut sich Digg an, wo man neu auf redaktionell ausgewählte Links setzt. “Was es auf Digg nicht gibt: Clickbait, reißerische Überschriften zu oft belanglosem Entertainment, wie es Seiten wie Heftig oder Upworthy vormachen.”
5. “A leap forward in quarterly earnings stories” (blog.ap.org, Paul Colford, englisch)
Die Nachrichtenagentur AP will neu in automatisierter Form Bericht erstatten: “The Associated Press announced in an advisory to customers today that the majority of U.S. corporate earnings stories for our business news report will eventually be produced using automation technology.”
6. “Eric Weber, der Bürgerschreck” (bazonline.ch, Aaron Agnolazza)
Aaron Agnolazza stellt Eric Weber vor, Ex-“Bild”-Mitarbeiter und gewählter Parlamentarier im Kanton Basel-Stadt: “Mittlerweile deckt der Grossrat die Regierung beinahe täglich mit Interpellationen und schriftlichen Anfragen ein. ‘Ich schreibe so viele Anfragen, um den angestauten Frust abzubauen’, erklärt sich Weber. ‘Meine Anfragen kosten die Regierung pro Monat 20 000 Franken’, behauptet er beinahe triumphierend.”
1. “Der Traum vom Journalistenleben” (mdr.de, Audio, 29:23 Minuten)
Zwanzig Jahre nach dem Besuch der Journalistenschule ruft Philip Meinhold ehemalige Mitschüler an und fragt sie, ob sie ihre Vorstellungen von Journalismus verwirklichen konnten.
2. “Bitte bewerben – ihr braucht dafür auch nur drei Tage” (sara-weber.tumblr.com)
Noch bis zum 8. Juli kann man sich beim britischen “Spectator” für ein ein- oder zweiwöchiges Praktikum bewerben. Sara Weber findet die Anforderungen dafür sehr hoch, das Bewerbungsverfahren “unverschämt”.
3. “Meine Laudatio für Jung&Naiv: Die konservative Konterrevolution hat Youtube erreicht” (leitmedium.de, ccm)
“Jung & Naiv” mit Tilo Jung revolutioniere nicht den Journalismus auf Youtube, sondern es sei “ein Intranetformat für Medienmacher und Politiker”, schreibt Caspar Clemens Mierau: “Jung bringt den am Zuschauer desinteressierten Journalisten auf die Videoplattform und erntet damit natürlich den Applaus einiger Journalisten-Kollegen, die auch lieber ohne Leser schreiben würden.”
4. “Stromnetz verrät Whistleblower” (heute.de, Peter Welchering)
Eine Verzerrung der Stimme des Informanten ist kein wirkungsvoller Schutz, schreibt Peter Welchering: “Denn mit einer IT-forensischen Methode können die Einstreuungen der elektrischen Netzfrequenz in Tonaufnahmen herausgefiltert und zu einer Art Netzfingerabdruck verdichtet werden. Dieser Netzfingerabdruck wird dann mit Frequenzdatenbanken abgeglichen, um herauszubekommen, wann und wo die Aufnahme gedreht wurde.”
5. “Das Chaos der Anderen” (neues-deutschland.de, Tobias Riegel)
Tobias Riegel malt sich in der sozialistischen Tageszeitung “Neues Deutschland” aus, wie es wäre, wenn ausländische Politiker und Medien deutsche Politiker kritisieren, die versuchen, für Ruhe und Ordnung zu sorgen: “Wir können uns in Deutschland kaum vorstellen, wie das wäre, wenn sich der US-Außenminister regelmäßig tadelnd zu unserem Umgang mit Demonstranten äußern würde. Es ist aber zu vermuten: Sollte eine linke Bundesregierung einst den Austritt aus der NATO anstreben – wir würden das Gefühl der ständigen Ermahnung kennenlernen. Dann wären die Randalierer vom 1. Mai für die ‘Bild’-Zeitung plötzlich die ‘friedliche und demokratische’ Speerspitze gegen eine ‘autokratische’ und ganz allgemein ‘korrupte’ Bundesregierung – die schleunigst durch Technokraten ersetzt werden muss.”
1. “Der Social-Media-Redakteur – das überschätzte Wesen?” (onlinejournalismusblog.com, Stephan Dörner)
Die Frage, “was von den eigenen Inhalten beachtet wird und was nicht”, entgleite den Redaktionen zunehmend, stellt Stephan Dörner fest, weshalb es zunehmend auch gar keine “Blattmacher” benötige. “Auch für Werbekunden erfordert die wachsende Bedeutung von Social Media ein Umdenken: Kann der Werbekunde, der eine Anzeige bei Handelsblatt Online oder dem Wall Street Journal bucht, wirklich noch sicher sein, dass diese vor allem die Zielgruppe erreicht? Vermutlich immer weniger, je größer der Anteil von Lesern wird, der eher zufällig auf der Website landet, weil ein einzelner Artikel – wenn er ein Reizthema behandelt oder das Thema einer gut vernetzten Gruppe – zum Facebook-Hit wird.”
2. “Die substantiellen Probleme von Spiegel Online” (datenjournalist.de, Lorenz Matzat)
Lorenz Matzat befasst sich mit der Online-Strategie von “Spiegel” und “Spiegel Online”: “Die Zwei Klassen-Gesellschaft in der Spiegel Gruppe, also die Printredaktion mit ihren Gesellschafteranteilen (Mitarbeiter-KG) versus Online ohne Anteile am Verlag, bleiben das zentrale Problem.”
4. “Er kann es einfach nicht” (begleitschreiben.net, Gregor Keuschnig)
Gregor Keuschnig liest das Buch “Ganz oben ganz unten” von Christian Wulff: “Ich habe inzwischen keinen Zweifel daran, dass Wulff in einer Mischung aus selbstverschuldetem Unglück und narzisstischem Jagdtrieb einiger wildgewordener Egomanen einem eben auch qualitätsmedialen Blutrausch erlag, in dem sich zu Beginn mehrere Jäger gleichzeitig auf das gleiche Objekt konzentrierten. Zunächst begann ein Wettkampf (‘Bild’, ‘stern’, ‘Spiegel’). Als ‘Bild’ durch die Mailbox-Nachricht praktisch über Nacht ein Faustpfand in der Hand hatten, übernahm ‘Bild’ die Führungsrolle. Willig liessen sich nahezu alle selbsternannten Qualitätsmedien vor den Karren spannen.”
5. “The German war against the link” (buzzmachine.com, Jeff Jarvis, englisch)
Jeff Jarvis kommentiert die Forderung deutscher Verleger an Suchmaschinen, “bis zu elf Prozent der Umsätze, die sie mit Ausschnitten aus Online-Presseerzeugnissen erzielen, an die Zeitungen und Zeitschriften” weiterzureichen: “They are trying to blackmail net companies in hopes of getting some payoff from them.”
1. “BILD-Studientrilogie: Nicht die Ereignisse bestimmen die Berichterstattung, sondern die eigene Vorhersage” (carta.info, Wolfgang Storz und Hans-Jürgen Arlt)
Wolfgang Storz und Hans-Jürgen Arlt stellen den Journalismus der “Bild”-Medien als “Kanonenfutter für die Rendite” dar, er werde nicht als “respektables Handwerk, dessen Regeln den Geschäften Grenzen setzt”, betrieben: “Pressefreiheit wird als Gewerbefreiheit verstanden, journalistische Unabhängigkeit als Möglichkeit missbraucht, die eigenen Interessen ohne Rücksicht auf alles andere zu bedienen.”
2. “Informationen, fünf mal aufgekocht bitte” (malguckenwielangeichblogge.blog.de)
Berichterstattung, die basiert auf einer kurzen Medienmitteilung des Managements von Michael Schumacher, zum Beispiel auf n-tv.de: “Der einzig relevante Artikel ist derjenige, in dem die Pressemitteilung seiner Managerin im Wortlaut geschrieben wird. Alles andere ist für das Klickvieh unter den Internetusern, die tatsächlich daran glauben, hinter den fünf verschiedenen Links fünf verschiedene Inhalte zu finden.” Siehe dazu auch “RTL Aktuell Spezial: ‘Schumacher ist sicher nicht in einem ganz top-fitten Zustand'” (faz.net, Stefan Niggemeier).
3. “Wie ich Frank Schirrmacher nicht kennenlernte” (kutter.antville.org)
Der Kutter schreibt zum Tod von Frank Schirrmacher: “Manche Nachrufe auf Schirrmacher lesen sich wie Heiligsprechungen. Mir persönlich bleibt er weniger als Großfeuilletonist, Thesenmaschine, Debattenanzettler oder Ausnahmezustands-Apokalyptiker in Erinnerung, sondern als jemand, dem die Entdeckung abseitiger Adressen diebische Freude bereitete und dem seine Begeisterung auch für kleine Albernheiten nicht zu schade war.”
4. “Die Ambivalenz, die geistige Überlegenheit in sich trägt” (ueberschaubarerelevanz.com)
Muriel Silberstreif findet den FAZ-Nachruf auf Frank Schirrmacher von Edo Reents, “Ein sehr großer Geist”, etwas übertrieben: “Ihr dürft es mir gerne sagen, wenn ihr es anders seht, aber mir kommt dieses intellektuelle Säbelgerassel schon äußerst armselig vor, und ich kenne Frank Schirrmacher wie gesagt nicht, und habe aus den geringen Erfahrungen mit seinem Werk schon ehrlich gesagt den Eindruck gewonnen, dass er mit mir nicht viel gemein hatte, aber ich zumindest würde mich gleich noch ein paar Meter tiefer in den Boden schämen, wenn ich wüsste, dass jemand nach meinem Tod so prahlerischen Mist über mich schreiben würde.”
6. “The Fog Machine of War” (nytimes.com, Chelsea Manning, englisch)
In einem Gastbeitrag schreibt Whistleblower Chelsea Manning über in die US-Armee eingebettete Journalisten. “Reporters naturally fear having their access terminated, so they tend to avoid controversial reporting that could raise red flags.”
So eine plötzliche Dauererektion kann ja verschiedene Gründe haben. Die Leute von “Bild” zum Beispiel werden immer dann besonders schnell und langanhaltend rattig, wenn es um die versehentlich entblößten sekundären Geschlechtsmerkmale weiblicher Prominenter geht (“Lindsay Lohan lüpft ihre Lustwarze” / “Freche kleine Knospen” / “Da wird’s uns ganz warm ums Herz”). Ruckzuck schießt ihnen dann das Blut in den Kopf zwischen die Beine, und es kann durchaus vorkommen, dass es mehrere Tage und Artikel lang dort bleibt und pulsiert und pulsiert.
Dieses Mal ist es so heftig wie nie zuvor. Seit über eine Woche kriegt die “Bild”-Zeitung die Hose nicht mehr zu. Vor allem online herrscht der blanke Wahnsinn, seit ein “Popo-Blitzer”-Foto von Herzogin Kate aufgetaucht ist.
Dass die Erregung diesmal so lange anhält, hat aber vermutlich weniger damit zu tun, dass die Leute von “Bild” den Hintern von Kate angeblich so übertrieben gut finden (“Er ist einfach nur SCHÖN. Nicht zu groß, nicht zu klein. Toll geformt. Trainiert, geradezu gestählt. Cellulite-frei. Ja, absolut perfekt”), sondern eher damit, dass die “Bild”-Medien die ersten und weitgehend einzigen waren, die das Foto unverpixelt gezeigt haben — und sich, seit der “Skandal” die Runde macht, nicht mehr nur an dem Foto aufgeilen, sondern vor allem an sich selbst.
Vor zwei Jahren, als die französische “Closer” die Oben-ohne-Fotos von Kate veröffentlicht hatte, hielt sich “Bild” noch brav zurück, zensierte die Fotos und plädierte sogar dafür, den Royals mehr Respekt entgegenzubringen. Die Fotos waren damals allerdings auch auf einem Privatgrundstück aufgenommen worden, was gerade juristisch noch mal eine andere Qualität hat. Die aktuellen Fotos sind dagegen auf öffentlichem Gelände entstanden: Kate, die Herzogin von Cambridge, ist in Australien aus einem Hubschrauber ausgestiegen, dabei wurde ihr Kleid kurz hochgepustet, und man konnte einen Teil ihrer Pobacken sehen. Eine Fotografin hielt drauf, entdeckte später den Schnappschuss und bot ihn zum Verkauf. Und die Leute von “Bild” witterten offenbar die Chance auf ihren ganz eigenen Kate-“Nackt”-“Skandal” — und schlugen zu.
Der Windhauch des royalen Helikopters bei der Landung in den australischen Blue Mountains sorgte für diesen kurzen, aber magischen Moment.
Diesem “magischen Moment” widmete die “Bild am Sonntag” fast die ganze letzte Seite:
Dazu noch drei weitere Kate-zeigt-versehentlich-Haut-Fotos, denn “der Wind, das himmlische Kind”, meine es “ja traditionell gut mit Kate”, haha.
Noch am selben Tag, online, gleich der nächste Artikel. Kategorie: Service.
Wer wünscht sich nicht ein knackiges Hinterteil mit dem “sich Nüsse knacken” lassen?! Wie sich jetzt durch einen kleinen Windhauch-Blitzer herausstelle, ist Herzogin Kate in der Körpermitte besonders gut ausgestattet. Kein Grund zum Popo-Neid, liebe Damen!
Denn Bild.de verriet den “lieben Damen”, wie “aus jedem Schwabbel-Popo” bis zum Hochsommer “ein knackiger Hingucker werden” kann (zusammengefasst: mit Sport und vernünftiger Ernährung, oha!), bot außerdem eine “Kleine Po-Typologie”, mit deren Hilfe der geneigte Leser endlich erfährt, wie sich eigentlich “Apfel-” von “Birnen-“, “Kartoffel-“, “Nektarinen-” und “Tomaten-Pos” unterscheiden (“Wer einen Nektarinen-Po hat, sollte dankbar sein!”) und welche besonderen Pflegemaßnahmen die Typen jeweils erfordern (“Aufgrund der eher schlafferen Po-Struktur sollte der Tomaten-Po besonders durch intensive Übungen gefestigt werden”). Als Service für die lieben Herren gab es einen Link zum “Knackarsch-Quiz” (“Erkennen Sie die Promi-Popos?”).
Am Tag darauf erschien ein Artikel, der bei Bild.de anschließend tagelang zu den meistgeklickten gehörte, was aber auch nicht gerade verwundert:
Dann gab es die ersten Reaktionen. Bild.de verkündete:
Ein Knack-Popo sorgt für Wirbel!
[…] BILD zeigte das Foto, britische Medien berichteten darüber. Und sind ein bisschen verstimmt, weil wir IHRE Kate in POse setzen.
Und wenn andere, sogar internationale Medien über “Bild” schreiben — egal, ob gut oder schlecht –, findet “Bild” das natürlich noch geiler als jeden Promiarsch. Also ging es fleißig weiter.
Um die Aufmerksamkeit der Briten noch zu befeuern, richtete sich Bild.de gleich direkt an die “lieben Engländer” und schrieb: “Hey, nicht aufregen – wir wollen euch Kate doch nicht wegnehmen. Denn: Auch hierzulande gibt’s tolle Kehrseiten. Und die zeigen wir euch jetzt!”
Und zur Sicherheit das Ganze auch auf Englisch:
Neben der “Von-hinten-mindestens-so-sexy-wie-von-vorne-Liste” (“the as-sexy-from-the-back-as-from-the-front list”) und den dazugehörigen Klickstrecken zeigte Bild.de auch ein 40-sekündiges Video, auf dem die Fotos von Kate als Diashow zu sehen sind, ohne den sonst üblichen Off-Kommentar, dafür aber mit loungig-pornöser Fahrstuhl-Musik unterlegt. Sechs Mal wird Kates Hintern in verschiedenen Zoom-Stufen präsentiert.
Das Video ist auch in fast allen Artikeln zu finden, die danach noch folgten, etwa in diesem hier:
Bei Kylie Minogue fliegt “das Röckchen in die Luft”, bei Allesandra Ambrosio gibt es “am schicken Malibu Beach plötzlich mehr als nur Wellen zu sehen” und die Leute von “Bild” schwärmen vom weltweiten Wirbel, den sie verursacht haben.
Erst wirbelte der Wind um Herzogin Kates Po, dann sorgte das entstandene Foto für Wirbel.
Sonntag tauchte ein Schnappschuss unserer Lieblings-Herzogin Kate (32) mit freiem Blick auf ihren schönen Po auf. BILD zeigte das Foto, die Briten waren not amused.
Aber: Ob in Australien, den Vereinigten Arabischen Emiraten, den USA oder natürlich bei unseren britischen Freunden – Kates Knackpo ist DIE Story!
Das musste gleich noch mit einem ganz eigenen Artikel gefeiert werden:
“Viele Medien und Twitterer rücken die BILD-Berichterstattung in den Mittelpunkt”, hieß es da, und noch mal:
Ob in Australien, den Vereinigten Arabischen Emiraten, den USA oder natürlich bei unseren britischen Freunden – Kates Knackpo ist DIE Story!
Darum zeigt BILD noch mal die ganze Fotoserie und erklärt, wie sie entstanden ist.
Plus: Einen Haufen Screenshots und Tweets, die belegen sollen, wie sehr die “Bild”-Berichterstattung doch um die Welt gegangen sei.
Und auch sonst gaben sich die Mitarbeiter größte Mühe, DIE Story weiter auszuschlachten. Etwa so:
Ein Hinterteil, auf das eine Frau stolz sein kann!
… meint “Bild”-Autorin Christiane Hoffmann (das ist übrigens auch die, die Kates Hintern “einfach nur SCHÖN” und “absolut perfekt” findet) in diesem bislang absurdesten Artikel der ganzen Serie. Sie fügt stolz hinzu:
Noch NIE hat ein toller Po für eine derartige Aufregung gesorgt. Rund 400 Quadratzentimeter Haut, noch nicht einmal nackt, sondern mit einem Hauch von Stöffchen bedeckt.
Dass BILD am Sonntag das Hinterteil von Herzogin Catherine (32), kurz Kate, zeigte, sorgt für Aufregung auf der ganzen Welt.
Interessanterweise meint Frau Hoffmann aber auch:
Ein Po geht um die Welt, dabei sollten wir den Hintern-sinnigen Aufruhr lieber am Po der Welt lassen…
Was ist denn schon passiert?
Eine der meistfotografierten Frauen der Welt, wunderschön und von einem ganzen Stab an Stylisten und Experten rundum in ihrem Auftreten beraten, wurde mal wieder fotografiert.
Tja, so what?!
Unterscheidet sich ihr Po von einem anderen VIP-Hinterteil? Nein, dieses royale Körperteil besteht aus den exakt gleichen Bestandteilen und Inhaltsstoffen wie ein bürgerlicher – aus Fleisch und Blut.
Ja, eben.
Aber?
ABER: Kates Popo-Moment ist eines jener Ereignisse, die schon vielen VIP-Frauen passierten. Magische Sekunden, die ein Bild manifestieren in unseren Köpfen. Ein magischer Marilyn-Monroe-Effekt!
Ach so.
Die Frage, die wir uns eher stellen sollten: Ist so ein Popo-Moment rein zufällig?
Das zu glauben, ist dumm. Das hieße, wir würden diesen Frauen mangelnde Intelligenz und schreckliche Naivität unterstellen und Selbstkontrolle absprechen. Jeder VIP, der die freie Wildbahn, einen Bürgersteig oder einen roten Teppich betritt, kalkuliert mögliche Risiken. Und wenn dies der Promi nicht selbst tut, dann gibt es jemanden, der es für ihn macht.
Das heißt: Kates “Popo-Moment” war Absicht? Eine PR-Inszenierung?
Natürlich ist eine Wiese in Australien keine Oscar-Party. Und Kates Kleid nicht das weiße Röckchen von der Monroe.
Ja, eben. Aber?
Aber beim Verlassen eines Hubschraubers erzeugen Rotorblätter nun einmal einen starken Wind. Einen, der so stark sein könnte, dass alles im Umkreis von einigen Metern nicht da bleibt, wo es vielleicht sollte.
Kate wusste, dass sie mit einem Hubschrauber fliegen würde. Und dass Hubschrauber nicht ohne Rotorblätter fliegen können. Und dass Rotorblätter Wind erzeugen. Und dass sie ein leichtes Stöffchen trug an jenem Tag im April.
Dass natürlich die Hobby-Fotografin Diane Morel diesen magischen Po-Moment festhalten könnte – ja, damit hätte Kate nicht rechnen können.
Ach so.
Die “Bild”-Autorin kommt zu dem Schluss:
Ein winzig kleiner Zufall mit großer Wirkung: Er zeigt uns, dass diese wunderbare, sehr kontrollierte, einem strengen Hof-Protokoll unterworfene Frau mit Super-VIP-Status ein Wesen aus Fleisch und Blut ist. Und wir jetzt seit ein paar Tagen wissen – mit einem granatenhübschen Hinterteil!
Wenn wir das alles richtig verstehen, findet “Bild”-Frau Christiane Hoffmann also, dass wir alle (Kate eingeschlossen) “Bild” dankbar sein müssten. Darauf muss man auch erstmal kommen.
Am Tag darauf der nächste Artikel:
Geboten wurden sechs Fotos aus der Kate-verlässt-den-Hubschrauber-Serie, arrangiert in einer “Popo-Love-Story”:
Gleich wird’s windig…
Da ist es passiert! Der Wind hat das Kleidchen gelüftet
Ist doch gar nichts passiert! Oder?
Gefahr erkannt, Gefahr gebannt – schnell ab ins Auto
Ob doch jemand was gesehen hat?
Gleich ist es geschafft
Bye-bye, Kate winkt
… plus Hintern-Video, plus zwei der schon am Anfang präsentierten Kate-zeigt-versehentlich-Haut-Fotos.
Einen Tag später erneut Christiane Hoffman. Diesmal in der gedruckten “Bild” über die …
“Der Po ist nicht das Ende, sondern der Anfang aller Dinge.” (afrikanisches Sprichwort)
Berlin – Der wunderschöne PO der wunderbaren Kate fasziniert die Welt. Rund, knackig, wogend …
Hach! Pure POesie.
Aber Hoffmann dichtet nicht nur, sie geht auch den grundlegenden Fragen des Lebens nach, etwa:
Warum begeistern sich die Menschen für dieses POpuläre Körperteil? Woher kommt diese Lust auf PO?
Irgendwann stellt sie fest:
Wir sind PO-verrückt!
Und das glauben wir ihr gerne.
“Bild” hat noch einige “ARSCHGEILE SCHNAPPSCHÜSSE” und die berühmtesten Hintern der Welt abgedruckt, außerdem die KLEINE POPOLOGIE”, “5 WEGE ZUM PERFEKTEN PO” und natürlich Screenshots von der “EMPÖRUNG IM AUSLAND”. Voller Stolz hält auch die Print-“Bild” noch mal fest:
Ein Po (-Foto) geht um die Welt! Und die EmPOrung ist riesig…
Die Welt fragt sich: Darf man das vom Winde verwehte Hinterteil von Catherine (32) zeigen? Ein Popo-Blitzer wird nun zum POlitikum …
“Bild” erwähnt zur Sicherheit noch mal “Australien” und die “Vereinigten Arabischen Emirate” und ergänzt diesmal:
Doch keiner traut sich in Kates Heimatland, alles zu zeigen. Der Popo wird mit Krönchen abgedeckt oder verpixelt.
“Keiner traut sich”. Als wäre das alles, worum es geht — ob man “mutig” genug ist, die Fotos zu zeigen.
Auch am nächsten Tag war Bild.de im “Popo-Fieber” und schob noch mal ein Service-Stück ein:
Im Grunde ist es der gleiche Artikel wie schon zu Beginn (“So bekommen auch Sie einen royalen Knack-Po”), nur dass die Po-Typologie diesmal bebildert ist. Ach — und diesmal muss man bezahlen, um den Artikel lesen zu können.
Anschließend (der Trip dauerte inzwischen schon eine Woche) wurden die “Bild”-Leserinnen aufgerufen, Fotos von ihrer “POPOladenseite” in der “Bild”-App hochzuladen (“Schicken Sie uns Ihren Knackarsch!”), was tatsächlich über 500 Menschen taten.
Derweil klopfte sich auch die “Bild am Sonntag” noch mal kräftig auf die Schulter:
Gestern dann der nächste Schritt — Querverbindungen zur hiesigen C-Prominenz:
Denn Larissa (aus Topmodel, Dschungelcamp, Promi-Dinner und “Let’s Dance”) hat am Wochenende im Fernsehen getanzt — und plötzlich:
Bei einer schwungvollen Drehung fliegt das kurze weiße Kleid des Models hooooooch und entblößt einen Knackpo.
Gut geformt, frei von Dellen, ein Anblick zum Genießen! Genau so schön wie der Blick auf Herzogin Kates Kehrseite.
Deren freigelegter Hintern sorgt seit einer Woche für Aufruhr. Denn BILD zeigte das royale Prachtstück.
Auch in diesem Artikel: Foto und Video von Kates “Prachtstück”, außerdem Links zu den “POPOlärsten Geschichten”, die bislang erschienen sind.
Über ein Dutzend waren das bislang, das heißt, fast zwei Texte täglich haben die “Bild”-Leute aus dieser einen luftigen Millisekunde, dem “magischen Moment” herausgeholt. Nicht zu vergessen die unzähligen Wortspiele und die Aufmerksamkeit der “Welt-Presse”. Und sehr wahrscheinlich werden wir auch in Zukunft, wenn es mal wieder irgendwo “Nippelalarm!” gibt oder “Bild” den nächsten “Po-Blitzer” zelebriert, die Geschichte hören von damals, als die Helden von “Bild” ihren ganzen Mut zusammennahmen und als erste und einzige die Hälfte von Kates Hintern abdruckten.
1. “Hier hilft nur noch ein Sprung von der Dachterrasse” (martin-lejeune.tumblr.com)
Journalist Martin Lejeune sitzt zum Interview bei der Deutschen Bank in Berlin vier Personen gegenüber: “Der Direktor hatte noch einen weiteren Mitarbeiter der Deutschen Bank an seiner Seite. Der Herausgeber der mich beauftragten Zeitschrift war als ‘Regisseur’ zugegen, so bezeichnete er seine Rolle. Er sei als ‘Aufpasser’ mit dabei, scherzte der Direktor der Bank. Und ein Fotograf der Zeitschrift war anwesend.”
2. “Kein Sieg für die Persönlichkeitsrechte” (freitag.de, Mark Stephens)
Mark Stephens hält das vom EuGH mit einem Urteil zementierte Recht auf Vergessenwerden für eine Bedrohung der Meinungsfreiheit: “Es ist sehr wahrscheinlich, dass mehrheitlich genau jene politischen und ökonomischen Eliten die Möglichkeit zur Löschung von Informationen nutzen werden, über die der Öffentlichkeit am allerwenigsten Suchergebnisse vorenthalten werden sollten.”
3. “Das könnt ihr vergessen!” (daskoenntihrvergessen.tumblr.com, Hakan Tanriverdi)
Nicht zu wenig vergisst das Internet, sondern zu viel, schreibt Hakan Tanriverdi: “Der Fachbegriff für dieses Phänomen heißt ‘link rot’, also Linksterben. Es ist ein Problem sowohl für die Geschichtsschreibung als auch für die Rechtsetzung. Die Fülle an Informationen müsste die Menschheit eigentlich in die komfortable Situation versetzen, auf so viele Datensätze wie nie zuvor zugreifen zu können – es passiert aber das genaue Gegenteil. Die Daten verschwinden, das Internet vergisst sich selbst.”
4. “Medienpluralismus vor Ort” (medien-mittler.de, Radina Koleva)
Radina Koleva macht Praktika bei der “Wirtschaftswoche” und bei der “taz”; sie findet die beiden Titel “ein sehr gutes Beispiel für den Medienpluralismus in Deutschland”: “In der einen Redaktion würde man sich unwohl fühlen, wenn man ohne Sakko auf die Arbeit kommt. In der anderen dagegen, würde man sich mit Sakko eher komisch vorkommen und man hätte das Gefühl, ein bisschen zu schick angezogen zu sein.”
Der Stange-Verlag, ein kleines Familienunternehmen an der Nordsee, ist (zumindest laut Eigenbeschreibung) der “Verlag für wirklich schöne und erfolgreiche Zeitschriften”. Die schönste und erfolgreichste von allen, das “Flaggschiff” des Hauses, ist das Blatt “aktuell für die Frau”, eine Frauenzeitschrift mit Ratgebern, Rezepten und harmlosen Klatschgeschichten.
Laut Verlag ist es mit über 230.000 verkauften Exemplaren “die klare Nr. 1 im Pressesegment der monatlichen unterhaltenden-serviceorientierten Frauenzeitschriften”. Und das nicht ohne Grund, denn das Heft “bietet einfach mehr!”, wie es unter dem Logo selbst verspricht:
So bietet es in der aktuellen Ausgabe zum Beispiel “42 herzliche Liebes-Grüße” zum Aufkleben, ein “großes Mondhoroskop”, die “10 besten Schlank-Tricks”, das “Leckerste mit Pasta & Hack”, Ratgeber gegen Rückenschmerzen und Werbung für die deutsche Nationalhymne.
Ganz recht: Zwischen Gemüsekuchen und Frauenkräutern plötzlich — Vaterlandsliebe.
Die ganzseitige Anzeige wurde vom Verein “Die Deutschen Konservativen” geschaltet, der 1995 vom Verfassungsschutz als rechtsextrem eingestuft wurde. Anführer des Vereins ist Joachim Siegerist, ein ehemaliger “Bild”-Redakteur und verurteilter Volksverhetzer.
Der Verein wettert gegen alles, was nicht rechts ist. Derzeit am liebsten gegen die “linke Meinungsvorschrift” in den Medien und die “Vernichtungskultur” der “political correctness”, gegen die “Gutmenschen”, “Muslimischen Sozialromantiker” und die “Gehirnwäsche der p.c.-Generation”. Ach, und Sarrazin “hat doch recht!”
Schon in den 80er-Jahren hatte der “Spiegel” über den “rechten Kreuzzug” der “Deutschen Konservativen” berichtet. Und schon damals hatten Siegerist und Kameraden — seinerzeit noch mit dem Vorgänger-Verein “Konservative Aktion” — eifrig Werbung für die deutsche Hymne gemacht:
Mehr als eine Million mal, rühmte sich die Konservative Aktion letztes Jahr, sei eine selbstproduzierte Schallplatte mit der Nationalhymne an den Mann gebracht worden – alle drei Strophen. “Deutschland, Deutschland über alles”. (“Spiegel”, 42/1986)
Heute wird sie an die Frau gebracht, “die schönste Hymne der Welt”. Auf seiner Internetseite schreibt der Verein:
Ein interessanter Test für Die Deutschen Konservativen e.V.: Erstmals werben Die Deutschen Konservativen e.V. mit einer Groß-Anzeige in einer typischen Frauenzeitschrift. In der neuen Ausgabe von “aktuell für die Frau” bieten wir in einer ganz seitigen Anzeige (Seite 65) die gedruckte Edel-Kassette mit dem “Lied der Deutschen” an.
Wie kann das sein? Wie schafft es ein solcher Verein mit einer solchen Anzeige in ein Friede-Freude-Frauen-Heft? Oder anders gefragt: Warum lässt die “wirklich schöne und erfolgreiche” “aktuell für die Frau” Werbung für diese rechte Truppe zu?
Chefredakteur, Herausgeber und Verleger von “aktuell für die Frau” ist Michael Stange. Laut Impressum ist er auch für die Anzeigen verantwortlich. Und er dürfte genau gewusst haben, mit was für einem Verein er es da zu tun hat. Er hat ihn nämlich mitgegründet.
Stange leitete in den 80ern schon die Jugend-Organisation der “Konservativen Aktion”. Nachdem er und Joachim Siegerist aus dem Verein geflogen waren, gründeten sie ihren eigenen — mit Sigerist als Chef und Stange als Stellvertreter. Und so begann er, der “rechte Kreuzzug” der “Deutschen Konservativen”.
Michael Stange, den der “Spiegel” 1988 noch einen“Rechtsradikalen” genannt hatte, war später Chefreporter bei “Bild”, heute leitet er den Stange-Verlag, das kleine Familienunternehmen an der Nordsee, mit seinen “wirklich schönen und erfolgreichen Zeitschriften”. Auf seiner Internetseite schreibt er:
Unser Verlag und unsere bekannten und erfolgreichen Zeitschriften gehören (anders als die meisten anderen Titel im deutschen Markt) nicht zu einem der großen und mächtigen Presse-Konzerne. Wir sind ein Teil derer, von denen die Politik immer zu recht sagt, dass sie das Standbein der deutschen Wirtschaft darstellen: Ein kleines, mittelständisches und inhabergeführtes Familienunternehmen, das sich mit einem tollen und engagierten Team noch um seine Leserinnen und Leser, Kunden und Geschäftspartner kümmert und Arbeitsplätze schafft und sichert, statt sie abzubauen. Deshalb drucken wir auch alle unsere Zeitschriften (auch anders, als so mancher Konzern) bei Druckerei-Partnern in Deutschland – und das soll auch so bleiben.
So retten Stange & Co. nicht nur die deutsche Hymne, sondern die deutsche Wirtschaft gleich mit. “aktuell für die Frau” bietet eben “einfach mehr!”
Mit Dank an topfvollgold-Leser Oliver K.
Nachtrag/Korrektur, 22.30 Uhr: Der Stange-Verlag sitzt nicht in Baden-Württemberg, wie wir zuerst geschrieben hatten, sondern in Friedrichskoog. In Baden-Württemberg sitzt die Redaktion der “aktuell für die Frau”. Danke an die Hinweisgeber!
Wenn Digitalthemen Schlagzeilen machen, ist es ein Alptraum für Bildredakteure. Denn das Internet ist nicht fotogen. An Hackern in Skimasken, Snowden-Fotos und abfotografierten Bildschirmen hat sich das Publikum schon lange sattgesehen.
Nicht ganz so schlimm war es, als der Europäische Gerichtshof am Dienstagmorgen eine überraschende Entscheidung verkündete: Der Suchmaschinenkonzern Google wurde verpflichtet, bestimmte Artikel über den spanischen Kläger nicht mehr zu verlinken. Es war kein Problem, denn die dpa hatte das perfekte Bild im Angebot: Eine Google-Angestellte, die einsam zwischen den riesigen Serverschränken an einem Laptop sitzt und Wartungsarbeiten vornimmt. Das Foto ist so perfekt, dass es bei vielen Online-Portalen verwendet wurde.
Das Problem an dem Bild: Es ist eine Fälschung. Oder eine künstlerische Neuinterpretation des Google-Rechenzentrums in Oregon.
Es stammt aus der Hochglanzproduktion “Where the Internet lives“, mit dem sich Google 2012 von seiner besten Seite präsentieren wollte. Die Fotografin Connie Zhou hatte, wie Google nach herber Kritik schließlich einräumte, aus ästhetischer Gründen Korrekturen an den Originalbildern vorgenommen. Mal wurden die Kontraste bereinigt, mal ein störender Lichtfleck ausgeblendet, mal die Perspektive des Bildes digital verändert. Bei dem heute so prominenten Bild baute sie jedoch gleich das Gebäude um: Der breite Gang neben der Google-Mitarbeiterin — hier die Originalaufnahme — wurde kurzerhand in der Nachbearbeitung mit einem Serverschrank überdeckt, sodass sie komplett von Computern eingeschlossen scheint. Sehr symbolisch, aber eben auch falsch.
Die prominente Bildverfälschung, die zum Beispiel vor zwei Jahren von Zeit Online aufgegriffen worden war, war der Bildredaktion der dpa entgangen. Auf unsere Nachfrage hat ein Sprecher der Nachrichtenagentur nun Konsequenzen versprochen: “Wir ziehen das Bild jetzt aus dem Dienst zurück, denn Bildmanipulationen jeglicher Art sind mit den dpa-Standards nicht vereinbar.”
Nachtrag, 13:02 Uhr: Süddeutsche.de hat das Bild inzwischen transparent ersetzt.
Sie wollen wissen, wie supertoll und megaluxuriös das “fliegende Hotelzimmer” wird, das die Fluggesellschaft Etihad Airways plant? Nun, dann können Sie sich entweder das 90-sekündige Werbevideo des Unternehmens anschauen, oder Sie investieren ein bisschen mehr Zeit und lesen diesen Artikel beim Onlineauftritt der “Welt”:
Das Werbevideo können Sie sich danach immer noch anschauen — die “Welt” hat es am Ende des Textes freundlicherweise gleich eingebettet, für alle Fälle.
Aber das ist eigentlich nicht nötig, denn nach der Lektüre des 5.000 Zeichen langen Textes werden Sie ohnehin schon längst überzeugt sein von der unschlagbaren Grandiosität der Etihad-Luxus-Suite. Die “Welt” gibt sich jedenfalls größte Mühe, kein einziges der vielen fantastischen Details zu vernachlässigen.
Schon die ersten beiden Sätze machen die Marschrichtung klar.
Wer dachte, mit der First Class sei der ultimative Luxus im Linienflugzeug bereits erreicht, muss sich von der arabischen Etihad Airways eines Besseren belehren lassen. Denn der neue Wohnraum “The Residence” fängt dort an, wo die First aufhört.
(Im Original liegt hinter “‘The Residence'” ein Link zur Unternehmensseite.)
Der “Gipfel des Genusses”, meint die “Welt”, werde
eine immerhin fast zwölf Quadratmeter große Wohnfläche sein, die ein Maß an Luxus und Privatsphäre bieten wird, wie es sonst nur in Privatjets vorgefunden wird.
“Das Wohnzimmer” sei
unter anderem mit einem 1,50 Meter breiten Zweisitzersofa (ausklappbar zu einem Liegesofa), ausklappbaren Ottomanen, Intarsien-Esstisch, gekühlter Minibar und 32-Zoll-TV-Bildschirm ausgestattet.
“Im Schlafbereich” stehe
ein 205 mal 120 Zentimeter großes Doppelbett mit Leselampen und Stimmungslicht, ein Nachtschrank, Kleiderschrank, hinterleuchtete holzgeschnitzte Wände und ein 27-Zoll-Fernseher.
Und das “private Duschbad” ermögliche
eine vier Minuten währende Dusche sowie Toilette, Waschtisch mit Kosmetikspiegel und Föhn.
Wir erfahren, dass jedem Gast “ein persönlicher Butler zur Verfügung” steht und dass diese “qualifizierten Servicekräfte” an der “Londoner Savoy Butler Academy speziell geschult” werden.
Wir erfahren, dass ein “‘Fünfsterne-Verpflegung'” dazugehört und der Chefkoch “auf Wunsch eine persönliche Menüplanung berücksichtigt”. Dass der Fluggast “mit luxuriöser Bettwäsche, Schlafanzug” und anderem Schnickschnack “umsorgt” wird. Dass sich “ein spezielles VIP-Reise-Concierge-Team um die Top-Gäste” kümmert und “dafür sorgt, dass jedes Reisedetail, einschließlich Bodentransport, Küche und Annehmlichkeiten, optimal auf die Anforderungen des Gastes zugeschnitten sind.”
Dann folgen Angaben zum Preis, zu den geplanten Strecken, den kooperierenden Flughäfen, den angepeilten Terminen und den Platzkapazitäten des Flugzeugs.
Anschließend darf der Etihad-Chef noch persönlich erklären, dass diese “neuartigen Wohnräume” die “Erwartungen von Flugreisenden in Bezug auf Bordkomfort und Luxus nachhaltig verändern [werden]”. Und die Konkurrenz darf er auch noch niedermachen erwähnen:
Mit Blick auf Mitbewerber um begehrte First-Class-Passagiere wie die Golf-Rivalen Emirates und Quatar Airways, aber auch Singapore Airline und British Airways habe man sich entschlossen, die größten “First Class Suites” anzubieten.
Aber auch das ist noch lange nicht alles.
Und so plant der Carrier neben dem Top-Produkt “The Residence by Etihad” auch noch eine Vielzahl weiterer Service-Veränderungen.
Die kürzen wir aber jetzt mal ab.
… “First Apartments” (neun Stück in einer 1-1-Anordnung also mit nur einem Gang) … 1,60 Meter hohen Schiebetür … Liegesessel … Ottomane … Full-Flat-Bett mit einer Länge von 2,03 Metern … gekühlte Minibar … persönlicher Waschtisch … schwenkbarer TV-Monitor zur Nutzung vom Sitz oder vom Bett aus … 74 Prozent größere Grundfläche als die aktuellen, preisgekrönten First Class Suites … verbesserte “First Suite” … acht Suiten (in 1-2-1-Anordnung) … großen Sitz … Ottomane … Full-Flat-Bett von 2,05 Metern Länge … lassen sich die Armlehnen zurückschieben … können zwei Suiten in eine Einheit mit Doppelbett umgewandelt werden … gekühlte Minibar … 24-Zoll-TV-Monitor … 20 Prozent mehr persönlichen Platz bieten … direkten Zutritt zum Gang … Full-Flat-Bett mit einer Länge von 2,05 Metern …
… und so weiter.
Der Artikel ist (inklusive Etihad-PR-Video und zehnteiliger Klickstrecke) vergangenen Montag erschienen, im redaktionellen Bereich des Online-Ablegers der “Welt”.
In der Print-Ausgabe, zumindest in der “Welt kompakt”, suchte man ihn vergeblich. Dort wurde stattdessen auf die klassische Weise für “The Residence” geworben — per Anzeige über drei ganze Seiten.
Bei den Fluggesellschaften gebe es einen “Kampf um die zahlungskräftige Klientel”, schreibt die “Welt” noch. Gut für die, die ihre Verbündeten schon gefunden haben.