Bascha Mika, Fleischbällchen, Reddit

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Um 6 Minuten vor 9 Uhr erscheinen hier montags bis freitags handverlesene Links zu lesenswerten Geschichten aus alten und neuen Medien. Tipps gerne bis 8 Uhr an [email protected].

1. “Bascha Mika wird 60: Frau Chefredakteur”
(blogs.taz.de, Dirk Knipphals)
Dirk Knipphals gratuliert Bascha Mika zum 60. Geburtstag: “Das Klischee besagt, dass erst sie in dem genial-chaotischen Haufen der tazler professionelle Strukturen und Hierarchien eingeführt hat. Sie selbst weiß es besser. In einem Fernsehinterview mit dem Journalisten Hajo Schumacher sagte sie, dass die Redaktion selbst auf der Suche danach war, sich funktionierende Hierarchien zu geben.”

2. “Wie Markus Lanz ein paar Mal bei der ‘schönsten Linken aller Zeiten’ einhaken musste”
(stefan-niggemeier.de)
Sahra Wagenknecht bei Markus Lanz. “Es war, als würde man versuchen, eine inhaltliche Diskussion mit einem Sechsjährigen zu führen, der als Argumente zweihundert Fleischbällchen in Tomatensoße hat und bereit ist, jedes einzelne abzufeuern.”

3. “Sind Blogs das Dschungelcamp des Journalismus?”
(scienceblogs.de/astrodicticum-simplex, Florian Freistetter)
“Verstehen, dass viel Journalisten Angst davor haben, öffentlich Fehler zu machen”, kann Florian Freistetter. “Aber ich sehe eigentlich keinen Grund, wieso man deswegen nicht bloggen sollte. Man muss sich nur klar machen, dass ein Blog ein völlig anderes Medium ist als eine gedruckte Zeitung.”

4. “Die selbsternannte Titelseite des Internets”
(sueddeutsche.de, Hakan Tanriverdi)
Hakan Tanriverdi stellt Reddit vor, jene Website, die “pro Monat mehr als dreimal so viele Besucher hat wie die New York Times online, ziemlich genau 100 Millionen Menschen”.

5. “‘Merkel setzt sich niemals auf ein Moped'”
(stern.de, Johannes Dudziak)
“Weshalb sind unsere Spitzenpolitiker so leistungsfixiert, so kontrolliert, so konturlos?”, fragt Johannes Dudziak. “Heute dominieren dort weiße, männliche Juristen, die in ihrem Leben nie etwas anderes gemacht haben als Politik. Gut funktionierende Maschinen, die einen ähnlichen Auswahlprozess überstanden haben wie die Kollegen aus dem Showgeschäft.”

6. “Messer, Gabel, Schere, Licht – sind für kleine Kinder”
(dasnuf.de)
Dasnuf lässt ihre Kinder “im Großen und Ganzen alles im Haushalt machen, was sie machen wollen.”

Abenteuer Wege, Kundendaten, Oradour

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1. “Die dumpfe Seite des BILD-Journalismus – Primitive Berichterstattung über ein NS-Verfahren ohne rechtsstaatliches Augenmaß”
(strafblog.de, Rainer Pohlen)
Rainer Pohlen vertritt einen 88-Jährigen, dem “die Beteiligung am Massaker von Oradour vorgeworfen wird”. “‘Trotz der Anklage geht der Scherge seinem geregelten Alltag nach’, heißt es in dem BILD-Beitrag, und weil das offensichtlich von besonderem Interesse für die Öffentlichkeit ist, wird dann genüsslich aufgezählt, welche Lebensmittel der alte Mann im Supermarkt für 23,03 Euro eingekauft hat. Haben die noch alle Tassen im Schrank, frage ich mich da. Was hat das mit dem Tatvorwurf zu tun? Wir schauen doch auch nicht in den Kühlschrank irgendwelcher Bildzeitungsfuzzies.” Siehe dazu auch den Beitrag “Riesiges Medieninteresse an Oradour-Verfahren – Abmahnung an BILD geschickt”.

2. “Datenleck legt Kundendaten von ‘Kurier’ und ‘Krone’ offen”
(derstandard.at, Markus Sulzbacher)
Software-Entwickler Roman Ranzmaier stösst auf ungeschütze Kundendaten, siehe dazu den Beitrag “Hundertausende Kundendaten von Krone und Kurier ungeschützt im Netz verfügbar” (ranzmaier.at).

3. “Urlaubswelt ohne Sponsor”
(dradiowissen.de, Nail Al Saidi, Audio, 7 Minuten)
Das Reisemagazin “Abenteuer Wege” profiliert sich mit unabhängigen Reisejournalismus.

4. “Der Dschungelcamp-Effekt. Oder warum Journalisten Angst vorm Bloggen haben”
(lousypennies.de, Karsten Lohmeyer)
Bloggen als Journalist berge auch die Möglichkeit der Selbstentblößung, schreibt Karsten Lohmeyer: “Ich enthülle plötzlich, dass meine angeblich so gute Schreibe der letzten Jahre der Arbeit eines guten Textchefs zu verdanken ist. Und dass ich es schaffe, orthografisch und grammatikalisch fehlerfreie Texte zu schreiben, nur der Arbeit von Schlussredakteuren, den leider viel zu wenig gewürdigten Textrettern unserer Branche, zu verdanken ist.”

5. “‘Ein fester Job wäre ein Ausschlusskriterium'”
(sueddeutsche.de, Matthias Kohlmaier)
Micky Beisenherz, einer der Autoren der heute startenden RTL-Sendung “Ich bin ein Star – Holt mich hier raus!”, im Interview: “Ich halte die Teilnehmer auch nicht für Opfer, wie das immer wieder zu lesen ist. Die wissen alle, was sie tun und werden ziemlich ordentlich dafür bezahlt.”

6. “Super-Symbolfoto (100)”
(stefan-niggemeier.de)

Journalistische Handtaschenspielertricks

Am Montag hat die grüne Bundestagsabgeordnete Tabea Rößner ihre Handtasche am Frankfurter Flughafen vergessen. Sie bemerkte das erst, als sie im Flugzeug saß und die Türen schon verschlossen waren. Sie hatte aber Glück: Der Start des Flugzeuges verzögerte sich wegen Nebel. Der Kapitän entschied, dass noch genügend Zeit sei, um die Tasche an Bord bringen zu lassen. So geschah es.

Klingt spontan nicht nach einer Geschichte, die die Republik in Wallung bringt? Weit gefehlt.

Der Hauptstadt-Korrespondent des “Berliner Kurier” erzählt die Geschichte nämlich anders: als einen Aufreger über die unglaublichen Privilegien, die deutschen Politikern zuteil werden — auf Kosten der normalen Bevölkerung:

Lufthansa-Flieger stoppt für Politikerin

(…) Grünen-Politikerin stoppt Lufthansa-Flugzeug! Klingt unglaublich, ist aber wahr.

In größter Ausführlichkeit schildert er, wie die Menschen in der Maschine saßen, wie alles bereit zu sein schien zum Start, wie die Gangway zurückgefahren und das Schleppfahrzeug eingehakt gewesen sei. Doch plötzlich:

Doch plötzlich wirbelt in der Businessklasse Tabea Rößner (47) mit den Händen durch die Luft und ruft um Hilfe. (…) Ihre Handtasche ist weg.

In noch größerer Ausführlichkeit schildert der “Berliner Kurier” nun, wie die Politikerin mit dem Bordpersonal verhandelt habe, wie ein Flughafen-Mitarbeiter ins Terminal geeilt sei, wie der “Taschen-Retter mit einem Steigerfahrzeug an die Tür” gebracht worden sei, “an der normalerweise das Bord-Essen angeliefert wird”.

Er lässt keinen Zweifel, dass die zwanzig Minuten Verspätung dadurch entstehen, dass Rößners Tasche besorgt werden musste:

Taschen-Gate am Gate!

Dabei weiß es der “Kurier” besser. Gegen Ende des Artikels zitiert er unauffällig in einem Nebensatz, dass laut Rößner “die Verspätung auch schon wegen einer fehlenden Starterlaubnis erfolgt sei”. Und fügt hinzu, dass die Lufthansa das bestätigt: Die Verspätung sei “aufgrund des zugewiesenen Zeitfensters” erfolgt.

Diese Tatsachen haben die “Kurier”-Leute aber ausgeblendet, um die Geschichte von einer Politikerin, wegen deren Schusseligkeit ein Flug gestoppt wird, erzählen zu können.

Bis hierher ist es eine Geschichte über den “Berliner Kurier” und seiner Schwesterblätter “Express” und “Morgenpost”, die sie übernehmen.

Aber dabei bleibt es natürlich nicht.

Bild.de steigt ein:

Ohne Rückfrage bei Rößner übernimmt Bild.de die Darstellung des “Berliner Kurier”, ergänzt sie um ein paar weitere falsche Details und spricht von einer “peinlichen Anekdote”.

Nun kopiert die “Rhein-Zeitung” die Geschichte* und bringt sie online unter der Überschrift:

Flieger wartete: Mainzer Abgeordnete bekommt vergessene Handtasche gebracht

Erst später — laut Rößner nach einem Anruf von ihr — wird sie geändert zu:

Flieger wartete ohnehin: Mainzer Abgeordnete bekommt vergessene Handtasche in Flieger gebracht

Die “Mainzer Allgemeine” und der Landesdienst der Nachrichtenagentur dpa machen etwas Ungeheures: Sie rufen in Rößners Büro an und fragen nach. Die “Mainzer Allgemeine” veröffentlicht daraufhin einen ausführlichen Artikel; dpa beschließt vorläufig, dass die Geschichte kein Thema ist.

Andere Medien verzichten auf Recherche und steigen unter Verweis auf den “Berliner Kurier” in den Ring. Darunter sind die Online-Auftritte von “Focus”

“Bunte”

… und “Rheinischer Post”:

Schließlich schaltet Rößner einen Anwalt ein, der unter anderem erreicht, dass Bild.de den Artikel löscht.

Von den anderen Medien will Rößner nun eine Unterlassungserklärung fordern.

*) Nachtrag/Korrektur, 17:00 Uhr. Die “Rhein-Zeitung” widerspricht unserer Formulierung, sie habe die Geschichte “kopiert”. Der Autor sagt, er habe vor der Veröffentlichung bei der Lufthansa nachgefragt und von Anfang an im Artikel erwähnt, dass die Maschine wegen des Nebels wartete.

Nachtrag, 17. Januar. “Focus Online” hat die Meldung nun einfach gelöscht; “RP-Online” hat sie überarbeitet.

Nachtrag, 15:30 Uhr. Nun hat auch der “Berliner Kurier” seine Geschichte gelöscht.

Nachtrag, 21. Januar. Inzwischen hat auch Bunte.de die Falschmeldung ohne Erklärung entfernt.

Unwort, Daily Mirror, Prokon

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1. “Nachdenken hilft auch”
(deutschlandfunk.de, Peter Zudeick)
Die Wahl des Unworts des Jahres renne “meistens offene Türen ein, zumindest beim denkenden Teil der Bevölkerung”: “Vielleicht gibt es ja Menschen, die derlei Sprachmüll benutzen, weil er halt gang und gäbe ist. Journalisten zum Beispiel, die nachplappern, was so geplappert wird, weil sie nicht verstanden haben, was ihr Beruf ist: Nämlich höchst reflektiert mit ihrem Material, mit ihrem Hand- respektive Mundwerkzeug umzugehen.”

2. “‘Der FC Bayern wird mich niemals haben!'”
(11freunde.de, Andreas Bock)
Fußball: Andreas Bock fragt telefonisch beim “Daily Mirror” nach, ob ein dort veröffentlichtes Zitat von Marco Reus tatsächlich der Wahrheit entspricht. Daraufhin wird die Verbindung unterbrochen.

3. “Prokon bläst zum Gegenangriff auf die Medien”
(ndr.de, Video, 6:08 Minuten)
Das von Insolvenz bedrohte Unternehmen Prokon und seine Anleger (einige davon organisiert unter Freunde-von-prokon.de) kritisieren die Journalisten für ihre Berichterstattung. Doch diese sehen keinen Grund, nicht zu berichten: “Unvollständige Zahlen, keine Antworten auf kritische Fragen. Stattdessen: Angriffe.”

4. “SPIEGEL macht blöd. Warum auch positive Computerspiel-Artikel nicht besser sind als ihr Ruf”
(videogametourism.at, Christian Huberts)
Christian Huberts schreibt zur aktuellen “Spiegel”-Titelgeschichte: “Nicht die Computerspielkultur selbst steht im Fokus, sondern ihre Schnittpunkte mit der bildungsbürgerlichen Komfortzone. Game-Berichterstattung im Print-Journalismus, das ist ewige Annäherung an das Zumutbare, ohne je mit diesem obszönen Gegenstand in Berührung zu kommen, der angeblich unsere Zeit vernichtet und nicht mit offensichtlichem Nutzwert entschädigt.”

5. “Bitte vergib mir, Sascha!”
(ueberschaubarerelevanz.wordpress.com)
Muriel liest “Wir brauchen einen neuen Glauben an die Politik!” (faz.net, Evgeny Morozov), die Replik auf den Text von Sascha Lobo.

6. “Mit Stricken zum Nobelpreis”
(wahrheitueberwahrheit.blogspot.de, Thomas)

Mensch ärgere dich

Boris Palmer, der Oberbürgermeister von Tübingen, hat neulich auf seiner Facebook-Seite zum Neujahrsempfang der Stadt eingeladen. Normalerweise muss man sich bei der Stadt dafür anmelden. Aber Palmer akzeptierte als Anmeldung auch ein schlichtes “ich komme” auf seiner Facebookseite.

Das klingt spontan nicht nach dem Material, aus dem großen Aufreger sind, nicht einmal in der schwäbischen Provinz. Mit ein bisschen Mühe kann man aber einen draus machen, oder besser: ohne jede Mühe.

So sah das Ergebnis in der “Bild” vom vergangenen Montag aus:

PALMER: Ärger wegen seiner Facebook-Einladung

Tübingens grüner Oberbürgermeister Boris Palmer (41) hat mal wieder Ärger wegen seiner Internetaktivitäten. Im November stellte er Falschparker an den Facebook-Pranger, jetzt lädt er auf seiner privaten Seite zu städtischen Veranstaltungen ein. (…)

Verboten, sagt ein Medienrechtler. Auf seiner privaten Facebook-Seite dürfe er das nicht. Deshalb hat jetzt sogar die Kommunalaufsicht eine Stellungnahme von der Stadtverwaltung verlangt.

Den Namen des Medienrechtlers nennt “Bild” nicht. Genauso wenig wie die Quelle, aus der sie nicht nur dessen Urteil, sondern auch alle weiteren Informationen in ihrem Text abgeschrieben hat, bis hin zur Schlusspointe, dass Palmer die Karten angeblich nur über eine offizielle, städtische Facebook-Seite anbieten dürfe, dafür aber das Geld fehle. Das alles stand zwei Tage vorher im “Schwäbischen Tagblatt”.

Was dort nicht stand und mangels eigener Recherche auch zwei Tage später in der “Bild”-Zeitung fehlte: Das Regierungspräsidium hat zwar nach dem Anruf der “Tagblatt”-Journalistin den Fall prüfen lassen. Es ist aber längst zu einem Ergebnis gekommen. Bereits am Freitag vergangener Woche entschied es, dass kein Rechtsvorstoß vorliegt. Der Pressesprecher der Behörde teilte uns auf Anfrage mit: Die Stadt Tübingen habe versichert, dass die Leute, die sich über die Facebook-Seite Palmers anmelden, nicht bevorzugt werden, sondern ihre Anmeldungen nur im offiziellen Verfahren der Stadt mit berücksichtigt werden.

Palmers “Ärger” bestand also im Wesentlichen aus, dass die “Bild”-Zeitung ihm recherchefrei unterstellte, “Ärger” zu haben.

Mit Dank an Sandra M.!

Call-a-Journalist, Kinderreporter, Tiere

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1. “‘Sozialbetrüger’ oder ‘Neue Nachbarn’?”
(blog.geh-deinen-weg.org, Clara Herdeanu)
Die Linguistin Clara Herdeanu fällt bei der Lektüre von Bild.de “die vielen negativ konnotierten – d.h. wertenden – Wörter auf, die für den Sachverhalt der Arbeitnehmerfreizügigkeit und die Akteursgruppe der Rumänen und Bulgaren verwendet werden”: “Es wird somit durch sprachliche Mittel versucht, negative Deutungen über die neuen Zuwanderer im Diskurs dominant zu setzen. Von hier ist es dann nur noch ein kleiner Schritt dazu, diese negativen Deutungen auf die aus Rumänien und Bulgarien stammenden Menschen zu übertragen und sie somit an sich als negativ zu beurteilen.”

2. “Logo-Kinderreporter fragen die Chefs von Bild, Zeit und FAZ”
(youtube.com, Video, 6:19 Minuten)
Kai Diekmann (Bild), Giovanni di Lorenzo (Zeit) und Frank Schirrmacher (FAZ) geben Kinderreportern Auskunft.

3. “In eigener Sache: Call-a-Journalist: Ihr ruft, wir berichten!”
(hh-mittendrin.de, Dominik Brueck)
Die App “Call-a-Journalist” ruft den Reporter an den Ort des Geschehens. Siehe dazu auch dieses Interview mit Dominik Brueck (lokalblogger.de, Video, 24 Minuten).

4. “Wie schlimm ist Wissenschafts-PR im Journalismus-Pelz?”
(wissenskueche.de, Brynja Adam-Radmanic)
Brynja Adam-Radmanic stellt Wissenschafts-PR und Journalismus einander gegenüber und zieht folgendes Fazit: “Im Kerngebiet des Erklärens von wissenschaftlichen Inhalten und Methoden liefern Pressemitteilungen oft hochwertige Information. In allen Gebieten, die darüber hinaus gehen, kann und darf Wissenschafts-PR den Journalismus aber niemals ersetzen.”

5. “EXPOSING ONLINE FAKES AND FRAUDS OF THE CRYPTOZOOLOGICAL KIND – A SHUKERNATURE TOP TEN LISTING”
(karlshuker.blogspot.de, englisch)
Zoologe Karl Shuker überprüft die Herkunft und den Wahrheitsgehalt von Bildern, die ungewöhnliche Tiere zeigen, so eine Eule in Regenbogenfarben oder eine siebenköpfige Kobra.

6. “Neue Narrative”
(friedemannkarig.de)
Friedemann Karig erinnert an die Haltung der Bevölkerung in der Überwachungsdebatte: “40% der Deutschen finden staatliche Überwachung explizit gut. Nur 47% fühlen sich dadurch eingeschränkt. 48% haben ‘nichts zu verbergen’. 76% sehen keine ‘persönlichen Nachteile’ darin. Unter den 13 wichtigsten politischen Problemen taucht Überwachung nicht auf.” Und fragt: “Was ist die große, wirkmächtige Killer-Geschichte, die wir gegen Überwachung erzählen müssen?”

Für immer hässlich

Mit einer “unglaublichen” Geschichte wartet heute das Österreichische Boulevardblatt “Heute” auf:

Kids zu hässlich: Mann klagt Ehefrau. Über diese Geschichte staunt die Internet-Community: Der Chinese Jian Feng zeigte seine Gattin wegen Ehebruchs an. Der Grund: Seine Kinder seien hässlich, er und seine Ehefrau aber schön. Doch ein DNA-Test bestätigte Feng als Papa! Die Frau gestand: Sie hatte sich für über 100.000 Euro operieren lassen - die Kinder schauen aus wie sie vor der OP. Nun klagt Feng wegen Betrugs. Die Gattin hätte ihm das alles sagen müssen. Unglaublich - aber wahr?

Journalisten hätten ihre Leser vielleicht nicht unbedingt mit dieser Frage allein gelassen, sondern hätten vielleicht wenigstens den Namen “Jian Feng” bei Google eingegeben — und dann vielleicht so etwas gefunden:

Sie hätten festgestellt, dass die Geschichte schon seit fast zehn Jahren durch “die Internet-Community” geht und zuletzt im vergangenen November wiedergekäut wurde; dass – wenn irgendetwas Wahres an der Geschichte dran wäre – Jian Feng nicht “nun” klagen würde, sondern angeblich bereits 100.000 Euro zugesprochen bekommen hat; dass das Foto, das sie verwenden, offenbar das Werbemotiv eines Schönheitschirurgen ist. Und sie wären unter Umständen auf unseren Eintrag vom November 2012 gestoßen, in dem wir schon mal erklärt haben, warum die Geschichte von Jian Feng nicht stimmen kann.

Über diese Geschichte staunt die Internet-Community.

Mit Dank an Tobias S.

Feuilleton, Sascha Lobo, Silvestershows

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1. “Best of Feuilleton 2013”
(umblaetterer.de)
Zum neunten Mal kürt “Der Umblätterer” die “10 angeblich™ besten Artikel aus den Feuilletons des Jahres” (Vorwort dazu). Gekürt wurden Texte von Özlem Gezer, Andreas Puff-Trojan, Sascha Lobo, Wilfried Stroh, Simone Meier, Claudius Seidl, Liane Bednarz, Margarethe Mark, Peter Unfried und Joachim Lottmann.

2. “Fang den Pudding”
(ueberschaubarerelevanz.wordpress.com)
Muriel beschäftigt sich mit dem Artikel “Die digitale Kränkung des Menschen” (faz.net, Sascha Lobo): “Ich kaufe es ihm nicht ab, aber vielleicht ist es für Lobo ja wirklich so, dass er dachte, das Internet wäre getrennt von der restlichen Welt, und deshalb gäbe es da weder Regierungen noch Konzerne, und alle würden einträchtig an seiner Utopie basteln, doch zumindest für alle anderen dürfte klar gewesen sein, dass die Welt sich nicht von selbst verändert, weil es ein neues Kommunikationsmittel gibt.”

3. “Freiheit, die wir meinen”
(tagesspiegel.de, Claudia von Salzen)
“Dramatische Folgen” hätte die Vorratsdatenspeicherung für den Journalismus, schreibt Claudia von Salzen: “Welcher Informant würde sich noch einem Journalisten anvertrauen, wenn jeder Telefonanruf, jede E-Mail zu ihm zurückverfolgt werden kann? Das vertrauliche Gespräch wäre nur noch unter vier Augen möglich. Eigentlich müssten sich über diese Pläne viel mehr Journalisten empören.”

4. “Plasberg: ‘Diskussionen mit offenem Visier'”
(meedia.de, Marvin Schade)
Die ARD-Talkshow “hart aber fair” will zukünftig keine Kommentare von Pseudonymen zitieren. Frank Plasberg: “Mir ist klar, dass wir auch in Zukunft nicht kontrollieren können, ob der Beitrag-Schreiber Albert Schweitzer auch tatsächlich so heißt. Wenn ich aber Namen wie A.Donis oder Zuckerschnute28 lese, dann ist klar, da will jemand ganz offen sagen: Meine starke Meinung hört Ihr euch gefälligst an, meine Name geht euch aber nichts an.”

5. “Die Silvestershow als solche”
(fernsehkritik.tv, Video, etwa 10 Minuten)
Ein Blick auf damalige und heutige Silvestershows im Fernsehen sowie auf die nachgestellten Lokalversionen des Sketchs “Dinner for one” einiger Dritter Programme.

6. “Was interessiert mich mein …”
(stigma-videospiele.de, Rey Alp)
Digitale Spiele können Menschen glücklicher machen, titelt der “Spiegel” in seiner aktuellen Ausgabe, was Rey Alp an ältere Ausgaben erinnert: “(…) diese Mischung aus Narzissmus und Blasiertheit, mit der dieser Teaser auf die ‘Vorurteile’ eingeht, ist einfach unerträglich”.

Ich-Kolumnen, WamS vs. FAS, Frauke Ludowig

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1. “In eigener Sache: rap.de-Chef in der Bild-Zeitung”
(rap.de, Oliver Marquart)
Oliver Marquart erklärt, warum er zugestimmt hat, dass Aussagen von ihm für einen “Bild”-Artikel verwendet werden dürfen. “Weil ich wenigstens den Versuch antreten wollte, eine Stimme der Vernunft in den Artikel miteinfließen zu lassen. Ich wollte unsere Kultur, Rap, HipHop, lieber offensiv gegen Angriffe von außen verteidigen anstatt den Kopf in den Sand zu stecken und mir zu sagen, das wird eh nichts.”

2. “‘Müde? – Ja, vielleicht verdammt!'”
(jungejournalisten.ch, Luzia Tschirky und Elia Blülle)
Mittels einer Umfrage bei den eigenen Mitgliedern (Ergebnisse) überprüft der Verband Junge Journalisten Schweiz Aussagen der abtretenden Direktorin der Journalistenschule MAZ, Sylvia Egli von Matt, in einem NZZ-Interview.

3. “Setze auf mehrere Produktlinien”
(blog.tagesanzeiger.ch, Constantin Seibt)
Constantin Seibt beschäftigt sich mit “Magazinjournalisten, die sich mit Ich-Kolumnen über Jahrzehnte” durchwursteln.

4. “fiene & die sonntagsfrage (wams vs. fas reloaded)”
(mywebwork.de, Daniel Fiene)
Daniel Fiene stellt die gestrigen Ausgaben von “Welt am Sonntag” und “Frankfurter Allgemeiner Sonntagszeitung” einander gegenüber.

5. “Von Wunstorf auf den Boulevard: Frauke Ludowig wird 50”
(abendblatt.de, Laura Gitschier)
Frauke Ludowig wird 50: “‘Da ist schon eine gewisse Macht, und die braucht man natürlich auch, um Dinge zu bewegen, die man am Ende ja auch verantworten muss’, sagt Ludowig im Gespräch mit der Nachrichtenagentur dpa. Wichtig sei es, dass man diese Macht nie überschätze und in keinem Fall missbrauche.”

6. “Zugespitzt”
(medienspiegel.ch, Martin Hitz)

Royal Air Farce

SCHOCK FÜR DIE ROYALS - Hubschrauber-Turbulenzen! Charles und Camilla in Gefahr

So berichteten gestern diverse Medien unter Berufung auf die dpa und eine britische Nachrichtenagentur.

Zusammengefasst ist Folgendes passiert: Charles und Camilla waren im vergangenen Mai auf dem Weg zu einem Kulturfestival, als es plötzlich technische Probleme gab und der Hubschrauber vorzeitig landen musste. Das war’s. Der Pilot musste nicht “Mayday” funken, es ist keinem was passiert. (Charles und Camilla waren übrigens tatsächlich mit an Bord, was bei solchen Meldungen ja keine Selbstverständlichkeit ist.)

Mit Sicherheit falsch ist aber, dass die Sache erst jetzt, acht Monate später, an die Öffentlichkeit gekommen sei, wie Express.de und Bild.de behaupten. Zwar ist erst gestern das Gutachten der britischen Verkehrsbehörde “AAIB” erschienen (PDF, S. 32), die das Geschehen untersucht hat, doch bekannt ist die Notlandung schon seit Mai.

Bereits kurz nach dem Zwischenfall hatten sowohl britische als auch deutsche Medien darüber berichtet — wenn auch zum Teil mit etwas, sagen wir, großzügiger Auslegung der Tatsachen:

DIE QUEEN UNTER SCHOCK - Charles & Camilla - Nur knapp entkamen sie der TODES-HÖLLE!

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