Suchergebnisse für ‘gegendarstellung’

Presserat rügt mal wieder, Wirrer Kunst-Coup, Schlagzeilen-Betrug

1. Presserat rügt “Bild”-Bericht über Drosten-Studie
(sueddeutsche.de)
Der Deutsche Presserat hat insgesamt zwölf neue “öffentliche Rügen” ausgesprochen, dabei handelt es sich um die härteste Sanktion der Beschwerdeausschüsse des Presserats. Ganz vorn bei den Gerügten mit dabei mal wieder die “Bild”-Zeitung, die in ihrer Berichterstattung über den Virologen Christian Drosten gleich mehrfach gegen die journalistische Sorgfaltspflicht verstoßen habe.
Weiterer Lesehinweis: Siehe dazu auch Julia Köppes Überblick aus dem Mai: “‘Bild’-Streit mit Virologen: Wie berechtigt ist die Kritik an der ‘Drosten-Studie’?” (spiegel.de).
Über eine Kampagne der “Bild”-Redaktion gegen Christian Drosten hatten wir ebenfalls im Mai berichtet: Wie die “Bild”-Redaktion mit schmutzigen Tricks versucht, Christian Drosten zu zerlegen.

2. Ich glaube, es ist noch etwas anderes …
(twitter.com, Sebastian Dullien)
Viel wurde darüber spekuliert, warum die “Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung” ein Interview mit Jan Böhmermann auf Geheiß von “FAZ”-Herausgeber Jürgen Kaube kurz vor Drucklegung aus dem Blatt geschmissen hat. “FAS” beziehungsweise “FAZ” hatten sich nicht zu den Gründen geäußert. War es der Unmut über das kurz davor erschienene Interview des Entertainers bei der “Süddeutschen Zeitung”? Sebastian Dullien hat eine andere Theorie und glaubt, die “FAS” sei in eine Falle Böhmermanns getappt. Die habe etwas mit dem deutschen Philosophen Georg Wilhelm Friedrich Hegel zu tun.

3. Schlagzeilen-Betrug mit falschem Merz-Versprechen
(georgstreiter.de)
“Es ist schon dreist, wie ‘Bild’ mit Schlagzeilen-Betrug versucht, neue Abonnenten für ‘bild.de’ zu keilen”, schimpft der Journalist und ehemalige stellvertretende Sprecher der Bundesregierung Georg Streiter in seinem Blog. Jüngstes Beispiel sei ein Teaser zur einem Interview mit Friedrich Merz auf der Startseite von Bild.de, der mit einer reißerischen Überschrift versehen sei, deren Aussage das Gespräch nicht hergebe. Streiter, früher selbst bei “Bild”, schreibt in seinem Fazit: “So betrügt ‘Bild’ seine Leser – und tut nebenbei Friedrich Merz einen Tort an”.

Bildblog unterstuetzen

4. Falsche Vorwürfe gegen Roth
(tagesschau.de, Patrick Gensing)
Zahlreiche Medien berichteten schier Skandalöses über die Vizepräsidentin des Bundestags: Mit einer in einem Bild festgehaltenen Daumen-runter-Geste hätte Claudia Roth ihrem Unmut über eine Rede von Innenminister Horst Seehofer Luft gemacht und dabei ihre Neutralitätspflicht verletzt. In Wirklichkeit hat es sich jedoch um ein Zeichen an CDU und CSU gehandelt, dass die vom Minister überzogene Redezeit von der Redezeit der Unionsfraktion abgezogen werde, so Patrick Gensing vom ARD-“Faktenfinder”.

5. Gegendarstellung: Spahn gegen jW
(jungewelt.de, Dennis Gabriel)
Bundesgesundheitsminister Jens Spahn und dessen Ehemann Daniel Funke würden von der “jungen Welt” Textlöschungen und die Abgabe von Unterlassungserklärungen verlangen. Dabei gehe es um die angeblich unzulässige Berichterstattung über den Erwerb einer Villa. Die “junge Welt” sieht sich im Recht und gibt sich entsprechend kämpferisch: “Das Vorgehen von Spahn und Funke ist der Versuch, unangenehme Berichterstattung und Kommentierung zu verhindern und Journalisten einzuschüchtern. Deshalb wird der Versuch, der Tageszeitung junge Welt einen Maulkorb zu verpassen, auch mit juristischen Mitteln zurückgewiesen.”
Weiterer Lesehinweis: Auch der “Business Insider” bekam Post von Spahn und Funke: Jens Spahn wollte Berichte über Hauskauf verbieten lassen und scheitert – Gericht untersagt nur die Nennung konkreter Summen (Business Insider, Romanus Otte).

6. Wirrer Kunst-Coup im “heute journal”: Was wollte die Gestalt in Blau?
(berliner-zeitung.de, Hanno Hauenstein)
Am Freitagabend gab es im “heute journal” des ZDF eine seltsame Szene: Hinter Moderator Claus Kleber tänzelte eine Person in Schutzkleidung durchs Bild, und Klebers Stimme wurde von einer zweiten Tonspur überlagert. Wie sich später herausstellte, handelte es sich um eine, natürlich abgesprochene, Aktion des Künstlers Christian Jankowski.

Burdas Gegenverdarstellung, EuGH-Urteil, Gegen Rechtsextremismus

1. “Mit diesem Urteil ist es nicht vorbei”
(zeit.de, Lenz Jacobsen)
Ein türkisches Gericht hat den “Welt”-Journalisten Deniz Yücel in Abwesenheit zu zwei Jahren und neun Monaten Haft verurteilt. Yücel hatte wegen seiner journalistischen Arbeit bereits 2017 in der Türkei in Haft gesessen und konnte nach einem Jahr endlich nach Deutschland ausreisen. “Zeit Online” hat mit ihm über das Gerichtsurteil, das türkische Rechtssystem und die vielen anderen politisch motivierten Gerichtsprozesse in der Türkei gesprochen.
Weiterer Lesehinweis: Anlässlich des gegen ihn ergangenen Hafturteils schreibt Yücel in der “Welt”: “Mich schmerzt es, dass dieses großartige Land unter diesem autoritären, islamistisch-nationalistischen, vor allem aber kriminellen Regime leidet. Ich bin frei; Hunderte Journalisten und andere aus politischen Gründen Inhaftierte sind es nicht. Und Millionen in diesem Freiluftgefängnis Tayyipistan sind es auch nicht.”

2. Streit um Gegendarstellung – Burda verliert erneut vor Gericht
(badische-zeitung.de, Hubert Röderer)
Der Burda-Verlag und die dort erscheinende “Freizeit Revue” haben die Gerichte zweimal in derselben Sache beschäftigt. Beide Male ging sie zu Ungunsten von Burda aus: In Zusammenhang mit der Berichterstattung über die Schlagersängerin Helene Fischer war die “Freizeit”-Postille zum Abdruck einer Gegendarstellung gezwungen worden. Doch damit war die Angelegenheit nicht vom Tisch, denn Burda hatte die Gegendarstellung mit einem Zusatz versehen. Nun müsse die “Freizeit Revue” ein weiteres Mal gegendarstellen oder beim Oberlandesgericht Rechtsmittel einlegen.

3. Diese irreführenden Cookiebanner habe ich auch echt satt.
(twitter.com, Caspar M. Mierau)
Websitebetreiber müssen sich bei ihren Nutzerinnen und Nutzern das Einverständnis für Cookies holen beziehungsweise sie über deren Einsatz informieren. Viele Seiten, darunter auch renommierte Medienseiten, verwenden dazu Dialogfenster, bei denen man fast Täuschungsabsicht unterstellen könnte. Caspar M. Mierau zeigt dazu auf Twitter ein Beispielbild: “Diese irreführenden Cookiebanner habe ich auch echt satt. Vorauswahl: essenzielle Banner. Großer grüner Knopf darunter aktiviert aber alle. Man muss statt dessen den grauen darunter benutzen. Gezielte Irreführung durch UX-Antipattern. Dieser hier ist von @DIEZEIT.”

Bildblog unterstuetzen

4. EuGH kippt Privacy Shield
(taz.de, Christian Rath)
Der Europäische Gerichtshof hat in seiner jüngsten Entscheidung das EU-US-Datenschutz-Abkommen Privacy Shield gekippt. Auf dieser Grundlage dürften Unternehmen wie Facebook nun keine Daten mehr in die USA transferieren, so der rechtspolitische “taz”-Experte Christian Rath. In seinem Artikel ordnet Rath das Urteil ein, das es ohne die Klage des österreichischen Datenschutz-Aktivisten Max Schrems nicht gegeben hätte.

5. Es kann keine ideologiefreien Filme geben – Im Gespräch mit Wolfgang M. Schmitt
(diefreiheitsliebe.de, Julius Jamal)
Wolfgang M. Schmitt ist ein Filmkritiker, dessen Besprechungen sowohl in althergebrachten Medien als auch auf seinem Youtube-Kanal “Filmanalyse” erscheinen. Im Interview erzählt Schmitt von seiner Funktion als Ideologiekritiker und spricht über Mainstreamproduktionen, Law and Order, Diversität und den Kampfplatz Youtube.

6. Wie Online-Plattformen gegen Rechtsextremismus vorgehen
(deutschlandfunk.de, Isabelle Klein)
Von “Deplatforming” ist die Rede, wenn Social-Media-Netzwerke bestimmten Personen oder Gruppen die Plattform entziehen, also deren Konten, Profile oder Kanäle sperren beziehungsweise löschen. In der letzten Zeit passierte dies vor allem bei rechtsextremen Accounts wie denen der “Identitären Bewegung”. Isabelle Klein ist für den Deutschlandfunk der Frage nachgegangen, welche Auswirkungen die Sperr-Strategie im Kampf gegen Rechtsextremismus hat.

Greta in vollen Zügen, Suizide der K-Pop-Stars, Nuhr Andersdenkende

1. Greta genießt’s in vollen Zügen
(taz.de, Gereon Asmuth)
Das Foto der auf dem Boden eines ICE sitzenden Greta Thunberg sorgt für Schnappatmung in den Sozialen Medien. Das liegt vor allem an einer unglücklichen Antwort der Deutschen Bahn, die Thunberg wohl zu Unrecht in ein schlechtes Licht rückt. Gereon Asmuth schreibt über ein PR-Desaster der besonderen Art. Oder wie Julia Reda auf Twitter sagt: “Die @DB_Presse erweckt den Eindruck, @GretaThunberg hätte ihr ICE-Foto gefaked und liefert damit Futter für Klimaleugner. Dass es um 2 verschiedene Züge ging, wird sich nie dort rumsprechen. So funktioniert Desinformation, herzlichen Glückwunsch.”
Weitere Lesetipps: Bei “Spiegel Online” fragt Arno Frank in seiner “Analyse einer Blamage”: “Liebe Bahn, wie kann man das so verbocken?” Und Martin Hoffmann erklärt in einem Twitter-Thread, warum “der Umgang mit dem Greta-Foto” ein Lehrstück darüber ist, “was in vielen Medien falsch läuft.”

2. SPD-Chefin Esken geht juristisch gegen Berichterstattung vor
(tagesspiegel.de, Georg Ismar)
Im ARD-Magazin “Kontraste” wurden schwerwiegende Vorwürfe gegen die neue SPD-Vorsitzende Saskia Esken erhoben, die sich auf ihre Zeit als Vizechefin des Landeselternbeirats Baden-Württemberg beziehen. Es geht vor allem um das angebliche Ausspionieren einer Mitarbeiterin und eine umstrittene Kündigung. Esken sei mit der Darstellung nicht einverstanden und habe laut “Redaktionsnetzwerk Deutschland” “presserechtliche Schritte auf Unterlassung, Widerruf und Gegendarstellung” gegen den RBB eingeleitet.

3. “Die Jüngeren sind unterversorgt”
(sueddeutsche.de, Stefan Mayr & Claudia Tieschky)
Die “Süddeutsche” hat sich mit SWR-Intendant Kai Gniffke über dessen Pläne mit dem Sender unterhalten. Dabei geht es um die Schwierigkeit, ein junges Publikum anzusprechen, ohne das alte zu verprellen, und das geplante Innovationszentrum: “Das wird eine Hexenküche sein, ein Inkubator für Ideen aus dem SWR, es soll mit Start-ups und Wissenschaft gemeinsame Projekte realisieren. Und es soll konkrete Aufträge angehen. Zum Beispiel: Bitte macht mal ein Konzept, wie wir dieses und jenes Milieu künftig erreichen, in dem wir Defizite haben.”

4. Kein Witz: Dieter Nuhr möchte die Debattenkultur retten
(nollendorfblog.de, Johannes Kram)
Der Kabarettist Dieter Nuhr hat sich in einem Interview mit der “Rheinischen Post” (beim Bonner “General-Anzeiger” auch ohne Paywall) über die seiner Meinung nach unzureichende Debattenkultur beklagt (“Andersdenkende werden nicht mehr respektiert”). Johannes Kram kommentiert: “Das Interview hat einen seltsamen Beigeschmack, weil Dieter Nuhr hier unwidersprochen den Eindruck erwecken darf, er hätte mit dem, was er da beschreibt, nichts zu tun. Dabei ist es ja gerade Nuhr, der mit seiner Aggressivität verbunden mit seiner enormen Social-Media-Reichweite genau die Debattenkultur vergiftet, die er hier vorgibt, retten zu wollen. Und das in einer bemerkenswerten Perfidie.”

5. Twitter sperrt Polizei-Accounts in NRW
(blog.wdr.de, Dennis Horn)
Am Wochenende hat Twitter eine ganze Reihe von offiziellen Polizei-Accounts gesperrt. Bei den Sperren könne es sich um einen technischen Fehler handeln, so Dennis Horn, und dennoch sei es “offensichtlich, dass Twitter ein Problem mit Overblocking hat — und die Frage, wie gut es ist, dass private Unternehmen über Kanäle entscheiden, die für die Öffentlichkeit wichtig sind, bleibt aktuell.”

6. Wenn der mediale Druck zu groß wird
(deutschlandfunk.de, Kathrin Erdmann, Audio: 4:51 Minuten)
Innerhalb kurzer Zeit haben sich in Südkorea drei K-Pop-Stars das Leben genommen. Der Erfolg der Musikerinnen und Musiker scheint mit extrem hohem Druck verbunden zu sein. Das Management schreibe ihnen zum Beispiel ein Maximalgewicht von 50 Kilogramm vor und mische sich auch ansonsten in intimste Dinge ein. Der Chef einer K-Pop-Agentur: “In den Verträgen einer unserer Girlbands stand auch, dass sie keine Jungs treffen dürfen, aber es ist schwer, sie daran zu hindern, denn sie werden es trotzdem versuchen. Man muss sie dann kontrollieren, das kostet viel Geld. Größere Agenturen lassen ihre Manager sogar mit denen in einem Zimmer schlafen, damit sie keinen Blödsinn machen.”
(Solltest Du Suizid-Gedanken haben, dann gibt es Menschen, die Dir helfen können, aus dieser Krise herauszufinden. Eine erste schnelle und unkomplizierte Hilfe bekommst Du etwa bei der “TelefonSeelsorge”, die Du kostenlos per Mail, Chat oder Telefon (0800 – 111 0 111 und 0800 – 111 0 222 und 116 123) erreichen kannst.)

“Bild” weiß sogar noch weniger und schreit: Alarm in “unserem Freibad”

Vor knapp zwei Monaten, am 2. Juli, schrieb die “Bild”-Zeitung auf ihrer Titelseite vom Untergang des Badelandes:

Ausriss Bild-Titelseite - Deutschlands Chef-Bademeister klagt an - Das ist nicht mehr unser Freibad!

Neben dem alarmistischen Ton fiel vor allem auf, dass die Redaktion kaum Fakten präsentierte, mit der sie die These von zunehmenden “+++ Schlägereien +++ Pöbeleien +++ Messern” in Deutschlands Freibädern stützten konnte. Auf der kompletten Seite, die “Bild” zu dem Thema veröffentlichte …

Ausriss Bild-Zeitung - Früher war baden gehen irgendwie anders - Freibad-Report Sommer 2019

… gab es vor allem viel Gefühl und vage Angaben (“Doch in diesem Jahr scheint die Stimmung in vielen Freibädern Deutschlands auffällig aggressiv zu sein.” – “‘Gefühlt gibt es immer mehr Polizeieinsätze in den Bädern.'” – “Zahlreiche Badegäste berichten von unangenehmen Erlebnissen”). Das reichte “Bild” bereits, um “Das ist nicht mehr unser Freibad!” von Seite 1 zu schreien. Aber Fakten, die den “gefühlten” Schein belegen?

Wir mussten schon eine Weile suchen, bis wir die einzige Stelle fanden, die etwas darüber hätte sagen können, ob’s denn nun wirklich schlimmer geworden ist in deutschen Freibädern — oder zumindest in einem deutschen Freibad: Sie versteckte sich im Report “Bäuche, Burkinis und nackte Brüste” aus dem “berüchtigten Prinzenbad” in Berlin-Kreuzberg. “Bild”-Reporter Til Biermann hatte das Bad für einen Tag besucht und die Vorkommnisse protokolliert. Und die waren spektakulär unspektakulär (BILDblog berichtete): Der dramatische Höhepunkt im Prinzenbad-Report war das Festhalten eines Mannes, der sich vermutlich ins Bad geschlichen hatte, ohne zu bezahlen.

Aber, immerhin, Biermann nannte eben auch eine Zahl:

Das Prinzenbad in Berlin-Kreuzberg ist wohl das berühmteste Freibad Deutschlands. Auf jeden Fall ist es das berüchtigtste. Immer wieder wird es Schauplatz von Krawallen.

Allein im vergangenen Jahr wurden 122 Straftaten registriert — mehr als doppelt so viele wie im Vorjahr.

Und diese einzige Zahl, die “Bild” auf einer ganzen Seite liefert und mit der man etwas anfangen könnte, diese Zahl — nun ja:

Ausriss Bild-Zeitung - Gegendarstellung zu Bäuche, Burkinis und nackte Brüste in der Bildzeitung vom 2. Juli 2019 - Sie schreiben über das Prinzenbad in Kreuzberg: Immer wieder wird es Schauplatz von Krawallen. Allein im vergangenen Jahr wurden 122 Straftaten registriert. Dazu stellen wir fest: Die 122 Straftaten wurden unter der Anschrift des Sommerbads Kreuzberg auch in den sieben Monaten erfasst, in denen das Bad nicht geöffnet ist. In der Statistik enthalten sind nicht nur Taten im Bad, sondern auch solche im Nahbereich. Es gab keinen einzigen Krawall. Berlin, den 12. Juli 2019 - Rechtsanwalt Eisenberg für Annette Siering, Vorständin, und Dr. Matthas Oloew, Unternehmenssprecher Berliner Bäder Betriebe, Anstalt des öffentlichen Rechts - Die Berliner Bäder Betriebe haben recht. Die Redaktion

Diese Gegendarstellung musste “Bild” gestern unten auf Seite 3 veröffentlichen. Autor Til Biermann hatte nicht nur über irgendwelche nicht existenten “Krawalle” geschrieben, sondern bei seiner Recherche offenbar auch etwas missverstanden: Wenn bei einer Straftat als Ort das Prinzenbad vermerkt ist, hat die Tat nicht automatisch im Prinzenbad stattgefunden. Wird beispielsweise jemandem auf dem Gehweg vor dem Prinzenbad das Handy geklaut, kann dieser Diebstahl mit “Prinzenbad” verschlagwortet werden, auch wenn es November ist, und im Prinzenbad die Becken leer sind.

Dazu auch:

Mit Dank an die vielen Hinweisgeber!

Wo gibt’s denn sowas? Nicht bei Otto.

“Flaschenwürfe, Randale, Festnahmen” habe es gegeben, schrieb die “Hamburger Morgenpost” vor zwei Monaten groß auf ihrer Titelseite, und zwar in der Hamburger Villa des Unternehmers Frank Otto. Dort sei eine “Teenie-Party” mit 300 Gästen aus dem Ruder gelaufen.

Eine Teenie-Party in der Nacht zu Sonntag in der Hamburger Villa von Medienunternehmer Frank Otto (61) und Dschungelstar Nathalie Volk (22) ist derart ausgeufert, dass mehrfach die Polizei auftauchen musste. Für drei Jugendliche endete die Nacht in Handschellen.

Am Ende des Artikels kam auch Otto selbst zu Wort, der die Sache allerdings etwas anders darstellte. Er erklärte, dass …

in der Villa selbst alles friedlich gewesen sei. Randale hätten demnach Leute gemacht, die zu der Party gar nicht eingeladen waren und auf der Straße vor dem Anwesen bleiben mussten.

Trotzdem titelte die “Mopo”-Redaktion:

Große Titelschlagzeile der Hamburger Morgenpost: Krawall-Party in der Otto-Villa - Flaschenwürfe, Randale, Festnahmen: 300 Jugendliche feierten in der Millionärs-Residenz, bis die Polizei kam

Heute musste sie auf ihrer Titelseite und im Innenteil eine Gegendarstellung abdrucken:

Gegendarstellung auf der Titelseite der Hamburger Morgenpost: Auf der Titelseite der "Hamburger Morgenpost" vom 24. Juni 2019 heißt es unter der Überschrift "Krawall-Party in der Otto-Villa": "Flaschenwürfe, Randale, Festnahmen: 300 Jugendliche feierten in der Millionärs-Residenz, bis die Polizei kam" Hierzu stelle ich fest: Die beschriebenen Vorfälle fanden nicht in meinem Haus statt; es feierten dort nicht mehr als 100 Personen - Hamburg, den 2. August 2019 - Frank Otto

Nun auch in “Bild”: Seenotretter nicht wegen Schleuserei vor Gericht

In der Dienstagsausgabe der “Bild”-Zeitung, auf Seite 2, ganz gut versteckt zwischen “Iran-Regime bleibt sich beim Amerika-Hass treu” und “‘Unser Deutschland gibt es nicht für lau!'” finden sich diese 39 Zeilen:

Ausriss Bild-Zeitung - Gegendarstellung - In der Bild-Zeitung vom 28. Januar 2019 heißt es in einem Artikel unter der Überschrift: Mission Lifeline auf Twitter: Seenotretter werben für Ehen mit Flüchtlingen: Kapitän Claus-Peter Reisch (57) steht derzeit in Malta wegen des Vorwurfs der Schleuserei vor Gericht. Hierzu stelle ich fest: Kapitän Claus-Peter Reisch steht derzeit in Malta nicht wegen des Vorwurfs der Schleuserei vor Gericht. In dem Gerichtsverfahren geht es um die angeblich falsche Registrierung des Schiffes. Leipzig, den 29. Januar 2019, Rechtsanwalt Dr. Jonas Kahl für Claus-Peter Reisch - Anmerkung der Redaktion: Herr Reisch hat recht.

Bei der Aufmachung der ursprünglichen Berichterstattung hatte sich die “Bild”-Redaktion noch deutlich mehr ins Zeug gelegt.

Nachtrag, 12. Februar: Kapitän Claus-Peter Reisch hat sich offenbar auch gegen dieselbe (falsche) Behauptung in einem Artikel von Bild.de gewehrt. Auch dort ist inzwischen eine Gegendarstellung erschienen:

Screenshot Bild.de - Mission Lifeline auf Twitter - Gegendarstellung - In einem Artikel vom 28.01.2019 unter der Überschrift Mission Lifeline auf Twitter: Seenotretter werben für Ehen mit Flüchtlingen“ auf www.bild.de heißt es: Kapitän Claus-Peter Reisch (57) steht derzeit in Malta wegen des Vorwurfs der Schleuserei vor Gericht. Hierzu stelle ich fest: Ich stehe derzeit in Malta nicht wegen des Vorwurfs der Schleuserei vor Gericht. In dem Gerichtsverfahren geht es um die angeblich falsche Registrierung eines Schiffes. Landsberg, den 29. Januar 2019, Claus-Peter Reisch - Anmerkung der Redaktion: Herr Reisch hat recht.

Seenotretter wehren sich gegen “Bild”

Vergangene Woche twitterte die Dresdner Seenotrettungsorganisation “Mission Lifeline”:

Screenshot eines Tweets von Seenotrettung - Ihr seid noch nicht verheiratet? Vielleicht verliebt Ihr Euch zufällig in einen Menschen, der*die hier noch kein Bleiberecht hat. Könnte passieren, oder? Bleibt offen!
Screenshot eines weiteren Tweets von Seenotrettung - und wenn Ihr glücklich seid, denkt auch an Menschen auf der Flucht! Es macht noch glücklicher, etwas Gutes zu tun

Oder in den Worten der “Bild”-Zeitung:

Ausriss Bild-Zeitung - Mission Lifeline auf Twitter - Seenotretter werben für Ehen mit Flüchtlingen

Und:

Ausriss Bild-Zeitung - Die Wahrheit über Scheinehen in Deutschland

Nun bedarf es natürlich einer gewissen Interpretation, um in den Tweets einen handfesten “Aufruf zum Eingehen von Scheinehen” zu erkennen. Doch hat “Bild” hier nicht nur großzügig skandalisiert — sondern auch schlichtweg Falsches behauptet. So heißt es im Artikel:

Kapitän Claus-Peter Reisch (57) steht derzeit in Malta wegen des Vorwurfs der Schleuserei vor Gericht.

Das stimmt nicht. Vorgeworfen wird ihm nicht Schleuserei, sondern dass er sein Schiff fehlerhaft registriert habe.

Gegen die falsche Behauptung gehen die Seenotretter nun vor (es gebe auch andere falsche Darstellungen, sagte uns ihr Sprecher Axel Steier auf Anfrage, doch diese müssten sie hinnehmen, weil es Meinungsäußerungen seien). Sie fordern Unterlassung und eine Gegendarstellung — auch von der “Welt” und der “Kronen Zeitung”, die die falsche Tatsachenbehauptung (im TV beziehungsweise online) ebenfalls verbreitet hätten.

Den Vorwurf, hier werde zu Scheinehen aufgerufen, weist der Sprecher zurück. Gegenüber der Nachrichtenagentur epd betonte er, die Formulierung sei “im Grunde streng christlich” gemeint gewesen: “Wir finden die Institution der Ehe wirklich wichtig.” In Zukunft werde man aber “alles dreimal gegenlesen und noch eindeutiger formulieren”.

Mit Dank auch an @Shiba60203906 für den Hinweis.

Muslimische Wölfe sofort abschieben! Das Jahr in “Bild”

2018 war kein schönes Jahr für die “Bild”-Zeitung. Sie wurde von der “Titanic” blamiert, musste Jörg Kachelmann Hunderttausende Euro zahlen, wurde neun Mal öffentlich vom Deutschen Presserat gerügt und musste auf der Titelseite eine Gegendarstellung ihrer geliebten Helene abdrucken.

Das Schlimmste aber, und das wird selbst an den Chefetagen nicht spurlos vorbeigegangen sein, waren die Verkaufszahlen. Laut IVW war die letzte Auflagenmeldung von “Bild” die schlechteste seit 64 Jahren. Schon im ersten Quartal dieses Jahres war die verkaufte Auflage um fast zehn Prozent im Vergleich zum Vorjahr eingebrochen.

Darum musste sich “Bild” dieses Jahr in besonderem Maße auf alte Stärken besinnen. Ein kleiner Rückblick.

***

Das Tier des Jahres

Der Wolf. Das Lamm. Und die ewig grausame Geschichte von Tod und Verderben.

Hurz!

Stellte sich später heraus, dass es doch kein Wolf war, ließ “Bild” das natürlich unerwähnt.

***

Das Geschlecht des Jahres

Von den “Gewinnern” des Tages auf der Titelseite waren über 80 Prozent — Männer.

Auch von den Verlierern waren über 80 Prozent männlich. Selbst Tiere und Gegenstände tauchten in dem Ranking häufiger auf als Frauen.

***

Die Religion des Jahres

Gehen wir doch mal die großen durch. Also. Hinduismus: kam in der Print-“Bild” in diesem Jahr genau einmal vor. Der Buddhismus kam immerhin auf zwei Erwähnungen. Das Judentum kam auf sieben, das Christentum auf 28. Der Islam auf 266.

Und anders als bei anderen Religionen sind beim Islam für “Bild” nur zwei Gefühlsrichtungen zugelassen: Angst und Empörung. Das war auch 2018 nicht anders, und relativierende Fakten blieben dabei selbstverständlich unbeachtet.

***

Der Skandal des Jahres

Über 800 Mal hat “Bild” in diesem Jahr das Wort “Skandal” gedruckt, am größten und empörtesten im Frühjahr — beim großen:

Auch “BAMF-Skandal” genannt. BAMF, ihr wisst schon, diese von einer “Skandal-Chefin” geleitete und mit “Skandal-Akten” vollgestopfte “Skandal-Behörde”.

Und als ein paar atemlose Wochen später herauskam, dass der Fall nicht mal ansatzweise so wild war, wie von “Bild” dargestellt, war das der Redaktion wie viele Titelschlagzeilen wert? Genau.

***

Der Experte des Jahres

Brauchte “Bild” in diesem Jahr ein knackiges Zitat, war einer sofort zur Stelle:

Prof. Michael Wolffsohn (München) spricht aus, was vielen schwerfällt: “Trump, über den viele lachen, hat mit seiner Strategie mehr erreicht als seine Vorgänger.”

Ob zu Trump, zu Putin, zur Bundeswehr, zum ZDF — das ganze Jahr über versorgte der “Publizist und Historiker” (je nach Bedarf auch mal “Bundeswehr-Historiker” oder “Hochschullehrer des Jahres”) Michael Wolffsohn die “Bild”-Redaktion zuverlässig mit “deutlichen Worten”, auch und am liebsten zu hochkontroversen Themen. Und praktischerweise war er dabei immer einer Meinung mit “Bild”.

Als “Bild” sich darüber beklagte, dass Deutschland sich nicht genug gegen die Gasangriffe in Syrien einsetze, beklagte sich auch Michael Wolffsohn über die “bundesdeutsche Drückebergerei”:

Wolffsohn: “Auf der einen Seite hören wir seit Jahrzehnten ‘Nie wieder Auschwitz!’. Über die damals von deutschem Gas Ermordeten wird heute in Deutschland geweint, gegen die jetzige Auschwitz-Variante wird nichts getan.”

Als “Bild” sich über den Rassismus-Vorwurf von Mesut Özil empörte, empörte sich auch Michael Wolffsohn:

Als “Bild” mit einer Kampagne für Friedrich Merz als CDU-Vorsitzenden kämpfte — Michael Wolffsohn kämpfte mit:

(Fazit: “Den größten Respekt hätten die mächtigsten Machos der Welt vermutlich vor Friedrich Merz.”)

Als “Bild” sich über eine antisemitische Karikatur in der “Süddeutschen Zeitung” echauffierte, wetterte auch Wolffsohn:

Als Michael Wolffsohn dann im Herbst einen Preis von einer Stiftung bekam, ließ die “Bild”-Zeitung im Gegenzug eine Meldung auf der Titelseite springen — und kürte Wolffsohn ein paar Wochen später, Überraschung: zum “Gewinner” des Tages.

***

Das Kleidungsstück des Jahres

Socken: 53 Erwähnungen.
Pullover: 70 Erwähnungen.
Bikini: 90 Erwähnungen.
Unterhose: 50 Erwähnungen.

Kopftuch: 133 Erwähnungen.

***

Der Irrsinn des Jahres

Das zentrale Thema der wochenlangen Hysterie: Ausländer. Kriminelle Ausländer. Und was alles passieren könnte, wenn wir da nicht sofort etwas tun, und zwar: “Abschieben!”

Wenn sich dann herausstellte, dass sie falsche Vorwürfe verbreitet hatte, gab sich die Redaktion große Mühe, die Korrektur möglichst gut zu verstecken. Oder brachte erst gar keine.

***

Das Gefühl des Jahres

… beschreiben die “Bild”-Leser am besten selbst:

Aber kein Wunder, konnten sie doch ein weiteres Jahr Tag für Tag lesen, dass wir überschwemmt werden von Terroristen und Kindsmördern, und dass uns, wenn wir uns nicht bald zur Wehr setzen, die kriminellen Ausländer mit Sicherheit alle umbringen. Wenn uns bis dahin nicht schon die Wölfe gefressen haben.

Nachtrag, 27. Dezember: Der Vollständigkeit halber: Auch wenn in der Collage im Abschnitt “Die Religion des Jahres” ein Beispiel mit “Islamismus” zu sehen ist — bei den 266 Nennungen handelt es sich tatsächlich nur um Nennungen des Wortes “Islam”. Schon klar: Wenn man nach “Islam” sucht, findet man in den Ergebnisse auch Treffer wie “Islamismus” (da steckt ja schließlich die Buchstabenkombination “Islam” drin). Diese Treffer haben wir allerdings nicht mitgezählt.

“Spiegel”-(Selbst)-Betrug, Multipler Pinocchio, Abschied vom Pümpel

1. SPIEGEL legt Betrugsfall im eigenen Haus offen
(spiegel.de, Ullrich Fichtner)
In einer “Rekonstruktion in eigener Sache” schreibt “Spiegel”-Redakteur Ullrich Fichtner über einen Betrugsfall im eigenen Haus. Ein mit Preisen überhäufter Star-Reporter habe “in großem Umfang eigene Geschichten manipuliert”. In seiner Stellungnahme schreibt Fichtner, um welche Fälschungen es sich handelte und wie es, aus seiner Sicht, dazu kommen konnte. Außerdem hat die “Spiegel”-Redaktion ein FAQ zum Thema verfasst: Die Antworten auf die wichtigsten Fragen.
Weiterer Lesehinweis: Ex-“Spiegel”-Reporter Relotius wird erster Preis aberkannt (dwdl.de, Alexander Krei).

2. Lügendetektor
(sueddeutsche.de, Alan Cassidy)
Die “Washington Post” ordnete beim Factchecking die Falschheit von Aussagen bislang mit ein bis vier Pinocchio-Nasen ein. Nun führt sie den “Bottomless Pinocchio” ein, für Politiker, die eine offensichtliche Lüge mehr als zwanzigmal wiederholen. Erster Betroffener ist US-Präsident Donald Trump, der im laufenden Jahr 86-mal behauptet habe, die USA hätten mit dem Bau der Grenzmauer begonnen, obwohl dies nachweislich falsch sei.

3. Lieber Einheimisches als Ausländisches?
(deutschlandfunk.de, Christoph Sterz, Audio, 6:04 Minuten)
Gemäß einer neuen EU-Verordnung dürfte es für ausländische Investoren schwerer werden, in deutsche Medienhäuser zu investieren. Die Unabhängigkeit der Medien sei aber durch nationale Monopolisten genauso gefährdet, so Medienökonom Bjørn von Rimscha im Interview mit dem “Deutschlandfunk”.

4. Pubertät als einzigartiges Weltereignis
(deutschlandfunkkultur.de, Sigrid Löffler, Audio, 4:02 Minuten)
Literaturkritikerin Sigrid Löffler hat einen neuen Bücher-Trend festgestellt, nach dem Frauen die ganze Welt, Männer jedoch nur sich selbst erklären würden. Natürlich hat sie dafür einige aktuelle Beispiele parat, in denen Männer ihre Jugend zum Drama verklären würden. Egal, wie “mickrig und banal” diese in Wahrheit gewesen sein mag.

5. Rechts­be­griffe, vom Bild­zei­tungs­leser ver­standen
(lto.de)
Das Bundesverfassungsgericht hat entschieden: Boris Becker muss mit der “Bild”-Schlagzeile leben, dass er das Haus seiner Mutter verpfändet habe. Becker hatte darauf abgestellt, dass es sich formaljuristisch um keine Pfändung gehandelt habe und damit bislang auch juristisch Erfolg gehabt. Nun entschied das Bundesverfassungsgericht, dass es auf das Verständnis eines Laien ankommt und der Begriff “Verpfändung” in diesem Fall erlaubt sei.

6. Tetsche – der Meister des gehobenen Blödsinns verabschiedet sich vom stern
(stern.de, Kester Schlenz)
Nach 44 Jahren erscheint diese Woche das letzte Mal ein Tetsche-Cartoon im “Stern”. Kester Schlenz hat den berühmten Humoristen bei sich zu Hause besucht, in seiner umgebauten alten Dorfschule, auf deren Dach Tetsches Markenzeichen thront: ein überdimensionaler Pümpel.
Update Während es im “Stern”-Beitrag so aussieht, als hätte Tetsche aus eigenem Antrieb seinen Abschied erklärt (“Tetsche fand, dass man aufhören solle, wenn es noch schön ist.”), liest sich das auf seiner eigenen Homepage ganz anders: “Durch große Umbau- und Spaßmaßnahmen beim Stern ist die Tetsche-Seite tatsächlich rausgeflogen! Sorry … An mir lag’s nicht!”

Blättern:  1 2 3 4 ... 22