Suchergebnisse für ‘gegendarstellung’

ZDF als Reputations-Waschanlage, Instanzenweg, Gegendarstellung

1. Das ZDF als Reputations-Waschanlage
(uebermedien.de, Christian Schwägerl)
Der Wissenschaftsjournalist Christian Schwägerl hat sich die aktuelle Corona-Doku des ZDF angeschaut (Untertitel: “Fakten mit Hendrik Streeck”). Er kommt zu einem vernichtenden Urteil: “Wenn diese Sendung ein Ziel hatte, dann kann das nicht gewesen sein, das Publikum zu informieren, wie es dem Auftrag des öffentlich-rechtlichen Rundfunks entsprechen würde. Es ging offenbar darum, das Publikum für einen Mann zu gewinnen, über dessen Aussagen sich Spitzenfunktionäre der deutschen Wissenschaft schon seit Längerem mehr als nur ärgern.”

2. “Der Stern hatte mich gestern gebeten …”
(twitter.com, Jörg Kachelmann)
Der Moderator Jörg Kachelmann schreibt, er sei vom “Stern” darum gebeten worden, etwas zu den aktuellen Entwicklungen um Julian Reichelt und “Bild” zu verfassen. Weil die Sammelgeschichte nicht erschienen sei, veröffentliche er seinen Beitrag dazu nun auf Twitter. Wie man es von Kachelmann gewohnt ist, fallen deutliche Worte: “Erst wenn alle den Mut haben, nicht mehr übers Bild-Stöckchen zu springen, den Mut haben, sich nicht mehr nötigen zu lassen und Friede Springer und Mathias Döpfner für ihr bösartig kalkuliertes Geschäft mit der Menschenverachtung gesellschaftlich ausgrenzen, kann Deutschland ein besseres Land werden.”

3. Schönenborn über “Letzte Instanz”: “Kollektiv tiefrote Linien übersehen”
(dwdl.de, Alexander Krei)
WDR-Programmdirektor Jörg Schönenborn hat sich im “Tagespiegel” selbstkritisch zu der verunglückten Rassismus-Ausgabe der Talkshow “Die letzte Instanz” geäußert, dabei aber auch die in seinen Augen schnelle Reaktion des Senders gelobt. Alexander Krei ist anderer Meinung: “Allein, ‘schnell’ ist in diesem Zusammenhang relativ, denn was aus dem Interview im ‘Tagesspiegel’ nicht hervorgeht: Die Entschuldigung des WDR und die genannten Reaktionen erfolgten erst nach der Wiederholung im Januar – und damit zwei Monate nach der Erstausstrahlung, die offensichtlich weitgehend unbemerkt über den Sender ging.”
Weiterer Lesehinweis: Heute soll es im WDR einen Schwerpunkt zum Thema Rassismus geben, zu dem man auch die Comedy-Künstlerin Enissa Amani eingeladen hatte. Amani hatte als Reaktion auf die misslungene WDR-Sendung “Die letzte Instanz” auf eigene Kosten selbst einen Talk auf die Beine gestellt: “Die beste Instanz”. Auf Twitter macht sie ihrem Ärger über die Umstände der Einladung Luft: “Der WDR, hat sich am 20. Februar bei mir gemeldet, PER SMS, (Nummer über einen Comedian rausgefunden, ich war sehr sauer, dass man nicht die Courtesy hat zu mailen bei einer Person der Öffentl.) und wollte mich zum grossen ‘Reinwaschungs-Talk’ einladen. Ich habe abgelehnt.” Im sich daran anschließenden Thread geht es um ihre konkreten Ablehnungsgründe.

Bildblog unterstuetzen

4. Der aktuelle Zustand ist sehr bitter: Warum sich Datenjournalisten über das RKI und die Politik ärgern
(kress.de, Henning Kornfeld)
Die Datenjournalistin Christina Elmer (“Spiegel”) und ihr Kollege Johannes Schmidt-Johannsen (SWR) haben unter dem Dach des Netzwerk Recherche eine Fachgruppe gegründet, die bereits 70 Mitglieder habe. Das Ziel: Auf “eine höhere Verlässlichkeit der Daten zu drängen, zum Beispiel der des Robert Koch-Instituts. Wenn das gelänge, müssten die Kolleg:innen nicht dauernd ihre Skripte umstellen oder Daten händisch einpflegen. Der aktuelle Zustand ist sehr bitter, weil der Datenjournalismus viel mehr leisten könnte, wenn die Daten und Zugänge besser wären. Wir wollen als Fachgruppe darauf aufmerksam machen, dass es da einen großen Nachholbedarf gibt.”

5. Der Cancel-Culture-Strohmann
(taz.de, Malte Göbel)
Das Landgericht München hat die “Süddeutsche Zeitung” dazu verpflichtet, eine Gegendarstellung des Berliner Publizisten und Bloggers Johannes Kram (“Nollendorfblog”, einst auch als BILDblog-Kolumnist tätig) abzudrucken. Das Gericht urteilte, die “Süddeutsche”, konkret der “SZ”-Autor Andrian Kreye, habe Kram falsch wiedergegeben. Malte Göbel dröselt auf, worum es bei dem Konflikt geht, und erklärt, warum die Schlussfolgerung des, seiner Ansicht nach, ansonsten um Ausgewogenheit bemühten “SZ”-Textes falsch sei: “Johannes Kram hat das nie so gesagt oder geschrieben. Er taugt nicht als Hetzer. Kreye hat einen Cancel-Culture-Strohmann aufgebaut und niedergestreckt.”
Weiterer Lesehinweis: Johannes Kram erwirkt einstweilige Verfügung gegen die “SZ” (queer.de, Micha Schulze).

6. Beschwerdestelle verzeichnet Rekord bei gemeldeten Rechtsverstößen
(spiegel.de)
Die Zahl der berechtigten Beschwerden über kriminelle Inhalte im Internet in Deutschland sei weiter angestiegen, so der Internetverband eco in seinem Jahresbericht (PDF). Es habe knapp 19 Prozent mehr Fälle als im Vorjahr gegeben. Wer der eco Beschwerdestelle etwas melden will, kann dies unter beschwerdestelle.eco.de oder internet-beschwerdestelle.de tun.

Bild  

“Bild” druckt freiwillig zu kleine Gegendarstellung

Die heutige Titelseite der “Bild”-Zeitung sieht auf den ersten Blick ganz normal aus: ein bisschen Fußball (“Neuer Zwirn für Schweini”), ein bisschen mehr vom Wir-gegen-die-Griechen-Gefühl (“Merkel rettet Griechenland mit unserem Geld!”), was Kurioses (“Betrunkener Einbrecher schläft im Kofferraum ein”). Oben rechts wird’s aber eher ungewöhnlich, da steht nämlich das hier:

Sie bezieht sich auf die riesige “Bild”-Titelstory vom 17. Juni, in der das Blatt keinen Zweifel daran ließ, was nach der Urteilsverkündung im Tuğçe-Prozess (BILDblog berichtete) passiert ist:

Das Besondere an der Gegendarstellung auf der “Bild”-Titelseite von heute: Sie hätte in dieser Form gar nicht abgedruckt werden müssen.

Vor zwei Wochen hat das Landgericht Berlin zugunsten von Sadija M. eine einstweilige Verfügung erlassen und die “Bild”-Zeitung dazu verdonnert, eine Gegendarstellung abzudrucken. Gegen diese Abdruckanordnung hat “Bild” Widerspruch eingelegt, eine mündliche Verhandlung folgt in der kommenden Woche. Trotzdem hat sie schon heute eine Gegendarstellung veröffentlicht, allerdings nicht entsprechend den Vorgaben des Gerichts.

Warum? Der Grund könnte in eben diesen gerichtlichen Vorgaben liegen: Demnach muss das Wort “Gegendarstellung” in der Größe der Dachzeile der Erstveröffentlichung (“EKLAT NACH DEM HAFTURTEIL”) gedruckt werden, der dazugehörige Text (“In der BILD-Zeitung vom 17.06.2015 haben Sie auf …”) in der Größe der einstigen Überschrift (“Mutter des Schlägers spuckt auf Tugce-Foto!”). Das würde bedeuten, dass die Gegendarstellung am Ende in etwa so aussieht, wie die von Heide Simonis aus dem Jahr 2006.

Felix Damm, Anwalt von Sadija M., vermutet, dass die “Bild”-Zeitung sich mit dem Abdruck der kleinen Version für die mündliche Verhandlung wappnen will:

Es scheint die Hoffnung zu bestehen, das Gericht werde von der verfügten Abdruckanordnung derart abweichen, dass mit dem Abdruck der verkleinerten Version der gerichtlichen Entscheidung genügt wurde. Ich gehe allerdings davon aus, dass die „Bild“-Zeitung die Gegendarstellung noch einmal drucken muss, dann deutlich größer.

Warum “Bild” bei der Position bleibt, Sadija M. habe auf das Tuğçe-Foto gespuckt, steht auf Seite 6 der heutigen Ausgabe:

Dem Gericht legte [M.] eine eidesstattliche Versicherung vor, nach der sie nicht gespuckt habe.

Wir glauben, dass Frau [M.] lügt, und bleiben deshalb bei unserer Darstellung und werden Strafanzeige stellen.

Mehrere Zeugen haben den Vorgang beobachtet und gegenüber BILD bestätigt.

Interessanterweise berichteten auch andere Medien von einem Spucken nach der Verhandlung, sie ordneten es im Gegensatz zur “Bild”-Redaktion aber nicht unmittelbar Sadija M. zu.

Ihr Anwalt Felix Damm sagt, ihn erinnere die Art der “Bild”-Berichterstattung über seine Mandantin an eine “moderne Form der Sippenhaft”:

Als Sanel M. im Gefängnis saß, hat sich die “Bild”-Zeitung dessen Bruder vorgenommen. Als sie damit durch war, kam die Mutter dran. Es wird versucht, der Öffentlichkeit eine schuldige Familie zu präsentieren.

Deswegen gehe Familie M. nun juristisch gegen einzelne Veröffentlichungen vor. Erste Unterlassungserklärungen konnte sie bereits einsammeln. Zum Beispiel hatte “Bild” auch ein unverpixeltes Foto der Mutter abgedruckt. Das Blatt darf es nun nicht mehr zeigen — weiß sich aber natürlich zu helfen und druckt heute einfach ein anderes Foto der Mutter, schon wieder ohne jede Unkenntlichmachung. Auch dagegen wird sie sich nun wehren.„"

Gegendarstellung, Zeitungssterben, BILDblog-Kritik

1. “Gegendarstellung zu ‘Großteil der Medien berichtet voreingenommen'”
(sprachlog.de, Anatol Stefanowitsch)
Die Welt zitiert den Sprachwissenschaftler Anatol Stefanowitsch mit der These, dass propagandistisch gegen Israel ausgerichtete Überschriften ein Auslöser für antijüdische Aggression auf deutschen Straßen seien. Dessen Reaktion: “Ich distanziere mich in aller Deutlichkeit von diesen mir fälschlicherweise zugeschriebenen Aussagen. [Diese Behauptung] entspricht weder meiner Meinung, noch lässt [sie] sich in irgendeiner Form aus meinen Analysen schließen.”
Update: Die Welt hat in der heutigen Printausgabe eine “Klarstellung” veröffentlicht, die Anatol Stefanowitsch als seine “persönliche ‘Nichtschuldigung’ des Jahres” bezeichnet.

2. “Müssen die Zeitungen wirklich sterben?”
(wdr5.de, Gisa Funck)
Die Tageszeitungen werden sterben, und das Internet ist schuld daran. Wirklich? Eine Studie des Medienforschers Andreas Vogel sagt etwas anderes: Die Zeitungskrise gebe es schon länger als das Internet, der Rückgang der Auflage sei weitestgehend selbstverschuldet. Anschauliche Grafiken aus der Studie finden sich im Blog von Katharina Brunner, bei kress spricht Vogel über Rückschlüsse aus seiner Forschung.

3. “Was, du bist Zigeunerin?”
(taz.de, Dunja Ramadan)
In ungarischen Medien tauchen Roma fast nur als “Kriminelle” auf. Krisztina Balogh, halb Romni, halb Ungarin, möchte Journalistin werden, um genau das zu ändern. Vorurteile gegenüber Sinti und Roma gibt es aber nicht nur in Ungarn: Der Mediendienst Integration und die taz berichten über eine Studie zum “Antiziganismus in der deutschen Öffentlichkeit”.

4. “Offtopic: Was BILDblog nicht zeigt (Update)”
(stigma-videospiele.de)
Ein Leser teilt dem BILDblog regelmäßig “sachdienliche Hinweise” mit – doch seine Mails bleiben unbeantwortet und finden keine Erwähnung im Blog. Warum aus den Links keine BILDblog-Artikel geworden sind, hat Mats Schönauer zu erklären versucht; Auszüge des Mailwechsels finden sich im Update unter dem Text.

5. “Nachrichtenagentur AP schockiert mit missverständlichem Tweet”
(tagesspiegel.de, Markus Hesselmann)
“BREAKING: Dutch military plane carrying bodies from Malaysia Airlines Flight 17 crash lands in Eindhoven.” Ein schlampig formulierter Tweet der Nachrichtenagentur AP macht aus einem Nebensatz eine Bruchlandung und sorgt für Entsetzen auf Twitter.

6. “The challenge of Covering Gaza at War”
(martin-lejeune.tumblr.com, englisch)
“On the other side of the revolving steel door I met a correspondent returning from Gaza to Israel, looking at me and saying: ‘Welcome to Hell.'” Martin Lejeune versucht, nach Gaza einzureisen und dokumentiert, wie schwer es für Journalisten ist, vor Ort über den Nahost-Konflikt zu berichten.

Hier kommt die Gegendarstellung

Vor rund zwei Wochen brachte die “Berliner Zeitung” ein Porträt, das Antje Hildebrandt über Elton geschrieben hatte, “Deutschlands ältesten Show-Praktikanten”.

Darin hieß es über dessen mögliche Zukunft:

Gerade hat Stefan Raab seinen Praktikanten via Bild-Zeitung als Bewerber für die Nachfolge von Thomas Gottschalk bei “Wetten, dass..?” ins Spiel gebracht.

Dieser Satz musste jeden stutzig machen, der um das (schlechte) Verhältnis von Raab zu “Bild” weiß.

Wer auch um Stefan Raabs Hang zu Gegendarstellungen weiß, konnte also ahnen, was als nächstes passieren würde.

Heute war es dann endlich soweit:

Gegendarstellung

Die Berliner Zeitung veröffentlichte am 16.06.2011 den Artikel “Der Opel Corsa unter den Moderatoren”, in dem auch über mich berichtet wurde. In dem Artikel heißt es. “Gerade hat Stefan Raab seinen Praktikanten via Bild-Zeitung als Bewerber für die Nachfolge von Thomas Gottschalk bei “Wetten, dass..?” ins Spiel gebracht.” Dazu stelle ich fest, dass ich diese Empfehlung nur in meiner Sendung “TV Total” ausgesprochen habe. Köln, den 23.06.2011, Stefan Raab.

Stefan Raab hat recht. Die Redaktion.

Bild  

Eine Hochzeit und zwei Gegendarstellungen

“Das Ende einer Hochzeit unter Familienclans” beschrieb “Bild” in der Berliner Ausgabe vom 11. März:

Der Schwager in Handschellen, die Braut rennt barfuß und schreiend durch die Nacht.

Szenen einer – frischen – Ehe gestern früh in Neukölln. Und das Ende einer Hochzeit zwischen Mitgliedern zweier eigentlich verfeindeter kurdisch-libanesischer Großfamilien in Berlin. “Romeo und Julia” in der Neuköllner Version im Jahr 2011.

Einen Verkehrsunfall mit Unfallflucht habe es gegeben, berichtete “Bild”. Und:

Pech: Der Bräutigam selbst hatte die Beamten um Schutz gebeten. Er ist der Neffe des Ex-Clan-Chefs (genannt “El Presidente”) und fürchtete laut einem internen Vermerk der Berliner Polizei, dass “die Hochzeit nicht störungsfrei verlaufen könnte, weil die Familie der Braut gegen die Ehe ist.”

Der Artikel ist bei Bild.de nicht mehr verfügbar. Es stimmte nicht viel an ihm.

Vergangene Woche musste “Bild” die Gegendarstellung des Bräutigams drucken, der angab, die Polizei nicht um Schutz gebeten zu haben. Auch sei er nicht der Neffe des Ex-Clan-Chefs. Seine Anwältin Julia Bezzenberger erklärte uns auf Anfrage, die Familie hätte lediglich den gleichen Nachnamen wie der “El Presidente” genannte Mann, stünde aber in keinem direkten Verwandtschaftsverhältnis zu ihm.

Das mit den Familienverhältnissen hat “Bild” großflächig nicht richtig hinbekommen, wie einer zweiten Gegendarstellung zu entnehmen ist, die diesen Mittwoch erschien:

Gegendarstellung

In der BILD (Berlin) vom 11.03.2011 verbreiten sie auf S. 7 unter der Überschrift “Das Ende einer Hochzeit unter Familien-Clans” falsche Tatsachenbehauptungen über mich:

1. Sie Veröffentlichen ein Foto meiner Person und bezeichnen mich als “Braut”.
Hierzu stelle ich fest: Ich bin nicht die Braut.

2. Sie schreiben unter Bezugnahme auf das Foto von mir:
“Und die Braut war auch sauer. Sie konnte nicht mehr im Luxus-Porsche nach Hause chauffiert werden …”
Hierzu stelle ich fest:
Ich war sauer, weil ein Fotograf mich und mein Kind gegen meinen Willen fotografierte und nicht weil ich nicht im Porsche nach Hause gebracht werden konnte.

Die Redaktion gibt unter der Gegendarstellung zu, dass die Frau Recht hat. Der Fotograf, den die Frau erwähnt, ist übrigens der Mann, dessen Foto “Bild” abgedruckt hatte.

Danach blieb von der ohnehin erstaunlich unspektakulären Story nur noch der Unfall — und der hat sich laut Julia Bezzenberger auch anders zugetragen als von “Bild” beschrieben. Der Fahrer habe beim Ausparken seinen Cousin übersehen und sei diesem leicht gegen das Bein gefahren. Anschließend habe er ein anderes Fahrzeug touchiert.

“Bild” hatte die Szenerie deutlich spektakulärer beschrieben:

Die beiden steigen in einen Porsche, der Schwager gibt Gas. Beim Abbiegen übersieht er einen geparkten 7er-BMW und rammt den Nobel-Schlitten. Der wird nach vorn geschleudert und trifft ausgerechnet Khaled O. (27) – ein Mitglied der Braut-Familie!

Der Mann schreit vor Schmerz – später wird ein geschwollener Knöchel diagnostiziert.

Auf unsere Frage, was an der Geschichte in “Bild” überhaupt stimme, antwortet uns Frau Bezzenberger: “Es gab eine Hochzeit.”

Kleine Gegendarstellungen unter Feinden (2)

Um irgendetwas über die frisch gebackene Grand-Prix-Siegerin Lena Meyer-Landrut schreiben zu können, haben sich “Bild” und Bild.de, die von der jungen Sängerin konsequent gemieden werden, Anfang Juni an einer Exegese ihres CD-Booklets versucht.

Dabei kam es zu einigen Ungenauigkeiten und nur wenige Tage später mussten Zeitung und Internetseite eine Gegendarstellung bringen, in der Stefan Raab feststellte, “die Brainpool TV GmbH nicht 1994 mitbegründet” zu haben (BILDblog berichtete).

Deutlich länger brauchte eine andere Gegendarstellung zum selben Artikel. Sie wurde erst letzte Woche, mit fast dreimonatiger Verspätung veröffentlicht:

Gegendarstellung: BILD online veröffentlichte am 03.06.2010 den Artikel "So sagt Lena Danke", in welchem Lena aus dem Booklet ihrer CD "My Cassette Player" wie folgt zitiert wurde: "Und Danke der Liebsten, der Claudili, die als Letztes kommt (...)". Klickte man auf "Claudili", öffnete sich ein Fenster, in dem es erklärend hieß: "Claudia ist Redaktionsleiterin (...)" Hierzu stelle ich fest, dass ich nicht Redaktionsleiterin bei der Brainpool TV GmbH bin. Köln, den 07.06.2010 Claudia Gliedt

Kleine Gegendarstellungen unter Feinden

Das NDR-Eurovision-Blog fasst das Verhältnis zwischen Grand-Prix-Siegerin Lena Meyer-Landrut und “Bild” recht plastisch zusammen:

Für ein Medium, das beansprucht, die Phantasien von Massen zu kennen und diese entsprechend zu bedienen, also für eine Zeitung wie die “Bild”, muss es ein GAU sein, in Sachen Lena und ihrer ESC-Performances dauerhaft draußen gestanden zu haben – vorher, währenddessen und auch jetzt.

Um den eigenen Lesern irgendwas über Lena erzählen zu können, tragen “Bild” und Bild.de also seit Wochen Informationen aus Sekundär- und Tertiärquellen zusammen, die sich mal widersprechen und mal gar nichts aussagen.

Lena sagt Danke!Am 3. Juni, wenige Tage nach Lenas Sieg in Oslo, erklärte “Bild” anhand der Danksagungen im Booklet ihrer fast vier Wochen zuvor erschienenen CD, wem Lena “jetzt” Danke sagt. Auch Bild.de veröffentlichte einen umständlichen und etwas hilflosen Versuch einer Entschlüsselung.

Während manche der Dankeszuordnungen ziemlich unkonkret daherkommen (“im Internet glauben viele …”), waren andere Namen wie “Stefan” (Raab) und “Jörg” (Grabosch, von der TV-Produktionsfirma Brainpool) leichter zuzuordnen.

Dummerweise ist Bild.de dabei ein kleiner Fehler unterlaufen, den nicht mal wir aufgeschrieben hätten. Aber das war für Stefan Raab offenbar kein Kriterium:

Gegendarstellung: Zu dem Artikel "So sagt Lena Danke" vom 3.6. BILD.de veröffentlichte am 03.06.2010 den Artikel "So sagt Lena Danke", in welchem Lena aus dem Booklet ihrer CD "My Cassette Player" wie folgt zitiert wurde: "Ich danke den Leuten in, um und um Brainpool herum, (...)" Klickte man auf "Brainpool", öffnete sich ein Fenster, in dem es erklärend hieß: "Es handelt sich um die 1994 u.a. von Stefan Raab gegründete "Brainpool TV GmbH (...)". Hierzu stelle ich fest, dass ich die Brainpool TV GmbH nicht 1994 mitbegründet habe. Stefan Raab, Köln, den 07.06.2010. Anmerkung der Redaktion: Stefan Raab hat recht.

Mit Dank an Tobi.

Nachtrag, 12. Juni: Heute erschien die Gegendarstellung auch in der gedruckten “Bild”.

Wie Gegendarstellung Wirbel wird

Es steht zwar nicht “Gegendarstellung” über einem “Bild”-Artikel von gestern, der sich mit dem Grünen-Justizexperten Benedikt Lux beschäftigt, aber eigentlich ist es eine:

"Knast-Chef bedauert Wirbel um Grünen-Politiker"Die angebliche Affäre um Grünen-Rechtsexperte Benedikt Lux (26): Die Justizvollzugsanstalt Tegel hatte behauptet, Lux sei von einem Wärter ertappt worden, als er einem Häftling Baller-Spiele übergeben wollte. Jetzt stellt sich heraus: Diese Behauptung war falsch!

Und diese Behauptung war von “Bild” verbreitet worden – in einem Artikel am 7. März. Gestern schrieb “Bild” dazu:

Zuerst hatte Justizstaatssekretär Hasso Lieber (62) den Grünen im Rechtsausschuss gemaßregelt. Dann hatte JVA-Sprecher Lars Hoffmann (42) in BILD gesagt: “Videospiele sind nur in Ausnahmefällen erlaubt. Abgesehen davon gab es weder einen Antrag eines Insassen noch eine Genehmigung. Erst in der Anstalt, als Herr Lux die Spiele einem Insassen übergeben wollte, fiel das einem Wachhabenden auf.” Dabei war es ganz anders! Wie aus einer internen Erklärung des damals Wachhabenden, die BILD vorliegt, hervorgeht, teilte Lux dem Knast-Bediensteten von selbst mit, dass er die Spiele dabeihabe und sie gerne einem Insassen geben würde.

Nun ist es überhaupt kein Wunder, dass “Bild” diese vermeintlich “interne Erklärung des damals Wachhabenden” vorliegt. Und auch wenn “Bild” diesen Eindruck erweckt: Eine Exklusiv-Info im herkömmlichen Sinn ist das keineswegs. Die Erklärung war nämlich Beweismittel in einem Gegendarstellungs-Verfahren gegen “Bild”, das Lux nach dem Artikel vom 7. März angestrengt hatte – und zwar mit Ansage, wie Lux uns erzählt. Er habe “Bild” schon vor Erscheinen des Artikels angekündigt, dass er klagen werde, sollte “Bild” in ihrer Berichterstattung den falschen Eindruck erwecken, er habe versucht, die “Ballerspiele” ins Gefängnis zu schmuggeln.

“Bild” ließ Lux zwar unter der Überschrift “Grüner Abgeordneter bringt Knackis Ballerspiele in Knast” (der Artikel wurde bei Bild.de gelöscht) auch mit seiner Version zu Wort kommen (siehe Ausriss), doch die in “Bild” zitierten Aussagen des JVA-Sprechers, dass es keinen Antrag gegeben hätte und Lux von einem Wachhabenden mit den Video-Spielen quasi erwischt worden wäre, sind nun mal falsch.

Mitte April entschied das Gericht deshalb, dass Lux einen Anspruch auf Gegendarstellung hat. Da “Bild” die Gegendarstellung jedoch nur ungern habe abdrucken wollen, so Lux, habe er sich mit “Bild” geeinigt, das in einem weiteren Artikel richtig zu stellen. Mit dem von gestern sei er “zu etwa 70 bis 80 Prozent zufrieden”.

Offen bleibt, inwieweit neben dem “Knast-Chef” auch “Bild” den “Wirbel um Grünen-Politiker” bedauert. Den hat “Bild” zwar nicht von sich aus verursacht, aber ihm durch die Verbreitung der falschen JVA-Informationen den nötigen Aufwind gegeben.

“Bild”: Wir drucken gerne Gegendarstellungen

Aus einem langen Interview der “Frankfurter Allgemeinen Zeitung” mit “Bild”-Chefredakteur Kai Diekmann…

…über die politische Ausrichtung von “Bild”:

Diekmann: Wir sind weder Sprachrohr noch Erfüllungsgehilfe von Opposition oder Regierung.

… über den Schutz der Privatsphäre bei “Bild”:

Diekmann: Wer sein Privatleben privat lebt, bleibt privat. (…) Wer nicht selbst das Spiel eröffnet, muß auch nicht mitspielen.

… über Gegendarstellungen in “Bild”:

Diekmann: Viele Gegendarstellungen sind heute ein Mittel darbender Juristen, finanziell über die Runden zu kommen. (…) Und ich drucke sie sogar gerne, weil sie zeigen, wie hier das Recht der Gegendarstellung im Kern mißbraucht wird.

  

Gegendarstellung Max Mutzke

In BILD vom 24. März 2004 wurde auf Seite 4 über mich, Maximilian Mutzke (Max), berichtet.

In der Überschrift behauptete BILD: “Grand-Prix-Max als Zechpreller überführt”. Zudem behauptete BILD: “Wenn Max (…) am 15. Mai zum Grand Prix für Deutschland nach Istanbul reist, werden ihn (…) Geldeintreiber erwarten. Der (…) Sänger gestand jetzt, dass er in der Türkei eine Zeche geprellt hat. Hotelier Rechit Anik (…) schimpfte gestern gegenüber BILD: ,Max (…) hat an der Bar jede Nacht ordentlich gefeiert und getrunken, am Ende aber seine Rechnung nicht bezahlt. Das ist eine bodenlose Frechheit.’ Der Hotelier hat den Betrag von knapp 100 Euro mehrfach beim Grand-Prix-Held Max angemahnt, (…)”

Zu den Vorwürfen wurde ich wie folgt zitiert: “Ich muss in Istanbul diese Rechnung begleichen. Der Geldautomat hat damals auf die Schnelle kein Geld ausgespuckt, und ich musste schnell weg.”

Weiter behauptete BILD in einer Bildunterschrift: “Dieser Hotelier erhebt schwere Vorwürfe gegen den Grand-Prix-Sieger”.

Hierzu stelle ich fest:

Ich habe keine Zeche von knapp 100 Euro geprellt. Auf mich werden auch keine Geldeintreiber warten. Ebenso wenig habe ich gestanden, die Zeche geprellt zu haben. Der Hotelier hat den Betrag nie angemahnt. Deshalb erhebt er auch keine schweren Vorwürfe gegen mich. Der Hotelier hat gegenüber BILD nicht gesagt, ich hätte jede Nacht an der Bar ordentlich gefeiert und getrunken und am Ende meine Rechnung nicht bezahlt.

Ich wurde auch unvollständig zitiert. Zu dem Vorfall habe ich in “TV Total” gesagt: “Nein, ich war letztes Jahr im Sommer zum Urlaub in Antalya in einem kleinen Hotel und hatte am Ende eine Rechnung von 35 Euro noch offen. Die wollte ich eigentlich begleichen, nur der Geldautomat hat nichts mehr ausgespuckt, und ich konnte es in dem Moment, wo ich abfahren musste, nicht begleichen. Und dann haben die gesagt, ich soll es zahlen, wenn ich mal wieder in die Türkei gehe.” Wir hatten sogar angeboten, den offenen Betrag aus Deutschland zu überweisen, was aber abgelehnt wurde.

Waldshut, 6. April 2004 Maximilian Mutzke

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