Autoren-Archiv

Heftig, Strafzettel, Marie Antoinette

1. “‘Buzzfeed-Redakteure müssen verrückt sein'”
(horizont.at, Jakob Steinschaden)
Will Hayward, Vice President von Buzzfeed Europe, im Interview: “Ich finde es auch gefährlich, dass große Medienunternehmen in Großbritannien, Deutschland oder ­Österreich auf den Verfall der Werbepreise damit reagieren, Werbern Zugang zu ihren Redaktionen zu bieten. Bei BuzzFeed tun wir das nicht. Wir ­haben ein großes Redaktionsteam, bei dem Werber keine Chance haben. Dafür haben wir ein Team von Kreativen, die genau wissen, wie wertvoller Content für Marken aussehen muss, und mit diesen Leuten dürfen die Werber sprechen.”

2. “Schlagzeilenprosa”
(faz.net, Harald Staun)
Harald Staun beschäftigt sich mit “Heftig”: “Die Seite läuft auf einer kolumbianischen Domain (heftig.co), als Administrator ist eine Firma in Panama eingetragen, eine Art Impressum weist die Firma Spring Surfer Ltd. in Belize als Betreiber aus. Die Heimlichtuerei hängt vermutlich mit den zahlreichen Urheberrechtsverletzungen zusammen, auf denen die Artikel basieren: Viele Texte sind einfach von andern Seiten geklaut, selbst das Motto ist eine Übersetzung des ‘Upworthy-Slogans’: ‘Dinge die wichtig sind. Erzähl’ sie weiter!'”.

3. “Bullshit-Alarm am digitalen Zeitschriftenregal”
(clickomania.ch, Matthias Schüssler)
Matthias Schüssler kauft die Zeitschrift “Chip” als PDF-Datei: “Warum digitale Zeitschriften nicht markant oder zumindest etwas billiger sind als gedruckte, bleibt völlig unverständlich.”

4. “Dem Volk aufs Maul geschaut”
(notes.computernotizen.de, Torsten Kleinz)
Ein Vorschlag der Piratenpartei im Kommunalwahlkampf in Köln – und was der “Express” daraus macht.

5. “Journalisten brauchen Demut”
(indiskretionehrensache.de, Thomas Knüwer)
Giovanni di Lorenzo wirke “weltfremd wie Marie Antoinette”, schreibt Thomas Knüwer zu di Lorenzos zweifacher Stimmabgabe bei der Europawahl: “Immer weiter entfernen sich die Journalismus-Granden von der Realität ihrer Leser und deren Ansprüche in Sachen Transparenz. In einer Zeit, in der jeder Mensch in Minuten feststellen kann, dass es verboten ist, bei einer Wahl zwei Stimmen abzugeben, ein angeblicher Top-Journalist dies aber normal findet, tut sich eine Kluft auf.”

6. “Strafzettel für eine sogenannte Verkehrswidrigkeit”
(mequito.org)

Josef Joffe, Grundgesetz, Doppelwähler

1. “Leitartikler und Machteliten”
(heise.de/tp, Marcus Klöckner)
Josef Joffe, Herausgeber der “Zeit”, beschwert sich bei ZDF-Chefredakteur Peter Frey über einen Beitrag in der Satiresendung “Die Anstalt”. “Mit etwas mehr Ruhe und Sachlichkeit in der Diskussion könnte man nicht nur über die Frage deutscher Spitzenjournalisten und ihrer Nähe zu Eliten-Kreisen diskutieren, man könnte vielmehr auch eine für unsere Gesellschaft und vor allem: für unsere Demokratie nicht unerhebliche Frage stellen: Welche Einfluss haben die vielen Think Tanks, Stiftungen und machtelitären politischen Elite-Zirkel, in denen auch die Meinungsmacher der Leitmedien unterwegs sind, auf die Politik und unsere Gesellschaftsordnung?”

2. “Bekennender Doppelwähler”
(lawblog.de, Udo Vetter)
“Zeit”-Chefredakteur Giovanni di Lorenzo in der Talkshow “Günther Jauch”: “Er habe, so Lorenzo, zwei Stimmen fürs EU-Parlament abgegeben. Einmal in einer Hamburger Grundschule, außerdem aber auch am Vortag im italienischen Konsulat.”

3. “Paneuropäische Medien? Macht’s euch doch selber!”
(derstandard.at, Wolfgang Blau)
Wolfgang Blau vermisst eine “starke journalistische Stimme” in Kontinentaleuropa: “Im globalen Ranking des Marktforschers Comscore kommen von den 25 weltweit meistgelesenen Nachrichtensites elf aus den USA, elf aus China und drei aus Großbritannien.”

4. “We used to read the newspaper, now the news reads us.”
(okfn.de, englisch)
Die Open Knowledge Foundation Deutschland zeigt, welche Websites beim Besuch einer Nachrichtenseite auch noch kontaktiert werden: “Visiting Facebook will only request data from Facebook’s own servers, while a visit to Die Welt or F.A.Z. will notify 59 and 55 different sites, respectively.”

5. “Kunstaktion mit kolonialistischem Elan”
(martin-lejeune.tumblr.com)
Martin Lejeune berichtet über eine “Kunstaktion, die sich als Initiative der Bundesregierung ausgibt”: “Eine gefälschte ‘Flüchtlingszulassungsstelle des Bundes’, die vorgibt zum Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend in Berlin zu gehören, behauptet, 55.000 Kinder aus Syrien nach Deutschland transportieren zu wollen.”

6. “Rede von Dr. Navid Kermani zur Feierstunde ’65 Jahre Grundgesetz'”
(bundestag.de, Navid Kermani)
Schriftsteller Navid Kermani hält eine Rede zum 65. Geburtstag des Grundgesetzes: “Befragt, wann es Deutschland am besten gegangen sei, entschieden sich noch 1951 in einer repräsentativen Umfrage 45 Prozent der Deutschen für das Kaiserreich, 7 Prozent für die Weimarer Republik, 42 Prozent für die Zeit des Nationalsozialismus und nur 2 Prozent für die Bundesrepublik. 2 Prozent! Wie froh müssen wir sein, dass am Anfang der Bundesrepublik Politiker standen, die ihr Handeln nicht nach Umfragen, sondern nach ihren Überzeugungen ausrichteten.” Siehe dazu auch “Danke, Navid Kermani!” (zeit.de, Lenz Jacobsen).

Akif Pirinçci, Thomas Leif, Elke Heidenreich

1. “Es ist ein Jammer”
(begleitschreiben.net, Gregor Keuschnig)
Gregor Keuschnig fragt, ob Akif Pirinçci ein Nachfolger von Alfred Tetzlaff sei und behandelt Pirinçcis Buch “Deutschland von Sinnen” sowie die Medienreaktionen darauf.

2. “Superzufrieden”
(operation-harakiri.de, Ralf Heimann)
Was, wenn Journalisten über Leute schreiben, die dann rückmelden, “dass sie mit dem Artikel superzufrieden seien”? “Viele Zeitungsartikel sind ein Deal zwischen dem, der schreibt und dem, über den geschrieben wird. Der Deal hat für beide Vorteile. Der eine kriegt die Komplimente, der andere das Lob für die hervorragende Berichterstattung. Den Ärger hat der, der das lesen muss. Aber das wird der Autor nur selten erfahren.”

3. “Die Leitmedien leiden”
(blogs.taz.de, Karl-Heinz Ruch)
Der Geschäftsführer der kleinen “taz” macht sich Sorgen um die großen überregionalen Zeitungen und liefert Zahlen zu ihrem Niedergang: “Zwischen dem Boulevard und den Regionalzeitungen haben die überregionalen Abozeitungen, Träger von Qualitätsjournalismus, schon immer besondere Bedeutung für die publizistischen Kultur in Deutschland. Es gibt Grund, sich ernsthaft Sorgen zu machen.”

4. “Zweifel verliert Machtkampf gegen Heidenreich”
(bazonline.ch, Benedict Neff)
Stefan Zweifel wird von der Leitung des Literaturclubs im Schweizer Fernsehen entbunden, Hintergrund ist ein Streit um ein Heidegger-Zitat mit Elke Heidenreich: “Hatte sie in der Sendung noch darauf beharrt, den Satz so in den ‘Schwarzen Heften’ gelesen zu haben, erklärt sie nun auf Anfrage der BaZ, nur die Wortfolge ‘verborgene Deutschheit’ sei ein direktes Heidegger-Zitat. Beim Rest handle es sich um ‘eigene Gedanken zu Heidegger’. Das Wort ‘entbergen’ wiederum habe sie einem Artikel der Süddeutschen Zeitung entnommen, der im Dossier war, das ihr SRF für die Sendung zusammenstellte. Über den Ausgang der Diskussion sei sie ‘verblüfft’. Geirrt haben will sich die Kritikerin, die in der Sendung so vehement darauf beharrte, Heidegger zitiert zu haben, nicht.”

5. “‘Leif trifft …’ – wie sich der SWR-Chefreporter an AfD-Lucke abarbeitet”
(meedia.de, Stefan Winterbauer)
Stefan Winterbauer schaut sich “Leif trifft: Die Euro-Kritiker und deren Wortführer Bernd Lucke” (ardmediathek.de, Video, 44:10 Minuten) an: “Leifs Unart, Suggestiv-Fragen zu stellen, seine ungebremst zur Schau getragene Eitelkeit und seine tendenziösen Off-Kommentare, die alles Gezeigte mit der Brechstange in Richtung seiner Thesen biegen, erreichen das Gegenteil von dem was er mutmaßlich will. Hier merkt auch der dümmste Zuschauer, dass da einer manipulativ zu Werke geht und es ist nicht Bernd Lucke.”

6. “Sag es heftig!”
(heftigstyle.tumblr.com)
Siehe dazu auch “Mediendisruption: Heftig.co zeigt wie bedeutungslos Google für heutigen Medienerfolg sein kann” (neunetz.com, Marcel Weiss).

Deutsche Bank, Vergessenwerden, van Gaal

1. “Hier hilft nur noch ein Sprung von der Dachterrasse”
(martin-lejeune.tumblr.com)
Journalist Martin Lejeune sitzt zum Interview bei der Deutschen Bank in Berlin vier Personen gegenüber: “Der Direktor hatte noch einen weiteren Mitarbeiter der Deutschen Bank an seiner Seite. Der Herausgeber der mich beauftragten Zeitschrift war als ‘Regisseur’ zugegen, so bezeichnete er seine Rolle. Er sei als ‘Aufpasser’ mit dabei, scherzte der Direktor der Bank. Und ein Fotograf der Zeitschrift war anwesend.”

2. “Kein Sieg für die Persönlichkeitsrechte”
(freitag.de, Mark Stephens)
Mark Stephens hält das vom EuGH mit einem Urteil zementierte Recht auf Vergessenwerden für eine Bedrohung der Meinungsfreiheit: “Es ist sehr wahrscheinlich, dass mehrheitlich genau jene politischen und ökonomischen Eliten die Möglichkeit zur Löschung von Informationen nutzen werden, über die der Öffentlichkeit am allerwenigsten Suchergebnisse vorenthalten werden sollten.”

3. “Das könnt ihr vergessen!”
(daskoenntihrvergessen.tumblr.com, Hakan Tanriverdi)
Nicht zu wenig vergisst das Internet, sondern zu viel, schreibt Hakan Tanriverdi: “Der Fachbegriff für dieses Phänomen heißt ‘link rot’, also Linksterben. Es ist ein Problem sowohl für die Geschichtsschreibung als auch für die Rechtsetzung. Die Fülle an Informationen müsste die Menschheit eigentlich in die komfortable Situation versetzen, auf so viele Datensätze wie nie zuvor zugreifen zu können – es passiert aber das genaue Gegenteil. Die Daten verschwinden, das Internet vergisst sich selbst.”

4. “Medienpluralismus vor Ort”
(medien-mittler.de, Radina Koleva)
Radina Koleva macht Praktika bei der “Wirtschaftswoche” und bei der “taz”; sie findet die beiden Titel “ein sehr gutes Beispiel für den Medienpluralismus in Deutschland”: “In der einen Redaktion würde man sich unwohl fühlen, wenn man ohne Sakko auf die Arbeit kommt. In der anderen dagegen, würde man sich mit Sakko eher komisch vorkommen und man hätte das Gefühl, ein bisschen zu schick angezogen zu sein.”

5. “British journalists: follow these ten rules when interviewing Louis van Gaal”
(nrc.nl, Peter Zantingh, englisch)
Peter Zantingh gibt britischen Journalisten Verhaltenstipps gegenüber Louis van Gaal.

6. “Aktien vor Acht – die typische Börsensendung | Walulis sieht fern”
(youtube.com, Video, 1:25 Minuten)

Neuwagen, Bikinifotos, Fische

1. “Diese Bilder von Tausenden neuen Autos sind beeindruckend, die Geschichte dahinter wird dich zu Tränen rühren!”
(autokarma.de, Thomas Gigold)
Thomas Gigold liefert Hintergründe zum Artikel “Mega-Parkplätze: Sind das die größten Neuwagen-Müllhalden der Welt?” auf Focus.de.

2. “Zufälliges Bikinifoto neben Prominenten”
(medien-internet-und-recht.de)
Das Oberlandesgericht Karlsruhe bestätigt den Unterlassungsanspruch, nicht aber den Geldentschädigungsanspruch einer Frau, die sich im Hintergrund eines in “Bild” abgedruckten Fotos im Bikini wiederfindet.

3. “Tote Fische reden nicht”
(nzz.ch, Tom Felber)
“In dubio pro reo” spricht das Obergericht Zürich einen 26-Jährigen “vom Vorwurf der Gehilfenschaft zu mehrfacher Drohung gegen ‘Blick’-Journalisten” frei.

4. “Der liquide Newsroom als Zentrale”
(t3n.de, Luca Caracciolo)
Ein Interview mit Jochen Wegner, Chefredakteur von Zeit.de: “Hochwertiger Journalismus funktioniert für uns als Geschäftsmodell ausgesprochen gut – auch im Digitalen. Vor zehn Jahren haben viele Experten erklärt, dass Branding-Werbung ohnehin eine Lüge sei und im Internet nie Erfolg haben werde. Das Gegenteil ist heute der Fall. Manche Luxusmarken etwa fangen jetzt erst an, nach hochwertigen Umfeldern im Netz zu suchen. Und wir wachsen mit diesem Trend.”

5. “Wollen wir Journalismus nur bezahlen, wenn wir ihn hinter Gitter bringen?”
(stefan-niggemeier.de)
Muss Journalismus zwingend hinter eine Schranke, damit die Leser dafür zu bezahlen bereit sind? Stefan Niggemeier schreibt: “Wir kaufen für unsere Ecke im Büro einen Ventilator, lassen aber, wenn es heiß ist, niemand anderes dort sitzen, die hätten sich ja selber einen Ventilator kaufen können? Und wenn sich nicht vermeiden lässt, dass auch andere etwas von der Kühlung abbekommen, verzichten wir lieber ganz auf den Ventilator?”

6. “++ EIL! BREAKING! ++ Online-Nachrichten immer hysterischer!!! ++ EIL! BREAKING! ++”
(der-postillon.com)

Bauer Media Group, Käseblatt, Wodka

1. “Wenn Firmen sich bei den Kreativen bedienen: Dreister Bilderklau”
(schoen-und-fein.de, Stefanie Bamberg)
Wie sich die Bauer Media Group bei Bildern von Bloggern bedient: “Bauer Media ist übrigens mit so einem Verhalten, dass sich vor allem auf Facebook zeigt, nicht alleine. Ich empfehle euch, mal ein paar Facebook-Seiten anzuschauen, zum Beispiel von Burda – ebenfalls ein Verlag, der das Leistungsschutzrecht einst gefordert hat. Was man da so findet, ist ziemlich niederschmetternd.”

2. “Kuck mal, wat für ‘n Käseblatt”
(operation-harakiri.de, Ralf Heimann)
Ralf Heimann, bisher Lokaljournalist, kritisiert den Lokaljournalismus: “Ich habe überhaupt nichts gegen Vereinsberichterstattung. Aber die Voraussetzung dafür, dass etwas in der Zeitung steht, sollte immer sein, dass man vom Kreis der potenziellen Interessenten die Leute auf dem Foto abziehen kann und dann noch immer jemand übrigbleibt.”

3. “Ein naturalistischer Fehlschluss”
(connected.tante.cc, Jürgen Geuter)
Jürgen Geuter fragt sich, wie das EuGH-Urteil gegen Google offline aussehen könnte: “Kommen nach 10 Jahren eine handvoll Männer in schlecht sitzenden Anzügen und flößen allen Menschen, die sich noch erinnern Wodka ein, bis sie ihre Erinnerungen verloren haben?”

4. “Sand im digitalen Kapitalismus”
(nzz.ch, Rainer Stadler)
“Die digitalen Goliaths aus den USA sollen angekettet und den nationalen Sitten unterworfen werden”, schreibt Rainer Stadler zum gleichen Thema: “Das Feuilleton der wirtschaftsliberalen ‘FAZ’ operiert gar mit Versatzstücken der antikapitalistischen Rhetorik und verbündet sich im Kampf gegen das Silicon Valley mit dem Chef des ‘Bild’-Herausgebers Axel Springer.”

5. “’20 Minuten’: Werbung vor Inhalt”
(medienspiegel.ch, Martin Hitz)
Wie in den Gratiszeitungen “20 Minuten” und “Blick am Abend” Werbung und Inhalte präsentiert werden.

6. “die story – Wer betrügt, profitiert”
(wdr.de, Video, 43:39 Minuten)
Wie deutsche Arbeitgeber mit Mitarbeitern aus der EU umgehen. Und wie Politiker einerseits Mindestlöhne fordern und andererseits Gesetzlücken offen lassen – die dann die Gerichte belasten.

Pro-Russen, Separatisten, Milchsubventionen

1. “Unsere Ukraine-Berichterstattung”
(blog.tagesschau.de, Kai Gniffke)
Kai Gniffke erklärt die Berichterstattung der “Tagesschau” zur Lage in der Ukraine: “Aus den einstmals bösen Armee-Schlägern vom Maidan sind nun die legitimen Truppen geworden, die die Ostukraine vor dem Zugriff durch prorussische Separatisten und möglicherweise russischem Militär schützen wollen. Da kommen einige Kollegen argumentativ ganz schön in die Bredouille.”

2. “Die nützliche Erfindung der ‘Pro-Russen'”
(heise.de/tp, Stefan Korinth)
Stefan Korinth analysiert die von den Medien geschaffene Gruppe der “Pro-Russen”: “Hiesige Medien berichten aber auch über friedliche Regierungsgegner im Osten und Süden der Ukraine so, als wenn diese dort Fremdkörper oder Ausländer wären. Aus zahllosen Berichten trieft es: verblendete Sowjetnostalgiker, leichtgläubige Propaganda-Opfer, Putin hörig, grundlos hysterisch. Die Ängste, Anliegen und politischen Vorstellungen dieser Ukrainer sind damit nicht mehr legitim. ‘Moskau-nah’, ‘pro-russisch’, ‘kreml-treu’ – wer gegen die neue Regierung ist, muss in vielen deutschen Journalistenaugen für Putin und den Zerfall der Ukraine sein.”

3. “‘Du bist ein beschissener Agent! Das ist kein Lösegeld, sondern dein Beitrag zu unserem Krieg!'”
(maidantranslations.com, Pavel Kanygin)
Pavel Kanygin, Journalist bei der russischen Zeitung Nowaja Gaseta, wird in einer Pizzeria von Männern verhaftet, die ihm vorhalten, sie als Separatisten bezeichnet zu haben. Siehe dazu auch “Ukraine: Berichten unter Lebensgefahr” (swp.de, Stefan Scholl).

4. “‘Speziale Libero’: Die Meinungsfreiheit der anderen”
(publikative.org, Andrej Reisin)
Andrej Reisin kritisiert einen Text von Birgit Schönau in der “Süddeutschen Zeitung”: “In der ‘Süddeutschen Zeitung’ fordert eine Journalistin die Einschränkung der Meinungsfreiheit anderer. Garniert wird das Ganze mit vollkommen unbelegten (und unhaltbaren) Spekulationen und Geraune über Mafia und Camorra und ein ‘internationales Netz so genannter Ultràs’. Die These von den in deutsche Kurven geschmuggelte Spruchbänder der Camorra ist derartig aus der Luft gegriffen, dass einem kaum Gegen-‘Argumente’ einfallen mögen – schließlich wird ja nicht mal versucht jenseits wilder Assoziationsketten auch nur den geringsten handfesteren Hinweis vorzutragen.”

5. “Goldener Bremsklotz 2014 an das Bundesamt für Landwirtschaft”
(investigativ.ch)
Investigativ.ch zeichnet das Bundesamt für Landwirtschaft mit dem “Goldenen Bremsklotz” aus. Für “eine Liste von Empfängern von Milchsubventionen” verlangte das Amt von der Zeitschrift “Beobachter” rund 225 000 Euro. “Schließlich, so das Amt, gebe es 2500 Subventionsempfänger, die alle ein Recht hätten, zum Begehren des Beobachters angehört zu werden. Bei einer Stunde Aufwand pro Subventionsempfänger und hundert Franken Stundenansatz mache das eine Viertelmillion; dazu kämen 25.000 Franken Porto.”

6. “Wenn einer über den eigenen Chef schreibt”
(medienblog.blog.nzz.ch, Rainer Stadler)
Rainer Stadler fragt: “Wirkt es nicht etwas bizarr, wenn sich Journalisten auf anonyme Quellen im Haus berufen, in dem sie selber arbeiten? Ein Journalist hat selbstverständlich den intimsten Blick auf Arbeitsorganismen, denen er selber angehört. Aber hat er dann noch die nötige Distanz, darüber unvoreingenommen zu berichten?”

Staatsfeuilleton, Schließfach, Schirrmacher

1. “Transatlantik – Journalisten unter Bündnisverdacht”
(ndr.de, Video, 4:33 Minuten)
Daniel Bröckerhoff fragt, wie transparent Journalisten ihre Verbindungen zu Lobbygruppen machen – Stefan Kornelius von der Süddeutschen Zeitung antwortet.

2. “‘Wir müssen verhandeln, welchen Wert Qualitätsjournalismus hat'”
(horizont.net, Jürgen Scharrer)
Ein langes Interview mit FAZ-Herausgeber Frank Schirrmacher: “Wir müssen wieder stärker an unsere Inhalte glauben, statt ständig darüber nachzudenken, mit welchen Maßnahmen wir unsere Reichweiten erhöhen können.”

3. “Das neue Staatsfeuilleton”
(sueddeutsche.de, Johan Schloemann)
Johan Schloemann erkennt aus der öffentlichen Hand finanzierte Konkurrenz für die klassischen Feuilletons: “Manches am Staatsfeuilleton ist Volksbildung, anderes aber ist eher ‘Corporate Publishing’, nur dass die Firma hier der Staat ist und der Kunde sein Steuerzahler.”

4. “Schwarzes Schaf im Schließfach”
(art-magazin.de, Almuth Spiegler)
Ein aufgetauchtes Bild wird von den Medien Vincent van Gogh zugeschrieben: “Man würde doch mit freiem Auge sehen, dass hier höchstens ein Hobbymaler nach einem Kalenderblatt gemalt habe. (…) Zwischenzeitlich sei es anscheinend ganz normal, derartige Meldungen unkritisch zu übernehmen, es scheine nur um den berühmten Namen zu gehen.”

5. “News of the World royal editor: I hacked Kate Middleton 155 times”
(theguardian.com, Lisa O’Carroll, englisch)
Der frühere Königshaus-Reporter von “News Of The World”, Clive Goodman, steht vor Gericht, weil er sich illegal Zugang zu Mobilfunk-Mailboxen verschafft hatte: “He told jurors he hacked Prince William 35 times, Prince Harry nine times and the Duchess of Cambridge 155 times.”

6. “Wer zahlt, der findet”
(perlentaucher.de, Anja Seeliger)
Anja Seeliger kommentiert das EuGH-Urteil gegen Google: “Der EuGH hat uns gestern im Handstreich eine Zweiklassen-Informationsgesellschaft beschert. Die, die für Informationen bezahlen, wissen, wer pleite gemacht hat, wer schon mal verurteilt wurde oder wer vor zwanzig Jahren eine karriereschädliche Bemerkung gemacht hat. Die anderen – lernen von den Chinesen oder wissen es eben nicht. So wird die Informationshierarchie der vordigitalen Zeit langsam wieder restauriert.” Siehe dazu auch “Nach EuGH-Entscheidung: So stellen Sie einen Löschantrag bei Google” (spiegel.de, Markus Böhm).

EuGH, Gabriele Pauli, Homosexuelle

1. “Über die Kraft einer positiven Sogwirkung und wie verfrühte Kritik sie verhindert”
(netzwertig.com, Martin Weigert)
Martin Weigert beobachtet, wie unterschiedlich neue Projekte in Schweden und in Deutschland aufgenommen werden: “Für Deutsche ist ein frühzeitiges Diskutieren aller Vor- und Nachteile ein Muss. Wird ein neues, herausforderndes Vorhaben angeschoben, dann müssen sich die Initiatoren darauf einstellen, dass selbst womöglich vorhandene ehrenwerte Ziele und ein eventuelles allgemeines öffentliches Interesse an der Verwirklichung nicht vor ausgedehnten, mit negativer Tonalität untermalten Analysen schützen.” Siehe dazu auch “kritik-kritiker kritik” (wirres.net, felix schwenzel).

2. “Zensur bei der taz?”
(blogs.taz.de/hausblog, tazkommune)
Die “tazkommune” antwortet auf den Beitrag “Warum ich nicht mehr für die TAZ schreibe” von Schriftsteller Raul Zelik: “Die allgemeinen Vorwürfe von Zelik gegen die taz können wir nicht nachvollziehen. Wir verstehen bereits nicht, wie man die Ablehnung eines Textes durch eine Redaktion als ‘Zensur’ bezeichnen kann.”

3. “Bild darf Ex-Landrätin Pauli nicht als ‘durchgeknallte Frau’ bezeichnen”
(juraforum.de)
Ein Rechtsstreit zwischen “Bild” und Gabriele Pauli vor dem Oberlandesgericht München behandelt einen Text von Franz Josef Wagner.

4. “EU Wants a ‘Right to Be Forgotten,’ But the Internet Never Forgets”
(mashable.com, Lance Ulanoff, englisch)
Lance Ulanoff kommentiert ein Urteil des Europäischen Gerichtshofs (EuGH), das Suchmaschinen dazu verpflichtet, personenbezogene Daten von Privatpersonen auf Anfrage aus ihren Ergebnissen zu streichen: “You’ve got it all wrong, EU. I say this not as someone who enjoys a level of popularity on the web, but as a regular person who managed to anger a powerful few (at least online).” Siehe dazu auch “Wer gegen Netzsperren ist, muss auch das EuGH-Urteil zu Löschpflichten von Google ablehnen” (internet-law.de, Thomas Stadler) und “EuGH: Suchmaschinen und Datenschutz” (telemedicus.info, Adrian Schneider).

5. “10 Tipps auf dem Weg zur Normalität”
(journalist.de, Jennifer Stange)
Jennifer Stange gibt Tipps, wie man beim Schreiben über Homosexuelle “jenseits von übereuphorischen Riesenschlagzeilen, Klischees und peinlicher Verschwiegenheit die Dinge beim Namen nennt”.

6. “Wie man eine Geschichte schnell erhitzt”
(faz.net, Michael Hanfeld)
Als PR-Mann von McDonald’s, wie ihn den “Spiegel” darstellt, tauge Günter Wallraff nicht, schreibt Michael Hanfeld: “Günter Wallraff ist nämlich nicht nur Enthüllungsjournalist, sondern auch so etwas wie ein Mediator: Er verfolgt Geschichten weiter, selbst wenn sie keine Schlagzeilen mehr machen, und schaltet sich in Fällen ein, die nicht groß genug für eine Story sind. Nur zum PR-Mann von McDonald’s, als der er im ‘Spiegel’ mehr oder weniger erscheint, taugt er nicht.”

Einzelfälle, Béla Anda, Krautreporter

1. “Medizinjournalismus: Die trügerische Kraft des Einzelfalls”
(medien-doktor.de, Marcus Anhäuser)
Weil die Auseinandersetzung mit Studien wenig TV-tauglich erscheint, setzen viele Journalisten auf den Einzelfall: “Jedes Mal, wenn ein Journalist seinen Beitrag auf die trügerische Aura des Einzelfalls stützt, heult irgendwo ein Mediziner auf, weil wieder einmal zweihundert Jahre Entwicklung in der Medizin ignoriert wurden, um die Wirksamkeit von Heilmitteln verlässlich zu überprüfen.”

2. “Wegen Conchita Wurst: BILD-Politikchef Anda gewinnt Homophobie-Bingo”
(nollendorfblog.de, Johannes Kram)
Johannes Kram beschäftigt sich mit dem “Zwischenruf” “Muss ich Conchita Wurst gut finden?” von Béla Anda auf Bild.de: “Ich finde es immer gut, wenn jemand zugibt, was ihn irritiert, und was ihn stört. Aber ich mache mir dann schon ein paar Gedanken über ein ‘Rollenverständnis von Mann und Frau’, das sich schon durch den Bart einer Travestie-Sängerin angegriffen fühlt. Wovor hat dieser Mann Angst? Dass seine Frau oder Frauen auf die Idee kommen könnten, Vollbart zu tragen? Dass er bärtige Frauen küssen muss?”

3. “Datenleck bei der Quizduell-Show – über 50.000 Nutzer betroffen”
(heise.de/security, rei)
Heise Security entdeckt ein Datenleck in der mit der interaktiven ARD-Sendung “Quizduell: Vier gegen Deutschland” verbundenen App Quizduell: “Mit einem einfachen Trick konnte man unter anderem auf die Klarnamen, Wohnorte, Geburtsdaten und sogar Mail-Adressen der Quizduell-Spieler zugreifen. Insgesamt sind die Daten von über 50.000 Nutzern betroffen.”

4. “Fünf Gründe, warum ich von dem Krautreporter-Konzept enttäuscht bin”
(datenjournalist.de, Lorenz Matzat)
Lorenz Matzat bleibt skeptisch, ob es dem Projekt Krautreporter “jenseits der Filterblase” gelingt, “die 15.000 Abonnenten zusammenzubekommen”: “Insgesamt ist es erstaunlich, dass das Crowdfunding für das Krautreporter-Magazin recht schlecht vorbereitet wirkt.”

5. “Krautdetective”
(neunetz.com, Marcel Weiss)
Dass es offenbar Bedarf an einem Projekt wie Krautreporter gebe, sei “ein Zeugnis des Versagens nicht nur der privaten Medien sondern auch und besonders der öffentlich-rechtlichen Medien”, schreibt Marcel Weiss. “Letztere setzen ihre Sonderstellung auf der Erlösseite nicht ein, um im Online-Kontext neue Wege zu gehen. Stattdessen machen sie mehr oder weniger das Gleiche wie die privaten Medien.”

6. “Grundschüler protestieren gegen jährliche Zuwanderung unqualifizierter Erstklässler”
(der-postillon.com)

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