Es ist eine Sache, wenn Boulevardjournalisten glauben, die neuesten Mord-und-Totschlag-Meldungen mit geklauten Fotos aus dem Internet bebildern zu müssen. Eine schlimme Sache.
Es ist aber noch mal etwas ganz anderes, wenn Boulevardjournalisten blind vor Sensationsgeilheit die falschen Fotos aus dem Internet klauen.
Am Samstag berichtete “Bild” über ein “blutiges Drama in der Studenten-WG”: Im Berliner Stadtteil Wedding soll ein Mann zunächst seine Mitbewohnerin getötet haben, ehe er selbst aus dem Fenster sprang. Und weil es den Leuten von “Bild” nicht reichte, Fotos zu zeigen, auf denen der schwer verletzte Mann und die tote Frau abtransportiert werden, haben sie sich ein bisschen im Internet umgesehen und ein Foto einer jungen Frau gefunden.
Angehörige und Bekannte der Abgebildeten waren schockiert, als sie die Frau auf der Startseite von Bild.de und in der Berliner Regionalausgabe von “Bild” als vermeintliches Mordopfer sahen. Doch Hannah W. lebt, das Mordopfer heißt Hanna K.
Im Eifer des Gefechts hatten die Fachleute für Leichenfledderei den Blog von Hannah W. aus Bremen gefunden und sich dort an einem Foto der jungen Frau bedient. Aus dem Impressum übernahmen sie Hannah W.s Studienfach und dichteten es der Toten an, obwohl aus dem selben Impressum klar hervorgeht, dass Hannah W. nicht Hanna K. heißt und 1985 geboren ist — das Mordopfer war 21.
Im Laufe des Samstags muss den Leuten bei Bild.de die Verwechslung dann doch irgendwie aufgefallen sein, jedenfalls nahmen sie das Foto von Hannah W. aus ihrer Bildergalerie und von der Startseite.
Heute nun erschien in “Bild” und auf Bild.de jeweils eine “Richtigstellung”:
Hannah W. erklärte uns auf Anfrage, dass “Bild” bisher keinen persönlichen Kontakt zu ihr aufgenommen habe. Sie hat in ihrem Blog einen offenen Brief an “Bild” veröffentlicht und ihre Anwälte eingeschaltet.
Mit Dank auch an die vielen Hinweisgeber.