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Clint Eastwood, Behindertenwitze, IVW

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Um 6 Minuten vor 9 Uhr erscheinen hier montags bis freitags handverlesene Links zu lesenswerten Geschichten aus alten und neuen Medien. Tipps gerne bis 8 Uhr an [email protected].

1. “Warum ich mir eine (vermutlich) einmalige Gelegenheit entgehen lasse”
(qlod.org, Nilzenburger)
Nilzenburger erklärt, warum er eine Einladung in die Sendung “Achtung, Computer! Macht uns das Internet dumm?” von “Günther Jauch” zurückgewiesen hat: “Spitzer geht es zu keinem Zeitpunkt um eine Diskussion, genausowenig wie es ihm um eine Lösung geht. Spitzer geht es wahrscheinlich nicht mal so sehr um unsere Kinder. Spitzer geht es nur um eins: Sein Buch zu verkaufen.” Siehe dazu auch “Omg, lol!” (spiegel.de, Ole Reißmann).

2. “Der neue Dämonisierungsjournalismus”
(begleitschreiben.net, Gregor Keuschnig)
Gregor Keuschnig geht auf drei Berichte von deutschen Journalisten über den Auftritt von Clint Eastwood (youtube.com, Video, 11:49 Minuten) an der Republican National Convention ein: “Die Unterstellung von Senilität und/oder Rassismus ist nichts als abstoßender Gesinnungsjournalismus. Man mag sich nicht ausdenken, wozu diese Journalisten zu anderen Zeiten fähig gewesen wären (ihre Indoktrinierung hätte nur anders verlaufen müssen). Sie sind zu nüchternen Analysen nicht in der Lage, weil sie hoffnungslos parteiisch sind. Daher muss jeder Andersdenkende, der nicht ihr Weltbild vertritt, dämonisiert werden.”

3. “Von Handicap-Helden, Judo-Zwillingen und dem Stelzenmann “
(absolutobsolet.blogspot.de)
Anlässlich der Paralympics in London macht Bild.de eine Klickstrecke mit Behindertenwitzen.

4. “Qualität versus Tricks”
(ploechinger.tumblr.com, Stefan Plöchinger)
Stefan Plöchinger, Chefredakteur von Sueddeutsche.de, schreibt über die Tricks von Zeitungsportalen, um IVW- und AGOF-Rankings zu optimieren. “Wir wollen nachhaltig Reichweite aufbauen, wie Spiegel Online und auch bild.de das über die Jahre geschafft haben. Mit Tricks allein wären sie nicht Marktführer geworden, sie sind es dank einer publizistischen Idee, die man im Fall von bild.de freilich nicht teilen muss.”

5. “PR-Firma zahlt Journalisten: Im Couvert steckten 500 Franken”
(sonntagonline.ch, Hanspeter Bürgin)
Schweizer Journalisten lassen sich von einer PR-Firma mit rund 400 Euro bezahlen: “PR-Mann Fässler verteidigt sein Geschäftsmodell: ‘Ich verstosse gegen keine Gesetze und Richtlinien.’ Er bestätigt ohne Umschweife, Journalisten von Tamedia, NZZ und az entschädigt zu haben. Ob diese die 500 Franken behalten, in eine Redaktionskasse einbringen oder an eine gemeinnützige Organisation spenden, sei nicht seine Sache.”

6. “BILD versteht Jan Böhmermanns Humor nicht”
(alexkordsblog.wordpress.com)

Keinen Respekt gezollt

Seit der sogenannten Teppichaffäre von Entwicklungsminister Dirk Niebel ist klar, dass gerade an Staatsbeamte besonders hohe moralische Maßstäbe angelegt werden, wenn es um die korrekte Verzollung hochpreisiger Gegenstände geht. Was viele noch nicht wussten, laut dieser “Bild”-Schlagzeile von gestern reicht es sogar schon, wenn man irgendwann einmal in seinem Leben einen Beamten im Fernsehen gespielt hat:

"Tatort"-Kommissar beim Schmuggeln erwischt

Die Rede ist von Mehmet Kurtuluş, der laut “Bild” …, aber lesen Sie selbst:

Der Fall: Am Freitagmittag landet in Frankfurt am Main die Lufthansa-Maschine “LH 457” aus Los Angeles. An Bord ist auch Schauspieler Kurtulus (…). An der Zollstation 6, im Terminal 1 (Halle B) dann der Zugriff: Die Beamten bitten den ARD-Star, seine Tasche zu öffnen. Sie finden: einen Laptop mit amerikanischer Tastatur! Auf die Frage, ob der Rechner neu gekauft sei, antwortet Kurtulus: “Nein, den habe ich vor etwa anderthalb Jahren gekauft, für ungefähr 1300 Dollar.” Doch einen Beleg hat er nicht. (…) Ein Strafverfahren wird eingeleitet: “Verdacht der versuchten Steuerhinterziehung”.

Gut, Mehmet Kurtuluş ist eigentlich gar kein “Tatort”-Kommissar mehr und der Fall ist so unbedeutend, dass eine Sprecherin des Zolls auf Anfrage von Welt.de erklärt:

Ob allerdings Anklage gegen den Schauspieler erhoben wird, sei unklar. “Solche Fälle passieren hier ständig”, sagte sie.

Wirklich infam ist, dass “Bild” einfach behauptet, dass der Schauspieler “beim Schmuggeln erwischt” wurde, obwohl dies überhaupt nicht erwiesen ist. Zwar wird im Artikel die Behauptung durch “scheint” und “soll” abgemildert, die Unschuldsvermutung sollte jedoch auch in der Überschrift gelten.

Manche Kommentatoren auf Bild.de kommen daher auch gar nicht erst auf den Gedanken, dass Kurtuluş womöglich gar nicht geschmuggelt hat, sondern lassen auch gleich noch ungehemmt ihrem Rassismus freien Lauf (aber das kennt man ja):

Wenn man schon so heißt……………..

Rotzfrech, dummdreist. Daran ändert auch deutsche Staatsbürgerschaft nichts.

Das ist wahre Kulturbereicherung.
Danke an Grüne und Konsorten.

ich wundere mich überhaupt nicht! Das ist nun mal deren Mentalität! Sieht man auf jedem derer Basare…jeder versucht jeden übers Ohr zu hauen.

jetzt wissen wir wenigstens dass er sich wieder in d aufhält und unser sozialsystem belastet

… in die Türkei abhauen !!!

Und damit die eigenen Leser nicht selbst versehentlich eine derartige “Basarmentalität” an den Tag legen, bietet Bild.de gleich noch den passenden Ratgeber:

 Mehmet Kurtulus beim Schmuggeln erwischt Was muss ich eigentlich alles verzollen?

Dabei zeigt sich auch die Komplexität der Zollbestimmungen:

Wer von außerhalb der Europäischen Union zurückkehrt (z. B. USA, Karibik, Afrika), darf zollfrei einführen:

(…)

• Kleidung und Wertsachen wie Schmuck oder Elektro-Artikel sind bis 300 Euro Wert zollfrei, bei Flug- und Seereisen bis 430 Euro.

(…)

Wer aus einem Nicht-EU-Land mehr mitbringt als erlaubt, muss die Ware bei der Einreise beim Zoll anmelden und eine Einfuhrabgabe zahlen.

Beispiel von “Zoll Online”

Ein Ehepaar reist auf dem Landweg (Pkw) aus der Schweiz ein, wo es 4 antike Stühle gekauft hat. Die Wertgrenze beträgt pro Reisenden 300 Euro, da sie nicht im See- oder Flugverkehr einreisen. Jeder Stuhl kostet 120 Euro. Beide Reisende können innerhalb der Wertgrenze von 300 Euro jeweils 2 Stühle (240 Euro) abgabenfrei einführen.

Ein anderes Ehepaar reist ebenfalls aus der Schweiz ein, wo es sich einen alten, restaurierten Bauernschrank im Wert von 320 Euro gekauft hat. Da der Schrank jedoch nicht teilbar ist, kann sein Wert nicht aufgeteilt werden. Demnach ist der Bauernschrank einem Ehepartner zuzuordnen. Sein Wert in Höhe von 320 Euro übersteigt die Freigrenze von 300 Euro. Somit fallen für den Schrank Einfuhrabgaben an.

– Ist bei nicht teilbaren Waren die Reisefreigrenze überschritten, so werden die Einfuhrabgaben auf den Gesamtwert der Ware und nicht nur auf den die Freigrenze übersteigenden Wertanteil erhoben. Dies bedeutet, dass in oben genanntem Beispiel der Schrank mit seinem Gesamtwert von 320 Euro zu verzollen ist.

So weit so richtig. Weiter im Text:

• Wer maximal 700 Euro über der Freigrenze liegt, die Ware im persönlichen Gepäck mitführt und sie für den privaten Gebrauch bestimmt ist, zahlt pauschal 17,5 Prozent des Warenwertes, der über den Grenzen liegt.

Das hingegen ist falsch. Sobald die Freigrenze überschritten wird, werden sämtliche Abgaben auf den Gesamtbetrag fällig. Das gilt auch nicht bis “maximal 700 Euro über der Freigrenze”, sondern nur bis 700 Euro Gesamtbetrag.

Bild.de weiter:

• Bei einer Überschreitung der Einfuhrgrenze um mehr als 700 Euro, oder wenn der Urlauber die pauschale Besteuerung ablehnt, berechnet der Zoll die Abgaben einzeln für jedes Produkt, abhängig vom Warenwert, Herkunftsland und der Art der Ware. Ein kompliziertes Verfahren, das Sie vermeiden sollten.

Wer dieses komplizierte Verfahren vermeiden will, sollte besser nicht auf Bild.de hören. Wie bereits oben erwähnt, kommt die Einzelberechnung für jedes einzelne Produkt bereits bei Überschreiten der Grenze von 700 Euro und nicht erst bei “Überschreitung der Einfuhrgrenze um mehr als 700 Euro”. Die 700 Euro sind schon die Grenze.

Oder, um es mit den Worten einer großen deutschen Tageszeitung zu sagen:

Bild.de beim Schmuggeln erwischt

Mit Dank an Axel Sch.

Blick, Markus Lanz, Fußballexperten

6 vor 9

Um 6 Minuten vor 9 Uhr erscheinen hier montags bis freitags handverlesene Links zu lesenswerten Geschichten aus alten und neuen Medien. Tipps gerne bis 8 Uhr an [email protected].

1. “Diese Bilder waren zu hart”
(nzz.ch, hes./nic.)
Unter der Überschrift “So geil ist der Fussball-Sommer” veröffentlicht “Blick” Fotos von Fußballer Mario Götze, auf denen er mit einer Erektion zu sehen ist.

2. “‘Dies ist das wahre Geheimnis des Fußballs'”
(zeit.de, Harald Martenstein)
Harald Martenstein über Fußballexperten: “Wenn eine Mannschaft vier Mal gut gespielt hat, wird einem mit vielen Details von den Experten erklärt, warum die Weltklasse sind. Dann verlieren sie ein Mal, und derselbe Experte kann einem mit noch mehr Expertendetails erklären, warum die von Weltklasse meilenweit entfernt sind. (…) Die Arbeit eines Fußballexperten besteht darin, Ereignisse, die zum Teil mit Zufall zusammenhängen, hinterher als unvermeidliche Folge von Fehlentscheidungen des Trainers darzustellen.”

3. “Rassismus im deutschen Kinderfernsehen”
(scilogs.de, Joe Dramiga)
Joe Dramiga thematisiert das Samstagvormittagsprogramm der Öffentlich-Rechtlichen in den Jahren 2001 bis 2006: “Beschämend, wie unsere Steuergelder dafür verwendet werden, den Kids auf mehr oder weniger subtile Weise einzuhämmern, dass Schwarze ‘Misfits’ – also nicht gesellschaftsfähig – sind.”

4. “Inside the BBC’s Verification Hub”
(nieman.harvard.edu, David Turner, englisch)
Die Verifikation von Inhalten bei der BBC: “The golden rule, say Hub veterans, is to get on the phone whoever has posted the material.”

5. “Kein schöner Lanz”
(stefan-niggemeier.de, Videos)
Stefan Niggemeier untermauert seinen “Spiegel”-Artikel über Markus Lanz mit zwei Zusammenschnitten.

6. “Öffentlichkeitsarbeit? Pfui!”
(scienceblogs.de/naklar, Florian Aigner)
Universitäten gehörten zu den Guten, schreibt Florian Aigner, der bei der Unternehmenskommunikation zu differenzieren versucht. “Wenn wir an den Universitäten Forschungserfolge nach außen tragen wollen, dann produzieren wir Information, keine Werbung.”

Metall-Musik und Blech-Berichte

Heute ist Allerheiligen, ein sogenannter “Stiller Feiertag”, an dem in manchen Bundesländern keine Musikveranstaltungen stattfinden dürfen.

In Berlin ist heute ein ganz normaler Werktag, aber man kann es natürlich trotzdem unpassend finden, wenn eine als satanistisch geltende Black-Metal-Band “ausgerechnet” an Allerheiligen ein Konzert in der Hauptstadt spielt. Das ist dann allerdings eher eine Geschmacksfrage.

Der “Berliner Kurier” jedenfalls empörte sich gestern:

Die Ekel-Rocker glauben an Satan, sie pöbeln gegen Christen, halten sich für Übermenschen. Der Gitarrist der norwegischen Black-Metal-Band Gorgoroth ist wegen unerlaubten Waffenbesitzes vorbestraft, zwei Ex-Mitglieder zündeten Kirchen an. Diese Teufels-Jünger und andere Satanisten-Bands dürfen jetzt trotzdem im Kult-Club SO 36 in Kreuzberg auftreten. Ausgerechnet zu Allerheiligen!

Die Kreuzigung nackter Frauen gehört zur Bühnen-Show. Echte Schafsköpfe und eine Metzelei mit 80 Litern Schafsblut sorgten 2004 für einen Skandal um ein Konzert in Krakau. Die Norweger Gorgoroth liefern seit 1992 immer wieder Aufreger: “Black Metal ist die Musik Satans”, sagte Gitarrist Infernus. 2006 wurde er wegen Vergewaltigung angeklagt. Wer soll da verstehen, dass solche Leute jetzt vor Berliner Teenagern spielen dürfen?

Ja, wo kommen wir hin, wenn Menschen, die wegen Vergewaltigung angeklagt waren und von diesem Tatvorwurf freigesprochen wurden, vor Berliner Teenagern spielen dürfen?

Aber der “Kurier” wusste noch mehr:

“Diese Band gehört zur norwegischen Neonazi-Szene”, warnt Psychologe Peter Kratz (58) vom Berliner Institut für Faschismus-Forschung (BIFFF). Er mobilisiert mit einer öffentlichen Erklärung (“Erneut Nazi-Musik-Fest im Szene-Club SO 36”) gegen das Konzert am Dienstag. Auch die Vorgruppen Vader und Valkyrja sieht Kratz in diesem Dunstkreis. Etwa weil Fans im Internet Runen-Zeichen benutzen, die Nazi-Symbolen ähneln.

Das “Berliner Institut für Faschismus-Forschung” ist ein eingetragener Verein, dessen Vorsitzender Peter Kratz in der Vergangenheit immer wieder durch Faschismus-Vorwürfe an unterschiedlichste Adressaten aufgefallen ist. Wobei “aufgefallen” vielleicht die falsche Formulierung ist: Bis auf ein paar Berliner Lokalzeitungen haben Kratz und sein “Institut” nie so recht die erhoffte Öffentlichkeit erreichen können. Forschungergebnisse im wissenschaftlichen Sinne kann das “BIFFF” nicht vorweisen, stattdessen arbeitet es sich in namentlich nicht gekennzeichneten Beiträgen vor allem am Regierenden Bürgermeister Klaus Wowereit ab.

Die “Berliner Morgenpost” bemerkte 1999 in einem anderen Fall:

Ohne zu dem Streit um die Ausstellung Stellung zu nehmen, erklärten anerkannte Berliner Faschismusforscher, daß ihnen weder das BIFFF noch Peter Kratz bekannt seien

Bereits im Jahr 2009 hatte das “BIFFF” gegen ein Metal-Konzert im SO 36 gewettert, was die damals teilnehmende Band Moonsorrow dazu veranlasste, sich “gegen Faschismus und jegliche Beschränkung der freien Meinungsäußerung” auszusprechen.

Jetzt schlägt Kratz die norwegische Band Gorgoroth und ihre Vorgruppen der “Nazi-Musik-Szene” zu. Seine beeindruckende Beweisführung: Bei MySpace und YouTube hätten Fans der Bands Profilbilder, in denen Symbole vorkommen, die von Neonazis verwendet würden.

Entsprechend bemühte sich sogar der “Berliner Kurier” um eine Relativierung der Anschuldigungen:

Diese knallharten Vorwürfe mögen überspitzt klingen, zumal Gorgoroth-Gitarrist Infernus im Interview klarstellte: “Ich bin persönlich gegen Rassismus in Theorie und Praxis.” So gibt es auch viele links stehende Metal-Fans, die das bierselige Teufels-Treiben eher als provokante Ballermann-Party begreifen. Und die gegrunzten Texte versteht ja ohnehin keiner.

Heute nun berichtet Bild.de über das anstehende Konzert und baut dafür auf den “Kurier”-Artikel und den Wikipedia-Eintrag von Gorgoroth auf. Die Distanzierung vom Rassismus hat Bild.de allerdings unter den Tisch fallen lassen.

Um der Berichterstattung von “Berliner Kurier” und Bild.de entgegenzutreten, hat das SO 36 heute eine Stellungnahme verschickt. Darin heißt es unter anderem:

1. Wir veranstalten keine Nazibands und werden es in Zukunft auch nicht tun.
2. Wir nehmen grundsätzlich alle Fragen und Hinweise bezüglich faschistischer Aktivitäten ernst, egal aus welcher Ecke sie kommen.
3. Selbstverständlich haben wir wie immer im Vorfeld umfassend recherchiert und uns sowohl bei Kennern der Musikszene (insbesondere der Metalszene) als auch bei Experten für rechtsorientierte Strömungen rückversichert.
4. Wir führen seit Jahren in Kooperation mit der Antifa strenge Einlasskontrollen an der Tür durch, dabei wird insbesondere auf Nazigesichter und Nazisymbole geachtet. Diese Personen kommen definitiv nicht rein.
5. Das SO36 bleibt weiterhin ein Forum für alle Musikrichtungen, wir verwehren uns dagegen, ganze Musikrichtungen auszugrenzen und in die rechte Ecke zu schieben. Nazis allerdings bleiben draußen. Wir wollen jungen Metalfans einen Raum bieten fern ab von faschistoiden, rassistischen, sexistischen und homophoben Strömen, um eventuell gefährdeten jungen Menschen eine Alternative auf zu zeigen.
6. Unsere Recherchen gehen weiter, sollten sich dennoch stichhaltige Beweise finden, die die Vorwürfe bestätigen, behalten wir uns vor das Konzert abzusagen.

An die Adresse von “Instituts-Chef” Peter Kratz heißt es:

Herr Kratz behauptet, die Band Gorgoroth verbietet die Veröffentlichung ihrer Texte im Internet, jedoch reicht die einfache Eingabe “Gorgoroth Lyrics” bei einer Suchmaschine im Internet, um die Texte der Band zu lesen.

Der Stellungnahme beigelegt ist ein Leserbrief, den Jakob Kranz, Redakteur der Zeitschrift “Metal Hammer” sowie Moderator und Redakteur der Musiksendung “Soundgarden/Stahlwerk” bei Radio Fritz, an den “Berliner Kurier” geschickt hat. Darin schreibt er:

Ich beschäftige mich seit mehr als 25 Jahren mit der Heavy Metal-Szene, und bin der bescheidenen Meinung, mir hierüber ein Urteil erlauben zu dürfen. 

Mit großer Empörung habe ich Ihren Artikel vom 30.10. über “Das Festival der Ekelrocker” gelesen. Mich erstaunt vor allem, dass Sie die Zitate von Herrn Kratz unkommentiert veröffentlichen. (…)

Gorgoroth waren nie Teil der norwegischen Neonazi-Szene, diese Behauptung ist falsch. Ebenso ist es falsch, dass die Vorgruppen Vader und Valkyrija aus diesem Dunstkreis stammen. Die konstruierten Zusammenhänge von Herrn Kratz sind schichtweg (sic!) Unsinn.

Mit Dank an Philipp O., Widerspenst und Christian N.

Kronen Zeitung, Daily Star, Love Parade

6 vor 9

Um 6 Minuten vor 9 Uhr erscheinen hier montags bis freitags handverlesene Links zu lesenswerten Geschichten aus alten und neuen Medien. Tipps gerne bis 8 Uhr an [email protected].

1. “Griechenlands Medien”
(sueddeutsche.de, Kai Strittmatter)
Kai Strittmatter stellt den griechischen Medien ein miserables Zeugnis aus. “Die meisten griechischen TV-Sender und Zeitungen gehören Firmen, die gleichzeitig in der Schifffahrt, im Bausektor, in der Telekommunikation, in der Pharma- oder Ölindustrie tätig sind. Sie existieren, um den Interessen dieser Firmen zu dienen.”

2. “WDR hält Wallraff-Film unter Verschluss”
(spiegel.de, Vorabmeldung)
Der WDR schneidet angeblich juristisch heikle Szenen aus dem Film “Informationen aus dem Hinterland”, die Günter Wallraff als Hans Esser bei “Bild” zeigen. Während der Springer-Verlag juristische Schritte dementiert, hält Wallraff das Vorgehen für einen klaren “Fall von Selbstzensur”.

3. “Die jungen Milden vom Kleinformat”
(diepresse.com, Rosemarie Schwaiger)
Rosemarie Schwaiger sieht das führende Boulevardblatt Österreichs, die “Kronen Zeitung”, nach dem Tod von Hans Dichand bereits deutlich verändert und fragt, ob sich eine “Revolution in Richtung Normalität” anbahne: “Kann der heimische Durchschnittsphilanthrop schon bald ohne schlechtes Gewissen das Kleinformat lesen?”

4. “Britische Zeitung behauptet Rockstar plane Amoklauf-Spiel”
(onlinewelten.com, Tobias Ritter)
Eine bemerkenswert ausführliche Gegendarstellung und Entschuldigung veröffentlicht der “Daily Star” nach einer Geschichte über ein nichtexistierendes Videospiel. Onlinewelten.com übersetzt: “Wir haben keinen Versuch unternommen, die Geschichte auf ihren Wahrheitsgehalt zu überprüfen, bevor wir sie veröffentlicht haben, (…). Wir haben nun eingesehen, dass es niemals Pläne von Rockstar Games gab, einen solchen Titel zu veröffentlichen, und dass die Geschichte offensichtlich falsch war.”

5. “Shirley Sherrod’s ‘Racism’ And Fox News”
(youtube.com, Video, 8:56 Minuten, englisch)
Rachel Maddow fasst zusammen, wie Rassismusvorwürfe des Senders “Fox News” zum Rücktritt der Politikerin Shirley Sherrod führten.

6. “Tod und Spektakel”
(hdschellnack.de)
HD Schellnack denkt in einem langen Artikel über das Unglück bei der Loveparade in Duisburg nach und darüber, wie es von Medien und Medienkonsumenten aufgenommen wird.

tz  etc.

Peter Doherty singt Medien in Nazirausch

— Ein Gastbeitrag von Daniel Erk

Seit der britische Sänger und Gitarrist Peter Doherty mit Modell Kate Moss liiert war, ist er für die Boulevardpresse faktisch Freiwild. Wo immer der durchaus von Drogen- und Alkoholsucht geplagte Sänger der Babyshambles auftritt (oder eben nicht auftritt), reibt sich eine Boulevardjournalistin die Hände — denn so einfach kommt man selten an eine Geschichte, in deren Überschrift man ungestraft und ungeprüft von einem “Skandalrocker” wechselweise auch “Rüpelrocker” schwadronieren darf. Und wenn auf diesen ohnehin schon absurden Nährboden der Erregung noch ein wenig Nazismus fällt, dann macht die deutschsprachige Boulevardpresse offenbar gleich den Schampus auf und die Lexika zu. Anders lässt sich kaum erklären, welch einem skandalgetünchten Taumel der hiesige Gossenjournalismus in den letzten Tagen versank.

“Nazi-Hymne im BR-Funkhaus” fantasierte die Münchner Boulevardzeitung “tz”, um sich in ihrem Bericht in einen wahren Skandalrausch zu schreiben:

Noch mal grölt [Peter Doherty] “Deutschland, Deutschland über alles”. Diese erste Strophe des Deutschlandliedes war unter Hitler zur Nationalhymne gemacht worden. Diese Nazi-Hymne erklingt im Bayerischen Rundfunk!

Der schweizerische “Blick” will gar eine “Hymne an Hitler” vernommen haben.

Überall sonst tut man sich Doherty und Nationalsozialismusverdacht zum Trotz deutlich schwerer, das Wesen dieses Skandals zu erläutern: Die “Bild”-Zeitung konnte gerade noch einen “Eklat” ausmachen, ohne allerdings erklären zu können, worin dieser denn nun bestanden haben soll. Die Nachrichtenagentur dpa konnte sich gerade noch zur wenig skandalträchtig klingenden Schlagzeile “Doherty singt live im Radio Deutschlandlied” durchringen. Ähnlich vage vermeldete die Nachrichtenagentur AFP am Montag “Rocker Doherty stimmt bei Konzert erste Deutschlandlied-Strophe an”, liefert aber freundlicherweise in der Dachzeile einen Baukasten mit den Stichworten “D/Musik/Leute/Nationalsozialismus” — auf dass ich jede Redaktion ihren Skandal selber bastle.

Noch ahnungsloser als die deutschen Boulevardmedien erwiesen sich nur die Schreiber des britischen Popmagazins “NME”, die fantasierten:

Doherty’s performance at they [sic!] city’s On3 Festival was reportedly cut short when he began singing a right-wing version of the German national anthem “Das Deutschlandlied” that has been prohibited since the end of the Second World War.

(Dohertys Auftritt beim Münchner On3-Festival wurde laut Berichten verkürzt, als er anfing, eine rechte Version der deutschen Nationalhymne ‘Das Deutschlandlied’ zu singen, die seit dem Ende des Zweiten Weltkrieges verboten ist.)

Was war passiert? Peter Doherty, der derzeit als Solokünstler durch Deutschland tourt, war als Überraschungsgast beim Münchener “On3”-Festival des gleichnamigen Jugendsenders des Bayerischen Rundfunks eingeladen worden. Wie nüchtern Doherty zu diesem Zeitpunkt gewesen sein mag, darüber kann nur spekuliert werden. Allerdings war er offenbar klar genug, um zu verstehen, dass ein Teil des Publikums — vor allem wohl die Fans der Deutschrockband Kettcar — seinen Auftritt nicht sonderlich goutierte, worauf sich eine Art Dialog entwickelte zwischen dem zeitweilig in Krefeld aufgewachsenen und also des Deutschen mächtigen Sänger (“Ich spreche Deutsch. Ich verstehe — ich bin kein Dummkopf”) und dem desinteressierten bis krakeelenden Publikum. In diese schon recht aufgebrachte Atmosphäre hinein, schrammelte Doherty die Akkorde der österreichischen Kaiserhymne und sang “Deutschland, Deutschland über alles. Das Publikum, zurecht empört und entnervt, begann zu buhen, so dass der Bayerische Rundfunk Dohertys Auftritt bald beendete.

Soweit, so banal. Ob der Fauxpas nun dem möglichen Delirium Dohertys, fehlender Sensibilität oder mangelndem Wissen zuzuordnen ist, darüber mag ja diskutiert werden. Dass es aber recht unwahrscheinlich ist, dass jemand wie Doherty, der die britische Anti-Rassismus-Initiative “Love Music, Hate Racism” unterstützt, mit nationalsozialistischem Gedanken- oder Kulturgut sympathisiert, das hätte man recherchieren können. Wenn man gewollt hätte.

Denn der Skandal liegt im Falle der ersten Strophe des Deutschlandliedes nicht im Gegenstand, sondern weitgehend im Auge der Betrachter. August Heinrich Hoffmann von Fallersleben, der 1841 auf der damals britischen Insel Helgoland den Text des “Liedes der Deutschen” auf die Melodie der österreichischen Kaiserhymne schrieb, zu unterstellen, sein Lied sei “eine Hymne an Hitler” oder eine “Nazi-Hymne”, das trifft den Kern nicht. Mit gleichem Recht könnte man auch die Autobahnen als “Nazi-Straßen” oder “Wege für Hitler” bezeichnen. Zudem Hoffmanns “Lied der Deutschen” nicht von Hitler, sondern vom ersten demokratisch gewählten deutschen Kanzler Reichspräsidenten — dem SPD-Politiker Friedrich Ebert — zur Hymne gemacht worden war. Hätte Pete Doherty das Horst-Wessel-Lied angestimmt, ja, dann wären die Nazi-Hitler-Überschriften vielleicht gerechtfertigt gewesen. Hat er aber nicht.

So aber funktioniert die Dialektik der Aufregung: Weil sich das Große im Kleinen spiegelt und Mahner ein ständiges “Wehret den Anfängen” raunen, wird aus einer Mücke ein Tyrannosaurus Rex gemacht. Unter dem Banner von Wehrhaftigkeit und Aufklärung geistert dann der so schön gruselige Geist des Dritten Reiches durch die billigen Gazetten, selbst wenn er da so gar nichts zu suchen hat. Und ganz im Sinne der Aufmerksamkeit darf sich die Boulevardjournalistin zweimal freuen — einmal, wenn sie sich den Skandal herbeischwadroniert. Und einmal, wenn sich der Protagonist dann für den vermeintlichen Skandal entschuldigt. Und so geschah es, und sueddeutsche.de, “Focus Online”, “RP Online”, die “Welt”, die “tz” und all die anderen, sie hatten wieder eine Seite mit irgendeinem Unsinn gefüllt und zugleich das gute, aber unberechtigte Gefühl, etwas im Kampf gegen den Faschismus getan zu haben.

Bild, Stern  etc.

Können Journalisten noch lesen & schreiben?

Die deutsche Ausgabe der Kulturzeitschrift “Lettre International” hatte in den vergangenen Wochen soviel Aufmerksamkeit wie selten — dank eines Interviews mit Thilo Sarrazin, das zum Skandal wurde. Viele Reaktionen der Medien auf die Veröffentlichung legen für Chefredakteur Frank Berberich den Schluss nahe: “Die Alphabetisierung von Journalisten nimmt rapide ab”.

In einem Interview mit dem Online-Medienmagazin “V.i.S.d.P.” klagt er über “Dilettantismus, politisch-korrekte Phrasen, Irreführung, große Parolen” und kritisiert die Verlogenheit von “Bild”:

Die Sensationalisierung und Skandalisierung wurde vor allem von Medien inszeniert, die damit Geld verdienen wollten. (…) BILD hat die Stadt tagelang mit Sarrazin-Titeln zugepflastert und das Thema dramatisiert und hochgeputscht. An einem Tag behauptete die Schlagzeile “Sarrazin beleidigt die Berliner” am anderen “die Türken”, und am dritten wurde gefragt: “Hat Sarrazin doch Recht?” (…)

BILD ONLINE hat das Interview eingescannt und ohne unsere Einwilligung komplett veröffentlicht und erst nach einer einstweiligen Verfügung wieder aus dem Netz genommen. (…)

Wenn BILD ein so großes Interesse am Thema hatte – warum war man nicht originell genug und hat es selbst bearbeitet? Die Möglichkeiten dazu hätte sie doch. Man muss Leuten wie Diekmann auch mal unter die Nase halten: Sie geben sich als Anstandsdamen, wenn es passt, und wenn nicht, gehen sie auf Beutezug in fremden Revieren. Abgesehen davon ist es eine groteske Heuchelei, Sarrazin Rassismus vorzuwerfen und diese üblen “Beleidigungen” gleichzeitig soweit wie möglich zu verbreiten, indem man sie unter Verletzung des Urheberrechts auf die eigene Homepage stellt, um deren “traffic” zu erhöhen.

“Wirr, unlogisch – und unfassbar unmoralisch”

Seit einigen Monaten profiliert sich Nicolaus Fest (rechts), Sohn des bekannten Hitler-Biographen Joachim Fest und Mitglied der “Bild”-Chefredaktion, als radikaler Gegner all dessen, was er abfällig “Multi-Kulti” nennt. In der rechten Szene, die an diesem Wochenende in Köln versucht hat, einen Anti-Islam-Kongress zu veranstalten, wird er für seine langen Aufsätze auf Bild.de gefeiert. Unter dem Titel “HIEB- UND STICHFEST” polemisiert er immer wieder gegen Zuwanderung und Integration von Ausländern in Deutschland (wir berichteten).

Vorläufiger Höhepunkt war sein Beitrag in der vorigen Woche, in den man, wenn man wollte, fast ein Lob des Völkermordes lesen konnte. Fest rühmt darin die “Vorteile homogener Gesellschaften” und argumentiert, dass die Beseitigung von kultureller Vielheit Gesellschaften “Frieden und Stabilität” bringen könne.

Die preisgekrönte Reporterin und Autorin Carolin Emcke urteilt über seinen Text: “Das gab es so explizit wirklich lange nicht mehr zu lesen von Autoren, die nicht vom Verfassungsschutz beobachtet werden. Es ist ein pseudohistorisch verkleideter Rassismus und eine gar nicht verkleidete Aufforderung zur Homogenisierung unserer offenen Gesellschaften.”

In einem Gastbeitrag für BILDblog antwortet sie auf Nicolaus Fests Plädoyer.

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