Suchergebnisse für ‘bild rassismus’

Nachrichtenkanal, Lehrstück, Livestream

1. WikiLeaks veröffentlicht AKP-Mails
(tagesschau.de)
Die Enthüllungsplattform Wikileaks hat ihre Ankündigung wahrgemacht und unzählige E-Mails (es sollen mehr als 294.000 sein) der türkischen Regierungspartei AKP öffentlich zugänglich gemacht. Die neueste Mail sei am 6. Juli dieses Jahres verschickt worden, die älteste stamme aus dem Jahr 2010. Viele Mails seien auf Türkisch, ein Teil der Korrespondenz aber auch auf Deutsch. Die Mails sind in einer Datenbank erfasst und lassen sich nach darin vorkommenden Begriffen durchsuchen.

2. Warum es keinen öffentlich-rechtlichen Nachrichtensender geben wird
(meedia.de, Stefan Winterbauer)
In bewegten Nachrichtenzeiten wird immer wieder der Ruf nach einem öffentlich-rechtlichen Nachrichtenkanal laut, der rund um die Uhr sendet. Warum es dazu nicht kommen wird, schreibt Stefan Winterbauer: “Es fehlt im bestehenden System also am Geld und am Willen, einen öffentlich-rechtlichen Nachrichtenkanal aufzubauen. Möglich wäre dies nur, bei einer umfassenden, grundlegenden Reform des öffentlich-rechtlichen Rundfunks insgesamt. Und die wird es auf absehbare Zeit nicht geben. Der öffentlich-rechtliche Newskanal in Deutschland bleibt also leider Wunschdenken.”
Ergänzung: Auch der “Tagesspiegel” beschäftigt sich mit den “News als Politikum”.

3. Live: Kleine Chronologie der vergangenen Wochen
(mobile-journalism.com, Marcus Bösch)
Marcus Bösch hat sich die Mühe gemacht und eine kleine Chronologie der Liveberichterstattung der letzten Wochen zusammengestellt. Unterteilt in fünf Kapitel “zur Dokumentation eines neuen Status Quo mit neuen Gatekeepern und alten Verhaltensregeln”.

4. “Ein Chronist, der lügt, ist erledigt”: Ein Lehrstück über Fehler, ihre Entstehung und die Entschuldigung
(kress.de, Paul-Josef Raue)
Wenn ein Journalist und Herausgeber des Buchs “Das neue Handbuch des Journalismus” über eine Veranstaltung des “Netzwerk Recherche” schreibt und in dem Beitrag Leute zu Wort kommen lässt, die gar nicht anwesend waren, ist dies ein besonders bemerkenswerter Vorgang. Nachdem Stefan Niggemeier den “Rutschunfall” des Kollegen bereits bei “Übermedien” aufgearbeitet hat, meldet sich dieser mit einigen Tagen Verspätung bei “kress.de” wortreich zu Wort. Zu Beginn des Beitrags bittet der Autor kurz um Entschuldigung, das gerät jedoch im weiteren Verlauf immer mehr in den Hintergrund. Die Angelegenheit sei ein “Lehrstück”, er verfüge über keine Dokumentations- und Verifikationsabteilung wie “Spiegel” und “Stern” und – so lässt er den Beitrag enden – auch Reporterlegende Egon Erwin Kisch hätte sich dereinst mal was aus den Fingern gesaugt.

5. Alles muss ans Licht
(faz.net, Harald Staun)
Millionen von Menschen haben das Video von Lavish Reynolds gesehen, das sie nach dem tödlichen Schuss auf ihren Freund via Livestream auf Facebook postete. Der Tod werde heute live im Internet übertragen. Der wahre Horror aber sei, was wir nicht sehen, findet Harald Staun in seiner Auseinandersetzung mit der radikalen medialen Transparenz. Gegen Rassismus würden keine Bilder helfen und: “Wenn gesellschaftliche Probleme nur noch danach entschieden werden, wer die glaubhafteren Beweise hat, wird nicht nur das Vertrauen zerstört, ohne das keine Gemeinschaft überleben kann; sondern, was womöglich viel schlimmer ist, auch das Misstrauen in die Bilder, die tun, als zeigten sie eine objektive Wahrheit.”

6. Kann ich bitte alle Informationen schon vor der ersten Eilmeldung haben?
(udostiehl.wordpress.com)
Udo Stiehl ist Journalist, Redakteur und Mitbetreiber der “Floskelwolke”, die täglich 2000 Nachrichtenseiten auf Phrasen hin untersucht und daraus ein Ranking erstellt. Weil er sich derzeit im Urlaub befindet, hat er die aktuellen Nachrichten und Reaktionen aus einem anderen Blickwinkel, nämlich dem des Konsumenten, verfolgt. Dem in den sozialen Medien oftmals erschallenden Ruf nach Schnelligkeit setzt er entgegen: “Es ist dringend geboten, dem rasenden Geschäft der „Klick-Geier“ und „Schnell-Melder“ mit Qualität und Recherche das Handwerk zu legen. Ja, das kostet im Berichtsfall Zeit, die man uns nachträglich als Versäumnis vorwerfen wird. Und es kostet Geduld, die uns – insbesondere bei öffentlich-rechtlichen Medien – als Geldschneiderei unterstellt wird. Aber wenn wir dem Druck nachgeben und damit journalistische Grundwerte über Bord werfen, dann haben wir vielleicht sogar kurzfristig eine tolle Quote, aber langfristig das eigene Grab gegraben.”

6-vor-9-Special: Re:publica 2016, Tag 1

Hier sind sie nun, die sechs medienrelevanten Vorträge des ersten re:publica-Tags, die wir uns herausgepickt haben. Nach der Konferenz gibt es eine Liste mit allen genannten Vorträgen und (so vorhanden) den Videomitschnitten auf YouTube.

1. What’s next for Twitter and News?
(Mark Little)
Stage 7, Mo 12:15–12:45
“Nach zehn Jahren ist Twitter aus der Nachrichtenlandschaft kaum mehr wegzudenken. Trotzdem oder gerade deshalb wachsen die Ansprüchen der Analysten und Nutzer an den Kurznachrichtendienst. Mark Little, Twitters Vice President of Media in Europe and Africa, gibt einen Ausblick: “What’s next for Twitter and News?“. Als Jack Dorsey vor zehn Jahren den ersten Tweet verschickte, war keineswegs abzusehen, dass der Strom an Kurzbotschaften einmal auf rund 500 Millionen pro Tag anschwellen sollte. Etwa 320 Millionen Menschen weltweit nutzen heute Twitter mindestens einmal im Monat. Das soziale Netzwerk verbuchte im vergangenen Jahr einen Umsatz von 2,2 Milliarden Dollar, hat jedoch mit den Ansprüchen der Analysten zu kämpfen.”

2. Commercial Content Moderation – die Müllabfuhr im Internet!
(Moritz Riesewieck)
Stage 2, Mo 12:45–13:15
“Täglich werden Millionen Bilder in die sozialen Netzwerke geladen, die wir nie zu Gesicht bekommen. Bilder von Gewalt und Pornographie, aber auch solche, die Facebook & Co schlicht als “unangemessen” einstufen. Gesichtet und aussortiert werden die Fotos und Videos von Billiglöhner/innen auf den Philippinen. Als Christen können die Philippinos westliche Moralvorstellungen gut einschätzen, denken die Konzerne. War es einmal Gott, der sich für die Sünder opfern wollte, so sind es heute philippinische “Content Moderators”. Posttraumatische Belastungsstörungen der Angestellten werden als Kollateralschaden eingepreist. Die Passionsgeschichte des Internetzeitalters? – Moritz Riesewieck und Sarah T. Roberts konzentrieren ihre Recherche und Forschung auf die neuen Formierungen von digitaler Arbeit und Produktion im postindustriellen Zeitalter.”

3. Slow media? Digitale Magazine als Gegengewicht zum Snackable-Content.
(Kati Krause)
Stage 7, Mo 12:45–13:15
“Im Internet kann es nie schnell genug gehen, niemals genug geben. Mehr Informationen aus immer mehr Quellen. Ungefiltert, von jedem. Dazwischen Katzenbilder.
Freunde von Freunden empfehlen, was wir lesen sollen, Algorithmen sortieren Inhalte nach Relevanz. Das Interessante geht niemals zu Ende: „10 Tricks, wie du noch mehr Informationen aufnehmen kannst.” Eine Nachricht nach der anderen wird überflogen, geteilt und in den meisten Fällen wieder vergessen. Dazwischen Katzenvideos. Mit Ruhe und Reflexion verbinden wir weiterhin Papier. Doch geht das nicht auch digital?”

4. The Making Of A Journalism Startup
(Christian Fahrenbach, Sebastian Horn, Lena Lammers, Frauke Lüpke-Narberhaus)
Media Cube, Mo 13:30–14:30
“Klingt eigentlich nicht gerade nach deutschen Verlagshäusern: Wir lassen junge Leute was Neues machen und geben Ihnen die Verantwortung dafür. Ist trotzdem so passiert und die Kritik in der Medien-Filterbubble zu den Launches war groß. Wir wollen darüber diskutieren, was bento, ze.tt und co. aus ihrem ersten Jahr gelernt haben. Wie kommen die Seiten beim breiten Publikum an? Wie ging es nach der Kritik vom Anfang weiter? Und: Braucht es überhaupt spezielle Nachrichten-Angebote für junge Leute?”

5. Facebook ist nicht nur Pediga-Hass – Vom Aktivieren der Zivilgesellschaft
(NN)
Lightning Talks 1, Mo 14:00–14:30
“Flüchtlinge und Vertriebene Herbst 2015: Auf einmal kam uns Onlinerinnen eine Aufgabe zu, mit der wir nicht gerechnet haben. Weil wir schon morgens auf dem Klo mehr kommunizieren als die meisten unserer Nachbarinnen über den ganzen Tag, waren wir im Vorteil. Wussten früher, was passiert, hatten früher die Informationen zusammen, haben früher erfahren, wie es andere vor uns gemacht haben, bei denen schon ein, zwei, viele Wochen vorher Vertriebene angekommen und in Hallen und Zelten untergebracht worden waren. Und auf einmal haben einige von uns Aufgaben übernommen, von denen sie vorher noch nie gehört haben. Waren Führungskräfte in der Zivilgesellschaft geworden und Leitungen im Ehrenamt. Viele von uns zum ersten Mal in ihrem Leben. Onlinerinnen kommt eine Schlüsselrolle im Bau der neuen Zivilgesellschaft zu, die wir annehmen müssen und ausfüllen können. (Bonustrack: Wer hätte das mit Facebook gedacht? Wahnsinn!)”

6. Wir müssen reden! Warum Rassismus im Netz noch immer Alltag ist
(NN)
Stage J, Mo 14:45–15:15
“Zehn Jahre re:publica und trotzdem ist im Netz nicht alles Glitzer, Flausch und Einhörner. Belästigungen, Beschimpfungen und in vielen fällen auch Bedrohungen sind für viele Menschen, die im Netz unterwegs sind, leider immer noch Alltag.
Durch die aktuellen Entwicklungen in der Welt, der zunehmenden Zahl von Menschen auf der Flucht, nimmt die Anzahl der rassistischen Äußerungen durch “besorgte Bürger*innen”, auch unter Klarnamen, massiv zu. Deshalb müssen wir JETZT darüber reden, wie wir mit Hass und Rassismus im Netz umgeben. Nur so kann das Internet zu einem Ort für alle werden.”

Außerdem interessant:
“Netzneutralität bis Recht auf Vergessen. wo steht die EU” (mit Günther Oettinger, Stage 7, 15.15 – 15.45 Uhr)
“Ist die Netzneutralität in Europa noch zu retten” (Stage 7, 16.00 – 17.00 Uhr)
“Digital Storytelling – Trends, Tools, Topics” (Stage T, 16.00 – 17.00 Uhr)
“Spreading Free Media Worldwide – Mobile Journalism” (Lightning Talks 1, 16.30 – 17.00 Uhr)
“Debattenkultur im Netz” (Media Cube, 18.39 – 19.00 Uhr)
“Jahresrückblick Social-Media-Recht” (Stage 6, 18.30 – 20.30 Uhr)

Und zum Schluss: “The Age of Trotzdem” (Stage 1, 19.45 – 20.45 Uhr. TIpp: Wer beim Sascha-Lobo-Vortrag nicht auf dem Fußboden sitzen will, sollte rechtzeitig erscheinen.)

Journalisten über Terrorismus, Xavier Naidoo, Copyright bei blick.ch

1. Medien, Polizei und die Inszenierung des Terrorismus
(zeit.de, Yassin Musharbash)
In einer Rede bei der Herbsttagung des Bundeskriminalamts hat “Zeit”-Redakteur Yassin Musharbash über die Dilemmata gesprochen, “mit denen wir Journalisten konfrontiert sind, wenn wir über Terrorismus und Terroristen berichten.” Das Manuskript hat “Zeit Online” veröffentlicht.

2. Kindern im Umgang mit Medien — wie können Eltern helfen?
(srf.ch, Claudio Fuchs)
Die ausgiebige Berichterstattung über die Attentate in Paris bekommen natürlich auch Kinder und Jugendliche mit. “Die ständige Konfrontation mit solchen verstörenden Bildern kann ernsthafte Konsequenzen auf das Wohlbefinden haben”, schreibt Claudio Fuchs beim SRF. Tipp vom Medienwissenschaftler: “offene Kommunikation zwischen den Generationen” sei wichtig. Dazu gibt’s auch ein Video — allerdings in Schweizerdeutsch.

3. Ex-Ministerin macht auf Ex-Bundespräsident
(spiegelkritik.de)
Die evangelische Nachrichtenagentur “Idea” veröffentlicht einen kritischen Kommentar, der “rund zwei Tage nach Erscheinen” wieder aus dem Internet verschwindet. Die Löschung soll laut “Spiegelkritik” auf einen Eingriff von Irmgard Schwaetzer, ehemalige Bundesministerin und heutige Vorsitzende der Synode der Evangelischen Kirche in Deutschland, zurückzuführen sein. Ebenfalls zum Thema: Timo Rieg mit “‘Idea’ ist journalistisch unten durch”.

4. Xavier Naidoo beim ESC ist ein schlechter Scherz
(sueddeutsche.de, Carolin Gasteiger)
Es sei “blanker Hohn”, so Carolin Gasteiger, dass die ARD im kommenden Jahr Xavier Naidoo zum “Eurovision Song Contest” schicken will: “Wenn Xavier Naidoo Deutschland beim ESC vertritt, wirkt das so, als würde man Matthias Matussek zum Bundespräsidenten küren.” Hans Hoff schreibt über die “ziemlich einsame Entscheidung” der “Showstrategen der ARD”. Johannes Kram ärgert sich im “Nollendorfblog”, dass die Rechtfertigung der ARD “Homophobie und Rassismus in einer Aktion” sei. Und Patrick Gensing schreibt beim — für den ESC federführenden — NDR: “Nicht in meinem Namen”.

5. Faszinierendes Copyrightverständnis bei blick.ch
(facebook.com, Jörgen Camrath)
Jörgen Camrath, Social-Media-Leiter bei der “Morgenpost”, wundert sich über die Quellen- und Copyrightlage bei einem “Telegraph”-Video, das auf der Facebook-Seite von blick.ch auftaucht. Auf seine Nachfrage bekommt er eine interessante Antwort. “Blick”-Vizechef Thomas Benkö revidiert später das eindeutige “Jain” seiner Social-Media-Kollegen.

6. IS bedankt sich bei Medien für Hilfe bei Verbreitung von Angst und Schrecken
(der-postillon.com)

Angriffe auf Journalisten, Todsünden, “The Westport Independent”

1. Tagesspiegel-Autor Helmut Schümann angegriffen
(tagesspiegel.de)
Der “Tagesspiegel”-Kolumnist Helmut Schümann ist von hinten niedergeschlagen worden, der Angreifer rief offenbar: “‘Du bist doch der Schümann vom Tagesspiegel, du linke Drecksau'”. Schümann hatte sich in der Flüchtlingsdiskussion zuvor deutlich positioniert. Bei Facebook schreibt er, dass er sich nicht einschüchtern lassen wolle, in der “taz” äußert er sich ebenfalls zum Angriff. Dazu auch “Meedia”: Gestern ist ein Videoteam der “Welt” bei einer Neonazi-Demo attackiert worden.

2. “Bild”, de Maizière und ein Schinkenteller auf Mallorca
(sueddeutsche.de, Claudia Tieschky)
Innenminister Thomas de Maizière ist gerade von einer schweren Grippe genesen, hat wochenlang mehr oder weniger durchgearbeitet und saß mit hohem Fieber auf Flüchtlingsgipfeln. Jetzt macht er einen Kurzurlaub auf Mallorca. Für die “Bild”-Zeitung ist das ein Grund zur Empörung. Angeblich “flüchtet” de Mazière vor der Krise, der stellvertretende “Bild”-Chefredakteur Béla Anda kommentiert: “instinktlos!” Claudia Tieschky fragt: “Ist das noch Bericht oder schon Kampagne?”

3. Die “sieben Todsünden” der Nachrichten
(deutschlandfunk.de, Marco Bertolaso)
Die Nachrichtenredaktion des “Deutschlandfunks” will mit den Hörern in Kontakt kommen und sich der Kritik stellen — “per Post und per Mail, über die sozialen Medien, am Telefon und manchmal tatsächlich sogar noch per Fax”, nur Brieftauben seien etwas aus der Mode gekommen. Bestimmte Vorwürfe werden dabei besonders oft geäußert. Marco Bertolaso relativiert sieben dieser Anschuldigungen.

4. Instagram: Märchenstunde im Bayerischen Rundfunk
(buggisch.wordpress.com, Christian Buggisch)
Christian Buggisch hält das BR-Computermagazin für “naiv und wirklichkeitsfremd”. Zuhörer bekämen den Eindruck, dass Soziale Medien “gefährlicher Unfug” seien. Die Redakteure würden die Welt mit der “Brille des Datenschützers” betrachten und die Realität nur schwarz und weiß sehen: “Datenschutz ist gut, alles andere böse.” Seine Beobachtung belegt er an einer Sendung über Instagram, die “nicht nur tendenziös, sondern auch schlecht recherchiert” sei. Buggischs Fazit: “Aber eher fährt ein Fisch Fahrrad als dass im Computermagazin des BR mal ausgewogen über soziale Medien berichtet wird.”

5. “Straßengezwitscher”: Twitterprojekt erhält Auszeichnung für Zivilcourage
(tagesschau.de, Siegbert Schefke, Video, 1:43 Minuten)
Mit ihrem Twitter-Account “Straßengezwitscher” berichten zwei Dresdner seit einigen Monaten von “Pegida”-Aufmärschen. Gestern haben sie für ihren Einsatz gegen Rassismus und Antisemitismus den “Preis für Zivilcourage” verliehen bekommen.

6. Lügenpresse als Spiel
(dradiowissen.de, Thomas Ruscher, Audio, 5:33 Minuten)
Nachrichten auswählen, Überschriften drübersetzen — das Computerspiel “The Westport Independent” simuliert die Arbeit in der Redaktion einer Tageszeitung. Allerdings in einem Staat, der am Rande eines Bürgerkriegs steht. Jede Schlagzeile kann das Land weiter in die Krise führen. Die Stärke dieses “politischen Games” ist laut Thomas Ruscher der ständige Zwiespalt: “Befolgt der Spieler seine Anweisungen und Befehle, oder handelt er nach seinem Gewissen?”

Einschüchterung, Sex-Onkel, Schmiermittel Freundlichkeit

1. Neue Dimension der Einschüchterung
(zeit.de, Christian Fuchs)
Journalisten sind es gewohnt, dass sie nach der Veröffentlichung ihrer Beiträge kritisiert werden, mitunter auch heftig und persönlich. Doch Christian Fuchs beobachtet “eine neue Qualität von Einschüchterungsversuchen” schon während der Recherche. Insbesondere Protagonisten von “Pegida” und anderer rechter Bewegungen versuchten, Journalisten durch Warnen, Beleidigen, Anschwärzen und Drohungen vom Anwalt vorab mundtot zu machen. Dazu passt: Die WDR-“Lokalzeit” über einen Hobbyfotografen (Video), der Bilder für einen Benefizkalender für Flüchtlinge gemacht hat — und kurz darauf einen deutlichen Drohbrief bekommt.

2. Öffentlichkeit hat ein Recht, Gerichtsurteile zu lesen
(verfassungsblog.de, Maximilian Steinbeis)
Das Bundesverfassungsgericht hat entschieden, dass die Presse ein Recht hat, Urteilsbegründungen zu lesen, auch wenn sie noch nicht rechtskräftig sind — und damit dem Oberverwaltungsgericht Thüringen widersprochen. Das “Handelsblatt” hatte gegen die Praxis geklagt, dass zunächst nur Pressemitteilungen herausgegeben werden. Maximilian Steinbeis fällt als Grund für die bisherige Ablehnung der Gerichte nur das “generelle Bedürfnis der Justiz ein, die Kontrolle über die Presseberichterstattung nicht aus der Hand zu geben”. Das sieht das BVerG anders, wie auch die, nun ja, Pressemitteilung deutlich macht. Auch die “taz” berichtet über das Urteil.

3. Bei Bild.de kann man was erleben
(coffeeandtv.de, Lukas Heinser)
Lukas Heinser hat sich das Wasauchimmer-Portal “OZY” angeschaut, in das der Springer-Konzern investiert hat. Dort gibt es unter anderem den “Dr. Sommer”-Verschnitt “Eugene S. Robinson”. Das ist eine Art Sex-Onkel, “dem (angebliche) Leser (angebliche) Zuschriften über ihre (angeblichen) Erfahrungen, Meinungen und Sorgen zum Thema zukommen lassen”. Und Robinson antwortet auf eine selten eklige Art.

4. Ein Nachmittag in der VIP-Loge
(operation-harakiri.de, Ralf Heimann)
Ein Redakteur im Lokalsport der “Emsdettener Volkszeitung” trifft “in der DEVK-VIP-Loge in der BAY-Arena” den ehemaligen Schalker Fußballprofi Ingo Anderbrügge und schreibt dabei unter anderem über “das so beliebte DEVK-Fußballcamp”. Das erinnert Ralf Heimann an einen Jahre zurückliegenden Vorfall — und bringt ihn zu folgender Feststellung: “Der Mechanismus funktioniert anders, als man denkt, wenn man furchteinflößende Wörter wie ‘Einflussnahme’ oder ‘Korruption’ hört. (…) Niemand droht. Das Schmiermittel heißt Freundlichkeit.”

5. “Boom”, sagt der Dschihadist
(tagesspiegel.de, Mohamed Amjahid)
Die Anfragen der Castingagenturen lauten so: “arabisch-orientalisch aussehende Männer, welche als Terroristen drehen können”. Mohamed Amjahid überlegt dann immer, “ob ich nicht doch mein langes Gewand und meinen Gebetsteppich auspacken soll, immerhin haben die öffentlich-rechtlichen Sender einen Bildungsauftrag zu erfüllen.” Die Stereotypen, die bereits in den Stellenausschreibungen für TV-Statisten zu finden sind, spiegelten den “Rassismus in Film und Fernsehen” wider.

6. Für manche ist es ein schönes Herbstfoto — für Chemtrail-Trolle der letzte Beweis
(motherboard.vice.com, Theresa Locker)

Wer Hass sät

“Bild” hat also beschlossen, noch ein wenig im Mittelalter zu verweilen.

So viel offener Hass war noch nie in unserem Land! Und wer Hass sät, wird Gewalt ernten. (…) BILD reicht es jetzt: Wir stellen die Hetzer an den Pranger!


(Alle Unkenntlichmachungen von uns.)

So präsentiert “Bild” heute knapp 40 Kommentare von Facebook (ganz prangermäßig natürlich samt Fotos und Namen der Verfasser). Zum Beispiel von Marco W.:

Verpisst euch aus Deutschland

Oder von Waldemar B.:

An die Wand,mit dem Dreckspack.

Oder von von Silvio B.:

Sind wir nicht alle ein bisschen Nazi

Dazu erklärte “Bild”-Chef Kai Diekmann heute:

Man kriegt Angst, wenn man sich dieser Tage die Nachrichten anschaut. Eine Politikerin, die sich für Flüchtlinge einsetzt in Köln, wird einfach abgestochen, niedergestochen. Da gibt es Demonstrationen, da laufen Leute rum mit selbstgebastelten Galgen, an denen Politiker hängen. Und das alles hat angefangen mit diesen Hass-Posts, mit diesen Hass-Tweets in den sozialen Medien. Und da gilt einfach, wir sehen es jetzt: Wer Hass sät, der wird Gewalt ernten. Das können wir nicht zulassen, da müssen wir „Halt, Stopp!“ rufen. Da wird ein Klima erzeugt, was wir nicht wollen. Und deshalb ist es richtig, diese Leute, die glauben, hier mit ihrem Gesicht diesen Hass, diesen Rassismus verbreiten zu müssen – die müssen wir an den Pranger stellen.

Die eigentliche Frage lässt er allerdings unbeantwortet: Warum „Bild“ die Hetzer an den Pranger stellt. Was soll das bewirken? Dass die 40 Abgebildeten jetzt stellvertretend für all die Dumpfnasen sozial geächtet, von ihrer Familie verstoßen und von ihrem Boss gefeuert werden? Oder dass sich die rechtschaffenden Leser dazu aufgefordert fühlen, die Sache selbst in die Hand zu nehmen?

Der Medienanwalt Christian Solmecke hat die Aktion heute stark kritisiert. In einer Pressemitteilung schreibt er, „Bild“ hätte die Fotos und Nachnamen verpixeln müssen:

Unabhängig davon welche Straftat möglicherweise durch ein Bürger begangen wurde, gilt immer noch die Unschuldsvermutung. Dieses Prinzip gehört zu den fundamentalen Grundlagen unseres Rechtsstaates und wird durch einen solchen undifferenzierten Internetpranger mit Füßen getreten. Hinzukommt, dass die Verfolgung von Straftaten ausschließlich den zuständigen Behörden zukommt. Wer die Namen potentieller Straftäter veröffentlicht, verurteilt diese, bevor die Strafverfolgungsbehörden überhaupt Ermittlungen aufgenommen haben. Dies widerspricht unserem Rechtssystem und greift tief in die Grundrechte der einzeln aufgeführten Personen ein.

Gerade diejenigen, „die zwar moralisch verwerfliche Kommentare von sich geben, jedoch die Grenze der Strafbarkeit noch nicht erreichen“, würden „besonders stark in ihren Persönlichkeitsrechten verletzt“, schreibt Solmecke. Das Gleiche gelte für jene, die einen ähnlichen Namen tragen „und durch die Berichterstattung nun mit rechtswidrigen Äußerungen in Verbindung gebracht werden“.

Beim Presserat sind schon die ersten Beschwerden eingegangen, was in den Springer-Chefetagen freilich nur für eines sorgte:

Aber zurück zu den Hetzern, also denen bei Facebook.

Angefangen habe alles „mit diesen Hass-Posts, mit diesen Hass-Tweets in den sozialen Medien“, sagt Kai Diekmann. Aber das ist nicht ganz richtig.

Ab ins Arbeitslager, und die Alte gleich mit !!!

Garnicht erst reinlassen diesen Abshaum
raus aus der EU und die Grenzen wieder dicht !!!

Die Familie sofort abschieben, meine Steuern sind mir zu Schade für solche Menschen, der wird sonst sein Leben lang auf Kosten der anderen leben. Kein Wunder, wenn die Deutschen immer mehr nach rechts rucken, so kann es nicht weitergehn!!!

Diese Hass-Botschaften sind nicht bei Facebook oder Twitter veröffentlicht worden, sondern in der Kommentarspalte von Bild.de. Und sie waren auch nicht der Anfang, sondern eine Reaktion – auf diesen Artikel:

Dass die beiden in Wirklichkeit Deutsche sind, haben die „Bild“-Medien damals natürlich verschwiegen. Dort war nur von „Roma“ die Rede.

Und dieses Pack füttert der Steuerzahler durch, sofort dort hin wo sie hin gehören.
Sehe es auch so, dass später nur krumme Dinger gedreht werden. Haben doch genug von den Romas in Deutschland Der größte Teil ist wie die oben genannte Sippe. Ein Kind nach dem anderen kriegen. Geld kassieren und nicht arbeiten.

Viele solcher Hass-Posts kamen nicht aus dem Nichts. Sie kamen, weil „Bild“ sie provoziert hat.

Das ist unser D E U T S C H L A N D!!!
Wir, das Volk sollte mitbestimmen dürfen, wen wir hier reinlassen oder nicht!
Ich möchte nicht, mit einer S&W Cal .357 schlafen, bzw. jeden Tag draussen rum laufen müssen,
aus Angst wegen ein paar Cent ausgeraubt zu werden!
Aber, ich denke, das ist so gewollt mit der Unterwanderung anderer Völker in Deutschland.
Siehe I. und II.WK!

Ich bin nur noch traurig. Haben diese Richter keine Verantwortung oder Gespür für das deutsche Volk.
Wer hier schreib es gibt keine Menschen erster od. zweiter Klasse gibt, hat eigentlich recht. Mitlerweile komme ich mir, als hier geborener,also echter Inländer, schon vor wie in der dritten Klasse.

[…] jetzt müssen wir noch Rumänen und Bulgaren, die arbeitsscheu sind unterstützen. Für einen Normalverdiener mit Kindern ist es doch jetzt schonj uninteressant in die Arbeit zu gehen. […] Aber für Asylanten und sonstige haben wir scheinbar genug Geld. Armes Deutschland.

Diese Kommentare sind erschienen, weil „Bild“ geschrieben hatte:


Dabei war das nur ein winziger Teil der Wahrheit. Das Urteil bezog sich nämlich nicht nur auf Rumänen und Bulgaren, sondern auf alle EU-Bürger, die in Deutschland leben und keinen Job finden, völlig unabhängig davon, aus welchem EU-Land sie kommen.

Nächstes Beispiel.

Solche Dreckspatzen sollte man verrecken lassen!!!!!!!

Großes Schiff. Care-Paket für die Reise, Bundeswehr“reisebegleiter“ mit genügend Waffen im Anschlag und gute Heimreise. Ganz einfach.
Wer tatsächlich vor Krieg und Tot fliehen MÜSSTE, benimmt sich nicht so , sondern würde vor Dankbarkeit den ganzen Tag arbeiten und fleißig deutsch lernen, um sich möglichst schnell in die Kultur und Gesellschaft einzubringen und anzupassen…!

Gleich eine Injektion aufziehen mit Fentanyl und Dormicum dazu noch ein bißchen Lidocain und fertig..

All das sind Reaktionen auf den „Bild“-Artikel, in dem behauptet wird, Rettungssanitäter in Bautzen müssten jetzt Schutzwesten tragen – „aus Angst vor Attacken im Asyl-Hotel“. Was überhaupt nicht stimmt.

Nächstes Beispiel.

Der deutsche Steuerzahler blecht dafür, dass brutale Ausländer in Deutschland sicher leben können, muss aber damit rechnen, von ihnen verprügelt zu werden!

Ah, nee. Das stammt von „Bild“ selbst.

Diese hier aber …

bekomme ein immer größeren Hass auf den rückständigen sch**** Islam, und das ist auch gut so. Lange lebe PEGIDA. Und Gauck, du Urmel aus dem Eis, gehe dahin wo die Baumwollpflücker leben….over and out.

WIE BESCHEUERT UND VERRÄTERISCH GEBEN SICH DIESE ISLAM-ARSCHKRIECHER NOCH BEI DER ABSCHAFFUNG UNSERER KULTUR UND UNSERER WERTE?!

Und genau darum bin ich dabei, genau darum werde ich im Neuen Jahr weiter argumentieren, mich streiten, mit linkem PACK anlegen, demonstrieren, zum N.A.S.I gemacht, und ich werde es aushalten, weil nicht sein kann, was nicht sein darf. Und der Gemeinde noch ein schönes Weihnachtsfest !

… sind ebenfalls Reaktionen auf einen zurechtgebogenen „Bild“-Artikel, in dem das Blatt behauptete, Politiker würden „fordern“, dass im christlichen Weihnachtsgottesdienst muslimische Lieder gesungen werden.

Eine Idee, die in Wahrheit von „Bild“ kam, nicht von den Politikern.

Es gibt unzählige solcher Beispiele: Islam-Rabatt, Weihnachtsmarktverbot, Sonne-Mond-und-Sterne-Fest, Schnitzelkrieg, Moslem-Feiertag, Sarrazin, Ehrenmorde, Roma, Griechen, kriminelle Ausländer und so weiter und so weiter. Seit Jahren verschweigen die „Bild“-Medien bei diesen Themen entscheidende Tatsachen, sie verdrehen die Fakten zu knalligen Schlagzeilen, sie tricksen und lügen, sie heizen die Stimmung an, sie säen den Hass, über den sie sich heute empören.

Oder anders:

Mit Dank auch an Saskia K., Geesje R., Thomas R., Christian B. und bluspot.

Siehe auch:

Wie „Bild“ Ausländerfeindlichkeit fördert
Wie „Bild“ den Hass gegen Flüchtlinge schürt
„BILD lässt Vorurteile wachsen“

Medien sprechen Reisewarnung für Ostdeutschland aus

Große Aufregung in der vergangenen Woche:

Die Regierung in Kanada hat eine Reisewarnung für Ostdeutschland herausgegeben. Darin ist die Rede von extremistischen Jugendbanden, die in Teilen Ostdeutschlands eine Bedrohung darstellten. Mitglieder solcher Gangs seien bekannt dafür, Personen wegen ihrer Rasse oder ihres ausländischen Aussehens zu belästigen oder direkt zu attackieren. Auch habe es schon Brandanschläge auf parkende Fahrzeuge gegeben.

Die „Warnung aus Kanada konkret für Ostdeutschland“ komme „nicht von ungefähr“, schreibt das „Handelsblatt“: “Die ausländerfeindliche Pegida-Bewegung verzeichnet in Dresden in Sachsen weiter Zulauf.”

Darauf habe die kanadische Regierung also reagiert. Und das schmeckt den hiesigen Politikern so gar nicht.

Die Sachsen-CDU reagiert empört auf die Reisewarnung. „Das entspricht nicht der Realität und ist extrem rufschädigend“, sagte der Generalsekretär der sächsischen CDU und Vize-Vorsitzende der Unions-Bundestagsfraktion, Michael Kretschmer, dem Handelsblatt. „Deutschland muss dieser Beurteilung entschieden entgegen treten.“

Bevor Deutschland damit loslegt, würden wir ihm raten, sich ein bisschen besser zu informieren als das “Handelsblatt” oder der Herr Generalsekretär. Die Geschichte stimmt nämlich gar nicht.

Kanada hat keine Reisewarnung für Deutschland herausgegeben. Es gelten nach wie vor die „normalen Sicherheitsvorkehrungen“, also die niedrigste Sicherheitsstufe.

Auf der Internetseite der kanadischen Regierung gibt es lediglich einige Sicherheitshinweise für Deutschland. Da wird zum Beispiel vor Taschendieben „an Bahnhöfen, auf Flughäfen und Weihnachtsmärkten“ gewarnt. Oder davor, dass Demonstrationen ohne Vorwarnung in Gewalt umschlagen könnten. Oder eben vor extremistischen Jugendgruppen, die besonders „in einigen kleineren Städten und in Teilen des früheren Ostdeutschlands“ eine Bedrohung seien.

Das „Handelsblatt“ verdreht diesen Vermerk zu einer „Reisewarnung für Ostdeutschland“. Und erweckt den Eindruck, als reagiere die kanadische Regierung damit auf „Pegida“ & Co. – aber auch das ist falsch. Die Hinweise stehen nicht erst seit Neuestem auf der kanadischen Seite (wie auch ein Blick in die Wayback-Machine verraten hätte), sondern seit zehn Jahren.

Was sich vor dem Hintergrund der Angriffe auf Flüchtlingsheime vor allem im Osten der Republik wie eine aktuelle Zustandsbeschreibung liest, stammt allerdings schon aus dem Jahr 2005.

schreibt „Zeit Online“, eines der wenigen Medien, die nicht einfach blind vom “Handelsblatt” abgeschrieben haben.

Nur ein Hinweis zu gestiegenen Flüchtlingszahlen in Europa sei am 28. September neu hinzugekommen, sagt die Sprecherin der kanadischen Botschaft in Berlin, Jennifer Broadbridge ZEIT ONLINE. Dadurch könne es zu Verspätungen an Grenzübergängen und Bahnhöfen kommen, steht in dem Absatz.

Anders gesagt: Das einzig Neue an den der Geschichte ist, dass die kanadische Regierung vor Verzögerungen im Zugverkehr warnt. Alles andere ist entweder falsch oder mindestens zehn Jahre alt.

Das muss jetzt nur noch jemand dem “Handelsblatt” erklären. Und der “Thüringer Allgemeinen”:

Und “Spiegel Online”:

Und stern.de:

Und der “tz”:

Und der “Huffington Post”:

Und den vielen, vielen anderen.

Immerhin: Es gibt noch eine Handvoll Journalisten, die erkannt haben, dass das alles Unsinn ist. Bernhard Honnigfort etwa schreibt auf der Onlineseite der „Frankfurter Rundschau“:

Tatsache ist, Kanada hat nicht vor Reisen nach Ostdeutschland gewarnt, sondern bittet seine Landsleute nur darum, aufzupassen und wachsam zu sein.

Und:

Natürlich ist das lange bekannt und der kanadische Warnhinweis ist nicht neu, sondern nur aktualisiert.

Natürlich. Und dass er das Märchen zuvor selbst ganz empört verbreitet hatte, sowohl in der “FR”

… als auch in der „Berliner Zeitung“

… im „Express“

… im „Berliner Kurier“

… und in der „Mopo“

… das erwähnt Honnigfort – natürlich – nicht.

Bei “Focus Online”, wo ebenfalls eindringlich über den Fall berichtet wird …

… haben sie sich nicht bloß auf die falschen Fakten der Kollegen verlassen, sondern selbst welche erfunden. Das Portal schreibt:

Auch vor in Brand gesteckten geparkten Autos wird gewarnt – das betreffe vor allem Berlin.

Berlin wird in den Hinweisen an keiner Stelle erwähnt.

So zieht die Geschichte munter ihre Kreise und wird mit jedem Mal ein bisschen weniger wahr.

Man will sich gar nicht vorstellen, was die kanadische Botschaft inzwischen denkt. Auf Anfrage gibt sie sich aber, klar: diplomatisch. Dem Evangelischen Pressedienst sagte die Sprecherin, man könne die ganze Aufregung zwar nicht nachvollziehen, jedoch würde die Ostdeutschland-Passage „angesichts der aktuellen Debatte” nun “geprüft und möglicherweise in den kommenden Tagen geändert“.

In den Sicherheitshinweisen schreibt die Regierung übrigens, dass man, wenn man in Deutschland unterwegs sei, „die lokalen Medien verfolgen“ solle. Auch ein Ratschlag, über den man mal nachdenken könnte.

Mit Dank an Holger S.

Stasi-Verdacht, Blendle-Start, Merkel-Hitler-Vergleich

1. Stasi-Verdacht gegen Chef des Berliner Journalistenverbandes
(rbb-online.de, Gabi Probst)
Nach Recherchen des RBB war der Berliner DJV-Chef Bernd Lammel in den 80er-Jahren als IM für die Stasi tätig. Lammel bestreite den Vorwurf, räume aber ein, Informationen an Stasi-Mitarbeiter gegeben zu haben. Der DJV-Bundesvorsitzende forderte Lammel auf, sein Amt vorerst ruhen zu lassen.

2. Bullerjahn zahlt für Radiobeitrag
(volksstimme.de, Hagen Eichler)
Beim privaten Sender “Radio SAW” ging es vergangenen Montag außergewöhnlich umfassend um ein Investitionsprogramm der Landesregierung Sachsen-Anhalts. Teil der zweistündigen Sendung war auch Finanzminister Jens Bullerjahn. “Jetzt zeigt sich: Der Sender hatte einen guten Grund, Bullerjahn so ausführlich zu Wort kommen zu lassen. Denn das Finanzministerium zahlt für die Sondersendung.” Rund 10.000 Euro Steuergeld seien geflossen, recherchierte die “Volksstimme”. Die Initiative “Fair Radio” hat bei der zuständige Landesmedienanstalt bereits eine Überprüfung vorgeschlagen.

3. „Wenn der Artikel nicht hält, was die Überschrift verspricht“
(daniel-bouhs.de, Audio, 14:09 Minuten)
Heute startet Blendle in Deutschland. Daniel Bouhs hat mit dem Gründer Alexander Klöpping gesprochen und ihn unter anderem gefragt, was passiert, wenn Leser Artikel “zurückgeben” dürfen, die ihnen nicht gefallen. Siehe auch: Stefan Niggemeier über “Die große Chance und der kleine Haken von Blendle”.

4. Hitler als „Merkels Amtskollege“
(faz.net, Jürg Altwegg)
Am 8. September veröffentlichte die “Basler Zeitung” einen Kommentar von David Klein, der die deutsche Flüchtlingspolitik zum Anlass nahm, Angela Merkel mit Adolf Hitler zu vergleichen (die Online-Version des Artikels wurde inzwischen entfernt). Klein ist vorbestraft, hatte Muslime als “Abschaum”, “verkommenes Pack” und “Nazis von heute” beschimpft. Auch in der Schweiz sorgte die Entgleisung für Aufsehen, so schrieb etwa “Watson”-Chefredaktor Hansi Voigt auf Facebook: “Unfassbarer Scheissdreck von der Baz. Nur für Gruselliebhaber!” Auch beim Schweizerischen Presserat ist eine Anfrage eingegangen.

5. Australien: Vodafone-Mitarbeiter bespitzelte Journalistin nach kritischem Bericht
(heise.de, Axel Kannenberg)
Die Investigativ-Journalistin Natalie O’Brien berichtete 2011 über eine schwere Sicherheitslücke beim australischen Ableger von Vodafone — bei dem sie selbst auch Kundin war. Daraufhin durchsuchte ein Mitarbeiter des Unternehmens ihre Textnachrichten und Telefonverbindungsdaten, um herauszufinden, ob es im Unternehmen Whistleblower gebe. O’Brien selbst bezeichnet die Schnüffelei als “gruselige, ekelhafte Erfahrung”.

6. [x] Schlimmer als Hitler
(taz.de, Margarete Stokowski)
Sehr geerte Frau Stkowskiki,

es ist eine Frechhiet, wie Sie sich mit ihrem absoult unlustigen “Leserbrief Classic”-Formular übre angagierte Leserbriefe Schreuber versuhcen lustig zu machen. Dsa ist nähmlich fiel mehr arbeit als wie sie sich denken können!

Mit empörten Grüssen,
das Bildblog

PS: Feminismus ist doof!

“Asylkritiker”, Ferrari-Werbung, mit 10 Franken durch die Schweiz

1. “Asylkritiker” oder “Rassist”? Die Suche nach den richtigen Worten
(sz-online.de, Julia Kilian)
Wenn man über die deutsche Flüchtlingsproblematik … Nein, da fängt es schon an: Wenn man über die deutsche Debatte über den Umgang mit Geflüchteten schreibt, ist es wichtig, seine Worte mit Bedacht zu wählen. Zuerst warnte David Hugendick vor dem Euphemismus “Asylkritiker”, daraufhin reagierte die dpa und kündigte an, künftig auf solche verharmlosenden Begriffe zu verzichten. Das veranlasste Julia Kilian, Sprachwissenschaftler zu Ausdrücken wie “Asylgegner”, “Asylanten” oder “Wirtschaftsflüchtlinge” zu befragen. Noch einen Schritt weiter geht Sascha Lobo, der fordert: “Nennt sie endlich Terroristen!”

2. Attacken gegen Flüchtlinge: Terror in Deutschland
(spiegel.de, Maximilian Popp)
Mehr als 200 Übergriffe auf Flüchtlingsunterkünfte im ersten Halbjahr 2015 — und Politiker und Journalisten haben eine Mitverantwortung, meint Maximilian Popp. Er wirft etwa dem “Focus” vor, populistisch Stimmung gegen “falsche Flüchtlinge” zu machen, nimmt seinen Arbeitgeber aber nicht aus: “DER SPIEGEL hat in den Neunzigerjahren den Populismus, den er heute zu Recht beklagt, mit Titeln wie ‘Zu viele Ausländer?’ selbst befeuert.” Auch Kai Budler übt im Störungsmelder-Blog Medienkritik: “Und auch die Medien haben in den vergangenen 20 Jahren offenbar nichts gelernt, denn wieder einmal hantieren sie mit Angstmetaphern wie dem ‘Das Boot ist voll’-Bild.” Und Tagesschau-Chefredakteur Kai Gniffke appelliert, den Ressentiments Fakten entgegenzusetzen und Menschen zu portraitieren, die sich für Flüchtlinge engagieren.

3. Talkshow-Kritik: Völlige Einseitigkeit und ein nationaler Wir-Diskurs
(heise.de, Marcus Klöckner)
Die Medienwissenschaftler Matthias Thiele und Rainer Vowe haben die zahlreichen Griechenland-Runden der politischen Talkshows im deutschen Fernsehen untersucht. Die Sendungen seien “vor allem von Polemiken, Ressentiments und einer arroganten Haltung gegenüber der neuen griechischen Regierung und den Griechen dominiert” gewesen, erzählt Thiele im Interview. Fast durchgehend sei “mit der symbolischen Frontstellung von ‘Wir’ versus ‘die Anderen'” operiert worden.

4. Wofür das “F” in “FAZ” steht
(stefan-niggemeier.de, Boris Rosenkranz)
Auf der Internetseite der “Frankfurter Allgemeinen Zeitung” erschien in dieser Woche ein Video, in dem ein “FAZ”-Redakteur den Formel-1-Piloten Sebastian Vettel interviewt. Dabei sitzen die beiden in einem Ferrari, machen eine Spritztour mit dem Ferrari, tragen Mützen von Ferrari, sprechen über Ferrari, und produziert wurde das Ganze — von Ferrari. Nach der Kritik von Boris Rosenkranz nahm faz.net den Werbeclip offline.

5. Chronistenpflicht, Chronistenkür
(wortvogel.de, Torsten Dewi)
Eigentlich wollte Torsten Dewi die alte, dicke “Chronik des 20. Jahrhunderts” in einer Bücherkiste vor dem eigenen Haus verschenken, machte sie dann aber doch zu seiner “Frühstücks/Badezimmer/Bett-Lektüre”:

Und tatsächlich: Das Buch hat auch im Zeitalter von Wikipedia und YouTube seine Existenzberechtigung. Weil es strikt chronologisch vorgeht, Entwicklungen nachvollziehbar macht, Kontext liefert. Information nicht punktuell und im luftleeren Raum, sondern als Bestandteil eines riesigen Puzzles aus Kultur, Politik, Natur und Wissenschaft.

Beim Blättern stößt Dewi beispielsweise auf eine ihm bisher unbekannte und völlig desaströse ARD-Fernsehshow zum Geburtstag des Automobils, die der damalige Daimler-Benz-Chef höchstpersönlich abbrechen ließ.

6. Die Grand Tour of Switzerland mit 10 Franken in 10 Tagen
(herrfischer.net, Tin Fischer)
Tin Fischer wurde zu einer Pressereise durch die Schweiz eingeladen, mit luxuriöser Unterkunft, einem eigenen Auto und “geballter Spitzenkulinarik”. Stattdessen erkundet der Journalist nun alleine die Strecke der Reise. Mit nur 10 Franken und der Hoffnung, auf hilfsbereite Menschen zu treffen.

Und noch ein anderes Journalisten-Projekt aus der Schweiz: Unser lieber Kollege und Ex-6-vor-9-Kurator Ronnie Grob will ebenfalls auf Tour gehen und für das Projekt “Nach Bern!” sechs Wochen lang den Schweizer Wahlkampf beobachten. Dafür sucht er noch finanzielle Unterstützung.

Die einfallsreichen Ku-Klux-Karnevalisten

Heute machen wir mal einen kleinen Abstecher ins südliche Afrika. Genauer: nach Windhoek, die Hauptstadt Namibias. Dort erscheint nämlich die einzige deutschsprachige Zeitung des Kontinents: Die „Allgemeine Zeitung“ (AZ), die in der vergangene Woche, wie sie selbst inzwischen einräumen musste, durch „schlechten Journalismus“ einen „Sturm der Entrüstung“ ausgelöst hat. Selbst die namibische Regierung schaltete sich zwischenzeitlich ein und zeigte sich „bestürzt“ von dem, was passiert war.

Aber beginnen wir dort, wo alles angefangen hat, und zwar in der Stadt Swakopmund, die als „deutscheste” Stadt Namibias gilt und — natürlich — auch ihren eigenen Karneval hat. Über den berichtete die AZ letzte Woche Montag und veröffentlichte unter der Überschrift …

… mehrere Fotos von verkleideten Karnevalsteilnehmern. Im Text dazu heißt es:

Wieder haben sich viele Besucher beim Maskenball des Swakopmunder Karnevals „Küska“ viel Mühe mit den Kostümen gegeben. (…) Wie erwartet waren passend zum diesjährigen Motto „30 Jahre Küska mit der Swakopmunder Mafia“ viele Personen im Anzug erschienen. Andere waren auf
andere Art und Weise sehr einfallsreich.

Zum Beispiel die hier:

(Alle Verpixelungen von uns.)

Und die hier erst:

Oh ja, sehr einfallsreich. Und so feinfühlig!

Viele andere Namibier waren dagegen weniger begeistert vom Blackfacing und den Rassisten-Kostümen der Karnevalisten. Nur mal zwei (vergleichsweise nüchterne) Beispiele von der Facebookseite der AZ:

Ich bin schockiert, entsetzt und fassungslos. Darüber, das solch hochgradig rassistisches “Amüsement” in Namibia bis heute eine unreflektierte Akzeptanz findet. Darüber dass es als harmloses, sogar glorifiziertes Ereignis durch Ihre Zeitung aufgewertet wird. Ich fühle mich sprachlos angesichts dieser Ungeheuerlichkeit. Es ist wirklich an der Zeit, sich entschieden gegen Rassismus auszusprechen und nicht ihn zu schüren…

Leider zeigt das einmal mehr, wie wenig sensibel man in der deutschsprachigen Gemeinde in Namibia noch mit dem Thema umzugehen weiß. Eine Erfahrung, die ich immer wieder in Namibia mache, wenn Rassismus oder die deutsche Kolonialgeschichte zur Sprache kommt. Da wird weggelacht, mit den Schultern gezuckt und im schlimmsten Fall die Geschichte verdreht. Die Geschichte muss dringend vernünftig aufgearbeitet werden. Sonst wird es auch weiterhin in Namibia nur ein “Nebeneinander” aber nie ein echtes “Miteinander” zwischen Schwarz und Weiß geben. Und ein Nebeneinander führt über kurz oder lang in die Katastrophe.

Am Tag nach der Veröffentlichung entschuldigte sich die Zeitung auf ihrer Facebookseite …

… und druckte am darauffolgenden Tag eine (optisch allerdings stark an eine Anzeige erinnernde) Entschuldigung auf der Titelseite:

Auch die Jungs in den KKK-Kostümen entschuldigten sich, genau wie der Karnevalsverein, der zudem ankündigte, nun „costume guidelines“ einzuführen.

Kurz darauf gab das namibische Ministerium für Information und Kommunikationstechnologie eine Stellungnahme heraus, in der es unter anderem heißt:

The Government is dismayed by the pictoral page of the daily newspaper, the Allgemeine Zeitung, which published the German festival participants or organizer honoring the Klu Klux Klan – a white extremist movement that killed black people.

The Government has witnessed the shocking images of youths dressed in offensive gear during the Swakopmund Carnival (Kuska-Maskenball) – a traditional German festival that took place in the coastal town. The youths were dressed as members of the Klu Klux Klan and others were dressed in laborers outfits painted in blackface. Blackface is a form of theatrical makeup used by performers to represent a black person. Blackface as a practice, which gained popularity during the 19th century and contributed to the proliferation of stereotypes such as the ‘happy-go-lucky/ darky on the plantation’. Their outfits were called ‘imaginative’ in the Allgemeine Zeitung where it was published.

Tags darauf meldete sich auch das „Editors’ Forum of Namibia“ (EFN) zu Wort, ein Zusammenschluss namibischer Journalisten und Medien, den man in etwa mit dem Deutschen Presserat vergleichen kann. Das Forum erinnerte an …

the importance of all media to be ever vigilant against the publishing and broadcasting of offensive content in the interest of promoting harmony and reconciliation in the country.

Man sei aber auch …

impressed by the swift manner in which the Namibia Media Holdings and the Allgemeine Zeitung reacted to the backlash on social media, showing their commitment to self-regulation and upholding the media code of ethics.

Und tatsächlich muss man der AZ zugutehalten: So daneben die Aktion war, so bemüht war die Redaktion, transparent mit der Sache umzugehen und die Kritik sichtbar zu dokumentieren. Sie berichtete über das “Bedauern und Entsetzen”, das sie ausgelöst hatte, veröffentlichte die Stellungnahmen bei Facebook und auch prominent im Blatt, bat die Leser um ihre Meinung und druckte kritische Leserbriefe („I am ashamed“) ab. Von einem solch offensiven Umgang mit bösen Fehlern sind deutsche Medien oft leider weit entfernt.

Mit Dank an René B.!

Blättern:  1 ... 11 12 13 14 15