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Eine “persönliche Katastrophe”

Das war “Bild” dann sogar eine Meldung oben auf der Titelseite wert:

Andreas Türck: Fernseh-Comeback!

Es ist aber auch eine dramatische Geschichte, um die es da geht:

Er ist über Nacht vom Bildschirm verschwunden – als ihm gekündigt wurde, weil er vor Gericht stand. Doch er war unschuldig.

Jetzt, acht Jahre später, endlich das TV-Comeback.

“Bild” erklärt:

Viele hatten nicht mehr mit seiner Rückkehr gerechnet – nach all dem, was damals passierte …

Was damals passierte, umreißt “Bild” eher knapp (“Türck musste sich wegen des Verdachts der Vergewaltigung vor Gericht verantworten. Er verlor alle Jobs, obwohl er ein Jahr später freigesprochen wurde: unschuldig in allen Punkten!”) und bezeichnet es als “persönliche Katastrophe”.

Doch diese “persönliche Katastrophe” hatte auch eine öffentliche Dimension — die vor allem in “Bild” stattfand: “Bild” veröffentlichte damals ein “Protokoll der Sex-Nacht” und eine “Sex-Akte Türck” und “Bild am Sonntag” schrieb über Türck, dass dessen “Rückweg in die vorhersehbare Bedeutungslosigkeit” nur dadurch kurz gestoppt worden sei, dass er “etwas Unvorhersehbares tat”

Noch nachdem Türck freigesprochen worden war, behauptete “Bild”, es handele sich nicht um einen “Freispruch erster Klasse”, weil die Tat bloß nicht mit Sicherheit hätte bewiesen werden können, zählte auf, wie viel “Schmutz” an ihm hängen bleibe und fragte süffisant: “Der schöne Andreas ist 1,93 Meter groß, sportlich, schlank, lächelt gern — aber für was soll er jetzt sein Gesicht ins Fernsehen halten?” Später landete Türck wegen seines Prozesses in einer “Bild”-Kolumne mit der Überschrift “Peinliche Promis”.

Die “Bild”-Meldung von Andreas Türcks TV-Comeback ist also eine gute Gelegenheit, mal wieder auf diesen Text im BILDblog zu verlinken:

Die Kommentarfunktion unter dem Artikel bei Bild.de wurde übrigens deaktiviert. Einer unserer Leser gibt an, dort gestern noch auf die unrühmliche Rolle von “Bild” im Zusammenhang mit Andreas Türck verwiesen zu haben.

Mit Dank auch an Jan S. und Rainer T.

Das Weltall ist zu weit (2)

Gestern wollte der Extremsportler Felix Baumgartner aus einem Ballon in 36 Kilometern Höhe (“36 576 Meter”, Bild.de) springen.

Oder, wie manche Medien es ausdrückten:

“Bild”:
Die letzten Stunden vor dem Sprung aus dem Weltall

Bild.de:
Der irre Sprung aus dem All

Tatsächlich fängt das Weltall – je nach Definition – zwischen 80 und 100 Kilometer Höhe an. Aber das wissen Sie ja schon.

Nach mehrfacher Verschiebung mussten Ballonfahrt und Sprung für gestern dann abgesagt werden, worüber “Bild” heute beinahe zurückhaltend schreibt:

Rekord-Sprung vom Rand des Alls abgeblasen

Wobei Baumgartner mit den 36 Kilometern nicht mal die Hälfte der Strecke bis zum eigentlichen “Rand des Alles” zurücklegt.

Bei Bild.de geht der All-Wahn aber sowieso unvermindert weiter:

Findet derWeltall-Sprung nie statt?

Und für Franz Josef Wagner ist der Fallschirmsprung aus der Stratosphäre ein “Todessturz aus dem Weltall”.

Mit Dank an Dani, Martin und Max.

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Zahlen, bitte!

Heute spielt der TSV 1860 München in der 2. Fußballbundesliga gegen Hertha BSC Berlin.

Oder, etwas poetischer:

LÖWEN, HEUTE GILT’S!

Um 18 Uhr kommt’s im Berliner Olympiastadion zum Showdown bei Bundesliga-Absteiger Hertha BSC.

“Bild” zitiert den Spieler Daniel Bierofka mit den Worten, die Münchener werden “frech auftreten” und fährt fort:

Das fordert auch Maurer. Denn er weiß: “Mit einem Sieg in Berlin können wir einen ganz großen Schritt nach vorne machen.” Den Schritt auf Platz 1 nämlich!

Ein Sieg – und die Löwen wären zumindest über Nacht Tabellenführer.

Dafür müssten die “Löwen” allerdings einen so sensationellen Sieg einfahren, dass der DFB ihnen dafür spontan vier Punkte gutschreibt.

Die aktuelle Tabellensituation sieht nämlich so aus:

Für einen Sieg bekommt ein Verein drei Punkte, weswegen 1860 München heute auf maximal 19 Punkte kommen kann — und damit – “über Nacht” hin oder her – immer noch einen Zähler hinter Eintracht Braunschweig lägen.

Die Chancen auf ein spannendes, hochklassiges Spiel stehen aber trotzdem gut:

Die Löwen sind in dieser Saison in neun Pflichtspielen noch unbesiegt. Hertha ist in Liga 2 noch ohne Niederlage, schied aber im DFB-Pokal in Worms aus.

“Ohne Niederlage” in dem Sinne, dass das 1:3 beim FSV Frankfurt am 2. Spieltag ja schon fast zwei Monate her ist.

Mit Dank an rowo1860.

E-Bikes, Landlust, Harald-Schmidt-Show

6 vor 9

Um 6 Minuten vor 9 Uhr erscheinen hier montags bis freitags handverlesene Links zu lesenswerten Geschichten aus alten und neuen Medien. Tipps gerne bis 8 Uhr an [email protected].

1. “Die ‘Bild’-Botschaft: Hier bist du auf du und du mit den Stars”
(funkkorrespondenz.kim-info.de)
Dieter Anschlag zählt von Montag bis Samstag 79 “Stars” in “Bild”: “Aufs Jahr hochgerechnet wäre das ein ‘Star’-Gehalt von immerhin 4108 Nennungen.”

2. “Kundenservice im Journalismus: Fehler der Nachrichtenagentur ausbügeln? Denkste!”
(kundenkunde.de)
Wie “Trainer Jürgen” mal auf verschiedenen Zeitungsportalen “ab der 63. Minute auf volle Offensive” setzte. “Nur gut, dass wir in diesem Land diese riesengroße Vielfalt an Qualitätsmedien haben – man sollte wirklich ALLES tun, um dieses extrem wertvolle Gut zu schützen. Nicht.”

3. “Vom Glück des Gedeihens”
(faz.net, Uta Rasche)
Ein Porträt der Chefredakteurin der Zeitschrift “Landlust”, Ute Frieling-Huchzermeyer: “Dass die Redakteure allesamt Frauen sind, hat sich so ergeben: ‘Wenn sich ein passender Mann bewerben würde, hätte ich nichts dagegen’, sagt die Chefin. Die Hälfte des interdisziplinär aufgestellten Teams hat bei der ‘Landlust’ volontiert. Manche haben Gartenbau studiert, einzelne stammen vom Bauernhof, eine Ökotrophologin ist dabei, eine Geographin, aber auch Innenarchitektinnen, Germanistinnen und Kunsthistorikerinnen.”

4. “Jenseits der Hysterie”
(neukoellner.net, Patrick Schirmer Sastre)
Das von “Bild” vorabgedruckte Buch “Neukölln ist überall” von Heinz Buschkowsky in der Rezension eines Lokalblogs: “Die in der ‘Bild’-Zeitung vorgestellten Thesen sind tatsächlich im Buch zu finden. Es darf aber niemanden überraschen, dass gerade diese Zeitung sich große Mühe gegeben hat, die argumentierenden und einordnenden Passagen wohlweislich zu übersehen. Im Grunde ist es einfach: Wer Buschkowsky aufgrund der Auszüge in der ‘Bild’ als Rassisten oder Agitator schimpft, ist auf die boulevard’sche Darstellung der Bild-Zeitung reingefallen, nicht auf den Bürgermeister.”

5. “Unfallrisiko Elektrofahrrad: Geschickte Versicherungs-PR”
(blog.br.de/quer, Video, 5:16 Minuten)
Gemäß der bayerischen Unfallstatistik im ersten Halbjahr 2012 sind E-Bikes nicht gefährlicher als normale Fahrräder. In den Medien ist das aufgrund erfolgreicher PR anders zu lesen. Versicherer hoffen auf eine Pflichtversicherung für E-Bikes, wie es sie für Mofas gibt.

6. “Harry 42 – 25.09.02 – Schröder und Fliege – Axel Stein”
(youtube.com, Video, 43:24 Minuten)
Harald Schmidt liest in der “Harald-Schmidt-Show” vom 25. September 2002 die Zeitschrift “Fliege” und überlegt, welche Sendungen die ARD einsparen könnte. Als Gast: Axel Stein.

Eintracht säen

Eintracht Frankfurt ist die Überraschungsmannschaft der jungen Bundesligasaison: In vier Spielen hat der Aufsteiger viermal gewonnen, steht in der Tabelle punktgleich hinter dem FC Bayern München auf Platz 2. Das hat die Sportredakteure von “Bild” offensichtlich überfordert.

In der Samstagsausgabe schreibt die Zeitung:

Der Aufsteiger an der Spitze! Nach 13 Jahren ist Eintracht Frankfurt wieder Erster (zuletzt 1999) in der Bundesliga. Zumindest über Nacht! Heute können die Bayern (auf Schalke) wieder vorbeiziehen.

Das letzte Mal, dass Frankfurt “zumindest über Nacht” Tabellenführer war, ist allerdings noch gar nicht so lange her. Genauer: drei Wochen und zwei Spieltage.

Am 2. Spieltag der Saison 2012/2013 gewann die Eintracht am Samstagnachmittag mit 4:0 bei der TSG Hoffenheim und kletterte mit insgesamt sechs Punkten auf Platz 1. Die Bayern spielten erst am Sonntagabend gegen den VfB Stuttgart, gewannen 6:1 und zogen wieder vorbei.

Am Samstagmittag schrieb Bild.de dann weiter an der Erfolgsgeschichte von Eintracht Frankfurt — und verhedderte sich ebenfalls:

Freitagabend, kurz vor halb elf. Nürnberg 2:1 geschlagen, der Rekord ist perfekt! Noch nie in der Geschichte der Bundesliga hat es ein Aufsteiger geschafft, die ersten vier Partien zu gewinnen.

Auch nicht in den Saisons 1967/1968 und 1997/1998. Damals wurden mit dem 1. FC Nürnberg und dem 1. FC Kaiserslautern Aufsteiger Deutscher Meister.

Wie Bild.de auf die Idee kommt, der 1. FC Nürnberg sei in der Saison 1967/1968 “Aufsteiger” gewesen, ist rätselhaft: Der Verein war seit der Gründung der Bundesliga in der Saison 1963/1964 dabei gewesen, schaffte aber in der Saison 1968/1969 die bis heute unerreichte “Sensation”, als amtierender Deutscher Meister abzusteigen. Den umgekehrten Weg (also als Aufsteiger Meister zu werden) hat bisher tatsächlich nur der 1. FC Kaiserslautern geschafft.

Mit Dank an Patrick W. und Dirk B.

Der Stelzbock als Gärtner

Wenn Sie sich am Wochenende länger als vier Sekunden im Internet bewegt haben, werden Sie um diese Nachricht nicht herumgekommen sein: Eine französisches Magazin hat Oben-ohne-Fotos der britischen Herzogin und Prinzen-Gemahlin Catherine veröffentlicht.

Gut, es ist nicht das erste Mal, dass unscharfe Nacktfotos irgendeiner Berühmtheit auftauchen. Neu ist allerdings die Art, wie Bild.de mit solchen Fotos umgeht:

Französisches Magazin zeigt Kate oben ohne!

Zugegeben: Was die Leute von Bild.de wirklich dazu bewogen hat, die nackten Brüste zu entfernen, wissen wir nicht. Vielleicht war es ja juristische Vorsicht, weil die Paparazzi-Fotos nicht auf öffentlichem, sondern auf privatem Gelände entstanden sind. Vielleicht hat sich “Bild”-Textchef Alexander von Schönburg mit seiner Ansicht durchsetzen können, dass “Royals” mehr Respekt verdient hätten. Vielleicht waren die Fotos so kurz nach der ersten Veröffentlichung auch schlichtweg zu teuer.

Dass die Entscheidung aber grundsätzlich irgendetwas mit Anstand, Diskretion oder Respekt zu tun hatte, ist unwahrscheinlich. Sehr, sehr unwahrscheinlich.

Dafür sind “Bild” und Bild.de viel zu verhaltensauffällig:

“Bild“, 26. Juli 2012:Pixie Geldof hat die Nippel schön!

Bild.de, 25. Juli 2011:

WunderBARe Ausblicke!

Dabei müssen es nicht mal vollständig  enthüllte Brüste sein, damit die Leute von Bild.de sofort mit feuchten Fingern einen Artikel samt Bildergalerie zusammenbasteln. Dafür reicht schon eine versehentlich entblößte Viertel-Brustwarze:

Emma Watson und die Busen-Panne

Oder ein Zipfel Unterwäsche:

Diese Moderatorin ist spitze

Selbst Sportlerinnen, die sich im Eifer des Gefechts unabsichtlich entkleiden, sind Bild.de normalerweise ganze Klickstrecken wert:

Die sexy Blitzer des Sports

Und überhaupt: Sobald irgendwo auf der Welt auch nur ein halber Zentimeter von der Brust oder der Unterwäsche einer halbwegs prominenten Frau abgelichtet wird, ist Bild.de gleich mit einem eigenen Artikel zur Stelle:

1. März 2006:

Busen-Blitzer bei Tottis Blasi!

2. März 2006:

Lindsay Lohan lüpft ihre Lustwarze...

28. Dezember 2006:

Die schönsten Busenblitzer 2006

9. Mai 2008:

Bai Ling lässt mal wieder blitzen

18. Juni 2008:
Kate total durchsichtig in Istanbul

19. September 2008:

Busenblitzer im Taxi

15. Oktober 2008:

Der totale Durchblick bei Pam Anderson

24. Oktober 2008:

Luca Tonis schöne Marta: Busenblitzer!

30. Oktober 2008:

Nippelalarm! Diese Stars lassen blitzen

22. November 2008:

Busenblitzer am Set von "Beverly Hills, 90210"!

22. Januar 2009:
Die schärfsten Busen-Blitzer des Sports

20. Februar 2009:

Hamiltons Pussycat: Plötzlich blitzt der Busen...

17. März 2009:
FKKate Moss lässt den Busen blitzen

3. Juni 2009:

Busenblitzer in Drehbpause

20. Juni 2009:

Bei Lily Allen blitzt es - schon wieder!

8. Juli 2009:

Neuer Busenblitzer von Bai Ling

19. Juli 2009:

Lady Gaga zeigt's allen

20. Juli 2009:

Diese Ladys lassen tief blicken

21. Juli 2009:

Jetzt blitzt's auch bei den Russinnen

18. August 2009:

Die besten Busen-Blitzer im TV

8. September 2009:

Der Busenblitzer von Berlin

15. Oktober 2009:

Freie Sicht auf Slip oder Busen

2. November 2009:

BH-Panne bei Jeanette Biedermann

19. November 2009:

Busenblitzer bei Film-Premiere!

15. Dezember 2009:

Da wird's uns ganz warm ums Herz

1. Januar 2010:

Pamela Anderson: Mit Busenblitzer ins neue Jahr

25. März 2010:

Auch Kate Moss hat sexy Durchblick

29. Dezember 2010:

Die schönsten Busen-Blitzer des Jahres

13. April 2011:

Beim Salsa tanzt Liliana der Busen aus dem Kleid

24. Mai 2011:

Hier geht Lindsay Lohans Busen baden!

2. Juli 2011:

La Dolce Vita! Geris Busen macht sich fei (sic!)

18. August 2011:

Freche kleine Knospen

5. September 2011:

Gwyneth Paltrow mag's gern luftig

2. Oktober 2011:

Hier lässt Maite Kelly ihren Schlüpfer blitzen

30. Dezember 2011:

Rihanna (fast) barbusig auf Barbados

7. März 2012:

Fanfoto mit Busen-Blitzer!

5. April 2012:

Heidiwitzka, was blitzt da!

Doch niemand könnte dieses gespaltene Verhältnis zu Promibrüsten schöner zusammenfassen als Bild.de es am Freitag selbst getan hat:

Mit Dank auch an die vielen, vielen Hinweisgeber!

Apropos überfordert

“Zeit Online” schreibt über das Bundesligaspiel zwischen der Spielvereinigung Greuther Fürth und dem FC Schalke 04 (0:2) am gestrigen Abend:

Schalkes neuer Mann Affelay bemühte sich zwar sehr, wie schon beim 0:3 zum Saisonauftakt gegen den FC Bayern München, wirkte er aber oft überfordert.

Dieser Satz ist bemerkenswert, enthält er doch gleich vier Fehler: Erstens hat Schalke beim Saisonauftakt nicht gegen den FC Bayern München gespielt, sondern gegen Hannover 96. Zweitens ging dieses Spiel nicht 0:3 verloren, sondern endete 2:2 unentschieden. Drittens war Ibrahim Afellay beim Saisonauftakt noch gar nicht dabei, sondern wechselte erst ein paar Tage später, am Ende der Transferperiode, zum FC Schalke. Und viertens sahen andere Medien Afellay gestern nicht unbedingt “überfordert”.

Wie kann so ein Satz passieren?

Nun, der ganze Text bei “Zeit Online” ist eine Art Remix des dpa-Berichts zum Spiel. Da lautete die Passage aber etwas anders:

Die Gäste machten zu wenig aus ihrem großen Potenzial, auch wenn der Niederländer Affelay viele gute Ideen hatte.

Der Neuling mühte sich zwar redlich, wirkte aber wie schon beim 0:3 zum Saisonauftakt gegen den FC Bayern München oft überfordert.

Das ist sprachlich etwas gemein, denn wenn man nur halb über Fußball informiert ist, könnte man meinen, mit “der Neuling” sei Ibrahim Afellay gemeint. “Der Neuling” ist aber die Spielvereinigung Greuther Fürth, die gerade zum ersten Mal in die erste Bundesliga aufgestiegen ist.

Das wird auch deutlich, wenn man die nachfolgenden Sätze bei dpa liest:

Viele Fehlpässe störten den Spielaufbau, gefährliche Angriffe waren eine Seltenheit. Daran änderte auch die späte Einwechslung des langjährigen Schalkers Gerald Asamoah nichts mehr.

Diese Sätze stehen genauso bei “Zeit Online”, hinter dem Satz mit den vier Fehlern. Dort ergeben sie zwar gar keinen Sinn, aber das ist an dieser Stelle dann wohl auch egal.

Mit Dank an vanTOM.

Nachtrag/Korrektur, 14.25 Uhr: In der ersten Fassung dieses Eintrags hatten uns von der konsequenten Falschschreibung von Afellays Nachnamen bei dpa (“Affelay” statt “Afellay”) anstecken lassen.

Nachtrag, 18.25 Uhr: “Zeit Online” hat den Artikel (inzwischen unter diesem Link erreichbar) überarbeitet.

Der betreffende Satz lautet jetzt unmissverständlich:

Greuther Fürth mühte sich zwar redlich, wirkte aber wie schon beim 0:3 zum Saisonauftakt gegen den FC Bayern München oft überfordert.

Unter dem Artikel steht dieser Hinweis:

Update: Eine frühere Version des Textes enthielt Fehler über den Schalker Neuzugang Ibrahim Afellay und seine spielerische Leistung. Der Artikel wurde deshalb überarbeitet.

Meinungsvielfalt, Illustrationen, Hannover 96

6 vor 9

Um 6 Minuten vor 9 Uhr erscheinen hier montags bis freitags handverlesene Links zu lesenswerten Geschichten aus alten und neuen Medien. Tipps gerne bis 8 Uhr an [email protected].

1. “Beim Leistungsschutzrecht hört die Meinungsvielfalt auf”
(stefan-niggemeier.de)
Die “Wetterauer Zeitung” erklärt einem Leser, warum sie seinen Leserbrief zum Thema Leistungsschutzrecht nicht veröffentlicht.

2. “Augen zu und durch!”
(danielgrosse.com)
Die “Leipziger Volkszeitung” illustriert einen Bericht über den neuen VW Golf VII mit einem Foto des VW Golf VI: “Wer auch immer die Bildunterschrift ‘Rauschende Weltpremiere: Der neue VW Golf 7. Foto: AFP’ eingefügt hat, er muss blind gewesen sein. Steht doch quasi direkt über der Autorenkennung im Nummernschild des gezeigten Golfs zu lesen: ‘Golf VI 2008-2012’.”

3. “Absurde Fotos zur Euro-Krise”
(spiegel.de, Friederike Ott)
Die Mühe von Fotografen, immer neue Symbolbilder für die Eurokrise zu finden: “Fotografen nennen diese Bilder Illustrationen. Sie sollen abstrakte Vorgänge visualisieren. Die meisten Krisen verschwinden nach einigen Wochen oder Monaten aus dem Fokus der Öffentlichkeit. Bei der Euro-Krise ist das anders.”

4. “Presserat prüft Verkauf von Kandidatenporträts in Lokalzeitung”
(aargauerzeitung.ch, Fabian Muster)
Kandidierende für das Aargauer Kantonsparlament können bei Lokalzeitungen des Verlags Effingerhof AG ein Porträt über sich kaufen: “Entweder schalten sie Inserate in der Höhe von 550 Franken [rund 455 Euro] oder bezahlen diesen Betrag direkt für einen Artikel über sich selbst.”

5. “Schwierige Dreharbeiten – Sanitäter behindern Kameramann”
(ndr.de, Video, 5:14 Minuten)
Ein Kameramann, der in und um Rostock Unfälle und Katastrophen filmt, kommt immer wieder in Konflikt mit Sanitätern und Polizisten.

6. “Zeuge Hannovas: Serienmörder, Hurensöhne und Arschlöcher”
(reesessportkultur.de, Klaas Reese)
Fans des Fußballvereins Hannover 96, Präsident Martin Kind, Serienmörder Fritz Haarmann und “Bild”.

Mit Hehlerei kennt Ralph Grosse-Bley sich aus

Heute auf Facebook: Ralph Grosse-Bley, Chefredakteur der Schweizer Boulevardzeitung “Blick”, ist stolz:

Raufende Chinesen, die den Kapitän von Flug LX 196 Zürich–Peking zur Umkehr zwingen: Das BLICK-Exklusiv-Video, das den älteren der beiden Chinesen leicht verletzt und schwer betrunken an Bord des Airbus A340 zeigt, war gestern der absolute Renner auf Blick.ch (siehe hier: http://bit.ly/TeVxG9)

Die Mini-DV-Kassette mit den Filmaufnahmen hatten BLICK-Reporter im Rahmen unfangreicher Recherchen am Montag von einem Schweizer erhalten, der mit an Bord war.

Gut, “der absolute Renner” dürfte das Video gewesen sein, weil die Leser unter der Überschrift “Schlägerei im Swiss-Airbus: Was wirklich geschah — Passagier filmte Chinesen, Augenzeugin spricht” vermutlich ein Video von einer ordentlichen Schlägerei erwartet hatten und nicht eines von Menschen, die nach einer Schlägerei (oder wonach auch immer, das geht aus dem Video nicht hervor) irgendwo rumstehen.

Aber darum soll es hier nicht gehen.

Ralph Grosse-Bley ist nämlich auch empört:

Im Lauf des Dienstags tauchte das Video dann auch auf der Website von 20 Minuten auf – mit einem Quellenhinweis auf eine zweifelhafte britische Website.

Wie geht das? Diese Website funktioniert ähnlich wie Youtube: Jeder kann aufschalten, was er will, zum Beispiel auch, was er gerade irgendwo im Internet geklaut hat. Etwa das exklusive BLICK-Video aus dem Swiss-Airbus.

Die Macher von “20 minuten.ch” finden das geklaute Video rein zufällig auf der britischen Website – und schon ist es bei ihnen online, mit Hinweis auf die zweifelhafte Website. Natürlich wissen sie, woher das Video in Wahrheit stammt, aber das spielt keine Rolle in der Online-ist-allesgratis-Philosophie.

Es sind Hehler, keine Journalisten. Hehler machen Geschäfte mit geklauter Ware. Journalisten recherchieren selbst.

Ja, diese verdammte Online-ist-allesgratis-Philosophie. Da kann Ralph Grosse-Bley sicherlich so einiges drüber berichten.

Zum Beispiel die Geschichte von Charley, dem Küken:

Youtube-Hit: Küken Charley geht mit seinem Besitzer joggen. Das Enten-Küken Charley begleitet seinen Besitzer auf Schritt und Tritt. Sogar beim Joggen ist es dabei. Das Video ist vom April 2010, wurde aber erst jetzt zum Youtube-Hit.

Das Video wurde zum YouTube-Hit und die Journalisten von blick.ch haben es offensichtlich bei YouTube heruntergeladen, mit ihrem Logo versehen und auf dem eigenen Server hochgeladen.

Oder dieses Video von einem Torwart-Tor aus der 2. Schweizer Liga:

Sonntagsschuss in der 2. Liga: Das Goalie-Goal des Jahres kommt aus der Schweiz. Gelegentlich lohnt es sich, auch einen Sonntagsausflug in die unteren Fussball-Ligen der Schweiz zu machen.

Das ist ist “ein Hit” auf YouTube, “hat schon über 140’000 Klicks eingeheimst” — und läuft jetzt mit der Originalmusik und dem Logo von footmag.ch, nur ergänzt um das Logo von blick.ch auf blick.ch.

Oder der betrunkene russische Baggerfahrer:

Russland: Betrunkener Baggerfahrer rammt 7 Autos. Etwas zu tief ins Glas geschaut hat dieser Baggerfahrer in Russland. Und das wird ihn wohl teuer zu stehen kommen.

Montag auf YouTube, heute bei blick.ch.

Oder dieser Beinahe-Unfall, bei dem offenbar sogar egal ist, wo er stattfand:

Brilliantes Ausweichmanöver: Lastwagen verhindert Horror-Crash

Vorher schon im Internet zu sehen gewesen.

Oder, ganz aktuell, die Schülerin, die ihren Lehrer tritt:

Volltreffer: Schülerin wehrt sich gegen aggressiven Lehrer. Eine Schülerin wird vor versammelter Klasse von ihrem Lehrer beschimpft und beleidigt. Als er sie auch noch mit dem Finger stupst reicht es ihr. Sie tritt entschlossen zu - und trifft!

Das Video macht seit gestern auf LiveLeak und YouTube die Runde und ist heute schon bei blick.ch zu sehen.

Ja, dieses Internet. Jeder kann “aufschalten”, was er will, zum Beispiel auch, was er gerade irgendwo im Internet geklaut hat.

Mit Dank an André H.

Wo ein Willis ist, ist auch eine Story

Wer sich im Internet irgendwo anmeldet, bekommt häufig einen Text vorgelegt, der ausgedruckt in etwa die Ausmaße des Telefonbuchs von Chicago aufweisen würde. Solche Allgemeinen Geschäftsbedingungen sind in der Regel so lang und sprachlich so ermüdend, dass es gut sein kann, dass man einem Anbieter sein Erstgeborenes abtritt oder der Zerstörung des Planeten Merkur zustimmt, wenn man blindlings einfach auf “OK” klickt.

Der Schauspieler Bruce Willis hat aber, wenn man Medienberichten trauen darf, offenbar irgendwie die Geschäftsbedingungen des iTunes Store, dem Musikportal des Unterhaltungsgeräteherstellers Apple, durchgearbeitet und dabei festgestellt, dass er seinen Töchtern im Falle seines Ablebens gar nicht seine digitale Musiksammlung vererben könnte. Seitdem ist er auf einer Mission, um für die Freiheit der iTunes-Nutzer und gegen Apple zu kämpfen.

Man darf diesen Medienberichten natürlich nicht trauen, auch wenn stern.de ein bisschen naiv referiert:

Das berichten übereinstimmend die britischen Boulevardzeitungen “The Sun” und “Daily Mail”.

Die “Sun” und die “Daily Mail” sind als Quellen ungefähr so seriös wie der Freund des Schwagers einer Arbeitskollegin oder das nordkoreanische Staatsfernsehen.

Die “Daily Mail” schrieb zum Beispiel am Sonntag:

Bruce Willis sieht man eigentlich eher, wenn er Explosionen entkommt und Terroristen bekämpft, um die Welt zu retten.

Sein letzte Kampf allerdings führt ihn in die deutlich leisere Welt des Gerichtssaals — obwohl er sich immer noch einem beeindruckenden Gegner stellt.

Es heißt, der Hollywood-Actionheld überlege, juristisch gegen den Technologiegiganten Apple vorzugehen, weil er seinen Töchtern seine digitale Musiksammlung hinterlassen möchte.

(Übersetzung von uns.)

Das klingt so vage, dass die “Daily Mail” das Gleiche vermutlich über jede andere Person hätte schreiben können, ohne dass sie dabei unkonkreter hätte werden müssen.

Die “Daily Mail” schreibt von verschiedenen Plänen, mit denen Willis “angeblich” sein Vorhaben umsetzen will. Aber woher sie ihre angeblichen Informationen hat, das schreibt sie nicht.

Das einzige wörtliche Zitat im Artikel stammt dann auch gar nicht von Bruce Willis:

Anwalt Chris Walton sagte: “Viele Leute werden überrascht sein, wenn sie erfahren dass all die Lieder und Bücher, die sie über die Jahre gekauft haben, ihnen tatsächlich gar nicht gehören. Es ist ganz natürlich, dass man sie an eine nahestehende Person weitergeben will.”

(Übersetzung von uns.)

Diesen Chris Walton zitiert auch die “Sun”. Außerdem hat sie herausgefunden, dass Willis’ Downloads “Berichten zufolge Klassiker von den Beatles bis zu Led Zeppelin enthalten”.

An dieser Stelle hätte man stutzig werden und sich fragen können, warum die Musiksammlung eines 57-Jährigen eigentlich so viele Downloads mit der Musik seiner Jugend enthalten soll — das dürfte Willis doch noch alles auf Vinyl oder CD haben.

Aber warum nachdenken, wenn “Sun” und “Daily Mail” übereinstimmend über den Fall schreiben?

Bild.de:
WEIL ER SEINE MUSIKSAMMLUNG VERERBEN MÖCHTE: Bruce Willis legt sich mit Apple an

krone.at:
Bruce Willis fordert mehr Rechte an Musiksammlung

oe24.at:
Bruce Willis will iTunes von Apple verklagen

kurier.at:
Bruce Willis will Apple wegen iTunes klagen

heute.at:
Wegen iTunes: Bruce Willis will Apple verklagen

20min.ch:
Verklagt Bruce Willis Apple — wegen iTunes?

“Focus Online”:
Rechtsstreit um iTunes-Musiksammlung: Bruce Willis will Apple verklagen

“Focus Online” hatte es sogar geschafft, sich nicht auf “Sun” und/oder “Daily Mail” zu berufen, sondern auf das Trashmeldungaufbereitungsportal pressetext.com, wo sie den britischen Anwalt, den die “Daily Mail” (etwas undeutlich) als Experten befragt hatte, gleich zu “Willis’ Rechtsanwalt” gemacht hatten.

Dann passierte gestern etwas Unvorhergesehenes: Ein Twitter-User gab Bruce Willis’ Ehefrau Emma einen Rat, wie er seinen Töchtern ganz leicht den Zugang zu den iTunes-Songs sichern konnte — und Emma antwortete schlicht, die ganze Geschichte sei gar nicht wahr:

Einige Medien wie stern.de, 20min.ch und zdnet.de aktualisierten daraufhin ihre Artikel, andere wie “Focus Online” veröffentlichten einfach einen weiteren Artikel zur Frage, was eigentlich nach dem Tod mit der iTunes-Bibliothek passiert.

Wiederum andere Medien wie “Welt Online” veröffentlichten nach dem Dementi heute einfach irgendwelche feuilletonistischen Aufsätze, als sei nichts geschehen:

Warum Bruce Willis Apple verklagen will: Der Actionstar will seine Musiksammlung einmal vererben. Doch nach seinem Tode gehören die Dateien wieder Apple. Nun erwägt Bruce Willis eine Klage. Sein Tun ist von erhabener Sinnlosigkeit.

Am Nachmittag brachte “Welt Online” dann dieses “Update”:

Update: Inzwischen hat sich die Ehefrau von Bruce Willis, Emma Heming-Willis, bei Twitter zu Wort gemeldet und die Meldung, Bruce Willis würde Apple verklagen wollen, wörtlich als “nicht wahre Geschichte” bezeichnet.

“Inzwischen” im Sinne von “gestern”.

Charles Arthur hat die Geschichte der offensichtlichen Falschmeldung für das Technikblog des “Guardian” aufgeschrieben und hat eine gleichermaßen alberne wie plausible Erklärung:

Lasset also die Suche für den Ursprung dieser Geschichte beginnen. Es gibt einen Artikel vom 23. August auf Marketwatch, der eine seltsame Ähnlichkeit aufweist — aber es gibt dort keine Erwähnung einer Anfechtungsklage. Es geht nur um Nachlässe und Testamente (“Estates and Wills”).

Was uns zum erschaudernden Innehalten bringt: könnte es sein, dass jemand die Erwähnung von “Estates and Wills” sah und dachte, es seien “estates and Willis”?

(Übersetzung von uns.)

Mit Dank an die vielen Hinweisgeber.

Nachtrag, 18.10 Uhr: Am späten Nachmittag, als die Geschichte so richtig schön “durch” war, legte die “Financial Times Deutschland” in ihrem Internetauftritt nach:

iTunes-Musiksammlung: Bruce Willis trickst Apple aus

Der Text erzählt die bekannte Mär, nach der Bruce Willis Apple verklagen wolle, und endet mit diesem bemerkenswerten Absatz:

Seine Ehefrau Emma Heming ließ auf Twitter zwar dementieren, Willis selbst wolle Apple verklagen. Ein User schlug ihr daraufhin eine denkbar simple Lösung vor: “Sag Bruce doch einfach”, schreibt RichieD, “er soll seinen Töchter seine iTunes Passwörter geben. Dann wird er ewig leben.”

Ein “doch” folgt auf das “zwar” nicht mehr.

Mit Dank an Stefan G.

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