Suchergebnisse für ‘Sport’

Drehbuchwunder, Sportastrologie, Roger Willemsen

1. Jürgen Werner – die Schreibmaschine
(sueddeutsche.de, Katharina Riehl)
Wir kennen die Namen vieler TV-Serien, doch welche Autoren hinter den Geschichten stecken, ist den wenigsten bekannt. Die “SZ” hat sich mit einem dieser TV-Autoren getroffen: Jürgen Werner, dem “Mann aus dem Maschinenraum des deutschen Fernsehwahnsinns”, der u.a. für die Nonnen-Soap “Um Himmels Willen” schreibt und hinter diversen Traumschiff-Episoden und unzähligen Geschichten des Halali-Epos “Forsthaus Falkenau” steckt. Doch damit nicht genug: Werner hat für “Schloss Einstein”, den “Bergdoktor” und “Schimanski” Stoffe entwickelt, in manchen Jahren verließen 20 bis 30 Drehbücher seinen Schreibtisch. Zur Zeit ist der umtriebige Autor mit dem PR-trächtigen Schwarzwald-Tatort (Hauptrolle: Harald Schmidt) beschäftigt.

2. Leute, benehmt euch wie die Deutschen!
(sueddeutsche.de, Viola Schenz)
Der WDR zeigt am Mittwoch, den 10.02.2016 um 22.55 Uhr eine Dokumentation über Flüchtlings-Schicksale. Das Besondere: Das Videomaterial kommt von den Flüchtligen selbst. “Wir sind in Flüchtlingsheime gegangen und haben die Menschen dort gefragt, ob sie Videomaterial zu ihrer Flucht haben”, so die verantwortliche WDR-Redakteurin. Die Flüchtlinge hätten bereitwillig Videomaterial beigesteuert. Die 90-minütige Doku soll Aufnahmen vom Alltagsleben in der alten Heimat, aber auch dramatische Szenen von der Flucht in überfüllten Transportern oder Schlauchbooten zeigen.

3. Die undurchsichtigen Verbindungen zwischen einem „Welt“-Redakteur und der AfD
(uebermedien.de, Boris Rosenkranz)
Die Geschichte hat das Zeug zu einem Politik-Krimi: Ein hochrangiger AfD-Politiker behauptet, ein zweifelhaftes Angebot eines “Welt”-Redakteurs erhalten zu haben. Dieser hätte sich als Berater angedient. Für ein monatliches Salär von 4.000 Euro und über Umwege zahlbar… Boris Rosenkranz hat versucht, Licht ins Dunkel zu bekommen und die Konfliktparteien um Auskunft gebeten. Die beteiligten Parteien reagierten jedoch merkwürdig schweigsam. Deshalb hat er weiter recherchiert und sich das privat betriebene Portal des Redakteurs bzw. das der Ehefrau näher angeschaut, über das es einige Merkwürdigkeiten zu berichten gibt. (teilw. Bezahlinhalt)

4. Landesverweis wegen investigativer Recherche
(medienwoche.ch, Dominique Strebel)
In der Schweiz sind neue Regelungen im Gespräch, die zu erheblichen Einschränkungen der Pressefreiheit führen und eine Gefahr für den Journalismus darstellen. Wird Ende Februar die sogenannte “Durchsetzungsinitiative” der rechtskonservativen SVP angenommen, können Journalisten ohne Schweizer Pass des Landes verwiesen werden. Als Strafe für Delikte, die sie als Teil ihrer Arbeit und des Berufsrisikos in Kauf nehmen müssen wie z.B. investigativen Recherchen. Würde die Neuregelung realisiert, würden ausländische Ressortleiter und Chefredakteure zudem für Rechtsbrüche von Untergebenen (egal, ob Schweizer oder Ausländer) haften und könnten ebenfalls ausgewiesen werden.

5. Stirb und Werde, auf und nieder, Astro-Blödsinn immer wieder – in den Nürnberger Nachrichten
(blog.gwup.net, Bernd Harder)
In der “Gesellschaft zur wissenschaftlichen Untersuchung von Parawissenschaften e.V.” (oder abgekürzt: “GWUP”) engagieren sich etwa 1.400 Mitglieder für Wissenschaft und kritisches Denken. Pressesprecher Bernd Harder betreut den Blog der Skeptiker-Organisation und berichtet dort über einen Fall von unkritischer Übernahme von Astro-Mumpitz: Die “Nürnberger Nachrichten” räumen einem “Sportastrologen” eine ganze Seite für seine Humbug-Analyse über die sportliche Zukunft des “Clubs” ein. Darunter befinden sich Weissagungs-Perlen im Der-Ball-ist-rund-Stil wie: “Ich würde schon sagen, dass der FCN gewinnt, es könnte aber auch ein Unentschieden werden. Das ist jetzt kein total eindeutiges Spiel. Aber das Wochenende darauf, da müsste es mit einem Sieg klappen.”

6. Roger Willemsen.

Der Autor, Publizist und Fernseh-Moderator Roger Willemsen war nicht nur ein gebildeter und charmanter Universalgelehrter, sondern auch ein wegen seiner Schlagfertigkeit und geistreichen Art geschätzer Interviewer. Anlässlich seines Tods sind viele sehr persönlich gehaltene Nachrufe von Wegbegleitern und Kollegen erschienen, die deutlich machen, welch hohes Maß an Anerkennung er genoss. Eine kleine und höchst unvollständige Auswahl sei hier vorgestellt. Auf “Spiegel Online” schreibt mit Nils Minkmar ein ehemaliges Mitglied von Willemsens-TV-Sendung derart anschaulich und zugewandt über Roger Willemsen, dass man sich ein ganzes Buch davon wünschte. Im “Zeit Magazin” erschien Willemsens “Jahreszeitenkolumne”. Sein langjähriger Redakteur Matthias Kalle erinnert sich an die Zusammenarbeit mit dem Kolumnisten, der es verstand, “mit dem Ernsten zu unterhalten und das Unterhaltende ernst zu nehmen”. Die “SZ” publiziert noch einmal seinen Artikel zum Dschungelcamp aus dem vorletzten Jahr, in dem er über die Protagonisten und Wirkmechanismen der Sendung philosophiert. Die Zeitschrift “Konkret” erinnert ihm zu Ehren an seinen ersten journalistischen Beitrag, der sich um die Sprache des früheren Bundespräsidenten Richard von Weizsäcker dreht. Der “Tagesspiegel” veröffentlicht erneut ein langes Interview über den “Zustand der deutschen Politiker”. (Willemsen hatte sich gerade ein Jahr lang Parlamentsdebatten in Berlin angehört und darüber ein Buch geschrieben.) Im “Deutschlandradio” gibt es ein Interview mit dem Leiter des Hamburger Literaturhauses Rainer Moritz, in dem dieser sich an die Zusammenarbeit mit Willemsen erinnert. Der Blogger und Journalist Lukas Heinser erzählt, wie die Sendung “Willemsens Woche” dazu beigetragen hat, auch “was mit Medien” machen zu wollen. Der Aktivist Raul Krauthausen (sozialhelden.de, wheelmap.org, leidmedien.de) erinnert an Willemsen, der ihm Mentor und Ideengeber war und der sein Interesse an gesellschaftskritischen Themen geweckt hat. Und “SPON”-Kolumnist Sascha Lobo findet auf seinem privaten Facebook-Account berührende Worte über den Mann, der ihm ein Vorbild an Bildung und Herzensbildung war.

Sportjournalismus, Lokalmedien, “Wahrheit” über Cannabis

1. Hetzt die “Bild”-Zeitung gegen Flüchtlinge?
(de.nachrichten.yahoo.com, Jan Rübel)
Ex-Springer-Mitarbeiter Jan Rübel hat sich einige differenzierte Gedanken zu unserer Auseinandersetzung mit Bild.de-Chef Julian Reichelt gemacht.

2. Der Sportjournalismus trägt Mitschuld an der Doping-Problematik
(andreasgriess.de, Andreas Grieß)
Auf die jüngsten Doping-Enthüllungen der ARD reagierten viele Vertreter der Leichathletik-Verbände empört. Das deute “eklatant darauf hin, dass diese Menschen kritischen Journalismus gar nicht gewohnt sind”, glaubt Andreas Grieß. Es sei kein Zufall, dass der Doping-Skandal von einem “kritischen Außenstehenden” aufgedeckt wurde, und nicht etwa von einem Leichtathletik-Journalist. Sein bitteres Fazit: “Damit passiert auch im Sport, was bereits im Lokalen geschieht: Es wird kaputt gespart. Es gibt in Deutschland Sportberichterstattung, aber kaum Sportjournalismus.”

3. Bitte, kein Kommentar!
(de.ejo-online.eu, Fabian Prochazka und Patrick Weber)
Kommunikationswissenschaftler der Universität Hohenheim wollen herausgefunden haben, dass sich das Niveau der Leserkommentare auf Nachrichtenseiten auf die wahrgenommene Qualität der Artikel auswirkt: Je mehr Trolle, desto schlechter werden auch die Texte beurteilt. Besonders erstaunlich: “Auch höfliche Kommentare und solche mit Argumenten verschlechtern die wahrgenommene Qualität eines Artikels im Vergleich zu einer Version ganz ohne Kommentare.”

4. Trennung zwischen Arm und Reich wirkt sich auf Lokalnachrichten aus
(netzpiloten.de, Laura Hazard Owen)
Wohlhabende Städte haben besseren Zugang zu Lokaljournalismus, dort werden die Bewohner häufiger und umfassender informiert, als in ärmeren Städten. Allerdings ist die Stichprobe der Rutgers-Untersuchung sehr klein, nur drei Städte im US-Bundesstaat New Jersey wurden untersucht. Trotzdem müsse man anhand dieser Ergebnisse annehmen, dass die demokratischen Werkzeuge nicht gleichmäßig verteilt sind, sagt Philip M. Napoli, Professor für Journalismus und Leiter der Studie – “was uns Sorgen machen sollte”.

5. Germanwings: Klage gegen “Österreich” wegen falschem Co-Piloten
(derstandard.at)
Nach dem Germanwings-Unglück hatten unter anderem die “Kronen Zeitung” und “Österreich” das unverpixelte Foto eines Mannes gedruckt, das aber nicht, wie angegeben, den Co-Piloten Andreas L. zeigte, sondern einen Unbeteiligten. Mit der “Krone” gab es eine außergerichtliche Einigung, “Österreich” steht nun vor Gericht.

6. Sagt die Bild wirklich “die Wahrheit über Cannabis”?
(vice.com, Michael Knodt)
“Zugegeben, ein wenig mehr Mühe als sonst hat die Redaktion sich im Rahmen der Recherche schon gegeben. Aber man muss nicht lange lesen, um zu verstehen, dass die Bild immer noch keine Ahnung von Weed hat.”

Aus dem lustigen Leben eines “Bild”-Sportreporters

Jürgen Klopp, der ehemalige Trainer von Borussia Dortmund, hat sich in seiner Zeit beim BVB bekanntermaßen gerne mal aufgeregt, mitunter auch über Journalisten. Die Mitarbeiter der “Bild”-Zeitung hatten es ihm dabei immer ganz besonders angetan.

Nach einem Spiel etwa, in dem BVB-Stürmer Marco Reus den Linienrichter umgehauen hatte, kam es, wie “Bild” später nicht ohne Stolz berichtete, zu folgender Szene:

Ich [der “Bild”-Reporter] frage Klopp: „Haben Sie sich kurz Gedanken um den Linienrichter gemacht, als Marco Reus ihn abgeräumt hat?“

Klopp schäumt.

Er weiß, für wen ich arbeite, fragt aber süffisant: „Von was für einer Zeitung sind Sie?“

Ich: „BILD.“

Klopp: „Neeee… So viel Fußball heute, und dann müsst ihr so eine Kack-Geschichte machen. Boah ist das ein Drecksleben, das tut mir wirklich leid!“

Das wollte der “Bild”-Reporter nicht auf sich sitzen lassen.

Drecksleben als BILD-Reporter?

Das ist beleidigend und falsch

Und wie! Denn in Wahrheit ist das Leben als “Bild”-Reporter vor allem eins: megafunny! Besonders dann, wenn man mit Jürgen Klopp zu tun hat.

Fragen Sie mal Jörg Weiler. Der ist auch “Bild”-Reporter — ebenfalls zuständig für den BVB — und hat anlässlich des Abschieds des Dortmunder Trainers neulich „von seinen lustigsten Momenten in sieben Jahren mit Jürgen Klopp“ erzählt.

Zum Beispiel das hier:

Bei einem Testspiel in Emmendingen war es, wo er [Klopp] mir vorher gesagt hat: „Du musst mir einen Gefallen tun: Geh nicht zu meiner Mutter! Die kommt heute mal ins Stadion, um mal zuzugucken, und du wirst nicht zu meiner Mutter gehen!“

Das war ein langweiliges Testspiel, es hat geregnet in Strömen, und dann hatte ich natürlich irgendwann doch die Idee, zumindest aus Neugier mal zu gucken, wie die Mutter aussieht.

Natürlich.

Bin zu der Mutter hingegangen, hab mich nur kurz vorgestellt, ‘n Smalltalk mit ihr gehalten, und bin wieder abgehauen. Und ich schätze mal, das waren 80 bis 90 Meter Entfernung, die der Klopp da irgendwie gucken musste, um das überhaupt mitzubekommen.

Auf der anschließenden Pressekonferenz dann:

Und plötzlich merke ich, wie mir einer vor’s Scheinbein tritt. (…) Dann kommt der zweite Tritt, mitten vor’s Schienbein, und ein dritter Tritt, und ich hatte gute Schmerzen. Irgendwann sehe ich: Es war der Klopp. Ich sag’ zu ihm: „Hömma, was soll der Kack denn? Was machst du denn da?“ Und darauf entgegnete er mir nur: „Hömma, ich hab’ genau gesehen, dass du bei meiner Mutter warst, das hatte ich dir doch extra gesagt, dass Du da nicht hingehen sollst.“

(grinst)

Hihi, ja, ganz schön ulkig, dieses Dasein als “Bild”-Mensch. Mütter behelligen, die man nicht behelligen soll — oder Gespräche belauschen, die man nicht belauschen soll:

Ich kann mich noch erinnern, es war sehr, sehr warm, knalleheiß (…), und das Fenster war eben offen. Und wir standen da, weil der Ordner vergessen hatte, uns wegzuschicken, und ich konnte mal live eine Mannschaftssitzung von Borussia Dortmund miterleben und habe gehört, wie’s da eben zuging. Kloppo wurde schon sehr, sehr deutlich (…). Dann hab ich nach dieser Sitzung allerdings einen Kardinalfehler gemacht: Habe ihn auf die Sitzung angesprochen, worauf der Mann dann fast einen Blutstau bekommen hat vor Wut, dass wir eben da vor dem Fenster gestanden haben und alles mithören konnten. Muss ich heute noch im Nachhinein Sorry an Willi sagen, den Ordner, weil der hat da richtig einen zwischen die Hörner bekommen. Tut mir leid, Willi, das war mein Fehler, aber es war trotzdem ein unvergessenes Erlebnis.

Der Off-Sprecher fasst zusammen:

Kein Zuckerschlecken, sich als Journalist mit Jürgen Klopp anzulegen.

Und erst recht keins, so jemanden wie Jörg Weiler am Bein zu haben.

Mit Dank an Hannes.

Hate-Slam, Sportreporter, Rechtsextreme

1. “Bloggen & Geld”
(dondahlmann.de)
Don Dahlmann antwortet auf die Auflistung von Blogkosten durch Mel, die er “teilweise hanebüchen” findet. Er glaubt, es gebe im Moment nur zwei Wege, um mit seinem Blog längerfristig erfolgreich zu sein: “1. Ich nutze das Blog als mein persönliches Vermarktungsinstrument in bestimmten Nischen. 2. Ich baue ein redaktionelles Angebot auf.”

2. “Warum wir die Griechen falsch verstehen (wollen)”
(zeit.de, Axel Hansen)
Axel Hansen listet fünf Missverständnisse auf, die sich über die griechische Regierung festgesetzt haben: “1. Griechische Reeder-Millionäre zahlen keine Steuern. 2. Die Griechen sind faul und geben das Geld anderer Länder aus. 3. Tsipras’ Besuch eines Widerstandsdenkmals war eine Provokation Deutschlands. 4. ‘Was immer die Deutschen sagen, sie werden zahlen’. 5. Griechenland reformiert nicht genug.”

3. “Umblättern im Kopf – ein Besuch beim Nordbayerischen Kurier”
(operation-harakiri.de, Ralf Heimann)
Bei einem “Hate-Slam” lesen Redakteure des “Nordbayerischen Kuriers” “hasserfüllte Leserbriefe” vor: “Als der Applaus am Mittwochabend abgeklungen war, standen Kollegen von Verlagen aus anderen Städten vor der Garderobe. Dass die Veranstaltung ganz gut funktioniert, hat sich herumgesprochen. Und wenn etwas gut funktioniert, ist das gerade genau das Richtige für Zeitungen auf der Suche nach einem Plan für die Zukunft. Das Problem ist nur: Wenn sich sonst nichts verändert, wird auch der Hate-Slam nicht funktionieren. Und eine Redaktion, die kein bisschen subversiv ist, wird selbst bei so einer Veranstaltung die Leute in den Schlaf lesen.”

4. “Die geheimen Träume der Sportreporter”
(blog.tagesanzeiger.ch/blogmag, Michèle Binswanger)
“Frauensport interessiert die Schreibenden wenig, weshalb sie glauben, es interessiere auch sonst keinen”, behauptet Michèle Binswanger über Sportreporter: “Weil sie trotzdem darüber berichten müssen, handeln sie ihn ihren eigenen Interessen gemäss ab. Das heisst, sie konzentrieren sich auf Körpermasse, Bekleidungsvorlieben, Schmink- und Diätgewohnheiten der Frauen.”

5. “To all the young journalists asking for advice….”
(fusion.net, Felix Salmon, englisch)
Felix Salmon gibt jungen Journalisten Tipps: “I’m sure that many people have told you this already, but take it from me as well: journalism is a dumb career move. If there’s something else you also love, something else you’re good at, something else which makes the world a better place — then maybe you should think about doing that instead. Even successful journalists rarely do much of the kind of high-minded stuff you probably aspire to. And enormous numbers of incredibly talented journalists find it almost impossible to make a decent living at this game.” Siehe dazu auch “This is my best advice to young journalists” (vox.com, Ezra Klein, englisch).

6. “‘Haha, Schrei nach Liebe'”
(krautreporter.de, Theresa Bäuerlein)
Ein Interview mit Anti-Gewalt-Coach Alex, der während zwanzig Jahren “eine bekannte Figur in der rechtsextremen Szene” war: “Auch wenn es kein homogenes rechtsextremes Weltbild gibt: Der Antisemitismus eint sie alle. Um auch weiterhin Teil dieser Gemeinschaft bleiben zu können, habe ich mich diesen Äußerungen und Denkweisen angeschlossen. Es war für mich wichtig, mit meinen eigenen Äußerungen nicht aus dem Rahmen zu fallen. Sonst hätte man mich wahrscheinlich aus der Gemeinschaft ausgeschlossen, davor hatte ich Angst. Und irgendwann glaubte ich selbst auch daran, dass es wahr sein musste, was ich über die Juden hörte und las. Sonst wäre mein gesamtes Weltbild schon viel früher in sich zusammengefallen.”

Sportteil von “Bild” rasselt durch den Realitäts-Check

Die Transferphase der Bundesliga neigt sich dem Ende entgegen — heißt: Die Medien geben nochmal Vollgas und spekulieren munter darüber, welcher Spieler wohl zu welchem Verein wechseln wird.

Wie wenig man auf solche Ratespielchen geben kann, zeigt schon das Beispiel von Andreas Bjelland. Die “Bild”-Zeitung behauptete vor zwei Tagen, der Spieler vom FC Twente sei beim FSV Mainz 05 im Gespräch — einen Tag später musste sie aber per Twitter einräumen: Stimmt gar nicht.

Interessant übrigens auch diese Fortsetzung:

Auf der heutigen Pressekonferenz des FSV wurde der Mainzer Manager Christian Heidel gefragt, was in Sachen Transfers denn jetzt eigentlich Fakt sei. Da werde ja momentan viel geschrieben.

Heidel antwortete:

Ich lese auch viele Dinge, teilweise sehr belustigt, muss ich sagen. Aber ich verstehe das ja: Wenn wir nichts sagen, wird einfach was geschrieben – teilweise an den Haaren herbeigezogen.

Also teilweise ist es wirklich unglaublich, manche Namen habe ich noch nie gehört, kannte ich gar nicht – aber es ist halt so, damit müssen wir leben. Und wer uns kennt, wer mich kennt, weiß, dass wir einen Transfer dann bekannt geben, wenn ein Transfer perfekt ist.

Ein Journalist wollte daraufhin wissen:

Wie schwer wiegt es denn, dass ein Wunschspieler dann durch den Medizin-Check fällt? Den hätten sie ja sonst verpflichtet.

Gemeint ist damit eine Geschichte, die die “Bild”-Zeitung heute in der Mainzer Ausgabe gebracht hat:

Manager Heidel antwortete:

Das habe ich heute auch gelesen, das habe ich genauso belustigt zur Kenntnis genommen. Deswegen: Selbst wenn es so wäre, würde ich mich zu solch einer Thematik nie äußern, auch nie äußern dürfen. Ich kann nur eines sagen: Dem Jungen geht’s ausgesprochen gut!

Daraufhin der Journalist:

Ich habe nicht nach dem Medizin-Check gefragt, sondern wie schwer das wiegt, dass kurz vor einer Verpflichtung jemand scheinbar nicht den Medizin-Check besteht und die Transferperiode ja jetzt abläuft.

Manager Heidel:

Und das entscheide Wort war: scheinbar. Ich hab ja gesagt: Wartet doch mal ein bisschen ab! Hab ich gesagt, dass wir einen Spieler aufgrund eines Medizin-Checks nicht verpflichten können? Glaub ich nicht. Das hab ich auch heute irgendwo gelesen – aber was soll ich denn dazu sagen? Wir haben das nie bekanntgegeben, wir haben das nie gesagt, und ich habe ja eben gesagt: Diesem besagten Spieler geht es ausgezeichnet.

Und siehe da: Wenige Stunden nach der Pressekonferenz gab Mainz 05 die Verpflichtung des Spielers bekannt — dessen Wechsel laut “Bild” eigentlich schon “geplatzt” war.

Mit Dank an Jessica.

Sport Bild, Spiegel Online, Social-Media-Redakteur

1. “Der Social-Media-Redakteur – das überschätzte Wesen?”
(onlinejournalismusblog.com, Stephan Dörner)
Die Frage, “was von den eigenen Inhalten beachtet wird und was nicht”, entgleite den Redaktionen zunehmend, stellt Stephan Dörner fest, weshalb es zunehmend auch gar keine “Blattmacher” benötige. “Auch für Werbekunden erfordert die wachsende Bedeutung von Social Media ein Umdenken: Kann der Werbekunde, der eine Anzeige bei Handelsblatt Online oder dem Wall Street Journal bucht, wirklich noch sicher sein, dass diese vor allem die Zielgruppe erreicht? Vermutlich immer weniger, je größer der Anteil von Lesern wird, der eher zufällig auf der Website landet, weil ein einzelner Artikel – wenn er ein Reizthema behandelt oder das Thema einer gut vernetzten Gruppe – zum Facebook-Hit wird.”

2. “Die substantiellen Probleme von Spiegel Online”
(datenjournalist.de, Lorenz Matzat)
Lorenz Matzat befasst sich mit der Online-Strategie von “Spiegel” und “Spiegel Online”: “Die Zwei Klassen-Gesellschaft in der Spiegel Gruppe, also die Printredaktion mit ihren Gesellschafteranteilen (Mitarbeiter-KG) versus Online ohne Anteile am Verlag, bleiben das zentrale Problem.”

3. “Gärtners kritisches Sonntagsfrühstück: Für die nicht wissen wie”
(titanic-magazin.de, Stefan Gärtner)
“Sport Bild” lässt Kevin Großkreutz Fragebogen mit witzig gemeinten Antworten ausfüllen (BILDblog berichtete), um ihm diese später ernsthaft vorzuhalten.

4. “Er kann es einfach nicht”
(begleitschreiben.net, Gregor Keuschnig)
Gregor Keuschnig liest das Buch “Ganz oben ganz unten” von Christian Wulff: “Ich habe inzwischen keinen Zweifel daran, dass Wulff in einer Mischung aus selbst­verschuldetem Unglück und narzisstischem Jagdtrieb einiger wildgewordener Egomanen einem eben auch qualitätsmedialen Blutrausch erlag, in dem sich zu Beginn mehrere Jäger gleichzeitig auf das gleiche Objekt konzentrierten. Zunächst begann ein Wettkampf (‘Bild’, ‘stern’, ‘Spiegel’). Als ‘Bild’ durch die Mailbox-Nachricht praktisch über Nacht ein Faustpfand in der Hand hatten, übernahm ‘Bild’ die Führungsrolle. Willig liessen sich nahezu alle selbsternannten Qualitätsmedien vor den Karren spannen.”

5. “The German war against the link”
(buzzmachine.com, Jeff Jarvis, englisch)
Jeff Jarvis kommentiert die Forderung deutscher Verleger an Suchmaschinen, “bis zu elf Prozent der Umsätze, die sie mit Ausschnitten aus Online-Presseerzeugnissen erzielen, an die Zeitungen und Zeitschriften” weiterzureichen: “They are trying to blackmail net companies in hopes of getting some payoff from them.”

6. “Fußballfloskeln wörtlich genommen”
(youtube.com, Video, 5:15 Minuten)
Die Sendung mit der Maus nimmt Fußballreporter mal wörtlich.

Kommentare, Kiosk, Alles Ausser Sport

6 vor 9

Um 6 Minuten vor 9 Uhr erscheinen hier montags bis freitags handverlesene Links zu lesenswerten Geschichten aus alten und neuen Medien. Tipps gerne bis 8 Uhr an [email protected].

1. “Die bessere Kommentarkultur: Stärkt die Guten!”
(medialdigital.de, Ulrike Langer)
Um eine bessere Kommentarkultur zu erhalten, solle man nicht immer nur über Negativbeispiele reden, sondern die Positivbeispiele stärken. Die meisten Tipps für ein bessere Community-Führung gingen “stark vom Weltbild des unreifen Users aus, der im Zaum gehalten und zu besseren Manieren bekehrt werden muss. Dabei sollte es doch vor allem um jene Nutzer gehen, die von vornherein und von sich aus mit intelligenten und konstruktiven Beiträgen Debatten anregen und damit auch den Journalismus weiterbringen.”

2. “Magazin-Menschen (1): Die Verkäuferin – ‘Gruftis sind wahnsinnig nett'”
(kioskforscher.wordpress.com, Markus Böhm)
Ein Interview mit einer 54-jährigen Kioskverkäuferin am Münchner Hauptbahnhof: “Die Fernsehzeitschriften könnten gern abwechslungsreicher sein – optisch unterscheiden die sich doch nur durch die Haarfarbe des Models. Zu häufig auf Titelseiten ist Heidi Klum: Manchmal habe ich das Gefühl, die zieht gleich bei mir ein.”

3. “Ask me Anything zum 10jährigen”
(allesaussersport.de, Kai Pahl)
Gründer Kai Pahl beantwortet anlässlich des zehnjährigen Bestehens des Blogs “Alles Ausser Sport” Fragen der Leser: “Wie viele Fernseher hast Du wirklich?” – “Zuhause eigentlich nur einen, aber zwei Satelliten-Receiver und da der Fernseher Split-Screen kann, kann ich zwei Bilder gleichzeitig sehen. Nach Bedarf kann ich hocheskalieren mit iPad und Laptop. Am Fernseher ist noch ein alter Laptop angeschlossen um ggf. Streams auf den Fernseher zu bringen. Und da die Freundin derzeit in München weilt, habe ich ihren Fernseher auch gleich in mein Zimmer gerollt.”

4. “Der Tag, an dem die Verlage gerettet wurden”
(lumma.de)
Nico Lumma befasst sich mit dem seit gestern geltenden Leistungsschutzrecht für Presseverleger: “Das Argument, dass eine strukturelle Schwäche eines Marktes durch das Eingreifen des Gesetzgebers ausgeglichen werden muss, zieht leider immer wieder, vor allem, wenn mit dem Verlust von vielen Arbeitsplätzen gedroht wird. Da haben dann insbesondere die Politiker der Volksparteien CDU/CSU/SPD so einen dermaßen großen Schiss vor der nächsten Wahl, dass sie alles mitmachen. Lieber den nötigen Strukturwandel der Dickschiffe einer Branche durch ein Gesetz etwas herauszögern, als kleineren Marktteilnehmern eine Chance zu geben, aus einer nischigen Position heraus zu wachsen”

5. “Willkommen in der Sackgasse”
(zeit.de, Till Kreutzer)
“Für einen Suchdienst, egal ob horizontal oder vertikal”, sei es unmöglich, das Leistungsschutzrecht einzuhalten, schreibt Till Kreutzer. “Schließlich würde das erfordern, für alle Webangebote, die nach der Definition des Leistungsschutzrechtes Presseerzeugnisse sind, Rechte einzuholen. Abgesehen davon, dass es keine zentrale Stelle für die Lizenzierung gibt, dürfte dieser Versuch schon daran scheitern, überhaupt herauszufinden, welche Webseiten unter den Begriff des Presseerzeugnisses fallen. Die einzige Strategie, und das macht die Ironie dieser Gesetzesnovellierung besonders deutlich, ist es, sich um das Leistungsschutzrecht herumzudrücken. Mit anderen Worten: Den Anbietern von Suchdiensten bleibt nichts anderes übrig, als ihre Angebote so zu gestalten, dass sie nicht unter das Gesetz fallen.”

6. “Bild.de: Hold me”
(psdisasters.com, englisch)

DFB hält sich nicht an “Sport Bild”-Wissen

Der Fußballzweitligist Dynamo Dresden ist wegen der Randale seiner Fans im Pokalspiel bei Hannover 96 für die kommende Saison aus dem DFB-Pokal ausgeschlossen worden.

Diese Meldung kommt für alle überraschend, die sich auf die Expertise von “Sport Bild” verlassen hatten:

Exklusiv: Nur Geisterspiele für Dynamo Dresden. Wie SPORT BILD PLUS weiß, ist ein Pokal-Ausschluss für Dynamo Dresden nach den Fan-Randalen in Hannover nicht möglich. Bei der DFB-Verhandlung wird es wohl auf Geisterspiele als Strafe hinauslaufen

Dabei hatten die Reporter gestern doch so glaubwürdige Quellen aufgetan:

SPORT BILD Plus erfuhr aus dem Umfeld des DFB-Sportgerichts: Auch diesmal wird Dresden mit einem blauen Auge davonkommen. Ein Ausschluss aus dem DFB-Pokal ist nicht möglich, weil dieser gegen die DFB-Satzung verstoßen würde. Stattdessen sollen mehrere Geisterspiele gegen Dynamo verhängt werden.

Mit Dank an Rico K.

Die Zeit, Mediaset, Sport1

6 vor 9

Um 6 Minuten vor 9 Uhr erscheinen hier montags bis freitags handverlesene Links zu lesenswerten Geschichten aus alten und neuen Medien. Tipps gerne bis 8 Uhr an [email protected].

1. “Medienvielfalt selber machen – was die Zeitungskrise mit Blogs zu tun hat”
(metronaut.de, John F. Nebel)
John F. Nebel erinnert daran, dass Medienvielfalt nicht nur von Verlagen abhängt, “deren Print-Tageszeitungen abschmieren, sondern der Auswahl diverser, verfügbarer, spannender, lesbarer, hörbarer, konsumierbarer Medien insgesamt. (…) Qualität gibt es, wenn Leute Zeit, Muße und Begeisterung in den Inhalt stecken können. Und dann braucht es Leser, bei denen gute Inhalte Enthusiasmus und den Griff zum Geldbeutel auslösen.”

2. “Auf den Hund gekommen: Der Wärmestuben-Journalismus der ‘Zeit'”
(stefan-niggemeier.de)
Stefan Niggemeier liest die aktuelle “Zeit” mit dem Titelthema “Wie guter Journalismus überleben kann”: “Mich hat diese hilflos-verzweifelt-verklärende Flucht ins Pathos unter dem Sinnbild des süßen gephotoshoppten Hundes heute depressiver gemacht als alle aktuellen Untergangs-Nachrichten von Print-Medien.”

3. “Verstöße gegen Gewinnspielsatzung bei Sport1: ZAK verhängt Bußgelder und schöpft Einnahmen ab”
(die-medienanstalten.de)
Die ZAK verhängt Bußgelder in der Höhe von insgesamt 28.000 Euro gegen den TV-Sender Sport1: “Sport1 hatte im Januar 2012 in sieben Ausgaben der Sendung Sportquiz irreführende Angaben gemacht, u.a. über den Schwierigkeitsgrad von Spielen und über das Auswahlverfahren für die durchgestellten Nutzerinnen und Nutzer. Außerdem wurde mehrfach gegen die Pflicht zur umfassenden Information verstoßen; das betraf z. B. Spielmodus und Teilnahmebedingungen.”

4. “Bunga-Bunga-Stimmung in Italien ist vorbei”
(dradio.de)
Der Börsenwert der von Silvio Berlusconi gegründeten TV-Sendergruppe Mediaset “hat sich in weniger als einem Jahr halbiert”: “Die von Berlusconis Medien propagierte und von ihm vorgelebte unbändige Vergnügungslust kommt immer weniger an. Eine wachsende Zahl der italienischen Fernsehzuschauer schaltet sich lieber bei politischen Talkshows ein. Sie erzielen heute Rekordwerte bei den Einschaltquoten.”

5. “Was für Artikel die Menschen von Journalisten erwarten”
(blog.tagesanzeiger.ch/deadline, Constantin Seibt)
Als Constantin Seibt 1989 als Volontär einen Artikel über ein Firmenjubiläum einer Schnellreinigung schreiben sollte, wurde er mit den Worten “Sie müssen hier nichts mehr tun – wir haben den Artikel schon geschrieben” empfangen.

6. “A Day in the Life of a Blogger”
(youtube.com, Video, 47 Sekunden)

Kostas Vaxevanis, Randsportarten, Zensor

6 vor 9

Um 6 Minuten vor 9 Uhr erscheinen hier montags bis freitags handverlesene Links zu lesenswerten Geschichten aus alten und neuen Medien. Tipps gerne bis 8 Uhr an [email protected].

1. “Warum ich die Lagarde-Liste veröffentlicht habe”
(presseurop.eu, Kostas Vaxevanis)
“Hotdoc”-Verleger Kostas Vaxevanis veröffentlichte eine Liste mit Personen, die ein Bankkonto in der Schweiz haben. Nun wurde er vom Landgericht Athen vom Vorwurf der Verletzung des Datenschutzes freigesprochen. Siehe dazu auch “Medienwirbel um den Verleger Vaxevanis” (nzz.ch, Elisa Hübel).

2. “Verhitlern für die Quote”
(politisieren.at, Florian Machl)
Florian Machl denkt nach über ein Interview, in dem Felix Baumgartner sagte: “Wir würden eine gemäßigte Diktatur brauchen, wo es ein paar Leute aus der Privatwirtschaft gibt, sie sich wirklich auskennen.” – “Interessiert man sich für die Meinung Baumgartners, kann man aus dem weiteren Gesagten den ungeschickt formulierten Wunsch nach einer Expertenregierung herauslesen.”

3. “Ich streame, also bin ich ein Sport”
(zeit.de, Christian Spiller)
Randsportarten kommen kaum vor im Fernsehen: “Mittlerweile aber haben sich die Vernachlässigten etwas überlegt. Sie produzieren einfach ihre eigenen Bilder und stellen sie ins Internet. Technisch ist das kein Problem mehr, es ist zudem relativ kostengünstig.”

4. “Me and My Censor”
(foreignpolicy.com, Eveline Chao, englisch)
Eveline Chao erzählt von ihrem Zensor: “Every legally registered publication in China is subject to review by a censor, sometimes several. (…) Our censor, an employee of MOFCOMM [Handelsministerium], was a nervous, flighty woman in her forties with long, frizzy hair and a high, childlike voice, whose name was Snow. (Snow requested I only use her English name for this article.) In late September of this year, I learned that Snow left the magazine, enabling me to finally write this story without fear that it would affect her job.”

5. “Immer zur besten Sendezeit”
(freitag.de, Klaus Raab)
Klaus Raab malt sich aus, wie es wäre, wenn alle Fernsehen nur noch auf Abruf sehen würden.

6. “Was Katzen mögen vs. was Hunde mögen”
(graphitti-blog.de, katja)

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