Archiv für November, 2020

Artes E-Auto-Doku, Autobahn-Beilage, Raab macht den Fips

1. ARTE-Filmemacher wollen die Klimakrise jetzt durch Verzicht auf Windkraft und E-Autos lösen
(graslutscher.de, Jan Hegenberg)
Jan Hegenberg hat sich die Arte-Doku “Umweltsünder E-Auto” angesehen und ist entsetzt: “Das ist eine der schlechtesten Dokumentationen, die ich seit Langem sehen musste. Es wäre selbst dann blamabel, wenn RTL2 so einen Unsinn ausgestrahlt hätte, aber wie in aller Welt die Leute bei ARTE auf die Idee kommen, diesen auf allen Ebenen undurchdachten Beitrag zu verbreiten, ist mir schleierhaft.” In seinem Beitrag geht er ausführlich auf all die Punkte ein, die ihm Kopfschmerzen bereiten. Arte hat auf Twitter reagiert: Man habe die Kritik an die zuständige Redaktion mit der Bitte um ein Statement weitergeleitet und werde sich bald melden.

2. Die launige Beilage “Die Autobahn A3 für Europa” und was das mit meiner Dissertation zu tun hat
(ankegroener.de)
Der Samstagsausgabe der “Süddeutschen Zeitung” und weiteren Zeitungen lag die 32-seitige Broschüre “Die Autobahn A3 für Europa” bei. Auf Twitter hatte Lenz Jacobsen zunächst über “dieses Werk journalistischer Ingenieurskunst” berichtet. Die Broschüre sei “ein beeindruckendes Beispiel für die alltägliche, wirtschaftliche und publizistische Macht und Interessenvertretung aller, die am Ausbau der Auto-Infrastruktur beteiligt sind und davon profitieren.” Anke Groener steckt wegen ihrer Dissertation besonders gut im Thema und sieht historische Parallelen: “Lustig, wie wenig sich Argumente und Bilder in 90 Jahren geändert haben. Damit will ich der Autobahndirektion Nordbayern und den ganzen Menschen, die an dem Ding gearbeitet haben, kein faschistisches Gedankengut unterstellen, aber die Ähnlichkeit zu Texten zum Bau der Reichsautobahn ist schon frappierend.” Wer tiefer ins Thema einsteigen will: Groener hat das Autobahnkapitel aus ihrer Dissertation online gestellt (PDF).

3. Berauschende Tatortigkeit
(taz.de, Anne Haeming)
Der 50. Geburtstag des “Tatorts” wäre eine gute Gelegenheit gewesen, die Rolle der Polizei kritisch abzubilden, so Anne Haeming in der “taz”. Stattdessen habe die Jubiläumsausgabe gezeigt: “Hier will niemand was. Erst recht nicht die knirschenden Stellen unserer Gesellschaft aufzeigen – und damit die Rolle der Exekutive.” Haeming lenkt den Blick auf die unterrepräsentierten Themen, die über die traditionellen Inszenierungen hinausgehen.
Weitere Lesetipps: Die “Süddeutsche” empfiehlt fünf “Tatort”-Folgen, die man gesehen haben muss, beim “Redaktionsnetzwerk Deutschland” geht es um fünf “Tatort”-Folgen, die man nicht mehr sehen kann (weil sie im Giftschrank gelandet sind), und beim “Spiegel” stellt Peter Ahrens sein persönliches “Tatort”-Projekt vor: Er arbeitet daran, alle “Tatort”-Folgen zu gucken, die es je gegeben hat (und stellt dabei auch seine Top 10 vor).

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4. Fragen und Antworten: Kippt die Erhöhung des Rundfunkbeitrags?
(rnd.de)
Es könnte passieren, dass die Erhöhung des Rundfunkbeitrags in Deutschland an der Zustimmung Sachsen-Anhalts scheitert: Dort stemmen sich CDU und AfD gegen die geplante Neufestsetzung der Gebühren. Beim “Redaktionsnetzwerk Deutschland” gibt es eine Übersicht der entscheidenden Fragen und Antworten zu dem politisch brisanten Thema.
Weiterer Lesehinweis: Beim “Journalist” kommentiert Chefredakteur Matthias Daniel: “Der CDU geht es überhaupt nicht um den öffentlich-rechtlichen Rundfunk. Es geht ihr um das eigene Schicksal bei der Landtagswahl im nächsten Jahr. Sie vermutet, dass sich mit dieser billigen Haltung in AfD-Nähe Stimmen ködern lassen.”

5. ARD diskutiert über Corona-Berichterstattung
(sueddeutsche.de, Marija Barišić)
Manche Zuschauer und Zuschauerinnen kritisieren die Corona-Berichterstattung der ARD als zu unausgewogen und wünschen sich mehr Vertreter von (größtenteils widerlegten oder umstrittenen) Mindermeinungen in der Debatte. Dies führte zu einer Petition, in der mehr als 60.000 Personen eine Sondersendung mit den Kritikern der Corona-Maßnahmen Sucharit Bhakdi und Wolfgang Wodarg forderten. Die ARD hat sich mit einigen Unterstützerinnen und Unterstützern der Petition zum Hintergrundgespräch zusammengesetzt. Die geforderte Sondersendung werde es jedoch aller Voraussicht nach nicht geben.

6. Der Raab-Roast: Taugt König Lustig als Formatentwickler?
(dwdl.de, Peer Schader)
Stefan Raab ist zurück, jedenfalls als Macher der Show “Täglich frisch geröstet” (zu sehen beim Straminganbieter TVNow der Mediengruppe RTL). TV-Kritiker Alexander Krei war bereits von der Premiere wenig begeistert (“Kalter Kaffe statt heißem Roast”), sein “DWDL”-Kollege Peer Schader kann der Sendung auch nach vier Folgen wenig bis nichts abgewinnen: “Eine Idee, die im Kopf von König Lustig funktioniert, wird im Studio nicht automatisch zu gutem Unterhaltungsfernsehen. Bleibt nur noch eins zu klären: Wer sagt’s dem Chef?”
Weiterer Hörtipp: Im “Quotenmeter”-Podcast (Ausgabe 583) sprechen Fabian Riedner und Julian Schlichting über das neue Raab-Format. Dabei geht es vor allem um die grandios fremdschämverdächtige Folge mit dem Reality-TV-Sternchen Evelyn Burdecki: “Herr Raab macht den Fips Asmussen” (45:01 Minuten).

Strafe für Jeannée, Causa Hildmann, Corona-Datenjournalismus

1. Prozess um üble Nachrede gegen Klenk: 7.200 Euro Strafe für Jeannée
(derstandard.at, Michael Möseneder)
Der österreichische Boulevardjournalist Michael Jeannée hat sich in seiner Kolumne bei der “Krone” schon so manche wüste Entgleisung geleistet. Gelegentlich trifft er auf ein Gegenüber, das sich das nicht gefallen lässt und sich rechtlich zur Wehr setzt. Im aktuellen Fall mit Erfolg: Für die Attacke auf “Falter”-Chefredakteur Florian Klenk wurde Jeannée (noch nicht rechtskräftig) wegen übler Nachrede und Beleidigung zu einer Geldstrafe verurteilt.

2. Marktlücke Nüchternheit
(indiskretionehrensache.de, Thomas Knüwer)
Thomas Knüwer ist genervt von der Aufgeregtheit der deutschen Medien und lobt den Journalismus, wie ihn zum Beispiel der “Economist” betreibe: “In der angelsächsischen Welt ist der ‘Economist’ damit nicht allein. Auch in der ‘Washington Post’ und der ‘New York Times’ finden sich wenige übersteigerte oder hämische Schlagzeilen oder Artikel. Im ‘Guardian’ tauchen sie schon mal auf – meist aber über klaren Meinungsartikeln. Kein mir bekanntes Medium in Deutschland hält solch einen Journalismus flächendeckend durch.”

3. Berlin ermittelt
(juedische-allgemeine.de, Elke Wittich)
Der Kochbuchautor Attila Hildmann dreht auf seinem Telegram-Kanal oder direkt vor dem Reichstagsgebäude regelmäßig frei und sondert dort krude Verschwörungserzählungen ab, die teilweise nationalsozialistisch und antisemitisch durchsetzt sind. Bislang war es gar nicht so einfach, dem enthemmten Pöbler juristisch beizukommen, doch nun wurden nicht nur die Ermittlungen gebündelt, es sind auch erste Beschlüsse ergangen.

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4. Wie behinderte Menschen vergessen werden, wenn von “Diversität”, “Vielfalt” und “Inklusion” die Rede ist
(journalist.de, Raul Krauthausen)
Wenn von “Diversität” die Rede ist, werden Menschen mit Behinderung oft übersehen, findet der bekannte Aktivist für Inklusion und Barrierefreiheit Raul Krauthausen: “Menschen ohne Behinderung haben oft doch eine Behinderung, und zwar in die Richtung, dass sie sich meist nicht vorstellen können, was ein Mensch mit Behinderung so alles kann. Das herrschende Narrativ bespielt im Einbahnstraßenmodus stets: Was behinderte Menschen alles nicht können. Und weshalb dringend ein Schonraum für sie benötigt wird. Was dann als Fortschritt gefeiert wird. Und als Nächstenliebe sowieso. Was eine Falle ist. Für alle.”

5. «Ich schlafe sehr gut und träume auch nicht mehr von Corona.»
(medienwoche.ch, Benjamin von Wyl)
Marc Brupbacher ist Datenjournalist beim Schweizer “Tagesanzeiger” und dort unter anderem für die Corona-Berichterstattung mitverantwortlich. Die “Medienwoche” hat sich mit Brupbacher angenehm ausführlich über dessen Tätigkeit unterhalten. Dabei geht es um die Arbeit im Datenteam, Storytelling, die Unterschiede von Online- und Print-Berichterstattung und Überlegungen zur Zukunft der Medien.

6. Freie im Lokalen: Wer sie sind und was sie tun
(de.ejo-online.eu, Anna-Lena Wagner & Wiebke Möhring)
Lokalredaktionen kommen nicht ohne freie Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter aus. Wer sind die fleißigen Helfer und Helferinnen, die vor Ort Dinge recherchieren und über lokale Ereignisse berichten? Ein Forschungsprojekt des Instituts für Journalistik der TU Dortmund ist dieser Frage nachgegangen und hat Befragungen dazu durchgeführt. Gegenstand der Untersuchung: “Merkmale, berufliches Selbstverständnis und Organisationsstrukturen in Zeitungsredaktionen”.

Jung und alt, Kahlschlag bei Tele 5, “Bekenntnisse” des Investors

1. Fünf Dinge, die der deutsche Journalismus von jungen Medien lernen kann
(meedia.de, Felix Dachsel)
“Vice”-Chefredakteur Felix Dachsel wundert sich in seinem Gastbeitrag für “Meedia” über die Schadenfreude mancher Medienschaffenden, was das Schicksal einiger junger Journalismus-Plattformen angeht. Dies sei nicht nur fehl am Platz, so Dachsel, sondern kontraproduktiv: Die etablierten Alt-Medien könnten durchaus von den neuen Ansätzen lernen. Er führt dazu fünf lesenswerte Gedanken an und schließt seinen Appell mit den Worten: “Wir junge Medien hatten ein hartes Jahr, einige sind auf der Strecke geblieben. Wir können stolz sein, experimentiert zu haben. Wenn älteren Kollegen etwas gelegen ist an der Zukunft, dann verzichten sie auf Häme. Am Ende lösen wir das Rätsel, wie der Journalismus überleben kann, nur gemeinsam.”

2. Von Wohltätern und subalternen Journalisten
(schienestrasseluft.de, Thomas Rietig)
“Bekenntnisse eines Firmenjägers” lautet die Unterzeile des Buchs des Investors Peter Löw. Angeblich 250 Firmen will der umtriebige Löw im Laufe der Zeit gekauft haben. Einer dieser Käufe war der deutsche Dienst der internationalen Nachrichtenagentur AP (aus dem, zusammen mit der Agentur ddp, die Agentur dapd wurde). Die Investition endete zwei Jahre später mit der Pleite, 300 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter standen auf der Straße. Thomas Rietig arbeitete damals für die Agentur und hat das Buch deshalb mit besonderem Interesse gelesen. Seine Rezension offenbart viele verstörende Einblicke hinsichtlich Löws geschäftlichem Gebaren und dessen Sicht auf den Journalismus: “‘Die meisten Journalisten, die wir kennenlernten, hatten gebrochene Lebensläufe. Abgebrochene Studiengänge, schlechte Examina, gestörtes Sozialverhalten, Kettenrauchen, Alkoholismus, hier kam alles zusammen.'”

3. Kahlschlag bei Tele 5: Muss fast die Hälfte des Teams gehen?
(dwdl.de, Thomas Lückerath)
Nachdem sich Discovery Deutschland den Fernsehsender Tele 5 einverleibt hat, kommt nun der befürchtete, aber erwartete personelle Kahlschlag: Etwa die Hälfte der Belegschaft falle dem Stellenabbau zum Opfer. Thomas Lückerath schreibt: Der Zeitpunkt, “einen Monat vor Weihnachten, stößt jetzt vielen besonders bitter auf. Zumal der Sender nach früheren Angaben des ehemaligen Geschäftsführers Kai Blasberg über Jahre hinweg Gewinne einfuhr, die dem Sender Extravaganzen und Experimente ermöglichten.”

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4. Schlechter als sein Ruf
(deutschlandfunk.de, Christoph Sterz, Audio: 6:18 Minuten)
Der Messengerdienst Telegram erfreut sich derzeit großer Beliebtheit, ist jedoch mit Vorsicht zu genießen. Wegen fehlender Ende-zu-Ende-Verschlüsselung seien private Nachrichten zum Teil und Gruppenchats grundsätzlich eher unsicher. Außerdem hat sich das Programm zum Tummelplatz für Verschwörer und Kriminelle entwickelt. Christoph Sterz erklärt die Hintergründe und zeigt, warum Telegram beim Gesetz gegen Hass im Netz durchs Raster fällt.

5. ZAPP spezial: Medien im Corona-Stress
(ndr.de, Video: 29:56 Minuten)
“Zapp” beschäftigt sich in einem Spezial mit den Auswirkungen der Corona-Pandemie auf die Medienwelt. Oben verlinkt ist die komplette Sendung. Wer sich für die Teilthemen interessiert:

6. “Bild” kommt heute mit Advents-Sonderausgabe mit 3 Mio Auflage.
(turi2.de, Anne Fischer)
Es soll niemand sagen, wir hätten sie oder ihn nicht gewarnt: In einer medialen Superspreader-Aktion will die “Bild”-Redaktion heute in ausgewählten Regionen Leserinnen und Leser mit ihrem Junk-Blatt infizieren. Der Axel-Springer-Verlag lässt in Städten wie Hamburg, Hannover, Frankfurt, Köln und Berlin kostenlos zwei Millionen einer “Advents-Sonderausgabe” verteilen. Wir wünschen den Betroffenen ein gesundes Immunsystem und ausreichend Platz in der Altpapiertonne.

Fotoscheue “Querdenker”, Kirsten Boies VDS-Absage, Durchgestochen

1. Polizei soll Presse unterstützen
(deutschlandfunk.de, Annika Schneider & Sascha Borowski, Audio: 5:55 Minuten)
Bei den “Querdenker”-Demos wollen viele Teilnehmende nicht gefilmt oder fotografiert werden. Da wird gepöbelt, geschubst, gespuckt und geschlagen. Das Recht ist jedoch auf Seiten der Medien: Bilder von Demonstrationen dürfen auch ohne Einwilligung der Betroffenen veröffentlicht werden, solang es um die Darstellung des Geschehens geht und die Aufnahmen nicht aus dem Kontext gerissen werden. Medienverbände fordern von der Polizei, die Pressefreiheit entschiedener durchzusetzen. Der Deutsche Presserat hat dazu einen Entwurf mit Verhaltensgrundsätzen für Medien und Polizei (PDF) veröffentlicht – “zur Vermeidung von Behinderungen bei der Durchführung polizeilicher Aufgaben und der freien Ausübung der Berichterstattung”.

2. Warum werden so viele Interna aus den Corona-Runden publik?
(uebermedien.de, Jürn Kruse)
Immer wieder beraten die Kanzlerin und die 16 Ministerpräsidentinnen und -präsidenten der Länder über die Anpassung der Corona-Maßnahmen. Und immer wieder dringen vertrauliche Zwischenstände aus den Beratungen an die Öffentlichkeit. Florian Gathmann ist Korrespondent im “Spiegel”-Hauptstadtbüro und kennt das Geschäft mit den durchgestochenen Informationen: “Wenn Akteure im politischen Raum nicht ohne Hirn agieren – und davon sollte man immer ausgehen -, dann ist mit dem Durchstechen von Informationen grundsätzlich ein Interesse verbunden.” Auffällig oft würden die “Bild”-Medien Zugang zu Infos über den Fortschritt der Verhandlungen haben und die Zwischenstände über ihre Kanäle verbreiten.

3. “Barack Obama Book”: Mit simplem SEO und Fake Reviews zu Tausenden von Amazon-Buch-Sales
(omr.com, Roland Eisenbrand)
Der erste Teil der Autobiografie von Barack Obama dürfte sich zum weltweiten Bestseller entwickeln. Allein die Startauflage in den USA beträgt drei Millionen Exemplare. Entsprechend hoch ist die Medienaufmerksamkeit, was wiederum die Verkäufe fördert … Ein dubioser Verlag hat sich an den Erfolg des Originals angehängt und, vermutlich auf Verwechslung spekulierend, eine inoffizielle Biografie auf den Markt gebracht, die gerade mal 61 Seiten lang ist. Dabei hat der Schmu-Publisher wahrscheinlich allerlei Suchmaschinentricks und gefälschte Bewertungen verwendet, wie Roland Eisenbrand erklärt.

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4. Grundbuchamt nennt Kaufpreis für Spahns Millionen-Villa in Berlin-Dahlem
(tagesspiegel.de, Jost Müller-Neuhof)
Das Berliner Amtsgericht Schöneberg hat dem “Tagesspiegel” Informationen über den Erwerb einer Villa durch Bundesgesundheitsminister Jens Spahn und dessen Ehemann zukommen lassen und dabei auch den Preis der Immobilie genannt. Dennoch wehrt sich Spahn mit Unterlassungsklagen gegen die Nennung des Preises in Medien. Für Jost Müller-Neuhof kommen dafür verschiedene Gründe in Betracht.

5. Urheberrechtsreform: Künstler laufen Sturm gegen freie Inhalte-Schnipsel
(heise.de, Stefan Krempl)
Der Entwurf des Bundesjustizministeriums zur Urheberrechtsreform führt zu einem klassischen Konflikt verschiedener Interessen: Auf der einen Seite eine Allianz von Künstlerinnen und Künstlern, die sich per Brief gegen die geplante Bagatellausnahme für nicht-kommerzielle Nutzungen wehren. Auf der anderen Seite Youtuber, Social-Media-Größen und Verbraucherschützer, die gegen Uploadfilter zu Felde ziehen.

6. Kirsten Boie lehnt Preis des Vereins Deutsche Sprache ab
(zeit.de)
Kirsten Boie ist eine herausragende Autorin von Kinder- und Jugendliteratur. Sie hat rund 100 Bücher veröffentlicht, von denen viele in diverse Sprachen übersetzt wurden. Nun wollte der Hamburger Landesverband des Vereins Deutsche Sprache (VDS) sie mit einem Preis auszeichnen, doch Boie lehnte ab. Sie störe sich an den rechtspopulistischen Äußerungen des VDS-Bundesvorsitzenden Walter Krämer. In ihrer Absage heißt es weiter: “Aber mehr noch als die verkürzte und realitätsfremde Vorstellung von Sprache, die sich in vielen Äußerungen zeigt, erschreckt mich, wie genau sie sich ausgerechnet in einer Zeit, in der wir mit Sorge einen Rechtsruck in Teilen der Bevölkerung beobachten müssen, in deren Argumentationsgänge einfügt”.

Googles Geld, Brandbeschleuniger Corona, König Karl

1. Zugreifen oder verzichten
(taz.de, Jann-Luca Künssberg)
Die stolze Summe von einer Milliarde US-Dollar will der Technologiekonzern Google in den nächsten drei Jahren weltweit in Journalismusprojekte investieren. Das Programm nennt sich “Google News Showcase” und findet in Deutschland unter der Beteiligung von 20 Verlagen statt. Ein großes Problem bei den Kooperationen mit dem Suchmaschinengiganten sei die Intransparenz: “Es bedarf einer öffentlichen Debatte. Schließlich wollen die Verlage auch weiterhin Geld von ihren Leser*innen, da sollten diese wenigstens darüber informiert werden, mit wem sie sich die Kosten für den Journalismus teilen.”

2. “Wie ein Brandbeschleuniger”
(sueddeutsche.de, Lisa Priller-Gebhardt)
In der sogenannten Produzentenallianz haben sich mehrere hundert Film- und Fernsehproduzenten zu einer Interessenvertretung zusammengeschlossen. Die “Süddeutsche” hat mit dem stellvertretenden Vorsitzenden Markus Schäfer über die derzeitigen Schwierigkeiten der Branche gesprochen. Bereits 2018 hätten viele Unternehmen an der Rentabilitätsgrenze gewirtschaftet, doch jetzt drohe eine Pleitewelle: “Meist wird der Gewinn aus der aktuellen Produktion gleich in die Entwicklung der nächsten gesteckt. Wenn diese Produzenten an ihr Kapital gehen müssen, um Schadensfälle oder die sinkenden Margen abzudecken, dann drohen sie, in prekäre und existenzbedrohende Lagen zu rutschen. An der Stelle wirkt die Pandemie wie ein Brandbeschleuniger.”

3. Das vorläufige Ende einer Liebe
(zeit.de, Klaus Brinkbäumer)
Tucker Carlson ist das rechts-konservative Aushängeschild des US-amerikanischen Fernsehsenders Fox News. In seiner Sendung zur Primetime hat er über viele Jahre Donald Trump den Rücken gestärkt. Nun sei Carlson selbst als Erbe Trumps im Gespräch, so USA-Kenner Klaus Brinkbäumer, “als künftiger Führer des sogenannten Trumpismus”. Brinkbäumer wirft einen Blick auf den bei rechten US-Amerikanern so beliebten TV-Moderator, zeichnet dessen Werdegang nach und beschreibt seine Methoden.

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4. Wer fördert die Medien bei Innovationen?
(verdi.de, Günter Herkel)
Günter Herkel kritisiert das 220 Millionen Euro schwere Hilfsprogramm der Bundesregierung für die Verlage: “Mit Innovationsförderung hat das Ganze wenig zu tun. Eher schon mit staatlich unterstützter Pressekonzentration, wie vor allem Mediensprecher der Grünen und der Linken im Bundestag kritisierten. Warum nicht als Förderkriterium antragstellende Verlage auf Tarifbindung und Verzicht auf Personalabbau verpflichten? Oder eine Förderung abhängig machen von der gewissenhaften Einhaltung des Pressekodex? Aber qualitative Kriterien hatten bei dieser Hauruck-Aktion des Bundeswirtschaftsministeriums keine Chance.”

5. Corona: Brancheninfo 92
(out-takes.de, Peter Hartig)
In Peter Hartigs aktuellen Informationen zur Film- und Fernsehbranche geht es diesmal unter anderem um die Probleme der AfD mit der Diversität. Die AfD-Fraktion der Hamburgischen Bürgerschaft störe sich an den Regeln der Filmförderung zur Vielfalt der abgebildeten Menschen. Das lässt Hartig seufzen: “Hätte sie doch bloß mal ins Grundgesetz geschaut. Oder ihren Bundesvorstand gefragt.”

6. König Karl
(spiegel.de, Alexander Kühn)
Der Komiker Karl Dall ist im Alter von 79 Jahren an den Folgen eines Schlaganfalls, den er während eines TV-Drehs erlitt, gestorben. Dall hat viele Jahrzehnte sein Publikum bespaßt: in den 70er-Jahren als Bestandteil der Komödiantengruppe Insterburg & Co., danach als Solokünstler. An seinem mitunter recht brachialen Humor schieden sich die Geister. Alexander Kühn erinnert in seinem Nachruf an die laute, aber auch an die leise, sensible Seite Dalls.

“Voldemort-Journalismus”, Grabtourismus, Trittbrettfahrer-Bio

1. “Dieser Voldemort-Journalismus ist doch magisches Denken”
(uebermedien.de, Jürn Kruse)
Anfang November tötete ein Attentäter in der Wiener Altstadt vier Menschen und verletzte viele weitere. In unmittelbarer Nähe befand sich “Falter”-Chefredakteur Florian Klenk, der aus den Redaktionsräumen des Wochenmagazins seine 300.000 Twitter-Follower mit Informationen zum Tathergang versorgte. Klenk verbreitete dabei auch einen Falschalarm der Polizei. Jürn Kruse hat Klenk interviewt: “Für die einen bin ich ein wichtigtuerischer Vollhonk und die anderen meinen, dass das vorbildlich gewesen sei. Die Wahrheit liegt wohl irgendwo dazwischen.” Ein Gespräch, das nicht nur spannende Fragen zu dem konkreten Fall aufwirft, sondern die Schwierigkeiten von Live-Berichterstattung bei ähnlichen Situationen aufzeigt.

2. Viel Pfeffer, kein Salz
(taz.de, Simone Schmollack)
Der SPD-Gesundheitspolitiker Karl Lauterbach ist ein Medienphänomen: Als Politiker und Mediziner ist er derzeit auf nahezu allen Kanälen präsent – ob als Dauergast bei Anne Will, Markus Lanz, Sandra Maischberger oder Maybrit Illner, in den klassischen Medien oder auf Twitter. Wer ist dieser Mann, der seit 30 Jahren in jedem Restaurant darauf besteht, ungesalzenes Essen serviert zu bekommen, der von Termin zu Termin hetzt und sich erheblicher Kritik (bis hin zu Morddrohungen) aussetzt? Simone Schmollacks Porträt bringt einem den omnipräsenten Lauterbach etwas näher und versucht zu ergründen, warum er derart polarisiert: “Lauterbach ist beides, Rechthaber und Spielverderber.”

3. Presse darf Schaulust am Grab des Kopiloten nicht fördern
(faz.net)
“Bild” berichtete 2015 über die nichtöffentliche Beerdigung des für das Germanwings-Unglück verantwortlichen Co-Piloten. Dabei veröffentlichte die Redaktion auch Fotos des Grabs. Dies wurde nun vom Bundesgerichtshof beanstandet, es würde einen “Grabtourismus” fördern: “Privatheit und die berechtigte Erwartung, nicht zum Objekt von Schaulust und Sensationsgier in Momenten der Trauer beim Besuch des Grabes eines nahestehenden Verstorbenen zu werden, bestehen auch auf einem öffentlichen Friedhof und haben am Schutz des Rechts auf Privatsphäre teil.”

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4. Hohe Hürden für Beschlagnahme der Kamera
(verdi.de)
Ein nebenberuflicher Fotojournalist begleitete im Sommer eine Demo. Er habe dabei, wie von Seiten der Polizei behauptet, durch Aufnahmen nichtöffentlicher Gespräche “die Vertraulichkeit des gesprochenen Wortes” verletzt. Daraufhin beschlagnahmten die Beamten seine Kamera mitsamt der Ausrüstung. Die Klage auf Herausgabe wurde zunächst von Amtsgericht und Landgericht abgewiesen. Nun hat das Bundesverfassungsgericht anders entschieden, für den Fotojournalisten.

5. 15 Jahre Metaebene
(metaebene.me, Tim Pritlove)
Man kann Tim Pritlove getrost als Podcast-Pionier bezeichnen: Lange bevor sich in Deutschland Medienhäuser überhaupt nur Gedanken darüber machten, startete er eine ganze Reihe von Podcasts. Aktuell feiert Pritlove sein 15-jähriges Schaffen in dem Bereich und erzählt, was in den vergangenen fünf Jahren alles bei ihm passiert ist. Eine Übersicht zu den ersten zehn Jahre gibt es in einem früheren Resümee. Dieser Beitrag liegt zwar fünf Jahre zurück, kann Interessierten aber immer noch empfohlen werden, da er ein Stück deutsche Podcast-Geschichte abbildet.

6. Die verdächtige Trittbrettfahrer-Biografie über Obama
(welt.de, Christian Meier)
Bei Amazon erfreut sich eine zweifelhafte Obama-Biografie eines obskuren Verlags großer Beliebtheit. Es bestehe der Verdacht, die Biografie sei mit der Hilfe von Künstlicher Intelligenz (KI) zusammengestöpselt worden. Christian Meier erklärt den Fall, der viele spannende Aspekte hat. Sein Fazit: “Eins ist klar – völlig unabhängig davon, ob das ‘Barack Obama Book’ nun von einer KI geschrieben wurde oder nicht: computergenerierte Texte werden besser, und die Technologie dahinter ist ein Geschäftsmodell.”

Bringt Julian Reichelt die Familien der Bundesliga-Mitarbeiter in Gefahr?

Was haben die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Fußball-Bundesligaklubs FC Bayern München, Borussia Dortmund, Borussia Mönchengladbach, RB Leipzig und Hertha BSC gemeinsam? Ihre Familien sind seit dieser Woche in Gefahr – jedenfalls nach Logik von Julian Reichelt.

Als das Medienmagazin “kress” 2017 Reichelts Gehalt schätzen wollte, sagte der “Bild”-Chef, dass er das nicht wolle, weil – so schrieb “kress” – “eine Schätzung seines Gehalts das Risiko finanziell motivierter Straftaten gegen seine Familie erhöhen würde”.

Doch was laut Julian Reichelt für Julian Reichelt gilt, muss aus Sicht von Julian Reichelt ja nicht für andere Menschen gelten. Und so gibt es seit Montag eine neue “Bild”-Serie: “DIE GEHEIMEN GEHÄLTER DER BUNDESLIGA”. Bisher waren die fünf oben genannten Klubs dran. “Bild” verrät, was die Team-Managerin des FC Bayern München oder der Stadionsprecher von Hertha BSC oder der Jugendkoordinator des BVB oder der Busfahrer von RB Leipzig oder der Chef-Greenkeeper von Borussia Mönchengladbach pro Monat “nach BILD-Informationen” so verdienen:

Screenshot Bild.de - Die geheimen Gehälter der Bundesliga - Bei welchem Job man neben den Stars schläft - Wie viel Team-Managerin Kathleen Krüger bekommt - In welchem Bereich Ex-Soldaten für zwölf Euro arbeiten - Das verdient man bei Bayern!
Screenshot Bild.de - Die geheimen Gehälter der Bundesliga - Für welchen Job es 11000 Euro gibt - Wer mit 70 noch 8000 Euro kriegt - 6500 Euro für ein Sprach-Wunder - Was Lars Ricken bekommt - Das verdient man beim BVB
Screenshot Bild.de - Die geheimen Gehälter der Bundesliga - Was der Stadionsprecher kassiert - Wofür man 7000 Euro im Monat kriegt - Was 24 Euro für 90 Minuten gibt - Das verdient man bei Gladbach!
Screenshot Bild.de - Die geheimen Gehälter der Bundesliga - Das kriegen Physio, Busfahrer und Zeugwart - In welchem Bereich die Gehälter gekappt wurden - Welche ungewöhnliche Mitarbeiter-Prämie es gab - Das verdient man bei RB Leipzig!
Screenshot Bild.de - Die geheimen Gehälter der Bundesliga - Was die Stadionsprecher pro Spiel kriegen - Welches Urgestein knapp 5000 Euro kassiert - Wieviel man schon als U9-Trainer bekommt - Das verdient man bei Hertha!

Bei den übrigen 13 Bundesligaklubs gibt es noch reichlich Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, deren Familien die “Bild”-Redaktion nach Logik ihres eigenen Chefs in den kommenden Tagen in Gefahr bringen kann.

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Wen Julian Reichelt nach Julian-Reichelt-Logik sonst noch in Gefahr gebracht haben könnte:

Mit Dank an die vielen Hinweisgeber!

“Bunte”-Widerruf, Der Papst und das Nacktmodel, Beliebigkeitsparodie

1. “Bunte” widerruft Titelgeschichte über Helene Fischer und den Vater ihres Freundes
(uebermedien.de, Boris Rosenkranz)
Karl May hat sich seine Wildwest-Geschichten wenigstens komplett ausgedacht. Die stellvertretende “Bunte”-Chefredakteurin Tanja May (nicht verwandt und nicht verschwägert) fantasiert sich zwar auch eine Menge zusammen, verwendet dabei aber real existierende Menschen und schlägt Profit aus ihnen. Aktuell muss die “Bunte” eine von May verfasste Titelgeschichte über Helene Fischer und den Vater ihres Freundes widerrufen. Boris Rosenkranz ist der Sache auf “Übermedien” nachgegangen.

2. Gnihihi, Parodie
(zeit.de, Matthias Kalle)
Matthias Kalle nimmt auf lesenswerte Weise die Kabarett-Disziplin Politikerimitation auseinander. Anlass ist für ihn der Kabarettist Florian Schröder, der mit seiner Karl-Lauterbach-Imitation bei Dieter Nuhr im Ersten vor allem eines bewiesen habe: “Politiker-Imitationen sind das Unlustigste, was es gibt. Die Kunstform scheint komplett aus der Zeit gefallen zu sein, vielleicht war es sie aber schon immer, nur ist es einem in den Achtziger- und Neunzigerjahren einfach nicht aufgefallen.” Kalle weiter: “Florian Schröder will nichts aufdecken. Er will einfach nur so sein wie Karl Lauterbach. Oder wie irgendjemand sonst.”
Weiterer Lesehinweis: Beim “journalist” gibt es aktuell ein ausführliches Interview mit Florian Schröder: “Jeder gute Satiriker braucht einen noch besseren Journalisten” (journalist.de, Thilo Komma-Pöllath).

3. Heftige Kritik an Kurzfilmwettbewerb von ARTE
(beta.blickpunktfilm.de, Frank Heine)
Der deutsch-französische Kulturkanal Arte hat eine Ausschreibung gestartet (“Regisseurin gesucht”), die aus gleich mehreren Gründen auf Ablehnung stößt. Die Autorinnen und Regisseurinnen Pary El-Qalqili und Biene Pilavci haben sich mit einem Offenen Brief direkt an den Sender gewandt. Ihre Hauptvorwürfe: Die Ausschreibung fördere keine strukturelle gleichberechtigte Teilhabe von Regisseurinnen. Die Vorgabe des Themas “Unbeschreiblich weiblich” reduziere die Einreichungen auf die Themen der vermeintlichen Weiblichkeit. Die Ausschreibung sei auf Nachwuchsregisseurinnen beschränkt, und der Sender erwarte die unentgeltliche Anfertigung der Beiträge. Ihrem Offenen Brief haben sich zahlreiche Verbände, Vereine und namhafte Regisseurinnen angeschlossen.

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4. Die eigentlichen Corona-Opfer kommen in den Medien viel zu kurz
(riffreporter.de, Peter Spork)
Der Wissenschaftsjournalist Peter Spork denkt über die Corona-Berichterstattung nach, deren Fokus oft auf Menschen liege, die in ihrer Freizeitgestaltung beeinträchtigt sind oder die um das wirtschaftliche Überleben kämpfen: “Verstehen Sie mich nicht falsch: Viele dieser Schicksale sind hart. Sie sind auch berichtenswert. Aber der Gedanke drängt sich auf, hier wird gesamtgesellschaftlich etwas verdrängt. Ist die wahre Krise nicht eine andere, sehr viel bedrohlichere? All den betroffenen Menschen, denen die deutschen Medien derzeit so gerne zuhören, ist eines gemein: Sie haben keine Coronainfektion. Sie sind gesund. Sie leben in der Lockdown-Krise. Von der Corona-Krise erfahren wir fast nichts.”

5. Berliner Justiz übernimmt den Fall Attila Hildmann
(sueddeutsche.de, Florian Flade & Ronen Steinke)
Der Kochbuchautor Attila Hildmann ist nicht nur Objekt der Medienberichterstattung, sondern so etwas wie ein eigenes Medium: Auf seinem Telegram-Kanal (ca. 120.000 Abonnenten) sendet er nahezu ohne Unterlass verschwörungsideologische Botschaften in die Welt, die teils als antisemitisch und rechtsextrem eingestuft werden. Nachdem sich bei der Brandenburger Justiz seit Monaten mehr oder weniger folgenlos die Anzeigen gegen Hildmann angesammelt hätten, habe nun die Staatsanwaltschaft Berlin den Fall übernommen. Die Akten aus Brandenburg seien bereits in Berlin eingetroffen – angeblich 60 Bände sowie weitere 33 Fallakten.

6. Instagram-Account von Papst Franziskus liked Bild von Nacktmodel
(futurezone.at)
Es steht noch nicht fest, ob Papst Franziskus höchstpersönlich auf Instagram ein Foto des brasilianischen Models Natalia Garibotto geliket hat. Was jedoch feststeht: Dass sein Instagram-Account das (mittlerweile zurückgezogene) Like für ein Bild des Nacktmodels gesetzt hat. Der Vatikan habe eine Untersuchung eingeleitet und wolle herausfinden, wie es dazu kam.

Franz Josef Wagner fährt mit Jogi Löw Achterbahn in der Pampa

“Bild”-Briefonkel Franz Josef Wagner hat einen Helden: Bundestrainer Jogi Löw. Und Helden …

Helden schicken wir nicht einfach so in die Pampa.

Soll heißen: Wagner findet, dass Löw nach der 0:6-Niederlage der deutschen Fußballnationalmannschaft gegen Spanien bitte, bitte nicht zurücktreten soll. In seinem heutigen Brief schreibt er:

Ausriss Bild-Zeitung - Post von Wagner - Lieber Jogi Löw - viele erwarten, dass Sie aufgeben nach dem Spanien-Debakel. Bitte geben Sie nicht auf!

Lieber Jogi Löw,

viele erwarten, dass Sie aufgeben nach dem Spanien-Debakel. Bitte geben Sie nicht auf! Was für ein Leben wäre es für Sie, wenn Sie aufgeben? Ein Leben der Leere. Ein Einsamkeitsgrauen. Ein Leben von Gott und den Menschen verlassen.

Ein Mensch, der aufgibt, ist verloren. Ich bin verliebt in Sieger, noch mehr verliebt bin ich in Nicht-Aufgeber.

Wenn Jogi Löw sich nicht aufgibt, dann kann vielleicht die Nationalelf wieder siegen.

Jogi Löw war ein Held. Helden schicken wir nicht einfach so in die Pampa.

Herzlichst
Franz Josef Wagner

Vor gut einem Monat, am 13. Oktober, schreibt Franz Josef Wagner ebenfalls an Jogi Löw. Auch da bestimmt im Ton, inhaltlich aber etwas anders:

Wie schnell das Licht erlischt, das einmal brannte. Jogi Löw, der Weltmeister. Jogi Löw, die Stilikone im weißen, taillierten Hemd. Populärer war kein Bundestrainer.

Leider, lieber Joachim Löw, gibt es keinen Ewigkeitsruhm. Ihre Mannschaft spielt schlecht. Sie stellen schlecht auf, sie wechseln schlecht aus. (…)

Wenn mich jemand fragt, ob ich einen neuen Bundestrainer will, dann sage ich Ja.

Die Verbindung Wagner-Löw ist wie eine Achterbahnfahrt. Im März 2019 schreibt Wagner an den Nationaltrainer und über die Spieler Serge Gnabry und Leroy Sané:

Warum hat Jogi Löw die jungen tollen Spieler nicht mit zur WM 2018 nach Russland genommen?

Sein Fehler war, dass er nicht an die Jugend glaubte. Jogi Löw ist 59. Es fällt ihm schwer, alt zu sein.

Die Spieler haben ihm seine Jugend wiedergegeben. Sie sind sein zweiter Frühling.

… was aus rein biologischer Sicht ein kleines Wunder darstellt, schließlich war der Zweite-Frühling-Jogi laut Wagner eigentlich schon längst “verwelkt”. Vier Monate vor der Löw-Auferstehung, im November 2018, schreibt der “Bild”-Kolumnist:

Lieber Joachim (Jogi) Löw,

ich muss die Natur bemühen, um Sie zu beschreiben. Es gibt die Zeit, wo die Natur erblüht, und die Zeit, wo sie verwelkt. Sie befinden sich in der Zeit des Welkens. (…)

Was mich wundert, ist, dass Sie immer noch Bundestrainer sind. Eigentlich geben nach Misserfolgen Männer, Frauen ihr Amt auf. Ich mag Joachim Löw persönlich sehr. Er ist ein netter, unterhaltsamer Mann. Aber er ist eine verwelkte Blume.

Wagners aktuelle Löw-Verteidigung ist auch deshalb eine überraschende Wendung (gut, bei Wagner vielleicht nicht so ganz überraschend), weil seine Ansage im Oktober 2018 nicht klarer hätte sein können:

Jogi Löw, das ist das Ende des Traums. Wachen Sie auf und treten Sie zurück.

Und auch im Juni 2018 klang es bei Wagner so, als könnte man Helden doch “einfach so in die Pampa” schicken:

Lieber Jogi Löw,

wenn ich jetzt schreibe, dass Sie zurücktreten sollen, dann ist mein Motiv nicht Rache, Vergeltung. Ich kann mir einfach nicht vorstellen, wie Sie jetzt weitermachen wollen. Sie sind ein geschlagener Mann.

Mit Dank an Andreas W. für den Hinweis!

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Caffiers Schweigen, Wodargs Drohung, Fotografieren unerwünscht

1. Caffier-Rücktritt: Ein Minister stolpert über sein Schweigen
(ndr.de, Tim Kukral, Video: 4:39 Minuten)
Über viele Monate befragte Christina Schmidt, Reporterin der “taz”, Lorenz Caffier, den mittlerweile zurückgetretenen Innenminister von Mecklenburg-Vorpommern, erfolglos zu dessen Waffenkauf. Der Politiker entzog sich bis zuletzt allen kritischen Fragen und ließ für ihn unangenehme Medienanfragen ins Leere laufen. Der Beitrag des Medienmagazins “Zapp” dokumentiert das zweifelhafte Verhalten des Ex-Ministers, der sich bis zuletzt als Opfer des “erbarmungslosen Mediengeschäfts” inszenierte.

2. 250.000 Euro wegen Corona-Berichterstattung?
(deutschlandfunk.de, Michael Borgers, Audio: 5:57 Minuten)
Die Galionsfigur der Pandemie-Leugner, Corona-Maßnahmen-Kritiker und “Querdenker” Wolfgang Wodarg hat das unabhängige Blog “Volksverpetzer” wegen dessen Corona-Berichterstattung auf 250.000 Euro Schadensersatz abgemahnt. Thomas Laschyk vom “Volksverpetzer” kommentiert den juristischen Angriff: “Also das Feindbild und die Methoden sind sehr ähnlich wie von Rechtspopulisten.” Auch der Münchner Kommunikationswissenschaftler Carsten Reinemann wundert sich über das rabiate Vorgehen Wodargs: “Wenn ich mich mit starken Äußerungen, starken Behauptungen, die unter Umständen dem kompletten Konsens der Wissenschaftsgemeinde widersprechen, wenn ich mich damit in die Öffentlichkeit begebe, muss ich natürlich damit rechnen, dass ich dort auch entsprechenden Gegenwind bekomme.”

3. “Wir brauchen eine zweite Säule von Meinungsjournalismus”
(fachjournalist.de, Florian Beißwanger)
Jochen Bittner ist einer der Leiter des sogenannten “Streit”-Ressorts der “Zeit”. Im Interview mit dem “Fachjournalist” spricht er über seinen Arbeitsalltag und erzählt, woher der Trend zu mehr Meinungsjournalismus kommt. Auf die Frage, ob es im “Streit”-Ressort “auch Tabus” gebe, antwortet Bittner: “Das ist eine Frage, die wir intensiv diskutiert haben und auch weiter diskutieren. Für uns gibt es Grenzen.” Man würde beispielsweise “keine Spinner” einladen. Ob er selbst nochmal Journalist werden würde, wenn er die Wahl hätte? Eher nicht: “Ich hätte Zweifel, ob mich der Journalismus ähnlich anziehen würde wie er das vor 30 Jahren getan hat. Weil ich ihn inzwischen bisweilen als zu aktivistisch wahrnehme.”
Korrektur: In einer früheren Version haben wir geschrieben, Bittner “erzählt, welche ‘Tabuthemen’ es gebe”. Das tut er aber nicht – den Begriff “Tabuthemen” verwendet er auch gar nicht. Pardon dafür!

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4. Streit um die Empfehlung vertrauenswürdiger Informationen durch Google
(netzpolitik.org, Leonard Kamps)
Das Bundesgesundheitsministerium betreibt im Internet ein “Nationales Gesundheitsportal”, das es in Kooperation mit Google prominent bewirbt. Die Verlage sehen darin eine unzulässige Konkurrenz: “Das Ministerium deklassiert die freien marktwirtschaftlich organisierten Gesundheitsportale und setzt alle Mechanismen der freien Information und damit der freien Meinungsbildung in unserer Demokratie außer Kraft”, so Burda-Vorstand Philipp Welte. Nun hat die Landesmedienanstalt Schleswig-Holstein angekündigt, die Einleitung eines Verfahrens gegen Google zu prüfen. Leonard Kamps ordnet den Vorgang ein, der mehr Auswirkungen haben könne, als zunächst offensichtlich.

5. Tweets waren gestern: Warum Twitter jetzt “Fleets” startet
(rnd.de, Imre Grimm)
Twitter führt “Fleets” ein, das sind sich selbst zerstörende Nachrichten nach dem Vorbild von Snapchat und Instagram. Welche Strategie verfolgt der Kurznachrichtendienst mit der Einführung des neuen Features? Und warum lässt Twitter Inhalte an manchen Stellen nicht mehr ungefiltert durchs Netz und bietet sogar dem US-amerikanischen Präsidenten Paroli? Imre Grimm erklärt den Sinneswandel des Unternehmens.

6. Fotografieren ist unerwünscht
(verdi.de, Reiner Wandler)
Seit Wochen kommen vermehrt Boote mit Geflüchteten vom afrikanischen Festland auf den Kanarischen Inseln an. Von mindestens 15.000 Menschen seit Jahresbeginn ist die Rede. Wenn wir davon relativ wenig mitbekommen, könnte dies an den Restriktionen liegen, denen die Pressefotografen und Kameraleute auf den Kanaren unterliegen: “Wir müssen aus einer Distanz von 150 Metern und mehr arbeiten. In anderen Häfen ist es bis zu einem Kilometer”, so der Fotograf und Pulitzer-Preisträger Javier Bauluz.

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