Suchergebnisse für ‘Klima’

Netzwerk Klimajournalismus, Pferderennen, Pandemisches Drehen

1. Journalismus oder Aktivismus?
(deutschlandfunk.de, Sören Brinkmann & Torsten Schäfer, Audio: 7:34 Minuten)
Unter dem Namen Netzwerk Klimajournalismus Deutschland haben sich einige Journalistinnen und Journalisten zusammengeschlossen, um ähnlich wie das Netzwerk Recherche oder das Europäische Datenjournalismus-Netzwerk regelmäßig über inhaltliche und redaktionelle Fragen zu diskutieren. Umweltjournalist und Journalismus-Professor Torsten Schäfer hat das Projekt mitgegründet und erklärt im Deutschlandfunk die Hintergründe und Zusammenhänge.

2. Lange historische Bögen
(taz.de, Dirk Knipphals)
Dirk Knipphals kommentiert die Entscheidung des WDR, sich von den “Buchtipps” mit Christine Westermann zu trennen: “Auch wenn man kein literaturkritischer Fan von Christine Westermann ist, kann einen die Begründung, mit der ihre Literaturtipps im WDR nun gestrichen werden, doch einigermaßen erschüttern. Im Kern läuft sie auf die Behauptung hinaus: Die Mehrheit interessiert sich nicht für Bücher. Selbst wenn das so wäre, sollte das gerade für ein öffentlich-rechtliches Fernsehen nicht Ansporn sein, das zu ändern?”

3. SPIEGEL-Kulturchef schürt Angst vor trans: Ahnungslos durch die Nacht?
(nollendorfblog.de, Johannes Kram)
Beim “Spiegel” kritisierte Sebastian Hammelehle, Leiter des Kulturressorts, in einem Essay (nur mit Abo lesbar) den Wunsch eines Schauspielers, den Namen seiner ehemaligen geschlechtlichen Identität nicht mehr zu erwähnen (“So baut sich unsere aufgeklärte Gesellschaft einen Kokon aus neuen Verboten.”) Johannes Kram antwortet: “Hat der SPIEGEL-Kulturchef nicht mitbekommen, wie gegen trans Menschen gehetzt wird? Und welche Rolle dabei alte Bilder und der alte, der Deadname spielt, das Vergnügen des rechten Pöbels, diesen immer wieder sichtbar zu machen als ‘Beweis’ dafür, dass der Mann oder die Frau gar nicht ‘echt’ ist, sondern sich nur ‘verkleidet’?”

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4. «Es geht nicht nur darum, einfach mehr über Frauen zu schreiben»
(medienwoche.ch, Thomas Häusermann)
Wissenschaftler und Wissenschaftlerinnen der Uni Zürich haben die Darstellung von Frauen in Schweizer Print- und Onlinemedien untersucht. Die Ergebnisse sind ernüchternd. Die “Medienwoche” hat Verlage und Redaktionen befragt, was sie über den anhaltend tiefen Frauenanteil in ihren Medien denken und welche Maßnahmen sie ergreifen wollen, um die Situation zu ändern.

5. “Der Wahlkampf ist kein Pferderennen”
(deutschlandfunkkultur.de, Jenny Genzmer & Martin Böttcher, Audio: 11:15 Minuten)
Der Begriff “Horse-Race-Journalismus” bezeichnet die Eigenart einiger Medien, die politische Berichterstattung wie ein Sport-Event zu behandeln, bei dem es ausschließlich darum geht, wer gerade in Führung liegt. Die Medienwissenschaftlerin Margreth Lünenborg erklärt, was dabei zu kurz kommt – die Inhalte: “Die Aufgabe von Journalismus ist zweifelsohne, auf den Zahn zu fühlen und kritisch zu prüfen, ob die Versprechen, die da jetzt ausgeschüttet werden, auch tatsächlich tragfähig sind. Also tatsächlich Inhalte in den Mittelpunkt zu stellen.”

6. Mit Risiken und Nebenwirkungen
(sueddeutsche.de, Nicolas Freund)
Die Corona-Pandemie hatte weitreichende Folgen für das TV- und Kinogeschäft. Monatelang waren kaum Dreharbeiten möglich und auch die jetzigen Bedingungen sind kompliziert. So soll es am Set von “Star Wars” einige Covid-Fälle gegeben haben. Nicolaus Freund berichtet über das Drehen unter pandemischen Bedingungen.

“Klima Update”, Muslimfeindlichkeit, Genderdebatte und Sportjournalismus

1. “Der Rechtsstaat im Herzen getroffen”
(deutschlandfunk.de, Sebastian Wellendorf, Audio: 5:55 Minuten)
In Amsterdam wurde am Dienstagabend der bekannte niederländische Kriminalreporter Peter de Vries auf offener Straße niedergeschossen und lebensgefährlich verletzt. Sebastian Wellendorf hat mit der Korrespondentin Kerstin Schweighöfer über die Hintergründe der Tat gesprochen. De Vries habe in mehreren spektakulären Fällen recherchiert und an der Aufklärung mitgewirkt: “Er ist nicht nur Reporter, er hat sich auch als eine Art Privatdetektiv einen Namen gemacht – spezialisiert auf ‘cold cases’. Zum Beispiel hat er einen 20 Jahre alten Mord an einem elfjährigen Jungen gerade erst aufgelöst.” Zudem herrsche gegenüber Journalistinnen und Journalisten in den Niederlanden schon seit Jahren ein feindliches Klima.

2. Türkischer Exiljournalist in Berlin angegriffen
(reporter-ohne-grenzen.de)
Am Mittwochabend ist in Berlin ein regierungskritischer türkischer Journalist von drei Männern angegriffen und verletzt worden. Für Reporter ohne Grenzen kommentiert Christian Mihr: “Wir kennen die Hintergründe der Tat noch nicht, aber dass ein regierungskritischer Journalist aus der Türkei in Berlin angegriffen wird, ist besorgniserregend und könnte andere Exiljournalistinnen und -journalisten im Land einschüchtern. Die Behörden müssen dem Verdacht nachgehen, dass der Angriff mit seiner journalistischen Arbeit zusammenhängt. Medienschaffende im Exil sind vor Repressionen in ihren Heimatländern geflohen. Sie müssen sich hier sicher fühlen können.”

3. Olympiahoffnung: Mehr Frauen im Sport und im Sportjournalismus
(genderleicht.de, Anna E. Poth)
Angesichts der bevorstehenden Olympischen Spiele in Tokio hat der Deutsche Olympische Sportbund (DOSB) die Medien in einem offenen Brief (PDF) dazu aufgerufen, mehr über Sportlerinnen zu berichten: “Unsere Forderung ist: das Gewährleisten einer ausgewogenen und gleichwertigen Sportberichterstattung – ohne stereotype und diskriminierende Darstellungen von Sportlerinnen in Wort und Bild.” Die Initiative “Genderleicht” hat sich mit verschiedenen Fachfrauen über den Einfluss der Genderdebatte auf den Sportjournalismus unterhalten: mit Ulrike Spitz, Pressesprecherin des DOSB, mit Susanne Opitz, langjährige Sportjournalistin und Reporterin für das ZDF, und mit Nina Probst, Chefredakteurin des Sportblogs Sportfrauen.net.

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4. “Klima Update” bei RTL: “Zeichen der Zeit erkannt”
(dwdl.de, Timo Niemeier)
Lange hatten sich die Verantwortlichen der “Klima-vor-acht”-Initiative für ein regelmäßiges Klimaformat im Ersten eingesetzt, waren dort jedoch regelmäßig abgeblitzt. Konkurrent RTL hat die Gunst der Stunde genutzt und bringt das Format als “Klima Update” auf Sendung, das künftig immer donnerstags und samstags im Anschluss an die Nachrichtensendung “RTL Aktuell” zu sehen sei.

5. Muslimfeindlichkeit: Medien unter Druck
(verdi.de, Bärbel Röben)
Beim Interkulturellen Mediendialog in Frankfurt am Main wurde unter anderem über die Studie “Mediale Wahrnehmung des Islam bei Politiker*innen und Journalist*innen” diskutiert. Bärbel Röben fasst den Vortrag und die anschließende Diskussion zusammen.

6. Donald Trump klagt gegen Twitter, Facebook und Google
(zeit.de)
Der frühere US-Präsident Donald Trump will sich seine Socia-Media-Verbannung nicht gefallen lassen und hat Twitter, Facebook und Google auf Wiederherstellung seiner Accounts verklagt.
Weiterer Lesehinweis in Sachen Twitter: “Ein französisches Gericht ordnet an, dass Twitter seine Moderationspraktiken bei Hassrede offenlegen muss. Geklagt hatten französische Organisationen, die zuvor in einer Studie den nachlässigen Umgang des sozialen Netzwerks mit hetzerischen Inhalten angeprangert hatten.” – “Twitter muss endlich Verantwortung übernehmen” (netzpolitik.org, Denise Stell).

Relotius-Interview, Kein “Klima vor Acht”, Mutig in Minsk

1. Zweifel und Neugierde – über den Umgang mit einem Fälscher
(deutschlandfunk.de, Henning Hübert, Audio: 9:06 Minuten)
Der frühere “Spiegel”-Reporter Claas Relotius hat sich in einem 90 Fragen umfassenden Interview mit dem Magazin “Reportagen” erstmals zu seinen gefälschten Texten geäußert. Der Deutschlandfunk hat mit “Reportagen”-Chefredakteur Daniel Puntas Bernet über die Entstehungsgeschichte gesprochen. Im Text zum Deutschlandfunk-Beitrag gibt es darüber hinaus einige Einschätzungen Dritter (darunter auch die des “6-vor-9”-Kurators).
Weiterer Lesehinweis: Der Journalist Armin Wolf stellt in einem Blog-Beitrag eine bezeichnende Stelle des Relotius-Interviews heraus: “Irgendwo in dem Interview schildert er eine rührende Episode, wie er auf einer Dienstreise ins irakische Kriegsgebiet 4.500 Euro von seinem Spesenkonto einer Flüchtlingsfamilie schenken wollte, die dann aber nie am vereinbarten Treffpunkt eingetroffen sei. Die Anekdote endet mit dem Satz: ‘Es kann auch sein, dass alles ganz anders war und ich mir Teile davon nur eingebildet habe.’ Ja, so könnte es auch sein.”

2. Mehr Klimathemen? Noch keine Einigung zwischen ARD und Klima vor Acht
(rnd.de)
Die Initiative “Klima vor Acht” hat sich mit ARD-Verantwortlichen getroffen, um für eine Klimasendung vor der “Tagesschau” zu werben. Das Gespräch sei “in guter, konstruktiver Atmosphäre” verlaufen, wenn es auch keine Einigung gegeben habe. In diesem Zusammenhang eine vielsagende Aussage des ZDF-Intendanten Thomas Bellut auf den Medientagen Mitteldeutschland: “Ich würde es nicht machen. Klima ist wichtig, aber danach kommt das nächste Thema. Themen ändern sich ständig. Ich finde es falsch, so etwas vorzugeben, denn damit macht man Politik. Ist das unsere Aufgabe? Nein.” “Klima vor acht” kommentiert das mit einem knappen “Wer sagt’s ihm?”

3. Mutig in Minsk – wenn die Polizei das TV-Studio stürmt
(youtube.com, Zapp – Das Medienmagazin, Video: 17:02 Minuten)
(Achtung: Trigger-Warnung! Im verlinkten Video sind Gewaltszenen zu sehen.) Für Alexander Lukaschenko, das Staatsoberhaupt von Belarus, scheinen unabhängige Medien Staatsfeind Nummer eins zu sein. Jeder Mensch mit einer Kamera in der Hand riskiere eine Festnahme. Seit August 2020 seien mehr als 400 Journalisten und Journalistinnen festgenommen worden. Das neueste, prominente Opfer ist der regierungskritische Blogger Roman Protasevich, den Lukaschenko über den Umweg einer Flugzeugentführung festnehmen ließ. Roman Schell berichtet seit mehr als zehn Jahren aus Osteuropa. Für “Zapp” hat er die jüngsten Ereignisse zusammengefasst.
Weiterer Lesetipp: Die Deutsche Welle meldet, dass ihr Korrespondent Alexander Burakow nach 20 Tagen aus dem Untersuchungsgefängnis entlassen wurde. Es muss eine furchtbare Zeit für Burakow gewesen sein: “Sie haben mich jede Nacht zweimal geweckt, mich aus der Zelle geholt und mir befohlen, mich komplett auszuziehen, auch die Unterwäsche”. Außerdem habe man ihm in seiner Haftzeit Bettlaken, Decke und Kissen verwehrt (dw.com, Irina Filatova).

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4. “Man muss sich als Journalist vor zu viel Nähe hüten”
(fachjournalist.de, Florian Beißwanger)
Der “Fachjournalist” hat sich mit Michael Schlieben unterhalten, der als politischer Korrespondent bei “Zeit Online” tätig ist. In dem Gespräch geht es unter anderem um Schliebens Arbeitsalltag, den bevorstehenden Bundestagswahlkampf und die Frage, warum Politikjournalismus in Deutschland vergleichsweise höflich ist. Die Tendenz der Politik, eigene Newsrooms einzurichten, sieht Schlieben mit gemischten Gefühlen: “Wenn die Ministerien und Parteien ihre Kommunikation nicht professionalisieren würden, wäre es nicht zeitgemäß. Trotzdem nervt es natürlich manchmal, wenn die Pressestellen darauf verweisen, dass ihr Chef vom Dienst heute Morgen schon um neun Uhr eine Pressemitteilung herausgegeben hat und der Minister für ein Statement leider nicht zur Verfügung steht – oder nur für den eigenen Hauskanal.”

5. Achtzig Millionen für ostdeutsches Programm
(faz.net, Anna Schiller)
Wenn es nach dem Willen von Linkspartei und MDR-Rundfunkrätin Nicole Anger geht, sollen künftig ein Prozent der Beitragseinnahmen, rund 80 Millionen Euro jährlich, an ostdeutsche Programmangebote von NDR, RBB und MDR fließen. Der Deutsche Journalisten-Verband sieht in dem Vorstoß einen “ernst zu nehmenden Diskussionsansatz” und fordert: ARD braucht Ost-Talkshow (djv.de, Hendrik Zörner).

6. Lesen, was sonst nur der Verfassungsschutz liest
(uebermedien.de, Klaus Ungerer)
Klaus Ungerer ist Leser der vom Verfassungsschutz beobachteten “jungen Welt” geworden. Er schildert es ironisch als eine Mutprobe der besonderen Art: “Damit das Ganze noch etwas verschwörerischer wird, abonniere ich nicht direkt beim Blatt, sondern gehe täglich zu einem der verbliebenen Zeitschriftenläden – und kaufe das Ding. Anonym. An der Kasse. Das wird den Schlapphüten zu denken geben! Wer ist der Typ, was führt er im Schilde, läuft da eine ganz große Sache, sollten wir rasch mehr Mittel beantragen?”

7. Clubhouse-Tipp: Die Writers Pub diskutiert über das “Bild”-Buch “Ohne Rücksicht und Verluste”.
(turi2.de, Tatjana Kerschbaumer)
Zuletzt ein siebter Link, da in eigener Sache: Heute Abend diskutiert das “Writers Pub” der “Reporterfabrik” über das “Bild”-Buch “Ohne Rücksicht auf Verluste” meiner BILDblog-Kollegen Moritz Tschermak und Mats Schönauer. Neben Moritz unter anderem auf dem virtuellen Podium: “Reporterfabrik”-Gründer Cordt Schnibben, der Politiker Kevin Kühnert und die TV-Moderatorin Aline von Drateln. Um 18:30 Uhr geht es auf Clubhouse los, ihr seid alle herzlich eingeladen.

Unter Beschuss, Warten auf die Elche, Klimadatenjournalismus

1. Berichterstattung unter Beschuss
(deutschlandfunk.de, Michael Borgers & Tim Aßmann & Sebastian Wellendorf, Audio: 6:25 Minuten)
Die Arbeitsbedingungen für Korrespondentinnen und Korrespondenten, die aus Israel berichten, haben sich seit den aktuellen Raketenangriffen der Hamas massiv verändert. Tim Aßmann, Leiter des ARD-Hörfunkstudios in Tel Aviv, erinnert sich an eine ähnliche Situation im Jahr 2014, doch die aktuellen Angriffe würden eine “neue Qualität” darstellen: “Auch für uns ist das eine außergewöhnliche Situation.”
Weiterer Lesetipp: Der Journalistenverband Foreign Press Association und die Organisation Reporter ohne Grenzen kritisieren den israelischen Luftangriff auf Medienbüros in Gaza (rnd.de).

2. Warten auf die Elche
(taz.de, Reinhard Wolff)
In Schweden und Norwegen erfreut sich das sogenannte Slow-TV großer Beliebtheit. Darunter fallen Dauersendungen aus dem Wald und abgefilmte Fahrten mit Bahn sowie Schiff. In Norwegen habe es bislang 27 solcher Slow-TV-Sendungen gegeben: Vom 18-stündigen Lachsfischen, bei dem es drei Stunden dauerte, bis der erste Lachs anbeißen wollte, über einen Strick­abend bis zum Zug einer Rentierherde. Und auch die Schweden finden Gefallen an der Langsamkeit und produzieren ähnliche Langformate. Reinhard Wolff geht der Frage nach, warum Slow-TV gerade in den skandinavischen Ländern so beliebt ist.

3. Dokus im Dritten: So geht gutes Regionalfernsehen, macht mehr davon!
(dwdl.de, Peer Schader)
Aufbruch im Osten, Geflüchteten-Integration in Hessen, Kampf mit der Armut in Baden-Württemberg … Peer Schader stellt in seiner “DWDL”-Kolumne einige besonders gelungene Regional-Reportagen und Dokus der (öffentlich-rechtlichen) dritten Fernsehprogramme vor: “Alle diese Sendungen sind Beispiele dafür, was regionales Fernsehen zu leisten vermag, wenn es nicht bis zur Unkenntlichkeit durchformatiert worden ist und Autorinnen bzw. Autoren die Freiheit lässt, Menschen einfach erzählen zu lassen; und zwar nicht bloß, weil die vorher am lautesten geschrien haben.”

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4. Klimadatenjournalismus
(klimajournalismus.substack.com, Lorenz Matzat)
Für Lorenz Matzat stellt die Covid-19-Pandemie eine Zäsur für den Datenjournalismus dar: “Markierten die Afghanistan War Logs von 2010 quasi die Geburtsstunde des data-driven-journalism, hat er es zehn Jahre später tagtäglich auf die Start- und Titelseiten geschafft. Waren zuvor Graphen und Tabellen nur im Sport und bei der Börse sowie Kartenvisualisierungen im Wetter täglich wiederkehrender Bestandteil, sind jetzt Dashboards, Graphen, Diagramme und Karten zu Infektionszahlen & Co. normal geworden.”

5. Reporter der Deutschen Welle zu Haftstrafe verurteilt
(sueddeutsche.de)
In Belarus ist ein freier Journalist und Korrespondent der Deutschen Welle zu 20 Tagen Haft verurteilt worden. Alexander Burakow habe über einen Prozess gegen Oppositionspolitiker berichten wollen und mit anderen Medienvertretern vor einem Gerichtsgebäude gewartet. Dies sei ihm als verbotene und “erneute Teilnahme an einem nicht autorisierten Ereignis” ausgelegt worden.

6. Fünf Tipps für Ihr Fernseh-Fest: Nicht nachmachen!
(uebermedien.de, Boris Rosenkranz)
Das ARD-Servicemagazin “Live nach neun” hat dieser Tage Geburtstag gefeiert. Dabei spielten sich einige, nun ja, befremdliche Szenen ab. Boris Rosenkranz versucht bei “Übermedien”, dem Ganzen etwas Gutes abzugewinnen, und hat daraus fünf (nicht ganz ernst gemeinte) “Tipps für Ihr Fernseh-Fest” gebastelt.

Toxisches Klima?, Fehlender Alltagsbezug, Burger-Desaster

1. “Du schaust aus wie eine Nutte”
(zeit.de, Christina Pausackl)
Dem österreichischen Medienmanager und Boulevard-Mogul Wolfgang Fellner wird von einer ehemaligen Mitarbeiterin, der Fernsehmoderatorin Raphaela Scharf, sexuelle Belästigung vorgeworfen. Der “Zeit” liegt ein Gedächtnisprotokoll über Scharfs Arbeitsalltag vor. Immer wieder soll Fellner ihre Brüste und ihren Hintern kommentiert haben: Sie hätte “einen super Popsch”, sie seien “das perfekte Paar”. Außerdem habe er versucht, sie zu küssen. Fellner bestreitet vor Gericht bisher jegliche Anschuldigungen. Diese seien “frei erfunden”, die Anbahnungen seien vielmehr von Raphaela Scharf ausgegangen. Christina Pausackl ist dem Fall für die “Zeit” nachgegangen und auf ein toxisches Arbeitsumfeld gestoßen.
Weiterer Lesehinweis mit Bezug zu Fellner: Die rätselhafte Kampagne von “Österreich” gegen Ulli Sima: “Von Ende 2018 bis Anfang 2020 fährt die Tageszeitung ‘Österreich’ eine Negativkampagne gegen die damalige Wiener Umweltstadträtin Ulli Sima. Insgesamt erscheinen über 50 negative, spöttische und unsachliche Artikel über sie. Vier davon haben sogar rechtliche Folgen.” (kobuk.at, Christina Sauprigl)

2. Systemrelevante Existenzangst
(journalist.de, Caroline Lindekamp)
Wenig Rücklagen, wenig Sicherheit, wenig staatliche Hilfe – für viele freiberufliche Medienschaffende stellt die Corona-Pandemie eine besondere Herausforderung dar. Mehr denn je sind Eigeninitiative und Idealismus gefragt. Doch reicht das in diesen schwierigen Zeiten? Caroline Lindekamp hat sich in der Branche umgehört.

3. Es ist nicht unser Job, dass sich alle gut vertragen.
(planet-interview.de, Jakob Buhre)
Der Journalist Sebastian Esser ist nicht nur Mitgründer der “Krautreporter”, sondern hat auch Steady aus der Taufe gehoben, eine Finanzierungs-Plattform für digitale Inhalte. Jakob Buhre hat Esser zur Entwicklung der Plattform befragt. Es geht um Themen wie Pressefreiheit, Clickbait und Community-Regeln, aber auch um den Fall Boris Reitschuster. (Transparenzhinweis: Auch wir vom BILDblog nutzen Steady.)

4. Verpflichtung von Linda Zervakis: Pro Sieben zeigt, warum wir das Privatfernsehen noch brauchen
(rnd.de, Matthias Schwarzer)
Viele Jahre hat Linda Zervakis für die Öffentlich-Rechtlichen gearbeitet und dort unter anderem die “Tagesschau” moderiert. Nun wechselt sie zu ProSieben. Zervakis soll gemeinsam mit Matthias Opdenhövel ein Informationsformat moderieren. Matthias Schwarzer ordnet die Personalie ein, die Teil einer Programmoffensive ist.

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5. Jugendlichen fehlt bei Nachrichten oft Alltagsbezug
(deutschlandfunk.de, Mike Herbstreuth & Antje Allroggen, Audio: 4:46 Minuten)
Das Leibniz-Institut für Medienforschung hat in einer Studie (PDF) die Nachrichtenkompetenz von Jugendlichen untersucht. Demnach sollen journalistische Nachrichten in der Altersgruppe zwischen 14 und 24 Jahren an Relevanz verloren haben. Die Studienmacher empfehlen den Redaktionen, nach neuen Ansätzen zu suchen, die Alltagsrelevanz von Nachrichten herauszuarbeiten: “Es ist eine Aufgabe des Journalismus zu zeigen: Warum sind diese Informationen für mich und meinen Alltag wichtig und relevant.”

6. Das große Burger-Desaster
(sueddeutsche.de, Thorsten Denkler)
Der US-amerikanische TV-Sender Fox News hat tagelang und ausgiebig über ein angebliches Fleischverbot durch Präsident Joe Biden berichtet. Aus Klimaschutzgründen wolle Biden von den US-Amerikanern verlangen, ihren Rindfleischkonsum um 90 Prozent zu reduzieren. Das Problem: Biden hat dies nie gesagt, die Geschichte ist frei erfunden. Nun musste der Sender zurückrudern. Thorsten Denkler kommentiert: “Fox News hat den Fehler zwar eingeräumt. Die Geschichte wird dennoch auf kommenden Grillfesten Gesprächsthema sein. Das ist das Dilemma, das solche Falschinformationen mit sich bringen, sagt der frühere Obama-Berater Dan Pfeiffer in der Washington Post: ‘Wenn du darauf reagierst, riskierst du, der Geschichte zusätzlichen Sauerstoff zu geben.'”

Tod auf Raten, “Klimawandel” im Sprachcheck, Krauses Angst

1. Bedenken ernst nehmen
(djv.de)
Die mögliche Verschmelzung des Verlags Gruner + Jahr mit dem Privatsender RTL wird von Seiten der Arbeitnehmervertretung kritisch beurteilt. Frank Überall, Bundesvorsitzender des Deutschen Journalisten-Verbands, teilt die Sorgen und warnt davor, die G+J-Titel radikalen Stellenstreichungen zu unterwerfen: “Das wäre für Geo, Stern und andere der langsame Tod auf Raten.”

2. Rechercheplattform “Dossier” kämpft ums Überleben
(derstandard.at, Oliver Mark)
Hinter dem österreichischen “Dossier” steht eine gemeinnützig arbeitende Redaktion, die seit 2012 investigativen und Datenjournalismus betreibt. Doch nun ist das Projekt in Not: “Mit der Absetzung der ORF-Sendung Gute Nacht Österreich haben wir einen wichtigen Auftrag verloren. Nun klafft ein Loch in unseren Büchern – und die sprechen eine deutliche Sprache: Aus eigener Kraft und mit unserem bisherigen Wachstum schaffen wir es nicht. Wir brauchen einen kräftigen Schub.”

3. Ist “Klimawandel” der passende Begriff?
(deutschlandfunk.de, Stefan Fries, Audio: 2:16 Minuten)
In den Medien ist oft vom “Klimawandel” die Rede. Doch taugt der Begriff zur Beschreibung des Phänomens? Im “Sprachcheck” des Deutschlandfunks kommentiert Stefan Fries: “Wer deutlicher über die Veränderungen sprechen will, kann auch deutlichere Worte wählen, die die Folgen des ‘Klimawandels’ konkreter benennen.”

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4. Zeilen für den Minister
(de.ejo-online.eu, Roman Winkelhahn)
Ende März veröffentlichte die Otto-Brenner-Stiftung eine Analyse über “Gastbeiträge von Politiker*innen in ausgewählten Tageszeitungen” (PDF). Roman Winkelhahn hat sich das Diskussionspapier angeschaut und die aus seiner Sicht wichtigsten Erkenntnisse herausgestellt.

5. Die Zukunft bleibt spannend
(medium.com, Katharina Kulzer)
Als Mitglied des “BR-Next”-Teams arbeitet Katharina Kulzer an der Zukunft des Bayerischen Rundfunks. Beim WDR machen das Lisa Zauner und Alexander Nieschwietz vom “Innovation Hub”. Die drei jungen Journalisten und Journalistinnen haben sich über Trendforschung im Allgemeinen und Besonderen unterhalten. Es geht um Tanker und Schnellboote, Kapitäne und Matrosen sowie um echte Veränderung und bloßes Innovationstheater.

6. Herr Krause hat Scheißangst
(uebermedien.de, Boris Rosenkranz, Video: 1:40 Minuten)
Die “Pierre M. Krause Show” ist eine Late-Night-Show des SWR, in der Gastgeber Krause auf prominente Gäste trifft. In den Gesprächen scheint ihn eine Angst besonders umzutreiben, die ich hier aus Sorge vor einem möglichen Shitstorm jedoch nicht nennen will.

Fakemobil, Aserbaidschan-Affäre, “Klima vor acht”

1. NDR distanziert sich vom Dokumentarfilm “Lovemobil”
(ndr.de)
Der NDR distanziert sich von dem preisgekrönten (und vom NDR mitproduzierten) Kino-Dokumentarfilm “Lovemobil” der Autorin Elke Margarete Lehrenkrauss. Der Film zeigt das Leben von Prostituierten, die unter entwürdigenden Umständen in Wohnmobilen am Rande von Bundesstraßen arbeiten. Wie sich nun herausstellt, sind viele der gezeigten Szenen mit Darstellern inszeniert worden. Die Autorin versucht, ihr Vorgehen mit einem bemerkenswerten Statement zu rechtfertigen: “Ich kann mir auf jeden Fall nicht vorwerfen, die Realität verfälscht zu haben, weil diese Realität, die ich in dem Film geschaffen habe, ist eine viel authentischere Realität.”

2. Aserbaidschan-Affäre: Der Diktator, die CDU, der Moderator und das Geld
(vice.com, Felix Dachsel & Robert Hofmann)
Ein gekaufter Berliner Lokalsender, eine selbsternannte Journalistenlegende und ein seltsames Lobby-Unternehmen sind die Hauptbeteiligten in dieser atemberaubenden “Vice”-Geschichte über die Aserbaidschan-Affäre. Und natürlich die Unions-Abgeordneten, die sich von den aserbaidschanischen Lobbyisten haben umgarnen lassen.

3. “Jens Spahns Ehemann” – “Spiegel” bedauert irreführende Überschrift
(meedia.de, Stefan Winterbauer)
Der “Spiegel” erzeugte in einer Überschrift den Eindruck, dass der Ehemann von Bundesgesundheitsminister Jens Spahn eine Firma besitzt, die Masken an das Gesundheitsministerium verkaufte. Nach viel Kritik änderte das Nachrichtenmagazin die Überschrift um in: “Arbeitgeber von Spahns Ehemann verkaufte Masken ans Gesundheitsministerium” und begründet dies gegenüber “Meedia” wie folgt: “Wir verstehen, dass die ursprüngliche Überschrift für sich genommen einen missverständlichen Eindruck erzeugen kann. Deshalb haben wir sie am Sonntag gegen 21.50 Uhr geändert und bedauern, falls bei Leserinnen und Lesern ein falscher Eindruck entstanden sein sollte. Gleichwohl stand von Anfang an im Vorspann des Artikels unmissverständlich, dass es um die Burda GmbH geht, und Herr Funke als Leiter der Hauptstadtrepräsentanz des Unternehmens dessen Angestellter ist.”

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4. Was die ARD unter “sehr, sehr viel Klima-Berichterstattung” versteht
(uebermedien.de, Stefan Niggemeier)
Die Initiative “Klima vor acht” wünscht sich von der ARD mehr Klimaberichterstattung, ein geeigneter Zeitpunkt seien die Minuten vor der “Tagesschau”, die derzeit von den kurzen “vor acht”-Sendungen genutzt werden. Der zuständige Koordinator wiegelt ab: Klimaschutz sei elementarer Bestandteil der “vor acht”-Sendungen. Nun haben die Aktivisten von “Klima vor acht” die Themenangaben aller 227 Sendungen des Jahres 2020 ausgewertet.
Weiterer Lesehinweis: Die Klimaforscher Hans Joachim Schellnhuber und Stefan Rahmstorf, die Klimaforscherin Insa Thiele-Eich, der Umweltwissenschaftler Ernst Ulrich von Weizsäcker und der ARD-Meteorologe Karsten Schwanke haben sich mit einem Offenen Brief an die ARD gewandt: “Lieber Herr Buhrow, nehmen Sie eine Vorreiterrolle in der deutschen TV-Landschaft ein: Lassen Sie ein Format wie ‘Klima vor acht’ entwickeln und umsetzen, und geben Sie ihm einen guten Sendeplatz – zum Beispiel unmittelbar vor der Tagesschau!”

5. TV und YouTube – Beziehungsstatus: Es ist kompliziert
(dwdl.de Uwe Mantel)
Für viele Medien ist es eine vertrackte Situation: Wenn man die eigenen Filme auf Youtube stellt, erreicht man mehr Menschen, stärkt aber auch den eh schon dominanten Konkurrenten im Bewegtbildmarkt. Darüber hinaus stellen sich weitere Fragen: Ist es medienpolitisch erwünscht beziehungsweise erlaubt, dass die Öffentlich-Rechtlichen für Plattformen kommerzieller US-amerikanischer Anbieter produzieren? Immerhin wurden die Inhalte mit öffentlich-rechtlichen Geldern bezahlt. Um diese und um weitere damit in Zusammenhang stehende Fragen geht es in den nächsten Tagen bei “DWDL”.

6. “Inzidenz-Starrsinn”: Wie “Bild” im Vorfeld des Bund-Länder-Gipfels Stimmung für offene Kitas und Schule macht – mit Erfolg
(news4teachers.de)
“News4Teachers” kritisiert die Corona-Berichterstattung der “Bild”-Redaktion zu Kitas und Schulen: “Das Blatt schreibt: ‘Zwar werden bei Kindern und Jugendlichen unter 15 Jahren seit der letzten Februarwoche mehr Ansteckungen gemessen. Aber das liegt unter anderem an massenhaften Tests. Denn seit einigen Wochen dürfen Schüler bestimmter Jahrgänge wieder zur Schule gehen. In vielen Klassenzimmern und Turnhallen wird seitdem intensiv getestet.’ Fakt hingegen ist: Zwar hat die Ministerpräsidentenkonferenz flächendeckende Tests von Schülerinnen und Schülern vor zwei Wochen beschlossen – tatsächlich aber haben die Kultusministerien diesen Beschluss in der Praxis kaum umgesetzt.”

Debattenräume, Klimaheft, Witze über Minderheiten

1. Was denkt Lisa Eckhart?
(taz.de, Anne Fromm)
In einem “Appell für freie Debattenräume” protestieren über 100 Menschen aus Kultur, Wissenschaft und Politik mit großem Pathos gegen angebliche Denk- und Sprechverbote. “taz”-Medienredakteurin Anne Fromm erklärt, worum es dabei geht und worin die Unterschiede zum US-amerikanischen “Letter on Justice and Open Debate” liegen. Fromm zeigt sich insbesondere erstaunt darüber, wie viele Journalisten den Appell unterschrieben haben: “Das sind alles Leute, die sehr wohl sehr viel sagen dürfen. Ständig und überall.”

2. Der STERN gestaltet gemeinsam mit Fridays for Future ein Klimaheft
(stern.de)
Den globalen Klimastreiktag am 25. September begleitend, produziert der “Stern” ein Heft gemeinsam mit den Klimaaktivistinnen und -aktivisten von Fridays for Future. Die Redaktion erhält dafür viel Lob, aber auch Kritik, zum Beispiel, dass sich guter Journalismus mit nichts gemein mache. “In eigener Sache” schreibt das Magazin über die Beweggründe für die Aktion und erklärt, wie die Zusammenarbeit abläuft.

3. Witze über Minderheiten: Dumm und aus der Zeit gefallen
(rnd.de, Matthias Schwarzer)
Vergangene Woche sorgte ein Podcast von Florian Schroeder und Serdar Somuncu für Entrüstung in den Sozialen Medien. Somuncu hatte sich darin auf eine ordinäre und menschenverachtende Weise in einen Rausch von Misogynie, Rassismus und Sexismus geredet (siehe die “6 vor 9” vom 16. September). In ihrer neuen Folge äußern sich die Protagonisten noch einmal zu dem Fall, machen es sich dabei jedoch zu leicht, wie Matthias Schwarzer findet: Die Kabarettisten “gehen offenbar davon aus, dass Somuncus inszenierte Hassrede vom Publikum schlichtweg nicht verstanden wurde, und deshalb den Proteststurm ausgelöst hat. War wohl einfach zu große Kunst, zu feinsinnig für die Masse – und am Ende hat man doch wieder allen den ganz großen Spiegel vorgehalten.”

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4. Liebe Boomer*innen, wieso seid Ihr eigentlich gegen das Gendern?
(meedia.de, Nicolas Wildschutz)
Nicolas Wildschutz spricht in seinem “Meedia”-Gastbeitrag all die Menschen an, die sich hartnäckig einer gendergerechten Sprache widersetzen: “Überlegt Euch einmal wirklich, wieso Ihr gegen das Gendern seid. Habt Ihr Euch genügend mit dem Thema beschäftigt? Wenn ja, überzeugen Euch die Argumente nicht oder reagiert Ihr aus Trotz?”

5. Dorothee Bär verlässt Ludwig-Erhard-Stiftung
(spiegel.de)
Aus Protest gegen eine sexistische Äußerung in einem Magazin des Publizisten Roland Tichy kündigt CSU-Politikerin Dorothee Bär ihre Mitgliedschaft in der Ludwig-Erhard-Stiftung, deren Vorsitzender eben jener Tichy ist. Dem “Handelsblatt” gegenüber sagte Bär (nur mit Abo lesbar): “Grund für diese Entscheidung ist eine Publikation in dem Magazin ‘Tichys Einblick’, die frauenverachtende und in höchstem Ausmaß sexistische Äußerungen gegenüber meiner Kollegin Sawsan Chebli enthält”.
Weiterer Lesehinweis: Auf Twitter kommentiert Linus Neumann: “Roland Tichy ist seit Juni 2014 Vorstandsvorsitzender der Ludwig-Erhard-Stiftung. UND JETZT ERST treten Leute aus Protest aus.”

6. Titanic-Redaktionskonferenz, Folge 5
(titanic-magazin.de, Moritz Hürtgen & Torsten Gaitzsch, Audio: 57 Minuten)
Satiriker beobachten fortwährend das Zeitgeschehen, dementsprechend hoch ist ihr Medienkonsum. In der aktuellen Folge der “Titanic-Redaktionskonferenz” sprechen Torsten Gaitzsch und Moritz Hürtgen darüber, welche Medien sie verfolgen, was es mit den Austausch-Abos auf sich hat, und warum Journalisten und Journalistinnen anderer Redaktionen ihnen gelegentlich den Kaffee wegtrinken und ihre Toilette benutzen.

Die USA gegen Julian Assange, Nicht strafbar, Nehmt die Klimakrise ernst!

1. Wikileaks – Die USA gegen Julian Assange
(ardmediathek.de, Elena Kuch & Robert Holm, Video: 59:34 Minuten)
Mit die lohnenswertesten 60 Minuten, die man derzeit für eine Dokumentation mit Medienbezug im deutschen Fernsehen aufwenden kann: Der Film zeigt nicht nur den Aufstieg und Fall des Julian Assange, sondern zeichnet ein differenziertes Bild von Assange als Spielball politischer Interessen. Außerdem erfährt man, auf welch unfassbare Weise der Wikileaks-Gründer in der ecuadorianischen Botschaft in London von einer korrupten Überwachungsfirma bespitzelt wurde. Erstmals spricht auch seine Partnerin Stella Moris, die mit Assange zwei Söhne hat, über die Umstände ihrer geheimgehaltenen Beziehung. Absolut sehenswert, auch wenn man meint, bereits viel über den Fall Assange zu wissen.

2. Journalist:innen, nehmt die Klimakrise endlich ernst!
(uebermedien.de, Sara Schurmann)
Die Journalistin Sara Schurmann ruft Medienschaffende in einem offenen Brief dazu auf, bei jeder Berichterstattung die Auswirkungen auf das Klima mitzudenken: “Viele Journalist:innen betonen zu Recht, den Unterschied von Aktivismus und Journalismus. Aber die Einhaltung des 1,5-Grad-Ziels als vierte Gewalt zu kontrollieren, ist kein Aktivismus. Es ist wissenschaftlich, menschlich und journalistisch geboten. Wir Journalist:innen können das Versagen der Politik nicht einfach nur protokollieren. Politische und wirtschaftliche Entscheidungen, die zur Nicht-Einhaltung des 1,5-Grad-Ziels führen, sind nicht bloß eine Seite einer Geschichte, die wir zu Wort kommen lassen müssen. Die Klimakrise ist akut bedrohliche Realität.”

3. Nicht strafbar
(taz.de, Christian Rath)
Die “taz” will aus Kreisen der Berliner Staatsanwaltschaft erfahren haben, dass die heftig diskutierte Polizei-Kolumne der “taz”-Autorin Hengameh Yaghoobifarah voraussichtlich keine strafrechtlichen Folgen haben werde. Die Deutsche Polizeigewerkschaft und die Gewerkschaft der Polizei hatten zuvor Strafanzeige gestellt. Auch Innenminister Horst Seehofer hatte darauf beharrt, dass “Straftatbestände erfüllt” seien.

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4. Journaillesoziolektisches: »Kretschmann-Crash«
(noemix.wordpress.com, Michael Nöhrig)
Ein tragischer Auffahrunfall, bei dem ein Kleinkind ums Leben kam, wird von vielen Redaktionen als “Kretschmann-Crash” oder ähnlich bezeichnet, obwohl es sich um einen Folgeunfall handelte, an dem der grüne Ministerpräsident Baden-Württembergs nicht beteiligt war. Michael Nöhrig hat einige der Schlagzeilen zusammengestellt.

5. Der Journalist Sean Hannity
(deutschlandfunk.de, Brigitte Baetz, Audio: 5:23 Minuten)
Der US-amerikanische Radio- und Fernsehmoderator Sean Hannity beschert dem US-Fernsehsender Fox News tolle Quoten. Ein Reporter der “Washington Post” sieht starke Parallelen zwischen Hannity und Donald Trump: “Beide sind keine Intellektuellen, sie sprechen eine klare Sprache und sind kulinarisch wenig anspruchsvoll. Bei aller Radikalität, die die beiden zur Schau stellen: Mit jedem von ihnen könne sich der amerikanische Durchschnittsbürger vorstellen, abends in der Bar ein Bier zu trinken.” Der Deutschlandfunk berichtet über den sich selbst “Meinungsjournalist” nennenden millionenschweren Medienmann und dessen symbiotische Beziehung zum US-Präsidenten.

6. Bild-Chef Reichelt: “Wenn mein 11-jähriges Kind fünf Geschwister verloren hätte und unter Schock seinem 12-jährigen Freund WhatsApp-Nachrichten dazu schreibt, hätte ich auch gern, dass ganz Deutschland sie lesen kann”
(der-postillon.com)
Manchmal treffender als jede Medienkritik: die Überschrift einer “Postillon”-Meldung.

“Bild”: Enteignung oder Boykott?, Klima-Framing, Obskurer Appell

1. Warum man die BILD enteignen und zerschlagen muss.
(facebook.com/stephan.anpalagan)
Nachdem die “Bild”-Redaktion private WhatsApp-Nachrichten eines Kindes veröffentlicht hatte, dessen Geschwister gerade getötet wurden (BILDblog berichtete), erhob sich ein Sturm der Entrüstung. Journalisten und Journalistinnen der unterschiedlichsten Medien distanzierten sich von dieser Form der Berichterstattung und bekundeten ihren Abscheu und Ekel. Stephan Anpalagan hat den Glauben an Appelle und an die Wirksamkeit von Rügen verloren: “Diese ‘Zeitung’ ist kaputt. Es gibt kaum eine Möglichkeit, sie zur Rechenschaft zu zwingen und sie abzustrafen. Die BILD suhlt sich seit ihrer Gründung in ihrem Allmachtswahn und sieht sich keinerlei Kontrolle und Korrektur gegenüber. Wir können uns all diese konsequenzlosen Grenzüberschreitungen nicht länger bieten lassen. Die BILD ist gefährlich. Die BILD bricht. Mit dieser Gesellschaft. Mit den Menschen, die in diesem Land leben. Deshalb muss sie enteignet und zerschlagen werden.”
Weiterer Lesehinweis: “taz”-Medienredakteurin Anne Fromm ruft zum gesellschaftsübergreifenden Boykott des Blatts auf: “Jeder sollte dieses Blatt boykottieren: LeserInnen, indem sie kein Geld dafür ausgeben, JournalistInnen, bei Bild oder Springer, indem sie sich einen anderen Job suchen. Unternehmen, indem sie dort keine Anzeigen schalten, und PolitikerInnen, indem sie dem Blatt keine Interviews mehr geben.”
Auch Tanjev Schultz, der an der Mainzer Universität unter anderem Ethik des Journalismus lehrt, ist entsetzt über das Verhalten der “Bild”-Zeitung im Fall Solingen: “Nicht jeder, der sich mit einem Presseausweis bewaffnet, sollte Journalist genannt werden. Die Kinderschüttler sind eine Schande für den Journalismus.” (t-online.de)

2. Balance zwischen Bildern und Inhalt
(mmm.verdi.de, Felix Koltermann)
Beim Zeitungsmachen kommt der Bebilderung und der Gestaltung der Beiträge eine wichtige Rolle zu. Art-Direktorin Jane Dulfaqar spricht im Interview über das Verhältnis von Fotografie, Design und Journalismus sowie über die Gefahren der Stockfotografie: “Bei Zeitungen, die viel mit Stockfotos arbeiten, sieht man, dass ‘möglichst billig’ die Devise ist. Man findet dann zu ähnlichen Themen immer ähnliche oder gar gleiche Bilder. (…) Das schafft Langeweile, Ununterscheidbarkeit in der eigentlichen Diversität unserer Zeitungslandschaft und generiert letztendlich Interessenlosigkeit an gedruckten Produkten.”
Weiterer Lesehinweis: “Wer als Model für Stockfotos posiert, bekommt wenig Geld, aber manchmal unerwartete Aufmerksamkeit”: Für 80 Euro zur weltweiten Witzfigur (spiegel.de, Daniel Ziegener).

3. Besser übers Klima schreiben
(taz.de, Kai Schöneberg & Torsten Schäfer)
Weil das Sein das Bewusstsein bestimme, gebe sich die “taz” als erstes Medienhaus in Deutschland eine klimagerechte Sprache: “Warum schreiben wir eigentlich Erderwärmung und nicht Erderhitzung? Ist die Idee eines sich kuschelig erwärmenden Planeten nicht viel zu beschönigend, wenn man daran denkt, dass sich Wüsten bilden und Menschen und Tiere wegen der Hitze keine Lebensgrundlagen mehr finden? Wer genauer über die Sprache in der Klimaberichterstattung nachdenkt, kann genauer formulieren.”
Weiterer Lesehinweis: “Der ZDF-Wetterexperte Özden Terli versucht im täglichen Wetterbericht, Fakten über die Klimakrise zu vermitteln. Dafür wird er von Zuschauern massiv angefeindet”: So kämpft ZDF-Wettermoderator Özden Terli gegen die Klimaleugner (tagesspiegel.de, Armin Lehmann).

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4. Toleranz für die Intoleranz?
(sueddeutsche.de, Philipp Bovermann & Felix Stephan)
Die Initiatoren des “Appells für freie Debattenräume” sehen sich auf breiter Front einem angeblichen Denk- und Sprechverbot ausgesetzt: “Absagen, löschen, zensieren: seit einigen Jahren macht sich ein Ungeist breit, der das freie Denken und Sprechen in den Würgegriff nimmt und die Grundlage des freien Austauschs von Ideen und Argumenten untergräbt.” Wer steht hinter dem obskuren Appell? Wer hat ihn unterzeichnet? Und worin liegen die Unterschiede zu einem ähnlichen Schreiben aus den USA? Philipp Bovermann und Felix Stephan haben sich auf die Suche nach Antworten begeben.

5. Tobias Schlegl: Vom Moderator zum Notfallsanitäter
(rnd.de, Nora Lysk)
Tobias Schlegl hatte sich über viele Jahre und einige Zwischenstationen vom Viva- zum ZDF-Moderator der Kultursendung “Aspekte” hochgearbeitet. Für viele überraschend, verabschiedete er sich vor vier Jahren vom Medienbusiness und begann eine Ausbildung zum Notfallsanitäter. Im Interview erzählt Schlegl von seinem Umzug aus dem Fernsehstudio in den Rettungswagen.
Weiterer Hörtipp: In seinem Podcast “Fighting Corona” spricht Schlegl mit den Menschen, die tagtäglich für uns im medizinischen Einsatz sind, ob als Ärztin, Rettungssanitäter oder Altenpflegerin.

6. Trumps Lieblingssender: Was hinter dem Phänomen Fox News steckt
(youtube.com, RND, Matthias Schwarzer, Video: 5:38 Minuten)
“Was ist das für eine merkwürdige Beziehung zwischen einem Nachrichtenmedium und dem US-Präsidenten?” Matthias Schwarzer erklärt in unterhaltsamen fünfeinhalb Minuten auf Youtube, was den Erfolg von Fox News ausmacht: Wie kam es zur Gründung? Wie hält es der Sender mit der Wahrhaftigkeit? Und inwieweit kann das Programm überhaupt als Journalismus bezeichnet werden?
Weiterer Lesehinweis: Der USA-Korrespondent der “Süddeutschen”, Jürgen Schmieder, berichtet über die ehrgeizigen Expansionspläne von Fox News Media und den Einstieg des Unternehmens ins weltweite Streaminggeschäft: Ausweitung der Kampfzone.

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