Allgemein  

Zitat-Anschlag auf Nena?

Am Montag berichtete “Bild” über einen angeblichen “Terroranschlag” bzw. “Feuer-Anschlag auf Nena” (siehe Ausriss) und schrieb: “Türkischstämmige Männer (…) wollten angeblich ein Tankschiff auf dem Rhein-Herne-Kanal kapern und am Gelsenkirchener Amphitheater in die Luft jagen – während eines Nena-Konzerts!” Die Polizei hatte die Sache indes (wie berichtet) als “Fehlalarm” bezeichnet, das zeitgleich stattfindende Nena-Konzert als “Zufall” und den von “Bild” hergestellten Nena-Zusammenhang als “Spekulation”. Unbeirrt schrieb “Bild” tags drauf nochmals über den “Nena-Anschlag!”, ließ ihre Leser über die deutlichen Polizeidementis jedoch weiter im Unklaren.

Wenn man so will, blieb “Bild” von der ganzen Story letztlich aber nur der exklusive O-Ton, mit dem “Bild” Nena zitiert hatte:

Sie sagte zu BILD: “Ich habe nachmittags von der Bombendrohung erfahren, hatte ein mulmiges Gefühl. Aber ich lasse mir von Terroristen den Auftritt nicht kaputt machen.”

Auf Nenas Website allerdings gibt Nenas Management bekannt:

“Die Behauptung angeblicher Äußerungen von Nena gegenüber der BILD ist von der BILD frei erfunden. NENA hat kein Gespräch mit BILD-Redakteuren zu diesem Thema geführt. Nena distanziert sich von dieser unwahren Berichterstattung der BILD.”

Mit Dank an Michael P.

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Ende der Geruhsamkeit (taz.de)
Heute Abend moderiert Ulrich Wickert zum letzten Mal die “Tagesthemen” (ARD, 22.15 Uhr). Diesen Mann musste man einfach gerne sehen? Nun ja: Nicht wenige haben ihn gehasst.

Wer bietet mehr? (zeit.de)
Reporter schachern um ein Interview mit Natascha Kampusch. Kann sich die ehemalige Geisel gegen die Paparazzi wehren?

Der Schatz im Netz (tagesspiegel.de)
Zehntausende Chinesen arbeiten als Berufsspieler.

Ich bin immer noch im star-affinen Alter (planet-interview.de)
Bravo-Chefredakteur Tom Junkersdorf über das Erfolgsgeheimnis der Bravo, den Draht zu den Lesern, den Kampf gegen Gewalt an Schulen, die sexualisierte Mediengesellschaft und wie weit der Starkult gehen darf.

Mit wohligem Gruseln (zeit.de)
Kindesmissbrauch und Mord, ein mysteriöses Verbrechen, ein spätes Geständnis: Der Fall John Mark Karr gab amerikanischen Medien die perfekten Zutaten für ungebremsten Hype. Nun sind die Ermittlungen geplatzt.

Die Ausgepennte (spiegel.de)
Sie hat den Begriff “Urbane Penner” für die kreative und unterbezahlte Elite Berlins erfunden – für Leute wie sich selbst. Seit zwei Monaten ist Mercedes Bunz Chefredakteurin des Berliner Stadtmagazins “zitty” und bewegt sich leichtfüßig zwischen Pop, Diskurs und Karriere. Ein Porträt.

“Bild” hatte zwei Jahre lang Unrecht

Diese Gegendarstellung, die “Bild” heute veröffentlicht, ist eine Richtigstellung: “Bild” räumt ein, dass dem wegen schweren Betrugs verurteilten Schauspieler Karsten Speck und seiner Frau und Managerin Cora nie vorgeworfen wurde, 20 Millionen Schaden durch betrügerische Immobiliengeschäfte angerichtet zu haben. Genau das hatte “Bild” vor zwei Wochen noch behauptet.

Die Zeitung räumt damit indirekt auch ein, dass weite Teile ihrer Berichterstattung über den Fall Speck fehlerhaft waren. Denn bereits am 19. Oktober 2004 schrieb “Bild”:

Speck und seiner Frau Cora werden windige Immobiliengeschäfte vorgeworfen. Privatanleger und Banken sollen um 20 Millionen Euro geprellt worden sein.

Am 18. Oktober 2004 schrieb “Bild”:

Karsten Speck werden windige Immobiliengeschäfte vorgeworfen. Er soll Investoren um rund 20 Millionen Euro geschädigt haben.

Am 17. Oktober 2004 schrieb “Bild”:

Schauspieler Karsten Speck sitzt seit Donnerstag in Dortmund im Gefängnis. Ihm werden windige Immobilien- und Kreditgeschäfte vorgeworfen, bei denen er Investoren um 20 Millionen Euro geschädigt haben soll.

Am 16. Oktober 2004 schrieb “Bild”:

Speck, gegen den seit zwei Jahren ein Prozeß wegen Immobilienbetrugs läuft, soll Banken und Privatanleger um rund 20 Millionen Euro geprellt haben.

Am 15. Oktober 2004 schrieb “Bild”:

Seit Januar 2003 sitzt Karsten Speck schon auf der Anklagebank. Ihm werden windige Immobilien- und Kreditgeschäfte vorgeworfen. Speck soll Investoren um 20 Millionen Euro geschädigt haben.

Über Tage hatten die Prozess-Berichterstatter von “Bild” also nicht gemerkt (oder nicht merken wollen), dass niemand den Specks vorwarf oder vorwirft, Investoren um 20 Millionen Euro geschädigt zu haben — der Schaden, der ihnen zur Last gelegt wird, ist sehr viel geringer. Die 20 Millionen sind der Gesamtschaden, der durch eine ganze Gruppe von Angeklagten entstand. Im Jahr zuvor hatte auch “Bild” das noch gewusst, aber dann waren die anderen, nichtprominenten Beschuldigten plötzlich aus den “Bild”-Berichten verschwunden. Und tauchten nie wieder auf.

Ceci n’est pas une Presseausweis.

Bezüglich der “BILD-Leser-Reporter” teilt der Deutsche Journalisten-Verband DJV mit:

Wie der DJV jetzt erfuhr, sollen die Hobbyjournalisten von BILD einen eigens für sie bestimmten Presseausweis erhalten, sobald sie das erste Foto eingeschickt haben. Auf die Vorderseite schreiben sie ihren Namen und ihre Adresse und kleben ein Foto auf. Auf der Rückseite steht in kleiner Schrift, “dass dies kein Presseausweis i.S.d. Vereinbarung der Innenministerkonferenz, der Journalistengewerkschaft und der Verlegerverbände ist”. Ferner wird der Ausweisinhaber aufgefordert, nicht die Arbeit von Polizei oder Rettungsdiensten zu behindern.
(Link von uns.)

Der Warnhinweis sei “ein Feigenblatt, mit dem Springer juristische Auseinandersetzungen vermeiden will”, so der DJV weiter, der zugleich an die Verantwortlichen des Springer-Konzerns appelliert, den “Leser-Reportern” keine eigenen Presseausweise auszustellen.

PS: Nach BILDblog-Informationen hat “Bild” in Hamburg eine eigene “BILD-Leser-Reporter”-Redaktion mit dem Namen “1414” gegründet. Geleitet wird sie von Ralf Pörner, Leiter des “Bild”-Unterhaltungsressorts.

Nachtrag, 18.30 Uhr:
Die Idee kommt unserem Leser Florian P. bekannt vor.

Nachtrag, 31.8.2006:
Laut jetzt.de wurden die “BILD-Presseausweise” angeblich auch in einer Auflage von zwei Millionen an Zeitungskioske u.ä. verteilt.

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Geografisch gefilterte Nachrichten (telepolis.de)
Um einen Artikel mit Informationen von anonymen Informanten zum Erkenntnisstand der britischen Behörden ohne juristische Probleme veröffentlichen zu können, sperrte die New York Times den Zugriff auf diesen für britische Bürger und lieferte eine Printausgabe ohne den Artikel aus.

Der Blogger, das unbekannte Wesen (fr-aktuell.de)
Ein Anker mit dem Slogan “I live by the River”, dazu hippe T-Shirts und Tassen mit Logo: Auf den ersten Blick sieht das Kellerbüro von “Spreeblick” in Kreuzberg aus wie einer der vielen kleinen Modedesignerläden in Berlin.

The Evil Thing (jungle-world.com)
Überwachung und Zensur sind längst nicht mehr nur staatliche Phänomene, wie das Beispiel Google zeigt. Die freiwillige “Selbstkontrolle Suchmaschinen” übernimmt die Selbstzensur in Deutschland.

Journalisten – links, aber unparteiisch? (medienspiegel.ch)
Journalisten stehen links, und deshalb spiegeln die Medien das Zeitgeschehen nur politisch verzerrt wider. Mit dieser Behauptung führen Konservative in den USA seit Jahren erfolgreiche Kampagnen gegen die “main stream media”. Nun liefert eine am Ende des Monats als Buch erscheinende Studie den Kritikern an der politischen Ausrichtung deutscher Journalisten ähnliche Argumente.

Der Nachleser (sueddeutsche.de)
Er hat seinen Plan tatsächlich verwirklicht, A. J. Jacobs, hat den Jahrgang 2002 der Encyclopedia Britannica von Anfang bis Ende gelesen, Artikel für Artikel. Und ein Buch darüber geschrieben.

Ich bin stark (faz.net)
Der Entführungsfall der Natascha Kampusch bewegt die Öffentlichkeit. Dabei ist ein anschwellendes Geplapper von Psycho-Experten zu vernehmen. Dagegen setzt sich die ihrem Entführer entkommene Wienerin klug zur Wehr.

Allgemein  

Das Wundern von Castel Gandolfo

Es begab sich aber zu der Zeit, dass Angela Merkel zum fünften Mal Josef Ratzinger traf. Und die “Bild”-Zeitung verkündete die frohe Botschaft:

Das Wunder von Castel Gandolfo

Denn siehe, seit ihrem ersten Treffen sind sie wie verwandelt: sie nicht mehr Oppositionsführerin, er nicht mehr Kardinal!

Das muss es sein: Das Wunder von Castel Gandolfo. Und fuhr sie nicht auch in einem italienischen Dienstwagen vor? Hatte er nicht die Schweizergardisten antreten lassen? Begrüßten sich beide nicht per Handschlag? Wunder über Wunder: Er nahm sich 46 Minuten Zeit! Beide sprachen über Gott! Sie freut sich auf den Papst-Besuch! Er schenkte ihr eine Münze, sie ihm Noten von Mozart! “Bild”-Vatikan-Korrespondent Andreas Englisch kommt aus dem Wundern nicht mehr raus: Alles lief nach Plan. Das kann kein Zufall sein!

Und wäre Angela Merkel, unversehens in eine weiße Taube verwandelt, vom päpstlichen Balkon gen Israel davongeflattert, die “Bild”-Überschrift wäre wohl dieselbe gewesen. Das ist das Wunder von Castel Gandolfo.

Geschehen ist (fast) nichts

In der gestrigen “Bild” erschien ein (vergleichsweise großer) Artikel, dessen Überschrift seinen Inhalt schon ganz gut zusammenfasst:

“Vor der Wahl versprach Angela Merkel Reform der Altersbezüge für Politiker — geschehen ist (fast) nichts.

Wann kürzt die Kanzlerin endlich die Minister-Pensionen?”

Genauer hieß es dann:

“Im zuständigen Innenministerium rührt sich so gut wie gar nichts. ‘Die Planungen werden weiter verfolgt und nach und nach umgesetzt’, erklärt die Bundesregierung auf Anfrage von BILD. Wann und wie die Neuregelung kommt, sei ‘noch offen’.”

Und heute? Heute berichtet “Bild” in einem (vergleichsweise kleinen) Artikel:

"Regierung will nun doch Minister-Pensionen kürzen!"

Genauer heißt es dazu:

“Die Große Koalition hat gestern angekündigt, dass die Pensionen (…) gekürzt werden! (…) Der genaue Termin der Neuregelung ist weiterhin offen.”

Was ist zwischen diesen beiden “Bild”-Meldungen passiert? (Fast) nichts. “Es ist nicht so, dass die ‘Bild’ irgendwas angestoßen hat”, erklärt die Bundesregierung auf Anfrage von BILDblog — und verweist auf ihre gestrige Pressekonferenz, in der Regierungssprecher Thomas Steg (vergleichsweise ausführlich) darlegte, was “Bild” doch schon zuvor, also gestern, mit den Worten “Die Planungen werden weiter verfolgt und nach und nach ungesetzt” zusammengefasst hatte und was “Bild” hernach, also heute, mit zum Teil denselben Worten noch einmal aufschreibt.

Wirklich neu ist an der ganzen Sache nur das “nun doch” in der heutigen “Bild”-Überschrift — als hätte die “Bild”-Zeitung mit ihrer gestrigen Geschichte irgendwas bewirkt.

Schmerzensgeld für “Puff-Politiker”

Die “Bild”-Zeitung muss dem Bundestagsabgeordneten Gert Winkelmeier Schmerzensgeld zahlen. Dazu verurteilte das Berliner Landgericht die Axel Springer AG in der vergangenen Woche. Die genaue Summe möchte Winkelmeier nicht nennen, es handele sich aber um einen “gehobenen Betrag”, sagte uns sein Anwalt Jony Eisenberg.

Im vergangenen Februar hatte die “Bild”-Zeitung den Politiker der Linkspartei drei Tage in Folge in großen Überschriften als “Puff-Politiker” bezeichnet — weil in einem Haus, dessen Miteigentümer er war, auch Prostituierte arbeiteten.

Das Gericht sah in der “Bild”-Berichterstattung nach den Worten Eisenbergs eine “schwere Persönlichkeitsrechtsverletzung” und eine “Schmähung”. Verschärfend habe es in seinem Urteil gewertet, dass “Bild” “kampagnenartig” berichtet und Winkelmeier keine Chance gehabt habe, sich zu wehren.

Allgemein  

“Bild”-Urteil widerlegt

So stand es bekanntlich vor elf Tagen in “Bild”, so steht es seit elf Tagen in Bild.de. Das war voreilig, unzulässig — und wie man inzwischen weiß: falsch. Die DNA-Spuren des festgenommenen John Mark Karr stimmen, wie selbst Bild.de heute berichtet, nicht mit denen überein, die am Tatort bei der getöteten JonBenet Ramsey gefunden wurden.

Danke an Florian Z., Marko S., Daniel K., Sebastian S., Mike B., Tom, Jürgen H., Manuel N., Timm H., Jean M. und Hendric S.

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Dichtung und Wahrheit (telepolis.de)
Was beim Untergang von New Orleans vor einem Jahr falsch und was gar nicht berichtet wurde – und was noch gemunkelt wird.

Zurück hinter Mauern (zeit.de)
In Österreich droht eine Medienschlacht um Natascha Kampusch. An den Menschen denkt dabei niemand.

Der intellektuelle Doppelagent (taz.de)
Als Freiberufler muss man ständig abwägen, auf wessen Seite man sich schlägt. Dann gilt es im kulturellen Feld die Eventmanager zu ernüchtern oder den Künstler ein wenig in seinem Sendungsbewusstsein zu bremsen. Eine Anleitung.

Push für den Push (onlinejournalismus.de)
Die Push-Technik RSS bietet potenziell extrem weitreichende Personalisierungsmöglichkeiten für den Nutzer – bei gleichzeitigen Bedeutungsverlust für die redaktionelle Gewichtung. Doch während RSS für Blogger nicht mehr wegzudenken ist, haben die meisten Normalnutzer noch nie davon gehört. Wie schätzen große Online-Redaktionen die Entwicklung ein?

Swisscom lanciert einen Blog (tagesanzeiger.ch)
Firmen können mit Internettagebüchern ihre Bekanntheit erhöhen. Das neue Medium birgt aber auch Gefahren.

Chaos, Geschenke, Gastfreundschaft (manager-magazin.de)
Wer mit Arabern Geschäfte macht, muss viel Zeit mitbringen. Gespräche dauern oft stundenlang. Bisweilen wird über drei Verträge gleichzeitig verhandelt. Wenn die gegensätzlichen Kulturen aufeinandertreffen, sind vor allem zwei Dinge Wichtig: Geduld und Respekt.

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