Zensur, ARD, Bushido

6 vor 9

Um 6 Minuten vor 9 Uhr erscheinen hier montags bis freitags handverlesene Links zu lesenswerten Geschichten aus alten und neuen Medien. Tipps gerne bis 8 Uhr an [email protected].

1. Interview mit Peter Phillips
(ruhrbarone.de, Daniel Drepper)
Peter Phillips, bis vor kurzem Leiter von “Project Censored”, hält “jegliche Einmischung in den freien Informationsfluss” für “moderne Zensur”: “Das kann strukturell sein, eine elektronische Beschränkung oder wenn man freiwillig eine Geschichte nicht schreibt beziehungsweise eine Geschichte, die den wichtigsten Teil der Story auslässt.”

2. “Intertextuelle Illusionen”
(wissenslogs.de, Anatol Stefanowitsch)
Der Plagiatfall “Axolotl Roadkill”: Anatol Stefanowitsch weist nochmals auf die Lobpreisungen der Feuilletons hin und bringt Klarheit in die rund ums Abschreiben verwendeten Begriffe.

3. “Winter-Olympia im TV”
(taz.de, Markus Völker)
Noch bevor die TV-Übertragung der olympischen Spiele überhaupt begonnen hat, weiss die taz schon, was dabei rauskommt: “Heutzutage setzt ein Michael Antwerpes die Standards, nicht die hauseigene Dopingredaktion. Nie war er größer, der Unterschied zwischen anspruchsvollem Sportjournalismus im TV und der traurigen Realität.”

4. “Sparanstrengungen sind längst Realität”
(ard.de)
Die ARD fühlt sich unfair behandelt und beklagt, “dass ein Teil der Presse jeden Anschein eines fairen Umgangs mit dem öffentlich-rechtlichen Rundfunk endgültig aufgegeben hat.” Vorwerfen müsse man sich nichts: “Die ARD ist der Auffassung, dass alle ihre Sendungen wirtschaftlich produziert werden und den Marktpreisen entsprechen. Ein Kostenvergleich mit Politikmagazinen bei Kommerzsendern ist allerdings nicht möglich. Denn solche Formate gibt es dort nicht.”

5. “It’s only Blog’n’Roll”
(yuccatree.de, Jürgen Vielmeier)
Links auf 125 deutschsprachige Blogs, inklusive einer Kurzbeschreibung.

6. “Antwort an den deutschen Rapper Nr. 1!”
(aliceschwarzer.de)
Alice Schwarzer hat keinen Respekt vor Bushido und sagt ihm sehr deutlich, warum.

Hauptsache, es schockt

Nur 20 Medaillen werde das Deutsche Team bei den Olympischen Winterspielen in Vancouver gewinnen, berichtet Bild.de unter Berufung auf den Wirtschaftsprofessor Daniel K. N. Johnson, der seit einigen Jahren mit erstaunlicher Präzision anhand von Faktoren wie Bruttoinlandsprodukt, Bevölkerungszahl, und Klima die Anzahl der gewonnenen Medaillen pro Land voraussagt:

Nur 20 Medaillen für Deutschland - Harvard-Professor: Schock-Prognose für Olympia

Nicht 20, aber immerhin sechs Mal findet sich auf der Seite bei Bild.de das Wort “Harvard”, welches mit erstaunlicher Präzision nicht die Universität bezeichnet, an der Johnson lehrt und seine Vorhersage veröffentlicht hat.

Johnson nämlich ist Wirtschaftsprofessor am Colorado College in Colorado Springs, Colorado, was auch den Mitarbeitern von Bild.de hätte auffallen können, wenn sie auf den Briefkopf der von ihnen so ausführlich zitierten Voraussage (PDF) geschaut hätten.

In Harvard war Johnson ein einziges Semester lang tätig, wie seinem Lebenslauf (PDF) zu entnehmen ist. Aber immerhin hat er dort gemeinsam mit einer Studentin das Vorhersageverfahren entwickelt.

Mit Dank an Tom Z.

Wasserzeichen im All entdeckt

Und hier mal ein bisschen Smalltalk-Wissen für die nächste Cocktailparty: Fotoagenturen wie “Corbis” oder “Getty Images” bieten lizenzpflichtiges Bildmaterial digital und frei einsehbar auf ihrer Homepage an. Um zu verhindern, dass sich dort jeder nach Lust und Laune bedient, haben diese Agenturen verschiedene Schutzmechanismen entwickelt, bei denen ein sichtbares Wasserzeichen noch zu den offensichtlicheren Varianten zählt.

Wie so ein Wasserzeichen aussieht? Ziemlich genau so wie oben links bei dieser eindrucksvollen Grafik auf Bild.de:

corbis. Gefahr aus dem All: Diese Illustration zeigt, wie sich ein Himmelskörper der Erde nähert

Nachtrag, 11. Februar: Entweder wurde es von Außerirdischen entführt oder Bild.de hat das Wasserzeichen jetzt einfach abgeschnitten.

Bild  

Kai Diekmanns “Sorgen” (2)

“Bild”-Chefredakteur Kai Diekmann muss damit leben, dass man über ihn sagt, er habe im Hamburger Bürgerschaftswahlkampf 2004 dafür gesorgt, dass sein Blatt für den CDU-Kandidaten Ole von Beust trommelte. Das hat der Bundesgerichtshof entschieden. Diekmann war bereits in zwei Instanzen mit dem Versuch gescheitert, dem NDR diese Formulierung zu untersagen. Zuletzt hatte er Beschwerde dagegen eingelegt, dass das Hanseatische Oberlandesgericht keine Revision gegen sein Urteil zuließ (BILDblog berichtete). Diese Beschwerde wies der VI. Zivilsenat des BGH jetzt ohne nähere Begründung ab*.

Es ging in dem Rechtsstreit nicht um die Frage, ob “Bild” für Ole von Beust getrommelt hat. Es geht allein darum, ob und wie Diekmann persönlich für die Wahlwerbung durch seine Zeitung “gesorgt” hat. Diekmann und seine Anwälte meinen, dass die Formulierung in einem Beitrag des Medienmagazins “Zapp” vom 13. Februar 2008 nur bedeuten könne, dass Diekmann “konkrete Anweisungen zu einer positiven Berichterstattung über Ole von Beust gegeben haben soll”. Das bestreitet Diekmann aber. Er behauptet auch, in keiner Weise Einfluss auf die Redaktion genommen zu haben, positiv oder negativ über den CDU-Mann zu berichten.

Das Oberlandesgericht hatte das in seinem Urteil für irrelevant gehalten. Die Formulierung, er habe dafür “gesorgt”, bedeute nur, dass Diekmann “im Rahmen seiner Tätigkeit als Chefredakteur die (positive) Berichterstattung gebilligt und ihre Veröffentlichung ermöglicht hat”.

Diekmanns Anwälte widersprachen dieser Interpretation in ihrer Beschwerde und bemängelten noch etwas anderes: Die Unterstellung, ein Chefredakteur “sorge dafür”, dass ein Politiker systematisch im Blatt bevorzugt werde, stelle auch “eine erhebliche Ehrbeeinträchtigung” dar, formulieren sie ohne erkennbare Ironie.

Der BGH aber lehnte ihren Antrag ab, das Urteil der Berufungsinstanz aufzuheben und dem NDR die Formulierung zu untersagen. Der von Diekmann angezettelte Rechtsstreit ist damit nach fast genau zwei Jahren für ihn erfolglos beendet.

*) Der BGH stellte nur fest, dass die Rechtssache weder grundsätzliche Bedeutung habe, noch der Fortbildung des Rechts oder der Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung diene.

A Streetviewcar Named Desire

Das Video geht seit ein paar Tagen um die Welt. Es zeigt, wie eine Gruppe Aktionskünstler in Berlin ein Auto verfolgt, mit dem die Firma Google die Straßen abfährt, um sie für ihr “Streetview”-Angebot zu filmen. Die jungen Leute zücken die eigenen Kameras, rufen “Fuck Google”, zeigen ihre Mittelfinger und lassen, begeistert über die eigene Witzigkeit kichernd, auf offener Straße die Hosen herunter. Angeblich haben die Leute von “Free Art And Technology” (F.A.T.) einen Peilsender an dem Wagen befestigt, um ihn verfolgen und beim Filmen immer wieder stören zu können. So erwischen sie auch den Fahrer, wie er am Steuer ein Bier trinkt. Und zeigen, wie der Beifahrer mal kurz aussteigt, um mitten in der Stadt an einen Baum am Straßenrand zu urinieren.

Richtig: Das ist alles Quatsch. Das Auto ist nicht von Google — im Winter ist der Konzern hierzulande nach eigenen Angaben gar nicht mit seinen “Streetview”-Autos unterwegs, weil Licht- und Wetterverhältnisse zu ungünstig sind. Die ganze Aktion ist ein Fake. Die F.A.T.-Leute wollen damit und mit anderen Projekten nach eigenen Angaben auf die Gefahren hinweisen, die mit der Allgegenwart und Marktmacht des Konzerns verbunden sind, und auf “das Böse”, das “Streetview”-Autos und -Mitarbeitern tun.

Nebenbei beweisen sie noch die Leichtgläubigkeit der Menschen und Medien: Große internationale Blogs und Internetseiten wie “Boing Boing”, “Gizmodo” und die “Huffington Post” sind auf die Aktion hereingefallen. In Deutschland hielten “Netzpolitik”, “Basic Thinking”, “Dnews” und der “Kölner Stadtanzeiger” den Streich für echt.

Und wer mag, kann jetzt philosophieren, ob sich die Aktion wirklich gegen das böse Google richtet — oder gegen die in Deutschland teils bizarre Züge annehmende Ablehnung von Google.

Blome, Islamkritiker, Nachrichtendschungel

6 vor 9

Um 6 Minuten vor 9 Uhr erscheinen hier montags bis freitags handverlesene Links zu lesenswerten Geschichten aus alten und neuen Medien. Tipps gerne bis 8 Uhr an [email protected].

1. “BILD sucht die Exitstrategie”
(spiegelfechter.com, Jens Berger)
Jens Berger liest, was “Bild”-Hauptstadtbüroleiter Nikolaus Blome zum Urteil des Bundesverfassungsgerichts zu Hartz IV schreibt. “Da stellt das Verfassungsgericht fest, dass in der gängigen Hartz IV-Praxis eine Lücke bei den Ausgaben für die Bildung von Kindern aus prekären Verhältnissen besteht, und Leistungsträger Blome verkauft dies in einem ‘Entweder-Oder-Spiel’ als Belastung der Mitte der Gesellschaft.”

2. “Plagiatsfall Hegemann: Das Feuilleton findet Abschreiben ohne Quellenangabe voll OK”
(literaturcafe.de, Wolfgang Tischer)
Wolfgang Tischer kennt “den Automatismus von Verlagsmarketing und Journalisten”: “Der Verlag bedient mit einem autobiografisch anmutenden Roman die Erwartungen der Presse – und beißt eines der großen Magazine oder Zeitungen an, dann wollen sie sie alle.” Dem italienischen “Corriere della Sera” gemäss hat Autorin Hegemann übrigens nicht nur Teile des Romans aus dem Web entnommen, sondern gleich alles: “Il mio libro? Ho copiato tutto dal web”.

3. Interview mit Thierry Chervel
(heise.de/tp, Reinhard Jellen)
Perlentaucher-Mitgründer Thierry Chervel glaubt, dass es “gar nicht so viele Medien gibt, in denen sich die Islamkritiker wirklich äußern können”. Er spricht konkret die “Süddeutsche Zeitung” an. “Sie fährt zwar die härtesten Attacken gegen Islamkritiker, gleichzeitig existiert nicht der Hauch einer Chance der Erwiderung. Im Grunde ein zutiefst undemokratisches Verfahren für ein demokratisches Medium.”

4. “Mexikanische Boulevardzeitungen: Grausame Berichterstattung”
(medienblick-bonn.de, Linda Krummenauer)
Ein Blick auf mexikanische Boulevardzeitungen, die halb verweste Leichen auf der Titelseite abdrucken und Namen und Adressen von Straftätern nennen.

5. “Wem gehört der Sport?”
(jensweinreich.de, René Martens)
Ein langer Beitrag über den Versuch, die Aufnahme und Publikation von Bildern bei Sportveranstaltungen zu kontrollieren. “Jedermann im Stadion kann entfernt zeitungs-, radio- oder fernsehverwandte Kurzbeiträge produzieren, unabhängig davon, in welchem journalistischen Genre er eigentlich tätig ist beziehungsweise ob er überhaupt als Journalist arbeitet.”

6. “Verloren im Nachrichtendschungel”
(plus7.arte.tv, Video, 40 Minuten)
Für 7 Tage online: Ted Anspach besucht und begleitet verschiedene Macher von Online-Medien. Der Film hinterlässt ein Bild vom Internet als ein Ort, an dem kaum seriöse Informationen zu finden sind.

Wenn ein Blick nicht reicht

Fast ein wenig ergriffen berichtet die Internetseite der “Hamburger Morgenpost” heute über den Stürmer Ruud van Nistelrooy, der am Wochenende seinen ersten (Kurz-)Einsatz für den HSV hatte:

Um zu sehen, wie sehr er sich bereits mit dem HSV identifiziert, reicht ebenfalls ein Blick auf seine Homepage. Nach seinem Wechsel nach Hamburg hat er alles umgestalten lassen. Die Farben Schwarz, Weiß und Blau stehen auch dort ab sofort im Vordergrund. www.ruudvnistelrooy.com

Nun wissen wir auch nicht, wie sehr sich Ruud van Nistelrooy bereits mit dem HSV identifiziert. Aber wir wissen, dass es für die Antwort auf diese Frage möglicherweise bessere Quellen gibt als das Layout von ruudvnistelrooy.com.

Am Fuße der Seite heißt es nämlich:

Disclaimer: This site is made by a fan, for the fans. Designs, codings and contents are copyrighted to the respectful owners unless otherwise stated.
Haftungsausschluss: Diese Seite ist von einem Fan für die Fans. Soweit nicht anders angegeben, unterliegen Design, Codierung und Inhalte dem Urheberrecht ihrer respektvollen (!) Besitzer.

Insofern hat van Nistelrooy natürlich auch nicht (wie mopo.de schreibt) “auf seiner Internetseite” “verraten”, dass der dreiminütige Einsatz gegen Köln der kürzeste seiner Karriere gewesen sei — er hat es nach dem Spiel einfach gesagt.

Mit Dank an Christian Sch.

Fehlervergrößerungsoperation geglückt

Seit Tagen berichten “Bild” und Bild.de über den “Machtkampf beim DFB”. Besonders die Person des Teammanagers Oliver Bierhoff hat es den Sportredakteuren angetan: Für den “BamS”-Kolumnisten Günter Netzer ist Bierhoff “verzichtbar”, in der Gegenüberstellung “Liebling und Prügelknabe” kommen vor allem Bierhoffs Kritiker zu Wort und für Mathias Sonnenberg UND Walter M. Straten ist es “unvorstellbar”, dass Bierhoffs Vertrag nach der WM verlängert wird.

Heute Mittag, zwei Stunden vor der Pressekonferenz, auf der der Bierhoff und Bundestrainer Joachim Löw, aber auch der DFB-Vorstand allesamt zerknirscht eigene Fehler eingestanden (was Bild.de etwas irreführend mit “Bierhoff: Es tut mir leid!” zusammenfasst), hatte Bild.de einen neuen Kronzeugen gegen Bierhoff gefunden:

Bayern-Boss im TV. Rummenigge: Bierhoff hat einen Riesenfehler gemacht

Auch Bayern-Boss Karl-Heinz Rummenigge (54) teilt heftig gegen Bierhoff aus.

Rummenigge am Montagabend in der TV-Sendung “Blickpunkt Sport”: “Dass Oliver Bierhoff ein Vetorecht wollte, war ein Riesenfehler von ihm.”

Dass Rummenigge das Vetorecht als “Riesenfehler” bezeichnet hat, kann jeder Interessierte im Mitschnitt des Interviews (ab Minute 8:22) selbst nachsehen. Danach wird man die Meinung von Bild.de, dass Rummenigge “heftig austeile” womöglich nicht mehr teilen.

Vor allem aber wird man auch das sehen und hören, was Rummenigge vorher gesagt hat:

Ich glaube, wenn man populistisch ist, dann könnte man das so sehen, wie das die Boulevardpresse sieht: Dass der Oliver Bierhoff der Buhmann in der ganzen Veranstaltung ist. Aber ich glaube, das wäre zu kurz gesprochen. Ich glaube, der DFB hat ja auch gravierende Fehler gemacht. […]

Den größten Fehler hat man ohne Frage beim DFB selbst gemacht, indem man Internes nach außen durchgereicht hat.

Dass “der größte Fehler” größer ist als ein “Riesenfehler”, müsste selbst Bild.de-Sportredakteuren einleuchten — wenn sie es denn zur Kenntnis nehmen wollten.

Mit Dank an Marga O. und Alex.

Bild  

Brangelinas schwere Trennkost

Es sind besonders rührende Momente, wenn die “Bild”-Zeitung gelegentlich den Eindruck zu erwecken versucht, dass es ihr wichtig sei, ob die Sachen auch stimmen, die sie so druckt.

So schrieb der frühere Popjournalist Alexander von Schönburg, der heute für “Bild” täglich die erste letzte Seite füllt, vor zwei Wochen an die “lieben Leser”:

Die Gerüchte um Brad Pitt und Angelina Jolie ernähren seit Monaten eine ganze Industrie. Bücher, Zeitschriften, Internet-Blogs. Wir haben darauf verzichtet, jedes neue Gerücht zu verbreiten.

Und das stimmt ja auch. “Bild” und “Bild am Sonntag” haben garantiert nicht jedes neue Gerücht verbreitet, vermutlich noch nicht einmal jedes alte. Nur, zum Beispiel, diese:

Sehr verliebt: Angelina Jolie (33) und Brad Pitt (45)
(10. Januar 2009)

Dunkle Wolken über der Beziehung von Brad Pitt und Angelina Jolie. Wie das US-Magazin “Star” berichtet, soll die Schauspielerin ihren Lebensgefährten mit einem Kindermädchen im Bett erwischt haben. Jolie soll daraufhin ausgerastet sein und Pitt geschlagen haben.
(15. März 2009)

Angelina Jolie (33) plant, ein indisches Kind zu adoptieren.
(1. April 2009)

Schauspielerin Angelina Jolie (33) ist bei den Dreharbeiten zu ihrem neuen Film “Salt” zusammengebrochen. (…) Angeblich isst Jolie morgens und abends nichts. Grund dafür soll eine Beziehungskrise mit Brad Pitt (44) sein.
(8. April 2009)

Angelina Jolie (33) soll im dritten Monat schwanger sein (…).
(17. April 2009)

Hat die überschlanke Angelina Jolie (33, hat sechs Kinder, davon drei leibliche) nur eine Erbse zu viel genascht oder ist da gar Nachwuchs unterwegs?
(19. April 2009)

Pfeifen Sie auf die Gerüchte! Brad Pitt (45) und Angelina Jolie (33) haben keine Liebeskrise. Nein, SIE ist nicht schwanger. Hier sehen wir den Fotobeweis – das Paar beim stinknormalen, gemeinsamen Family-Einkauf.
(22. April 2009)

Die Gerüchte verdichten sich: Laut der neuen Ausgabe der US-Zeitschrift “InTouch” haben sich Angelina Jolie (33) und Brad Pitt (45) getrennt. Grund dafür sei Brads angebliche Wiedervereinigung mit seiner Ex-Frau Jennifer Aniston (40). Der Beweis für das erneute Aufflammen der Beziehung: Brad trägt wieder eine Kette, die er von Jennifer vor Jahren geschenkt bekommen hat.
(9. Mai 2009)

BILD: Wollen Sie die Trennungsgerüchte kommentieren?
Er ist ein schöner Mann mit gesunder Haut, aber müden, blauen Augen.
Brad: “Was soll ich sagen? Wir verfolgen das nicht! Wir lesen das nicht! Das hat mit Wahrheit nichts zu tun.”
(23. Mai 2009)

Läuft da wieder was [bei Jennifer Aniston] mit Brad Pitt? Angeblich kriselt es zwischen ihm und Angelina Jolie. Angeblich traf er sich gerade mit Jen in New York. Nun strahlt sie wie frisch verliebt.
(14. Juni 2009)

Ein glückliches Paar sieht anders aus, oder? Bei der “Inglourious Basterds”-Premiere in Hollywood zeigten sich Brad Pitt (45) und Angelina Jolie (34) mal wieder recht uneinig: Sie wollte schon zum roten Teppich stöckeln, er lieber am Auto bleiben. Ihr genervter Blick spricht Bände, er hält sie trotzdem am dürren Ärmchen fest. Die Frage, über die derzeit ganz Amerika tuschelt, ist wohl: Wie lange halten sich die beiden noch gegenseitig fest?
(16. August 2009)

Die sechsfachen Eltern Angelina Jolie (34) und Brad Pitt (45) träumen von zwei weiteren Kindern. Ein Baby möchten sie adoptieren. Eins möchte Jolie selbst austragen.
(17. Oktober 2009)

Angelina Jolie (34) will ein Kind aus Syrien adoptieren. Brad Pitt (45) soll nach Angaben des “OK!Magazin” nicht begeistert sein.
(12. November 2009)

Nach einem Streit mit Brad Pitt (45) soll Angelina Jolie (34) einen Nervenzusammenbruch erlitten haben. Angeblich wiegt die Schauspielerin nur noch 50 Kilogramm.
(13. November 2009)

Angelina Jolie & Brad Pitt: Ist ihre Liebe am Ende? (…) Angeblich nervt Brad an Angelina hauptsächlich ihr krankhafter Kontrollwahn. Selbst die bevorstehende Trennung wird generalstabsmäßig geplant. Sie soll der Öffentlichkeit als “freundschaftlich” verkauft werden.
(30. November 2009)

Ausgerechnet an dem Tag, an dem in Amerika das Enthüllungsbuch “Brangelina — The Untold Story” auf den Markt kam, zeigten sich Brad Pitt (45) und Angelina Jolie (34) demonstrativ zutraulich. In dem Buch wird ihre Beziehung als zerrüttet beschrieben. Und wie reagieren die beiden? Sie wählten das Restaurant “Dolce Vita” in Beverly Hills für ihren Ausflug. Das angesagteste Lokal der Stadt. Mit Paparazzi-Garantie. Eine raffinierte Methode, böse Gerüchte zu dementieren.
(3. Dezember 2009)

Nachdem “Bild” all diese Gerüchte über Angelina und Pitt nicht ignoriert hatte, fand Alexander von Schönburg, dass “Bild” die Gerüchte über Angelina und Pitt nicht länger igorieren könnte, und schrieb also:

Die Gerüchte um Brad Pitt und Angelina Jolie ernähren seit Monaten eine ganze Industrie. Bücher, Zeitschriften, Internet-Blogs. Wir haben darauf verzichtet, jedes neue Gerücht zu verbreiten. Aber jetzt schreibt auch die “Times” darüber. Und langsam glauben auch wir: kein Rauch ohne Feuer.

Das mit der “Times” war der “Bild”-Zeitung ganz doll wichtig. Sie titelte auf Seite 1: “Angelina Jolie & Brad Pitt: Alles aus!” und erwähnte in dem Artikel das Blatt, das sie “die seriöse Londoner ‘Times'” nennt, immer wieder als Quelle:

Die “Times” nennt auch die Trennungsmodalitäten. Pitt und Jolie hätten sich darauf geeinigt, das in den letzten fünf Jahren (die Dauer ihrer Beziehung) verdiente Vermögen zu teilen. Jeder bekommt knapp 40 Millionen Euro. Auch das Sorgerecht der sechs Kinder (drei adoptierte, drei leibliche) soll geteilt werden.

Laut “Times” kam es Anfang Januar nach einem lautstarken Streit in dem New Yorker Restaurant “Alto” zum endgültigen Bruch. Seitdem sind die beiden nicht mehr gemeinsam aufgetreten. (…)

Die “Times” berichtet, Pitt habe versucht, Jolie zu psychiatrischer Behandlung zu überreden. Sie leide seit drei Jahren unter Depressionen. Jolie wiederum hasse es, dass Pitt regelmäßig Marihuana rauche.

Und das alles berichtet die “seriöse ‘Times'”? Ja und Nein. Die “Times” (genauer: die “Sunday Times”) hat nur nacherzählt, was ihr unseriöses Schwesterblatt “News of the World” unter Berufung auf “ungenannte Quellen” geschrieben hat. Für jede einzelne der Behauptungen, die ihr “Bild” zuschreibt, gibt die “Sunday Times” entweder die “News of the World” oder das berüchtigte halbseidene US-Magazin “National Enquirer” als Quelle an.

Ist das nicht süß? Die “Bild” verlässt sich bei wirklich wichtigen Themen wie dem Liebesleben von Angelina Jolie und Brad Pitt nicht mehr auf Boulevardzeitungen, sondern nur noch auf Zeitungen, die sich auf Boulevardzeitungen verlassen.

Die Anwälte von Jolie und Pitt haben jetzt angekündigt, rechtlich gegen die “News of the World” vorzugehen. Deren Bericht, den alle abgeschrieben haben, stelle erstens eine Verletzung ihrer Privatsphäre dar und sei zweitens: falsch.

PS: Wir hier bei BILDblog haben keinen blassen Schimmer, ob Jolie und Pitt in Wahrheit zusammen sind oder nicht und aus welchem Land das nächste Kind stammen wird, das sie adoptieren werden oder nicht, falls Jolie wieder schwanger ist oder nicht. Das ist etwas, das wir mit “Bild” gemein haben.

Frau Polle und der Schnee von gestern

Manche Sachen kommen immer wieder. Heuschnupfen zum Beispiel. Jedes Jahr das gleiche Elend. Und jedes zweite Jahr ist es zum Beispiel bei Birkenpollen-Allergikern besonders schlimm. 2010 wird wohl so ein Jahr.

Wenn also in einem Artikel, der gestern auf sueddeutsche.de erschien, folgende Formulierung steht …

Eines steht jedenfalls fest: Ein Spaziergang dürfte das Jahr 2008 für Pollenallergiker nicht gerade werden.

… dann ist die naheliegende Erklärung, dass sich jemand die Mühe ersparen wollte, den ganzen Rotz noch einmal aufzuschreiben, einen zwei Jahre alten Text einfach unter dem aktuellen Datum noch einmal veröffentlicht hat und dabei vergaß, die Jahreszahl zu ändern.

So einfach ist es aber nicht.

Weite Teile des sueddeutsche.de-Artikels basieren auf einer Meldung, die die Nachrichtenagentur DAPD am vergangenen Freitag verbreitet hat. Die DAPD-Meldung wiederum basiert auf einer Pressemitteilung der Deutschen Gesellschaft für Pneumologie und Beatmungsmedizin, worauf DAPD auch hinweist.

Der Artikel von sueddeutsche.de basiert aber nicht nur auf der DAPD-Meldung: Den Hinweis, dass dieses Jahr ein sogenanntes “Mastjahr” mit besonders starker Birkenpollenbelastung werden könnte, bekommen Leser von sueddeutsche.de als zusätzliche Information. Er stammt offenbar aus einem Artikel aus einem Asthma-Online-Portal, der erklärt, dass ein solches “Mastjahr” alle zwei Jahre auftritt und unter anderem 2004 und 2006 stattfand und für 2008 erwartet wurde — der Artikel ist nämlich schon zwei Jahre alt (und basiert zum Teil auf dieser Nachricht von journalmed.de, der wiederum basiert auf … Ach, egal).

Jedenfalls kommt in diesem Artikel auf dem Asthma-Online-Portal auch folgender Satz vor:

Eines steht jedenfalls fest: Ein Spaziergang dürfte das Jahr 2008 für Pollenallergiker nicht gerade werden.

Und der fand dann (mit zwei weiteren Sätzen) wörtlich Einzug in den Artikel auf sueddeutsche.de. Der deshalb jetzt aussieht, als sei er schon zwei Jahre alt. (Einen entsprechenden Leserhinweis in einem Kommentar unter dem Artikel hat die Redaktion, wie es üblich ist, ignoriert.)

Manche Menschen mögen dieses Produktionsverfahren “Flickenteppich” oder “Kraut und Rüben” nennen, andere sprechen vielleicht von einem “Mashup”. Wir würden einen anderen Begriff für diese Textform empfehlen: “Onlinejournalismus”.

Mit Dank an Urs Sch. und Annika K.

Nachtrag, 19.50 Uhr: sueddeutsche.de hat aus der “2008” eine “2010” gemacht.

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