Medizinmythen, Raffelhüschen, Lkw-Fahrer

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Um 6 Minuten vor 9 Uhr erscheinen hier montags bis freitags handverlesene Links zu lesenswerten Geschichten aus alten und neuen Medien. Tipps gerne bis 8 Uhr an [email protected].

1. “Medizinmythen”
(zeit.de, Harro Albrecht)
“Früher verbreiteten sich Wissenschaftsmythen in Salons, Vereinen und per mündlicher Überlieferung – und verschwanden bald wieder.” Doch heute sind sie fast nicht totzukriegen – in den Medien und im Internet werden sie immer wieder von Neuem aufgegriffen.

2. “Der Unbelehrbare”
(oeffingerfreidenker.blogspot.com, Stefan Sasse)
Stefan Sasse stellt sich den “Sieben bitteren Wahrheiten über Hartz IV” von Professor Bernd Raffelhüschen in “Bild” entgegen und nennt ihn einen Brandstifter und Pharisäer: “Er ist selbst Bezieher staatlicher Leistungen, eines der höchsten Beamtengehälter der BRD nämlich, und genießt dazu Unkündbarkeit. Dass solche Menschen aus ihrem Elfenbeinturm heraus glauben, anderen niedrige Löhne und eine Abschaffung des Kündigungsschutzes verordnen zu müssen ist wahrhaftig widerlich.”

3. “Geschriebener Unsinn”
(truckonline.de)
Ostsee-zeitung.de ändert nach der Intervention eines Lesers eine Schlagzeile und macht aus dem Wort “Lkw-Maut-Preller” das Wort “Lkw-Fahrer”. Das Statement dazu aus der Redaktion: “Diese Meldung kam von dpa und wurde von uns so übernommen. Wir können nicht jede einzelne Meldung überprüfen, zumahl der Online – Bereich kaum Gewinn abwirft!”.

4. “Kempowski statt Hegemann”
(tagesspiegel.de, Harald Martenstein)
“Was ich wirklich peinlich finde: Die wachsende Hysterie der Kulturbeobachter, die inflationär vorhandene Bereitschaft, an jeder Straßenecke ein Meisterwerk wahrzunehmen, dieser von sich selbst berauschte, sich selbst schon im Moment des Aussprechens dementierende Jubelton, der, weil er so unrealistisch ist, jederzeit in sein Gegenteil kippen kann.”

5. “NYT Reveals Repeated Acts Of Plagiarism By Business Reporter Zachery Kouwe”
(nytpick.com, englisch)
Die “New York Times” schreibt in einer “Editors’ Note” über ihren Reporter Zachery Kouwe: “In a number of business articles in The Times over the past year, and in posts on the DealBook blog on NYTimes.com, a Times reporter appears to have improperly appropriated wording and passages published by other news organizations.”

6. “Potenziell vorsichtig, potenziell zuversichtlich”
(falk-lueke.de)
Falk Lüke fragt sich, warum in Deutschland so viele, er inklusive, die Risiken jeder potenziellen Chance “bis zum Ende der Vorstellungskraft abwägen wollen”.

Ihr Name ist Schweiz. James Schweiz.

Vielleicht haben wir Bild.de gerade ein bisschen Unrecht getan — das Geographieversagen des Tages kommt jedenfalls (bisher) zweifelsohne von Abendblatt.de:

CESSNA IN SCHWEIZ ABGESTÜRZT: Nach dem Absturz eines Kleinflugzeugs über der Sächsischen Schweiz haben Einsatzkräfte der Polizei menschliche Überreste und Ausweispapiere gefunden.

Bei Abendblatt.de wäre die Lawine vermutlich am Niederrhein abgegangen …

Mit Dank an Daniel B. und Michael D.

Nachtrag, 16. Februar: Nachdem man bei Abendblatt.de festgestellt hat, dass die Sächsische Schweiz nicht die Schweiz ist, lautet die Überschrift jetzt “Cessna-Absturz in Sachsen”.

Berge versetzen (2)

Die Sendung “Familienduell” läuft schon länger nicht mehr im Fernsehen, aber das Spielkonzept scheint sich auf den Fluren der Bild.de-Redaktion noch großer Beliebtheit zu erfreuen: Wenn Ereignisse räumlich eingeordnet werden müssen, werden einfach 100 Mitarbeiter gefragt und die Top-Antwort kommt dann online.

Wenn Bild.de über eine amerikanische Hochschule schreibt, heißt es also: “Nennen Sie eine amerikanische Hochschule!” Dann sagen ganz viele Leute “Harvard” und – zack! – ist es Harvard.

Heute lautete die Frage in der Kantine offenbar: “Nennen Sie ein italienisches Ski-Gebiet!” Top-Antwort: “Alpen”.

Alles klar:

IN DEN ITALIENISCHEN ALPEN: Schnee-Lawine überrollt Snowboarder

Bei diesen Bildern bleibt einem das Herz stehen! Drei Snowboarder fahren einen Alpen-Hang hinunter.

Aber da kann auch der Sprecher im Video vom “Horrorvideo aus den italienischen Alpen” faseln: Der Monte Cimone, an dem das Video entstand, gehört zum Apennin.

Das steht im Übrigen auch in der Skigebiet-Info, die Bild.de selbst zwei Mal verlinkt, und im Artikel der “Daily Mail”, auf die sich Bild.de beruft.

Mit Dank an den Hinweisgeber.

Das letzte Mysterium um WTC 7

Hefte raus, Klassenarbeit!

Lesen Sie die folgenden einleitenden Absätze des “Spiegel Online”-Artikels “Warum der dritte Turm des World Trade Centers fiel” aufmerksam und beantworten Sie anschließend die unten stehenden Fragen:

Seit mehr als zwei Jahren arbeitet das National Institute of Standards and Technology (NIST) an der Klärung der Frage, warum Turm Sieben des World Trade Centers am 11. September 2001 um 17.21 Uhr Ortszeit zusammengebrochen ist. Das 47-stöckige Gebäude war im Gegensatz zu den zuvor eingestürzten Zwillingstürmen nicht von einem Flugzeug getroffen worden.

Ende dieses Monats werden die Ermittler des NIST den seit langem erwarteten Bericht laut BBC voraussichtlich vorstellen – und vermutlich mitteilen, dass normale Feuer in mehreren Etagen den Zusammensturz des dritten Turmes verursacht haben. Damit wäre es weltweit das bisher einzige Hochhaus aus Stahl, das infolge eines Brandes eingestürzt ist.

1. Seit wann arbeitet das NIST an dem Fall?
2. Wann wird der Ermittlungsbericht vermutlich vorgestellt werden?

Schreiben Sie Ihre Antworten bitte auf ein Blatt Papier und werfen Sie dieses anschließend in den Papierkorb — Sie sind nämlich alle durchgefallen!

Aus Gründen, die vermutlich nur in mehr als zweijähriger Ermittlungsarbeit ans Tageslicht zu zerren sind, hat “Spiegel Online” nämlich heute einen Artikel veröffentlicht, der sich auf einen mehr als anderthalb Jahre alten BBC-Bericht beruft — die Formulierungen “diesen Monat”, “mehr als zwei Jahre” und die Zitate des leitenden Ermittlers Shyam Sunder finden sich jedenfalls alle bei der BBC und beziehen sich auf den Juli 2008. Veröffentlicht wurde der Abschlussbericht des NIST dann übrigens erst im November 2008.

Dass da etwas nicht stimmte, muss auch “Spiegel Online” aufgefallen sein. Am Nachmittag fand sich am Ende des Artikels plötzlich diese Anmerkung:

Anm. d. Red.: Aufgrund eines redaktionellen Fehlers ist der Artikel “Warum der dritte Turm des World Trade Centers fiel” an diesem Montag veröffentlicht worden. Dabei entstand der Eindruck, es handele sich um eine aktuelle Nachricht. In Wirklichkeit stammt die zu Grunde liegende Meldung der BBC jedoch aus dem Jahr 2008. Wir bitten das Versehen zu entschuldigen!

Das warf vermutlich die Frage auf, warum denn eine anderthalb Jahre alte Meldung unter dem heutigen Datum online stehen müsse — und so hat “Spiegel Online” den Artikel kurze Zeit später komplett gelöscht und durch einen Hinweis in eigener Sache ersetzt.

Das ist doch mal ein souveräner und transparenter Umgang mit eigenen Fehlern!

Mit Dank an Tobias R.

Nachtrag, 16. Februar: Rüdiger Ditz, Chefredakteur von “Spiegel Online” erklärte uns auf Anfrage:

Dieser peinliche Fehler ist passiert, weil die Geschichte in der Sektion Most Popular Stories Now [auf news.bbc.co.uk] unter den Top 5 verlinkt war.

Den gleichen Denkfehler hatte offensichtlich auch die französische Website slate.fr begangen (und in der Zwischenzeit korrigiert) — auf die sich dann wiederum Yahoo! News berief.

dpa, Nordwest-Zeitung, SZ-Magazin

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1. “Wozu noch Journalismus?”
(stefan-niggemeier.de)
Stefan Niggemeier schreibt über den Zustand des Online-Journalismus in Deutschland. Im Gegensatz zum Text auf sueddeutsche.de ungestückelt und inklusive dem ersten Satz. “Eigentlich müssten La-Ola-Wellen von Journalisten durch das Land schwappen, vor lauter Begeisterung darüber, wie das Internet ihre Arbeit erleichtert und verbessert und ihre Möglichkeiten potenziert hat. Das Gegenteil ist der Fall.”

2. “Bericht über Bundeswehr mit erfundenen Zitaten”
(meedia.de, Daniel Bouhs)
Die dpa trennt sich von einem langjährigen Mitarbeiter, weil dieser zitierte, was niemand je äusserte. “Die Zitate stammten ‘aus Internet-Foren oder waren frei erfunden’.”

3. “In 11 Schritten zum Meinungsmonopol”
(taz.de, Felix Zimmermann)
Felix Zimmermann notiert elf Punkte zum Lokaljournalismus der “Nordwest-Zeitung” in Oldenburg. Punkt 8: “Ignorieren Sie das Internet, Ihre Leser sind eh zu alt dafür. Die NWZ macht’s vor: Zwei Leute stellen die Lokalausgaben ins Netz und bauen Bilderstrecken, zum Beispiel von Autounfällen – das war’s. Setzen Sie auch keine Links, sonst wechseln Ihre Leser ja die Seite!”

4. “Darauf einen Edelobstgeist – das SZ-Magazin”
(blog.dummy-magazin.de, Oliver Gehrs)
“Dummy”-Chef Oliver Gehrs beleuchtet den aktuellen Zustand des Magazins der “Süddeutschen Zeitung”. In den Kommentaren meldet sich Jan Heidtmann zu Wort, der stellvertretende Chefredakteur des Magazins.

5. “Mit Schirrmacher ins Keta-Loch”
(floriansiepert.com)
Florian Siepert schlägt nach dem Plagiatsfall “Axolotl Roadkill” einen vierwöchigen “Zwangsberlinaufenthalt mit allen Schikanen für sämtliche Feuilletonredakteure und Lektoren” vor.

6. “Save the Newspaper!”
(youtube.com, Video, 2:20 Minuten, englisch)
Jesse Brown mit einem leidenschaftlichen Appell zur Rettung der Zeitungen.

Wie sich alle mit Hartz IV verrechnen

Der schmale Grat zwischen Arbeit und Hartz IVAm 6. Februar veröffentlichte die “Frankfurter Allgemeine Zeitung” unter der Überschrift “Der schmale Grat zwischen Arbeit und Hartz IV” einen mehr als halbseitigen Bericht über Berufe im Niedriglohnbereich. Unter Berufung auf Berechnungen des Karl-Bräuer-Instituts behauptet der Autor Sven Astheimer, dass das sogenannte “Lohnabstandsgebot” in mehreren Wirtschaftszweigen nicht eingehalten wird. Das Gehalt, das in bestimmten Branchen gezahlt wird, liege zum Teil noch unter dem Hartz-IV-Anspruch des jeweiligen Arbeitnehmers.

Die “FAZ” schreibt:

Besonders gefährdet sind Geringverdiener, vor allem, wenn von dem Lohn mehrere Familienmitglieder ernährt werden müssen.

Und tatsächlich: Studiert man die beigefügten Charts mit den Ergebnissen der Studie, so erfährt man, dass in einigen Extremfällen der Nettolohn eines Geringverdieners nur knapp über oder sogar unter dem jeweiligen Hartz-IV-Anspruch liegt.

Oder, wie es die “FAZ” formuliert:

In einigen Branchen sind die finanziellen Anreize zur Arbeitsaufgabe besonders stark: in der Zeitarbeit, dem Gastgewerbe, dem Wach- und Sicherheitsgewerbe und dem Garten- und Landschaftsbau.

Das Gehalt eines Zeitarbeiters an der unteren Lohngrenze mit Frau und zwei Kindern etwa liegt dieser Berechnung zufolge 278 Euro unter seinem Hartz-IV-Anspruch von 1.653 Euro. Wenigstens, so die “FAZ” weiter, “haben die Betroffenen einen Anspruch darauf, sich die Differenz ‘aufstocken’ zu lassen”.

Hart arbeitende Bürger haben also letztlich nur genausoviel in der Tasche wie Hartz-IV-Empfänger? Das klingt in der Tat zutiefst unsozial. Was die “FAZ” jedoch völlig unterschlägt, ist die Tatsache, dass Aufstocker durch Freibeträge als Anreiz für Erwerbstätigkeit auf einen deutlich höheren Betrag kommen.

Wir haben testweise den oben genannten Extremfall aus der “FAZ” in den Einkommensrechner des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales eingegeben und sind auf Freibeträge von 286,20 Euro gekommen (unter Einbeziehung eines 50-Euro-ÖPNV-Tickets zum Pendeln). Diese Freibeträge, die sich je nach Einkommen zwischen 240 und 350 Euro bewegen, erhalten Niedriglöhner noch zusätzlich zu ihrem auf Hartz-IV-Niveau aufgestockten Gehalt.

Auf Anfrage bestätigte uns dies auch die Bundesagentur für Arbeit:

Bevor Einkommen angerechnet wird, sind die Freibeträge abzusetzen. In Höhe dieser Freibeträge liegt somit der “Vorteil” des Erwerbstätigen. In dem Beispiel hat der Zeitarbeiter somit tatsächlich ein um 286,20 € höheres Haushaltseinkommen als die Familie, die nur Alg II bezieht. (…) Ihre Berechnung ist korrekt, die der FAZ nicht.

Auch das Karl-Bräuer-Institut distanziert sich auf Anfrage unsererseits von den Ergebnissen der “FAZ”. Das Institut habe keine Vergleichsstudie angefertigt, sondern lediglich die Brutto- und Nettolöhne ausgesuchter Branchen im Niedriglohnsektor berechnet. Den Vergleich mit Hartz-IV-Empfängern und insbesondere die Unterschlagung der Freibeträge hat demnach allein die “FAZ” zu verantworten.

Wir halten also fest: Die “FAZ” prangert einen Missstand an, den es so gar nicht gibt, und steuert dadurch die ohnehin schon hysterische Debatte, ob gewollt oder ungewollt, in eine nachweislich falsche Richtung. Und was machen andere Medien? Sie verbreiten die Mär vom fehlenden Lohnabstand völlig unreflektiert weiter:

Neue Hartz-IV-Sätze - In diesen Branchen lohnt sich Arbeit nicht mehr!
“Bild”

Diese Jobs bringen weniger Geld als Hartz IV
(“Welt Online”)

Studie: Diese Jobs bringen weniger als Hartz IV
(“Münchner Merkur”)

Studie: Diese Jobs bringen weniger Geld als Hartz IV
(“Hamburger Abendblatt”)

Einkommen auf Hartz-IV-Niveau: Arbeiten für ein Almosen
(“Spiegel Online”)

Selbst Finanzexperte Historiker Außenminister Guido Westerwelle plappert die Zahlen der “FAZ” nach, wie man in einem Gastbeitrag auf welt.de nachlesen kann:

Wer kellnert, verheiratet ist und zwei Kinder hat, bekommt im Schnitt 109 Euro weniger im Monat, als wenn er oder sie Hartz IV bezöge. Diese Leichtfertigkeit im Umgang mit dem Leistungsgedanken besorgt mich zutiefst.

Diese Leichtfertigkeit im Umgang mit Fakten besorgt uns zutiefst.

Mit Dank an Sven H.

Airen, NWZonline, Gagasein

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Um 6 Minuten vor 9 Uhr erscheinen hier montags bis freitags handverlesene Links zu lesenswerten Geschichten aus alten und neuen Medien. Tipps gerne bis 8 Uhr an [email protected].

1. Interview mit Airen
(faz.net, Tobias Rüther)
Nochmals zum in den Feuilletons gefeierten Plagiatsfall Axolotl Roadkill. Im Anschluss auf ein langes Gespräch mit dem Blogger Airen findet sich eine ebenso lange Liste von “Parallelstellen, die sich aus einem Abgleich der Bücher ‘Strobo’ und ‘Axolotl Roadkill’ sowie des Blogs mit Hegemanns Buch ergeben (Warnung: Die Zitate sind teilweise sexuell sehr explizit und könnten die Gefühle der Leser verletzen)”.

2. “Von Visits, PageImpressions, NWZ und fremden Federn”
(medienfloh.de, Florian Schuster)
Florian Schuster präsentiert eine Liste von URLs, die NWZonline, der Internetauftritt der “Nordwest-Zeitung”, der IVW auf einer Local-Liste meldet – Klicks, die so mit in die Zählung der Visits und Page Impressions einfliessen. Auf der Liste finden sich unter anderem Websites wie studivz.net/oldenburg oder partner.hanseatreisen.de/nwz.

3. “Zeitungen feiern den 10jährigen Geburtstag der Verbraucherinsolvenz”
(finblog.de, Andreas Kunze)
Die Presseagentur dpa feiert zehn Jahre Verbraucherinsolvenz und die Online-Portale feiern mit. Nur: Die Insolvenzordnung trat am 1.1.1999 in Kraft – und ist also schon über 11 Jahre alt.

4. “Im Glashaus und so …”
(nachgetragen.wordpress.com)
Das Magazin der “Süddeutschen Zeitung” zeichnet in einer “Anleitung zum Gagasein” die Sängerin Lady Gaga mit einer Roten Schleife und folgert: “Lady Gaga ist eine Schwulenikone”.

5. “DFB-Kicker ganz bei Trost”
(n-tv.de, Christoph Wolf)
Christoph Wolf beobachtet den Umgang von Fußball-Nationalspielern mit “Bild”.

6. “Auslese-Gewinner 2009”
(wissenschafts-cafe.net, Lars und Marc)
“Die besten wissenschaftlichen Blogposts des Jahres.”

Bild  

Hardcore-Softdrinks

Es gibt Überschriften, bei denen einen gleich das Gefühl beschleicht, dass da irgendwas merkwürdig sein könnte:

Studie: Softdrinks erhöhen Krebs-Risiko um 87%

Was es diesmal ist, hat Marcus Anhäuser bei Plazeboalarm aufgeschrieben.

AFP  

Weißer Hai bleibt auf dem Teppich

In Sydney ist ein Surfer im flachen Wasser von einem Hai angegriffen worden, so viel ist klar. Was genau das für ein Hai war, war zunächst nicht ganz klar, Opfer und Medien gingen aber mal vorsorglich vom berühmt-berüchtigten Weißen Hai aus.

Heute Morgen, um 7.01 Uhr unserer Zeit berichtete der “Sydney Morning Herald” auf seiner Internetseite:

Der Hai, der Paul Welsh heute Morgen an den Nordstränden Sydneys gebissen hat, ist anhand eines Zahnfragments als 1,6 Meter langer Teppichhai identifiziert worden.

Das Exemplar dieser normalerweise sanftmütigen Hai-Art, ein Bodenbewohner, dürfte durch die schmerzhafte Begegnung genauso traumatisiert sein.

[Übersetzung von uns]

Auch andere australische Medien berichteten zu dieser Zeit über den deutlich geschrumpften Angreifer.

Mehr als fünf Stunden später, um 12.17 Uhr tickerte AFP (nachzulesen etwa bei “Spiegel Online” und “RP Online”):

Laut [Augenzeuge Michael] Brown handelte es sich bei dem Angreifer vermutlich um einen Weißen Hai, den größten Raubfisch der Welt. Er selbst arbeitet bei der Hai-Überwachung in der Region mit und sah nach eigenen Angaben in den vergangenen Monaten mehrmals Weiße Haie vom Flugzeug aus. Diese können bis zu sechs Meter lang und mehr als zweitausend Kilogramm schwer werden.

Der “Sydney Morning Herald” hingegen zitiert den Leiter der westaustralischen Hai-Angriff-Kartei mit den Worten:

Wenn es einen Hai-Angriff gibt, ist es immer erst mal ein Weißer Hai. Die Angst vor Haien ist erstaunlich.

Der Mann weiß offenbar, wovon er spricht.

Mit Dank an Holger.

Bild  

Rammsteinalte Geheimnisse

In ihrer Dresdner Regionalausgabe schreibt “Bild” heute:

VOR DEN KONZERTEN IN DRESDEN: 10 Geheimnisse über RAMMSTEIN

Heute und morgen stehen die Hard-Rocker von Rammstein in der Messe Dresden vor je 10 000 Gästen auf der Bühne. BILD verrät zehn Geheimnisse, die sie über die Band noch nicht wussten:

Aus Platzgründen war leider kein Platz mehr für einen weiteren Halbsatz, den wir an dieser Stelle aber gerne nachreichen:

BILD verrät zehn Geheimnisse, die sie über die Band noch nicht wussten, wenn sie auch sonst noch nie etwas von ihr gehört haben:

In welchen Bands die Mitglieder zuvor gespielt haben, welchem Genre ihre Musik “offiziell” (vom Ministerium für Schubladendenken) zugerechnet wird und dass Sänger Till Lindemann eine Pyrotechniker-Lizenz hat, dürfte jedem Menschen bekannt sein, der sich ein bisschen intensiver für das Thema interessiert — oder mal einen Blick in die Wikipedia-Artikel über Rammstein und Lindemann geworfen hat.

Wirklich geheimnisvoll ist dagegen, wie “Bild” zu dieser Behauptung kommt:

1999 wurden Kruspe und Lindemann in den USA verhaftet, weil sie bei dem Titel “Bück dich” unzüchtige Bewegungen auf der Bühne machten. 100 Dollar Strafe, 6 Jahre auf Bewährung.

Zum einen betrug die Bewährungszeit sechs Monate, zum anderen war es nicht Gitarrist Richard Kruspe, der mit Lindemann verhaftet wurde, sondern Keyboarder Christian “Flake” Lorenz, wie die Band selbst in einem Interview erzählte.

Das zehnte “Geheimnis” könnte natürlich für Fans ohne Karte interessant sein …

Obwohl die Tickets für die Konzerte in Dresden innerhalb weniger Tage ausverkauft waren, gibt es nun durch die Freigabe von Produktionssperrungen noch Karten (71,25 Euro) auf www.rammstein.de. Die Tickets gelten vor und nach dem Konzert als DVB-Fahrschein.

… aber die haben es vermutlich schon vor einer Woche auf der offiziellen Website der Band gelesen.

Mit Dank an Maik H. und Stefan W.

Nachtrag, 15.13 Uhr: Leser Willi weist uns darauf hin, dass “Bild” einen weiteren Fehler gemacht (bzw. aus der Wikipedia übernommen) hat: Keines der Rammstein-Mitglieder hat je bei Das Auge Gottes gespielt, wie man auf der Website der Band nachlesen kann. Gitarrist Richard Kruspe war kurzzeitig bei der Formation namens Elegantes Chaos dabei, von der dann ein anderes Bandmitglied zu Das Auge Gottes gegangen ist.

Außerdem hat Bild.de exakt die Hälfte der Fehler im Absatz über die amerikanische Verhaftung korrigiert:

1999 wurden Kruspe und Lindemann in den USA verhaftet, weil sie bei dem Titel "Bück dich" unzüchtige Bewegungen auf der Bühne machten. 100 Dollar Strafe, 6 Monate auf Bewährung.

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