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Günther Jauch und der Kampf gegen die Klatsch-Windmühlen

Wenn sich Prominente mit der Klatschpresse zoffen und dann solche Gegendarstellungen erwirken …

…, dann wirkt das oft albern, fast ein bisschen lächerlich. Aber wenn man sich die juristischen Scharmützel hinter den Kulissen mal genauer anschaut, wird schnell klar, dass solche Auseinandersetzungen für die Beteiligten vor allem eins sind: bitterer Ernst. Für die einen geht’s um ein knallhartes, rentables Geschäft, für die anderen um die Verteidigung ihrer informationellen Selbstbestimmung.

Günther Jauch ist da ein gutes Beispiel. Dazu muss man zunächst wissen, dass Jauch eines der beliebtesten Opfer der Klatschpresse ist: Alles, was er sagt (oder irgendwann mal gesagt hat), und alles, was andere über ihn sagen (oder mal gesagt haben), und auch alles andere, was sich mit viel Fantasie und wenig Skrupel irgendwie mit ihm in Verbindung bringen lässt, wird von den bunten Blättern gnadenlos zu Geschichten verwurstet.

Wenn irgendwo in Potsdam mehrere Frauen von einem Unbekannten belästigt wurden, dann heißt es:

(Weil sie in Potsdam wohnt.)

Wenn Günther Jauch im Fernsehen erzählt, dass er früher mal die Schauspielerin Karin Dor toll fand, dann heißt es:

Wenn ein (fiktiver!) Roman erscheint, in dem der Protagonist plant, Günther Jauch zu entführen, dann heißt es:

Und wenn ein Freund von Günther Jauch stirbt, dann heißt es:

Jauch lässt sich diese Attacken aber nicht einfach gefallen, sondern geht konsequent dagegen vor.

Das wissen auch die Redaktionen, darum sind viele der Artikel schon extra so formuliert, dass sie juristisch kaum angreifbar sind; glattgebügelt von den Rechtsabteilungen der Verlage. Denn wenn Familie Jauch und ihre Anwälte etwas finden, gegen das sie sich wehren können, dann tun sie das, und zwar rigoros.

Wenn ein Blatt fälschlicherweise behauptet, Jauch habe schon als Kind auf dem Weinberg seiner Großeltern gespielt, dann geht er dagegen vor. Wenn ein Blatt fälschlicherweise behauptet, Jauchs Ehefrau sei Diplom-Psychologin, dann geht sie dagegen vor. Wenn ein Blatt fälschlicherweise behauptet, Jauch habe von der “FAZ” ein Werbe-Honorar bekommen, dann geht er dagegen vor.

Auf die Frage, warum er sich so hartnäckig gegen die Berichte wehrt, sagt er:

Aus zwei Gründen. Erstens hat jeder Mensch eine Privatsphäre und ein Recht darauf, dass die geachtet wird. Das möchte ich, im Rahmen des juristisch Möglichen, auch für meine Familie und für mich in Anspruch nehmen. Und zweitens ärgert es mich, dass dort ununterbrochen Menschen getäuscht werden. Denen wird in der Schlagzeile etwas versprochen, das, wenn man es dann im Inneren nachliest, überhaupt nicht gehalten wird. Zu dem Zeitpunkt hat die Oma dann aber schon 1,50 Euro oder noch mehr ausgegeben. Ich werde also benutzt, um Leute reinzulegen und gleichzeitig das Vermögen von denjenigen, die diesen Dreck produzieren, noch zu vermehren — und da habe ich mir irgendwann mal gesagt: Ne! Dazu trägst du nicht auch noch bei, indem du dich nicht wehrst.

Manchmal müssen die Blätter die Gegendarstellungen der Promis sogar auf dem Cover abdrucken — die von den Guttenbergs zum Beispiel oder diese oder diese. Oder diese:

Auch die Gegendarstellung zum vermeintlichen “Entführungs-Drama” erschien, nachdem sich Jauch erfolgreich gegen die Schlagzeile gewehrt hatte, auf dem Titelblatt (für eine größere Version bitte draufklicken):

Das war im März. Interessanterweise ist die Gegendarstellung vor zwei Wochen ein zweites Mal erschienen. Das Oberlandesgericht Karlsruhe hatte das Blatt zum erneuten Abdruck verdonnert, weil die erste Gegendarstellung zu klein war.

Gegendarstellungen sollen nämlich, so schreiben es die Gerichte vor, die Aufmerksamkeit des Lesers in gleicher Weise wecken wie die ursprüngliche Berichterstattung. Darum müssen sie im gleichen Teil der Zeitschrift abgedruckt werden und in Aufmachung, Schriftbild usw. gleichwertig sein.

In diesem Fall hatte das Landgericht Baden-Baden angeordnet, dass die Gegendarstellung genauso groß sein müsse wie die ursprüngliche Schlagzeile “Günther Jauch – Entführungs-Drama”. Die Redaktion packte aber den sogenannten “Redaktionsschwanz” (“Herr Jauch hat recht …”) mit in den Gegendarstellungs-Kasten, dadurch wurde die Schrift insgesamt kleiner.

Jauch ging dagegen vor, das Blatt wehrte sich, Jauch bekam recht. Also erschien die Gegendarstellung erneut, diesmal ohne den Redaktionsschwanz:

Das ist alles so bekloppt, da passt es natürlich, dass die Unterlagen zu dem Fall (PDF) über weite Teile klingen wie das Drehbuch zu einem schlechten Gerichtssketch:

Im Anschluss daran trägt der Gläubiger nunmehr vor, bei Bemessung der Originalgröße (ohne Verkleinerung) und unter Zugrundelegung der Flächenberechnungsmethode des Oberlandesgerichts Karlsruhe (14. Senat) weise die Erstmitteilung eine Fläche von 47,94 cm² und die Gegendarstellung eine Fläche von 27,83 cm² (mit Richtigstellung 36,40 cm²) auf (Anl. Ast. 10). Bei einer Flächenberechnung nach einem Rechteck exakt um die Textstelle weise die Ausgangsmitteilung eine Fläche von 68,4 cm² und die Gegendarstellung 40,58 cm² auf. Die Schuldnerin führt nach dem Hinweis des Senats vom 21.07.2014 zuletzt aus, die Fläche der Gegendarstellung betrage ohne Einrechnung der Leerflächen und der Richtigstellung nach der Nettoberechnungsmethode 2683,161 mm², die der Erstmitteilung 4831,0528 mm². Dabei seien jeweils die Zwischenräume ober- bzw. unterhalb der Buchstaben …

Manchmal wird es aber noch abstruser. Die “Closer” zum Beispiel musste jüngst eine Gegendarstellung von Jauch dreimal (!) hintereinander drucken, weil die Redaktion es nicht hinbekommen hatte (oder nicht hinbekommen wollte), sich an die Vorgaben des Gerichts zu halten.

Kurz vorab, falls Sie die Inhalte und Methoden der “Closer” nicht kennen: Sagt Ihnen der “Nacktfoto-Skandal” um Herzogin Kate noch was? Damals hatte ein Paparazzo die Frau von Prinz William aus großer Entfernung fotografiert, wie sie (halb-)nackt auf einem Privatgrundstück in der Sonne lag. Mit genau solchen Dingen verdient die “Closer” ihr Geld. Die Fotos wurden zwar vom französischen Schwesterblatt gedruckt, aber auch die deutsche Ausgabe, die im Bauer-Verlag erscheint, ist ein Rumpelblatt sondergleichen.

Sie ist im Grunde eine schlimme Mischung aus Regenbogenblatt und Boulevardzeitung. Medienanwalt Christian Schertz, der auch Günther Jauch vertritt, bezeichnet sie als “das aggressivste Printobjekt, was Verletzungen von Persönlichkeitsrechten angeht”. Die “Closer” zeigt Paparazzi-Fotos, die selbst “Bild” oder “die aktuelle” nicht drucken würden, und verletzt, so Schertz, “nahezu wöchentlich Persönlichkeitsrechte meiner Mandanten”. Aktuell schlachtet das Blatt die privaten SMS von Cora und Ralf Schumacher aus (was für “Bild” und andere Medien wiederum ganz praktisch ist, weil sie daraus dann eigene Titelgeschichten basteln können, ohne sich selbst die Finger schmutzig zu machen).

Anfang des Jahres berichtete die “Closer” in ihrer ulkigen Rubrik “Leute heute … und gestern” folgendermaßen über Günther Jauch:

Das linke Foto zeigt ihn allerdings nicht beim Radio, sondern bei der Moderation einer ZDF-Sendung. Jauch wehrte sich gegen die falsche Behauptung und erwirkte eine Gegendarstellung, die die “Closer” ein paar Wochen später abdrucken musste. Allerdings hat sich das Blatt dabei diesen kleinen Spaß erlaubt:

Jauchs Anwälte gingen auch dagegen vor, und das Landgericht Hamburg folgte ihrem Antrag.

Die Richter kritisierten zum Einen die Linien im Hintergrund (weil sie vom Text ablenken und die Lesbarkeit erschweren würden), vor allem aber natürlich den “Hinweis”, der eine “unzulässige Glossierung” darstelle:

Sie entwertet die Gegendarstellung, indem sie den Antragsteller in einem Aufzug zeigt, der jedenfalls zum Schmunzeln einlädt.

Dem Leser erscheine durch diese Darstellung der Gegendarstellungsanspruch von Jauch “als übertrieben bzw. sogar als lächerlich”.

Also erschien die Gegendarstellung ein paar Ausgaben später erneut — und zwar so:

Die Linien sind weg, der Hinweis nicht. Nur das Foto ist kleiner, die Überschrift nicht mehr kursiv und der Text ein bisschen umformuliert. Jauchs Anwälte gingen erneut dagegen vor, und das Landgericht Hamburg folgte ihnen auch diesmal:

Der neben der Gegendarstellung abgedruckte Hinweis ist eine unzulässige Glossierung. Sie entwertet die Gegendarstellung […].

Danach wollte die “Closer” zwar immer noch nicht klein beigeben und legte noch Beschwerde beim Hanseatischen Oberlandesgericht ein, doch auch dort gaben die Richter Jauch recht:

Auch der von der Schuldnerin vorgenommene erneute Abdruck der Gegendarstellung war nicht geeignet, den titulierten Anspruch des Gläubigers auf Veröffentlichung der Gegendarstellung zu erfüllen […].

Also musste die “Closer” die Gegendarstellung ein drittes Mal drucken. Diesmal hielt sie sich dann auch endlich an die Vorgaben und ließ den Hinweis weg.

Helene Fischer zur Fahndung ausverschrieben

Es kommt häufiger vor, dass ein Medium irgendeinen Quark über Helene Fischer berichtet und kurz darauf einen Rückzieher machen muss. Das hier ist aber eine Premiere.

Über 20 Medien mussten in den vergangenen Tagen ihre Artikel löschen und Korrekturen veröffentlichen:

Anfangspunkt der Berichterstattung war eine Geschichte, die die “Bild”-Zeitung Ende August publik gemacht hatte. Demnach soll Helene Fischer einen Fan, der unter einer Nervenkrankheit leidet, nach einem Konzert angeblich ausgelacht haben. Und der will sie deswegen nun verklagen.

Was das mit Europol zu tun hat? Nun ja:

Da Fischer ihre Adresse verdeckt, wie viele andere Prominente übrigens auch, wird die Kontaktaufnahme nun vom Gericht erledigt – via Europol-Fahndung.

… schrieb vor zwei Wochen das österreichische Portal oe24.at. Eine nähere Erklärung oder gar Belege gab es dazu nicht. Bloß die Behauptung.

Aber die reichte vielen Journalisten schon, um die Geschichte ungeprüft zu übernehmen. Und so berichteten unter anderem “Focus Online”, die “Huffington Post”, die “Hamburger Morgenpost”, der “Berliner Kurier”, die Online-Portale von SWR3, “InTouch”, VIVA und EuroSport, außerdem Gmx.de, Web.de, Promiflash.de, News.de, Krone.at, Mittelbayerische.de, Watson.ch, port01.com, Volksstimme.de, Nordbayern.de und 20min.ch.

Sie alle haben ihre Artikel inzwischen wieder gelöscht und Korrekturen bzw. Gegendarstellungen wie diese veröffentlicht:

Dass diese Geschichte Blödsinn ist, hätten die Journalisten übrigens auch ganz allein herausfinden können, wenn sie für ein paar Sekunden ihr Gehirn oder wenigstens Google bemüht hätten.

Der Zuständigkeitsbereich von Europol umfasst nämlich gemeinhin Delikte wie …

  • Menschenhandel
  • Kriminalität im Zusammenhang mit nuklearen und radioaktiven Substanzen
  • Entführung, Freiheitsberaubung und Geiselnahme
  • Geldwäsche
  • illegaler Handel mit Waffen, Munition und Sprengstoffen
  • … und alles andere, was mit Terrorismus, schwerer Kriminalität und organisiertem Verbrechen zu tun hat. Das Auslachen von Fans gehört eher nicht dazu.

    Mit Dank an auch an Anonym, Bruesseldorfer und Miriam K.

Zeitschrift mit Verfallsdatum (2)

So sieht die vorige Ausgabe der “Bunten” aus, wenn man sie sich als e-Paper kauft.

Ursprünglich wurde auf dem Cover eine Geschichte angekündigt, in der das Blatt über einen angeblichen Krach in der Familie von Joachim Gauck spekulierte.

Auch im Innenteil ist der Artikel inzwischen deutlich weniger farbenprächtig:




Offenbar ist jemand aus der Familie des Bundespräsidenten gegen das Blatt vorgegangen.* Und es ist bei Weitem nicht das erste Mal, dass die “Bunte” juristischen Ärger bekommt: In mindestens zehn Ausgaben musste die Zeitschrift in diesem Jahr schon Artikel schwärzen. Zu ihren Opfern gehörten allemöglichen Promis, von Lukas Podolski über Corinna Schumacher und die monegassische Fürstenfamilie bis hin zu Katrin Göring-Eckardt.

Jetzt also auch Familie Gauck. Und — Martin Semmelrogge:

Siehe auch:

*Korrektur, 8. September: Wir hatten zunächst geschrieben, dass es offenbar Joachim Gauck selbst war, der gegen die Berichterstattung vorgegangen ist. Das stimmt aber nicht. Wir bitten, den Fehler zu entschuldigen.

Bild  

Schamhaar-Verlängerung

Immer mal wieder bricht die “Bild”-Zeitung eine “große Schamhaar-Debatte” vom Zaun und quetscht Promis und Passanten über deren Intimfrisuren aus.

Die jüngste Debatte vor ein paar Wochen war eigentlich schon beendet, doch nun gibt es eine (eher unfreiwillige) Fortsetzung:

(Klick für größere Version.)

GEGENDARSTELLUNG - in der BILD-Zeitung vom 02.04.2014 wurde ich auf Seite 5 in einem Artikel mit der Überschrift

Springer muss Schwerverbrecher recht geben

Ein Pärchen feiert Hochzeitstag.

Eigentlich keine der Geschichten, die die “Bild”-Zeitung groß auf Seite 3 erzählen würde, und wahrscheinlich hätte sie es auch in diesem Fall nicht getan, wenn es sich bei dem Pärchen nicht um Verbrecher, Verzeihung: um “Schwerst-Verbrecher” handeln würde. Und zwar um schwule Schwerst-Verbrecher.

Das klingt dann schon eher nach einer Story für “Bild”, dachte sich “Bild” und verfolgte das Paar während seiner Ausführung im vergangenen Dezember bei jedem Schritt:

Freigang unter Aufsicht von drei Gefängnis-Aufsehern - Hier feiern zwei Schwerst-Verbrecher ihren 1. Hochzeitstag

Das Paar hatte sich 2008 im Knast kennen- und lieben gelernt, lebt jetzt in zwei Nachbarzellen.​

Dabei waren die Voraussetzungen für die Ehe nicht gerade gut: Walter stach 1997 seinem Ex-Partner mit einem 14 Zentimeter langen Messer in den Rücken. Bernhard ermordete 1992 eine Frau beim Sex. 2010 entdeckten Justizbeamte zudem Tausende Kinderpornos in seiner Zelle.​

Aus Angst vor Übergriffen von Mitgefangenen hält die Justiz die ungewöhnliche und einmalige Liebesbeziehung geheim. Trotzdem erlaubte die Anstaltsleitung zum Hochzeitstag einen Doppel-Ausgang.​

BILD war dabei

Warum? Keine Ahnung. Vielleicht hatten die Reporter ja einen Fluchtversuch erwartet, eine Schießerei oder wenigstens eine Schwulenparty. Aber stattdessen taten die beiden Schwerst-Verbrecher — von “Bild” minutiös dokumentiert — Folgendes: Sie fuhren “mit der U-Bahn”, kauften in einem Supermarkt “Brot und Getränke”, gingen in ein “‘schwules Informations- und Beratungszentrum'”, tranken in einem indischen Restaurant “Mango-Lassi”, kauften bei Saturn “für knapp 60 Euro sieben DVDs” und mussten abends wieder ins Gefängnis.

Keine Flucht, keine Party — nicht mal Händchenhalten oder einen Kuss gab es in diesen “sechs Stunden Freiheit”, wie der Autor mit spürbarer Enttäuschung feststellt. Aber immerhin verriet “ein Justiz-Beamter” dann doch noch, dass sich die beiden “hin und wieder” “umarmen”.

Tja. Und wer das alles erfahren wollte, musste sich entweder die “Bild”-Zeitung kaufen oder einen “Bild Plus”-Zugang holen.

Wir erzählen das, weil die Geschichte nicht nur komplett sinnfrei ist, sondern zum Teil schlichtweg falsch. Einer der beiden Gefangenen ist gegen die Berichterstattung vorgegangen und hat Gegendarstellungen erwirkt, die gestern in der “Bild”-Zeitung und in der “B.Z.” (die ebenfalls berichtet hatte) erschienen sind:

Gegendarstellung - zu: "Hier feiern zwei Schwerst-Verbrecher ihren 1. Hochzeitstag" in Bild vom 28.12.2013, S. 3 - Sie schreiben: "2010 entdeckten Justizbeamte ... Tausende Kinderpornos in seiner Zelle". Dazu stelle ich fest: Bei mir wurde ein Datenträger beschlagnahmt, auf dem 31 kinderpornografische und 11 jugendpornografische Bilder gespeichert gewesen sein sollen. Von dem Vorwurf wurde ich freigesprochen, weilk ich von diesen Bildern nichts wusste. Sie schreiben im Zusammenhang mit meiner eingetragenen Lebenspartnerschaft: "Aus Angst vor Übergriffen hält die Justiz die... Liebesbeziehung geheim." Dazu stelle ich fest: Das ist falsch. Berlin, den 6. Januar 2014 - RA Eisenberg für "Bernhard P." - Bernhard P. hat recht.

Gegendarstellung - zu „Beim Inder gab’s Mango-Lassi, bei Saturn Gewalt DVDs“, “in BZ„ vom 28.12.2013, S. 12 Sie schreiben: „2010 entdeckten Justizbeamte … Tausende Kinderpornos in seiner Zelle“. Dazu stelle ich fest: Bei mir wurde ein Datenträger beschlagnahmt, auf dem 31 kinderpornographische und 11 jugendpornografische Bilder gespeichert gewesen sein sollen. Von dem Vorwurf wurde ich freigesprochen, weil ich von diesen Bildern nichts wusste. Sie schreiben im Zusammenhang mit meiner eingetragenen Lebenspartnerschaft: „Aus Angst vor Übergriffen hält die Justiz die… Liebesbeziehungen geheim.“ Dazu stelle ich fest: Das ist falsch. Berlin, den 6. Januar 2014 RA Eisenberg für „Bernhard P.“ Bernhard P. hat recht.

Der Anwalt des Mannes teilte uns auf Anfrage mit, dass er auch weiter juristisch gegen den Verlag vorgehen werde. Anfangen kann er dann mit Bild.de — dort ist der Artikel nach wie vor online.

Nachtrag/Korrektur, 12.40 Uhr: Bild.de hat den Artikel (offenbar schon vor Veröffentlichung unseres Eintrags) gelöscht.

Nachtrag, 7. März: … und jetzt auch die Gegendarstellung veröffentlicht.

Der BKA-Nazi-Lösch-Skandal, der keiner war (2)

Vor zwei Jahren berichtete “Bild am Sonntag” über einen “dubiosen” und “beispiellosen Vorgang” in den Ermittlungen gegen die Neonazi-Terrorgruppe NSU: Ein Beamter der Bundespolizei, der für das BKA Handydaten ausgelesen hatte, solle diese im Dezember 2011 “nach Dienstschluss” “heimlich” und “systematisch” vernichtet haben (BILDblog berichtete):

“Experten” äußerten dem Blatt gegenüber sogleich den Verdacht, “dass das BKA Informanten im Umfeld der Neonazi-Bande schützen will.” Und Michael Backhaus, stellvertretender Chefredakteur der Zeitung, bezeichnete es in einem Kommentar als “offenkundig”, dass hier Beweismittel manipuliert oder gar zerstört wurden.

Das BKA wies die Vorwürfe noch selben Tag zurück und teilte mit:

Alle in der Berichterstattung der Bild am Sonntag vorgenommenen Mutmaßungen und getroffenen Schlussfolgerungen sind unzutreffend.

Richtig ist, dass dem BKA die ausgelesenen Handy-Daten weiterhin vollständig und unverändert für die Ermittlungen des Generalbundesanwaltes und des BKA zur Verfügung stehen.

Erst nach der Übergabe der Daten an das BKA habe man die Bundespolizei gebeten, die dort vorhandenen Kopien zu löschen. Der Vorwurf, man habe Beweismittel vernichtet und unterdrückt, sei “absurd”.

Der beschuldigte Bundespolizist ging gegen die Berichterstattung vor und erwirkte eine einstweilige Verfügung gegen die Axel Springer AG. Im April 2012 veröffentlichten “Bild am Sonntag” und Bild.de zwei Gegendarstellungen des Mannes, später wurden beide Medien außerdem dazu verurteilt, bestimmte Behauptungen zu unterlassen und eine Richtigstellung zu veröffentlichen.

Diese Entscheidung wurden nun auch vom Bundesgerichtshof bestätigt.

Die “Bild am Sonntag” hat die Richtigstellung in ihrer aktuellen Ausgabe auf Seite 3 abgedruckt — ziemlich genau zwei Jahre nachdem sie das Märchen vom BKA-Nazi-Lösch-Skandal in die Welt gesetzt hatte:
Richtigstellung - Richtigstellung zu "Warum ließ das BKA wichtige Nazi-Ermittlungsdaten heimlich löschen?" und zu "Kommentar Das BKA im Zwielicht" in BamS vom 12.02.2012, S. 6: Wir haben geschrieben: "Polizeihauptkommissar Jens B. ... Heimlich begab sich der Computerexperte ... der Bundespolizei am 8. Dezember vergangenen Jahres nach Dienstschluss an seinen Arbeitsplatz. ..." Dazu stellen wir fest: Herr B. war während der Behördenarbeitszeit tätig, nämlich bis 17:30 Uhr, vor Dienstschluss. - Wir haben weiter geschrieben: " ... wurde der Spezialist ... beobachtet, wie er systematisch Daten löschte. ... Denn der Bundespolizist Jens B. ... vernichtet an diesem Abend in der Datenbank seiner Dienststelle Handy-Daten." - Dazu stellen wir fest: Die Daten hat Herr B. von seinem Arbeitsplatz in den Trash-Ordner verschoben, sie blieben bei der Bundespolzei vorhanden. - Herr B. hat sie nicht vernichtet. - Wir haben weiter geschrieben im Zusammenhang mit B's Tätigkeit: " ... dass Polizisten Beweismittel manipulieren oder gar zerstören, wie hier offenkundig geschehen. Denn solche Daten enthalten möglicherweise Hinweise auf oder Beweise für bislang nicht aufgeklärte Verbrechen." Dazu stellen wir fest: Jens B. hat keine Beweismittel manipuliert oder zerstört. Die Daten sind bei der Bundespolizei vorhanden. - Die Redaktion

Laut der Gewerkschaft der Polizei ermittelt auch die Staatsanwaltschaft Bonn “wegen diverser Straftatverdachte” weiter, weil aus dem “dienstlichen verschlossenen E-Mail-Postfach” des Bundespolizisten “eine E-Mail entwendet und […] in der BamS abgedruckt wurde.” Das Amtsgericht Berlin-Tiergarten habe außerdem gegen einen der Autoren des “BamS”-Artikels einen rechtskräftigen Strafbefehl erlassen.

Ob der Verlag dem Beamten der Bundespolizei auch Schmerzensgeld zahlen muss, ist noch nicht entschieden.

Mit Dank auch an Steve.

Gema eben vor Gericht

Bild.de hat mal wieder einen “bizarren” Anlass gefunden, um auf der Gema rumzuhacken:

Bizarrer Streit um die Musikrechte bei den Maidan-Protesten in Kiew

Seit Tagen sperrt die “Gesellschaft für Aufführungs- und mechanische Vervielfältigungsrechte” (Gema) die Übertragung der Web-Cams aus Kiew mit der App “EuroMaidan”.

Begründung: Es könnte Musik übertragen werden, für die Tantiemen fällig sind.

Das Portal hat sogar einen CDU-Politiker aufgetrieben, der sich nun über das Vorgehen empört und es “skandalös” findet, dass “unsere im Westen viel gepriesene Informationsfreiheit von einer Einrichtung wie der Gema massiv eingeschränkt wird.”

Die Gema weist die Vorwürfe allerdings zurück:

Eine Sprecherin zu BILD: “Uns ist es ein Anliegen, dass Sie und andere Bürger über aktuelle Ereignisse zu den politischen Protesten in der Ukraine informiert sind. Zum ‘Entsperren’ des Nachrichtenkanals wenden Sie sich bitte an den Plattformbetreiber YouTube.”

Der Autor ergänzt:

Youtube sitzt im kalifornischen San Bruno. Bis sich dort jemand der App annimmt, fällt auf “EuroMaidan” die Youtube-Klappe.

Und siehe da: Schuld ist doch nicht die Gema — sondern Youtube.

Trotzdem lautet die Überschrift:Bizarrer Musikrechte-Streit bei Ukraine-Demos - Gema schaltet auf dem Maidan die Kameras ab

Die Gema hat dazu jetzt eine Stellungnahme veröffentlicht:

Die Online-Ausgabe der Bild Zeitung bild.de berichtete heute, dass die GEMA Webcams auf dem Maidan Platz in Kiew, mit denen über die dortigen Demonstrationen berichtet wird, gesperrt habe. […] Diese Nachricht ist falsch.

Die  GEMA hat in keiner Weise veranlasst oder gefordert, dass die entsprechenden Live-Streams aus dem Netz genommen werden. Die Verwertungsgesellschaft hält es für abwegig und ausgeschlossen, dass bei der Übertragung von Demonstrationen in Kiew Rechte von ihren Mitgliedern verletzt werden können. Die Sperrung erfolgte durch YouTube selbst. Dabei wurde durch die Verwendung der bekannten “GEMA-Sperrtafel”, gegen die die GEMA bereits gerichtlich vor dem Landgericht München vorgeht, der unrichtige Eindruck vermittelt, die GEMA habe die Sperrung gefordert oder veranlasst. Auch bei “gewöhnlichen” Musikvideos, die bereits Gegenstand gerichtlicher Auseinandersetzungen sind, erfolgt die Sperrung durch YouTube selbst und nicht auf Veranlassung der GEMA.

Obwohl die GEMA bild.de vor der Berichterstattung schriftlich und mündlich auf diesen Sachverhalt hingewiesen hat, berichtete Bild falsch und unter Verletzung journalistischer Sorgfalts- und Berufspflichten. Die GEMA hat aus diesem Grund bereits rechtliche Schritte gegen die Berichterstattung eingeleitet.

Mit Dank an Nick M.

Nachtrag, 20. Februar: Bild.de hat den Artikel jetzt gelöscht. Derweil hat die Gema-Sprecherin in einem Interview mit taz.de noch mal ausführlich zu dem Fall Stellung genommen und bekräftigt, Bild.de auf Unterlassung und Richtigstellung zu verklagen.

Nachtrag, 28. Februar: In einer kürzlich veröffentlichten Gegendarstellung schreibt die Gema:

“Wir haben zu keinem Zeitpunkt die Sperrung von Web-Cam-Übertragungen aus Kiew veranlasst.”

Und Bild.de muss zugeben:

Die GEMA hat recht.

Inserateboykott, Seniorenprogramm, Podcast

6 vor 9

Um 6 Minuten vor 9 Uhr erscheinen hier montags bis freitags handverlesene Links zu lesenswerten Geschichten aus alten und neuen Medien. Tipps gerne bis 8 Uhr an [email protected].

1. “LG Berlin: BILD und BZ müssen Gegendarstellungen eines Sicherheitsverwahrten abdrucken”
(wvr-law.de)
“Bild” und “B.Z.” werden “in den kommenden Tagen Gegendarstellungen abdrucken müssen”. “In einem Artikel über ein gleichgeschlechtliches Paar, das gemeinsam in der Sicherheitsverwahrung in Berliner Tegel wohnt, hatten die beiden Zeitungen geschrieben, die Anstaltsleitung würde die Beziehung der beiden Männer geheimhalten. Hiergegen wollte der Antragsteller Gegendarstellung abdrucken, wogegen sich die beiden Zeitungen zunächst wehrten.”

2. “Wie ich versuchte, einen Bücher-Podcast zu machen (und an den Verlagen verzweifelte)”
(lesegefahr.de, Martin Häberle)
Martin Häberle möchte einen Bücher-Podcast ins Leben rufen, stößt dabei aber bei den Verlagen auf allerlei Hindernisse.

3. “Die ARD und die Jugend – ein ‘Umsetzungsdefizit’?”
(dwdl.de, Peer Schader)
Peer Schader erinnert daran, dass die Rundfunkgebühr “kein Solidarbeitrag zur Finanzierung eines Seniorenprogramms” sein sollte. Vielmehr sollten alle Altersgruppen gleich viel davon haben.

4. “Huch, es lebt”
(sueddeutsche.de, Roger Willemsen)
Roger Willemsen denkt nach über “Ich bin ein Star – Holt mich hier raus!” und zieht Vergleiche zum öffentlich-rechtlichen Unterhaltungsprogramm: “Ursula von der Leyen in einem Raumfahrtanzug Minigolf spielen zu sehen, das ist der öffentlich-rechtliche Emu-Anus. Er stinkt schon aus einem Grund: weil er so einfallslos inszeniert, so lieblos produziert, so herablassend kalkuliert ist und vom dümmsten gemeinsamen Nenner ausgeht.”

5. “Weststrasse-Investoren verhängen Inserate-Boykott”
(tt.bernerzeitung.ch)
Das “Thuner Tagblatt” macht einen Inserateboykott öffentlich und folgt damit der Empfehlung des Schweizer Presserats, Drohungen oder Boykotte “grundsätzlich öffentlich zu machen”.

6. “‘Die Staatshasser sind zu Etatisten geworden'”
(schweizermonat.ch, René Scheu)
“Wir haben viel zu viele Kommunikationsbeauftragte in Bern”, sagt der Schweizer Verteidigungsminsiter Ueli Maurer, dessen Ministerium rund 100 Kommunikationsleute beschäftigt (“Im Medienumfeld sind es 15 Leute”). “Die Journalisten wissen damit aber im übrigen klug umzugehen. Sie entlocken dem einen eine Information, dann dem anderen eine leicht anders gefärbte – und schon haben sie eine Geschichte, mit der sie für ein paar Stunden Aufmerksamkeit erzielen können. Aus solchen Geschichten entstehen wiederum neue Geschichten, und das Rad dreht weiter und immer weiter.”

Ceci n’est pas une Lolita

Vor gut einem halben Jahr wurde den Springer-Blättern “Bild” und “B.Z.” per einstweiliger Verfügung untersagt, weiter über den angeblichen “Lolita-Skandal” bei Hertha BSC zu schreiben (BILDblog berichtete).

Jetzt hat der Verein auch Gegendarstellungen erwirkt, und zwar in der Samstagsausgabe der “B.Z.” …

Gegendarstellung - in der BZ vom 22.8.2013, S. 14, schreiben Sie unter der Überschrift "Die Spieler tauschten Lolitas Herz und ihren Körper wie Schuljungen Panini-Bilder" über Lizenzspieler von Hertha BSC Folgendes: "Worum geht es? Um Sex? Ja. Sex mit einer 16-jährigen? Ja. Sex, auch mit einem verheirateten Mann? Ja. Sex im Kinderzimmer, während unten die kleinen Geschwister spielten? Ja." Hierzu stellen wir fest: Keiner unserer Spieler hatte mit der in dem Artikel erwähnten Jugendlichen Sex. Berlin, 3.9.2013 Rechtsanwalt Christian-Oliver Moser für die Hertha BSC GmbH & Co. KG aA, vertreten durch die Hertha BSC Verwaltung GmbH, diese vertreten durch die Geschäftsführer Ingo Schiller und Michael Preetz - Anmerkung der Redaktion: Nach dem Berliner Pressegesetz sind wir zum Abdruck dieser Gegendarstellung unabhängig von ihrem Wahrheitsgehalt verpflichtet.

(Klick für größere Version.)

… und am gleichen Tag auf der Titelseite der Berliner “Bild”-Ausgabe:Gegendarstellung - In der BILD vom 23.08.2013, S. 1, titeln Sie über die angebliche Fußball-Lolita (16) Folgendes: "So war der Sex mit den Hertha-Stars" Hierzu stellen wir fest: Keiner unserer Spieler hatte mit der hier erwähnten Jugendlichen Sex. Berlin, 3.9.2013 Rechtsanwalt Christian-Oliver Moser für die Hertha BSC GmbH & Co. KG aA, vertreten durch die Hertha BSC Verwaltung GmbH, diese vertreten durch die Geschäftsführer Ingo Schiller und Michael Preetz. Anmerkung der Redaktion: Nach dem Berliner Pressegesetz sind wir zum Abdruck dieser Gegendarstellung unabhänhig von ihrem Wahrheitsgehalt verpflichtet.

Zum Hintergrund: Im August hatte sich das Mädchen bei der “B.Z.” gemeldet und angegeben, eine Affäre mit mehreren Hertha-Spielern gehabt zu haben. In mehreren Titelgeschichten hechelten sich “B.Z.” und “Bild” durch die “schmutzigen Details” aus dem Kinderzimmer, veröffentlichten angebliche Chatprotokolle und zeigten das Mädchen auf seitenfüllenden Fotos in Hotpants.

Wie sich später herausstellte, hatte das Mädchen die Geschichte aber offenbar erfunden. In einer eidesstattlichen Erklärung gab sie an, den Reportern eine gefälschte Unterschrift ihrer Mutter vorgelegt zu haben. Sie erstattete Selbstanzeige und versicherte außerdem schriftlich, sie habe die “B.Z.” belogen und in Wirklichkeit nie Geschlechtsverkehr mit einem Hertha-Profi gehabt (was die “B.Z.” nicht davon abhielt, noch drei weitere Titelgeschichten zum “Lolita-Skandal” zu veröffentlichen.)

Wenige Tage später wurden sämtliche Artikel aus den Online-Portalen von “B.Z.” und “Bild” gelöscht — das Landgericht Berlin hatte die Berichterstattung untersagt, weil seiner Ansicht nach keine Genehmigung der Eltern vorlag. Das allein sei schon ein grober Verstoß gegen das Presserecht.

Mehrere Wochen lang habe die “B.Z.” an der Geschichte recherchiert, sagt Hertha-Anwalt Christian-Oliver Moser, samt Fotoshooting und so weiter, doch es habe nicht ein einziges persönliches Aufeinandertreffen zwischen den Journalisten und den Eltern des Mädchens gegeben — schon allein das hätte ein warnender Hinweis für die Reporter sein müssen. “Die ‘B.Z.’ hat zumindest billigend in Kauf genommen, dass da etwas faul sein könnte”, sagt Moser, “aber sie wollte sich ihre eigene Geschichte nicht zerstören.”

Hertha will auch weiter juristisch gegen die Berichterstattung vorgehen, ebenso wie die Jugendliche selbst. Denn wie uns ihr Anwalt auf Anfrage erklärte, haben “Bild” und “B.Z.” die Abschlusserklärung zwar hinsichtlich der Fotos abgegeben, nicht aber hinsichtlich der Wortberichterstattung.

Übrigens hatte das Mädchen 5.000 Euro von der “B.Z.” bekommen, die nach Aussage ihres Anwalts aber umgehend wieder an Springer zurückgezahlt wurden. Bemerkenswert dabei: Die Journalisten hatten dem Mädchen zunächst offenbar 1.500 Euro geboten — für den Fall, dass sie den Vertrag selbst unterzeichnete. 5.000 Euro sollte es nur dann geben, wenn ein Elternteil den (wortgleichen) Vertrag unterschreibt. Daraufhin habe sie die Unterschrift ihrer Mutter kopiert.

Coming-Out, Gehörlose, Liveticker

6 vor 9

Um 6 Minuten vor 9 Uhr erscheinen hier montags bis freitags handverlesene Links zu lesenswerten Geschichten aus alten und neuen Medien. Tipps gerne bis 8 Uhr an [email protected].

1. “Solange wir uns outen müssen, sind wir nicht frei.”
(spektrallinie.de, Jan Schnorrenberg)
Das Coming-Out des Ex-Fußball-Nationalspielers Thomas Hitzlsperger in der Wochenzeitung “Die Zeit”, erntet viel medialen Respekt. Doch das Problem ist nicht beseitigt — in einer Petition fürchten 60000 Zeichner eine “Ideologie des Regenbogens” an baden-württembergischen Schulen. Jan Schnorrenberger kommentiert: “Jedes Outing fordert die Annahme, homosexuelle Menschen seien anders, heraus. Denn Sichtbarkeit, und eben auch nach außen getragenes Selbstbewusstsein gibt uns ein Stück Deutungshoheit über uns zurück.”

2. “Türke sein is schlimmer in Deutschland dank mal nach”:
(mishaanouk.com, Misha Anouk)
Nach dem Coming-Out von Thomas Hitzlsperger findet Misha Anouk auf der Facebook-Seite der “Bild” nur wenige homophobe Kommentare. Als dann aber ein Kommentator mit türkischem Namen Hassbotschaften verbreitet, ist die zivilisatorische Decke abgetragen und einige Facebook-Nutzer antworten mit zutiefst rassistischen Kommentaren.

3. “Hut ab vor diesen Kindern!’ – Gegendarstellung zu einem UNMÖGLICHEN Artikel”
(taubenschlag.de)
Die “Bild der Frau” wollte eine Geschichte veröffentlichen über eine Familie mit gehörlosen Eltern und hörenden Kindern. Mathias Schäfer willigt ein, ist vom Ergebnis aber entsetzt, da die Zeitschrift den Eindruck vermittelt, die Eltern seien von ihren Kindern abhängig. “Wir als Eltern tragen die ganze Zeit die Verantwortung für unsere Kinder, bis sie volljährig sind oder selbstständig ein Leben führen können. Wenn die Kinder früh Verantwortung für ihre Eltern tragen müssten, dann wäre das nach deutschem Recht ein Fall für das Jugendamt, wegen der möglichen Kindeswohlgefährdung.”

4. “Ihr wollt es doch auch”
(taz.de, Jürn Kruse)
Der taz-Medienredakteur widmet sich der Frage, warum so viele Medien in atemlosen Livetickern auch nach dem Appell seiner Frau immer weiter über Schumacher berichten. “Es geht häufig nicht um neue Nachrichten, sondern darum, den Zuschauern zu vermitteln: ‘Wir sind da, wenn etwas passiert. Bei uns verpasst ihr nichts.’ Auch wenn das natürlich Quatsch ist, eben weil nichts passiert.”

5. “Journalisten im Fokus der Salafisten oder Salafisten im Fokus des Journalismus?”
(vocer.org, Christof Voigt)
Der Reporter Christof Voigt berichtet von seinen Erfahrungen im Kontakt mit Salafisten, über die er für den WDR berichtete: “Während des gesamten “Dialogs” sind mein Kameramann und ich von Menschen umringt, sie halten mir Handys ins Gesicht, filmen und fotografieren, wollen ganz offensichtlich einschüchtern.”

6. “Wunschlisten, Wunschdenken und die Wirklichkeit”
(zeit.de, Kathrin Passig)
Der Unterschied zwischen vorgeblichen Vorlieben und tatsächlichem Verhalten wird durch Plattformen wie Goodreads, Netflix und OkCupid immer besser erfasst. “Die Haushalte sind voll mit Staub ansetzenden Brotbackmaschinen, Keimzuchttöpfen, Saftpressen, Fonduesets und Hometrainern, die davon erzählen, was man bestimmt schon bald für ein durchtrainierter, gesunder und gastfreundlicher Mensch sein wird.” Trotzdem hält Kathrin Passig die ambitionierten Pläne nicht für falsch.

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