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Ein Stürmer in Gerüchteabwehr

Vergangene Woche wurde der HSV-Fußballer Artjoms Rudnevs bei einem Streit mit seiner Frau verletzt. Es hieß, sie habe ihm in die Zunge gebissen.

Viele Medien stürzten sich mit fröhlicher Empörung auf die Story um die „höchst pikante Verletzung“ (Bild.de), schrieben Sätze wie “Erst verlor er seinen Torriecher und nun fast seine Zunge” (welt.de) und waren sich schnell einig, dass dem Vorfall ein „bizarrer Ehe-Streit“ (“Focus Online”) zugrunde liegen müsse. Doch weil sich der Fußballer zunächst nicht äußerte, oder wie Bild.de es formulierte:

… malten sich die Journalisten die Hintergründe kurzerhand selbst aus.

Die „Hamburger Morgenpost“ brachte nach investigativer Recherche bei “engen Vertrauten” “krankhafte Eifersucht” ins Spiel, „Bild“ vermutete irgendeine peinliche Geschichte (schließlich wollte Rudnevs ja partout nichts dazu sagen und habe sich im Krankenhaus sogar “unter falschem Namen behandeln” lassen) und zitierte einen „Mental-Coach“, der dem Ehepaar zu einem „professionellen Coaching“ riet.

Der “Social-TV-Sender” joiz (der Rudnevs’ Frau Santa konsequent „Santana“ nennt) machte sich einen besonderen Spaß aus der Sache und lieferte am Freitag „fünf Theorien, wie es zu diesem ‘Streit-Zungen-Ungeschick’ gekommen sein könnte“:

Die Privatsphäre des Fußballers wurde zur lustigen medialen Spekulationsspielwiese. Wer hat noch nicht, wer will noch mal?

Artjoms Rudnevs selbst hat gestern auf der HSV-Seite eine Erklärung abgegeben:

Meine Damen und Herren, liebe Fans, 
 
in den letzten Tagen haben Medien viele falsche und leider auch schädliche Informationen über mich und meine Familie verbreitet. Hinter der ganzen Angelegenheit steckt eine sehr persönliche familiäre Tragödie, die bis zu diesem Zeitpunkt von keinem in Zusammenhang mit diesem Vorfall erwähnt worden ist. Daher wollte ich hiermit einiges aufklären, denn die Angelegenheit wurde bislang nur auf Grundlage von Spekulationen dargestellt, die die Familie Rudņevs in einem sehr schädlichen Licht erscheinen lassen. Die mir nahestehenden Familienmitglieder durchleben gerade sehr schwere Zeiten. 
 
Meine Frau Santa und ich hatten die Geburt unseres dritten Kindes erwartet. Am Samstag, den 29. August 2015, wenige Tage vor dem beschriebenen Vorfall auf einer der Straßen Hamburgs, erlitt meine Frau Santa eine Fehlgeburt. Keine Tragödie im Leben einer Frau kann mit dem Tod des eigenen Kindes auch nur annähernd verglichen werden. 
 
Meine Frau Santa kann dies nur schwer verarbeiten, wie übrigens jede andere Mutter nach einem derart dramatischen Erlebnis. Am unglückseligen Abend in Hamburg hat meine Frau daher zwischenzeitlich aufgehört rational zu denken und wurde hysterisch, weil sie zutiefst bestürzt über den Verlust unseres Kindes war.

Ich mache meiner Frau keinerlei Vorwürfe, für das was passiert ist. Wir sind seit elf Jahren zusammen und seit sechs Jahren sind wir ein sehr glückliches Ehepaar, niemals hatten wir Ehekrach und es gab nie Gewalt in unserer Ehe. Das was passiert ist, ist die für viele schwer nachvollziehbare Reaktion einer Mutter nach dem Tod ihres Kindes. Ich habe keinerlei Absicht, meiner Frau Vorwürfe zu machen. Unsere Familie wird zusammenhalten, vor allem in diesen schwierigen Zeiten.

Angesichts der oben genannten Tatsachen bestreite ich vehement Unterstellungen, wonach der Grund für die besagte Meinungsverschiedenheit eine Affäre mit einer anderen Frau gewesen sein soll, wie fälschlicherweise von Medien berichtet. Laut dem Verfasser eines Artikels soll ich zum Zeitpunkt des Vorfalls in Anwesenheit einer angeblichen Liebhaberin gewesen sein. Dies ist absolut erdacht und erlogen. Die besagte Frau, die uns an diesem Abend begleitet hat, war die Tante von Santa, die einige Tage vorher zu Besuch kam, um uns bei der Betreuung unserer zwei Kinder zu helfen, während wir nach dem tragischen Verlust unseres Kindes zu uns kommen wollten.

Es ist zudem unwahr, dass ich nach dem Einliefern ins Krankenhaus, angeblich unter falschem Namen registriert worden sein soll.

Körperlich geht es mir von Tag zu Tag immer besser. Der Schmerz der Zunge schwindet langsam und stört immer weniger beim Verzehr von normaler Nahrung und beim Sprechen. Laut den Ärzten werde ich zudem bereits nächste Woche das Training wieder aufnehmen können. Ich kann jetzt nicht detailliert sagen, an welchem Tag dies passieren wird. Ich will meine Familie in diesen schwierigen Momenten unterstützen und Santa darin helfen, zur Normalität zurückkehren zu können. Ich liebe meine Familie über alles, und ich tue auch alles, damit alles wieder gut wird.

Darüber hinaus möchte ich allen Medienvertretern mitteilen, dass ich mich zu diesem Thema nicht mehr äußern werde. Ich werde keine Stellungnahmen mehr zu diesem Vorfall abgeben. Ich bitte mit Nachdruck darum, die Privatsphäre meiner Nächsten zu respektieren und zu wahren.

Artjoms Rudnevs mit seiner Familie

Man kann nur erahnen, wie schwer es dem 27-Jährigen und seiner Familie gefallen sein muss, diese Zeilen zu veröffentlichen und so viel von dem preiszugeben, was sie eigentlich schützen wollen. Aber offenbar ist selbst dieser Weg erträglicher, als die Spinnereien der Journalisten und Leser auszuhalten, die sich ihre Dramen zur Not einfach munter selbst ausdenken.

Über das Statement wird natürlich auch wieder berichtet, zum Beispiel so:

Die medienkritischen Passagen der Erklärung hat Bild.de aber lieber nicht erwähnt.

Mit Dank an Jonas K., @WobTikal, @max_migu, @maxro39 und @V_83.

St. Pauli löscht RB-Leipzig-Logo – vor drei Monaten

Am kommenden Sonntag spielt der FC St. Pauli gegen den RB Leipzig, doch schon jetzt, kurz vor dem Spiel, …

… provozieren die Hamburger auf der Vereins-Homepage

(sueddeutsche.de)

… geht [St. Pauli] auf Attacke-Kurs

(Bild.de)

… haben [die Hamburger] das Duell auf ihrer offiziellen Klub-Homepage gestartet

(welt.de)

… probieren es [die Hamburger] mit Psycho-Tricks

(sportnet.at)

Denn:

St. Pauli löscht RB-Leipzig-Logo von Vereinsliste - Sonntag treffen RB Leipzig und der FC St. Pauli im Spitzenspiel der 2. Liga aufeinander. Die Hamburger haben das Duell schon jetzt gestartet. Auf der Klub-Homepage strich man das Logo des Brauseklubs.
St. Pauli verbannt Logo von RB Leipzig - Vor der Partie gegen RB Leipzig entfernt St. Pauli das Logo des Rivalen von der eigenen Homepage. Es ist den Hamburgern zu werblich.
Duell am Sonntag - Stunk vor Zweitliga-Kracher: St. Pauli zeigt das Logo von RB Leipzig nicht
RB Leipzig gegen St. Pauli: Provokation? Logo!

So und ähnlich heute zu lesen unter anderem bei der dpa, “Spiegel Online”, “RP Online”, “Focus Online”, stern.de, Bild.de, sport1.de, spox.com, sportal.de, auf den Seiten der “Welt”, der “Süddeutschen”, der “Abendzeitung”, der “Berliner Zeitung”, der “Leipziger Volkszeitung”, des “Express”, des “Hamburger Abendblatt”, der “Mopo”, der “FAZ”, also im Grunde überall.

Doof nur: Das Logo wurde nicht erst jetzt entfernt, wie alle glauben, sondern schon vor Monaten. Nach BILDblog-Informationen bereits im Mai.

Mit einem Blick in die “Wayback Machine”, in der frühere Versionen von Internetseiten gespeichert werden, hätten die Journalisten das auch ganz schnell selbst herausfinden können:

Datiert ist diese Version auf den 8. Juni 2015 — schon damals gab’s anstelle des RB-Logos nur einen „Leipzig“-Schriftzug.

In die Welt gesetzt wurde die Geschichte heute übrigens, klar, von der “Bild”-Zeitung:

St. Pauli entfernt Leipzig-Logo

Mit Dank an Ananyma.

Korrektur, 22.05 Uhr: Wir hatten zunächst geschrieben, das Logo sei vor fünf Monaten gelöscht worden. Das war Quatsch; richtig sind mindestens drei. Entschuldigung!

Fußball ohne Journalisten, Netzhass, Pressemitteilungen

1. Wie aus Netzhass Gewalt wird und was dagegen hilft
(spiegel.de, Sascha Lobo)
Die rassistische Hetze im Netz lässt viele ratlos zurück; sie reagieren mit Wut und Unverständnis, wissen aber nicht, was sie dagegen tun sollen. Sascha Lobo macht in seiner Kolumne einen Vorschlag. Er verweist auf die Forschungsergebnisse der Wissenschaftlerin Susan Benesch. So sprach sich der Amsterdamer Bürgermeister nach dem islamistischen Mord an Theo van Gogh öffentlich gegen anti-muslimische Racheakte aus. Das Ergebnis: “In den Tagen nach dem Mord geschahen im ganzen Land Racheakte gegen Muslime – außer in Amsterdam.” Lobos Fazit: “Hassrede im Netz kann zu Gewalt führen – aber mit nicht hasserfüllter Gegenrede kann die Gesellschaft das verhindern helfen.”

2. Bauer Verlag: Mit Leid und Gier auf Klickjagd im Social Web
(medienrauschen.de)
Die “TV Movie” ist nicht das einzige Medium aus dem Hause Bauer, das bei Facebook auf hemmungsloses Clickbaiting setzt. Auch die “Bravo” und die “Auto Zeitung” (und die “Intouch”) wollen die Leser mit geschmacklosen Rätseln auf ihre Seiten locken — mit Erfolg, wie Medienrauschen schreibt: “Schaut man auf die Klick-Zahlen der Links, gibt die Strategie des Bauer-Verlages den Machern zumindest im Teil Recht.”

3. Geldentschädigung – (k)eine ernste Gefahr für Journalisten?
(fachjournalist.de, Frank C. Biethahn)
Die Androhung hoher Entschädigungsforderungen wird immer wieder benutzt, um Medien von ihrer Berichterstattung abzubringen. Gerade freie Journalisten, die keine Redaktion (und Hausjuristen) im Rücken haben, könnte sowas schnell einschüchtern. Frank C. Biethahn erklärt, was der Unterschied zwischen Schadensersatz und Geldentschädigung ist – und warum der zweite Fall nur äußerst selten zum Thema für Journalisten werden kann.

4. Fußballclubs brauchen keine Journalisten mehr
(zeit.de, Fabian Scheler)
Glasgow, Southampton, Sunderland, Blackpool, Port Vale, Rotherham, Newcastle, Nottingham Forest und Swindon Town – in den Stadien der Fußballvereine aus diesen Städten sind Journalisten nicht mehr willkommen: Die Clubs haben die Pressevertreter ausgeschlossen. Damit steht Großbritannien an der Spitze einer Entwicklung, die auch in Deutschland zu beobachten ist: Sportjournalisten werden hofiert, solange sie wohlwollend berichten; sobald Medien ihren eigentlich Job machen und nicht bloß Jubelmeldungen wiederkäuen, stoßen sie auf Widerstand.

5. Wie wichtig ist die Pressemitteilung heute noch? (Teil II)
(sacharklein.de, Sachar Klein)
Sachar Klein hat Redakteure verschiedener Medien gefragt, wie wichtig Pressemitteilungen heute noch für sie sind. Im ersten Teil hatten PR-Leute geantwortet.

6. Neues vom Bilderklärungs-Beauftragten
(noemix.twoday.net)

ze.tt  

Die verze.ttelte HSV-Ente

Unglaublich. Der HSV ist immer wieder für Negativschlagzeilen gut. Hinter den Kulissen tobt seit Jahren das Chaos, sportlich musste der Dino zweimal in Folge bis in der Relegation zittern. Die neuste Anekdote ist aber in der Rangliste der HSV-Pannen weit vorne. In einem Hamburger Park ist Pierre-Michel Lasogga von einer Frau gefunden worden.

„Scheinbar hat sich Lasogga nach dem Pokal-Aus in Jena derart abgeschossen, dass er den Weg nach Hause nicht mehr gefunden hat“, mutmaßte die Frau, die den hilflosen Stürmer in den Abendstunden im Park fand.

So stand es heute Morgen auf fussballmachtspass.de.

Und kurz darauf sofort der nächste Knaller:

Unglaublich. Der HSV ist immer wieder für Negativschlagzeilen gut. Hinter den Kulissen tobt seit Jahren das Chaos, sportlich musste der Dino zweimal in Folge bis in der Relegation zittern. Die neuste Anekdote ist aber in der Rangliste der HSV-Pannen weit vorne. In einem Hamburger Park ist der HSV-Mannschaftsbus von einer Frau gefunden worden.

„Nach dem Pokal-Aus in Jena hat sich der Busfahrer scheinbar verfahren. Als er nicht mehr weiter wusste, ist er einfach stehen geblieben“, so ein Polizeisprecher. Der Bus sei zudem voll besetzt gewesen. Jedoch habe keiner der Spieler oder des Betreuerstabs die ungewöhnliche Situation bemerkt.

Und kurz darauf sofort der nächste Knaller:

Unglaublich. Der HSV ist immer wieder für Negativschlagzeilen gut. Hinter den Kulissen tobt seit Jahren das Chaos, sportlich musste der Dino zweimal in Folge bis in der Relegation zittern. Die neuste Anekdote ist aber in der Rangliste der HSV-Pannen weit vorne. In einem Hamburger Park hat eine Frau einen Millionenbetrag gefunden. Offenbar von HSV-Investor Klaus-Michael Kühne.

„Das Geld lag einfach so dort rum“, wird die Frau zitiert, die die dort einfach so herumliegenden Millionen im Hamburger Park fand.

Also entweder hat der HSV eine wirklich, wirklich abgefahrene Nacht hinter sich – oder fussballmachtspass.de, das “Magazin für Fussball, HSV-Pannen und Humor” (so nennt es sich im Artikel) hat sich hier einen kleinen Spaß erlaubt.

Wir würden ja auf Letzteres tippen (auch weil wir die “Bild”-Titelseite von heute gesehen haben, große Schlagzeile: “HSV-Gehaltsliste im Park gefunden”), andere hatten dagegen weniger Zweifel. Bei “ze.tt” zum Beispiel, dem neuen Portal für coole Kids aus dem “Zeit”-Verlag, erschien heute dieser Artikel:

Pierre-Michel Lasogga, Stürmer des Hamburger Sportvereins, wurde nach dem DFB-Pokal-Aus am Sonntagabend in einem Hamburger Park gefunden.

„Scheinbar hat sich Lasogga nach dem Pokal-Aus in Jena derart abgeschossen, dass er den Weg nach Hause nicht mehr gefunden hat“, sagt die Frau, die den 23-jährigen Stürmer fand, gegenüber FUMS. Der HSV hatte gestern in der ersten Runde des DFB-Pokals eine bittere 2:3-Niederlage gegen den Regionalligisten Carl Zeiss Jena kassiert.

“ze.tt” steckt noch in den Kinderschuhen und weiß selbst noch nicht genau, was es später mal werden will, aber wir können schon mal beruhigen: Wer so zielsicher auf einen Fake hereinfallen kann, wird es in der deutschen Medienlandschaft nicht schwer haben.

Problematisch könnte allerdings ein anderer Punkt werden: Als die “ze.tt”-Redaktion merkte, dass die Geschichte Quatsch ist, hat sie Überschrift und Teaser geändert und unter dem Artikel eine Anmerkung ergänzt, in der sie transparent und charmant auf den eigenen Fehler hinweist. Und das hat mit den branchenüblichen Standards nun wirklich nichts zu tun.

Mit Dank an den Hinweisgeber.

Chemtrail-Wahnsinn, Fußballtrainer, Pressefreiheit in Tschechien

1. Die Medien als Megafon der Rechten
(tagesanzeiger.ch, Jean-Martin Büttner)
Die Schweizerische Volkspartei (SVP) dominiert die Medien seit Jahren; ganz gleich, was die rechte Partei fordert, es taucht in den Schweizer Zeitungen auf. Dass die Partei in die Öffentlichkeit will, ist klar. Doch beunruhigend sei ihr Erfolg dabei, schreibt Jean-Martin Büttner. “Pauschalbehauptungen gegen Flüchtlinge werden verbreitet, das Dementi liest keiner.” Büttner listet sechs Gründe dafür auf, darunter die Beschleunigung der Berichterstattung und der Zwang, auch extreme Positionen zu verbreiten, “um nicht am Volk vorbeizumeinen”. Siehe dazu auch den Blogeintrag des Tagesanzeigers, in dem Patrice Siegrist nachgezählt hat, wie oft Politiker in den Medien aufgetaucht sind. Ganz vorne liegt – Überraschung – der Vertreter der SVP.

2. Der ganz eigene Wahnsinn
(zeit.de, Marc Brost, Daniel Erk und Tina Hildebrandt)
Eine kleine Reise in die Welt der Verschwörungstheorien. Die “Zeit”-Autoren haben dafür unter anderem mit Wissenschaftlern, Chemtrail-Gläubigen und dem Chef des Kopp-Verlags gesprochen. “Die Verschwörungstheorie ist einfacher und somit stimmiger als die Wirklichkeit. Anders gesagt: Mit dem Vertrauen ist es wie mit dem Geld. Es ist nicht weg, es ist nur anderswo. Für die Demokratie ist das ziemlich katastrophal.”

3. Die Imagemacher
(tagesspiegel.de, Dominik Bardow)
Fußballtrainer “bekommen nach Abpfiff mittlerweile mehr Mikrofone unter die Nase gehalten als die Spieler” und seien zu den medialen Aushängeschildern ihrer Vereine geworden. Eine Agentur hat nun untersucht, wie oft, wie positiv und wie negativ in den vergangenen beiden Spielzeiten und während dieser Sommerpause über Vereine und ihre Trainer berichtet wurde. Das Ergebnis: “Nur Trainer wie Jürgen Klopp und Pep Guardiola haben verstanden, dass sie auch über die Sportseiten hinaus kommunizieren müssen.” Obwohl beispielsweise Markus Weinzierl bei Augsburg “herausragende Arbeit” geleistet habe, sei er auf lediglich zehn Berichte auf Titelseiten und in Nachrichtensendungen gekommen. Wer Aufmerksamkeit über die Sportseiten hinaus anstrebe, der brauche “Charakterköpfe wie Guardiola oder Klopp”.

4. Die Sonne der eigenen Anständigkeit
(fraumeike.de, Meike)
Meike Lobo schämt sich: für die Nazihetze im Netz, für eine Politik, die verzweifelte Menschen allenfalls duldet, aber niemals willkommen heißt – vor allem aber schämt sie sich “für alle, die immer noch glauben, das alles habe nichts mit ihnen zu tun”. Es sei nicht genug, sich innerlich von der Hetze zu distanzieren und “nichts zu sagen, weil das alles Idioten sind.” Das sei eine “gefährliche Beschönigung dafür, zum Hass und der Verfolgung von Menschen zu schweigen und sie damit zu dulden”. Sie fordert ihre Leser auf, sich nicht “in der eigenen Anständigkeit zu sonnen”, sondern laut zu sein: “Bloggt, twittert, facebookt, kommentiert Eure Haltung gegen den Menschenhass.”

5. Der Niedergang der Pressefreiheit in Tschechien
(edito.ch, Janosch Tröhler)
Janosch Tröhler schreibt über die prekäre Pressesituation in unserem Nachbarland: “Obwohl Tschechien im Ranking von Reporter ohne Grenzen mit Platz 13 weitaus höher rangiert als etwa die Schweiz oder die USA, sah sich das Land in den vergangenen Jahren mit einer zweifelhaften Entwicklung konfrontiert: Die Medien werden von einer massiven Konzentration der Eigentümer erschüttert. Die Verleger in Tschechien und anderen Teilen des ehemaligen Ostblocks in einem alarmierenden Ausmass mit der Politik vernetzt.” Heute seien “die fünf grössten Zeitungen in den Händen von Oligarchen und gefährden die Pressefreiheit durch Selbstzensur der Journalisten. Die junge Demokratie der tschechischen Republik befindet sich am Scheideweg.”

6. ….!!!! …! !!! …! !???!, ….!, …!!!! () ()…. …!! ..!!!! !!!!: !!! !!!!, …!!!!! …. : : …..!!!!
(twitter.com, presseschauer)

Terroristen-Propaganda, Jon Stewart, Hass im Netz

1. “Bild” erliegt der “dunklen Faszination” der IS-Bilder
(stefan-niggemeier.de, Stefan Niggemeier)
Immer wieder verbreiten die “Bild”-Medien die grausamen Propagandabilder des “Islamischen Staats”, sie zelebrieren “jede neue Gräueltat, jedes besonders abscheuliche Video, nicht nur in großen Buchstaben, sondern auch in großen Bildern und ausführlichen Videosequenzen” — und wer das kritisiert (so wie wir gestern), wird von den “Bild”-Verantwortlichen als “gestört” oder Terroristenfreund bezeichnet. Stefan Niggemeier über die Macht der Bilder, das Dilemma der Redaktionen und die Selbstblindheit der “Bild”-Chefs.

2. Wie die Krone für den Islamischen Staat wirbt
(nzz.at, Christoph Zotter)
Auch die Online-Ausgabe der österreichischen “Kronen Zeitung” verbreitet IS-Propagandamaterial, neulich etwa ein Video, in dem ein Mann per Kopfschuss hingerichtet wird. “Für die Dschihadisten kann es nicht besser laufen”, schreibt Christoph Zotter. “So hilft eines der größten Medienhäuser Österreichs für ein paar Klicks der Gruppe Islamischer Staat, ihre Propaganda ins Land zu tragen.” Siehe dazu auch: Zur Manipulation der Angst – Ein Plädoyer für Statistik und gegen Bilder (nachdenkseiten.de).

3. Ist Publikums-Bashing hilfreich?
(deutschlandradiokultur.de, Stephan Karkowsky)
Am Mittwoch wünschte sich Anja Reschke in den “Tagesthemen” einen “Aufstand der Anständigen” gegen rassistische Hetze im Netz — und sprach damit vielen Menschen aus dem Herzen. “Mehr als 12 Millionen Menschen bekommen das Thema mit, etwa vier Millionen mal wird das Video des Kommentars geklickt”, schreibt Kai Gniffke im Tagesschau-Blog. Doch ist es gerechtfertigt, den Zuschauern Untätigkeit vorzuwerfen und sie dazu aufzufordern, Hetzer an den Pranger zu stellen? Stephan Karkowsky hat darüber mit der Publizistin Mely Kiyak gesprochen, die bei der antirassistischen Leseshow “Hate Poetry” vor Publikum die Hassmails vorträgt, die sie geschickt bekommt. Siehe dazu auch: Die Reaktionen auf den Flüchtlings-Kommentar der ARD nach Dummheit sortiert (vice.com).

4. Facebook, das Netzwerk mit dem Herz für Hass
(dwdl.de, Thomas Lückerath)
Thomas Lückerath meldet seit einiger Zeit hasserfüllte und fremdenfeindiche Aussagen bei Facebook ans dort zuständige Community-Management. “Das schockierende Ergebnis: Bis heute war jedes von mir gemeldete Posting, soweit ich das noch überblicken kann, mit den Gemeinschaftsstandards von Facebook vereinbar.” Ihn mache es wütend, dass das größte soziale Netzwerk “gänzlich verantwortungslos” agiere und nicht einmal dann handele, wenn er die Mitarbeiter auf problematische Beiträge aufmerksam macht. Dass Facebook “wissentlich die Vergiftung des öffentlichen Raums mit Hassbotschaften” toleriere, könnte laut Lückerath bald als Boomerang zurückkommen.

5. Jon Stewart’s Final Episode
(thedailyshow.cc.com, Video, 49:10 Min.)
Jon Stewart hat in der Nacht seine letzte Ausgabe der Daily Show moderiert — und Medien und Kollegen sagen Danke. Nils Minkmar schreibt in seiner Ankündigung auf “Spiegel Online”: “Stewart wird mit Ehrfurcht verabschiedet, ein Held der populären Kultur, wie es früher die großen Sportler waren, oder die Raumfahrer — und ohne jede Häme. (…) Das Lob ist nicht übertrieben.” Die “New York Times” hat ihre Leser gefragt, was ihre Lieblingsmomente von Jon Stewart waren: Der Monolog in der ersten Sendung nach dem 11. September wurde dabei am häufigsten genannt. Jahrelang war Stewart das komödiantische Gewissen Amerikans. Schon im Februar hatte Matthias Kolb, USA-Korrespondent der “Süddeutschen Zeitung”, in einem lesenswerten Stück geschrieben, wie ihm Stewart Amerika erklärte. In seiner letzten Sendung wurde Stewart nun von Stephen Colbert verabschiedet — er selbst sagte ganz leise auf Wiedersehen: “I’m just gonna say, I’m going to get a drink. And I’m sure I’ll see you guys before I leave.”

6. Jetzt lernen Sie meine Oma kennen – und meine Meinung
(kurzhaarschnitt.wordpress.com, Kurt Saar-Schnitt)
In der Debatte über den Umgang mit Flüchtlingen erinnert sich “Kurt Saar-Schnitt” an seine Oma, die 1945 aus ihrem Heimatort in Pommern vertrieben wurde und ohne Hab und Gut in Schleswig-Holstein landete. Er erzählt ihre Geschichte und schließt mit einer Bitte: “Falls Sie nicht in der Lage dazu sind, zu spenden, so teilen Sie einfach anderen mit, warum Sie für die Aufnahme von Menschen ohne Heimat und Besitz sind, auch das kann eine Hilfe sein. Schweigen Sie nicht. Und bitte werden Sie kein ‘besorgter Bürger’, bitte zünden Sie keine Unterkünfte für Hilfsbedürftige an.”

“Internetblogger”, Schleichwerbung, Afghanistan-Papiere

1. Unglaublich: SO macht “Focus Online” Stimmung gegen Flüchtlinge
(stefan-niggemeier.de, Stefan Niggemeier)
“Focus Online” auf Dumpfbacken-Klickfang: Anfang der Woche hat das Portal einen Artikel, in dem sachlich dargestellt wird, welche Ansprüche Flüchtlinge nach dem Asylbewerberleistungsgesetz haben, bei Facebook mit dem Satz anmoderiert: “Unglaublich: DAS bekommt jeder Flüchtling monatlich!” “Rassistisches Clickbaiting” sei das, findet die “taz”-Journalistin Helke Ellersiek. Und Stefan Niggemeier schreibt: “Wenn es darum geht, aus Scheiße Klicks zu machen, macht ‘Focus Online’ so schnell keiner was vor”.

2. Echte und unechte Journalisten
(taz.de, Kai Schlieter)
Zynisch ausgedrückt: Bessere Öffentlichkeitsarbeit als die Bundesanwaltschaft hätte wohl keine PR-Agentur für netzpolitik.org leisten können. Seit ein paar Tagen tauchen die “Internetblogger” (s. Link 5) in jeder Nachrichtensendung auf, und sowohl Spenden als auch Klickzahlen steigen stetig. Doch wer sind die beiden vermeintlichen Landesverräter Markus Beckedahl und Andre Meister, wer arbeitet sonst noch bei Netzpolitik und wie reagiert das Team auf die Vorwürfe? Kai Schlieter portraitiert die Redakteure, die “stolz darauf [sind], Blogger zu sein, die journalistisch arbeiten.”

3. Urheberrecht an Lageberichten: WAZ nimmt Afghanistan-Papiere vom Netz
(irights.info, David Pachali)
Die WAZ hatte Ende 2012 Tausende interne Dokumente zum Einsatz der Bundeswehr in Afghanistan veröffentlicht. Diese sogenannten “Afghanistan-Papiere” waren als Verschlusssache eingestuft, allerdings nur mit der niedrigsten Stufe (“Nur für den Dienstgebrauch”). Die Bundesregierung klagte gegen die Veröffentlichung und bekam im Juni vor dem Oberlandesgericht Köln recht. Da eine Zwangsvollstreckung drohte, hat die Funke Mediengruppe die Papiere nun kurzfristig von ihren Online-Portalen entfernt. Allerdings hat die nordrhein-westfälische Piratenfraktion die Website gespiegelt, dort sind die Dokumente weiterhin online. Im WAZ-Rechercheblog äußert sich der Online-Chefredakteur: “Wir gehen weiterhin davon aus, dass die Veröffentlichung der Papiere rechtens war und ist.” Die Funke-Gruppe werde vor den BGH ziehen, um den Fall klären zu lassen – das allerdings könne “ein bis zwei Jahre dauern”, bis dahin würden die Papiere offline bleiben.

4. Die Champions League der Schleichwerbung
(opinion-club.com, Falk Heunemann)
Gestern und vorgestern zeigten das ZDF und ZDFinfo eines der vielen Fußball-Vorbereitungsturniere. Das fuchst Falk Heunemann. Denn die Veranstaltung sei ohne jeglichen sportlichen Wert gewesen, wodurch die TV-Übertragung des “Audi-Cups” nichts anderes gewesen sei als eine “insgesamt viereinhalbstündige Dauerwerbesendung”,”die Wok-WM des ZDF”: “Kaum eine Einstellung vergeht, in der nicht der Schriftzug des Autoherstellers zu sehen ist, der dieses ‘Turnier’ ausrichtet. Auf den Werbebanden im Stadion steht sein Name, rechts und links der Tore und natürlich auch auf allen Wänden, vor denen Trainer und Spieler interviewt werden. Die Eckfahnen sind damit bedruckt, die Leibchen der Ersatzspieler und die Kapitänsbinde von Manuel Neuer. Die Kameraleute fangen sogar regelmäßig Zuschauer mit Audi-Flaggen ein. Wahrscheinlich halten sie die für engagierte Fans.”

5. Hört auf mit “Internetblogs” und “Bloggern”!
(wdrblog.de, Dennis Horn)
WDR-Blogger Dennis Horn ärgert sich, dass derzeit mal wieder über den Unterschied zwischen Bloggern und Journalisten debattiert wird. “Zurzeit fühlt es sich an, als habe das Jahr 2005 angerufen und wolle seine Blogger-gegen-Journalisten-Diskussion zurück.” Horn fragt sich, warum man nicht einfach von den Machern von netzpolitik.org spricht – statt sich mit den anderen Bezeichnungen bemüht abgrenzen zu wollen. Genauso despektierlich würden Medien den Begriff “Internetblog” benutzen – statt nach einem passenderen Wort zu suchen.

6. Zum Schutz der Allgemeinheit: BILD darf nur noch verpixelt erscheinen
(eine-zeitung.net)

Im Kleinermachen ist “Bild” ganz groß

Momentan ist in den großen europäischen Fußballligen Sommerpause, die Mannschaften bereiten sich in Trainingslagern und Testspielen auf die kommende Saison vor. Und vor allem ist Transferzeit! Das bedeutet für die Medien: wilde Wechselgerüchte, angebliche Transfer-Hämmer und reichlich Möglichkeiten für falsche Berichte.

Gestern schrieb die “Bild”-Zeitung:

Und bei Bild.de hieß es entsprechend:

Es geht um Stürmer Mario Gomez, der bisher beim italienischen Erstligisten AC Florenz spielte, und um den Verein, für den er in der anstehenden Saison auflaufen wird: Beşiktaş Istanbul. Dass Gomez nach Istanbul geht, galt zum Zeitpunkt der Veröffentlichung als sicher, in der Hinsicht konnte “Bild” also nichts mehr verbocken. In allen anderen Hinsichten haben es die Sportexperten aber problemlos hinbekommen.

Es fängt schon an mit der Grafik zur Ablösesumme:

Dazu heißt es:

Gestern in Florenz die abschließenden Verhandlungen mit seinem Ex-Klub Fiorentina (kassiert rund 6 Mio Ablöse), heute Vormittag die Unterschrift und der Flug in die Türkei.

Das Problem dabei: Der AC Florenz hat Mario Gomez nicht nach Istanbul verkauft, sondern nur ausgeliehen. Daher ist es uns auch ein Rätsel, wie die Autoren Kai Psotta und Phillip Arens auf die “6 Mio Ablöse” kommen. Aber vielleicht ist “Bild”-Mann Arens einfach nicht nur gut im Trauernde-Menschen-nicht-in-Ruhe-lassen, sondern auch im Zahlenausdenken.

Ebenfalls falsch ist das Gehalt von Gomez in Istanbul, das die Autoren nennen:

Jetzt wollte ihn Florenz loswerden. Auch, weil sich sein Gehalt von geschätzten 4 Mio Euro netto pro Jahr auf rund 5 Mio erhöht hätte (Vertrag bis 2017). In Istanbul soll er laut italienischen Medien rund 5,5 Mio netto kassieren. Finanziell geht es nicht abwärts …

Und ob es das geht. Mario Gomez wird im kommenden Jahr 3,5 Millionen Euro verdienen. Die Aussage im Teaser, dass sein Gehalt “immer größer” werde, ist also falsch.

Überhaupt: Woran “Bild” und Bild.de den “Gomez-Absturz” erkennen wollen, verraten sie nicht. Es scheint aber mit den Vereinen zu tun zu haben, bei denen der Stürmer bisher gespielt hat beziehungsweise nun spielt — und die “immer kleiner” werden sollen.

Nun ist es nicht ganz einfach, den AC Florenz mit Beşiktaş Istanbul zu vergleichen, also einen Erstligisten aus Italien mit einem aus der Türkei. Aber gut, versuchen wir’s. Nur: Was heißt “kleiner” bei Fußballvereinen?

Für Kai Psotta und Phillip Arens ist es offenbar ein Kriterium, in welchem europäischen Wettbewerb beide Klubs in der nächsten Saison antreten werden:

Gomez in Istanbul. Europa League statt Königsklasse.

Stimmt, Beşiktaş wird in der Europa League spielen. Allerdings hat sich der AC Florenz in der vergangenen Saison auch nicht für die “Königsklasse” Champions League qualifiziert, sondern ebenfalls nur für die Europa League. In Hinblick auf den europäischen Wettberwerb hat der Wechsel nach Istanbul für Mario Gomez also keine Veränderung bewirkt.

Andere Vergleiche, mit denen sich die “Absturz”-These überprüfen ließe, nennen die beiden Autoren nicht. Daher hier mal ein paar Vorschläge:

Facebook-Fans
Beşiktaş Istanbul hat bei Facebook etwa 5,5 Millionen Anhänger und damit mehr als dreimal so viele wie der AC Florenz.

Stadiongröße
Noch in diesem Jahr wird Beşiktaş in die Vodafone Arena einziehen. Nach der Fertigstellung wird das Stadion 41.903 Plätze haben. Bis das soweit ist, tritt das Team im Atatürk Olimpiyat Stadı mit 76.092 Plätzen an.

Im Stadio Artemio Franchi in Florenz kommen 47.282 Fans unter.

Titelsammlung
Beşiktaş gewann bisher 13 Mal den Meistertitel in der türkischen Süper Lig. Dazu kommen neun Pokalsiege und acht Superpokalsiege.

Der AC Florenz wurde in seiner Vereinsgeschichte zweimal italienischer Meister, sechsmal Pokalsieger und einmal Superpokalsieger. Dazu kommen ein Sieg im Europapokal der Pokalsieger und einer beim Mitropacup.

Marktwert des Kaders
Laut dem Onlineportal transfermarkt.de (das auch zum Axel-Springer-Verlag gehört) beläuft sich der Gesamtmarktwert des Profiteams von Beşiktaş Istanbul auf 126,5 Millionen Euro, der des AC Florenz auf 108,78 Millionen Euro. Solche Marktwerte sind durchaus mit Vorsicht zu genießen. Aber auch sie sprechen nicht für die “Absturz”-Überschrift von “Bild” und Bild.de.

In der Online-Version des Textes ist die Passage zum Gehalt von Mario Gomez inzwischen übrigens geändert (“In Istanbul verdient er laut Klub-Info 3,5 Mio.”), genauso die Aussagen zur Ablösesumme (“Am Donnerstagmorgen gab Besiktas die Verpflichtung offiziell bekannt: Zunächst leihen die Türken Gomez nur aus, besitzen aber eine Kaufoption.”). Das Teaserbild hat die Redaktion ebenfalls aktualisiert:

In der “Bild”-Zeitung von heute geht es auch noch einmal um Gomez’ Türkei-Wechsel:

Kein Wort davon, dass im Sportteil vom Tag davor von einer Ablösesumme die Rede war. Aber was interessiert schon der Fehler von gestern? Gerade in der aufregenden Transferzeit.

Der ausgeladene Hulk, Reporterhölle, Spaghettimonster

1. F wie …
(taz.de, Anne Fromm)
Anne Fromm beobachtet mit kritischem Blick den engen Tanz zwischen Verlagen und Facebook bei den sogenannten “Instant Articles”. Dabei veröffentlichen Medien ihre Texte nicht auf ihrer Internetseite, sondern direkt bei Facebook. Ein Deal, bei dem die Journalisten „viel aus der Hand“ geben, den aber auch deutsche Medien eingegangen sind, um ihre “Marke zu festigen”.

Nur: Wie stark kann die Marke sein, wenn Leserinnen und Leser ihre Inhalte künftig größtenteils bei Facebook finden? Heißt es dann bald wirklich noch: „Ich hab dazu einen guten Artikel bei Zeit Online gelesen“, oder wird man nicht eher „Das hab ich bei Facebook gelesen“ sagen?

2. Russland, Die Welt und Hulk — eine unglaubliche Geschichte
(demokratie-reloaded.de, Dominique Schmidt)
Dass der brasilianische Fußballer Hulk am Samstag nicht, wie eigentlich geplant, bei der Auslosung der Gruppen für die WM 2018 in Russland dabei war, ist für „Die Welt“ ein „Skandal“: Hulk sei ausgeladen worden, mutmaßt der Autor und liefert gleich die Begründung: Weil er es „gewagt“ habe, „unangenehme Wahrheiten im Putin-Reich“ anzusprechen. Blödsinn, meint Dominique Schmidt, und erklärt, warum die “Welt”-Spekulation schon aus zeitlichen Gründen unlogisch ist.

3. A Crucial Realization About Journalism is Learned by Being its Subject
(firstlook.org/theintercept, Glenn Greenwald)
Glenn Greenwald über seine Erkenntnisse, wie (falsch) viele Medien berichten, wenn man mal selbst zum Objekt der Berichterstattung wird:

Over the past two years, there’s been extensive media coverage and public discussion of both the Snowden story and the building of First Look Media/The Intercept, in which I’ve been very personally involved. So much of what has been said and still gets said about those things — not just by random online commenters and conspiracy-mongers but by the largest and most influential media outlets — is just plainly wrong: not “wrong” in the sense of resting on unpersuasive opinions or even casting a misleading picture, but “wrong” in the sense of being factually, demonstrably false.

4. This is where I leave you. (For a while.)
(nerdcore.de, René Walter)
René Walter macht erstmal Pause (“eine Weile Ruhe im Puff”) mit seinem Blog “Nerdcore”. Weil er reisen will und weil ihm so ziemlich alles nicht passt an aktuellen Entwicklungen im Netz: die Übermacht von Clickbait-Artikeln, das damit einhergehende Verdrängen von interessanten, unbekannten Inhalten, technologischer und kultureller Stillstand. Auf seiner Reise will Walter sich überlegen, wie es nach seiner Rückkehr mit “Nerdcore” weitergehen könnte.

5. Reporterhölle
(zeit.de, Abdalle Ahmed Mumin)
Der Journalist Abdalle Ahmed Mumin über seine Heimat Somalia — für Journalisten „einer der schlimmsten Orte der Welt“.

6. Auch Spaghettimonster zahlen Rundfunkbeitrag
(faz.net, Patrick Bahners)
Das Verwaltungsgericht München musste klären, ob für ein Grafikbüro, das als Kultstätte der “Kirche des Fliegenden Spaghettimonsters” dient, der Rundfunkbeitrag genauso entfällt, wie für gottesdienstlich genutzte Stätten beispielsweise der katholischen Kirche. Patrick Bahners hat die Verhandlung verfolgt, mit einigen Erkenntnissen “über Gott und die Welt. Vor allem über Bayern.”

Bild.de, n-tv.de  etc.

Medien lassen John Rambo gegen “IS”-Terroristen kämpfen

Die Comic-Con in San Diego ist für Journalisten immer ein zuverlässiger Lieferant aufregender Schlagzeilen. Auch nach der diesjährigen Messe gibt es wieder heiße Neuigkeiten, diesmal zur geplanten “Rambo”-Fortsetzung.

n-tv.de fragt:

Und Bild.de weiß:

Das könnte die Kino-Sensation des Jahres werden!

John J. Rambo wird gegen die Terrormiliz ISIS kämpfen. Arbeitstitel des fünften Teils der Kult-Filmreihe: „Rambo. Last Blood.“

Das verriet Sylvester Stallone (68) bei einer Fragerunde auf der Comic-Messe in San Diego. Dass er ein letztes Mal als Vietnam-Veteran John Rambo auf die Leinwand zurückkehren würde, war schon im vergangenen Jahr bekannt geworden. Die Produktion sei jetzt in vollem Gange und sein Team würde zurzeit Drehorte im Irak und in Syrien auswählen, erklärte Stallone laut „Washington Times“.

„Wir arbeiten mit der Bevölkerung vor Ort um das intensivste und realistischste Rambo-Film-Erlebnis überhaupt zu schaffen“, sagte Stallone.

Gut, vielleicht ist die „Washington Times“ nicht gerade die glaubwürdigste Quelle, aber es gibt laut n-tv.de ja noch eine andere:

Während einer Frage-und-Antwort-Runde [auf der Comic-Con] habe ein Fan wissen wollen, ob es eine Fortsetzung zum „Rambo“-Film von 2008 geben werde, schreibt die Zeitung „Washington Post“. „Wir arbeiten tatsächlich gerade daran“, antwortete demnach Stallone. „Wir haben Teams, die sich im Irak umgucken und in Teilen von Syrien, wo der Islamische Staat seine Hochburgen hat.“

Wobei … ob “Washington Times” oder “Washington Post” ist im Grunde dann doch ziemlich egal, denn es gibt an dieser Geschichte einen eher generellen Haken: Sylvester Stallone war in diesem Jahr gar nicht auf der Comic-Con.

Sylvester Stallone did not attend Comic-Con 2015, and consequently there was no official remark from him regarding Rambo made there at the event. This is not an accurate report.

… sagte vorgestern ein Sprecher Stallones dem „Rolling Stone“.

Wie sind Bild.de, ntv.de und all die anderen Medien also auf die Story gekommen?

Nun, einige der Journalisten waren so freundlich, ihre Quelle gleich zu verlinken. Bild.de und die „Daily Mail“ zum Beispiel verweisen auf diesen Artikel der „Washington Times“:

… der interessanterweise fast genauso aussieht wie der Artikel der „Washington Post“:

Um zu erkennen, dass es sich hier weder um die echte “Washington Post” noch um die echte “Washington Times” handelt, muss man nicht einmal deren tatsächliche Seiten kennen. Man muss sich bloß diese billige Aufmachung und die URL anschauen (washingtonpost.com.co), um stutzig zu werden, und wenn man dann noch ins einen Klick entfernte Impressum schaut, wo steht:

This website is in no way affiliated with http://washingtonpost.com

… dann dürfte zumindest klar sein, dass hier irgendwas gehörig faul ist.

Klar, die Journalisten hätten auch bis zum Ende des Artikels scrollen …

… und auf den Link zu “National Report” klicken können, und wenn sie dort ins Impressum geschaut hätten, hätten sie gelesen:

National Report is a news and political satire web publication, which may or may not use real names, often in semi-real or mostly fictitious ways. All news articles contained within National Report are fiction, and presumably fake news. Any resemblance to the truth is purely coincidental.

Aber irgendwann ist auch mal gut, sonst müssten die Journalisten ja das tun, was Journalisten tun müssten.

Immerhin: n-tv.de hat den Fehler (nach dem Hinweis einer BILDblog-Leserin) inzwischen bemerkt, in einer Anmerkung das Dementi des Stallone-Sprechers ergänzt — und die Stelle „schreibt die Zeitung ‘Washington Post’“ unauffällig in „hieß es in einem Medienbericht“ geändert.

Bei Bild.de glauben und verkünden sie derweil immer noch, John Rambo werde schon bald “gegen die Terrormiliz ISIS kämpfen”.

Mit Dank an Katharina S.

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