Dirk Hoerens verrenkte Rentenrechnung

Dirk Hoeren ist bei der “Bild”-Zeitung der Mann für die Zahlen. Wenn die Redaktion mal wieder eine Statistik so verbogen haben will, dass sie damit Stimmung gegen Hartz-IV-Empfänger/Rumänen und Bulgaren/Griechen/ARD und ZDF machen kann, setzen sie ihren Europa-Chefkorrespondenten an die Sache. Heute hat Hoeren mal wieder die Griechen ins Visier genommen:

Okay, dann schauen wir uns das mal an.

Hoeren behauptet, schon jetzt würden …

rund 17 % der Wirtschaftsleistung […] in Griechenland allein für die Altersgelder aufgewendet — zweithöchster EU-Wert (hinter Italien), errechnete der IWF. Das sind 42 Milliarden Euro.

Stimmt. Doch die 17 Prozent sagen nichts über die angeblich unbezahlbaren griechischen Renten aus. Wenn ich im Monat 300 Euro verdiene und davon 90 Prozent für die Miete ausgebe, bedeutet das nicht, dass die Wohnung überteuert ist, sondern mein Einkommen recht niedrig. Soll heißen: Der relative Anteil der Rentenzahlungen ist in Griechenland auch deswegen so hoch, weil er sich an einer krisengebeutelten Wirtschaftsleistung bemisst; und nicht nur, weil der Staat eine Luxusrente nach der anderen spendiert.

Daneben unterschlägt Dirk Hoeren einen noch wichtigeren Aspekt: Die hohen Rentenkosten entstehen in Griechenland auch, weil es dort mehr alte Menschen als anderswo gibt. 20,5 Prozent der Griechen sind 65 Jahre und älter — der dritthöchste Wert in der Eurozone.

Weiter schreibt Hoeren:

Die Durchschnittsrente liegt in Griechenland bei 960 Euro, in Deutschland bei 792 Euro (FAZ).

Die Angabe zur deutschen Durchschnittsrente dürfte in etwa stimmen: Laut Deutscher Rentenversicherung lag sie Ende 2013 bei 682 Euro in Westdeutschland und 801 Euro in Ostdeutschland (PDF).

Bei der griechischen Durchschnittsrente ist es hingegen deutlich komplizierter, an belastbare Zahlen zu kommen, was vor allem am aufgeblähten System aus 133 Pensionsträgern liegt. Hoeren bezieht sich bei seinen 960 Euro auf einen Artikel der “Frankfurter Allgemeinen Zeitung”, der sich wiederum auf einen Artikel aus der “Welt” bezieht, der sich auf Angaben aus “Verhandlungskreisen in Brüssel” bezieht. Zwei Tage, nachdem Hoerens Kronzeugentext in der “FAZ” erschienen ist, musste die Redaktion enorm zurückrudern:

Es gibt keine aktuellen Berichte der EU-Kommission oder des Internationalen Währungsfonds über das griechischen [sic] Rentensystem und die aktuelle Höhe der Rentenzahlungen. Dennoch kursieren in der deutschen Debatte Zahlen über die Renten in Griechenland, die Vorurteile über „Luxusrenten“ zu bestätigen scheinen, aber die griechische Wirklichkeit nicht wirklich abbilden.

Und diese Vorurteile befeuert Dirk Hoeren selbst zweieinhalb Monate nach der “FAZ”-Klarstellung zu den 960 Euro fröhlich weiter.

Deutlich andere Zahlen zur durchschnittlichen griechischen Rente nennt aktuell die “Financial Times”: Sie spricht von 700 Euro, dazu gebe es eine freiwillige Zusatzrente, die durchschnittlich 170 Euro pro Monat betragen soll. Rund 45 Prozent der griechischen Renter sollen weniger als 665 Euro monatlich bekommen und somit unter der Armutsgrenze liegen. Auch die Zahlen der “Financial Times” sind natürlich mit Vorsicht zu betrachten.

Der nächste Punkt, den Dirk Hoeren bei der “Griechen-Rente” anprangert:

Etwa zwei Drittel der griechischen Senioren bekommen zwei Renten gleichzeitig, in Deutschland sind es nur knapp 20 % (z. B. Witwenrenten).

Die damit angedeutete — vermeintliche — Ungerechtigkeit ergibt sich unter anderem aus dem bereits erwähnten 133-Pensionsträger-System. Wenn Griechen durch verschiedene Tätigkeiten mehrere Rentenansprüche erworben haben, die von unterschiedlichen Trägern verwaltet werden, werden ihnen auch mehrere Renten gleichzeitig ausgezahlt. Gleiches gilt, wenn sie für freiwillige Zusatzrenten eingezahlt haben und diese nun bekommen oder ihnen Witwenrenten zustehen.

Hoeren poltert weiter:

Das griechische Rentenniveau liegt bei 63% des Bruttolohns, bei uns sind es 48%.

Hierbei verschweigt er, wie sich in Griechenland in der Regel das Einkommen zusammensetzt. Einen großen Teil bilden nämlich Zuschläge, im öffentlichen Dienst mitunter sogar den größeren. Die Rente bemisst sich aber am Grundgehalt. Deren Anteil ist dadurch scheinbar hoch; bezogen auf das gesamte Gehalt relativiert sich das aber wieder.

Den krönenden Abschluss seines gesammelten Unfugs hat sich Dirk Hoeren aber fürs Ende seines Artikels aufgehoben:

Wegen der vielen Frühpensionen beträgt das tatsächliche Durchschnitts-Rentenalter in Griechenland 56,3 Jahre. Deutsche Rentner gingen vergangenes Jahr im Schnitt mit 64 Jahren aufs Altenteil.

Eine Quellenangabe für die 56,3 Jahre gibt’s im “Bild”-Text nicht. Auf Nachfrage reagierte Hoeren heute so:

Die Tabelle, die er seinem Tweet angehängt hat, stammt aus einem aktuellen Reformvorschlag der griechischen Regierung (PDF). In der linken Hälfte (“PS Δημóσιο”) gibt sie an, dass sie für das Jahr 2016 im öffentlichen Dienst ein durchschnittliches Renteneinstiegsalter von 56,3 Jahren anpeilt.

Also: das angepeilte Renteneinstiegsalter für den öffentlichen Dienst. Dirk Hoeren macht daraus das aktuelle Renteneinstiegsalter aller Griechen.

Dass der Wert so niedrig ist, weil er beispielsweise Soldaten und Feuerwehrmänner einrechnet, die regelmäßig früher mit ihrem Dienst aufhören, und weil er die Frühverrentung Tausender Staatsdiener im Zuge der Sparauflagen beinhaltet, interessiert Dirk Hoeren nicht. Ebenso wenig, dass vier Spalten weiter rechts das für 2016 anvisierte Renteneinstiegsalter bei der größten Rentenversicherung für Angestellte in der Privatwirtschaft mit 60,6 Jahren angegeben wird. Im Gegenteil: Er packt die knackigen 56 Jahre in die Dachzeile seines Artikels:

Da es noch einige weitere griechische Versicherungsträger gibt, handelt es sich aber auch bei den 60,6 Jahren nicht um das durchschnittliche Renteneintrittsalter aller Griechen. Das gab die OECD 2012 (Excel-Tabelle) mit 61,9 Jahren bei Männern und 60,3 Jahren bei Frauen an. Nun liegt bei Dirk Hoerens Altersangaben aber nicht nur das “Durchschnitts-Rentenalter in Griechenland” (er meint das Renteneintrittsalter) völlig daneben, sondern auch das in Deutschland. Die 64 Jahre hat er nach eigener Angabe von der “Deutschen Rentenversicherung”:

In der Statistik “Rentenversicherung in Zahlen 2014” (PDF) findet man tatsächlich ein “Rentenzugangsalter” von 64,1 Jahren. Dieser Wert bezieht sich allerdings nur auf die Personen, die wegen ihres Alters in Rente gegangen sind. Rechnet man diejenigen hinzu, die beispielsweise aufgrund einer Krankheit früher ihre Arbeit aufgeben musste, ergibt sich ein Renteneinrittsalter von 61,3 Jahren. Diese Angabe deckt sich in etwa mit der der OECD von 2012 (Männer: 62,1 Jahre, Frauen: 61,6, Jahre).

Wenn man es genau betrachtet, ist der Unterschied zwischen dem griechischen und dem deutschen Renteneintrittsalter also gar nicht mehr so groß. Wenn man es genau betrachtet, ist es aber auch viel schwieriger, den Hass gegen die Griechen zu schüren:

Mit Dank an Michalis P.!

“Bild” zimmert aus alten Stühlen historisches Mobiliar

„Bild“-Reporter Kolja Gärtner treibt sich für seine irren und bizarren Geschichten normalerweise in den Gerichtssälen Hessens herum, für seine neuesten Knaller hat er sich aber mal nicht mit kranken Killern oder metzelnden Messer-Mördern beschäftigt, sondern mit vergleichsweise edlen Dingen.

Auf einer Auktionsseite für ausgemustertes Behörden-Eigentum stieß er nämlich auf das hier:

Voller Ehrfurcht berichtet der Reporter:

An diesen Tischen und auf diesen Stühlen wurde hessische Geschichte geschrieben: Der Landtag versteigert 50 Möbelstücke aus der Frühzeit unseres Bundeslandes.

Am 1. Dezember 1946 trat die hessische Landesverfassung in Kraft – Geburtsstunde des Landes. Vermutlich im Folgejahr schaffte der Landtag die jetzt zum Verkauf stehenden Stücke an. (…)

Historische Stücke, die wohl von Politik-Legenden wie Georg-August Zinn (SPD, 1901-1976, Ministerpräsident 1959 – 69), Holger Börner (SPD, 1931-2006, Ministerpräsident 1976-87), Walter Wallmann (CDU, 1932-2013, Ministerpräsident 1987-91) und Joschka Fischer (67, 1985-87, erster grüner Minister) genutzt wurden.

(Wo hier gerade so schön mit Zahlen geworfen wird: Zinn war nicht von 1959 bis 1969 Ministerpräsident, sondern von 1950 bis 1969, aber das nur am Rande.)

Anders gesagt: Wer diese Exemplare erwirbt, kann …

Sitzen wie Georg-August Zinn, tafeln wie Joschka Fischer

So jedenfalls die Version der „Bild“-Zeitung.

Der hessische Landtag, von dem die Möbel kommen, erzählt die Geschichte allerdings ein wenig anders:

Wiesbaden – Entgegen der Berichterstattung der Bild Zeitung handelt es sich bei den (…) angebotenen Möbelstücken nicht um historisches Mobiliar.

Die 39 Stühle und 11 Tische wurden 1947 angeschafft und zunächst in der damaligen Kantine verwendet. Nach der Auflösung der Kantine (ca. Mitte der siebziger Jahre) wurden die Möbel für verschiedene Zwecke im Landtag verwendet, unter anderem als Mobiliar für Sitzungsräume und als Büroausstattung. Eine besondere Nutzung durch bekannte Landespolitiker wie in dem Artikel dargestellt ist nicht bekannt oder belegbar.

Auch sonst klingt die offizielle Version irgendwie nicht mehr ganz so romantisch:

Die Möbel sind aufgrund ihrer langjährigen Verwendung abgenutzt und insbesondere die Stühle im Holzwerk nicht mehr stabil. Zudem entsprechen die Stühle nicht den heutigen Anforderungen an Sitzmöbel für Besprechungsräume oder als Büroausstattung.

Aus diesem Grund wurden die Möbel zur Aussonderung freigegeben. Das Landesamt für Denkmalpflege hat im Zuge des Aussonderungsverfahrens mitgeteilt, dass die Ausstattung in der Nutzungs- und Baugeschichte des Stadtschlosses keine nachhaltige Phase darstellt und somit keinen historischen Wert hat.

Tja.

Doch von so doofen Fakten lässt sich „Bild“ freilich keine Story kaputtmachen: Der Text ist heute, zwei Tage nach der Richtigstellung des Landtags, immer noch unverändert online.

Von diesem ganzen Recherchegedöns scheint “Bild”-Mann Gärtner aber ohnehin nicht viel zu halten. Der Landtag schreibt noch:

Vor der Berichterstattung hat es keine offizielle Anfrage bezüglich des historischen Wertes des Mobiliars bei der Pressestelle des Hessischen Landtags gegeben.

Mit Dank an den Hinweisgeber.

Apple, Angst, Alfred Neven DuMont

1. “Josef K. im Hubschrauber”
(taz.de, Ulrich Schulte)
Journalisten am G7-Gipfel auf Schloss Elmau 2015: “Alles da, alles einfach, alles toll. Es gab Geschenke, G7-Gipfel-Schlüsselanhänger, G7-Gipfel-Kugelschreiber, einen Rucksack samt Gipfellogo und bayerischem Wappen. Es gab ein sagenhaftes Buffet im Cateringzelt, das von morgens bis abends Schweinebraten, Knödel und frische Salate anbot. Es gab einen stylischen Entspannungsraum mit einer Cocktailbar, Sitzsäcken, Tischfußball und Großbildschirmen.” Siehe dazu auch “The G7 media centre – a German sausage factory of news” (theguardian.com, Charlie Skelton, englisch).

2. “Pressefreiheitsrankings unter der Lupe”
(de.ejo-online.eu, Anna Carina Zappe)
Anna Carina Zappe analysiert Stärken und Schwächen fünf verschiedener Rankings der Medienfreiheit.

3. “‘Unsere Patienten gelten als verrückt, nicht als krank'”
(faz.net, Lucia Schmidt)
“Der mediale und gesellschaftliche Umgang mit der Flugzeugkatastrophe hat die Entstigmatisierung von psychisch kranken Menschen um Jahre zurückgeworfen”, sagt Psychiatrieprofessor Andreas Reif über die Folgen des Absturzes von Germanwings-Flug 9525: “Psychische Erkrankungen sind häufig. (…) Diese Patienten dürfen in keine Ecke gedrängt werden, das verschlechtert ihre Prognose und Versorgung dramatisch, das wiederum hat Auswirkungen auf unsere gesamte Gesellschaft.”

4. “Raus aus dem Hamsterrad: Warum wir nicht mehr über Apple-Events berichten”
(basicthinking.de, Tobias Gillen)
Das Blog Basicthinking.de fährt die gut geklickte (Live-)Berichterstattung über Apple-Events zurück: “Das alles bedeutet natürlich nicht, dass es auf BASIC thinking nie mehr Apple-Themen zu lesen geben wird. Aber wir haben uns von diesem Hype-Denken verabschiedet und werden uns Produkten mit der nötigen Ruhe und Distanz widmen, genauso wie wir es mit anderen Dingen und Themen auch machen (über Microsoft-Präsentationen u.ä. berichten wir auch nicht im Liveticker).”

5. “Reden der Trauerfeier für Alfred Neven DuMont”
(ksta.de)
Fünf Reden zum Tod von Alfred Neven DuMont. Hans Werner Kilz: “Natürlich konnte – und wollte – er in seinen Blättern verhindern, was ihm nicht in den Kram passte. ‘Ich hätte nicht gerne eine Zeitung führen wollen, wo ich mich am Schluss nicht hätte durchsetzen können’, sagte er ganz offen. Redaktionsstatute, die Verleger-Entscheidungen dem Votum der Mitarbeiter unterwarfen, fand er ein Gräuel. Aber er ließ andere Meinungen gelten, sie mussten nur gut begründet sein. Wer sauber recherchiert hatte, brauchte Interventionen nicht zu fürchten.”

6. “Die Angstgesellschaft”
(internet-law.de, Thomas Stadler)
Siehe dazu auch “Informationsfreiheits-Ablehnung des Tages: Der Bundesnachrichtendienst antwortet uns überhaupt nicht mehr” (netzpolitik.org, Andre Meister).

Aus dem lustigen Leben eines “Bild”-Sportreporters

Jürgen Klopp, der ehemalige Trainer von Borussia Dortmund, hat sich in seiner Zeit beim BVB bekanntermaßen gerne mal aufgeregt, mitunter auch über Journalisten. Die Mitarbeiter der “Bild”-Zeitung hatten es ihm dabei immer ganz besonders angetan.

Nach einem Spiel etwa, in dem BVB-Stürmer Marco Reus den Linienrichter umgehauen hatte, kam es, wie “Bild” später nicht ohne Stolz berichtete, zu folgender Szene:

Ich [der “Bild”-Reporter] frage Klopp: „Haben Sie sich kurz Gedanken um den Linienrichter gemacht, als Marco Reus ihn abgeräumt hat?“

Klopp schäumt.

Er weiß, für wen ich arbeite, fragt aber süffisant: „Von was für einer Zeitung sind Sie?“

Ich: „BILD.“

Klopp: „Neeee… So viel Fußball heute, und dann müsst ihr so eine Kack-Geschichte machen. Boah ist das ein Drecksleben, das tut mir wirklich leid!“

Das wollte der “Bild”-Reporter nicht auf sich sitzen lassen.

Drecksleben als BILD-Reporter?

Das ist beleidigend und falsch

Und wie! Denn in Wahrheit ist das Leben als “Bild”-Reporter vor allem eins: megafunny! Besonders dann, wenn man mit Jürgen Klopp zu tun hat.

Fragen Sie mal Jörg Weiler. Der ist auch “Bild”-Reporter — ebenfalls zuständig für den BVB — und hat anlässlich des Abschieds des Dortmunder Trainers neulich „von seinen lustigsten Momenten in sieben Jahren mit Jürgen Klopp“ erzählt.

Zum Beispiel das hier:

Bei einem Testspiel in Emmendingen war es, wo er [Klopp] mir vorher gesagt hat: „Du musst mir einen Gefallen tun: Geh nicht zu meiner Mutter! Die kommt heute mal ins Stadion, um mal zuzugucken, und du wirst nicht zu meiner Mutter gehen!“

Das war ein langweiliges Testspiel, es hat geregnet in Strömen, und dann hatte ich natürlich irgendwann doch die Idee, zumindest aus Neugier mal zu gucken, wie die Mutter aussieht.

Natürlich.

Bin zu der Mutter hingegangen, hab mich nur kurz vorgestellt, ‘n Smalltalk mit ihr gehalten, und bin wieder abgehauen. Und ich schätze mal, das waren 80 bis 90 Meter Entfernung, die der Klopp da irgendwie gucken musste, um das überhaupt mitzubekommen.

Auf der anschließenden Pressekonferenz dann:

Und plötzlich merke ich, wie mir einer vor’s Scheinbein tritt. (…) Dann kommt der zweite Tritt, mitten vor’s Schienbein, und ein dritter Tritt, und ich hatte gute Schmerzen. Irgendwann sehe ich: Es war der Klopp. Ich sag’ zu ihm: „Hömma, was soll der Kack denn? Was machst du denn da?“ Und darauf entgegnete er mir nur: „Hömma, ich hab’ genau gesehen, dass du bei meiner Mutter warst, das hatte ich dir doch extra gesagt, dass Du da nicht hingehen sollst.“

(grinst)

Hihi, ja, ganz schön ulkig, dieses Dasein als “Bild”-Mensch. Mütter behelligen, die man nicht behelligen soll — oder Gespräche belauschen, die man nicht belauschen soll:

Ich kann mich noch erinnern, es war sehr, sehr warm, knalleheiß (…), und das Fenster war eben offen. Und wir standen da, weil der Ordner vergessen hatte, uns wegzuschicken, und ich konnte mal live eine Mannschaftssitzung von Borussia Dortmund miterleben und habe gehört, wie’s da eben zuging. Kloppo wurde schon sehr, sehr deutlich (…). Dann hab ich nach dieser Sitzung allerdings einen Kardinalfehler gemacht: Habe ihn auf die Sitzung angesprochen, worauf der Mann dann fast einen Blutstau bekommen hat vor Wut, dass wir eben da vor dem Fenster gestanden haben und alles mithören konnten. Muss ich heute noch im Nachhinein Sorry an Willi sagen, den Ordner, weil der hat da richtig einen zwischen die Hörner bekommen. Tut mir leid, Willi, das war mein Fehler, aber es war trotzdem ein unvergessenes Erlebnis.

Der Off-Sprecher fasst zusammen:

Kein Zuckerschlecken, sich als Journalist mit Jürgen Klopp anzulegen.

Und erst recht keins, so jemanden wie Jörg Weiler am Bein zu haben.

Mit Dank an Hannes.

Richter, Quellenschutz, G7-Gipfel

1. “G7 – Ein Transparenzbericht”
(flaschenpost.piratenpartei.de, Steve König)
Steve König berichtet aus dem Medienzentrum am G7-Gipfel auf Schloss Elmau 2015: “Eine Kommunikation zu den Delegationen der G7 gibt es so gut wie nicht. Außerhalb von Pressekonferenzen und Briefings ist es nicht möglich, mit ihnen in den Kontakt zu treten. Allerdings gibt es ein reichhaltiges Angebot an Presseterminen: Fotoshooting von der Ankunft in München, Fotoshooting vom Weg zu Schloss Elmau, Fotoshooting vor dem Treffen, zwischen den Treffen, während des Abendessens.” Siehe dazu auch “Nach Merkels Elmau-Show ist Scham angesagt” (heise.de/tp, Florian Rötzer).

2. “Fast 30’000 Mal geteilt: Darum geht ein drei Jahre alter Leserbrief mit Falschinformationen über Asylbewerber viral – und das sagt die Autorin dazu”
(watson.ch, Daria Wild)
Daria Wild geht einem in sozialen Netzwerken geteilten Leserbrief nach, der Zahlungen an Asylbewerber und Zahlungen an Rentner miteinander vergleicht: “Der Betrag, auf den sie sich bezieht, ist eine Pauschale an die Kantone pro Asylbewerber und kein Sackgeld. Kleider kriegen Asylbewerber genauso wenig geschenkt wie die Zahnreinigung – der Vergleich mit den AHV-Beträgen ist an den Haaren herbeigezogen.”

3. “Test zum Quellenschutz: Medienschaffende schlechter als Schimpansen”
(dominiquestrebel.wordpress.com)
Die Bachelorstudie “Der Informanten- und Quellenschutz im schweizerischen Strafrecht” (PDF-Datei) zeige, berichtet Dominik Strebel, dass Journalisten “ihre Möglichkeit zum Informanten- und Quellenschutz generell und stark” überschätzen.

4. “Neue ‘Economist’-Chefredakteurin: ‘Sorry! Wir Briten halten mit niemandem Händchen'”
(spiegel.de, Barbara Hans und Christian Rickens)
“Spiegel Online” spricht mit der neuen “Economist”-Chefredakteurin – weil sie eine Frau ist: “Ganz ehrlich: Wir säßen vermutlich nicht hier, wenn Sie ein Mann wären. Nervt es Sie, wenn sich Journalisten nur für Sie interessieren, weil sie die erste Frau in dieser Funktion sind?”

5. “Die Augen des Revisionsgerichts”
(zeit.de, Thomas Fischer)
Bundesrichter Thomas Fischer legt in einem langen Text dar, wie Entscheidungen am Bundesgerichtshof (BGH) tatsächlich zustandekommen: “Fünf höchstqualifizierte Richter lauschen 16 Stunden pro Woche mit unbewegtem Gesicht, innerem Stöhnen und gelegentlich überwältigender Müdigkeit den ‘Vorträgen’ von Kollegen, die sich redlich, aber vergebens bemühen, 200 Seiten lange hochkomplizierte ‘Einerseits-Andererseits’-Abwägungen umfassend, lückenlos und neutral darzustellen. Anschließend entscheiden drei von fünf Richtern, ob sich in den Formulierungen des Urteilstexts ein Rechtsfehler befindet – und damit über das Schicksal eines verurteilten Menschen –, ohne auch nur eine einzige Zeile des angefochtenen Urteils gelesen zu haben.” Siehe dazu auch “Der Richterkönig lebt!” (faz.net, Volker Rieble, 31. Mai).

6. “5 Ways Powerful People Trick You Into Hating Protesters”
(cracked.com, David Wong, englisch)

Rügen-Drama! Helene Fischer und das Killer-Kommando

Vergangene Woche hat der Presserat neben der Germanwings-Berichterstattung auch die “regulären” Beschwerden bearbeitet und im Anschluss (zusätzlich zu den zwei Rügen, sechs Missbilligungen und neun Hinweisen zu Germanwings) sechs Rügen, 26 Missbilligungen und 27 Hinweise ausgesprochen.

Am fleißigsten unjournalistisch unterwegs waren mal wieder die “Bild”-Medien und die der Regenbogenpresse.

***

Eine Rüge bekam Bild.de für die Veröffentlichung eines Notruf-Mitschnitts aus den USA, in dem eine schwer verletzte Frau berichtet, dass sie schwanger sei und ihr der Bauch aufgeschnitten wurde:

(Inzwischen offline.)

Der Beschwerdeausschuss bewertete die Veröffentlichung als unangemessen sensationell (Verstoß gegen Ziffer 11):

Der über fünf Minuten lange Mitschnitt ermöglichte es den Hörern, am Leiden der Frau teilzunehmen. Ein Begleittext mit einer journalistischen Einordnung des Falls fehlte. Da die Frau auch mit Bild gezeigt wurde und sie bei dem Notruf ihren Vornamen, ihr Alter und ihre Adresse nennt, lag zudem eine Verletzung des Schutzes ihrer Persönlichkeit vor.

Dass ein Begleittext fehlte, ist übrigens so nicht ganz richtig. Im Video-Bereich von Bild.de erschien das Video zwar ohne eigenen Text, geschrieben hat das Portal über den Fall aber an anderer Stelle. Und da umso ausführlicher:


Darüber hat sich aber niemand beim Presserat beschwert.

„Bild“ und Bild.de erhielten außerdem fünf Missbilligungen.

Auf Bild.de war ein Artikel über einen Mann erschienen, der angeblich heimlich ein Mädchen gefilmt hatte und von dessen Vater daraufhin zu Tode geprügelt wurde. Im Artikel wurden beide Männer unverpixelt gezeigt, worin der Presserat einen Verstoß gegen Ziffer 8 (Schutz der Persönlichkeit) erkannte.

Ebenfalls gegen Ziffer 8 verstieß nach Ansicht des Presserats dieser Artikel:

… weil Bild.de die Gesichter der Opfer unverpixelt gezeigt hatte.

Auch in diesem Fall …

… verzichtete Bild.de auf eine Anonymisierung des Opfers, allerdings ist wohl davon auszugehen, dass eine Erlaubnis der Eltern vorlag (sie haben sich auch selbst von „Bild“ fotografieren lassen).

Eine Erlaubnis für das Zeigen des Täters hatte Bild.de aber offensichtlich nicht; der Presserat sprach erneut eine Missbilligung wegen Verstoßes gegen Ziffer 8 aus.

Missbilligt wurde zudem dieser Beitrag:

Das Video wurde zwar von der Mutter selbst veröffentlicht, dennoch erkannte der Presserat einen Verstoß gegen Ziffer 1 (Wahrhaftigkeit und Achtung der Menschenwürde).

***

Die “Maßnahmen” des Presserates:

Hat eine Zeitung, eine Zeitschrift oder ein dazugehöriger Internetauftritt gegen den Pressekodex verstoßen, kann der Presserat aussprechen:

  • einen Hinweis
  • eine Missbilligung
  • eine Rüge.

Eine “Missbilligung” ist schlimmer als ein “Hinweis”, aber genauso folgenlos. Die schärfste Sanktion ist die “Rüge”. Gerügte Presseorgane werden in der Regel vom Presserat öffentlich gemacht. Rügen müssen in der Regel von den jeweiligen Medien veröffentlicht werden. Tun sie es nicht, dann tun sie es nicht.

Eine weitere Rüge sprach der Presserat gegen die „Ludwigsburger Kreiszeitung“ aus. Das Blatt hatte eine Polizeimeldung über einen Trickdiebstahl veröffentlicht. Darin stand, dass die Verdächtigen „vermutlich Sinti oder Roma“ seien. Der Beschwerdeausschuss bewertete das als diskriminierend und als „einen schwerwiegenden Verstoß gegen Ziffer 12 in Verbindung mit Richtinie 12.1 des Pressekodex“, in der steht:

In der Berichterstattung über Straftaten wird die Zugehörigkeit der Verdächtigen oder Täter zu religiösen, ethnischen oder anderen Minderheiten nur dann erwähnt, wenn für das Verständnis des berichteten Vorgangs ein begründbarer Sachbezug besteht.

Dieser Bezug fehlte nach Ansicht des Presserats in diesem Fall.

***

Ebenfalls gerügt wurde die „Märkische Allgemeine“. Die Zeitung hatte drei Beiträge veröffentlicht, in denen den Lesern jeweils ein bestimmtes Produkt vorgestellt wurde (Notizbuch, Haarpflegemittel, Raumspray), inklusive Produktfotos und Preisnennung. In einem Fall wurde der vorgestellte Artikel zudem als „Wundermittel“ bezeichnet. Der Beschwerdeausschuss sah durch diese Angaben die Grenze zur Schleichwerbung nach Richtlinie 7.2 überschritten.

***

Alle weiteren Rügen gingen diesmal wieder an die Regenbogenpresse.

Unter anderem an “Das neue Blatt“. Das Heft aus dem Bauer-Verlag hatte im vergangenen Jahr getitelt:

Die Geschichte ging so: Neulich ist mal eine Artistin im Düsseldorfer Varieté aus vier Metern Höhe gestürzt und hat sich verletzt. Helene Fischer macht bei ihrer Tour auch ein paar Kunststücke in luftiger Höhe. Ende.

Oder wie „Das neue Blatt“ zusammenfasst:

Sie will überraschen, das Publikum begeistern: Für ihre Fans gibt Helene Fischer alles! Dabei ist die Gefahr, sich zu verletzen oder dass Schlimmeres passiert, groß, wie ein schwerer Unfall zeigt. […] Ob Helene nach diesem Drama vernünftig wird?

Auch der Presserat wertete die Darstellung auf der Titelseite und in der Schlagzeile als „bewusst irreführend“ und als Verstoß gegen die Ziffern 1 (Wahrhaftigkeit) und 2 (Sorgfalt).

***

Gleich zwei Rügen (ebenfalls wegen Verstößen gegen die Ziffern 1 und 2) kassierte der „Alles Gute Verlag“ — für einen identischen Artikel in zwei verschiedenen Heften. Beide hatten getitelt:


Diese Mehrfachverwurstung ist in der Regenbogenpresse übrigens üblich.

Die Informanten für die Story sind angeblich irgendwelche „Palastinsider“, die angeblich „von einer ausgewachsenen Depression“ bei Norwegens Prinzessin sprechen. Belege für eine tatsächliche Erkrankung liefern die Blätter nicht.

Das Foto auf dem Titel haben die Redaktionen noch dazu komplett aus dem Zusammenhang gerissen. Ja, sie weint auf dem Foto, aber nicht wegen der angeblichen „Schock-Diagnose“, sondern weil sie um die 77 Opfer trauert, die bei den Anschlägen in Norwegen am 22. Juli 2011 ums Leben kamen. Darunter auch Mette-Marits Stiefbruder, der auf der Insel Utøya erschossen wurde.

Die Fotos wurden bei einer Trauerfeier aufgenommen und werde seitdem immer wieder von den Regenbogenredaktionen missbraucht, um ihre Lügengeschichten zu illustrieren.

Apropos. Die „Freizeit direkt“ aus dem Deltapark-Verlag sieht zurzeit so aus:

Und der “Alles Gute Verlag” hat seinen soeben doppelt gerügten Artikel einfach noch ein drittes Mal rausgejagt. Die aktuelle “Freizeit heute” sieht so aus:

Zu den Mitteilungen des Presserats

Verwirung bei den Hauptstadtjournalisten

Wenn die Autoren von Bild.de vom kollektiven “wir” sprechen, meinen sie meist nicht nur sich und ihren Sitznachbarn in der Redaktion, sondern eher ganz Deutschland oder im Zweifel gleich die ganze Menschheit.

Bei der heutigen Ausgabe der täglich traurigen “Zehn um zehn”-Liste dürfte das “wir” hingegen nur einen begrenzten Personenkreis umfassen:

Im zehnteiligen Quiz geht’s schon bei der ersten Frage gut los:

Nun ja, ganz so eindeutig ist es nicht. Bern ist zwar “Bundesstadt”, de jure gibt es aber keine schweizerische Hauptstadt.*

Nächste Frage:

Die Stadt Sidney gibt es zwar einmal in Kanada und mehrmals in den USA; in Australien gibt es aber nur die Stadt Sydney, die fälschlicherweise oft anstelle von Canberra als Hauptstadt genannt wird (immerhin diesen Bock hat Bild.de nicht geschossen).

Zwei Fragen weiter will Bild.de folgendes wissen:

Pretoria ist tatsächlich Südafrikas Hauptstadt. Aber nur eine von dreien: Die Regierung sitzt in Pretoria, das Parlament in Kapstadt und das Oberste Berufungsgericht in Bloemfontein.

Weiter:

“Neu Dehli” wird eigentlich “Neu-Delhi” geschrieben, aber gut. Vollends verstrickt sich die Redaktion im Hauptstadt-Wirrwarr bei Frage neun. Da macht sie das Emirat Schardscha (auf Englisch: “Sharjah”, auf Bild.de: “Scharjah”) zur Hauptstadt der Vereinigten Arabischen Emirate:

Richtig wäre Abu Dhabi.

Einige Bild.de-Leser haben die Schnitzer bereits bemerkt und in den Kommentaren bemängelt. Das “wir” bezieht sich in diesem Fall also tatsächlich nur auf die, die es geschrieben haben.

Mit Dank an Marvin!

*Korrektur, 18.15 Uhr: Statt “de jure” hatten wir zuerst “de facto” geschrieben. Sorry!

Schokoladen-Diät, Rabauken-Jäger, Hip-Hop-Journalismus

1. “Schlank durch Schokolade”
(arte.tv, Video, 52:22 Minuten)
Diana Löbl und Peter Onneken erfinden die Schokoladen-Diät “The Chocolate Transformation” und “führen eine wissenschaftlich begleitete Studie durch, die so absurd ist, dass man sie eigentlich nicht ernst nehmen dürfte”. Sie findet dann dennoch ihren Weg in die Medien (ab Minute 47).

2. “Der Schokoladenstudienreport – ein Schlappe für den Journalismus”
(scienceblogs.de/geograffitico, Jürgen Schönstein)
Jürgen Schönstein kritisiert die Darstellung der Autoren: “Kurz nach der 47. Minute erfahren wir dann, dass eine aufwändig vorbereitete Pressemitteilung an ‘hunderte Journalisten in ganz Deutschland’ geschickt wurde. Doch das waren nicht etwa WissenschaftsjournalistInnen, wie man bereits drei Minuten voher hören konnte – Zielgruppe waren ‘Beauty-Journalisten’, und wer immer damit gemeint sein könnte, ist vermutlich eher auf Schönheitstipps und Kosmetika spezialisiert. WissenschaftsredakteurInnen würde ich im Beauty-Ressort allerdings nicht unbedingt erwarten… Doch selbst dort ist man offenbar nicht so blöd gewesen: Hunderte erhielten die Nachricht, doch letztlich fielen offenbar nur fünf darauf rein: BILD, Cosmospolitan, RTL, Brigitte und FOCUS Online, hier fälschlich – Redaktion und Eigentümerstruktur sind völlig verschieden, nur die Marke ist ähnlich – als FOCUS präsentiert.”

3. “Rabauken – Jäger eine Beleidigung?”
(hoesmann.eu)
Geht die Verurteilung eines Journalisten zu einer Geldstrafe von 1000 Euro, weil er einen Jäger “Rabauken-Jäger” genannt hat, in Ordnung? Nein, findet die Kanzlei Hoesmann: “Die Kritik der Medien erfolgt daher aus unserer Sicht zurecht und wir hoffen, dass in einer etwaigen zweiten Instanz das Urteil wieder zu Gunsten der Meinungs- und Pressefreiheit aufgehoben wird.”

4. “Warum die große Disruption des Fernsehens gerade erst beginnt”
(t3n.de, Luca Caracciolo)
Luca Caracciolo schreibt über die Zukunft des Fernsehens: “Wenn Drehbücher nur auf Basis von Datenanalysen geschrieben werden, mutiert die schöne neue Fernseh-Welt in der Tat zu einem engstirnigen und opportunistischem Monster des immer Gleichen. Gelingt den großem Streaming-Plattformen hingegen die Balance zwischen Datenanalyse und künstlerischer Freiheit, stehen uns wahrlich großartige Zeiten bevor.”

5. “Hat der Beruf ‘Hip-Hop-Journalist’ Zukunft?”
(istdashiphopoderkanndasweg.wordpress.com)
Qualitäts- und Finanzierungsprobleme im Hip-Hop-Journalismus.

6. “Journalisten und Freigetränke”
(facebook.com/SPOXcom)

“Bild” schützt Guttenberg vor Lesermeinung

Der frühere Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg darf heute in der “Bild”-Zeitung (und seit gestern auf Bild.de) mal wieder zur Nation sprechen:

Guttenberg findet, dass das “trotzige Kind” Wladimir Putin mit seinen “lauten Rülpsern” nichts auf Schloss Elmau verloren habe: Es sei richtig …

unser freiheitlich demokratisches Wertesystem nicht zu verschachern. Genau das würde im Falle einer Nachladung Putins geschehen.

Dieser würde kaum demütig auftreten, sondern sich in seinem zynischem Handeln noch bestätigt sehen. Es wäre ein fatales Signal an all jene, die in unseren Werten ihr Feindbild sehen.

Die Aufmerksamkeit nutzt Guttenberg, um gleich auch noch gegen “meist nicht so gute Gutmenschen” auszuteilen, die gegen das G7-Treffen protestieren. Seine Worte wirken aber vor allem wie eine späte Abrechnung mit dem Grünen-Politiker Jürgen Trittin, der Guttenberg in der Plagiatsaffäre einst “Hybris” und “Hochstaplerei” vorwarf:

Tausende Demonstranten in München und Garmisch. Viele meinen es gut und wissen es nicht besser. Manche aber sehr wohl.

Bestes Beispiel inmitten der Protestierenden: ein breit grinsender Grünen-Politiker Jürgen Trittin. Ja, jener, der vor einigen Jahren noch selbst G7-Gipfel kritiklos mitorganisierte.

Sicher, in unserem Land gibt es das Recht auf Meinungsänderungsfreiheit. Gottlob. Es gibt aber wohl kaum einen Politiker, der davon so schamlos und lediglich wahltaktisch Gebrauch macht wie Trittin. Eigentlich sollte es diese Form der Verlogenheit sein, die die Menschen auf die Straße treibt.

Karl-Theodor zu Guttenberg ist für Bild.de — noch immer“Deutschlands populärster Politiker”. Und wenn so einer “exklusiv” seine Meinung aufschreibt, müssten die Herzen der Leser doch höher schlagen.

Die Rechnung ging aber nicht so ganz auf




















Nach mehr als 300 Kommentaren, von denen ein Großteil Kritik an Guttenberg enthielt, hatte die Redaktion genug: Der Artikel wurde abgeschaltet und neu eingestellt, dieses Mal aber ohne Kommentar-Funktion.

Wenn in der Kommentarspalte auf Bild.de rassistisch gehetzt wird, dauert es eine halbe Ewigkeit, bis mal jemand einschreitet. Doch wenn die Leserschaft in vergleichsweise harmloser Wortwahl ihre negative Meinung gegen einen “Bild”-Liebling kundtut, geht es ratzfatz.

Mit Dank an “Deichkind”!

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