1. Deniz Yücel ist nicht mehr in Einzelhaft
(welt.de, Daniel-Dylan Böhmer)
Gute Nachrichten aus der Türkei: Deniz Yücel befindet sich zwar immer noch in Haft, ist jedoch in eine Zelle verlegt worden, die über einen kleinen Innenhof mit zwei anderen Zellen verbunden ist. Nach 290 Tagen Einzelhaft ist ihm damit zumindest der Kontakt zu einem Mitgefangenen möglich, dem Journalisten Oguz Usluer, der für die türkische Tageszeitung “Habertürk” gearbeitet hat. Nach wie vor freut sich Yücel über Post, die zur Übersetzung ins Türkische an die “Welt” gesendet werden kann.
2. EU-Wahnsinn: Brüssel verbietet uns den Döner! Nicht.
(blogs.deutschlandfunk.de, Thomas Otto)
Droht dem Döner wirklich das Aus, wie es “Bild” behauptete? Natürlich nicht, wie Thomas Otto im Blog des “Deutschlandfunks” erklärt und süffisant den Gang zum “Bild”-Ombudsmann empfiehlt: “Für die Kritik am Artikel von Dirk Hoeren und Kollegen sollte Ombudsmann Ernst Elitz doch ein offenes Ohr haben. Immerhin kennt er sich mit gut recherchierter und ausgewogener Berichterstattung aus — war er doch der erste Intendant des Deutschlandradios.”
3. Blaue Schlammlawinen gegen Journalistinnen
(kurier.at, Philipp Wilhelmer)
“Ich wünsche Ihnen, dass Sie von einem Afghanen vergewaltigt werden.” Derartige Freundlichkeiten bekommt Corinna Milborn, Moderatorin und Infochefin des österreichischen Privatfernsehsenders “Puls4”, zu lesen, wenn jemand wie der FPÖ-Politiker Heinz-Christian “HC” Strache auf seinem Facebook-Profil Stimmung gegen sie gemacht hat. Vor jedem Interview mit einem FPÖ-Politiker seien deshalb entsprechende Maßnahmen notwendig, so Milborn: “Ich weiß, ich muss mein persönliches Facebookprofil vorübergehend sperren und darauf achtgeben, dass meine Kinder nicht darauf schauen. Außerdem muss die Online-Redaktion des Senders besetzt sein, um strafrechtlich Relevantes auf der eigenen Seite sofort zu löschen.”
4. Zur Berichterstattung über das chinesische Sozialkreditsystem in der deutschen Presse am Beispiel der Kinderplattform „bento“.
(facebook.com, Christian Y. Schmidt)
Christian Y. Schmidt kritisiert einen “bento”-Artikel über das chinesische Sozialkreditsystem: “Ich habe diesen Text ausgewählt, weil es so wie hier inzwischen in vielen China-Texten zugeht. Leute, die wahrscheinlich noch nie oder sehr kurz in China waren und nichts über den Kontext wissen, setzen stark eingefärbte Nachrichten in die Welt, die sie aus zweiter oder dritter Hand haben. Die Summe dieser Artikel und Berichte ergibt dann das China-Bild in den deutschen Köpfen.”
5. The Final Countdown
(sueddeutsche.de, Hans Hoff)
Nach sieben Jahren im Bezahlfernsehen will der Musiksender “MTV” ins Free-TV zurückkehren. Hans Hoff erzählt nochmal von den guten Zeiten des Senders, in denen sich Talente wie Christian Ulmen oder Joko und Klaas austoben konnten und aus der Improvisation heraus der typische “MTV”-Stil entstand: “Waren etwa Wackelkameras bei MTV anfangs nur Zeugnis einer unzulänglichen technischen Ausstattung, avancierten sie rasch zu einem bewusst eingesetzten Stilmittel. Und weil der Platz in den Studios nicht reichte, mietete man nebenan eine Wohnung an, die aber nur mit einer Kamera zu erfassen war, die Bilder aus einer Art Froschaugenperspektive lieferte.” Trotz aller Nostalgie bleibt Hoff skeptisch, was die Rückkehr des Musiksenders anbelangt.
6. Das Antidepressivum der Berliner Eliten
(tagesspiegel.de, Torsten Körner)
Der Dokumentarfilmer und Schriftsteller Torsten Körner war mit 2300 anderen Gästen beim 66. Bundespresseball, der von der “Bundespressekonferenz” veranstaltet wird, der Vereinigung der deutschen Parlamentskorrespondenten. Wer sich etwas Zeit für das Lesestück nimmt, bekommt schöne Bilder einer Ballnacht und ihr Ende in den Morgenstunden geliefert: “Der vielfältige Möglichkeitsraum ist plötzlich ein Schrumpfpalast, die letzten Gäste wirken wie gerupfte Nachtträumer. Eben noch ertrank man in Gesichtern, plötzlich erscheinen alle gesichtslos. Eben noch dachte man, hier beginnt ein Roman, jetzt zerfließt alles zu Impressionspfützen, dünnhäutigen Sätzen.”
7. Mich widert es einfach nur an, dieses dämliche Möchtegern-Befreiungs-Gesülze von Frauen, denen angeblich der Gang ins Bordell angenehmer erschien als der Gang in die böse, weil männderdominierte Uni.
(facebook.com, Lorenz Meyer)
Außer der Reihe ein Link zu einem Rant des “6vor9”-Kurators über “pseudo-aufklärerische Ego-Artikel, die einige richtige Dinge über Prostitution sagen, aber eben auch viel Mist erzählen und Wichtiges weglassen.” Verbunden mit einem Appell: “Nein, liebe Medien, verschont uns mit dieser Literaturgattung, die an eine mit allerlei Gesellschaftstrallala und persönlichem Betroffenheitsgesäusel aufgemotzte Version der Julia-Roberts-Schmonzette “Pretty Woman” erinnert. Nur heimtückischer, denn dort wussten wir wenigstens sofort, dass es Stuss ist.”