Nach der “Höllen-Hitze”, die selbst Franz Josef Wagner die noch übrigen Gehirnzellen völlig durcheinanderbrachte, hat Bild.de vor ein paar Tagen den nächsten Wetter-Wahnsinn entdeckt, und zwar in Hannover:
Sie können es kaum fassen: „Laub liegt rund um den Maschsee – und das Ende Juli!“
Überall braune Blätter! „Ist denn schon Herbst?“, fragt Bild.de.
Gerade noch war‘s pottenheiß, jetzt fallen schon die Blätter von den Bäumen. Am Maschsee, in den Biergärten, Alleen, auf Gehwegen – überall raschelt‘s wie im Herbst. Spielt die Natur jetzt total verrückt?
Nö, schreibt uns unser Leser Lion:
Alle “braunen Blätter”, die gezeigt werden, sind nur verwelkte Lindenblütenblätter. Die Lindenblüte ist von Juni bis August und total normal für diese Jahreszeit. Das eingebettete Bild mit einer grünen Linde spricht ja eigentlich für sich. Baumsterben und die Klimakatastrophe sind real, aber eben nicht mit verwelkten Lindenblüten darstellbar.
Um auf Nummer sicher zu gehen, haben wir auch noch bei einem Experten nachgefragt, bei Prof. Dr. Thomas Pfannenschmidt vom Institut für Botanik der Leibniz Universität in Hannover. Er schreibt uns:
Um es kurz zu machen: Der Leser hat recht, im wesentlichen sind es verwelkte Blütenblätter, die zuhauf unter den Linden zu finden sind. Das zweite Foto des Artikels zeigt ja sehr schön, dass die Laubblätter der Bäume noch sehr grün sind. Ich will aber nicht ausschließen, dass auch Laubblätter in dem trockenen Blattwurf enthalten, dazu sind die Aufnahmen zu unscharf.
Bäume, wie alle mehrjährigen Pflanzen, können die Jahreszeit über die Tageslänge wahrnehmen. Wenn die Tage kürzer werden und dabei eine bestimmte Länge unterschreiten, dient dies als Signal für die Bäume, die Stickstoffressourcen aus den Laubblättern abzuziehen. Wir nennen das dann Herbst. Danach sind die Blätter wertlos und werden abgeworfen.
Der Artikel ist natürlich suggestiv geschrieben, ist aber auch nicht ganz falsch. In der Tat werfen viele Baumarten in ausgedehnten Trockenperioden ihre Blätter ab, insbesondere, wenn ihre Wurzeln keinen oder nur geringen Kontakt zum Grundwasser haben, wie viele Stadtbäume. Dies ist eine normale Reaktion auf lang anhaltenden Stress durch Wassermangel. Die Bäume vermeiden durch den vorzeitigen Laubabwurf die totale Austrocknung und versuchen dadurch zu überleben. Dies hat absolut nichts mit der Jahreszeit zu tun, sondern ist in der Tat eine reine Stressreaktion. Einige Arten können bei nachfolgender guter Bewässerung neue Blätter austreiben, andere nicht. Das Wachstum des Baumes wird auf jeden Fall deutlich beeinträchtigt.
Das Phänomen wird in den nächsten Jahren mit weiteren heißen Sommern mit Sicherheit weiter zu beobachten sein.
Und mit ihm mit Sicherheit auch weitere suggestive „Bild“-Artikel.