Um 6 Minuten vor 9 Uhr erscheinen hier montags bis freitags handverlesene Links zu lesenswerten Geschichten aus alten und neuen Medien. Tipps gerne bis 8 Uhr an [email protected].
2. “Leistungsschutzrecht-Fürsprecherin Burda verkauft nachrichten.de” (netzwertig.com, Martin Weigert)
Mit nachrichten.de betrieb Hubert Burda Media seit 2009 einen Nachrichtenaggregator. Der nun verkauft wurde: “Das Medienhaus tat also genau das, was es Google News und anderen Aggregatoren anlastet: Inhalte von fremden Verlagsangeboten ‘abgreifen’, zur Schaffung eigener Dienste nutzen und damit etwa durch Werbung Umsätze generieren.”
3. “Bin ich bestechlich?” (iruedt.blogspot.de, rue)
Ein Journalist, der 2004 für den “PCtipp” schrieb, erinnert sich an von Druckerherstellern bezahlte Pressereisen: “Ich bin überzeugt, dass sich die Ausflüge für mich (und meinen Arbeitgeber) gelohnt haben.”
4. “Stupid hat tricks” (cjr.org, Justin Peters, englisch)
Justin Peters zieht sich an der Democratic National Convention in Charlotte einen Hut in Form einer Krone an, um zu prüfen, wie oft er deswegen interviewt wird. “All in all, I was interviewed three times in an hour, and I’m positive I would’ve doubled that number if I had arrived two hours earlier, when dozens more cameramen were stalking the halls in search of B-roll; at that time, it seemed like the number of stupid hats was only matched by the number of camera crews rushing to interview people wearing stupid hats.”
5. “Study: Young people consider news to be garbage and lies” (jimromenesko.com, englisch)
Eine Studie von Journalistikprofessorin Paula Poindexter über die in den 1980er- and 1990er-Jahren geborenen “millennials” ergibt: “Millennials describe news as garbage, lies, one-sided, propaganda, repetitive and boring. Most millennials do not depend on news to help with their daily lives. The majority of millennials do not feel being informed is important.”
6. “Ein Mann, den es eigentlich nicht gibt” (fluter.de, Adrian Bechtold)
Adrian Bechtold spricht mit einem schwulen Bundesliga-Fußballspieler: “Entweder spaziere ich mit meinem Freund zu einem Event und bin danach drei Wochen in allen Medien oder berufe mich auf meine Privatsphäre und belüge mich selbst. Es gibt einfach keine Lösung. Unmöglich, einfach wie ein heterosexueller Spieler den neuen Partner zu präsentieren und am nächsten Tag vergessen zu werden. Normalität gibt es nicht.”
Es sind die ganz großen Themen, mit denen “Bild” heute aufmacht:
Eine gute Gelegenheit zum sonst eher seltenen Aufeinandertreffen von Journalismus und Dadaismus:
Generationen von Deutschen sind mit ihr aufgewachsen. Wer einen Fernseher hat, kennt diese Melodie: DONG!
“Hier ist das Erste Deutsche Fernsehen mit der Tagesschau …” Ta-ta, ta ta ta taaa!
Jetzt entsorgt die ARD nach 56 Jahren die Tagesschau-Melodie! Die neuen Töne kommen aus Hollywood – von Starkomponist Hans Zimmer (54)!
Wer dieser Hans Zimmer ist und was seine bekanntesten Melodien sind, erklärt “Bild” natürlich auch:
Die “Tagesschau” wird also bald nicht mehr mit “Ta-ta, ta ta ta taaa!” beginnen, sondern vielleicht mit “Dam Dam Da Da Da Daam” oder “Tatü tata”!
Mit der “Bild”-Titelstory und ein bisschen Unterstützung der Nachrichtenagentur dapd im Rücken (“Die ARD verpasst der ‘Tagesschau’ einem Zeitungsbericht zufolge eine neue Titelmelodie.”) ging die Geschichte auf Reisen:
Es waren wohl noch mehr Online-Medien, die berichtet hatten, die “Tagesschau” bekomme eine neue Melodie — bis, ja, bis Kai Gniffke, Chefredakteur von “ARD Aktuell”, sich zu Wort meldete:
Die Sorge um das Ta-ta, ta ta ta taaa ist unbegründet: Wir “entsorgen” die Melodie nicht, wie die BILD schreibt, sondern überarbeiten sie nur – wie zuletzt in den Jahren 2005, 1997 und 1994. Dabei bleiben natürlich die Grundelemente der “Tagesschau”-Melodie erhalten, die sie so unverwechselbar machen.
Und auch die Meldung, die “neue” Melodie werde von Hans Zimmer komponiert, war offenbar ein wenig … überspitzt:
Die Überarbeitung soll der Komponist Henning Lohner übernehmen, der für die Firma Remote Control von Oscar-Preisträger Hans Zimmer tätig ist. Bis zum Jahresende will die Redaktion von ARD-aktuell die Entwicklung ihres neuen Designs, wozu dann auch die angepasste Titelmelodie gehört, abgeschlossen haben.
dapd tickerte daraufhin, die ARD habe “Berichte über eine neue ‘Tagesschau’-Melodie zurückgewiesen”, wälzte die Schuld an diesen Berichten aber relativ souverän auf “Bild” allein ab. “Spiegel Online” veröffentlichte einen zweiten Artikel, der den ersten explizit erwähnt.
Und Nachrichtenseiten wie stern.de, ksta.de oder kress.de überarbeiteten ebenfalls etwas — nämlich unauffällig ihre jeweiligen Artikel.
Mit Dank auch an Daniel K., Josef Sch. und Kai Sch.
Um 6 Minuten vor 9 Uhr erscheinen hier montags bis freitags handverlesene Links zu lesenswerten Geschichten aus alten und neuen Medien. Tipps gerne bis 8 Uhr an [email protected].
1. “RBB Klartext: Vorher schon wissen was nachher kommt” (christopherlauer.de)
Politiker Christopher Lauer beschreibt die Recherchemethoden der RBB-Sendung “Klartext”: “Die Gespräche laufen immer nach dem selben Muster ab: Man wird eine halbe Stunde oder länger aggressiv immer wieder dieselben Suggestivfragen gestellt, am Ende wird das denkbar dümmste Zitat in einen tendenziösen Bericht geschnitten.”
2. “Frei, nicht wurscht” (taz.de, Rasmus Cloes)
Verschickte Abmahnungen aufgrund von verwendeten Creative-Commons-Fotos: “Bei vielen unter CC-Lizenz veröffentlichten Werken müssen der Name des Fotografen und die Art der jeweiligen CC-Lizenz genannt werden.”
4. “Ein Zuhause für gute Reportagen” (laurencethio.de)
Laurence Thio stellt verschiedene Dienste vor, die lange journalistische Texte empfehlen.
5. “Der Kriegsreporter – Immer wieder reist Kurt Pelda an die Front” (videoportal.sf.tv, Video, 23:27 Minuten, teilweise Dialekt)
Der Reporter und zweifache Vater Kurt Pelda berichtet seit über zwanzig Jahren aus Kriegsgebieten, zuletzt von den Kämpfen um die syrische Stadt Aleppo.
6. “Filter Bubble Tea” (uebrigensauchnoch.blogspot.de, Juliane Leopold)
Ein Portrait von Christoph Keese löst bei @jensbest grundsätzliche Ablehnung aus: “Die Vehemenz mit der Jens hier streitet, hat mich erstaunt. (…) Was man an Jens beobachten kann, ist meiner Meinung nach das Zerplatzen seiner Filter Bubble.”
Über den bayerischen Finanzminister Markus Söder schrieb die Zeitung:
Die neueste Gemeinheit kommt allerdings von unerwarteter Seite – genauer: von einer hinteren Seite im aktuellen Ikea-Katalog. Dort wird ein Armleuchter “Söder” zum Preis von 89 Euro feilgeboten, der Teil einer ganzen “Söder-Serie” ist, zu der auch mehrere Wand- und Hängelampen in verschiedenen Designs gehören.
Nach einer ausführlichen Durchsicht des Angebots kann man sagen: Eine große Leuchte ist dieser Söder nicht. Den Herstellerangaben zufolge verbreitet er lediglich ein “weiches Stimmungslicht”, und dem Käufer wird die Verwendung des Leuchtmittels “Sparsam” empfohlen. Selbst damit bringt Söder es laut Katalog nur zur “Energieeffizienzklasse C auf einer Skala von A (sehr effizient) bis G (weniger effizient)”.
Es war nur ein kleiner Text im Regionalteil, aber natürlich genau die Sorte Meldung, die weite Kreise ziehen würde. Sehr weite Kreise:
Außerdem berichteten noch die “Junge Welt”, die “Rheinische Post”, die “taz”, die “Welt kompakt”, der Kölner “Express”, der “Berliner Kurier”, die “Berliner Morgenpost”, der “Tagesspiegel”, die “Welt” und verschiedene kleine Medien über die Lampe mit dem lustigen Namen.
Die Geschichte hätte eigentlich schon vor einem halben Jahr derartige Kreise ziehen können, als die “Abendzeitung” aus München erstmals über “Söder” berichtet hatte (was diese übrigens nicht davon abhielt, jetzt noch einmal darüber zu schreiben).
Aber die “Abendzeitung” hatte damals die Chance zur naheliegenden Pointe verstreichen lassen, die die “Süddeutsche Zeitung” jetzt genutzt hat.
Eigentlich ist “Söder” nämlich gar kein “Armleuchter”:
“BILD liegt es bereits vor”, das Buch von Bettina Wulff, in dem die Frau des ehemaligen Bundespräsidenten ihr Bild in der Öffentlichkeit zurechtrücken will. BILDblog liegt es auch vor, wir stehen sogar im Quellenverzeichnis, weil Wulff sich darüber lustig macht, dass die “Bild am Sonntag” im März 2008 meldete, sie erwarte ein Mädchen. Es war ein Junge.
Ein ganzes Kapitel hat sie den Medien gewidmet, und es geht, obwohl die “Bild”-Zeitung in ihrer Zusammenfassung nichts davon erwähnt*, natürlich über weite Strecken auch um “Bild” und ihr Verhältnis zu den Wulffs. Es sind keine spektakulären Enthüllungen, aber interessante Beobachtungen.
Es ist alles ein großes Spiel, bei dem es nur ein Ziel gibt: Auflage zu machen! Und plötzlich Teil dieses Spiels zu sein, ein Spielball der gesamten Medien, denn da schließe ich andere Blätter mit ein, bei diesem Spiel irgendwie mitzumachen, um nicht gleich der Verlierer zu sein, das war für mich schon merkwürdig und hat mich von Beginn an überrumpelt.
Sie schildert, wie Christian Wulff Pfingsten 2006 bewusst den Kontakt zur “Bild”-Zeitung und anderen Medien herstellt habe, um “unser — sozusagen — Outing so gut es geht selbst (zu) bestimmen”.
Es ist Fakt: Wenn man in Deutschland einen bestimmten Grad an Öffentlichkeit erreicht hat, kommt man nicht um die Bild herum. Auf einer gewissen Ebene gilt es, mit dem Blatt zurechtzukommen. Und, das streite ich nicht ab, es eventuell auch zu nutzen, um Dinge bekannt zu machen, bevor andere spekulieren.
Ein “recht guter Draht zu der ‘Bild’-Zeitung in Hannover” habe sich bereits entwickelt, als Christian Wulff niedersächsischer Ministerpräsident war:
Es gab eine bestimmte Mitarbeiterin, die vertrauensvoll vom Sprecher meines Mannes mit Informationen zu ihren Anfragen versorgt wurde, die uns auf offiziellen Reisen begleitete und mit der ich mich zu Exklusiv-Interviews verabredete. Ganz ohne Zweifel war uns die Bild-Zeitung zu diesen Zeiten sehr wohlgesonnen, im von Mathias Döpfner erwähnten Fahrstuhl ging es nach oben. Ich glaube durchaus, dass beide Seiten, wir wie die Bild, damals davon profitiert haben.
Als Wulff für das Amt des Bundespräsidenten kandidierte, hätten “Bild”-Chefredakteur Kai Diekmann und seine Frau Katja Kessler das Ehepaar Wulff zu einem Abendessen in ihr Haus in Potsdam eingeladen:
Für mich war es die erste Begegnung mit Kai Diekmann und ich weiß noch, wie unwohl ich mich an diesem Abend fühlte. Zum einen kam ich mir mehr wie das schmückende, aber völlig unwichtige Beiwerk an Christians Seite vor, zum anderen, und das war besonders ausschlaggebend für meine Gefühle, war da dieses wahrlich beeindruckende Haus und dieses Paarensemble Diekmann-Kessler. Er der Typ “Macher”, sie lässig durchgestylt. Mich beschlich das Gefühl, dass dies alles eine mächtige Inszenierung ist. Zugegeben perfekt. Dass so eine Fassade mit zum Spiel gehört, wusste ich damals noch nicht.
Ende September 2010, nach der Wahl Wulffs zum Bundespräsidenten, revanchierten die Wulffs sich — weil es wichtig sei den Kontakt zum Axel-Springer-Verlag zu pflegen — und luden Diekmann und Kessler zu sich ein. Beim Frühstück habe Diekmann plötzlich gefragt:
was denn an den Gerüchten zu meiner vermeintlichen Vergangenheit im Rotlichtmilieu dran sei. Einige seiner Redakteure hätten Derartiges in einer Redaktionskonferenz erwähnt und recherchierten in diese Richtung. (…) Zwar versuchte ich noch, meine Fassungslosigkeit mit einem ironisch gemeinten “Das ist ja interessant!” zu überspielen und Kai Diekmann meinte, dass damit das Thema für ihn erledigt sei. Doch für mich war damit auch das ganze Frühstück gegessen.
Den berüchtigten Anruf Ende 2011, als Christian Wulff Kai Diekmann auf die Mailbox sprach und wütend forderte, einen geplanten Artikel über seine Kreditaffäre wenigstens zu verschieben, bezeichnet Bettina Wulff als einen “riesengroßen Fehler”. Sie könne das Verhalten ihres Mannes aber nachvollziehen: “Es war ein hochemotionaler, aufgeladener Moment. Es ging um unser ganz privates Leben.”
Ich weiß, dass Christian nicht nur entsetzt, sondern auch enttäuscht war über die Handlungsweise von Bild-Chefredakteur Kai Diekmann — eben gerade aufgrund der vorangegangenen Zusammenarbeit. Und jemandem auf die Mailbox zu sprechen, ist ja quasi ein Gespräch, das nur zwischen zwei Menschen stattfindet. Das hätte man auch privat abhandeln und zunächst mit der jeweiligen Person klären können.
Von der Mailbox gelangte der Inhalt der Nachricht aber bekanntlich in die “Bild”-Redaktion und andere Medien.
In den Wochen von Dezember 2011 bis zum Rücktritt Wulffs im Februar 2012 habe sie aufpassen müssen, schreibt Bettina Wulff, nicht zum “Menschenhasser” zu werden. Journalisten per se seien für sie wie ein rotes Tuch geworden, und in Gedanken habe sie dem einen oder anderen Journalisten “ordentlich gegen das Schienbein getreten. Auch einem Kai Diekmann”.
Sie hoffe nun, dass ihre Vergangenheit als Gattin des Bundespräsidenten bald uninteressant für die Medien werde.
Ich konzentriere mich auf meinen Job, auf meine Termine, auf meine Kinder, auf unsere Zukunft als Familie. Und dabei denke ich und gehe davon aus, dass man sich mindestens zweimal im Leben sieht. Auch mit einem Kai Diekmann wird es für mich ein Wiedersehen geben, da bin ich mir fast sicher.
Vor ein paar Tagen wurde in Berlin der neue VW Golf vorgestellt. Zu Gast auf der pompösen Premierenfeier waren – neben einigen “Stars” – vor allem jede Menge Journalisten. Ungewöhnlich ist das nicht, immerhin ist der Golf eines der meistverkauften Autos der Welt.
Ungewöhnlich ist vielleicht eher, in welchem Ausmaß “Bild” und Bild.de seit einer Woche über den neuen Golf berichten:
Um 6 Minuten vor 9 Uhr erscheinen hier montags bis freitags handverlesene Links zu lesenswerten Geschichten aus alten und neuen Medien. Tipps gerne bis 8 Uhr an [email protected].
1. “‘Endlich macht das mal einer'” (taz.de, R. Lorenzen und M. Ferraz)
Seit zwei Jahren verkaufen ein Bäcker und ein Kioskbesitzer in Hamburg keine “Bild” mehr. Die “taz” interviewt die beiden: “Für manche ist es anscheinend nicht zu fassen, diese Zeitung irgendwo einfach mal nicht zu bekommen. Meistens fragen aber nur noch Auswärtige oder Bauarbeiter auf Montage – hier im Viertel wissen alle Bescheid.”
2. “Seid umschlungen Millionen” (ad-sinistram.blogspot.de, Roberto J. De Lapuente)
Auch in öffentlich-rechtlichen Sendern würden Personen vermehrt mit “fraternisierenden Pronomen” vereinnahmt, schreibt Roberto J. De Lapuente. “Die distanzlose Ver-Wir-ung und Ver-Uns-ung ist weder seriös noch realitätsnah, denn sie suggeriert, es gäbe eine nicht näher definierte Schicksalsgemeinschaft.”
3. “Journalismus wird immer mehr zu Scripted Reality” (newsroom.de)
Oberstaatsanwältin Ina Holznagel kritisiert die Arbeitsweise einiger Journalisten: “In den letzten Jahren habe ich den Eindruck bekommen, dass manche Medienvertreter nicht anrufen, um zu erfahren, was eigentlich los ist. Die haben dann eine Geschichte und suchen dafür Bausteine. Man wird angerufen, um eine bestimmte Rolle zu spielen, oder man darf nicht mitspielen. Das ist teilweise wie ‘Scripted Reality’. Und das geht mir wirklich auf den Wecker.”
4. “Öko-Test macht sich die Skandale selbst” (iva.de, 1. September)
Der Industrieverband Agrar kritisiert das Verbrauchermagazin “Öko-Test”: “Öko-Test ist Wiederholungstäter, wenn es darum geht, mit der Angst der Verbraucher die Auflage zu steigern. Schon die Mai-Ausgabe der Zeitschrift (‘Unser täglich Gift’, 05/2012) sollte dem Käufer suggerieren, seine Lebensmittel wären nicht sicher.”
5. “Schleichender Verlust der Glaubwürdigkeit” (sonntagonline.ch, Hanspeter Bürgin)
Ein Kommentar zu den 500 Franken, die Schweizer Journalisten von einem PR-Veranstalter in einem Couvert überreicht erhielten. Es sei längst bittere Realität, schreibt Hanspeter Bürgin: “Ohne das Zusammenspiel mit den Kunden hätten Tages- und Wochenzeitungen ihre Lifestyle-Beilagen, Reise- und Autoseiten, Technik- und Computerseiten längst aufgeben müssen. Frauenzeitschriften gäbe es schon lange nicht mehr.” Siehe dazu auch “Journalisten im Sonderangebot” (suedostschweiz.ch, David Sieber).
6. “Endlich reden wir mal über Sex: fickt euch!” (pantelouris.de)
Michalis Pantelouris kommentiert Vorwürfe gegen Bettina Wulff: “Leben wir wirklich immer noch in Zeiten, in denen wir Hexenjagden veranstalten auf Frauen, weil sie (in diesem Fall: angeblich) einmal Prostituierte waren? Verstehe ich das richtig, dass ein deutscher Ministerpräsident sich nicht in eine/n Prostituierte/n verlieben und sie/ihn heiraten darf?”
Im August wurde bekannt, dass Bundesverkehrsminister Peter Ramsauer plant, den Kommunen freie Hand bei der Wahl ihrer Autokennzeichen zu lassen. Durch Gebietsreformen ausrangierte Ortskürzel sollen wieder vergeben werden können, völlig neue Kennzeichen sollen möglich werden.
Ein willkommener Anlass für “Welt Online”, heute eine zehnteilige Bildergalerie mit den “seltensten Städtekürzeln” zu veröffentlichen.
Gut, grafisch ist das ein bisschen mau:
Aber es gibt ja auch noch einen Begleittext, in dem unter anderem das hier steht:
In mehreren Bundesländern wünschen sich Kommunen, alte Kennzeichen wieder ausgeben zu können – etwa “PL” für das sächsische Plauen statt “V” für Vogtland. Die Ferieninsel Usedom möchte ihren Bürgern “USE” anbieten. In Brandenburg macht sich Eisenhüttenstadt für die Wiedereinführung des Kfz-Kennzeichen EA stark.
Wenn Eisenhüttenstadt wirklich das Kennzeichen “EA” bekäme, wären wohl die Bewohner zweier Städte sauer: Zum einen die Menschen aus Eisenhüttenstadt, die gerne ihr altes “EH” wiederhätten, zum anderen die Menschen aus Eisenach, die im Moment noch “EA” haben.
Nachzulesen unter anderem in der Bildergalerie von “Welt Online”:
Mit Dank an Markus E.
Nachtrag, 9. September: “Welt Online” hat den “EA”/”EH”-Fehler bereits gestern transparent korrigiert.
Allerdings haben uns mehrere Leser auf verschiedene Ungereimtheiten der Top 10 hingewiesen: So wird “PS” (“Welt Online” schreibt “Platz 7”, gemeint ist aber: Platz 6) nicht nur an die Einwohner der Stadt Pirmasens (25.422 Zulassungen) vergeben, sondern auch für den Landkreis Südwestpfalz verwendet, wo es laut Kraftfahrtbundesamt (PDF) weitere 76.134 Zulassungen gibt. Selbiges gilt für “AN” (Platz 7, Stadt Ansbach: 26.592, Landkreis Ansbach: 149.845 Zulassungen) und “CO” (Platz 8, Stadt Coburg: 26.669, Landkreis Coburg: 66.369).
Dafür fehlen in der Liste St. Ingbert, das – obwohl zum Saarpfalz-Kreis (“HOM”) gehörig – ein eigenes Nummernschild (“IGB”) hat und mit 26.380 Zulassungen eigentlich auf Platz 4 liegen müsste, und Büsingen am Hochrhein, eine deutsche Exklave inmitten von Schweizer Territorium, wo es nur etwa 700 Mal das eigene Nummernschild “BÜS” gibt, obwohl die Stadt zum Landkreis Konstanz (“KN”) gehört.
Um 6 Minuten vor 9 Uhr erscheinen hier montags bis freitags handverlesene Links zu lesenswerten Geschichten aus alten und neuen Medien. Tipps gerne bis 8 Uhr an [email protected].
1. “‘Propaganda-Party'” (fape-blog.de, Andreas Cirikovic)
Wie US-Korrespondent Marc Pitzke für “Spiegel Online” über die Parteitage der Demokraten und der Republikaner schreibt: “Marc Pitzke schreibt, wie ein 16jähriger über die Erlebnisse auf seinem ersten Rockkonzert spricht. Voller Enthusiasmus. Voller Emotionen. Die eine Band mag er. Die andere mag er anscheinend nicht.”
2. “Wächter und Hetzer” (faz.net, Ursula Scheer)
Ursula Scheer hat sich die “katholischen” Websites kath.net, kreuz.net und gloria.tv genauer angesehen: “Für den anonymen Blog kreuz.net, der 2004 online ging und vermeintlich ‘katholische Nachrichten’ liefern will, ist die Diffamierung Programm: Hetze gegen Juden, Muslime, Homosexuelle und alles, was als ‘liberal’ gebrandmarkt wird. Die Autoren hofieren die Piusbrüder, publizieren Denunziationen und stellen Personen an den digitalen Pranger. Längst haben sich die Bischofskonferenzen in Deutschland, Österreich und der Schweiz von kreuz.net distanziert. Das Portal sei menschenverachtend und missbrauche den Begriff ‘katholisch’.”
4. “Die Gewissensfrage” (sz-magazin.sueddeutsche.de, Rainer Erlinger)
Anna Z. fragt: “Ist es in Ordnung, im Fernsehen Doku-Soaps anzusehen, in denen andere Menschen vorgeführt werden? Oder erheben wir uns so über die Protagonisten dieser Sendungen?” Dr. Dr. Rainer Erlinger antwortet: “Darin, Menschen wie Zootiere zu bestaunen, um sich darüber zu erheben, liegt eine Entwürdigung nicht nur der physischen Person, die sich am Bildschirm eine Blöße gibt, sondern, weil es ein Mensch ist, der da vorgeführt wird, eben auch des sittlichen Menschen allgemein, der Idee der Menschheit.”
6. “Eine kleine Geschichte des Kulturpessimismus” (br.de, Christian Schiffer)
Vorgänger von Manfred Spitzer, zum Beispiel Platon: “Wer die Schrift gelernt haben wird, in dessen Seele wird zugleich mit ihr viel Vergesslichkeit kommen, denn er wird das Gedächtnis vernachlässigen. Die Menschen werden jetzt viel zu wissen meinen, während sie nichts wissen.”
Es gibt eine neue Sensationsmeldung aus dem Bereich der Wissenschaft: Schwerelosigkeit und Weltraumstrahlung lassen offenbar aus Männern Frauen werden.
So schön kann Arbeit sein: Ein kaputtes Gerät reparieren und nebenbei ein bisschen im Weltraum herumfliegen. Das konnten zumindest diese beiden Astronautinnen der Internationalen Raumstation ISS. Schwebend installierten sie eine neue Stromverteilerbox. Die Reparatur war zuvor gescheitert. Nach einer Woche auf Sparflamme ist die Stromversorgung der ISS nun wieder zu einhundert Prozent gesichert. Der Weltraumausflug der zwei Frauen dauerte mehr als sechs Stunden.
Die “beiden Astronautinnen” oder “zwei Frauen”, die da “ein bisschen im Weltraum herumfliegen”, sind nämlich nach übereinstimmendenMedienberichten Sunita Williams und Akihiko Hoshide.
Sunita Williams ist in der Tat eine Frau, Akihiko Hoshide hingegen ein Mann.
Mit Dank an den Hinweisgeber (oder die Hinweisgeberin).