Archiv für August 9th, 2012

Schön blöd

Rund 4.600 Frauen nehmen an den Olympischen Sommerspielen in London teil. Für viele von ihnen gilt wohl das Olympische Motto “Dabeisein ist alles”, einige werden mit Medaillen behängt nach hause fahren und an ein paar wird man sich vielleicht auch noch in einigen Jahrzehnten erinnern.

Und einige von ihnen fallen nicht (nur) durch beeindruckende sportliche Leistungen auf oder durch enttäuschende Missgeschicke, sondern …

Nun ja:

Laufsteg London – in fast allen Disziplinen verzaubern uns Schönheiten aus allen Kontinenten. Sie legen es offenbar drauf an, uns die Köpfe zu verdrehen: Viele Athletinnen “brezeln” sich für die Wettkämpfe richtig auf, fast so, als stände eine Miss-Wahl an.

Noch nie sind bei Olympischen Spielen so viele Schönheiten aufgefallen, ob beim Tennis, Turnen, Hürdenlauf oder sogar beim Hammerwerfen.

Mit anderen Worten: Bei Bild.de sind die kalten Duschen ausgefallen, die Latten sind knapp unter Hüfthöhe aufgelegt und für geübte Sportler aus dem Stand zu überspringen.

In 27 Bildern werden 23 Sportlerinnen vorgestellt, die wahlweise “toll geschminkt”, “einfach nur bezaubernd”, “hübsch”, “goldig”, “süß”, “atemberaubend schön”, “sympathisch und schön”, “schnell und schön”, “strahlend schön”, “genau gleich schön” oder “schön anzuschauen” sind.

Auch vor angestaubten Chauvinisten-Phrasen schrecken die Autoren bei Bild.de nicht zurück: So ist die schwarze Turnerin Gabrielle Douglas eine “exotische Schönheit”, die Schweizer Turnerin Giulia Steingruber eine “absolute Naturschönheit”.

Dabei ist es offenbar gar nicht so wichtig, wer jetzt eigentlich wirklich auf diesen ganzen Bildern zu sehen ist:

Chai von der Laage beim Hürdenlauf

Die abgebildete Frau heißt – man kann es ein bisschen am Namensschild erahnen – nicht Chai von der Laage, sondern Carolin Nytra. “Chai von der Laage” ist der Nachname der Fotografin, die dieses Bild gemacht hat.

Mit Dank an Armin J.

Nachtrag, 10. August: Bild.de hat einige Bilder aus der Galerie entfernt und ein paar neue hinzugefügt. Das Foto von Carolin Nytra ist dabei sicherheitshalber rausgeflogen.

Dressurreiten, Feuilleton, Idil Baydar

6 vor 9

Um 6 Minuten vor 9 Uhr erscheinen hier montags bis freitags handverlesene Links zu lesenswerten Geschichten aus alten und neuen Medien. Tipps gerne bis 8 Uhr an [email protected].

1. “Ausbeutungsmaschine Journalismus”
(marue23.tumblr.com)
Eine 22-Jährige bewirbt sich für ein journalistisches Volontariat und ärgert sich bei den Bewerbungsgesprächen.

2. “‘Das Medium verliert an Profil'”
(vocer.org, Ulrike Langer)
Thierry Chervel, Geschäftsführer des Perlentaucher, fragt sich, warum die Online-Leute nicht in die Print-Redaktion hereingeholt werden: “Mit den Online-Redaktionen als Parallelwelten hat man etwas erzeugt, was schizophren ist: Man hat unter derselben Marke Produkte völlig unterschiedlichen Charakters geschaffen. Die ‘SZ’ gilt als eine seriöse Zeitung, online war das lange Zeit mehr oder weniger, wie soll man sagen, ein ziemlich rudimentäres Schaufenster mit recht boulevardesken Elementen.”

3. “Neigh, that’s not the British Olympians”
(guardian.co.uk, Roy Greenslade, englisch)
Statt den britischen Goldmedaillengewinnern im Dressurreiten zeigen zwei britische Zeitungen das Bronze gewinnende niederländische Team: “Apparently, Getty Images sent out a wrongly tagged picture, which was featured on the front page of the Daily Express and got a big show in the Daily Mirror.”

4. “Solche Beiträge sind der Grund, warum ich jedes Mal über den Titel ‘Nachdenkseiten’ lachen muss”
(plus.google.com, Torsten Kleinz)
Torsten Kleinz analysiert diesen gestern bei “6 vor 9” verlinkten Beitrag der “Nachdenkseiten”: “Muss man auf Verzerrungen der Wahrheit mit anderen Verzerrungen begegnen?”

5. “Schafft das Feuilleton ab!”
(taz.de, Georg Seeßlen)
“In Westdeutschland aber wurde das Feuilleton zum ausführenden Organ eines Oberlehrer- und Kulturbeamtenjargons. Es wurde zur Fortsetzung des Gymnasialunterrichts mit anderen Mitteln, und die Kritik arbeitete und arbeitet am liebsten mit den Mitteln von Korrektur und Zensurenverteilen. Aus einem Projekt zur Öffnung und Erweiterung der Diskurse wurde das Instrument zum Inkludieren und Exkludieren.”

6. “‘Ich bin voooll sauer!'”
(dradio.de, Johannes Nichelmann)
Der Deutschlandfunk stellt die Figuren Gerda Grischke und Jilet Ayse der Berlinerin Idil Baydar vor. Videos auf youtube.com/user/IdilBaydar.