Archiv für August 27th, 2012

Bild, dpa  

Mond ist nicht ihr Hobby

Neil Armstrong ist tot, der erste radfahrende Trompeter auf dem Mond.

Verzeihung, das war Unfug. Aber Neil Armstrong ist tot, der erste Mann auf dem Mond. NBC hatte ihn in einer Überschrift im Internet kurzzeitig “Neil Young” genannt, was schon ziemlich peinlich war, denn Neil Young ist ein Musiker. Immerhin heißt aber eines seiner Alben “Harvest Moon”.

Kommen wir aber zu den deutschen Medien: Die Deutsche Presse-Agentur (dpa) eröffnete einen ihrer Nachrufe in der Nacht zum Sonntag mit folgendem Satz:

Er hinterließ den ersten Fußabdruck der Menschheit auf einem anderen Planeten: Der Astronaut Neil Armstrong ist tot.

Das war Quatsch, denn bis heute hat kein Mensch einen anderen Planeten als die Erde betreten — der Mond ist nämlich keiner, sondern ein Trabant (was, Achtung, liebe Journalisten, in diesem Fall kein Auto ist). dpa hat das am Sonntagmittag auch bemerkt und aus dem “Planeten” einen “Himmelskörper” gemacht. Der Fehler steht aber noch unter anderem bei stern.de, “Focus Online” und der Münchner “Abendzeitung”.

Im gleichen Artikel steht dieser Satz:

Seinen ersten Raumflug absolvierte Armstrong am 12. März 1966 als Kommandant der US-Raumfähre “Gemini 9”.

Er steht in insgesamt 13 dpa-Meldungen und unter anderem bei “Spiegel Online”, “Zeit Online”, sueddeutsche.de, FAZ.net, n-tv.de und n24.de, aber es ist falsch. Armstrong war an Bord der “Gemini 8” und das war keine “Raumfähre” (also ein “wiederverwendbares Transportfahrzeug für die Raumfahrt”, wie die Wikipedia es schlicht erklärt), sondern eine Raumkapsel.

Interessanterweise gibt es einen dpa-Text, in dem es richtig heißt:

Die Wolken reichten aber nicht, Armstrong wollte noch höher hinaus: 1962 akzeptierte ihn die Nasa als Astronauten, 1966 vollbrachte er als Chefpilot von “Gemini 8” das Andocken an ein unbemanntes Raumfahrzeug im Orbit – das erste Rendezvous im All.

Und dann war da noch “Bild”:

Wenn ihr den Mond seht, winkt ihm zu!

“Wer sich fragt, wie er Neil eine Ehre erweisen kann: Das nächste Mal, wenn ihr an einer sternenklaren Nacht draußen seid und der Mond auf euch herunter strahlt, denkt an Neil
 Armstrong und winkt ihm zu.” (die Familie von Neil Armstrong auf der Internetseite der Nasa)

Kann man schönere Worte wählen, um sich von dem Mann zu verabschieden, der die Menschheit auf den Mond brachte?

Nun, man kann diese schönen Worte zumindest richtig übersetzen.

Geschrieben hatte Armstrongs Familie nämlich:

For those who may ask what they can do to honor Neil, we have a simple request. Honor his example of service, accomplishment and modesty, and the next time you walk outside on a clear night and see the moon smiling down at you, think of Neil Armstrong and give him a wink.

Und “to give somebody a wink” heißt “jemandem zuzwinkern”. Das muss auch irgendjemand in der Redaktion bemerkt haben, auf Bild.de wurde der Artikel nämlich inzwischen unauffällig korrigiert.

Mit Dank an Michael, Jendrik T. und T.L.

Der Sturm, Neil Armstrong, Armin Veh

6 vor 9

Um 6 Minuten vor 9 Uhr erscheinen hier montags bis freitags handverlesene Links zu lesenswerten Geschichten aus alten und neuen Medien. Tipps gerne bis 8 Uhr an [email protected].

1. “Keep in mind as you put together your Neil Armstrong packages tonight…”
(apple.copydesk.org, Charles Apple, englisch)
Welche Fotos Redaktionen von Neil Armstrong verwenden könnten und welche nicht.

2. “Feuilletonistischer Fidelwipp”
(taz.de, Thomas Wörtche)
Thomas Wörtche erkennt bei der Feuilleton-Diskussion um den Roman “Der Sturm” “eine verunglückte PR-Aktion”, die “letztlich doch, und sei’s durch die List der Unvernunft, funktioniert”. “Das PR-Skript für das Buch leuchtet neongrell, überdeutlich: eine Kampagne, vorbildlich nach Georg Francks ‘Ökonomie der Aufmerksamkeit’ gestartet, dann der Dynamik der Öffentlichkeit überlassen.”

3. “US-Lokalnachrichten – produziert auf den Philippinen”
(sueddeutsche.de, Michael Moorstedt)
Wie Berichte für US-Lokalzeitungen auf den Philippinen entstanden sind: “Sie durchforsteten Polizeiberichte, Amtsblätter, Sporttabellen, Pressemitteilungen oder Studienergebnisse und zimmerten daraus grobe Texte, die dann von Muttersprachlern aufbereitet und unter falschem Namen – für Preise zwischen zwei und zwölf Dollar – an die Redaktionen geliefert wurden.”

4. “Sorry, meine Herren, nicht fähig dazu!”
(diepresse.com, Anneliese Rohrer)
Anneliese Rohrer schreibt einen Erfahrungsbericht aus dem Journalismus. Scharfe Kritik von einer Frau werde oft als “bösartig, hasserfüllt und verbissen wahrgenommen”. Komme sie dagegen von einem Mann, gelte sie als “scharf, objektiv und nachhaltig”.

5. “Der Trainer tippt”
(blog-g.de, Video, 0:59 Minuten)
Wen Armin Veh als Meister der Bundesliga sieht. “Das sagt er schon. Aber nicht jedem halt.”

6. “Was raten Sie in Liebesdingen, Mr. Allen?”
(faz.net, Marco Schmidt)
Ein Interview mit Woody Allen.