Archiv für Juni 28th, 2006

Olé, olé-olé-olééé…?

Nachdem in China ein Sack Reis umfiel, wurde John F. Kennedy erschossen, Deutschland wiedervereinigt, Raider hieß plötzlich Twix — und im “News-Ticker” von Bild.de steht seit heute morgen, 8.17 Uhr:

Nach WM-Spiel: Mann erstochen
“Bei einer Auseinandersetzung nach Abpfiff der WM-Partie Spanien-Frankreich ist in der Schmalkaldener Innenstadt (Thüringen) ein 32 Jahre alter Mann niedergestochen und getötet worden.”

Doch nachdem die örtliche Regionalzeitung “Freies Wort” berichtet hatte, dass es offenbar “keinen direkten Zusammenhang zum Fussballspiel gab” (siehe auch e110.de), bestätigt uns das auch die Polizei:

“Nach bisherigen Erkenntnissen der Polizei konnte weder bezüglich der Örtlichkeit, an der die Tat stattfand, noch bezüglich der dort anwesenden beziehungsweise tatbeteiligten Personen ein Zusammenhang zur Fußball-WM identifiziert werden.”

Mit Dank an Michael E. für den Hinweis.

W.

“Bild” berichtete gestern über eine Tote, die für 65 Tage ins Gefängnis sollte, weil sie eine Geldbuße nicht bezahlt hatte. “Bild” nennt die Tote im Text Annilie W. und den Witwer Hans-Jürgen W. Auf dem Holzkreuz, vor dem “Bild” den Witwer zeigt, wurde der Nachname der Frau verpixelt. Auf der Ladung zum Strafantritt, die “Bild” abdruckt, sind alle Namen geschwärzt.

Es sieht also so aus, als habe “Bild” sich mal wieder bemüht, den Nachnamen der Toten nicht zu nennen. Dass bloßes Bemühen bei “Bild” aber nicht ausreicht, scheint man immer noch nicht begriffen zu haben. Die Sterbeurkunde, die “Bild” abdruckt, wurde nämlich nicht geschwärzt, Nachname und Geburtsname der Toten sind darauf klar erkennbar.

Mit Dank an Alexander H. für den sachdienlichen Hinweis.

Kurz korrigiert (126)

Anders als Bild.de behauptet, war die torärmste Fußballweltmeisterschaft aller Zeiten nicht die WM 1974 mit durchschnittlich 2,55 Toren pro Spiel, sondern die WM 1990 mit 2,21 Toren pro Spiel. Die WM 1974 war noch nicht mal die zweittorärmste aller Zeiten. Das war die WM 2002 mit 2,52 Toren pro Spiel. Und die dritttorärmste WM aller Zeiten war auch nicht die von 1974, sondern die WM 1986 (2,54 Tore/Spiel). Aber die vierttorärmste WM aller Zeiten, das war die WM 1974.

Eine FIFA-Torstatistik der Jahre 1982-2002 gibt’s hier [pdf].

Mit Dank an André K. für den sachdienlichen Hinweis.

Nachtrag, 19.45 Uhr: Die Meldung ist inzwischen offenbar aus dem WM-Telegramm von Bild.de verschwunden.

Nachtrag, 29.6., 0.42 Uhr: Wie es aussieht, hat Bild.de den Fehler gar nicht selbst gemacht, sondern bloß von der Nachrichtenagentur AP übernommen. Die hatte übrigens zuvor eine sehr ähnliche, aber wahrscheinlich korrekte Meldung herausgegeben. Die darin angegebenen Tore pro Spiel für die WM 2006 (2,41) berücksichtigen nämlich offenbar, anders als die offizielle FIFA-Statistik, auch im Elfmeterschießen erzielte Tore.

Mit Dank an Frank und Chiquita für den Hinweis.

“In dankenswerter Klarheit”

Im Mai erwirkte Günther Jauch eine einstweilige Verfügung, die es der “Bild”-Zeitung (und anderen Publikationen der Axel-Springer-AG) zum Schutz seiner Privatsphäre untersagte, jedwede Details über seine geplante Hochzeit zu veröffentlichen. Die Axel-Springer-AG ging dagegen in Berufung. Das Berliner Kammergericht gab ihr nun in einem Punkt recht: Der Verlag darf die bekannten Potsdamer Sehenswürdigkeiten nennen, in denen die Feier stattfinden soll. Nur die. An weiteren Details bestehe kein vergleichbares öffentliches Interesse, erläuterte eine Gerichtssprecherin gegenüber dpa. Der Schutz der Privatsphäre Jauchs habe Vorrang. Auch dieses Urteil ist vorläufig. In der Hauptsache wird das Gericht aber wohl erst nach der Hochzeit entscheiden.

Soweit die Fakten.

Und das ist die Überschrift, unter der das Ministerium für Wahrheit die Pressestelle der “Bild”-Zeitung dieses Urteil zusammenfasst:

Kammergericht gestattet Berichterstattung über Jauch-Hochzeit

Der Hinweis, dass das Gericht die Berichterstattung immer noch weitgehend untersagt, fehlt in der Pressemitteilung. Stattdessen kommt ausführlich Nicolaus Fest, Mitglied der “Bild”-Chefredaktion, zu Wort:

“Das Kammergericht hat dem Begehren von Günther Jauch, die Berichterstattung über seine Hochzeit vollständig zu unterbinden, eine klare Absage erteilt. Wer die Medien fast täglich zur Steigerung seiner Prominenz und seines Marktwertes nutzt und in weltbekannten touristischen Sehenswürdigkeiten heiratet, kann die Presse nicht ausschließen. Diese Selbstverständlichkeit hat das Kammergericht in dankenswerter Klarheit bestätigt.”

Fests rhetorische Akrobatik hat sich gelohnt. Die Fachzeitschrift “werben & verkaufen” etwa übernahm seine lustige Interpretation ohne jede Einschränkung.

Kurz korrigiert (125)

Manchmal ist es ganz praktisch, dass Bild.de zu den “Bild”-Artikeln immer gleich passende Werbung zeigt. So kann der interessierte Leser, wenn er genau hinsieht, gleich erkennen, dass die Autobiographie von Franziska van Almsick gar nicht “Abgetaucht” heißt, wie “Bild” schreibt, sondern “Aufgetaucht” — was irgendwie auch naheliegender ist.

Danke an Kurt R.!

Nachtrag, 16.58 Uhr. Sieh an: Plötzlich steht auch im Artikel der richtige Titel.