Archiv für Juni 5th, 2006

“Bild” beschäftigt Volksverhetzer IV

In ihrer Dienstags-Ausgabe veröffentlicht die “Bild”-Zeitung eine “Klarstellung” über den Mann, der für sie in der vergangenen Woche “exklusiv” einen “großen BILD-Test: Haben Sie auch schon einmal gelebt?” erstellte:

Klarstellung zu Trutz Hardo: Letzte Woche hatte BILD über den Berliner Rückführungstherapeuten Trutz Hardo (67) aus Berlin berichtet. Was BILD nicht wußte: Tatsächlich heißt der Mann Tom Hockemeyer und ist 2001 wegen Volksverhetzung verurteilt worden (OLG Koblenz, 90 Tagessätze Geldstrafe). In seinem Buch "Jedem das Seine" hatte er den Massenmord an den Juden gerechtfertigt. Das Buch ist verboten worden. BILD wird nie wieder über diesen Mann berichten.

Das ist nicht die ganze Wahrheit.

1. Um zu wissen, dass Trutz Hardo wegen Volksverhetzung verurteilt wurde, muss man nicht seinen richtigen Namen kennen. Wer bei Google nach “Trutz Hardo” sucht, findet als zweiten Treffer einen aufschlussreichen Artikel des “Informationsdienstes gegen Rechtsextremismus”. Dort steht auch Hardos bürgerlicher Name — ebenso wie auf seiner eigenen Homepage.

2. Der richtige Nachname Trutz Hardos war auch “Bild” bekannt. Im “Bild”-Zeitungs-Archiv findet man bei der Suche nach “Trutz Hardo” einen Artikel vom 7. Oktober 1999 über den Rückführungs-Selbstversuch einer “Bild”-Reporterin. Den Namen des “Reinkarnations-Experten” gibt sie an mit: Trutz Hardo Hockemeyer.

3. “Bild” hat über den Mann nicht “berichtet”. “Bild” hat ihn beschäftigt.

Kurz korrigiert (107 – 112)

Ach du Schande. Der Ziehungsbeauftragte, der sonst für “Bild” nur die Altersangaben auslost, hat anscheinend die Basketball-Berichterstattung übernommen.

Also, tief Luft holen: Anders als Bild.de schreibt, ist Dirk Nowitzki nicht 28, sondern erst 27 Jahre alt. Und in den Playoffs holte er nicht 12,1 Rebounds pro Spiel, sondern 11,9. Und er machte nicht 28,1 Punkte pro Spiel, sondern 28,4. Und die Phoenix Suns haben in der ersten Hälfte des letzten Spiels nicht mit 19 Punkten vorne gelegen, sondern mit 18. Und Detlef Schrempf war nicht 1995 im NBA-Finale, sondern 1996. Und das Spiel der Dallas Mavericks gegen Miami Heat findet nicht in der Nacht zum Donnerstag, sondern in der Nacht zum Freitag statt.

Danke an Benedikt T. und Emrah K.

Von Maulwürfen und Golf-Partnern

Auch die Schweizer Zeitung “Weltwoche” berichtet (wie andere auch) anlässlich der Fußball-WM über Alfred Draxler, den mächtigen Sportchef der “Bild”-Zeitung und sein Problem, dass Bundestrainer Jürgen Klinsmann das Blatt auf Distanz hält — anders als die meisten seiner Vorgänger stand er nicht irgendwann auf der Gehaltsliste der “Bild”-Zeitung und verdankt ihr nicht seinen Job.

Die “Weltwoche” über Lothar Matthäus:

Unter allen wichtigen Figuren im deutschen Fussball ist er wohl der verdienteste Maulwurf der Bild. Seit Ende der 80er Jahre trägt er unter Mitspielern den Spitznamen IM Lothar, weil er quasi eine Standleitung zur Redaktion in Hamburg betreibt. Fünf Minuten nach jeder Mannschaftssitzung kannte Draxlers Team ihren Inhalt. Beim Team kam das nicht gut an, aber Bild hielt Ribbeck und Matthäus die Treue bis zum bitteren Ende bei der EM 2000. Draxler will nichts wissen von einem Inoffiziellen Mitarbeiter Matthäus: “Unsere Reporter haben gute Drähte zu vielen Spielern. Deswegen arbeiten sie für uns.”

Und über Franz Beckenbauer, mit dem Draxler seit 25 Jahren Golf spielt:

Viele Jahre später [nach der WM 1986] revanchierte sich Bild beim Kaiser für all die kleinen Gefälligkeiten. Als er eine Sekretärin von der Geschäftsstelle des FC Bayern geschwängert hatte, schwieg Bild, solange es ging. Erst nachdem Münchner Zeitungen die Geschichte brachten, äusserte sich auch Draxlers Blatt: “Franz: Ja, Baby mit Sekretärin.” Heute sagt Draxler: “Es gab Gerüchte, die waren lange bekannt. Aber wir können eine Geschichte nicht auf Hörensagen gründen.” Dann spielte man wieder Golf. Beckenbauer (Handicap 8) half Draxlers (Handicap 16) Ehefrau Martina Krogmann im Wahlkampf — ab 1998 sass sie für die CDU im Bundestag.

Danke an David H.!