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BILDblog dankt

Schon wieder ist ein Monat rum — höchste Zeit also, dass wir uns bei all denen bedanken, die mit ihren Überweisungen dazu beitragen, dass es das BILDblog überhaupt gibt. Wir schaffen es leider zeitlich nicht, jeden Einzelnen bei StudiVZ zu suchen, zu finden und zu gruscheln. Dafür gibt es hier aber jeden Monat ein großes SammelDankeschön.

Sollte Ihr Name noch nicht in der Liste unten auftauchen, obwohl Sie große Lust hätten, mal einen Dank vom BILDblog zu bekommen — kleiner Tipp: Es ist ganz einfach, uns zu unterstützen. Und Leuten, die einen Dauerauftrag einrichten, danke wir auch jeden Monat aufs Neue.

Also, 1000 Dank für die tolle Unterstützung im Januar an:

Achim K., Alexander H., Andrea S., Andreas F., Andreas H., Andreas K., Andreas L., Andreas N., Andreas P., Andreas R., Andreas W., Angela Z., Anika S., Anja C., Anna S., Arne L., Bastian C., Benedikt S., Benedikt v. W., Benjamin B., Benjamin M., Berenike L., Bianca B., Björn R., Björn T., Bo G., Bodo S., Carsten S., Christian B., Christof S., Christoph M., Claudia H., Daniel H., Dario S., David R., Dennis B. H., Dietmar N., Dirk A., Dominique T., Dorothea A., Eik L., Ekkart K., Elias I., Elmar M., Fabian L., Fabian Ü., Flemming B., Florian J., Frank V., Frank W. B., Frank W., Friedhelm K., Gerhard D., Gesine D., Gregor A. K., Guido R. S., Hannes R. S., Hans-C. O., Heiko H., Heiko K., Henning F., Henning R., Holger B., Ingo v. L., Ingrid B., Ivan B., Jacob D., Jan N. K., Jan O. W., Jan P. S., Jan P., Jan-P. B., Jan-R. H., Jennifer H., Jens B., Jens D., Johannes K., Johannes L., Johannes P., Jonas S., Jörn L., Julia T., Jürgen S., Katrin U., Klaus W., Klaus-D. S., Lars K., Lena-L. V., Leonard B., Lothar K., Manuel O., Marc B., Marc S., Marcel B., Marcel S., Marco S., Marco W., Marcus H., Marcus K., Marcus S., Margit G., Mario U., Markus K., Martin M., Martin R., Martin S., Martin W., Matthias B., Matthias M., Matthias S. S., Maximilian W., Michael K., Michael N., Michael R., Michael S., Michael W., Michaela G., Moritz D. B., Moritz D., Moritz K., Moritz V., Nicole P., Nikola M., Nils D., Nils K., Nils P., Olaf P., Oliver K., Oliver M., Oliver R., Patrick W., Paul-B. R., Peter J., Peter K., Peter S., Peter W., Philipp G., Philipp H., Philipp S., Philipp W., Pia K., Robert K., Roman K., Sandra C. K.-W., Sascha S., Sascha-S. H., Sebastian F., Sebastian G. H., Simon S., Simon T., Stanley S., Stefan L., Stefan R., Steve H., Sumangali S., Sven F., Thomas E., Thomas H., Thomas L., Thomas M., Thomas S., Thorsten B., Till W., Tilman H., Tim H., Tobias H., Tobias W., Toralf B., Torsten P., Udo G. G., Ute S., Uwe F., Uwe K., Verena F., Volker B., Volkmar D., Werner R. B., Wiebke S., Yannic S., Yannick B., Yvonne T., Zeno K.!

Weiteres Plagiat, Doppelmoral, Merkel und LeFloid

1. „‘Weltwoche‘-Redaktor schrieb auch bei deutscher Zeitung ab“
(tagesanzeiger.ch, Iwan Städler)
Das „The Telegraph”-Plagiat von Urs Gehriger war kein Einzelfall. Iwan Städler deckt auf, dass die „Weltwoche“ auch bei „faz.net“ abgeschrieben hat. Dieses Mal geht es um zehn weltweit verstreute Mauerwerke: „Kein einziger Wall wird beschrieben, ohne dass sich die ‘Weltwoche’ ausgiebig bei der ‘FAZ’ bedient hätte.“

2. „Das Leistungsschutzrecht für Presseverleger ist tot, es weiß es nur noch nicht“
(juliareda.eu, Mathias Schindler)
„Es ist ein politisches Problem, das größer ist als das Leistungsschutzrecht, wenn Gesetze nicht ordentlich zustandekommen“, schreibt Mathias Schindler, Mitarbeiter der Piratin Julia Reda. Schindler schildert in sechs Kapiteln „den gesetzgeberischen Totalschaden Presseverlegerleistungsschutzrecht“ – ein „inhaltliches Komplettversagen des Gesetzes in den letzten Monaten im Zusammenspiel mit Verwertungsgesellschaften, Suchmaschinenbetreibern und Verlegern”.

3. „Schaum vor dem Mund?“
(faz.net, Jochen Zenthöfer)
Die Staatsanwaltschaft Stralsund fühlte sich von „Nordkurier“-Chefredakteur Lutz Schumacher durch eine Passage seines Kommentars zum „Rabauken-Jäger“-Verfahren beleidigt. Schumacher beschrieb den Staatsanwalt „mit Schaum vor dem Mund“. Nun wurde er freigesprochen Nun sieht die Staatsanwaltschaft von weiteren Ermittlungen ab:

Dass die Staatsanwaltschaft von ehrenrührigen Äußerungen spreche, zeige, „dass auch in Deutschland die Meinungsfreiheit leider keine Selbstverständlichkeit ist und immer wieder neu erkämpft werden muss“

4. „Fachwissen, Herzblut und Emotionen“
(medienwoche.ch, Nik Niethammer)
Nik Niethammer nervt die Doppelmoral von TV-Kommentatoren im Radsport, die „beinahe zwanghaft“ die Zuschauer „bei jeder Gelegenheit auf das Thema Doping“ hinwiesen: „Sie fühlen sich offensichtlich genötigt, immerzu Bedenken zu formulieren. Einem Sport gegenüber, den sie zwar übertragen, dem sie aber zutiefst misstrauen.“

5. „Was wurde eigentlich aus StudiVZ?“
(spiegel.de, Sebastian Meineck)
Nach Betreiberangaben seien eine Million Nutzer, vor allem Menschen zwischen 25 und 45 Jahren, auf den VZ-Netzwerken noch aktiv. „Flirten und Kennenlernen gehörten zu den Dingen, die vielen Nutzern von StudiVZ und MeinVZ heute offenbar besonders wichtig sind“, analysiert Sebastian Meineck.

6. „Das Interview mit Angela Merkel – #NetzFragtMerkel”
(youtube.com, LeFloid)
Von „PR-Geschichte“ bis „er hat gezeigt, dass er mehr kann, als hektisch geschnittene News-Videos mit Sprüchen versehen“ scheiden sich die Meinungen über das gestern veröffentlichte Interview des 27-jährigen Psychologiestudenten und Youtubers LeFloid mit der Bundeskanzlerin.

“Putin, schau in die Gesichter
dieser 100 Opfer!”

Zur postkatastrophalen Berichterstattung in den “Bild”-Medien gehört immer auch eine “Galerie der Trauer”, in der die privaten, oft aus dem Internet geklauten Fotos der Opfer präsentiert werden. Meist auf der Titelseite, meist riesengroß und meist ohne jede Unkenntlichmachung. Dazu allemöglichen Details über ihr Privatleben, woher sie kamen, welche Musik sie gerne hörten, ob sie frisch verliebt waren.

Man konnte das schon nach dem Attentat von Utøya erleben, nach dem Amoklauf in Winnenden, nach dem Loveparade-Unglück in Duisburg, nach dem Busunfall in der Schweiz, nach dem Verschwinden von Flug MH370. Und auch jetzt, nach dem Absturz von MH17:

(Unkenntlichmachung von uns.)

Seit gestern zeigt Bild.de in dieser Galerie Fotos von 100 (!) Opfern des Unglücks, darunter auch viele Kinder, nennt ihre vollen Namen und viele persönliche Details (die überwiegend mutmaßlich aus sozialen Netzwerken und ausländischen Medien stammen). Nur 20 der 69 Fotos tragen einen Quellennachweis, die meisten davon “Privat”.

Schon am Wochenende hatten “Bild”, “Bild am Sonntag” und Bild.de einige der Fotos gezeigt und private Informationen veröffentlicht, auch dort größtenteils ohne Quellenangaben.

(Übrigens konnten sie es auch gestern nicht lassen, die Opferporträts für ihre Putin-Kritik zu missbrauchen; bei Facebook und in der URL hieß es zunächst: “Putin, schau in die Gesichter dieser 100 Opfer!” — inzwischen aber nicht mehr.)

Da die “Bild”-Zeitung nicht verrät, wie sie in solchen Fällen an die Fotos kommt (andere Medien im Übrigen auch nicht), können wir über über die Frage, wie sie es diesmal gemacht hat, nur spekulieren. Bei den Angehörigen um Erlaubnis gefragt hat sie aber vermutlich nicht.

Im März 2009, kurz nach dem Amoklauf von Winnenden, wollte das ARD-Magazin “Panorama” vom Axel-Springer-Verlag wissen, wie “Bild” an die Opferfotos gekommen war und ob die Genehmigung der Angehörigen vorlag. Springer-Sprecher Tobias Fröhlich antwortete:

„Entgegen Ihrer Annahme dürfen Fotos von Opfern auch ohne Genehmigung gezeigt werden, sofern es sich um Bildnisse im Zusammenhang mit wichtigen zeitgeschichtlichen Ereignissen handelt. Der Redaktion fällt eine solche Entscheidung nicht leicht und sie muss in jedem Einzelfall sorgfältig abwägen, ob das öffentliche Interesse so überragend ist, dass man die Fotos auch ohne Einwilligung zeigen darf. Offensichtlich haben das auch alle anderen Zeitungen und Zeitschriften so beurteilt, die die besagten Bilder veröffentlichten.

Natürlich gehört unser Mitgefühl den vielen Familien in Winnenden, denen der schlimmstmögliche Schicksalsschlag widerfahren ist. Nichts kann den Schmerz und die Trauer über Verlust eines Kindes und eines Angehörigen lindern. Leider gehört es zu den Aufgaben von Journalisten, auch über solch dramatischen Ereignisse und die dahinter stehenden Schicksale zu berichten — sowohl über Täter, als auch über Opfer.“

Der Sprecher gab in einem Fall sogar indirekt den Eltern die Schuld dafür, dass “Bild” das Schicksal ihres Kindes ausgeweidet hatte: Indem sie einem Nachruf im “Tagesspiegel” zugestimmt hatten, hätten sie das Kind zu einer “relativen Person der Zeitgeschichte” gemacht — und in “solch einem Fall”, so der Sprecher, bedürfe es “keiner Zustimmung des Abgebildeten oder der Hinterbliebenen.”

Medienanwalt Christian Schertz entgegnete jedoch:

„Wenn ein Schüler oder ein Student sein Foto bei StudiVZ einstellt [Von dort hatten die Medien einige der Fotos offensichtich geklaut, Anm.], willigt er damit noch lange nicht ein, dass dasselbe Foto im Falle eines Unglücksfalles, an dem er beteiligt ist, auf der Titelseite einer Boulevardseite veröffentlicht wird. (…)

Das Leid von anderen Menschen ist natürlich auch etwas, das die Sensationsgier befriedigt und damit Auflage macht. Und da ist es oft eine Abwägung von möglichen Anwaltskosten und den vielleicht noch zu zahlenden Schmerzensgeldern und dem, was man mit der Auflagensteigerung erreicht. Und dann ist das Ergebnis relativ eindeutig aus Sicht mancher Chefredakteure.“

Damals hatte sich auch ein Vater zu Wort gemeldet, dessen Tochter bei dem Amoklauf in Winnenden getötet wurde und über deren Leben und Sterben “Bild” und andere Medien ebenfalls groß berichtet hatten. Er sagte:

„Die Bild-Zeitung und andere, auch Fernsehsender, ziehen Profit aus unserem Leid! Dreimal hintereinander sind Bilder von [meiner Tochter] erschienen, ohne dass wir das gewollt hätten. Wir hätten das nie erlaubt. (…)

Die reißen die Bilder an sich und fragen nicht danach, was wir Hinterbliebenen denken und fühlen.“

Nachtrag: Bild.de und andere Medien haben für die Veröffentlichung der Opferfotos eine Missbilligung vom Presserat kassiert.

Bild  

Schlechte Gewinner

Wenn der Presserat eine Rüge gegen “Bild” ausspricht, dann berichtet die Zeitung in den meisten Fällen nicht darüber, obwohl sie es laut §15 der Beschwerdeordnung eigentlich müsste. Wenn der Presserat aber dann doch einmal eine Beschwerde zurückweist, sieht das ganz anders aus. Dann macht “Bild” denjenigen, der sich beschwert hat, einfach zum “Verlierer”:

Als Chef von "Studi-VZ" konnte Clemens Riedl (40) offensichtlich ganz schlecht mit Konkurrenz umgehen: Beim Deutschen Presserat beschwerte er sich über die BILD-Serie "So machen Sie bei Facebook mit". Vorwurf: Schleichwerbung. Jetzt wies der Presserat die Beschwerde zurück, Riedl ist inzwischen gefeuert. BILD meint: Recht so!

Übrigens: Dass Riedl inzwischen nicht mehr bei StudiVZ arbeitet, hat natürlich nichts mit der abgelehnten Beschwerde beim Presserat zu tun. Er hat das Unternehmen am 11. Oktober “auf eigenen Wunsch” verlassen und steht “in der nächsten Zeit noch für einen reibungslosen Übergang zur Verfügung”, weswegen er auch immer noch im Impressum der VZ-Netzwerke genannt wird.

Mit Dank an Christian M.

Wie wird so einer zum Sex-Monster?

Für die Redakteure von “Bild” ist es schwer hinnehmbar, dass auch Menschen, die schlimme Dinge getan haben, Rechte haben. Menschenrechte zum Beispiel.

Im vergangenen Dezember wurde ein Krankenpfleger aus Berlin wegen des Verdachts des sexuellen Missbrauchs von Kindern verhaftet. In seiner Wohnung fand die Polizei Filmaufnahmen, die ihn bei den Taten zeigen. In der Untersuchungshaft unternahm der Mann einen Selbstmordversuch und trennte sich einen Hoden ab. In einem Abschiedsbrief bereute er seine Taten und entschuldigte sich dafür.

All das schrieb “Bild” am 22. Dezember in der Regionalausgabe Berlin/Brandenburg. Dann muss der Redaktion aufgefallen sein, dass die eigene Berichterstattung viel zu sachlich war.

Deshalb sah die Berichterstattung am nächsten Tag ein bisschen anders (man könnte auch sagen: “Bild”-typischer) aus:

Wie wird so einer zum Sex-Monster?

In der Berliner Ausgabe prangte ein großformatiges Foto des Tatverdächtigen, in der riesigen Überschrift fragte “Bild” “Wie wird so einer zum Sex-Monster?”

Der Bruder des mutmaßlichen Täters, der seit dessen Selbstmordversuch dessen vorläufiger Betreuer ist, ging Anfang Januar mit anwaltlicher Hilfe gegen die Berichterstattung vor und forderte die Axel Springer AG auf, die Verbreitung der privaten Fotos zu unterlassen. Springer lehnte mit der Begründung ab, es bestehe ein “außerordentliches Berichtsinteresse der Öffentlichkeit” und die Taten seien besonders verwerflich.

Am 11. Januar erließ das Landgericht Berlin eine einstweilige Verfügung, die “Bild” verbietet, weiterhin Fotos zu verbreiten, auf denen der Mann erkennbar abgebildet ist. Gegen diese einstweilige Verfügung zog die Axel Springer AG vor Gericht — verlor aber überwiegend.

Dabei hatten sich die Springer-Anwälte so eine schöne Begründung zurechtgelegt, warum “Bild” auf diese Weise berichten dürfe: Der Mann sei “zweifelsfrei” der Täter, dem die schwer kranken Kinder hilflos ausgeliefert gewesen seien. Weil er seine Stellung als Pfleger auf einer Intensivstation ausgenutzt haben soll, bestehe ein “erhebliches öffentliches Interesse” an seiner Person, eine Berichterstattung mit Foto sei wegen der “Schwere und der Art der Begehung” dieser Taten auch zulässig.

Sogar den Selbstmordversuch wertet “Bild” als Grund für ihre Berichterstattung: Er stelle wegen der Selbstverstümmelung einen “ebenfalls ganz außergewöhnlich brutalen Zerstörungsakt” dar, weshalb von einem herausragenden zeitgeschichtlichen Ereignis zu sprechen sei. Und dass “Bild” ein Foto des Mannes zeigen konnte, sei der ja quasi selbst schuld: Er habe das Bild ja selbst auf der Internetseite StudiVZ “für alle registrierten Nutzer öffentlich gemacht”.

Das Landgericht Berlin bestätigte die einstweilige Verfügung “im Tenor”. In seiner sehr differenzierten Urteilsbegründung (PDF) erklärt das Gericht, die erste Berichterstattung von “Bild” sei nicht zu beanstanden, wohl aber die weiteren Artikel:

Bereits in der großformatigen Überschrift wird der Antragsteller (“so einer”) nicht als Mensch sondern als “Sex-Monster” bezeichnet. Der Artikel enthält wenig objektive Information, stattdessen verschiedene reißerische Textpassagen (“Wie wird so einer zum Sex-Monster”, “ER IST EIN MONSTER. DAS HABE ICH NICHT ERKANNT”, “Es war offenbar die Maske eines Perversen.”), die über ein bloßes boulevardmäßiges Zuspitzen von Tatsachen hinausgehen.

Die Angst des mutmaßlichen Täters, er könne anhand der Fotos identifiziert und durch die Berichterstattung zum Opfer gewalttätiger Übergriffe werden, erschien dem Gericht “nicht völlig abwegig”. Die Veröffentlichung des Fotos sei daher nicht zulässig gewesen.

Auch bei der Berichterstattung in der Bundesausgabe hätte “Bild” auf ein Foto verzichten müssen:

Die dem Antragsteller zur Last gelegten Taten werden nicht als Vorwurf sondern als feststehende Tatsachen dargestellt. Im Übrigen wird auf einen bereits erfolgten Bericht der Zeitung verwiesen. Einerseits sind Artikel und Foto insgesamt klein gehalten. Andererseits ist zu berücksichtigen, dass der Artikel in Bezug auf den Antragsteller keine neue sachbezogene Information enthält, die das erneute Abdrucken des Fotos rechtfertigen könnte.

Unmissverständlich äußert sich das Gericht zu der bei “Bild” so beliebten “Quelle” Soziale Netzwerke:

Eine Einwilligung des Antragstellers in die Verbreitung der Bilder liegt nicht vor. Unbeachtlich ist, ob der Antragsteller mit der Verbreitung seines Bildnisses gegenüber dem begrenzten Kreis der Nutzer von “studiVZ” einverstanden war. Hier geht es um eine Veröffentlichung von Bildern in einer Zeitung im Zusammenhang mit dem Vorwurf schwerer Straftaten.

Mit Hilfe seines Anwalts Ulrich Dost hat der Mann auch einstweilige Verfügungen gegen die “B.Z.” und den “Berliner Kurier” erwirkt. Der “Kurier” hatte über mehrere Tage das Foto des Tatverdächtigen gezeigt und ihn als “Sex-Bestie” bezeichnet, einmal sogar auf der Titelseite. Das Berliner Landgericht hat auch die einstweilige Verfügung gegen den “Berliner Kurier” bestätigt.

In beiden Fällen sind die Urteile noch nicht rechtskräftig, da die unterlegenen Boulevardzeitungen in Berufung gegangen sind.

Weiterleben im Internet

Die Leute bei Bild.de scheinen nicht einsehen zu wollen, warum etwas, das irgendwo im Internet zu sehen ist, nicht auch bei Bild.de im Internet zu sehen sein sollte: Wenn sie über eine Person schreiben wollen, von der es keine offiziellen Fotos und Informationen in den einschlägigen Archiven gibt, bedienen sie sich deshalb ungefragt bei Facebook, StudiVZ und Co (s. Kasten).

Und wenn ihnen eine Facebook-Gruppe gut gefällt, kopieren sie einfach die Fotos daraus, ohne die Urheber, deren Namen darunter stehen, um Erlaubnis zu fragen.

Nachdem vergangene Woche in Tripolis ein Airbus beim Landeanflug abgestürzt ist, waren Fotos des einzigen Überlebenden, eines neunjährigen Jungen aus den Niederlanden, in zahlreichen Medien zu finden. Bild.de reichte das offensichtlich nicht, aber zum Glück gibt es ja das Internet:

IM INTERNET SCHRIEB RUBENS FAMILIE ÜBER DEN URLAUB: Die letzten Tage vor dem tödlichen Absturz

Doch im Internet lebt die Familie weiter: Rubens Vater führte während der Reise Tagebuch, stellte es kurz vor der Heimreise online. Mit Fotos toller Landschaften und wilder Tiere. Und Fotos der Söhne.

Ungeniert zeigt Bild.de diese privaten Fotos in einer Bildergalerie — Fotos, deren Urheberrechte auch mit dem Tod des Fotografen nicht automatisch erloschen sind, und auf denen die Familienmitglieder zu erkennen sind.

Doch damit nicht genug: Auch bei den Texten, die der Familienvater über die Reise geschrieben hat, hat sich Bild.de nachhaltig bedient und breitet die Erlebnisse, die für Freunde und Angehörige der Familie bestimmt waren, vor seiner Leserschaft aus.

Aber die Leute sind ja auch selbst Schuld:

Der auf diesem Bild noch siebenjährige Ruben beim Buddeln – die Familie veröffentlichte das Bild in ihrem Reise-Blog im Internet

Airen, NWZonline, Gagasein

6 vor 9

Um 6 Minuten vor 9 Uhr erscheinen hier montags bis freitags handverlesene Links zu lesenswerten Geschichten aus alten und neuen Medien. Tipps gerne bis 8 Uhr an [email protected].

1. Interview mit Airen
(faz.net, Tobias Rüther)
Nochmals zum in den Feuilletons gefeierten Plagiatsfall Axolotl Roadkill. Im Anschluss auf ein langes Gespräch mit dem Blogger Airen findet sich eine ebenso lange Liste von “Parallelstellen, die sich aus einem Abgleich der Bücher ‘Strobo’ und ‘Axolotl Roadkill’ sowie des Blogs mit Hegemanns Buch ergeben (Warnung: Die Zitate sind teilweise sexuell sehr explizit und könnten die Gefühle der Leser verletzen)”.

2. “Von Visits, PageImpressions, NWZ und fremden Federn”
(medienfloh.de, Florian Schuster)
Florian Schuster präsentiert eine Liste von URLs, die NWZonline, der Internetauftritt der “Nordwest-Zeitung”, der IVW auf einer Local-Liste meldet – Klicks, die so mit in die Zählung der Visits und Page Impressions einfliessen. Auf der Liste finden sich unter anderem Websites wie studivz.net/oldenburg oder partner.hanseatreisen.de/nwz.

3. “Zeitungen feiern den 10jährigen Geburtstag der Verbraucherinsolvenz”
(finblog.de, Andreas Kunze)
Die Presseagentur dpa feiert zehn Jahre Verbraucherinsolvenz und die Online-Portale feiern mit. Nur: Die Insolvenzordnung trat am 1.1.1999 in Kraft – und ist also schon über 11 Jahre alt.

4. “Im Glashaus und so …”
(nachgetragen.wordpress.com)
Das Magazin der “Süddeutschen Zeitung” zeichnet in einer “Anleitung zum Gagasein” die Sängerin Lady Gaga mit einer Roten Schleife und folgert: “Lady Gaga ist eine Schwulenikone”.

5. “DFB-Kicker ganz bei Trost”
(n-tv.de, Christoph Wolf)
Christoph Wolf beobachtet den Umgang von Fußball-Nationalspielern mit “Bild”.

6. “Auslese-Gewinner 2009”
(wissenschafts-cafe.net, Lars und Marc)
“Die besten wissenschaftlichen Blogposts des Jahres.”

Bild.de, RTL, stern.de  etc.

Die Opfer des Todesfluges

Der Online-Ableger der Illustrierten “Stern” präsentiert die Opfer der im Atlantik abgestürzten Air-France-Maschine in einer großen Bildergalerie. Unter dem ersten Foto heißt es:

Doch das ist nicht das ganze Zitat von der DLRG-Seite. Das ganze Zitat geht so:

Aus irgendwelchen Gründen fand stern.de das mit der Bitte an die Medien um Zurückhaltung nicht so zitierwürdig. Womöglich hätte der Satz am Anfang dieser Bildergalerie auch nur ungewollt ironisch gewirkt.

Um einige der Opfer zeigen zu können, hat sich stern.de — wie andere Medien auch — offenkundig einfach auf den Internetseiten von Arbeitgebern oder Vereinen bedient. Man hört das ja auch immer wieder in den Medien, dass das Internet ein rechtsfreier Raum sei, in dem auch das Urheberrecht dauernd verletzt werde.

Das RTL-Elendsmagazin “Explosiv” hat sich beim Ausschlachten der Tragödie gestern auch auf die Expertise einer Frau gestützt, die auf die nötigen Grenzüberschreitungen quasi spezialisiert ist: Inken Ramelow, deren Arbeit das NDR-Medienmagazin “Zapp” vor kurzem einen eigenen Beitrag gewidmet hat.

Nach dem Amoklauf von Winnenden hatten wir uns bei “RTL aktuell” erkundigt, wie der Sender unter Chefredakteur Peter Kloeppel grundsätzlich mit den Fotos von Betroffenen in Unglücks- oder Verbrechensfällen umgeht. Wir fragten zum Beispiel:

“Ist nach Ansicht des Senders eine Einwilligung des Urhebers nicht notwendig, wenn man sich die Fotos einfach im Internet besorgen kann? Muss jeder, der sein Bild bei StudiVZ oder anderen Angeboten einstellt, damit rechnen, es in einer RTL-Nachrichtensendung wiederzufinden? Oder bemüht sich RTL auch in solchen Fällen in der Regel um eine Einwilligung?”

Die Antwort des Senders lautete:

“Die Redaktion möchte keine Stellungnahme zu redaktionellen Abläufen abgeben.”

Das ist ziemlich genau dieselbe Antwort, die der “Stern” auf ganz ähnliche Fragen des Magazins “Panorama” gab:

“Zu Redaktions-Interna erteilen wir keine Auskunft.”

Von der “Bild”-Zeitung (die in einem Verlag erscheint, dessen Vorstandsvorsitzender Mathias Döpfner ironischerweise gerade für eine Verschärfung des Urheberrechtes im Internet kämpft) würden wir natürlich im Zweifel nicht einmal diese Antwort bekommen. Sie scheint sich gestern bei der Aufmachung des Themas in ihrem Online-Angebot vorgenommen zu haben, ein lehrbuchhaftes Beispiel dafür zu produzieren, was der Pressekodex meint, wenn er er von einer “unangemessen sensationellen Darstellung von Gewalt, Brutalität und Leid” spricht:


(Unkenntlichmachung, natürlich, von uns.)

Mit Dank an Heiko J. und viele andere sowie Peer S. und DWDL.

Netzwerk Recherche

Am Montag hatten wir darüber berichtet, wie StudiVZ darauf reagiert, dass sich Medienvertreter in dem sozialen Netzwerk mit Fotos und Informationen über Jugendliche eindecken.

Logo der StudiVZ-Gruppe "Wenn ich tot bin, soll mein Bild nicht in die Bild-Zeitung!"Im Anschluss daran schrieben uns Leser, die fragten, wie sie einem solchen Bilderklau Vorschub leisten könnten (Korrektur von 16:19 Uhr: BILDblogger scheitert an der deutschen Sprache) einen solchen Bilderklau verhindern könnten. Eine richtige Antwort darauf hatten wir auch nicht, bis uns ein weiterer Leser schrieb, er habe gerade eine neue Gruppe bei StudiVZ gegründet: “Wenn ich tot bin, soll mein Bild nicht in die Bild-Zeitung!” Eine vielleicht etwas hilflose und symbolische Aktion, die aber immerhin auf das Problem aufmerksam macht.

Der folgende Tag allerdings zeigte, dass das Problem der Recherche in Sozialen Netzwerken kein “Bild”-spezifisches ist — und dass man nicht unbedingt tot sein muss, um unfreiwillig seine privaten Fotos in der Boulevardpresse wiederzufinden:

In Sankt Augustin hatte eine Schülerin offenbar einen Brandanschlag auf ihr Gymnasium geplant. Eine Mitschülerin stellte sich ihr in den Weg und wurde mit einem Messer verletzt. “Bild” berichtete am Dienstag groß über die “Heldin” und veröffentlichte dabei eine Kurz-Charakterisierung, die sich liest, als sei sie direkt aus dem Profil einen Sozialen Netzwerks zusammenkopiert:

Wer ist die hübsche Schülerin? Sie geht in die 11. Klasse und möchte später gerne in Paris studieren. Dennoch ist Ankes Lieblingsfach Englisch. Die begeisterte Tennis-Spielerin geht gerne shoppen, liest und reist viel. Raucher mag sie dagegen überhaupt nicht.

Auch der “Express” überrascht mit erstaunlichem Faktenwissen:

Ihr Opfer Janine, die davon träumt an der Sorbonne in Paris zu studieren, ist inzwischen in der Uni-Klinik notoperiert worden.

Beide Zeitungen haben nach eigenen Angaben den Namen der Verletzten geändert. Ihre Berichte sind mit Fotos des Mädchens garniert, auf denen das Gesicht verpixelt wurde. Es sieht ganz danach aus, dass sie aus dem Profil des Mädchens in einem Sozialen Netzwerk entnommen wurden. Auf Nachfrage erklärte SchuelerVZ, man prüfe gerade, ob die Fotos aus dem eigenen Angebot stammen.

Einen besonderen Einblick in den Arbeitsalltag von Boulevardjournalisten liefert ein Artikel in der “Rheinischen Post” (die in ihrer Printausgabe sogar den vollen Namen der 16-jährigen Tatverdächtigen angegeben hatte). Man meint, dem Autor Jürgen Stock seine Enttäuschung regelrecht anmerken zu können:

Alternativ hätte sie der “Rheinischen Post” kurz vor ihrem geplanten Amoklauf vielleicht auch einfach kurz ein paar biographische Notizen faxen können — das hätte Herrn Stock auch viel Zeit gespart.

Mit Dank auch an Falk E., Leonard E., Birgit H. und Fabian P.

Auf Opfer kann “Bild” keine Rücksicht nehmen

Das ARD-Magazin “Panorama” hat sich bei der “Bild”-Zeitung nach den von ihr und der “Bild am Sonntag” veröffentlichten Fotos von den Opfern des Amoklaufes in Winnenden erkundigt:

“Hat die BamS-Redaktion diese Fotos von den Angehörigen oder Freunden erhalten oder sie aus dem Internet heruntergeladen?

Haben die Angehörigen dieser Veröffentlichung zugestimmt?

Wenn nicht, warum haben Sie die Fotos ohne Freigabe durch die Familien veröffentlicht?

Was sagen Sie zu dem Vorwurf des Vaters von Chantal S.: ‘Die Bild-Zeitung und andere, auch Fernsehsender, ziehen Profit aus unserem Leid! Die reißen die Bilder an sich und fragen nicht danach, was wir Hinterbliebenen denken und fühlen.'”

“Bild”-Sprecher Tobias Fröhlich antwortete schriftlich :

“Entgegen Ihrer Annahme dürfen Fotos von Opfern auch ohne Genehmigung gezeigt werden, sofern es sich um Bildnisse im Zusammenhang mit wichtigen zeitgeschichtlichen Ereignissen handelt. Der Redaktion fällt eine solche Entscheidung nicht leicht und sie muss in jedem Einzelfall sorgfältig abwägen, ob das öffentliche Interesse so überragend ist, dass man die Fotos auch ohne Einwilligung zeigen darf. Offensichtlich haben das auch alle anderen Zeitungen und Zeitschriften so beurteilt, die die besagten Bilder veröffentlichten.

Natürlich gehört unser Mitgefühl den vielen Familien in Winnenden, denen der schlimmstmögliche Schicksalsschlag widerfahren ist. Nichts kann den Schmerz und die Trauer über Verlust eines Kindes und eines Angehörigen lindern. Leider gehört es zu den Aufgaben von Journalisten, auch über solch dramatischen Ereignisse und die dahinter stehenden Schicksale zu berichten — sowohl über Täter, als auch über Opfer.”

Medienanwalt Christian Schertz widerspricht:

“Wenn ein Schüler oder ein Student sein Foto bei StudiVZ einstellt, willigt er damit noch lange nicht ein, dass dasselbe Foto im Falle eines Unglücksfalles, an dem er beteiligt ist, auf der Titelseite einer Boulevardseite veröffentlicht wird. (…)

Das Leid von anderen Menschen ist natürlich auch etwas, das die Sensationsgier befriedigt und damit Auflage macht. Und da ist es oft eine Abwägung von möglichen Anwaltskosten und den vielleicht noch zu zahlenden Schmerzensgeldern und dem, was man mit der Auflagensteigerung erreicht. Und dann ist das Ergebnis relativ eindeutig aus Sicht mancher Chefredakteure.”

Der “Panorama”-Beitrag greift auch den Fall von Sara L. auf, einer jungen magersüchtigen Frau, die im vergangenen Jahr starb. Fotos: INTERNETGegen den ausdrücklichen Willen ihrer Eltern hatte “Bild” damals einen großen Artikel mit Fotos von Sara veröffentlicht, die das Blatt sich im Internet besorgt hatte (wir berichteten).

“Bild”-Sprecher Fröhlich gibt den Eltern indirekt die Schuld daran, dass “Bild” das Schicksal ihrer Tochter ausgeweidet hat. Sie hätten Sara dadurch, dass sie einem Nachruf auf Sara im “Tagesspiegel” zugestimmt hätten, zu einer “relativen Person der Zeitgeschichte gemacht”, behauptet Fröhlich:

“In solch einem Fall bedarf es keiner Zustimmung des Abgebildeten oder der Hinterbliebenen.”

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