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Griechen raus!

In dieser Woche haben sich ja die Ereignisse in der Griechenland-Krise förmlich überschlagen. Grund genug für “Bild” und Bild.de die mit Leidenschaft geführte Hetzkampagne gegen die “Pleite-Griechen” (BILDblog berichtete mehrfach) noch weiter auf die Spitze zu treiben.

Als Anfang der Woche bekannt wird, dass der griechische Ministerpräsident Giorgos Papandreou eine Volksabstimmung über die empfindlichen Sparmaßnahmen plant, die mit dem zuvor beschlossenen Schuldenschnitt einhergehen, titelt Bild.de wenig diplomatisch:

Euro-Zocker Papandreou löst neue Krise aus Will uns der Griechen-Premier verarschen?

Ausgerechnet der windige Krawallnachwuchsjournalist Paul Ronzheimer, der bei seiner unsäglichen Drachmenrückgabeaktion vor einem Jahr bewiesen hat, dass er selbst ein hervorragender “Verarscher” ist, schreibt Sätze wie:

Alle fragen sich: warum tut Papandreou das? Warum jetzt? Will er uns verarschen? (…)

Der Euro-Zocker

(…)

Was zockt der Griechen-Premier?

Diese Reaktion ist schon allein deswegen bemerkenswert, weil eine Volksabstimmung den von “Bild” seit langem geforderten Austritt Griechenlands aus der Eurozone erheblich hätte beschleunigen können. Aber auch das vereinnahmende “uns” und “alle” ist unangebracht, wenn man bedenkt, dass es durchaus auch Stimmen gab, die die Entscheidung von Papandreou begrüßten.

Wie ein trotziges Kind forderte “Bild” dann am Donnerstag unverhohlen auf der Titelseite:

Nehmt den Griechen den Euro weg! Frau Merkel, wir wollen auch eine Volksabstimmung!

Die Marschrichtung ist deutlich. “Bild” glaubt wieder einmal für alle Deutschen sprechen zu können:

JETZT REICHT ES UNS! Wir bürgen für Hunderte Milliarden Euro, um die Pleite-Griechen zu retten – und dort soll erst eine Volksabstimmung klären, ob überhaupt gespart wird. Jetzt wollen wir auch eine Volksabstimmung: keine Milliarden mehr für Griechenland, Griechenland raus aus dem Euro!

Und den passenden “Stimmzettel” liefert “Bild” auch gleich mit (man beachte die falschen Landesfarben Schwarz-Schwarz-Rot):

Stimmzettel

Dieser Stimmzettel ist in seiner geballten Suggestivität und Einseitigkeit ein eindrucksvolles Zeugnis des Demokratieverständnisses von “Bild”: Kein Wort darüber, dass es vor allem deutsche Banken sind, die griechische Staatsanleihen halten und ohne die Milliardenhilfen ins Straucheln kommen würden. Kein Wort darüber, dass es rechtlich kaum möglich ist, dass die EU (und schon gar nicht Deutschland) den “Pleitegriechen (…) den Euro wegnimmt”. Kein Wort zu den bereits umgesetzten und geplanten Reformen und Sparmaßnahmen, für die Griechenland erst kürzlich gelobt wurde. Statt Informationen bietet “Bild” nur jede Menge Emotionen.

Selbst in einem späteren Artikel, in dem sich Bild.de dann doch mit den rechtlichen Rahmenbedingungen auseinandersetzt, wird das “Wir-gegen-die” wie selbstverständlich aufrecht erhalten:

Drohender Bankrott in Athen Wie kriegen wir die Griechen aus dem Euro? BILD.de erklärt die Rechtslage und mögliche Folgen

Immerhin, das durch die geplante Volksabstimmung angeknackste Weltbild von “Bild” und Bild.de scheint wieder in Ordnung zu sein. Nachdem Papandreou aufgrund von innen- und außenpolitischem Druck die Volksabstimmung wieder abgesagt hat, sind die “Pleite-Griechen” wieder genau da, wo “Bild” sie anscheinend haben will – im Staub:

Euro-Krise beendet? Griechen kuschen vor Angela Merkules Papandreou bildet Not-Regierung! +++ Volksabstimmung abgesagt!

Bild, Bild.de  etc.

Wo die wilden Kerle wohnen

Neben Euro-Rettung, Randalen in Griechenland, der Tochter von Nicolas Sarkozy und Carla Bruni und dem Tod von Muammar al-Gaddafi trieb “Bild” und Bild.de diese Woche vor allem eine Frage um:

Kannibalen-Insel: Fraß dieser Jäger den deutschen Urlauber?

Der Fall des deutschen Abenteurers Stefan R., der in Französisch-Polynesien verschwunden war, inspirierte die Reporter dazu, jahrhundertealte Horrorgeschichten zu entstauben und neu aufzukochen.

Sebastian Brauns, freier Journalist aus Konstanz, hat sich die Geschichte und ihre Hintergründe für uns angesehen und einen Gastbeitrag verfasst:

Wir danken auch den vielen Lesern, die uns über die letzten Tage mit sachdienlichen Hinweisen zu dem Fall versorgt haben!

Spiegel Online, Piratenpartei, Staatsbankrott

6 vor 9

Um 6 Minuten vor 9 Uhr erscheinen hier montags bis freitags handverlesene Links zu lesenswerten Geschichten aus alten und neuen Medien. Tipps gerne bis 8 Uhr an [email protected].

1. “Off Topic 2: Noch mehr Fakten zu SPIEGEL Online”
(security-informatics.de, 13. September 2011)
Wissenschaftler “im Bereich Korpus- und Computerlinguistik sowie Informatik” liefern Statistiken zu “Spiegel Online” von 2000 bis 2010. Im Fokus: die “Wortschatzkomplexität”, der “Skandalisierungs- und Mutmaßungsindex”, der “Manipulativitätsindex” und der “Angstindex”. Zur Entwicklung der Ressorts siehe diesen Beitrag vom 21. August 2011.

2. “Der Großteil des Journalismus wird datengetrieben sein”
(derstandard.at, Tatjana Rauth)
Tatjana Rauth spricht mit Shazna Nessa von AP über visuelles Geschichtenerzählen: “Viele Journalisten, mit denen ich spreche, glauben, dass sie Data nicht betrifft. (…) Viele glauben noch, dass Daten nur den Bereich des investigativen Journalismus betreffen.”

3. “Im Schraubstock”
(tagesanzeiger.ch, Felix Schindler)
Felix Schindler gerät bei Krawallen in Zürich zwischen die Fronten: “Während die Jugendlichen überzeugt sind, wir würden sie in unseren Berichten ungerecht behandeln und nur die Position der Polizei vertreten, nehmen es offenbar viele Polizisten genau umgekehrt wahr.”

4. “Rambo mit Fliegenkultur”
(tagesspiegel.de, Gerrit Bartels)
Oliver Gehrs und sein Magazin “Dummy”: “Die Werbekunden wollen keine politischen Artikel, keine Gewalt, keinen Sex im Umfeld ihrer Anzeigen? Dann erst recht. Behinderte auf dem Cover gehen nicht? Mal sehen. Über Juden kann man in Deutschland nicht schreiben? Und ob.”

5. “Protestpartei? Ach was!”
(heise.de/ct, Jan-Keno Janssen)
“Für manche Journalisten ist die Sache sonnenklar. Wer eine so seltsame Partei wie die Piraten gewählt hat, kann das nur aus Protest getan haben – und auf keinen Fall aus inhaltlichen Gründen.”

6. “Staatsbankrott – ein Fiasko mit Tradition”
(sf.tv, Video, 9:18 Minuten)
Staatsbankrotte in der Geschichte. Spanien: 13. Frankreich: 8. Deutschland: 8. Griechenland: 5. Schweiz: 0.

YouTube, Weltverbesserer, Alkohol

6 vor 9

Um 6 Minuten vor 9 Uhr erscheinen hier montags bis freitags handverlesene Links zu lesenswerten Geschichten aus alten und neuen Medien. Tipps gerne bis 8 Uhr an [email protected].

1. “Quelle: YouTube”
(videopunks.de, Markus Huendgen)
Es wäre doch auch für TV-Sender gar nicht so schwierig, die Quelle von YouTube-Videos korrekt anzugeben, findet Markus Huendgen.

2. “Die Deutschen sind eine Nation von Panikmachern”
(zeit.de, Sami Skalli)
Wirtschafts- und Sozialstatistiker Walter Krämer wünscht sich mehr nüchterne Berichterstattung: “Die Medien sollten sich auf ihre Rolle als Berichterstatter und Chronist konzentrieren. Zu viele Journalisten verstehen sich jedoch als Prediger und Weltverbesserer.”

3. “Den Opfern eine Stimme geben”
(medienheft.ch, Nicole Tepasse)
“Bei der Berichterstattung über Opfer spielt auch die emotionale Nähe zu dem Ereignis eine Rolle. Oder, um mit den Nachrichtenfaktoren nach Johan Galtung und Mari Holmboe Ruge zu sprechen, je mehr ein Ereignis mit vorhandenen Vorstellungen und Erwartungen übereinstimmt, desto eher wird es zur Nachricht – die Konsonanz ist entscheidend: Menschen müssen sich hineinversetzen, Bilder, Ereignisse auf sich übertragen können.”

4. Interview mit Detlef Vetten
(swr.de, Audio, Stefan Siller, 32:48 Minuten)
Sportjournalist Detlef Vetten wird nach 20 Jahren Alkoholabstinenz rückfällig und gerät in die Psychiatrie. “Ich war eine zu verwaltende Nummer, Person. Wenn es hoch kam: Person.”

5. “Scheitern als Chance”
(taz.de, Jannis Papadimitriou)
Staatliche Medien in Griechenland: “In Griechenland ist es ist ein offenes Geheimnis, dass viele Jobs in staatlichen Medien nicht nach Qualifikation, sondern nach Parteibuch oder durch persönliche Beziehungen vergeben werden. In den vergangenen Jahren schien sich niemand darüber zu wundern, dass der Presseminister einen Günstling ohne TV-Erfahrung zum Nachrichtenchef beförderte.”

6. Interview mit Dorothea Misch
(meedia.de, Alexander Becker)
Dorothea Misch von “Bild kämpft” gibt an, “knallhart in der Sache und weich in den Worten” zu sein. “Über den Löwenanteil unserer Arbeit reden oder schreiben wir nicht. Wir helfen einfach unseren Lesern.”

Judentum, Paketboten, Fernsehtipps

6 vor 9

Um 6 Minuten vor 9 Uhr erscheinen hier montags bis freitags handverlesene Links zu lesenswerten Geschichten aus alten und neuen Medien. Tipps gerne bis 8 Uhr an [email protected].

1. “Zu Besuch beim Leser”
(zeit.de, Philip Faigle)
Auf ein Plädoyer für mehr Europa erntet Philip Faigle wütende Kommentare der Leser. Er beschließt, einen von ihnen zu besuchen. “Je länger man mit M. spricht, desto mehr versteht man, dass er überhaupt kein Außenseiter ist. Eigentlich ist er ziemlicher Mainstream, einer von uns.”

2. “Ansichtssache”
(juedische-allgemeine.de, Alexander Kissler)
Wie Medien jüdisches Leben in Deutschland beschreiben: “Das Judentum tritt in der Öffentlichkeit vor allem als mahnende, warnende Moralinstanz auf, bar fast aller Individualität. Die Lücke zwischen realem und konstruiertem Judentum ist noch lange nicht geschlossen.”

3. “Ich bin unsolidarisch, arrogant, unfähig und ein echter Arsch”
(streim.de, Andreas Streim)
Andreas Streim antwortet auf den Blogbeitrag von Hardy Prothmann: “Ja, Redakteure sind Angestellte die (meistens) das tun, was ihnen Vorgesetzte anweisen. Wie in jedem Betrieb. Weil sie ihren Job behalten wollen – was für Herrn Prothmann offenbar an sich schon verwerflich ist.”

4. “Das Hermes-Prinzip – Ein Milliardär und seine Götterboten”
(ardmediathek.de, Video, 28:23 Minuten)
Ein Hermes-Paketbote wird auf seiner Tour begleitet: “Peter arbeitet für 60 Cent pro Paket, nach einem zehn Stunden Tag hat er etwa 60 Euro verdient. Fast die Hälfte davon geht für Sprit und Auto drauf.”

5. “‘Bild’ straft die ARD mit weniger Fernsehtipps ab”
(funkkorrespondenz.kim-info.de, da)
Dieter Anschlag zählt Fernsehtipps in “Bild”: “Das ZDF liegt bei den ‘Bild’-Fernsehtipps mit 10 Hinweisen auf Platz 1 und auf Rang 2 findet sich – Sat 1 mit 6 Nennungen. Erst danach kommt die ARD auf dem dritten Rang mit nur 5 Hinweisen. Dahinter liegen RTL mit 4 und, plötzlich aus der Versenkung aufgetaucht, Pro Sieben mit 3 Nennungen.”

6. “Post von Wagner*”
(titanic-magazin.de, Satire)

Bild  

Griechische Schändungsschande

Sie sind mal wieder entsetzt bei “Bild”:

Griechenland: Bundesadler mit Hakenkreuz geschändet!

Unter dem riesigen Foto steht:

Es sind einzelne Demonstranten. Aber wissen sie nicht, dass sie die Gefühle von Millionen Deutschen verletzen?

Und das ist natürlich ganz witzig angesichts der einzelnen Boulevard-Journalisten, die seit mehr als einem Jahr die Gefühle von Millionen Griechen verletzen.

Weniger witzig ist, was “Bild” dann schreibt:

Die Demonstranten forderten lautstark “Reparationen” für die nachweislich grausamen Verbrechen der Deutschen, die Griechenland während des Zweiten Weltkriegs besetzt hatten (1941–45). Dabei wissen sie: Alle Reparationsforderungen Griechenlands an Deutschland sind vertraglich längst beglichen oder anderweitig geregelt.

Das ist, vorsichtig gesagt, falsch tendenziös zynisch.

Die Reparationsforderungen, die 18 Staaten (darunter Griechenland) im Pariser Reparationsabkommen von 1946 gestellt hatten, wurden mit dem Londoner Schuldenabkommen von 1953 zurückgestellt. Die Reparationszahlungen sollten erst nach Abschluss eines Friedensvertrags mit Deutschland wieder eingefordert werden, doch den gibt es bis heute nicht: Der Zwei-plus-Vier-Vertrag zwischen den alliierten Siegermächten (USA, Großbritannien, Frankreich und UdSSR) auf der einen und der Bundesrepublik und der DDR auf der anderen Seite wurde ausdrücklich “anstatt eines Friedensvertrags” geschlossen. Experten sind sich uneins, ob die Ansprüche früherer deutscher Kriegsgegner wie Griechenland auf Reparationszahlungen damit ebenfalls verfallen sind oder nicht.

“Geregelt” ist im Fall Griechenlands also nichts und “beglichen” schon gar nicht: Hagen Fleischer, Historiker an der Universität in Athen, hat in einem Gespräch mit dem Deutschlandradio Kultur vom März 2010 erklärt, dass Griechenlands Forderungen nach der Wiedervereinigung “im Allgemeinen bereits vom Türsteher abgewiesen” worden waren. Hinzu komme ein Zwangsdarlehen der griechischen Staatsbank an Nazi-Deutschland, das sich nach heutiger Kaufkraft auf über fünf Milliarden Euro beliefe (“ohne einen Pfennig Zinsen”).

Der Wirtschaftshistoriker Albrecht Ritschl sagte im Juni in einem Interview mit “Spiegel Online”:

Die Griechen kennen die feindlichen Artikel aus deutschen Medien sehr gut. Wenn die Stimmung im Land umschlägt, alte Forderungen nach Reparationszahlungen laut und auch von anderen europäischen Staaten erhoben werden und Deutschland diese je einlösen muss, werden wir alle bis aufs Hemd ausgezogen.

Ebenfalls bei “Spiegel Online” findet sich die stolze Zahl von 162 Milliarden Euro plus Zinsen, mit der der griechische Nationalheld Manolis Glezos die deutschen Schulden gegenüber Griechenland beziffert hat.

Mit Dank auch an Jörg A. und Philip Z.

Verkauft doch Zypern!

Was ist eigentlich dieses “Zypern”, von dem man gelegentlich hört und das im nächsten Jahr sogar die EU-Ratspräsidentschaft übernehmen soll?

Die Nachrichtenagentur AFP scheint zu glauben, dass es sich um einen Landesteil Griechenlands handelt. Nach dem Lesen einer AFP-Meldung von heute käme man nicht auf den Gedanken, dass es ein souveräner Staat ist.

AFP schreibt:

Während der griechisch-zyprischen Ratspräsidentschaft will die Türkei nicht mit der EU reden.

Der türkische Ministerpräsident Recep Tayyip Erdogan will die Beziehungen zur EU während der griechisch-zyprischen Ratsräsidentschaft [sic] im kommenden Jahr für ein halbes Jahr einfrieren. (…) Die griechische Republik Zypern übernimmt in der zweiten Hälfte 2012 die EU-Ratspräsidentschaft.

Mit den Vertretern der griechischen Inselrepublik werde die Türkei während der Ratspräsidentschaft “auf keinen Fall reden”, sagte Erdogan. (…) Der griechische Teil des seit 1974 geteilten Zypern ist seit 2004 Mitglied der EU. (…)

In dem Interview wurde [Erdogan] auf einen Vorschlag des griechisch-zyprischen Präsidenten Dimitris Christofias angesprochen, (…).

Zypern ist — anders als AFP zu glauben scheint — kein Ableger Griechenlands. Und das Land, das im Juli 2012 die EU-Ratsherrschaft übernimmt, ist auch nicht Griechenland-Zypern oder Griechisch-Zypern, sondern Zypern.

Völkerrechtlich umfasst diese Republik Zypern die ganze Insel. Ihr Nordteil ist allerdings seit 1974 von der Türkei besetzt. Die 1983 ausgerufene “Türkische Republik Nordzypern” wird von keinem anderen Staat als der Türkei anerkannt.

Den Online-Ableger der “Welt” hat all das AFP-Gerede von der “griechisch-zyprischen Ratspräsidentschaft” so nachhaltig irritiert, dass man dort davon ausgeht, dass Zypern im nächsten Jahr unmöglich alleine die EU-Ratspräsidentschaft innehaben kann:

Premierminister Recep Tayyip Erdogan will keine Gespräche mit der EU führen, solange Griechenland und Zypern die EU-Ratspräsidentschaft inne haben

(Dieser Eintrag wirft Steine aus dem Glashaus.)

Nachtrag, 21. Juli. Spät, aber immerhin halbtransparent hat “Welt Online” den Artikel korrigiert und hinzugefügt:

Anmerkung der Redaktion: In einer früheren Version dieser Nachricht wurde Zypern fälschlich als “griechische Inselrepublik” bezeichnet. Fakt ist, dass Zypern eine eigenständige Republik ist und kein Ableger Griechenlands. Wir bitten um Entschuldigung.

SPD am Steuer, das wird teuer

Weil Griechenland, EHEC und die ständige Aberkennung von Doktortiteln auf Dauer langweilen, widmet sich “Bild” derzeit den vagen Plänen der Bundesregierung, die Steuern zu senken. Sogar einen Brief an die Bundesregierung sollten die Leser abschicken. (Mehr zu den Steuersenkungs-Versprechen von FDP und “Bild” bei den Nachdenkseiten.)

Die Ministerpräsidenten einiger Bundesländer sind von den Ideen eher weniger begeistert — und werden von “Bild” einigermaßen erwartbar als “Steuer-Nörgler” beschimpft.

Schon gestern Abend hatte Bild.de berichtet:

In vorderster Front kämpfen die CDU-Regierungschefs Reiner Haseloff (Sachsen.-Anhalt), Peter Müller (Saarland) und Christine Lieberknecht (Thüringen) Seite an Seite mit den SPD-Länderchefs Kurt Beck (Rheinland-Pfalz), Klaus Wowereit (Berlin) und Hannelore Kraft (Nordrhein-Westfalen).

“Keine Steuersenkung auf Pump” heißt ihre Parole. Kernargument: Erst müssen die Staatsschulden runter, nur dann gibt es wieder Spielraum für Entlastungen

Und wie das so aussieht, wenn CDU-Regierungschefs “Seite an Seite” mit SPD-Länderchefs kämpfen, verdeutlichen die Grafiker von Bild.de mit diesem Teaser-Bild, das gestern Abend auf der Startseite prangte:

Rebellion in den Ländern gegen Steuererleichterungen: Warum gönnen die uns die Kohle nicht?

Es zeigt ausschließlich die genannten SPD-Politiker.

Da ist es nur noch ein kleiner Schritt zu Ernst Elitz*, der heute in seiner Kolumne schreibt:

Die SPD tritt aufs Bremspedal. Sie will mal wieder die Besserverdienenden rösten. Steuern rauf statt runter, damit Geldverdienen keinen Spaß mehr macht.

*Ernst Elitz wird von “Bild” konsequent als “Gründungsintendant des Deutschlandradios” bezeichnet.

Mit Dank an Stephan K. und Marco G.

Paul Ronzheimer, Soft-News, Bienenbüttel

6 vor 9

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1. “Jugend hetzt”
(coffeeandtv.de, Lukas Heinser)
Lukas Heinser fragt sich, was den 25-jährigen, mit dem Herbert Quandt Medien-Preis für die Artikel-Serie “Geheimakte Griechenland” ausgezeichneten Paul Ronzheimer dazu bringt, “in Europas größter Boulevardzeitung Halbwahrheiten und plumpe Hetze zu verbreiten”. Siehe dazu auch Stefan Niggemeier: “Und die Eulen wollen wir auch zurück!”.

2. “Qualitätsjournalismus unter Druck”
(nzz.ch, Martina Leonarz, Werner A. Meier und Gabriele Siegert)
Autoren des Instituts für Publizistikwissenschaft und Medienforschung der Universität Zürich fassen mehrere wissenschaftliche Analysen zusammen. Im Abschnitt Boulevardisierung heisst es: “Unterhaltung und Soft-News werden wichtiger. Aus einer wirtschaftlichen Warte wird Boulevardisierung mit der Sicherung der Leserschaft verbunden.”

3. “Katz-und-Maus-Spiel in Chinas Medien”
(diepresse.com, Jutta Lietsch)
Ein Interview mit der Journalistin Nailene Chou Wiest über Medienzensur in China: “Wer die Anweisungen der Propaganda-Abteilungen nicht befolgt, darf seine Nachrichtenseite 24 Stunden lang nicht aktualisieren. Das ist tödlich fürs Geschäft.”

4. “Wie Bienenbüttler über Journalisten denken”
(ndr.de, Video, 3:22 Minuten)
EHEC: Einwohner von Bienenbüttel erzählen mit Belustigung und Verwunderung von der kurzzeitigen Belagerung durch internationale TV-Teams.

5. “Merkels Verkäuferin”
(tagesspiegel.de, Thomas Gehringer)
Ein Kurzporträt von Eva Christiansen, Medienberaterin der Bundeskanzlerin. Zum Verhältnis zwischen Medien und Politik sagt sie: “Wir sind auf beiden Seiten Getriebene und treiben uns gegenseitig. Ich empfinde mein Tagesgeschäft als ein Hinterherlaufen der Nachricht der Nachricht der Nachricht.”

6. “Preisträger des Grimme Online Award 2011”
(grimme-institut.de)

Spiegel Online, Blödmaschinen, Griechen

6 vor 9

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1. “Spiel, Spaß, Spannung, ‘Spiegel Online'”
(stefan-niggemeier.de)
“Spiegel Online” wünscht sich von den Ereignissen, dass sie spannend sind. “Vielleicht hätten sie beim ZDF, sobald sie ahnten, dass die Intendanten-Wahl so glatt über die Bühne gehen würde, wenigstens das Fernsehballett einladen können oder gefährliche Tiere oder Lady Gaga, und zwar am besten ohne Anlass, damit ‘Spiegel Online’ aufgeregt ‘Überraschung bei der Intendantenwahl’ titeln könnte.”

2. “Ihr könnt nach Hause fahr’n”
(11freunde.de, Dominik Drutschmann)
Auf Antrag werden die anwesenden Journalisten von der Jahreshauptversammlung des Fußballvereins Schalke 04 ausgeschlossen. Bleiben darf nur, wer Mitglied des Vereins ist.

3. “Print Bam Bino für die Kunden von morgen”
(welt.de, Marc Reichwein)
Mit Titeln wie “Dein Spiegel”, “Geolino” oder “mare Ahoi” betreiben Printverlage eine Aktivinvestition in die Lese-Sozialisiation von Kindern. “Wer eine ganze Kindheit & Jugend weitgehend printmedienabstinent war, wird sich den regelmäßigen Konsum von Zeitungen und Zeitschriften wohl auch als Erwachsener kaum noch angewöhnen.”

4. “Der letzte Dreck”
(dradio.de, Ariadne von Schirach)
Ariadne von Schirach entdeckt in den 780 Seiten von “Blödmaschinen. Die Fabrikation der Stupidität” von Markus Metz und Georg Seeßlen “brillante Analyse, polemische Anklage und undifferenziertes Geraune”. “Die obszöne Totalität einer blödmaschinenenvermittelten Wirklichkeit führt bei Metz und Seeßlen zu einem ebenfalls obszönen Exzess an Kritik.”

5. “Jon Stewart Eviscerates Fox News On Fox News”
(gothamist.com, Video, 24:11 Minuten, englisch)
Jon Stewart zu Besuch bei Chris Wallace von “Fox News Sunday”. Sie sprechen über das Fox-News-Motto “Fair & Balanced”, über die Agenda von Medien, über die Aufmerksamkeit im Fall Anthony Weiner.

6. “Das griechische Volk ist unschuldig”
(zeit.de, Zacharias Zacharakis)
Griechenland: Zacharias Zacharakis stellt fest, dass nicht die einfachen Leute, sondern die Elite für die Schuldenkrise verantwortlich ist. “Die Griechen fühlen sich betrogen von den Eliten des Landes, die am stärksten von dem weitverbreiteten System der Korruption profitiert haben. Ganz am Ende dieser Nahrungskette standen immer die einfachen Leute, die für Arztbesuche, für Behördengänge, dafür, dass ihre Angelegenheiten überhaupt erledigt wurden, in das korrupte System einzahlen mussten, auch wenn es sich oft um geringe Beträge handelte. Profitiert haben davon Beamte, Ärzte, Notare, Anwälte, die dieses Geld nahmen und davon Ferienhäuser und Autos kauften.”

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