Suchergebnisse für ‘fakten’

Netzneutralität, neurechte Whistleblower, Sensor-Live-Reportage

1. Die EU entscheidet am Dienstag über die Netzneutralität: Was können wir gegen eine schlechte Entscheidung tun?
(netzpolitik.org, Barbara van Schewick, Übersetzung von Fabian Warislohner)
Heute werden die Abgeordneten des Europaparlaments aller Voraussicht nach neue Regeln zur Netzneutralität beschließen. Die renommierte Jura-Professorin Barbara van Schewick erklärt in vier Punkten, warum der Kompromissvorschlag eine Gefahr für das freie Web darstellt. Eine gute Zusammenfassung des Gesetzentwurfs gibt Patrick Beuth bei “Zeit Online”, die “Süddeutsche Zeitung” beantwortet einige grundlegende Fragen zur anstehenden Abstimmung.

2. Alles Lüge oder was? Wenn Nachrichten zur Waffe werden
(daserste.de, Klaus Scherer)
Noch nie war es für Journalisten so einfach, vom Schreibtisch aus an Videos und Fotos aus aller Welt zu kommen — und noch nie war die Gefahr so groß, dabei einer Manipulation aufzusitzen. Die “Story im Ersten” beschäftigt sich mit diesen “Fake News”, die dank Sozialer Medien und Video-Portalen wie “Youtube” mitunter Millionen Zuschauer erreichen. Die ARD stellt die komplette Dokumentation leider nicht in die Mediathek Inzwischen ist die komplette Dokumentation in der Mediathek zu finden, allerdings immer erst ab 20 Uhr abrufbar. Hier gibt es rund um die Uhr einen ausführlichen Hintergrundbericht des Autors Klaus Scherer mit Filmausschnitten und Interview-Manuskripten.

3. Neurechte betreiben eigene “Whistleblower-Seite”, um gegen Flüchtlinge zu hetzen
(vice.com, Theresa Locker)
Auf der Facebook-Seite “Halle-Leaks” behaupten selbsternannte besorgte Bürger, dass “Flüchtlinge die Klos von Reisebussen zerstören, Bundeswehrsoldaten aus ihren Kasernen verdrängen, deutsche Frauen vergewaltigen und möglicherweise sogar die Krätze an deutsche Schulen bringen.” Die “Vice” hat sich angeschaut, wie solche Gerüchte in die Welt gesetzt werden — und wer dafür verantwortlich ist.

4. Interview: Unterstützte YPS unwissentlich den Ku-Klux-Klan?
(lesenmitlinks.de, Jan Drees)
Jan Drees spricht mit Jacob Vicari über sein Roboterjournalismusexperiment, also diese “aktuelle Sau, die durchs journalistische Dorf getrieben wird. Alle Journalisten zittern”, wie Vicari sagt. Dabei will er vor allem die großen Datenmengen mithilfe von Computern in eine lesbare Form bringen. Mehr zur “Sensor-Live-Reportage” auch beim “Elektrischen Reporter”.

5. Der Fakten-Checker: Wie reagiert die “Superillu” auf Pegida?
(tagesspiegel.de, Frank Bachner)
Der “Tagesspiegel” porträtiert die “Superillu“ in Zeiten von “Pegida”. Die Zeitschrift spüre die Seele der Menschen zwischen Ostsee und Thüringer Wald, ihre Sehnsüchte, ihr Gefühl von Heimat. “Wir schreiben für Menschen, die ihrer Region verbunden sind”, sagt ihr Politikchef Gerald Praschl. Er erklärt auch, wie er “Pegida” thematisiert und warum er Akif Pirinçci ignoriert.

6. Der royale Journalistenfragebogen der Prinzessinnenreporter (31)
(prinzessinnenreporter.de, Robert Kisch)
Bei ihrer Mission, “den Online-Journalismus zu retten”, holen sich die “Prinzessinnenreporter” Hilfe von Kollegen und lassen sie den “royalen Journalistenfragebogen” ausfüllen. Dieses Mal ist Robert Kisch (Achtung, nur ein Pseudonym) dran.

Füreinander da zu sein

Zur musikalischen Untermalung des folgenden Beitrags empfehlen wir dieses Werk.

Sie nennen ihn “Lichtgestalt”, “Held”, “Mythos” und “Legende”, aber am allerliebsten nennen sie ihn “Franz”. Ihren guten Freund Franz.

Was Franz sagt, ist Gesetz. Seine Meinung — Klartext. Jeder Spruch eine Schlagzeile. Jedes Lob eine Krönung. Jede Kritik ein Donnerschlag.

Sie – „Bild“, Bild.de, „Bild am Sonntag“ und „Sport Bild“ – knien regelmäßig nieder vor ihrem Kaiser, sie verkünden sein Wort, sorgen sich um ihn, sie suchen seinen Rat und preisen seine edlen Taten. Dafür gewährt er ihnen exklusive Einblicke, kommt zu ihren Events, leiht ihnen seine Stimme und sein Gesicht. Gute Freunde eben.

9. Januar:

10. Januar:

Platz 1: Franz Beckenbauer (69)

13. Januar:

28. Januar:

2. Februar:

5. Februar:

16. Februar:

18. Februar:

23. Februar:

11. März:

16. März:

2. April:

4. April:

14. April:

17. April:

19. April:

21. April:

21. April:

22. April:

27. April:

30. April:

7. Mai:

7. Mai:

9. Mai:

11. Mai:

29. Mai:

30. Mai:

31. Mai:

31. Mai:

9. Juni:

10. Juni:

13. Juni:

18. Juni:

26. Juni:

30. Juni:

10. Juli:

16. Juli:

17. Juli:

18. Juli:

19. Juli:

2. August:

3. August:

3. August:

3. August:

5. August:

8. August:

8. August:

9. August:

5. September:

6. September:

10. September:

11. September:

11. September:

11. September:

11. September:

11. September:

11. September:

11. September:

16. September:

19. September:

20. September:

4. Oktober:

5. Oktober:

5. Oktober:

6. Oktober:

7. Oktober:

7. Oktober:

Franz Beckenbauer (70)

Der „Kaiser“ gilt bis heute als der eleganteste Fußballer aller Zeiten und wurde auch als Trainer Weltmeister (1990) sowie Französischer (Olympique Marseille/1991) und Deutscher Meister (Bayern München/1994). Als Leiter des Organisationskomitees holte er die Weltmeisterschaft 2006 nach Deutschland.

Seine weltweiten Auszeichnung sind (fast) unzählbar – er gilt schlichtweg als die „Lichtgestalt des deutschen Fußballs“.

Österreichs Post gab am 12. April 2006 eine Briefmarke für 75 Cent zu Beckenbauers Ehren heraus (Michel-Nr. 2579) mit einem Bild von ihm, das Andy Warhol 1977 während Beckenbauers Zeit bei Cosmos New York gemalt hatte.

Beckenbauers soziales Engagement ist herausragend. Behinderten, Bedürftigen und unschuldig in Not geratenen Menschen hilft er mit der Franz-Beckenbauer-Stiftung. Seit 2013 ist er zudem Botschafter des (usw.)

14. Oktober:

So sah die „Bild“-Berichterstattung von, mit und über Franz the one and only Beckenbauer allein in diesem Jahr aus.

Und dann kam plötzlich der „Spiegel“ und schmiss diesen „ungeheuerlichen Vorwurf“ in den Raum:

Aber, aber … Franz? Unser? Franz??

“Bild” unterstützt ihn selbstverständlich dabei — noch. Vor allem „Sport Bild“-Chefredakteur Alfred Draxler legt sich für seine DFB-Homies dermaßen “intensivst” ins Zeug, als wäre er ihr persönlicher Pressesprecher. Immer wieder verkündet er:

Doch heute muss selbst „Bild“ ein großes „ABER“ einräumen:

… und zugeben, dass ihr Kumpel „definitiv eine tragende Rolle“ spielt und jetzt „unter Druck“ gerät. So langsam sinkt die Kuschelstimmung — aus “Franz” wird “Beckenbauer”.



Wie hieß es noch so schön?

Lass doch die andern reden
Was kann uns schon geschehn
Wir werden heut und morgen
Nicht auseinander gehn

Wir werden sehn.

Wer Hass sät

“Bild” hat also beschlossen, noch ein wenig im Mittelalter zu verweilen.

So viel offener Hass war noch nie in unserem Land! Und wer Hass sät, wird Gewalt ernten. (…) BILD reicht es jetzt: Wir stellen die Hetzer an den Pranger!


(Alle Unkenntlichmachungen von uns.)

So präsentiert “Bild” heute knapp 40 Kommentare von Facebook (ganz prangermäßig natürlich samt Fotos und Namen der Verfasser). Zum Beispiel von Marco W.:

Verpisst euch aus Deutschland

Oder von Waldemar B.:

An die Wand,mit dem Dreckspack.

Oder von von Silvio B.:

Sind wir nicht alle ein bisschen Nazi

Dazu erklärte “Bild”-Chef Kai Diekmann heute:

Man kriegt Angst, wenn man sich dieser Tage die Nachrichten anschaut. Eine Politikerin, die sich für Flüchtlinge einsetzt in Köln, wird einfach abgestochen, niedergestochen. Da gibt es Demonstrationen, da laufen Leute rum mit selbstgebastelten Galgen, an denen Politiker hängen. Und das alles hat angefangen mit diesen Hass-Posts, mit diesen Hass-Tweets in den sozialen Medien. Und da gilt einfach, wir sehen es jetzt: Wer Hass sät, der wird Gewalt ernten. Das können wir nicht zulassen, da müssen wir „Halt, Stopp!“ rufen. Da wird ein Klima erzeugt, was wir nicht wollen. Und deshalb ist es richtig, diese Leute, die glauben, hier mit ihrem Gesicht diesen Hass, diesen Rassismus verbreiten zu müssen – die müssen wir an den Pranger stellen.

Die eigentliche Frage lässt er allerdings unbeantwortet: Warum „Bild“ die Hetzer an den Pranger stellt. Was soll das bewirken? Dass die 40 Abgebildeten jetzt stellvertretend für all die Dumpfnasen sozial geächtet, von ihrer Familie verstoßen und von ihrem Boss gefeuert werden? Oder dass sich die rechtschaffenden Leser dazu aufgefordert fühlen, die Sache selbst in die Hand zu nehmen?

Der Medienanwalt Christian Solmecke hat die Aktion heute stark kritisiert. In einer Pressemitteilung schreibt er, „Bild“ hätte die Fotos und Nachnamen verpixeln müssen:

Unabhängig davon welche Straftat möglicherweise durch ein Bürger begangen wurde, gilt immer noch die Unschuldsvermutung. Dieses Prinzip gehört zu den fundamentalen Grundlagen unseres Rechtsstaates und wird durch einen solchen undifferenzierten Internetpranger mit Füßen getreten. Hinzukommt, dass die Verfolgung von Straftaten ausschließlich den zuständigen Behörden zukommt. Wer die Namen potentieller Straftäter veröffentlicht, verurteilt diese, bevor die Strafverfolgungsbehörden überhaupt Ermittlungen aufgenommen haben. Dies widerspricht unserem Rechtssystem und greift tief in die Grundrechte der einzeln aufgeführten Personen ein.

Gerade diejenigen, „die zwar moralisch verwerfliche Kommentare von sich geben, jedoch die Grenze der Strafbarkeit noch nicht erreichen“, würden „besonders stark in ihren Persönlichkeitsrechten verletzt“, schreibt Solmecke. Das Gleiche gelte für jene, die einen ähnlichen Namen tragen „und durch die Berichterstattung nun mit rechtswidrigen Äußerungen in Verbindung gebracht werden“.

Beim Presserat sind schon die ersten Beschwerden eingegangen, was in den Springer-Chefetagen freilich nur für eines sorgte:

Aber zurück zu den Hetzern, also denen bei Facebook.

Angefangen habe alles „mit diesen Hass-Posts, mit diesen Hass-Tweets in den sozialen Medien“, sagt Kai Diekmann. Aber das ist nicht ganz richtig.

Ab ins Arbeitslager, und die Alte gleich mit !!!

Garnicht erst reinlassen diesen Abshaum
raus aus der EU und die Grenzen wieder dicht !!!

Die Familie sofort abschieben, meine Steuern sind mir zu Schade für solche Menschen, der wird sonst sein Leben lang auf Kosten der anderen leben. Kein Wunder, wenn die Deutschen immer mehr nach rechts rucken, so kann es nicht weitergehn!!!

Diese Hass-Botschaften sind nicht bei Facebook oder Twitter veröffentlicht worden, sondern in der Kommentarspalte von Bild.de. Und sie waren auch nicht der Anfang, sondern eine Reaktion – auf diesen Artikel:

Dass die beiden in Wirklichkeit Deutsche sind, haben die „Bild“-Medien damals natürlich verschwiegen. Dort war nur von „Roma“ die Rede.

Und dieses Pack füttert der Steuerzahler durch, sofort dort hin wo sie hin gehören.
Sehe es auch so, dass später nur krumme Dinger gedreht werden. Haben doch genug von den Romas in Deutschland Der größte Teil ist wie die oben genannte Sippe. Ein Kind nach dem anderen kriegen. Geld kassieren und nicht arbeiten.

Viele solcher Hass-Posts kamen nicht aus dem Nichts. Sie kamen, weil „Bild“ sie provoziert hat.

Das ist unser D E U T S C H L A N D!!!
Wir, das Volk sollte mitbestimmen dürfen, wen wir hier reinlassen oder nicht!
Ich möchte nicht, mit einer S&W Cal .357 schlafen, bzw. jeden Tag draussen rum laufen müssen,
aus Angst wegen ein paar Cent ausgeraubt zu werden!
Aber, ich denke, das ist so gewollt mit der Unterwanderung anderer Völker in Deutschland.
Siehe I. und II.WK!

Ich bin nur noch traurig. Haben diese Richter keine Verantwortung oder Gespür für das deutsche Volk.
Wer hier schreib es gibt keine Menschen erster od. zweiter Klasse gibt, hat eigentlich recht. Mitlerweile komme ich mir, als hier geborener,also echter Inländer, schon vor wie in der dritten Klasse.

[…] jetzt müssen wir noch Rumänen und Bulgaren, die arbeitsscheu sind unterstützen. Für einen Normalverdiener mit Kindern ist es doch jetzt schonj uninteressant in die Arbeit zu gehen. […] Aber für Asylanten und sonstige haben wir scheinbar genug Geld. Armes Deutschland.

Diese Kommentare sind erschienen, weil „Bild“ geschrieben hatte:


Dabei war das nur ein winziger Teil der Wahrheit. Das Urteil bezog sich nämlich nicht nur auf Rumänen und Bulgaren, sondern auf alle EU-Bürger, die in Deutschland leben und keinen Job finden, völlig unabhängig davon, aus welchem EU-Land sie kommen.

Nächstes Beispiel.

Solche Dreckspatzen sollte man verrecken lassen!!!!!!!

Großes Schiff. Care-Paket für die Reise, Bundeswehr“reisebegleiter“ mit genügend Waffen im Anschlag und gute Heimreise. Ganz einfach.
Wer tatsächlich vor Krieg und Tot fliehen MÜSSTE, benimmt sich nicht so , sondern würde vor Dankbarkeit den ganzen Tag arbeiten und fleißig deutsch lernen, um sich möglichst schnell in die Kultur und Gesellschaft einzubringen und anzupassen…!

Gleich eine Injektion aufziehen mit Fentanyl und Dormicum dazu noch ein bißchen Lidocain und fertig..

All das sind Reaktionen auf den „Bild“-Artikel, in dem behauptet wird, Rettungssanitäter in Bautzen müssten jetzt Schutzwesten tragen – „aus Angst vor Attacken im Asyl-Hotel“. Was überhaupt nicht stimmt.

Nächstes Beispiel.

Der deutsche Steuerzahler blecht dafür, dass brutale Ausländer in Deutschland sicher leben können, muss aber damit rechnen, von ihnen verprügelt zu werden!

Ah, nee. Das stammt von „Bild“ selbst.

Diese hier aber …

bekomme ein immer größeren Hass auf den rückständigen sch**** Islam, und das ist auch gut so. Lange lebe PEGIDA. Und Gauck, du Urmel aus dem Eis, gehe dahin wo die Baumwollpflücker leben….over and out.

WIE BESCHEUERT UND VERRÄTERISCH GEBEN SICH DIESE ISLAM-ARSCHKRIECHER NOCH BEI DER ABSCHAFFUNG UNSERER KULTUR UND UNSERER WERTE?!

Und genau darum bin ich dabei, genau darum werde ich im Neuen Jahr weiter argumentieren, mich streiten, mit linkem PACK anlegen, demonstrieren, zum N.A.S.I gemacht, und ich werde es aushalten, weil nicht sein kann, was nicht sein darf. Und der Gemeinde noch ein schönes Weihnachtsfest !

… sind ebenfalls Reaktionen auf einen zurechtgebogenen „Bild“-Artikel, in dem das Blatt behauptete, Politiker würden „fordern“, dass im christlichen Weihnachtsgottesdienst muslimische Lieder gesungen werden.

Eine Idee, die in Wahrheit von „Bild“ kam, nicht von den Politikern.

Es gibt unzählige solcher Beispiele: Islam-Rabatt, Weihnachtsmarktverbot, Sonne-Mond-und-Sterne-Fest, Schnitzelkrieg, Moslem-Feiertag, Sarrazin, Ehrenmorde, Roma, Griechen, kriminelle Ausländer und so weiter und so weiter. Seit Jahren verschweigen die „Bild“-Medien bei diesen Themen entscheidende Tatsachen, sie verdrehen die Fakten zu knalligen Schlagzeilen, sie tricksen und lügen, sie heizen die Stimmung an, sie säen den Hass, über den sie sich heute empören.

Oder anders:

Mit Dank auch an Saskia K., Geesje R., Thomas R., Christian B. und bluspot.

Siehe auch:

Wie „Bild“ Ausländerfeindlichkeit fördert
Wie „Bild“ den Hass gegen Flüchtlinge schürt
„BILD lässt Vorurteile wachsen“

Sind Medienberichte über Selbstmord gefährlich?

Im vergangenen Jahr fragte “Focus Online”:

… und erklärte:

Der Deutsche Presserat hat vor vielen Jahren eine (…) ethische Empfehlung beschlossen. Sinngemäß wird in dieser Empfehlung vorgeschlagen, weitgehend auf die Berichterstattung [über Suizide] zu verzichten. Zumindest nicht ausgebreitet und im Einzelnen bezogen auf die Person. (…)

Die ethische Selbstbeschränkung erwuchs aus der Angst vor einem Nachahmeffekt. Kurz gesagt: Berichterstattung würde andere zum Selbstmord anstiften.

Der “Focus Online”-“Experte” hat an dieser These so seine Zweifel. Viel näher geht er aber nicht darauf ein und lässt die Frage in der Überschrift unbeantwortet. Er will sich auch gar nicht damit befassen, denn:

Es geht mir an dieser Stelle nicht um die Diskussion, ob es einen Nachahmeffekt gibt oder nicht. Ich halte eine solche Diskussion grundsätzlich für überflüssig, zumal sich Suizid heutzutage, vor allem im Bereich Social Media, bereits öffentlich abspielt oder dort inszeniert wird.

Ahso.

Man kann lange über ethische Selbstbeschränkung reden oder nicht. Die Fakten sprechen eine eigene Sprache.

In der Tat.

Mitte der 70er-Jahre wies der amerikanische Soziologe David Phillips nach, dass immer, wenn die „New York Times“ prominent über einen Selbstmord berichtet hatte, die Zahl der Selbstmorde deutlich anstieg. Je länger und prominenter über den Suizid berichtet wurde, desto größer war der folgende Anstieg. Phillips erkannte auch örtliche Zusammenhänge: Wenn beispielsweise ein Selbstmord nur in New York groß auf der Titelseite behandelt wurde, nicht aber in Chicago, stieg die Zahl der Selbstmorde in New York stärker als in Chicago. Während eines neunmonatigen Zeitungsstreiks in Detroit sank die Zahl der Selbstmorde dort signifikant.

Anfang der 80er zeigte das ZDF die (fiktive) Serie „Tod eines Schülers“, in dem sich ein Jugendlicher das Leben nimmt. Hinterher nahm die Zahl ähnlicher Suizide bei jungen Männern um 175 Prozent zu. Selbst bei der Wiederholung der Serie eineinhalb Jahre später stellten Wissenschaftler noch einen erheblichen Nachahmungseffekt fest.

Auch nach dem Suizid von Fußballer Robert Enke, über den deutsche Medien sehr detailliert berichtet hatten, stieg die Zahl ähnlicher Suizide deutlich an — in den ersten zwei Wochen um 138 Prozent. Die Forscher beobachteten auch längerfristige Folgen: Im Vergleich zu den zwei Jahren vor Enkes Tod stieg die Zahl ähnlicher Selbstmorde in den zwei Jahren danach um 19 Prozent.

Auch in Japan haben Wissenschaftler einen solchen Nachahmeffekt nachgewiesen. Und in Österreich. Und in Großbritannien. Und in Korea. Und in Taiwan. Und in Australien. Und in der Schweiz. Nur wenige Beispiele von unzähligen Studien, die belegen, dass Medien die Zahl der Selbstmorde in die Höhe treiben. Oder wie der australische Psychiater Robert D. Goldney‌ schon vor 25 Jahren feststellte:

Es besteht kein begründeter Zweifel mehr, dass die Medien zu Selbstmorden beitragen. Eine unreflektierte Berichterstattung wird zwangsläufig zu weiteren Selbstmorden führen.

“Focus Online” ist das egal.

“Focus Online” berichtet über Suizide wie über alles andere: durch und durch getrieben von der Gier nach Klicks. Nach dem Suizid von Schauspieler Robin Williams veröffentlichte das Portal allein in den ersten vier Tagen über 70 Artikel und erklärte unter anderem detailliert, wie sich der Schauspieler das Leben genommen hatte. Auch der Selbstmord von Ben Wettervogel zog ein regelrechtes Artikelfeuerwerk nach sich; “Focus Online” beschrieb die genaue Suizidmethode, spekulierte über die Motive, brachte immer wieder “neue Details zu seinem Tod”. Und selbst Nicht-Prominente werden nicht verschont: Erst vor drei Wochen rügte der Presserat das Portal öffentlich, weil es über den Suizid eines 13-jährigen Mädchens berichtet und die “geforderte Zurückhaltung” dabei “grob missachtet” hatte.

Wie Medien über Suizide berichten sollten, um Nachahmungstaten zu vermeiden:

  • Sie sollten jede Bewertung von Suiziden als heroisch, romantisch oder tragisch vermeiden, um möglichen Nachahmern keine post-mortalen Gratifikationen in Form von Anerkennung, Verehrung oder Mitleid in Aussicht zu stellen.
  • Sie sollten weder den Namen der Suizidenten noch sein Alter und sein Geschlecht angeben, um eine Zielgruppen-Identifizierung auszuschließen.
  • Sie sollten die Suizidmethode und – besonders bei spektakulären Fällen – den Ort des Suizides nicht erwähnen, um die konkrete Imitation unmöglich zu machen.
  • Sie sollten vor allem keine Informationen über die Motivation, die äußeren und inneren Ursachen des Suizides andeuten, um so jede Identifikations-Möglichkeit und Motivations-Brücke mit den entsprechenden Lebensumständen und Problemen des Suizidenten vermeiden.

(Quelle: psychosoziale-gesundheit.net)

Diese Zurückhaltung ist das, was der “Focus Online”-“Experte” als “ethische Selbstbeschränkung” bezeichnet. Viele Institutionen — darunter die Weltgesundheitsorganisation, die Deutsche Depressionshilfe, die Deutsche Gesellschaft für Suizidprävention oder eben der Presserat — empfehlen Journalisten, weder prominent noch detailliert über Suizide zu berichten, um Nachahmungstaten zu vermeiden (siehe Kasten rechts).

Wie wirksam diese Zurückhaltung sein kann, zeigt ein Beispiel aus Österreich. Nach der Eröffnung der U-Bahn in Wien im Jahr 1978 kam es dort zu einem dramatischen Anstieg der Suizide und Suizidversuche, über die (vor allem in den Printmedien) intensiv und plakativ berichtet wurde. Gegen Ende der 80er-Jahre entwickelte der Österreichische Verein für Suizidprävention einige Richtlinien für Medien, die zum Beispiel nahelegten, keine Details zu nennen und nicht zu emotionalisieren, keine Fotos zu zeigen und nicht auf der Titelseite zu berichten. Nachdem die Redaktionen die Empfehlungen umgesetzt hatten, sank die Zahl der U-Bahn-Suizide um 75 Prozent.

Was bringt es den Lesern auch, wenn sie erfahren, wie genau sich jemand das Leben genommen hat? Oder an welchem Ort? Für das Verständnis des Geschehens sind diese Details völlig irrelevant.

“Focus Online” ist das egal.













Die Artikel sind die jüngsten Beispiele für den gedankenlosen Veröffentlichungswahn von “Focus Online”. Erneut nennt das Portal die genaue Suizidmethode der Frau, spekuliert über ihre Motive, zitiert aus ihrem angeblichen Abschiedsbrief und gibt sich auch sonst wieder jede Mühe, es Nachahmern möglichst einfach zu machen. Diskussionen? “Überflüssig”.

Und natürlich hat “Focus Online” auch kein Problem damit, die Artikel mit Eigenwerbung vollzuballern.

Oder hier:

Der Link führt übrigens zum “Focus Online”-Ratgeber “Den passenden Grabstein finden”.

Immerhin: Unter manchen Artikeln gibt “Focus Online” inzwischen die Nummer der Telefonseelsorge an. Hier zum Beispiel:

Leider ist “Focus Online” nicht das einzige Medium, das die Empfehlungen zur Nachahmungsprävention regelmäßig und mit großer Sorgfalt ignoriert. Auch seriösere Journalisten reihen sich ein, und natürlich die von “Bild”.

Auch die nutzen solche Artikel ohne große Hemmungen zum Geldverdienen:

Der Text handelt vom Suizid von Jim Carreys Ex-Freundin, der auch bei Bild.de ausführlichst vorkommt. Bild.de schreibt Dinge wie …

… und …

… und …

… und nennt dermaßen viele Details, dass Nachahmer kein Problem hätten, den Selbstmord haargenau zu kopieren.

Und dann schreibt Bild.de unter den Artikeln:

Der erste Satz ist ein bisschen umständlich formuliert. Was die „Bild“-Leute eigentlich sagen wollen:

Wenn die Umstände eines Suizids eine gute Schlagzeile abgeben, schenken wir ihm besondere Aufmerksamkeit. Dann zitieren wir aus Abschiedsbriefen, dann spekulieren wir über die Motive und erklären in aller Ausführlichkeit die Suizidmethode. Und die Sache mit der Nachahmung, tja. Manchmal muss man sich eben zwischen Klicks und Menschenleben entscheiden.

Mit Dank auch an Lukas H. und Nicolas K.

Siehe auch:
Schreiben wir über Suizid!
Über Enke und Werther
Wenn Schlagzeilen Menschenleben kosten
Mick Werup
Wie man den Werther-Effekt ignoriert

Medien sprechen Reisewarnung für Ostdeutschland aus

Große Aufregung in der vergangenen Woche:

Die Regierung in Kanada hat eine Reisewarnung für Ostdeutschland herausgegeben. Darin ist die Rede von extremistischen Jugendbanden, die in Teilen Ostdeutschlands eine Bedrohung darstellten. Mitglieder solcher Gangs seien bekannt dafür, Personen wegen ihrer Rasse oder ihres ausländischen Aussehens zu belästigen oder direkt zu attackieren. Auch habe es schon Brandanschläge auf parkende Fahrzeuge gegeben.

Die „Warnung aus Kanada konkret für Ostdeutschland“ komme „nicht von ungefähr“, schreibt das „Handelsblatt“: “Die ausländerfeindliche Pegida-Bewegung verzeichnet in Dresden in Sachsen weiter Zulauf.”

Darauf habe die kanadische Regierung also reagiert. Und das schmeckt den hiesigen Politikern so gar nicht.

Die Sachsen-CDU reagiert empört auf die Reisewarnung. „Das entspricht nicht der Realität und ist extrem rufschädigend“, sagte der Generalsekretär der sächsischen CDU und Vize-Vorsitzende der Unions-Bundestagsfraktion, Michael Kretschmer, dem Handelsblatt. „Deutschland muss dieser Beurteilung entschieden entgegen treten.“

Bevor Deutschland damit loslegt, würden wir ihm raten, sich ein bisschen besser zu informieren als das “Handelsblatt” oder der Herr Generalsekretär. Die Geschichte stimmt nämlich gar nicht.

Kanada hat keine Reisewarnung für Deutschland herausgegeben. Es gelten nach wie vor die „normalen Sicherheitsvorkehrungen“, also die niedrigste Sicherheitsstufe.

Auf der Internetseite der kanadischen Regierung gibt es lediglich einige Sicherheitshinweise für Deutschland. Da wird zum Beispiel vor Taschendieben „an Bahnhöfen, auf Flughäfen und Weihnachtsmärkten“ gewarnt. Oder davor, dass Demonstrationen ohne Vorwarnung in Gewalt umschlagen könnten. Oder eben vor extremistischen Jugendgruppen, die besonders „in einigen kleineren Städten und in Teilen des früheren Ostdeutschlands“ eine Bedrohung seien.

Das „Handelsblatt“ verdreht diesen Vermerk zu einer „Reisewarnung für Ostdeutschland“. Und erweckt den Eindruck, als reagiere die kanadische Regierung damit auf „Pegida“ & Co. – aber auch das ist falsch. Die Hinweise stehen nicht erst seit Neuestem auf der kanadischen Seite (wie auch ein Blick in die Wayback-Machine verraten hätte), sondern seit zehn Jahren.

Was sich vor dem Hintergrund der Angriffe auf Flüchtlingsheime vor allem im Osten der Republik wie eine aktuelle Zustandsbeschreibung liest, stammt allerdings schon aus dem Jahr 2005.

schreibt „Zeit Online“, eines der wenigen Medien, die nicht einfach blind vom “Handelsblatt” abgeschrieben haben.

Nur ein Hinweis zu gestiegenen Flüchtlingszahlen in Europa sei am 28. September neu hinzugekommen, sagt die Sprecherin der kanadischen Botschaft in Berlin, Jennifer Broadbridge ZEIT ONLINE. Dadurch könne es zu Verspätungen an Grenzübergängen und Bahnhöfen kommen, steht in dem Absatz.

Anders gesagt: Das einzig Neue an den der Geschichte ist, dass die kanadische Regierung vor Verzögerungen im Zugverkehr warnt. Alles andere ist entweder falsch oder mindestens zehn Jahre alt.

Das muss jetzt nur noch jemand dem “Handelsblatt” erklären. Und der “Thüringer Allgemeinen”:

Und “Spiegel Online”:

Und stern.de:

Und der “tz”:

Und der “Huffington Post”:

Und den vielen, vielen anderen.

Immerhin: Es gibt noch eine Handvoll Journalisten, die erkannt haben, dass das alles Unsinn ist. Bernhard Honnigfort etwa schreibt auf der Onlineseite der „Frankfurter Rundschau“:

Tatsache ist, Kanada hat nicht vor Reisen nach Ostdeutschland gewarnt, sondern bittet seine Landsleute nur darum, aufzupassen und wachsam zu sein.

Und:

Natürlich ist das lange bekannt und der kanadische Warnhinweis ist nicht neu, sondern nur aktualisiert.

Natürlich. Und dass er das Märchen zuvor selbst ganz empört verbreitet hatte, sowohl in der “FR”

… als auch in der „Berliner Zeitung“

… im „Express“

… im „Berliner Kurier“

… und in der „Mopo“

… das erwähnt Honnigfort – natürlich – nicht.

Bei “Focus Online”, wo ebenfalls eindringlich über den Fall berichtet wird …

… haben sie sich nicht bloß auf die falschen Fakten der Kollegen verlassen, sondern selbst welche erfunden. Das Portal schreibt:

Auch vor in Brand gesteckten geparkten Autos wird gewarnt – das betreffe vor allem Berlin.

Berlin wird in den Hinweisen an keiner Stelle erwähnt.

So zieht die Geschichte munter ihre Kreise und wird mit jedem Mal ein bisschen weniger wahr.

Man will sich gar nicht vorstellen, was die kanadische Botschaft inzwischen denkt. Auf Anfrage gibt sie sich aber, klar: diplomatisch. Dem Evangelischen Pressedienst sagte die Sprecherin, man könne die ganze Aufregung zwar nicht nachvollziehen, jedoch würde die Ostdeutschland-Passage „angesichts der aktuellen Debatte” nun “geprüft und möglicherweise in den kommenden Tagen geändert“.

In den Sicherheitshinweisen schreibt die Regierung übrigens, dass man, wenn man in Deutschland unterwegs sei, „die lokalen Medien verfolgen“ solle. Auch ein Ratschlag, über den man mal nachdenken könnte.

Mit Dank an Holger S.

Brandstifter im Löscheinsatz

Also gut, reden wir noch einmal über die Flüchtlings-Berichterstattung der „Bild“-Zeitung.

Tatsächlich beziehen die „Bild“-Medien seit einigen Tagen ganz klar Position – für Flüchtlinge und gegen Hetze.

So nennt „Bild“ die rassistischen Übergriffe und Hass-Parolen betont „eine Schande für unser Land“; bezeichnet die rechten Idioten unverblümt als „rechte Idioten“; verdeutlicht immer wieder, wie schlecht es vielen Flüchtlingen ergangen ist und immer noch ergeht; zeigt Möglichkeiten auf, wie man persönlich helfen kann; begleitete Flüchtlinge über mehrere Tage auf ihrem harten Weg nach Deutschland.

In der Titelgeschichte von gestern „entlarvt“ die Zeitung „die sieben größten Lügen über Asylbewerber“, zum Beispiel: „Flüchtlinge sind besonders häufig kriminell“ oder „Flüchtlinge kriegen mehr Geld als Hartz-IVler“.

… und zeigt nebenbei, dass sie durchaus in der Lage ist, ihre reißerischen Boulevardmethoden auch für gute Zwecke einzusetzen. Angekündigt wird die Geschichte nämlich so:

Das ist ziemlich clever, denn die düstere Aufmachung lockt wohl am ehesten diejenigen, die sich dahinter eine Bestätigung ihrer Vorurteile erhoffen – aber dann genau das Gegenteil vorfinden.

Gegen all das können und wollen wir auch überhaupt nichts sagen. Nur muss man bedenken, dass die Berichterstattung bis vor Kurzem noch völlig anders aussah. Und dass die „Bild“-Zeitung genau die Vorurteile, die sie heute „entlarvt“, in den vergangenen Jahren immer und immer wieder mit voller Absicht befeuert hat.

Als „Bild“ das letzte Mal „Die Wahrheit“ versprach …

… hatte das Blatt Statistiken verzerrt, Zitate falsch wiedergegeben und wichtige Fakten verschwiegen, um rumänische und bulgarische Armutsflüchtlinge krimineller wirken zu lassen, als sie in Wahrheit waren.

Ohnehin das Thema Ausländer und Kriminalität:

Oder das Thema Ausländer und Hartz IV:

Auch hier hatte „Bild“ entlastende Fakten einfach unter den Tisch fallen lassen, um sich diese „bittere Wahrheit“ zu konstruieren.

Das Blatt führte seine Leser in die Irre, nahm Hetzer in Schutz, ließ Hetzer gewähren, verdrehte die Wahrheit, dachte sich allerlei schlimme Theorien und Szenarien aus und bereitete damit die Kerbe, in die der Rassistenmob heute so wütend reinhackt.

Nochmal: Man kann die „Bild“-Zeitung natürlich dafür loben, dass sie jetzt mithilft, die rechten Geister zu bekämpfen. Man sollte aber immer im Hinterkopf behalten, dass sie jahrelang dabei mitgeholfen hat, sie zu rufen.

Wie “Bild” den Hass gegen Flüchtlinge schürt (2)

“Bild”-Online-Chef Julian Reichelt hat unseren Beitrag “Wie ‘Bild’ den Hass gegen Flüchtlinge geschürt” gelesen und bei Facebook einen langen Kommentar dazu geschrieben, der von den vielen guten Taten der “Bild”-Zeitung außerhalb der “Bild”-Zeitung handelt.

Reichelt schreibt zum Beispiel:

In der syrischen Provinz Aleppo betreiben wir mit „Ein Herz für Kinder“ mehrere Schulen, in denen nahezu ausschließlich Flüchtlingskinder betreut werden. Wir bezahlen Lehrer, Schulbücher, Zelte, Heizkosten, um das letzte bisschen Alltag aufrecht zu erhalten, das diesen Kindern geblieben ist.

Und:

Eines der letzten Krankenhäuser in Aleppo, das unter schlimmsten Umständen Patienten behandelt, darunter unzählige Flüchtlinge, arbeitet mit Geräten, die ich in dieses Krankenhaus gebracht habe. Als ich das letzte Mal dort war, wurde einer jungen Frau ein Tumor aus der Brust entfernt. Sie war aus einer Nachbarstadt nach Aleppo geflüchtet, weil die medizinische Versorgung in ihrer Heimatstadt komplett zusammengebrochen war. Beatmet wurde sie mit einem mechanischen Beatmungsgerät der Bundeswehr aus den 60er-Jahren, das wir über einen Mittelsmann beschafft und persönlich nach Aleppo geliefert hatten. Diese Geräte sind bei den Ärzten in Aleppo besonders beliebt, weil sie keinen Strom brauchen.

Und:

Letzte Woche kam ein junger Mann aus Syrien in Berlin an. Zwei wundervolle Kollegen von mir haben ihn beherbergt, die nächsten Nächte haben wir ihn im Hotel einquartiert, dann ist meine Kollegin mit ihm erst zum Anwalt und anschließend zur zuständigen Behörde gegangen. Wir haben uns darum gekümmert, dass er nicht zurück nach Ungarn muss, wo er misshandelt worden ist. Auf Kurzwahl hat er in seinem Handy eine Nummer von uns, die er rund um die Uhr anrufen kann, falls er Probleme hat – egal ob mit Behörden oder (ohne das in irgendeiner Weise gleichsetzen zu wollen) mit Fremdenfeindlichkeit.

Und:

Es gibt zahlreiche solcher Fälle, in denen wir bei BILD uns für Flüchtlinge eingesetzt haben, weit über unsere Berichterstattung hinaus. Niemand bei BILD erwartet dafür einen Dank. Wir tun es, weil es das Richtige ist. Was ich persönlich allerdings erwarte, ist, dass wir dafür nicht von Schreibtisch-Ideologen wie Mats Schönauer und Stefan Niggemeier verunglimpft und als Flüchtlingshasser verleumdet werden.

Wenn Mats Schönauer und Stefan Niggemeier auch nur einen Funken von dem Anstand hätten, den sie uns absprechen, würden sie sich für ihre üblen, völlig haltlosen Unterstellungen entschuldigen. Aber das wird nicht passieren.

Stimmt: wird es nicht. Aber nicht aus mangelndem Anstand, sondern weil Julian Reichelt unseren Text offenkundig nicht verstanden hat. Wir werfen „Bild“ und ihm ja nicht vor, „Flüchtlingshasser“ zu sein. Sondern den Hass zu schüren, indem sie bewusst Fakten verschweigen oder verdrehen, um aufregende Schlagzeilen präsentieren zu können — die dann wiederum in Sozialen Netzwerken und den Köpfen vieler Leser die Stimmung gegen Flüchtlinge anheizen.

Es geht nicht um das persönliche Engagement von Reichelt und seinen Kollegen. Es geht um die publizistische Verantwortung der „Bild“-Zeitung.

Da das ja offenbar so schwer zu verstehen ist, hier nochmal ein Beispiel. Vor ein paar Monaten schrieb „Bild“, in Bautzen müssten die Sanitäter jetzt schon kugelsichere Westen tragen — „AUS ANGST VOR ATTACKEN IM ASYL-HOTEL“. Der Artikel ist (wie BILDblog-Leser wissen) in mehrerer Hinsicht falsch, zum Beispiel ist das Haus keine „Vier-Sterne-Herberge“ mehr, sondern ein ausrangiertes Hotel ohne Schnickschnack. Vor allem aber wurden die Westen laut DRK nicht aus Angst vor den Flüchtlingen angeschafft, sondern zum generellen Schutz der Sanitäter.

Flüchtlingshassern dient der Text seitdem als schlagkräftiges „Argument“. Julian Reichelt weiß das alles, und im BILDblog-Eintrag, den er jetzt kritisiert, fragen wir, warum der Artikel trotzdem seit Monaten unverändert online ist. Darauf ist er leider mit keinem Wort eingegangen.

Genauso wenig wie auf diesen Artikel, den wir im Eintrag ebenfalls kritisiert haben:

So stand es in der Hamburger “Bild”-Ausgabe und so steht es immer noch auf Reichelts Bild.de. Was beide jedoch verschweigen: Diese Kulanz-Regel gilt nicht nur für Flüchtlinge, sondern auch für alle anderen, die aufgrund von Sprachproblemen oder aus anderen guten Gründen versehentlich mit ungültigem Ticket unterwegs sind.

Aber davon bekamen die besorgten “Bild”-Leser nichts mit – und reagierten so:


Und was steht heute in der Hamburger “Bild”?

Flüchtlinge kontrolliert der HVV mit Augenmaß.

Was bedeutet, er lässt sie laufen, wenn sie ohne gültigen Fahrausweis sind, an den komplizierten Automaten und dem undurchsichtigen Tarifsystem scheiterten.

Mit so viel Nachsicht kann der nur sporadisch und deshalb ebenso kenntnisarme einheimische HVV-Nutzer nicht rechnen. Der hat zwar keine Sprachschwierigkeiten, steht aber oft verständnislos vor den unbemannten Bahnhöfen.

Ich würde wirklich gerne glauben, dass es dem Bild.de-Chef und seinen Kollegen ein Anliegen ist, die Situation der Flüchtlinge in Deutschland zu verbessern. Aber mit solchen Geschichten bewirken sie genau das Gegenteil. Auch wenn Julian Reichelt diesen Zusammenhang einfach nicht erkennen will.

Von “Meedia” auf die “unterschiedlichen Tonalitäten in der Bild-Berichterstattung” angesprochen, sagte Reichelt übrigens:

Es ist sicher nicht unsere Aufgabe, Sachverhalte zu verschweigen oder gar aus dem Internet zu tilgen. Wir berichten über das, was ist.

Eben nicht. Wenn es sich verkaufen lässt, weil es die Ressentiments der Leute bedient, berichtet “Bild” über das, was nicht ist. Und genau das ist das Problem.

Wie “Bild” den Hass gegen Flüchtlinge schürt

Es sind ungewohnte Töne von Julian Reichelt. In letzter Zeit macht sich der „Bild“-Online-Chef immer wieder für Flüchtlinge stark, er erklärt:

Oder:

Auch sonst geben sich „Bild“-Medien sichtlich Mühe, dem lauter werdenden Fremdenhass im Land etwas entgegenzustellen; sie wettern gegen die „Pegida-Idioten“, versuchen sich an entlarvenden Faktenchecks, erzählen rührende Positiv-Geschichten, machen auf das Leid der Geflüchteten aufmerksam und kritisieren das „geschmacklose Spiel mit Angst und Vorurteilen“.

Dagegen ist auch erstmal nichts zu sagen. Bloß wäre dieses Engagement viel glaubwürdiger und vor allem: wirksamer, wenn „Bild“ nicht gleichzeitig an vielen Stellen genau diesen Hass, die Feindbilder und die Ressentiments gegen Flüchtlinge befeuern würde.

Sie erinnern sich vielleicht an den Artikel, den die Dresdner „Bild“-Ausgabe vor gut einem Jahr veröffentlicht hat:

Obwohl schnell klar war, dass die Schutzwesten nicht aus Angst vor den Flüchtlingen angeschafft wurden, sondern zum generellen Schutz der Rettungskräfte, und obwohl auch „Bild“ weiß, dass es in Wahrheit keine Vier-Sterne-Luxusbude mehr ist, sondern ein ausrangiertes Hotel ohne jeden Schnickschnack, und obwohl der Artikel mit diesen falschen Behauptungen nachweislich die Stimmung gegen Flüchtlinge anheizt, ist er immer noch online.

Wenn den „Bild“-Leuten und vor allem ihrem Online-Chef so viel daran gelegen ist, den Flüchtlingen zu helfen, warum korrigieren oder löschen sie den Artikel nicht einfach?

Und generell die ganzen Geschichten, die von den „Bild“-Medien in die Welt gelogen wurden und heute genau jenen als Argumentationshilfe dienen, die gegen die „Überfremdung“ unseres Landes zu Felde ziehen.

Also wenn es in diesem Land jemanden gibt, der das „geschmacklose Spiel mit Angst und Vorurteilen“ beherrscht, dann ist das die “Bild”-Zeitung.

Ein anderes Beispiel. Anfang vergangener Woche erschien in „Bild“ Hamburg und bei Bild.de ein Artikel über den Hamburger Verkehrsbund (HVV):

Aus Angst vor „schlechter Presse“ hat der HVV hat seine Fahrkartenkontrolleure angewiesen, bei Flüchtlingen, die ohne Ticket angetroffen werden, ein Auge zuzudrücken.

Das geht aus einem internen Schreiben des Unternehmens hervor, das BILD vorliegt. Wörtlich heißt es darin: Bei „Asylsuchenden“ müsse man „viel „Augenmaß walten lassen“, da viele von Ihnen „Opfer von professionellen Fahrkartenfälschern“ würden oder „nachvollziehbar kaum Kenntnisse“ von der HVV-Tarifstruktur hätten.

Dann, wie üblich, ein schockierter Politiker:

Das will CDU-Verkehrsexperte Dennis Thering (31) so nicht stehen lassen: „Die ,Augen-zu-Anweisung‘ muss zurückgenommen werden. Es gibt in Hamburg die Möglichkeit, eine vergünstigte HVV-Zeitkarte zu erwerben, explizit auch für Personen, die Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz erhalten.“

Und der Artikel schließt mit der Bemerkung:

In der Tat erhält jeder neu ankommende Flüchtling 149 Euro Taschengeld pro Monat. Davon sind nach Angaben der Sozialbehörde 25,15 Euro für Fahrkarten im Nahverkehr vorgesehen.

Die haben also — in der Tat — genug Geld, die Flüchtlinge. Und dann kommt der HVV auf die Idee, sie alle schwarzfahren zu lassen, damit es keine negativen Artikel gibt? Und der arme Deutsche muss wieder blechen?

Soweit — und so verzerrt — die Version der „Bild“-Zeitung.

Was das Blatt nämlich nicht erwähnt: Es sind nicht nur Flüchtlinge, bei denen der HVV „ein Auge zudrückt“, sondern alle Leute, die aufgrund von Sprachproblemen oder aus anderen guten Gründen versehentlich ein ungültiges Ticket dabeihaben.

„Egal ob Hamburger oder Flüchtling oder Tourist“, erklärte uns der HVV-Sprecher auf Nachfrage, “da machen wir keinerlei Unterschied”. Wer zum Beispiel glaubhaft versichern könne, dass er Opfer von Fälschern wurde oder sich beim Fahrkartenkauf vertan hat, dürfe mit der Kulanz der Kontrolleure rechnen, das gelte für alle und sei schon immer so gewesen.

Mit dem internen Schreiben (hier im Wortlaut) habe der HVV lediglich der aktuell hohen Zahl von Flüchtlingen Rechnung tragen und die Mitarbeiter daran erinnern wollen, dass bei den Kontrollen Fingerspitzengefühl gefragt sei. Es sei auch nicht aus Angst vor schlechter Presse verschickt worden, sondern „aus Überzeugung“. Der HVV-Sprecher:

Ich kenne den Kollegen, der das Schreiben verschickt hat. Der hat vor Kurzem miterlebt, wie verängstigt einige Flüchtlinge waren, als sie, umringt von Uniformierten, am Bahnsteig kontrolliert wurden, da dachte er sich einfach: „Da muss man was tun“ und hat dann das Schreiben verschickt, um die Kollegen für die spezielle Situation zu sensibilisieren.

Das alles hätte der „Bild“-Reporter auch erfahren, wenn er beim HVV nachgefragt hätte. Aber das hat er laut HVV nicht.

So reißt “Bild” das Dokument aus dem Zusammenhang und erweckt den Eindruck, die Flüchtlinge bekämen eine ungerechtfertigte Extrawurst.

Die Reaktionen auf den Artikel sehen übrigens so aus:















Das ist nur eine winzige Auswahl. Auf der Facebookseite der Hamburger “Bild” stehen noch über 900 weitere Kommentare, viele davon gehen in die gleiche Richtung. In den Sozialen Medien, in Foren und in analogen Diskussionen ist die “Nachricht”, dass “die Flüchtlinge jetzt sogar offiziell schwarzfahren dürfen”, zu einem weiteren Scheinargument geworden, mit dem der Hass genährt wird.

Auch der HVV habe aufgrund der Berichterstattung Dutzende Hassbriefe und -mails bekommen, sagte uns sein Sprecher, die meisten davon seien „offen rassistisch“.

Die Hütte brennt, “Bild” schüttet Benzin nach, und Julian Reichelt steht davor und tut so, als wolle er löschen.

Mit Dank an Lars W.

Siehe auch: Schlechte Presse, Lügenpresse und der HVV (“Eimsbütteler Nachrichten”)

Nachtrag, 17. August: Julian Reichelt hat auf unsere Kritik reagiert. Nur verstanden hat er sie nicht.

“Asylkritiker”, Ferrari-Werbung, mit 10 Franken durch die Schweiz

1. “Asylkritiker” oder “Rassist”? Die Suche nach den richtigen Worten
(sz-online.de, Julia Kilian)
Wenn man über die deutsche Flüchtlingsproblematik … Nein, da fängt es schon an: Wenn man über die deutsche Debatte über den Umgang mit Geflüchteten schreibt, ist es wichtig, seine Worte mit Bedacht zu wählen. Zuerst warnte David Hugendick vor dem Euphemismus “Asylkritiker”, daraufhin reagierte die dpa und kündigte an, künftig auf solche verharmlosenden Begriffe zu verzichten. Das veranlasste Julia Kilian, Sprachwissenschaftler zu Ausdrücken wie “Asylgegner”, “Asylanten” oder “Wirtschaftsflüchtlinge” zu befragen. Noch einen Schritt weiter geht Sascha Lobo, der fordert: “Nennt sie endlich Terroristen!”

2. Attacken gegen Flüchtlinge: Terror in Deutschland
(spiegel.de, Maximilian Popp)
Mehr als 200 Übergriffe auf Flüchtlingsunterkünfte im ersten Halbjahr 2015 — und Politiker und Journalisten haben eine Mitverantwortung, meint Maximilian Popp. Er wirft etwa dem “Focus” vor, populistisch Stimmung gegen “falsche Flüchtlinge” zu machen, nimmt seinen Arbeitgeber aber nicht aus: “DER SPIEGEL hat in den Neunzigerjahren den Populismus, den er heute zu Recht beklagt, mit Titeln wie ‘Zu viele Ausländer?’ selbst befeuert.” Auch Kai Budler übt im Störungsmelder-Blog Medienkritik: “Und auch die Medien haben in den vergangenen 20 Jahren offenbar nichts gelernt, denn wieder einmal hantieren sie mit Angstmetaphern wie dem ‘Das Boot ist voll’-Bild.” Und Tagesschau-Chefredakteur Kai Gniffke appelliert, den Ressentiments Fakten entgegenzusetzen und Menschen zu portraitieren, die sich für Flüchtlinge engagieren.

3. Talkshow-Kritik: Völlige Einseitigkeit und ein nationaler Wir-Diskurs
(heise.de, Marcus Klöckner)
Die Medienwissenschaftler Matthias Thiele und Rainer Vowe haben die zahlreichen Griechenland-Runden der politischen Talkshows im deutschen Fernsehen untersucht. Die Sendungen seien “vor allem von Polemiken, Ressentiments und einer arroganten Haltung gegenüber der neuen griechischen Regierung und den Griechen dominiert” gewesen, erzählt Thiele im Interview. Fast durchgehend sei “mit der symbolischen Frontstellung von ‘Wir’ versus ‘die Anderen'” operiert worden.

4. Wofür das “F” in “FAZ” steht
(stefan-niggemeier.de, Boris Rosenkranz)
Auf der Internetseite der “Frankfurter Allgemeinen Zeitung” erschien in dieser Woche ein Video, in dem ein “FAZ”-Redakteur den Formel-1-Piloten Sebastian Vettel interviewt. Dabei sitzen die beiden in einem Ferrari, machen eine Spritztour mit dem Ferrari, tragen Mützen von Ferrari, sprechen über Ferrari, und produziert wurde das Ganze — von Ferrari. Nach der Kritik von Boris Rosenkranz nahm faz.net den Werbeclip offline.

5. Chronistenpflicht, Chronistenkür
(wortvogel.de, Torsten Dewi)
Eigentlich wollte Torsten Dewi die alte, dicke “Chronik des 20. Jahrhunderts” in einer Bücherkiste vor dem eigenen Haus verschenken, machte sie dann aber doch zu seiner “Frühstücks/Badezimmer/Bett-Lektüre”:

Und tatsächlich: Das Buch hat auch im Zeitalter von Wikipedia und YouTube seine Existenzberechtigung. Weil es strikt chronologisch vorgeht, Entwicklungen nachvollziehbar macht, Kontext liefert. Information nicht punktuell und im luftleeren Raum, sondern als Bestandteil eines riesigen Puzzles aus Kultur, Politik, Natur und Wissenschaft.

Beim Blättern stößt Dewi beispielsweise auf eine ihm bisher unbekannte und völlig desaströse ARD-Fernsehshow zum Geburtstag des Automobils, die der damalige Daimler-Benz-Chef höchstpersönlich abbrechen ließ.

6. Die Grand Tour of Switzerland mit 10 Franken in 10 Tagen
(herrfischer.net, Tin Fischer)
Tin Fischer wurde zu einer Pressereise durch die Schweiz eingeladen, mit luxuriöser Unterkunft, einem eigenen Auto und “geballter Spitzenkulinarik”. Stattdessen erkundet der Journalist nun alleine die Strecke der Reise. Mit nur 10 Franken und der Hoffnung, auf hilfsbereite Menschen zu treffen.

Und noch ein anderes Journalisten-Projekt aus der Schweiz: Unser lieber Kollege und Ex-6-vor-9-Kurator Ronnie Grob will ebenfalls auf Tour gehen und für das Projekt “Nach Bern!” sechs Wochen lang den Schweizer Wahlkampf beobachten. Dafür sucht er noch finanzielle Unterstützung.

Fehler bei der “New York Times”, kostenlos fliegen, Alpha-Kevins

1. A Clinton Story Fraught With Inaccuracies: How It Happened and What Next?
(publiceditor.blogs.nytimes.com, Margaret Sullivan, englisch)
Vergangene Woche veröffentlichte die „New York Times“ eine Geschichte, in der es hieß, das Justizministerium wolle eine Ermittlung gegen Hillary Clinton starten. Grund: Ihr E-Mail-Verhalten während ihrer Zeit als Außenministerin. Doch die Story bekam schnell Risse und schließlich zeigte sich, dass die „NYT“ die Sache ziemlich falsch dargestellt hatte. Public Editor Margaret Sullivan hat nun versucht zu analysieren, wie es dazu kommen konnte, ob die Redaktion angemessen damit umgegangen ist und wie solche Fehler in Zukunft verhindert werden können.

2. Hi, I’m Ben … And I Don’t Travel The World For Free
(onemileatatime.boardingarea.com, Ben Schlappig, englisch)
Ben Schlappig reist gerne, sucht akribisch nach Möglichkeiten, Bonusprogramme von Fluggesellschaften zu seinem Vorteil zu nutzen, und schreibt darüber in seinem Blog. Das brachte ihm ein Portrait im “Rolling Stone” ein — und die Artikelüberschrift, er fliege “Around the World for Free”. Das sei absurd, schreibt er jetzt, er gebe “a lot of money” für seine Reisen aus. Dennoch griffen weltweit Medien die angebliche Kostenlos-Reise-Geschichte auf und machten alles noch schlimmer:

But I think the ridiculous life-of-its-own that the story took on when it was picked up by the “media” can be summarized by this article, in German: Not only is it suggesting I travel the world completely for free, but the person in the picture is apparently me … except it’s clearly not!

3. Ködern mit den Alpha-Kevins
(sueddeutsche.de, Karoline Meta Beisel)
Karoline Meta Beisel sieht in “ze.tt”, dem neuen jungen Angebot des “Zeit”-Verlags, das seit gestern online ist, eine wenig originelle Mischung aus “Buzzfeed”, “Vice” und “Leo”, dem verlagseigenen Kindermagazin.

4. Warum das Wort Shitstorm scheiße ist
(wired.de, Hakan Tanriverdi)
Immer wenn in einem Artikel von einem “Shitstorm” die Rede ist, höre er mit dem Lesen auf, schreibt Hakan Tanriverdi. Das Wort werde von Autoren taktisch eingesetzt: “Kaum ist es geschrieben, kann man plötzlich alle Diskussionspunkte ignorieren. Wer das Wort Shitstorm nutzt, hindert seine Gegner nicht nur daran, Kritik zu äußern, sondern bestraft sie auch für den Versuch einer Debatte.”

5. fiene & mein whatsapp-service
(danielfiene.com, Daniel Fiene)
Markenbildung oder bloß die Ablösung des guten, alten RSS-Feeds? Daniel Fiene startet seinen eigenen Whatsapp-Kanal — bislang nutzen vor allem Medienmarken Whatsapp als weiteren Verbreitungsweg. Fiene ist überzeugt, dass Facebook und Twitter alleine nicht in die “Kommunikationsrealität der Leser” passen. Der Journalist will auch Inhalte extra für Whatsapp produzieren.

6. Häkelmütze im Pegida-Land
(stefan-niggemeier.de, Ulrich Wolf)
Ulrich Wolf von der “Sächsischen Zeitung” über seine Erfahrungen mit der “Pegida”-Berichterstattung, die medialen Waffen der Neuen Rechten und darüber, wie der öffentliche Diskurs bedroht werde. “Nahezu ohnmächtig müssen wir mit ansehen, wie viele Menschen für Fakten und Argumente nicht mehr zugänglich sind.”

Blättern:  1 ... 59 60 61 ... 91