1. Vollgas, Schnitzel! (zeit.de, Christian Bangel)
Laut einer “Zeit”-Umfrage glauben 41 Prozent der Ostdeutschen, dass es um die Meinungsfreiheit heute in der Bundesrepublik nicht besser bestellt sei als zu DDR-Zeiten. Christian Bangel hält für diese Entwicklung auch Leute verantwortlich wie den FDP-Chef Christian Lindner, Ex-Verfassungsschutzchef Hans-Georg Maaßen, “Welt”-Chefredakteur Ulf Poschardt und den Publizisten Roland Tichy. In seinem Kommentar bei “Zeit Online” fragt sich Bangel: “Ahnen sie, dass sie damit den Unterschied zwischen der Bundesrepublik und der DDR verwischen? Ist ihnen klar, dass ihre Worte im Osten viel stärker und ganz anders wirken als im Westen? Finden sie es vielleicht einfach ein bisschen geil? Ist da auch eine narzisstische Lust, mit der Macht der eigenen Erzählung zu spielen, wie Boris Johnson es tut?”
Weiterer Lese- und Gucktipp: Verblühte Presselandschaften in Ostdeutschland (ndr.de, Sebastian Friedrich, Video: 8:00 Minuten).
2. Wegen Restrukturierungsmaßnahmen: Axel Springer mottet das Printprojekt “Bild Politik” endgültig ein (meedia.de, Gregory Lipinski)
Anfang des Jahres hatte “Bild” einen neuen Ableger an die Kioske gebracht: Die von “Bild”-Vize-Chef Nikolaus Blome und Selma Stern (jetzt: “Business Insider”) geleitete “Bild Politik”. Nach einer längeren Pause stellt der Axel-Springer-Verlag das Printprojekt endgültig ein. Als Grund werden die Restrukturierungsmaßnahmen der “Bild”-Gruppe angegeben. Klingt ja auch besser als Erfolglosigkeit.
3. Gerichte können Facebook zu weltweiten Löschungen zwingen (golem.de, Friedhelm Greis/dpa)
Der Europäische Gerichtshof hat entschieden, dass Facebook Löschanordungen europäischer Gerichte Folge leisten und die monierten Inhalte weltweit aus dem Netz nehmen muss. Die Entscheidung geht auf den Fall der ehemaligen österreichischen Grünen-Politikerin Eva Glawischnig-Piesczek zurück. Facebook ist mit der Entscheidung naturgemäß und wenig überraschend nicht zufrieden: “Dieses Urteil wirft kritische Fragen rund um das Thema Meinungsfreiheit auf”.
4. Die Zeit danach (sueddutsche.de)
Als Reaktion auf den Fälschungsskandal um Claas Relotius baut der “Spiegel” sein umstrittenes Gesellschaftsressort um und verpasst ihm den neuen Namen “Reporter”. Die Leitung übernimmt Özlem Gezer, die nach vielen Hinweisen durch Juan Moreno das entscheidende Gespräch mit Relotius führte, in dem dieser erstmals einige seiner Fälschungen eingestand.
5. Akut bedrohte Journalisten gerettet (reporter-ohne-grenzen.de)
Reporter ohne Grenzen (ROG) ist es gelungen, zwölf besonders gefährdete syrische Journalistinnen und Journalisten und deren Familien nach Deutschland zu holen. Sie saßen in einer Region Syriens fest, bei der die Übernahme durch die Assad-Regierungstruppen drohte. Die Folgen wären womöglich Verhaftung, Folter und Tod gewesen. ROG-Leiter Christian Mihr wünscht sich in diesem Zusammenhang eine beschleunigte Bearbeitung durch die deutsche Bürokratie: “Wenn sich Journalistinnen und Journalisten aufgrund ihrer Arbeit in akuter Lebensgefahr befinden, sollten die deutschen Behörden aus humanitären Gründen auf langwierige Einzelfallentscheidungen verzichten. Mit unbürokratischen Nothilfe-Visa könnten Betroffene schnell in Sicherheit gebracht werden.”
6. Gute Nacht Österreich (tvthek.orf.at, Video: 29:29 Minuten)
Der österreichische Comedy-Autor, Kabarettist, Philosoph und Fernsehmoderator Peter Klien ist seit Kurzem Host der Late-Night-Show “Gute Nacht Österreich”. In der aktuellen Sendung kümmert er sich hingebungsvoll um die österreichische Politik und ihre Verbindungen zu alpenländischen Medienmachern (ab Minute 14:45). Und er klärt auf, wie es seinem Team gelungen ist, eine Falschmeldung “Skorpion-Alarm auf Kinderspielplatz” in die Boulevardmedien “Kronen Zeitung”, “Österreich” und “Heute” zu bekommen.
1. Darüber spricht der Bundestag (zeit.de, Kai Biermann, Paul Blickle, Ron Drongowski, Elena Erdmann, Flavio Gortana, Alicia Lindhoff, Christopher Möller, Christoph Rauscher, Stephan Scheying, Michael Schlieben, Julian Stahnke, Julius Tröger & Sascha Venohr)
“Zeit Online” hat alle Bundestagsreden seit 1949 grafisch analysierbar gemacht. So lässt sich zu jedem Suchbegriff beziehungsweise Schlüsselwort visualisieren, wann und wie oft er im Parlament erwähnt wurde. Ein tolles Werk- und Spielzeug zugleich.
2. Game of Phones (journalist-magazin.de, Richard Gutjahr)
Richard Gutjahr hat einen lesenswerten Beitrag über die Zukunft des Journalismus verfasst. Man müsse realisieren, dass das Smartphone als Medium gewonnen habe und die Textform auch zukünftig weiter von Bewegtbild verdrängt werde: “In diesem laufenden Game of Phones wird uns daher nichts anderes übrigbleiben, uns selbst ein Stück weit als Smartphone zu begreifen, das alle paar Monate ein Update verlangt. Wir werden uns an den Gedanken gewöhnen müssen, dass wir — wie sehr wir uns auch anstrengen — niemals im gelobten Neuland ankommen werden. Dass wir den Prozess der digitalen Transformation nicht gegen, sondern nur mit dem Publikum meistern können. Dass nicht die abstrakte Marke unser Ticket in die Zukunft ist, sondern das Individuum, jeder User, jeder Mitarbeiter. Dass 5G und der damit wachsende Hunger nach Videos letztlich auch nur ein Vehikel sein wird für das eigentliche Produkt, für das es mehr denn je zu kämpfen lohnt: Vertrauen.”
4. Große Halle, kleiner Mut (taz.de, Peter Weissenburger)
Bei Angela Merkels Besuch in Peking wollte die chinesische Regierung anscheinend einigen deutschen Journalisten den Zugang zu einer Pressekonferenz der Kanzlerin verwehren. Die “Irritationen” konnten jedoch geklärt werden. “Alle deutschen Journalisten, die an der Willkommenszeremonie teilgenommen haben, erhielten letztlich auch Zugang zur Pressekonferenz”, so der Regierungssprecher.
5. US-Staaten eröffnen Kartellverfahren gegen Google und Facebook (netzpolitik.org, Alexander Fanta)
US-amerikanische Behörden ermitteln gegen Tech-Unternehmen wie Google und Facebook wegen diverser Wettbewerbsverletzungen. Dabei geht es also nicht um Datenschutzverstöße, die in der Vergangenheit im Fall von Facebook bereits mit einer Strafzahlung von fünf Milliarden Dollar geahndet wurden, sondern ausdrücklich um die Marktdominanz der Unternehmen.
6. An Peinlichkeit kaum zu übertreffen (deutschlandfunk.de, Arno Orzessek)
Arno Orzessek hat sich angeschaut, wie die Youtube-Community auf das erste Propagandafilmchen der CSU (“CSYou”) reagiert: “Sie lästern derart ab, und zwar tausendfach, dass schon jetzt feststeht: Begreift man “CSYou” als psychohygienische Müllhalde der Netz-Junkies, ist es ein unübertroffener Erfolg.”
Nachdem BILD über eine mutmaßliche Vergewaltigung auf Mallorca berichtete, erhielt ich eine Vielzahl von Briefen, in denen sich Leser hasserfüllt darüber beschwerten, dass die Verdächtigen als “Deutsche” bezeichnet wurden — obwohl Namen und Aussehen auf einen Migrationshintergrund hindeuteten.
Meine Antwort: “Die Redaktion kann den Verdächtigen nicht die deutsche Staatsbürgerschaft aberkennen.” Es ist nicht ihr Auftrag, die Herkunft von Menschen, über die sie berichtet, über möglichst viele Generationen zurückzuverfolgen. Wer einen deutschen Pass hat, ist ein Deutscher — auch wenn das nicht allen passt.
Für “Bild” zählt also nicht die Herkunft eines Menschen, sondern einzig und allein sein Pass?
Bullshit.
Erst vor gut einer Woche berichtete Bild.de über die mutmaßliche Vergewaltigung eines Mädchens in Herne:
Zu den Tatverdächtigen schrieb die Redaktion:
Die Tatverdächtigen sind libanesischer Herkunft, haben aber auch einen deutschen Pass.
Wenn nur der Pass zählt, warum dann erwähnen, dass sie “libanesischer Herkunft” sind? Und was heißt das überhaupt? Wie viele Generationen hat “Bild” diesmal zurückverfolgt?
Oder hier:
H. , ein Deutscher mit kasachischer Herkunft, hatte in der Nacht zum Samstag seine Ex verfolgt, (…)
Oder hier:
Die Hauptbeschuldigten — ein Mann (51) aus Simbabwe und eine Deutsche (62) russischer Herkunft — wurden festgenommen.
Oder hier:
Bei dem Getöteten handelt es sich laut Polizei um einen 16-jährigen Intensivtäter. Der Deutsche albanischer Herkunft ist einschlägig bekannt.
Oder hier:
Der Deutsche ist jetzt der Spieler mit den meisten Turnierpartien (202) und — allein mit Preisgeld-Einnahmen von mehr als 3,5 Millionen Dollar — der finanziell erfolgreichste E-Sportler überhaupt.
Ach, nee. Wenn es um etwas Positives geht, erwähnt “Bild” die Herkunft eines Menschen (in diesem Fall: Iran) in der Regel nicht. Dann zählt nur der Pass, dann sind sie einfach bloß: Deutsche. Dann sind sie welche von “uns”. Nur wenn sie vergewaltigen, rauben und morden, sind sie: Ausländer, die zufällig einen deutschen Pass haben.
Aber nochmal zurück zu Ernst Elitz, der ja darüber jammert, dass der “Bild”-Zeitung Hass entgegenschlage. Was Elitz natürlich nicht erwähnt und vermutlich nicht mal bemerkt: Tatsächlich hat sich die Redaktion das selbst eingebrockt. Denn der Grund für die ganze Aufregung ist ja, dass die Verdächtigen zwar Deutsche sind, nach der Meinung einiger Leserinnen und Leser aber nicht deutsch aussehen — wie zum Beispiel die Kommentare auf der “Bild”-Facebookseite zeigen:
(Augenbalken von “Bild”, alle anderen Unkenntlichmachungen von uns.)
Auch rechte Krawallschreiber wie “Tichys Einblick”, die Zweifel an der Deutschheit der Verdächtigen hegten, begründeten dies mit Fotos, die sie bei “Bild” gesehen hatten, auf denen sie “Südländer” zu erkennen glaubten.
Das konnten sie allerdings nur, weil “Bild” den Männern lediglich einen Augenbalken verpasst hatte, den Rest aber erkennbar ließ. Hätte die Redaktion die Verdächtigen — wie es auch die deutscheRechtsprechung verlangt — komplett unkenntlich gemacht, wäre es womöglich gar nicht zu all dem Hass gekommen.
Aber eine Komplettverpixelung bekommen bei “Bild” ja traditionell nur Verdächtige, die nicht “südländisch” aussehen. Was wiederum die Frage aufwirft, ob “Bild” den Hass nicht sogar absichtlich geschürt hat. Der Frage sollte man mal nachgehen. Ernst Elitz, übernehmen Sie!
Wobei … lassen Sie’s. Die Antwort können wir uns eh schon denken.
Seit 28 Jahren wird in Deutschland das “Unwort des Jahres” gewählt — sehr zum Gefallen der “Bild”-Zeitung, die seit vielen Jahren gerne darüber berichtet, oft sogar auf der Titelseite.
Auch über die jüngste Wahl zum “Unwort des Jahres 2018” hat “Bild” vor ein paar Tagen wieder berichtet. Diesmal aber mit einer, nun ja, leichten Änderung im Ton. Die Zeitung schreibt:
Die Jury der sogenannten „Sprachkritischen Aktion“ aus Sprachwissenschaftlern hat die Formulierung „Anti-Abschiebe-Industrie“ von CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt (48) zum „Unwort des Jahres 2018“ gekürt – und löst damit kritisches Nachfragen aus.
Und zwar in erster Linie bei den Autoren des “Bild”-Artikels, Filipp Piatov und Ralf Schuler, die empört fragen: “Wer ist die Sprachpolizei überhaupt?” “Was hat die Sprach-Jury auszusetzen?” Und vor allem: “Wer soll das noch verstehen?”
“Niemand hat diese Jury legitimiert”, zitieren sie einen Sprachprofessor. Die Jury stehe “immer auf der sicheren Seite der politischen Korrektheit”. Diese ganze Sache sei “eine Farce”.
Man dürfe, so das bittere Fazit der “Bild”-Autoren, in diesem Land eben nicht mehr öffentlich sagen, was man möchte:
Nach der Kritik von Sport-Star Stefan Kretzschmar (45) diskutiert Deutschland, ob man eigentlich noch öffentlich sagen kann, was man möchte. Erkenntnis seit gestern: Ja, darf man. Es sei denn, es passt der Sprachpolizei nicht…
Die Antwort dürfte den “Bild”-Lesern spätestens seit dem “Unwort”-Artikel klar sein. Stichwort: Political Correctness! Stichwort: Sprachpolizei!
Jahrelang hielt die “Bild”-Zeitung die Wahl zum “Unwort des Jahres” für eine berichtenswerte Nachricht, sie widmete ihr prominente Plätze auf der Titelseite, machte regelrecht Werbung dafür: Diese Begriffe stehen zur Auswahl!So können Sie Vorschläge einreichen!Das sind die Gewinner!
… und auf einmal ist sie das Werk der “Sprachpolizei”, die mit ihrer “politischen Korrektheit” die Meinungsfreiheit in diesem Land einschränken will.
Ganz neu sind diese Argumente und Begrifflichkeiten freilich nicht. 2017 schrieb die AfD zum Unwort des Jahres, hier schwinge sich “eine Gesellschaft zur Sprachpolizei” auf. 2018 schrieb “Compact”: “Das Unwort des Jahres 2017 steht fest. Na, toll – und jetzt? Was soll dieser Zirkus eigentlich? Will uns die Sprachpolizei hier rhetorisch einnorden? Alles frei nach Orwell: ‘Wer die Sprache beherrscht, beherrscht das Denken?'” Und “Tichy’s Einblick” erklärte vor ein paar Tagen, die Wahl zum “Unwort” diene “Linksintellektuellen” lediglich dazu, “Andersdenkende lächerlich zu machen und zu diffamieren”. Überschrift: “Jährlich meldet sich die linke Sprachpolizei”.
1. Monsterworte (spiegel.de, Georg Diez)
Georg Diez schreibt über die Sprache der Flüchtlingspolitik: “Sie denken sich immer neue Monsterworte aus, diese Politiker, um ihre Verantwortung zu verschleiern, schreckliche, technokratische, sterile, bürokratische Maßnahmenworte, Umsetzungsworte, Tatenworte ohne Taten, denn es ist allein die Fiktion von Autorität, die in Worten wie “Masterplan” steckt oder “Ausschiffungsplattform” oder “Ankerzentren” — schlimmer noch, es sind Worte, die einen Rechtsbruch in abwaschbare Sprache verkleiden und so tun, als sei dieser tatsächliche Rechtsbruch die geeignete Maßnahme, um einen fiktiven Rechtsbruch zu bekämpfen.”
Weiterer Lesetipp: Bei “Flüchtlingsforschung gegen Mythen” diskutieren WissenschaftlerInnen Behauptungen aus der Flüchtlingsdebatte. Aktuell in der siebten Ausgabe.
2. Gegendarstellung (martinsonneborn.de)
Gibt es im Europaparlament immer mehr Fraktionen und Fraktionslose, wie die “FAZ” einen CDU-Abgeordneten zitiert? Martin Sonneborn, fraktionsloses Mitglied im EU-Parlament (Die Partei), widerspricht dem in seiner “Gegendarstellung” und räumt mit aus seiner Sicht weiteren Lügen und Mythen auf.
3. Die kalte Liebe der Medien gegenüber dem Brexit (nzz.ch, Felix Simon)
Europäische Medien zeichnen sich in Bezug auf den Brexit vor allem durch leidenschaftslose Distanz aus, schreibt Felix Simon. Laut einer neuen Studie würden Fernsehsender, Zeitungen und Online-Medien in acht europäischen Ländern neutral und faktenbasiert berichten — was sich von der Berichterstattung einiger grosser Zeitungen der Insel nicht unbedingt behaupten lasse.
Weiterer Lesetipp: Nach 26 Jahren im Amt tritt der englische Journalist Paul Dacre als Chefredakteur des konservativen Boulevardblatts “Daily Mail” zurück: Eine Pro-Brexit-Stimme wird leiser (nzz.ch, Rolf Hürzeler)
Und für Brexit-Interessierte die aktuelle Meldung: Brexit-Minister David Davis tritt zurück (spiegel.de)
4. Stichwortgeber für die rechte Blase (taz.de, Lalon Sander)
“Bild” ist oft Stichwortgeber für die rechte Blase, übernimmt jedoch auch Meinungen von dort. Ein Beispiel dafür sei “Bild”-Boss Julian Reichelt höchstpersönlich, der mit seinen Tweets immer wieder Lautsprecher und Stichwortgeber für Deutschlands Rechte sei, so Lalon Sander in seiner “Right Trash”-Kolumne.
5. “Sie sollten Gott danken, dass es hier in Deutschland kein Fox News gibt” (deutschlandfunkkultur.de, Mike Herbstreuth & Teresa Sickert, Audio, 15:59 Minuten)
Der US-Journalismusforscher Jay Rosen untersucht, wie sich das deutsche und das US-amerikanische Mediensystem voneinander unterscheiden. Zurzeit befindet er sich zu Studienzwecken in Deutschland. Bei “Deutschlandradio Kultur” spricht er über seine Eindrücke und Erkenntnisse: “Egal ob Sie religiös sind oder nicht, sollten Sie Gott danken, dass es hier in Deutschland kein Fox News gibt.”
Weiterer Lesetipp: Auf “Der rechte Rand” geht es aktuell um die Printversion des rechtskonservativen Onlineblogs “Tichys Einblick”. (der-rechte-rand.de, Robert Andreasch)
6. Siegtreffer (twitter.com/LMatthaeus10, Lothar Matthäus)
“Bild” kritisiert den ehemaligen Fußballspieler Lothar Matthäus dafür, Putin die Hand geschüttelt zu haben, und der macht keine langen Worte, sondern antwortet mit einem Foto. In der Fußballsprache würde man wohl sagen: Siegtreffer!
Sie wollen ein Medium mit riesiger Reichweite werden? Sie wollen viral gehen, Sie wollen geklickt werden, Sie wollen saumäßig viel Asche machen? Dann brauchen Sie eigentlich nur: Ausländer.
Ausländer funktionieren besser als Brüste, Fußball und Tiere zusammen. Da kommen die Likes und Shares und Werbeeinnahmen ganz von alleine, garantiert! Es gibt nur ein paar ganz einfache Regeln.
1. Nur bestimmte Ausländer sind schlimme Ausländer
Skandinavier zum Beispiel sind okay, Briten und Amerikaner auch, Niederländer eigentlich auch. Im Grunde sind alle in Ordnung, die keine Moslems sind. Und keinen zu dunklen Teint haben. Wenn also, sagen wir, eine japanische Hochzeitsgesellschaft irgendwo Randale macht, ist Ihnen das keine Schlagzeile wert.
… allerdings schon.
2. Auch wenn nichts passiert, ist das eine Nachricht (solange Ausländer drin vorkommen)
Wenn zum Beispiel ein Café in Stuttgart ein paar Flüchtlingsheime dazu einlädt, doch mal zum gemeinsamen Singen vorbeizukommen, dann aber keiner kommt — ja lecko mio, Schlagzeile!
3. Weniger Fakten = Mehr Reichweite
Beispiel:
Dass der Terrorist Deutscher ist, mit ihm also genau das passiert, was hier immer wieder für kriminelle Ausländer gefordert wird (Zurück in die Heimat!), sollten Sie in der Überschrift natürlich verschweigen.
Anderes Beispiel:
Was bloß nicht zu früh ersichtlich werden darf: Dass die „1100 Euro Stütze“ nicht nur für ihn, sondern auch für seine Frau und seine vier Kinder bestimmt sind. Und dass er nicht aus Spaß nicht abgeschoben wird, sondern weil ein deutsches Gericht ein „sehr hohes Risiko“ sieht, dass ihm in der Heimat „Folter und unmenschliche Behandlung“ drohen.
4. Noch weniger Fakten = Noch mehr Reichweite
Nehmen wir an, die Zahl der Terror-Hinweise von besorgten Bürgern an die Polizei nimmt stark zu. Es gibt also zum Beispiel mehr Nachbarn, die in ihrem Umfeld eine islamistische Radikalisierung wahrgenommen haben wollen. Die Polizei prüft diese Fälle, doch die meisten davon erweisen sich als „strafrechtlich nicht relevant“. Was schreiben Sie als Überschrift? „Verdacht auf Terror in den meisten Fällen unbegründet?“ Nee.
5. Kurz gesagt: Machen Sie es so wie „Bild“, „Welt“ und „Focus Online“
Das sind die absoluten Profis. Im Ernst jetzt. Alle oben gezeigten Artikel sind in einem dieser drei Medien erschienen. Sie wurden alle im letzten Monat veröffentlicht. Und sie gehörten allesamt zu den erfolgreichsten Artikeln in Sozialen Medien.
Wir wissen das, weil wir vier Wochen lang die Social-Media-Charts von 10000flies ausgewertet haben. Dort werden in einem täglichen Ranking die Artikel gelistet, die bei Facebook, Twitter und Google+ am häufigsten geteilt, geliked, verlinkt und kommentiert wurden.
Aus den Top 25 des Tages haben wir einen Monat lang die Artikel rausgesucht, die mit Ausländern/Flüchtlingen/Islam zu tun hatten. Und klar hatten wir damit gerechnet, dass es viele werden würden.
Damit hatten wir allerdings nicht gerechnet. Aus den Top 25 des jeweiligen Tages:
1. April
Weniger Ostern, dafür mehr Islam?
Tichys Einblick
Kein Ostergruß der Kanzlerin und des Bundespräsidenten zum wichtigsten Hochfest der Christen
Philosophia Perennis
Autobahn blockiert – Türkische Hochzeitsgesellschaft liefert sich illegales Autorennen auf A81
Focus Online
“Sind Sie fassungslos? Ich auch…”: Einbahnstraße Integration
Philosophia Perennis
2. April
Regierungschef Netanjahu teilt mit – Israel siedelt Migranten aus Afrika auch nach Deutschland um
Focus Online
Israel will Migranten nach Deutschland umsiedeln – Berlin weiß nichts
Welt
Einigung mit UNHCR – UN-Organisation siedelt 16.000 afrikanische Flüchtlinge aus Israel in Westen um
Focus Online
Irre: Maas holt Tausende Afrikaner von Israel nach Deutschland!
Compact
Neumünster: Ehemann von FDP-Kandidatin im Vorstand der von Ankara gelenkten DITIB-Moschee
Epoch Times
Integration: CDU-Politiker Jens Spahn für deutsche Moschee-Gemeinden
Berliner Morgenpost
Migranten aus Afrika werden von Israel nach Deutschland umgesiedelt
Welt
Einigung mit UNHCR: Israel schickt Migranten nach Deutschland
n-tv
3. April
Deutsches Kind, islamische Pflegefamilie – ist das Integration?
Welt
Prozess des Jahres: Angst vor IS-Terror
OE24
Zehntausende unterstützen Petition gegen illegale Einwanderung
Junge Freiheit
Seehofer will Hartz-IV-Empfängern den Familiennachzug verwehren
Welt
Gewalt an Deutschlands Schulen eskaliert – die Deutschenfeindlichkeit auch
Epoch Times
4. April
Sebastian Kurz kündigt Kopftuchverbot für Kindergarten und Schule an
Welt
ÖVP & FPÖ fixieren Kopftuchverbot in Kindergärten
Kronen Zeitung
Mohrenkopfhersteller: „Solange ich lebe, bleibt der Name“
Journalistenwatch
Ösi-Kanzler – Kurz will Kopftuchverbot für Kleinkinder
Bild
Zahl der Salafisten in Deutschland hat sich verdoppelt
Demos gegen Asylanten-Gewalt: Jetzt platzt den Frauen der Kragen!
Wochenblick.at
12. April
Asylwerber sollen künftig für ihr Quartier zahlen
Kronen Zeitung
Kein Familiennachzug – Syrer verlassen Deutschland wieder
Bild
Stegner verspricht: Wir werden Deutschland weiter islamisieren!
Journalistenwatch
Kindergeld-Betrug im großen Stil – totale Ahnungslosigkeit bei Merkel-Regierung
Compact
Ditib-Moschee läßt Kinder in Kampfanzügen aufmarschieren
Junge Freiheit
Kein Familiennachzug – Syrer verlassen Deutschland
Welt
Antwort auf AfD-Anfrage Kindergeld-Betrug: Merkel-Regierung angeblich ahnungslos!
PI News
Herford: Verstörendes Video: Kinder in Herford marschieren im Kampfanzug
Neue Westfälische
Kriminelle Flüchtlinge in Mannheim: Intensivtäter aus dem Maghreb lügen bei Altersangabe
Stuttgarter Nachrichten
13. April
“Randalierer” greift Bäckerei und Polizisten an – 19-jähriger Afghane erschossen
Osthessen News
AfD-Antrag zur Altersfeststellung durch CDU, FDP, SPD und Grünen abgelehnt
Journalistenwatch
Staat zahlt 2,4 Mio. Euro – Politikerin kassiert auch für leeres Flüchtlings-Hotel
Bild
14. April
Mut-Frauen von Wien: So lief die Demo gegen Asylanten-Gewalt!
Wochenblick.at
Hunderte Menschen demonstriere gegen Flüchtlinge
Tag24
15. April
Moslem: „Die Deutschen müssen den Islam annehmen!“
Journalistenwatch
“Ihr könnt in Euren Ländern f*****!” Robert Geiss rastet auf Instagram aus
Tag24
Kriminelle Großfamilien – Schutzgelderpressung, Raub, Mord: Die Macht der Libanesen-Clans wächst
Focus Online
Hamed Abdel-Samad: Das Märchen von der gelungenen Integration
Tichys Einblick
16. April
Kickl geht gegen “Asyl-Urlauber” vor
OE24
Fast alle ausländischen Straftäter bleiben im Land
Welt
Linz: Schwarzer randaliert und prügelt Polizistin halbtot!
Wochenblick.at
17. April
Täter gefasst – Straßenbahn-Schläger hatte sieben Identitäten
Bild
Bielefeld: Bielefelder Polizei soll Bezeichnung “südländisch” in Fahndungsaufrufen unterlassen
Neue Westfälische
„Die junge afghanische Community ist sehr wütend“
Welt
Jetzt schlägt es 13! Gefühlvoller Umgang mit muslimischen Straftätern wird Pflicht
Politikstube
Nach Todesschuss auf Afghanen: Party-Jugend von Fulda stellt sich demonstrativ hinter Polizei
Philosophia Perennis
Flüchtlinge verkaufen deutsche Papiere im Internet
Basler Zeitung
Handel mit Dokumenten: Warum Flüchtlinge ihre Identitäten verkaufen
Spiegel Online
Handel in sozialen Netzwerken: Flüchtlinge verkaufen wohl deutsche Papiere
n-tv
Kopftuchverbot: Kinder halten für Protest her
Kronen Zeitung
18. April
Flüchtlinge protestieren für besseres Essen und mehr Taschengeld
Welt
Asylbewerber demonstrieren vor Brucker Rathaus – Situation eskaliert
Merkur
Kinder stellten Schlacht nach: Kurz droht Moscheeverein mit Auflösung
n-tv
Er schrie “Christenschweine” und bekam dafür vom Richter klare Ansage
Tag24
Großeinsatz in Fürstenfeldbruck: Asylbewerber demonstrieren vor Rathaus – ein verletzter Polizist
Epoch Times
Österreich plant, Bargeld von Flüchtlingen einzuziehen
Welt
Bei Einreise – Österreich verschärft Asylrecht: Flüchtlingen werden bis zu 840 Euro abgenommen
Focus Online
Asylbewerberin rastet aus und sticht auf einen Polizisten ein
Tag24
19. April
EU-Umsiedlungsprogramm: Merkel bestellt Nachschlag von 10.000 Migranten
Compact
Wir brauchen Rente mit 70 – oder 500.000 Zuwanderer im Jahr
Welt
Österreich will Bargeld und Handys von Flüchtlingen einziehen
T-Online
Deutschland nimmt 10.000 Umsiedlungsflüchtlinge auf
Welt
EU-Programm – Deutschland nimmt 10 000 Flüchtlinge auf
Bild
Tulln: Nach Freispruch folgt nun die sofortige Abschiebung
Kurier
EU drängt auf baldiges Ende der Grenzkontrollen
Kronen Zeitung
EU-Umsiedlungsprogramm: Deutschland nimmt 10.000 Flüchtlinge auf
Tagesschau
Fürstenfeldbruck – „Druck erzeugt einen brodelnden Kessel“: Flüchtlinge legen bei Demo Stadt lahm
Focus Online
Seehofer knickt mal wieder ein und fährt Grenzkontrollen zurück
Journalistenwatch
Bundesregierung siedelt 10.000 Araber und Nordafrikaner nach Deutschland um
Philosophia Perennis
20. April
Kurz: „Dulde keinen türkischen Wahlkampf bei uns!“
Kronen Zeitung
Wie ein Asylverfahren in Deutschland abläuft
Sächsische Zeitung
Abschiebung, auch wenn Täter hier geboren sind
Kronen Zeitung
Verdacht auf weitreichenden Korruptionsskandal im Bamf
Süddeutsche Zeitung
Katholischer Kindergarten in Heidelberg: 16-jährige Praktikantin mit Kopftuch heimgeschickt
Rhein-Neckar-Zeitung
Asylentscheide ohne rechtliche Grundlage positiv beschieden – Verdacht auf Korruptionsskandal im Bamf
Focus Online
21. April
Österreich zeigt, wie’s geht: Mehr Netto für Familien, weniger Kohle für Asylanten
Compact
Neu gebautes Wohnhaus für „Flüchtlinge“ – Tiefgarage, Fußbodenheizung, Hausmeisterservice
Politikstube
Ali jammert: „Ich habe kein Vertrauen mehr in die Deutschen“
Politikstube
Man kann nicht Schutz erbitten und Juden angreifen
Welt
Hört, hört: Seehofer will abgelehnten Asylbewerbern Geldleistung streichen
Journalistenwatch
Randaliert und Kirche in Brand gesteckt: Polizei nimmt Somalier (28) fest
Wize.Life
22. April
Islamdebatte: Die unerträgliche Waschlappigkeit der deutschen Politik
Spiegel Online
Neues Wohnhaus mit Tiefgarage, Fußbodenheizung und Hausmeisterservice – Flüchtlinge ziehen im Juni ein
Epoch Times
Merkel beklagt „neue Formen von Antisemitismus“ durch Flüchtlinge
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Wegen Ramadan: Abi-Büfett erst nach Sonnenuntergang
Journalistenwatch
Staatsschutz ermittelt: Flüchtling randaliert in Kirche
Tag24
Interview mit israselischem Sender – Merkel beklagt „neue Formen des Antisemitismus“ durch Flüchtlinge
Focus Online
Polizeibekannte Flüchtlinge rauben Radfahrer im Tiergarten aus
Tagesspiegel
23. April
Seit 1997 in Deutschland – So viel Stütze kassiert bin Ladens Leibwächter
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Beamte setzten Pfefferspray und Schlagstöcke ein – Protest gegen Abschiebung eskaliert: 60 Menschen umzingeln Streifenwagen
Focus Online
Erneut stürmen Migranten eine europäische Grenze
Kronen Zeitung
Weltbank: Überweisungen von Migranten in die Heimat nehmen stark zu
Epoch Times
24. April
Intensivtäter kommt glimpflicher davon – Richter verkürzt Strafe wegen „Haftempfindlichkeit“
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Sami A. aus Bochum – Ex-Leibwächter bin Ladens kann nicht abgeschoben werden – und kassiert weiter Hilfeleistungen
Focus Online
Der nächste Tote: Merkels Killer-Islamisten berauben und ersäufen Jungen im Fluss
Halle-Leaks.de
Ungarn nimmt keine illegalen Einwanderer auf – egal wie sehr sich EU und Soros bemühen
Epoch Times
Pensionisten sollen mehr bekommen als Flüchtlinge
Kronen Zeitung
Al-Qaida: Bin Ladens Ex-Leibwächter bezieht 1167 Euro monatlich
WAZ
Italien: Flüchtlingshelfer „am Boden zerstört“ – sie bekommen ihr Schiff nicht zurück
Journalistenwatch
Deutsche ISIS-Frauen – Warum kommen die zurück?
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Kriminologe: „Wer schlecht mit Flüchtlingen umgeht, kriegt’s zurück!“
Wochenblick.at
25. April
Richter verkürzt Strafe – „Haftempfindlich“, weil er kein Deutsch kann!
Bild
Syrien: Deutschland gibt eine weitere Milliarde Euro
Web.de
Flüchtlingshilfe – Deutschland gibt eine Milliarde Euro zusätzlich für Syrien
Focus Online
26. April
Zwei IS-Frauen kehren mit Kindern nach Deutschland zurück
Welt
Richter kürzt Haftstrafe – Wie kann so einer „haftempfindlich“ sein?
Bild
Abschiebe-Irrsinn – Afghanen schicken uns diesen Terroristen zurück
Bild
Senioren-Skatrunde muß moslemischen Frauen weichen
Junge Freiheit
27. April
Gastbeitrag von Linda Teuteberg – Nach dem BAMF-Skandal: Einwanderung und Integration endlich neu ordnen
Focus Online
Libanese tötete SEK-Mann – Polizisten-Mörder darf nicht abgeschoben werden
Bild
Bundeskanzler Kurz, Österreich: „Flüchtlinge bekommen mehr als Rentner, das wollen wir jetzt ändern“
Epoch Times
Bundesregierung alarmiert – Assad plant Enteignung von Flüchtlingen
Bild
Zahlen nicht gemeldet: Berlins Ausländerbehörde vergisst 200.000 EU-Bürger
Berliner Morgenpost
28. April
„Mädchen mit Kopftüchern bereichern das Stadtbild“
Kronen Zeitung
Flüchtlinge, die Pfleger werden, sollen bleiben dürfen
Welt
Jeder vierte Berliner ist ein Ausländer
B.Z.
Nigerianer zwei Tage nach Abschiebung wieder in Deutschland
Epoch Times
Köln – Flüchtlings-Unterkunft: Weiterer Fall bei Kölner CDU
Focus Online
1750 Euro pro Tag: Flüchtlings-Unterkunft: Weiterer Fall bei Kölner CDU
Express
Vilimsky betont: Wir müssen Illegale in ihre Heimat zurückführen
Wochenblick.at
29. April
Jeder Zweite scheitert am Deutschtest
FAZ
BILD macht den Test – Wie lange hängt eine Israel-Fahne?
Bild
Will Muslime nicht verärgern: Würzburger Hochschulpfarrer kämpft gegen Kreuze in Bayerns Behörden
Philosophia Perennis
„Deutschland verrecke“ in den Alltag integrieren – Bündnis 90/Die Irren: Wer Pfleger wird soll Bleiberecht erhalten
PI News
Habeck lockt Flüchtlinge – »Wer Pfleger wird, soll bleiben dürfen
Bild
30. April
Mann reißt elfjährigem Mädchen Kopftuch herunter
Welt
Slowenische Regierung: 50.000 Asylwerber jetzt auf dem Weg Richtung EU!
Wochenblick.at
Türkischer Wahlkampf in Deutschland – Grünen-Politikerin Roth kritisiert Auftrittsverbot für Erdogan
Focus Online
„Kein Ausdruck starker Demokratie“: Claudia Roth kritisiert Wahlkampf-Verbot für ausländische Politiker
Epoch Times
Fast 200 Ausländer-Artikel in einem einzigen Monat.
Tausendfach geteilt, geliked und kommentiert; von AfD, Pegida und Co. in die letzten Winkel der Sozialen Medien herumgereicht. Und auch wenn Medien wie “Compact”, “PI News” und “Epoch Times” große Teile des rechten Reichweitenmarktes bestimmen — noch erfolgreicher sind “Welt” (24 Artikel), “Bild” (21) und “Focus Online” (19).
Schon vor einem Jahr wertete die “Süddeutsche Zeitung” über eine Million Facebook-Likes aus. Unter den beliebtesten Medien von AfD-Anhängern: “Welt” und “Focus Online”. Schon damals fiel der “SZ” auf …
… dass insbesondere Focus Online häufig Kommentare, Gastbeiträge oder Interviews verlinkt, die sich – vorsichtig ausgedrückt – kritisch mit Flüchtlingen und Zuwanderern, dem Islam, der Türkei und anderen Themen beschäftigen, mit denen die AfD besonders stark mobilisiert.
Die Teaser der Beiträge sind gerne zugespitzt, Berichte über Straftaten nennen die Herkunft der Tatverdächtigen teils schon in der Überschrift. Dementsprechend regelmäßig sammeln die Facebook-Posts dann auch ein paar hundert oder tausend wütende Reaktionen und werden hundertfach geteilt und kommentiert. Auffallend oft finden sich diese Links in Timelines von AfD-Sympathisanten oder in offenen und geschlossenen Facebook-Gruppen mit eindeutig rechter bis rechtsextremer Ausrichtung.
Machen Sie es also wie Springer und Burda! Übertreiben Sie, wo Sie nur können. Unterschlagen Sie Fakten. Scheißen Sie konsequent auf journalistische Standards. Und die Klicks der Fremdenfeinde sind Ihnen gewiss.
Mal Hand aufs Herz: Hätte man sich jemals vorstellen können, dass man sich Kai Diekmann als BILD-Chefredakteur zurückwünscht? Der Kai Diekmann, der meinte, er könnte einen Politiker wie Karl-Theodor zu Guttenberg zum Kanzler hochschreiben, und der selbst zahllose BILD-Kampagnen gegen Minderheiten fuhr. Doch bei Diekmann hatte man noch das Gefühl, der macht dies als professioneller und abgewichster Boulevard-Journalist. Der schreibt heute “Hü” und morgen “Hott”, weil er wusste, dass sich schweigende Mehrheiten durchaus mal ändern, und das gesunde Volksempfinden eine launische Diva sein kann. Ihm war das Produkt im Zweifel näher als seine persönliche Meinung.
Dies hat sich unter Julian Reichelt komplett geändert. Der jetzige BILD-Chef ist erst ein Überzeugungstäter und dann ein Boulevard-Journalist. Wahrscheinlich ist Julian Reichelt der gefährlichste Medienmacher, den die wiedervereinigte Bundesrepublik je erleben durfte. Denn er macht aus BILD ein Weltuntergangs-Angebot im Stile der neurechten Medien wie “Breitbart”, “Tichys Einblick” oder “Compact”. Nur eben mit der Reichweite und dem Einfluss von BILD. In den neurechten Medien wird spätestens seit der “Flüchtlingswelle” 2015 der Untergang unseres schönen Deutschlands beschworen — mehr noch: fast herbeigesehnt. Da ging es früher um “Massenvergewaltigungen” (natürlich vornehmlich durch Ausländer) und heute um “massenhafte Messerangriffe” (natürlich auch vornehmlich durch Ausländer). Unter einer Epidemie machen es die Untergangspropheten nämlich nicht mehr. Sonst wäre es ja kein gesellschaftliches Problem.
Was früher ausschließlich in den Echokammern der Neurechten für Aufregung sorgte, findet heute Gehör bei einem der mächtigsten Medienmenschen des Landes. Dessen Filterblase ist so durchlässig, dass dort bekannte Hetz-Accounts als Teil einer ernsthaften Investigativ-Recherche wahrgenommen werden. Mehr noch: Julian Reichelt retweetet oder zitiert diese Accounts, die unter anderem die “Tagesschau” als “staatliche Lügenfabrik” bezeichnen. Sind das wirklich nur Mausrutscher oder hat das nicht vielmehr System? BILD reiht sich nun ein und beschwört das Bild eines Deutschlands herauf, welches islamisiert wird, überall Messerangriffe von Flüchtlingen, an jeder Ecke importierter arabischer Antisemitismus. Im Grunde unterscheidet BILD bei dieser Endzeit-Berichterstattung nichts mehr von “Breitbart” und Co. Die Redaktion macht nun ein Blatt für die 13 Prozent der Gesellschaft, die AfD gewählt haben.
Eine der verbleibenden positiven Aspekte bei BILD ist das klare Bekenntnis gegen Antisemitismus in jeder Form. Nun jedoch wird der Kampf genau dagegen missbraucht, um den Religionshass gegen Muslime zu schüren. Da wird der Teufel mit dem Beelzebub ausgetrieben. Natürlich ist der Kampf gegen Antisemitismus zu begrüßen. Aber selbst da darf nicht jedes Mittel recht sein. Vor allem, wenn man dafür eine andere Religion als per se rückständig, frauenfeindlich, antidemokratisch, gefährlich hinstellt (übrigens auch befeuert von der Seehofer-CSU). Diese Entwicklung ist mehr als bedenklich — insbesondere, weil Julian Reichelt immer vollkommen überrascht ist, wenn man ihm oder seiner Zeitung Nähe zur AfD unterstellt. Tja, manchmal sieht man den Blätterwald vor lauter braunen Bäumen nicht mehr. Das kann selbst einem Julian Reichelt passieren.
Auf ihrer Titelseite verkündete die “Bild”-Zeitung am 1. August empört:
Der dazugehörige Artikel beklagt unter anderem, ebenfalls sehr empört, dass von Januar bis Ende Juni 2017 weniger Menschen abgeschoben wurden als im Vorjahreszeitraum. Man kann das auch unaufgeregter aufschreiben. Hier soll es aber nicht um “Bild” gehen, sondern um eine typische Reaktion auf diese Art der Berichterstattung aus einer noch schlimmeren Ecke.
“Compact”-Chefredakteur Jürgen Elsässer griff die “Bild”-Schlagzeile auf und nutzte sie zur Eigenwerbung. Sein Magazin hätte all das schon im Frühjahr geschrieben. Wie er und sein Team bereits im Mai die genauen Abschiebezahlen bis Ende Juni kennen konnten, verrät Elsässer nicht. Das ist aber auch gar nicht die Frage:
Die Frage ist: Warum schreibt jetzt auch Bild endlich die Wahrheit, nachdem das Blatt bis vor kurzem den Offene-Grenzen-Wahnsinn mitgemacht hat?
Die Antwort kennt Elsässer auch schon:
Bild steht das Wasser bis zum Hals, Auflage nur noch 1,6 Millionen. Sie wollen ihren lausigen Ruf als Lügenpresse korrigieren…
Wobei er auch eine zweite Antwortmöglichkeit gelten lässt: Dass “Bild” auf Befehl von US-Präsident Donald Trump Angela Merkel im Wahlkampf schaden wolle.
Beschäftigen wir uns aber besser mit der etwas weniger kruden, ersten These. Die Behauptung, dass die veröffentlichte Meinung, insbesondere eine flüchtlingsfreundliche Berichterstattung, der Grund für die Auflagenverluste sei, wird von unterschiedlichen rechten Alternativmedien gerne verbreitet. Bei “Compact” etwa klingt das so:
Oberlehrerhafte Leserbevormundung hat eben seinen Preis. Wie bei allen Etablierten, befindet sich die Auflage des ehemaligen Hamburger Nachrichtenmagazins [“Der Spiegel”] im Sturzflug. […] Gegen den Strom wächst COMPACT in der Zwischenzeit immer mehr.
Vielleicht sollten die deutschen Blätter mal versuchen, Informationen statt Propaganda zu publizieren — vielleicht steigt dann die Auflage wieder.
“Compact” hat auch Peter Bartels, der um 1990 kurzzeitig “Bild”-Chefredakteur war, als Kolumnisten und Kronzeugen engagiert. Er ist der Autor einer als “Enthüllungsbuch” betitelten Krawallschrift gegen “Bild”. Die Zeitung ist ihm nämlich nicht mehr krawallig genug. Für “Compact” recycelt Bartels diese Meinung regelmäßig unter Hinweis auf die gefallene Auflage des Boulevardblatts. Und auch über die Auflagen anderer Tageszeitungen schreibt er, zum Beispiel in seiner Dezember-Kolumne:
Wohin man blickt im Blätterwald — Kahlschlag von der Alpen-Prawda SZ bis zur Antifa-Bibel Taz. Wer hoffte, Muttchen Merkels Schranzen würden nach der Dritten Quartals-Klatsche in Folge endlich begreifen, dass es nicht das Internet ist, das ihnen die Leser abspenstig macht, sondern ausschließlich ihre ignorante Sprach- und Denktyrannei, hoffte vergeblich.
“Compact” äußert die These zum Auflagenschrumpfen zwar besonders laut, ist aber keinesfalls ihr einziger Verfechter.
Bei der “Achse des Guten” erklärt Wolfgang Röhl einen möglichen Stellenabbau bei der “Hamburger Morgenpost” Ende 2016: Die Zeitung habe “besondere Maßstäbe in Sachen Leserfeindlichkeit gesetzt”, nämlich Linksextreme verharmlost und Polizeieinsätze kritisiert. Die angebliche Folge: “Die Auflage der einstmals stolzen SPD-Postille sinkt wie Blei im Hafenbecken.”
Auch der russische Staatssender “RT Deutsch” macht den stetigen Auflagenschwund deutscher Zeitungen immer mal wieder zum Thema, zuletzt etwa im Januar unter der Schlagzeile “Mainstream in Not: Erneut massiver Auflagenschwund bei den Etablierten”. An der Digitalisierung könne das nicht liegen, heißt es dort in Einklang mit “Compact”, schließlich setzten “Der Freitag” und “Junge Freiheit” zuletzt mehr Exemplare ihrer Wochenzeitungen ab.
Die “Junge Freiheit” selbst stellt ihre Auflagengewinne regelmäßig weitgehend unkommentiert den Verlusten der großen Medien entgegen. Einige Leser verstehen das als Wink mit dem Zaunpfahl und interpretieren die Zahlen in den Kommentaren:
Die IndoktrinationsPresse bricht ein! Die FaktenPresse gewinnt.
Oder:
Es erkennen offensichtlich immer mehr Bürger, dass sie von den Systemmedien über Jahrzehnte belogen und betrogen worden sind.
Eine weitere Seite aus der rechten Ecke, die sich um eine feinere Ausdrucksweise als das Hau-Drauf-Blatt “Compact” bemüht, macht bei der Auflagen-Erzählung ebenfalls mit. Roland Tichy schreibt auf seiner Website “Tichys Einblick”, die er selbst ein “liberal-konservatives Meinungsmagazin” nennt, Anfang Juli:
In der Flüchtlingskrise genannten Migrationskrise zerbracht der Nasenring, an dem die Bevölkerung in die Irre geführt wurde. Zu weit klafften Realität und mediale Wirklichkeit auseinander. Das böse Wort von der “Lügenpresse” entstand, der Auflagenschwund nimmt seither immer dramatischere Formen an.
Der Tenor ist, trotz unterschiedlicher Wortwahl, von Elsässer bis Tichy gleich: Die sinkenden Auflagenzahlen seien Folge von falscher Berichterstattung und Lügen. Die Medien schrieben am Leser vorbei. Abokündigungen seien folglich die Strafe für eine zu linke Haltung. Die Leser würden sich nun den rechten Medien zuwenden, da diese vermeintlich die Wahrheit schreiben.
Mal abgesehen davon, dass sich die Wahrheit nicht per Volks- oder Aboabstimmungen ermitteln lässt: Stimmt die These von der durch ideologische Dissonanz bedingten Auflagenkrise überhaupt?
Die wahren Fragmente, aus der sie geschmiedet ist: Die Auflagen der großen gedruckten Tageszeitungen sinken tatsächlich stetig, nicht zuletzt die von “Bild”. Neue Medien am rechten Rand wurde in den vergangenen Jahren mehr Aufmerksamkeit zuteil. Und in den Kommentaren zu Onlineartikeln proklamieren regelmäßig angeblich jahrelange Abonnenten ihre Kündigung.
Doch gibt es zwischen diesen Beobachtungen auch einen Zusammenhang? Was sagen die Zahlen?
Zunächst misst die “Informationsgemeinschaft zur Feststellung der Verbreitung von Werbeträgern” (“IVW”) lediglich die Auflagenzahl ihrer Mitglieder — die Gründe für eine Änderung der Verkaufszahlen erforscht sie nicht. Allein aufgrund der “IVW”-Zahlen lässt sich nicht argumentieren, dass explizit die Berichterstattung zur Flüchtlingsbewegung ab 2015 zum Auflagenrückgang geführt hätte.
Die verkaufte Auflage aller Tageszeitungen zusammengerechnet hat sich seit 1995 beinahe halbiert:
(Draufklicken für größere Version.)
Vor dieser Zeit kann man die “IVW”-Zahlen nur bedingt vergleichen, da die Anmeldung von Zeitungen aus der ehemaligen DDR für einen großen Zuwachs der statistischen Auflage sorgte. Wie zu sehen ist, sinkt die Gesamtauflage deutscher Tageszeitungen bereits 20 Jahre vor 2015 ziemlich stetig. So auch etwa zwischen 2005 und 2010, einer Zeit mit sehr niedrigen Asylantragszahlen. Der Schwund nimmt auch nicht “immer dramatischere Formen” an, wie Roland Tichy meint, sondern ist recht konstant. Von dem Einbruch der Auflagen sind zudem beinahe alle Zeitungen, ungeachtet ihrer politischen Ausrichtungen, betroffen.
Und was hat es mit dem Erfolg neuer rechter Medien auf sich? Die “Junge Freiheit” etwa hat ihre wöchentliche Auflage seit 2008 auf rund 30.000 Exemplare verdoppelt. Anders als bei den Tageszeitungen ist der Auflagenverlust der Wochenzeitungen insgesamt weniger stark. “Die Zeit” etwa konnte ihre Printauflage bei ungefähr 500.000 Stück halten. Bis die “Junge Freiheit” der “Zeit” als führende Wochenzeitung den Rang abläuft, dürfte es noch eine Weile dauern:
(Draufklicken für größere Version.)
“Tichys Einblick” gibt es seit Oktober 2016 auch als gedrucktes Monatsmagazin. Im ersten Quartal 2017 brachte dieses es auf 13.978 Exemplare im Einzelverkauf und Abo, im zweiten Quartal auf 10.414. Da man für einen fairen Vergleich letztlich die gleichen Quartale aus einem anderen Jahr bräuchte, lässt sich hier noch keine Tendenz ablesen. Wirklich hoch sind die Verkaufszahlen allerdings nicht. Sollte Roland Tichys Behauptung stimmen, die Auflage sei an die Wahrheit des Inhalts gebunden, stünde es um sein eigenes Printprodukt nicht besonders gut.
Und “Compact”? Elsässers Magazin hat überhaupt keine “IVW”-Auflage. Die “IVW” zeichnet nämlich nur die Titel aus, die bei ihr Mitglied sind. Sie tut dies auch, damit Anzeigenkunden besser abschätzen können, ob ihr Geld gut investiert ist.
Niemand muss sein Magazin oder seine Zeitung bei der “IVW” anmelden. Dann gibt es allerdings auch niemanden, der unabhängig überprüft, ob die genannten Auflagenzahlen der Wahrheit entsprechen. “Compact” behauptet, eine gedruckte Auflage von etwa 80.000 Exemplaren zu haben, von der die Hälfte auch verkauft werde. Ob das grundsätzlich stimmt, wie viele der Magazine zum vollen Preis verkauft wurden oder — wie kürzlich geschehen — als “Pegida”-Aktionsabo verschenkt wurden: von außen ist das nicht zu beurteilen.
Wären da noch “RT Deutsch” und die “Achse des Guten”. Die haben ebenfalls keine “IVW”-Auflage, sie liefern schließlich kein Printprodukt. Das gilt natürlich ebenso für diverse Blogs, die sich der “Lügenpresse”-Schelte gerne anschließen.
Die Printauflage ist eben doch nicht alles — was die “Lügenpresse”-Rufer nicht daran hindert, ausschließlich mit dieser Zahl zu argumentieren. Verweisen die Verlage bei der Erklärung für ihren Auflagenverlust auf die Online-Konkurrenz, tun “Compact” und all die anderen das gerne als Gejammer ab. Das Argument passt nicht zu ihrer Erzählung, an der Printkrise sei alleine die inhaltliche Ausrichtung Schuld.
Im digitalen Bereich ergibt sich ein völlig anderes Bild. Dort wuchs beispielsweise Bild.de laut “IVW”-Messung von etwa 47,9 Millionen Visits im Juli 2007 auf 354,7 Millionen Visits zehn Jahre danach. Die “Junge Freiheit” lag bei dieser Kennzahl im Juli dieses Jahres bei rund 2,2 Millionen, “Tichys Einblick” bei 1,7 Millionen.
Visits sind einzelne Besuche innerhalb einer bestimmten Zeitspanne (bei der “IVW” 30 Minuten). Wer also mehrmals im Monat eine Seite aufruft, wird auch mehrmals gezählt. Mit Abonnentenzahlen oder einzelnen Lesern ist diese Größe daher nicht gleichzusetzen.
Eine andere wichtige Ziffer sind die Unique User, die einzelnen Nutzer, die jeweils mindestens einmal im Monat ein digitales Angebot besuchen. Bild.de hatte im Juli laut “Arbeitsgemeinschaft Online Forschung” (“AGOF”) 21,87 Millionen Unique User, die einzige gemessene Website der Ankläger, “Tichys Einblick”, 410.000.
Mit einem Blick auf die Online-Zahlen lässt sich nicht argumentieren, dass es den großen Medienmarken generell an Aufmerksamkeit mangele. Genauso sind die Publikationen vom rechten Rand zahlenmäßig noch lange keine große Konkurrenz für sie.
“Compact”, die “Achse des Guten” und “RT Deutsch” tauchen übrigens weder in der “IVW”-Ausweisung für digitale Medien noch bei den “AGOF”-Zahlen auf. Auch hier wird nur gezählt, wer sich anmeldet.
“Compact” behauptete in einer Broschüre aus dem Jahr 2014, “5.000 User vertrauen tagtäglich der unabhängige [sic] Berichterstattung” der Redaktion. Diese Zahl lässt sich nicht überprüfen. Genauso wenig kann man die Gedanken der angeblichen User lesen, um zu verifizieren, ob sie “Compact” tatsächlich “vertrauen” oder nur aus Versehen auf der Seite gelandet sind.
Die These, den etablierten Medien laufe das Publikum davon, weil es deren vermeintliche Lügen durchschaue, ist anhand von Auflagenzahlen und Reichweitenmessungen nicht belegbar. Sie ist eine PR-Behauptung der neuen rechten Medien, sicher auch an die eigene Leserschaft gerichtet, damit diese sich auf der Gewinnerseite wähnen darf. Wer diesen Parolen trotz widersprüchlicher Faktenlage glaubt, folgt Scheinriesen. Obwohl sie selbst so gerne mit den Zahlen argumentieren, nehmen die meisten dieser Blogs, Websites und Magazine nicht an den unabhängigen Erhebungen teil. Gerade denen, die häufig über die angebliche Unaufrichtigkeit der “Systempresse” poltern, mangelt es hier an Transparenz.
1. Türkei-Korrespondent müsste man jetzt sein… (welt.de, Deniz Yücel)
Der Türkei-Korrespondent der “Welt” Deniz Yücel befindet sich seit März 2017 in Einzelhaft. Seinen Anwälten hat er diktiert, was man so alles zum Thema Türkei schreiben müsste. Und das ist eine ziemliche Menge… Yücels Schlusssätze: “Als Journalist könnte ich mir in diesen Tagen keine interessantere und als Bürger dieses Landes keine sinnvollere Aufgabe vorstellen als diese. Ich sag’s ja: Türkei-Korrespondent müsste man jetzt sein. Journalismus ist schließlich kein Verbrechen.”
2. Der Anti-Troll (spiegel.de, Carline Mohr)
Carline Mohr stellt den Kommentierer “ekkwolf” vor. Dahinter steckt der 74-jährige Wolf Ekkehard Melzer, ein Überzeugungstäter, der den “Lügenpresse”-Rufern widersprechen will und ein “Anti-Troll”. Er kommentiere unter den Artikeln klassischer Medien wie “Sueddeutsche.de”, “spiegel.de”, “nzz.ch”, “Zeit.de” und auf sogenannten alternativen Nachrichtenseiten, wie “Tichys Einblick”, “Sputnik” oder “Epoch Times”. In den letzten zweieinhalb Jahren über 6.000 mal. Wer ist dieser Mensch und was treibt ihn an?
3. Der rechte, rechte Platz ist frei: „Spiegel“ löscht heimlich Skandalbuch aus Bestsellerliste (uebermedien.de, Mats Schönauer)
Ein Mitarbeiter des “Spiegel” hievt als Mitglied einer Jury ein rechtslastiges Buch trickreich auf eine Bestenliste. Die Sache fliegt auf, der Juror tritt zurück, das umstrittene Buch wird jedoch zum Bestseller. Nun wurde es im Stil einer heimlichen Löschaktion kommentarlos von der Bestsellerliste gestrichen. Mats Schönauer kommentiert den Vorgang, den er “beachtlich” nennt: “Hätte der „Spiegel“ das Buch wenigstens transparent entfernt, wäre ihm Kritik aus der rechten Ecke gewiss gewesen, doch zumindest hätte er sich in vielen anderen Ecken Glaubwürdigkeit bewahrt. So aber untergräbt er diese nicht nur selbst, sondern gießt auch weiteres Öl ins „Lügenpresse“-Feuer — und verschafft dem Buch einmal mehr Aufmerksamkeit.”
4. Korruption im Journalismus? (message-online.com, Volker Lilienthal)
“Message”, die “Internationale Zeitschrift für Journalismus” veröffentlicht eine Rede von Journalismus-Professor Volker Lilienthal über Korruption im Journalismus. Die Rede wurde zwar bereits zu Beginn des Jahres gehalten, hat ihre Aktualität jedoch nicht eingebüßt. Lilienthal versucht sich zunächst an einer Anamnese und stellt Ergebnisse einer Journalistenbefragung vor. Zum Schluss seines Vortrags schlägt er einen Katalog mit konkreten Maßnahmen zur Korruptionsprophylaxe vor.
5. Sag die Wahrheit (sueddeutsche.de, Kathrin Hollmer)
Faktenchecken sei im Wahljahr ein Modethema, schreibt Kathrin Hollmer in ihrer Einleitung und kommt gleich auf die jüngste Faktenchecker-Plattform zu sprechen. Die heißt “Stimmtdas” und überprüft mit einem Team von 15 Mitarbeitern Aussagen von Politikern. Die Seite wolle den Betreibern zufolge über die Bundestagswahl hinaus langfristig arbeiten. Bisher prüfte “Stimmtdas.org” sieben Aussagen von Angela Merkel, Cem Özdemir, Katrin Göring-Eckardt, Frauke Petry, Gregor Gysi und zwei von Alice Weidel. Zwei bis drei Statements sollen in Zukunft pro Woche folgen.
6. Instagramming für Faule (zeit.de, Eike Kühl)
Sie wollen der Held der Landschaftsfotografie auf Instagram werden? Dann sollten sie sich anschauen, was zwei Google-Forscher gemacht haben. Statt aufwändig an entfernte Orte der Erde zu reisen und dort auf den richtigen Moment zum Drücken des Auslösers zu warten, haben sie Bilder aus Googles Street View ihren Algorithmen zum Fraß vorgeworfen. Die Ergebnisse seien so gut geworden, dass selbst professionelle Fotografen keinen Unterschied festgestellt hätten.
1. AfD, Broder und Tichy verleumden Margot Käßmann als Rassistin (uebermedien.de, Boris Rosenkranz)
Boris Rosenkranz nennt es eine “heilige Hetzjagd”, was die AfD in den letzten Tagen mit der Theologin Margot Käßmann veranstaltet hat. Mit einem vermeintlichen Zitat wollte man ihr Rassismus andichten, doch das gegen sie verwendete Zitat war aus dem Zusammenhang gerissen und sinnentstellend verkürzt. Die Verleumdungsbotschaft wurde bereitwillig unterstützt von rechten Blogs und Foren und Personen wie Henryk M. Broder (“Die Welt”) oder Roland Tichy (“Tichys Einblick”), aber auch Leuten wie der ehemaligen CDU-Politikerin Erika Steinbach und der Berliner AfD-Vorsitzenden Beatrix von Storch. Boris Rosenkranz hat sich Inhalte und Form der Käßmann-Kampagne näher angeschaut und analysiert. Mittlerweile hat sich auch der Faktenfinder der “Tagesschau” mit dem Vorgang beschäftigt und auch auf der neuen Plattform “Fearless Democracy” gibt es eine Aufarbeitung des Falls mit einer Visualisierung des Twitterverhaltens: Wie sowas läuft: Ein Blick in Margot Käßmanns Shitstorm
2. E-Privacy-Verordnung: Verlage wollen Leser beim Tracking entmündigen (netzpolitik.org, Markus Reuter )
In einem offenen Brief an das Europäische Parlament haben sich einige europäische Verlage (darunter aus deutscher Sicht die “FAZ”, die “Zeit”, “Gruner + Jahr” und die “SZ”) gegen die neue ePrivacy-Verordnung der EU gewandt. Stein des Anstoßes ist eine Passage, die es Nutzern erlaubt, das Werbetracking auf Webseiten zu unterbinden. Darin sehen die Verlage eine Gefährdung ihrer Einnahmequellen. Markus Reuter ordnet das Ganze aus netzpolitischer Sicht ein. Beim Thema Datenschutz würden sich die Verlage einmal mehr als Gegner der Rechte von Bürgerinnen und Bürgern zeigen.
3. Breitbart stürzt ab (deutschlandfunknova.de, Diane Hielscher & Martina Schulte)
Donald Trump hat seinen Wahlsieg auch dem rechten Medienportal “Breitbart” zu verdanken, das unablässig für ihn trommelte und seine Gegner niederschrieb. Nach seiner Inauguration ernannte Trump den damaligen Chefredakteur Steve Bannon zu seinem zukünftigen Berater und Chefstrategen. Man hätte meinen können, dass “Breitbart” nun zum neuen Mediengigant der Trump-Ära wird, doch das Gegenteil ist der Fall: Die Reichweite der Seite ist dramatisch gesunken. Martina Schulte ist dem Phänomen nachgegangen.
4. Tagesschau-Chefredakteur wartet vergeblich auf Trolle (faz.net, Frank Lübberding)
“ARD-aktuell”-Chef Kai Gniffke hat Hasskommentatoren zu sich in den Videochat eingeladen, doch es kam keiner. Kein Wunder, findet Frank Lübberding: “Es gehört zu den kulturellen Codes einer funktionierenden Gesellschaft, nicht jedem alles ins Gesicht zu sagen. Nicht jede Wahrheit (oder auch Lüge) auszusprechen, erleichtert das menschliche Zusammenleben. Das Lästern hinter dem Rücken der Betroffenen hat das noch nie verhindert. Diese Erfahrung wird man sicherlich auch in den diversen ARD-Redaktionen schon gemacht haben. Trotzdem wirkte Gniffke regelrecht enttäuscht, warum keiner der Hasskommentatoren dieses Gesprächsangebot namens „Sag’s mir ins Gesicht“ angenommen hatte. Er wurde weder beleidigt, noch hat ihm ein Zuschauer seinen Hass auf die ARD erklärt.” Nachtrag: Mittlerweile hat sich auch Anja Reschke im Life-Chat ihren Kritikern gestellt. Auf “tagesschau.de” gibt es ein Interview mit Reschke: “Ich bin keine ARD-Marionette”.
5. Donald Trumps (fast) unsichtbarer Kopfhörer (uebermedien.de, Stefan Niggemeier)
Hat Donald Trump tatsächlich nicht zugehört, als der italienische Ministerpräsident Paolo Gentiloni über Afrika sprach? Trump trug schließlich keine direkt sichtbaren Kopfhörer für die Simultanübersetzung wie viele der Anwesenden. Viele Medien nahmen dies als Anscheinsbeweis, doch so einfach ist die Sache nicht wie Stefan Niggemeier auf “Übermedien” ausführt.
6. Klarstellung in Sachen “Die Hölle erwartet euch” (facebook.com, Mathias Richel)
Vielleicht haben Sie das Bild gesehen, das die letzten Tage viral ging: Ein Mann hält eine Art selbstgebasteltes Transparent hoch, auf dem er einer wirr zusammengesetzten Zielgruppe (“Säufer, Lügner, Partytiere, Drogen-Freaks, Ehebrecher, Porno-Freaks, Selbstbefriediger, Huren, Diebe, Zauberer, Lästerer, Heuchler, Homosexuelle, Habsüchtige, Götzendienen, Feministen, Falsche Christen, Atheisten”) zuruft: “Die Hölle erwartet euch”.
Das Bild wurde oft fälschlicherweise dem Kirchentag in Berlin zugeordnet, ist jedoch beim DFB-Pokalfinale entstanden, wie Mathias Richel anmerkt, der das Foto direkt vor dem Stadion geschossen hat. “Mir ist vollkommen klar, dass dieser erklärende Beitrag hier fast niemanden von denen erreichen wird, die jetzt mit dem Bild beweisen wollen, dass die Christen auf dem Kirchentag nicht alle Tassen im Schrank haben. Aber ich will wenigstens alles dafür getan haben, damit dieses Bild zunächst einmal genau das nur für diesen Mann belegt und nicht andere fälschlicherweise mit dem verrührt werden.”