Archiv für 6 vor 9

Dieter Wedels “Kostenfaktor”, Björn “Bernd” Höcke, “Astro TV”

1. SR öffnet zwecks Aufklärung seine Archive
(deutschlandfunk.de, Bettina Köster)
Der Regisseur Dieter Wedel soll in den 80er-Jahren mehrere Schauspielerinnen sexuell bedrängt haben, die an Produktionen des “Saarländischen Rundfunks” beteiligt waren. Laut dem jetzigen “SR”-Intendanten Thomas Kleist gebe es Indizien dafür, dass dies auch der damaligen Intendanz bekannt war. Als eine Schauspielerin bei einer Produktion offensichtlich schwer verletzt ausgeschieden sei und ausgetauscht werden musste, sei die Angelegenheit der Revision aufgefallen. Und zwar wegen der damit verbundenen, erhöhten Kosten … “Also es war, so makaber es sich anhört, es war eigentlich ein Kostenfaktor offensichtlich zunächst, und welche Konsequenzen man daraus gezogen hat, ich weiß es nicht.” 
Nun soll eine Task Force der Sache nachgehen.
Weitere Lesetipps: Peter Weissenburgs Kommentar in der “taz” “Bisschen spät geschaltet” und Heribert Prantl, der bei Süddeutsche.de erklärt, warum die Unschuldsvermutung nicht heiße, dass die Opfer schweigen müssen. 
Über den sprachlichen Umgang mit dem Fall siehe auch “‘Bild’ macht aus mutmaßlichen Opfern ‘vermeintliche Opfer'” bei uns im BILDblog und auf “Übermedien”: “Es sind keine ‘Sex-Vorwürfe'” vom “6 vor 9”-Kurator.

2. Die Führung der Nachrichtenagentur SDA gerät unter öffentlichen Beschuss
(aargauerzeitung.ch, Dennis Bühler )
Die nationale Nachrichtenagentur der Schweiz, die vor mehr als 100 Jahren gegründete „Schweizerische Depeschenagentur“ (sda), wird gerade wirtschaftlich restrukturiert. Was sich zunächst harmlos anhört, hat Folgen für die Beschäftigten: Das Management will 35 bis 40 der insgesamt 180 Stellen streichen. Dagegen regt sich Widerstand und es kam erstmals zum Streik. Mittlerweile würden auch die Parteien die „SDA“-Führung kritisieren.
Weitere Lesetipps: Markus Häfliger und Philipp Loser erklären, warum der Stellenabbau die journalistische Grundversorgung der Schweiz in Gefahr bringt, und Hansi Voigts Kommentar “Der Überfall auf die eigene Tochter” in “WOZ — Die Wochenzeitung”.

3. Jetzt nennt auch der Bundestag Höcke offiziell “Bernd”
(vice.com)
Für ein paar kurze Momente wurde der Running Gag über Björn „Bernd“ Höcke hochoffiziell: Der Deutsche Bundestag hat über eine Anfrage der AfD informiert und dort ursprünglich “Bernd” statt “Björn” geschrieben. Der Bundestag ist damit nicht allein, wie „Vice“ erklärt. Schon ganz andere, der Satire unverdächtige Medien hätten sich bei der Namensangabe des AfDlers vertan.

4. Wahrnehmungsstörungen – Kritik an Kritik
(herlandnews.com, Katja Bohnet)
Die Schriftstellerin Katja Bohnet hat sich ihre Wut über die ungleiche Wahrnehmung und Behandlung von Kriminalromanen von der Seele geschrieben. Krimis von Männern hätten es ungleich leichter bei Verlagen, Kritikern und Medien. Sie hat daher einen Tipp für ihre Geschlechtsgenossinnen: „Schlagen Sie öfter mal verbal über die Stränge, posaunen Sie irgendetwas hinaus und tun Sie hinterher so, als sei es Ihnen total egal. So wie Preise. So wie Kritiken. Die lesen Sie ohnehin nicht, weil Sie nur Ihr eigenes Ding durchziehen. Tun sie all das, aber tun Sie es besser unter einem männlichen Pseudonym.“

5. Wie effektiv ist öffentliche Fahndung?
(faktenfinder.tagesschau.de, Patrick Gensing)
Die Polizei Hamburg ist mit sich und ihrer G20-Öffentlichkeitsfahndung sehr zufrieden: Die Trefferquote liege bei fast 20 Prozent, das sei mehr als üblich. Auf welchen Zahlen basiert diese Einschätzung konkret? Der „Faktenfinder“ hat nachgefragt und eine Antwort erhalten, in der von „eigenen Erfahrungswerten“ die Rede war. Patrick Gensing hat verschiedene Stellen zur Effektivität von Öffentlichkeitsfahndungen befragt, darunter den Kriminologen Christian Pfeiffer. Der hält die Vorgehensweise der Hamburger Polizei für einen „Trick“.

6. Irreführung: Astro TV hat Ärger mit den Medienhütern
(dwdl.de, Alexander Krei)
Die „Kommission für Zulassung und Aufsicht der Landesmedienanstalten“ (ZAK) hat Praktiken des Fernsehsenders “Astro TV” beanstandet. “Es könnte jeden Augenblick hier klingeln” hätte es beispielsweise in einer Call-In-Sendung gelautet, doch bis zum Ende der Sendung sei kein einziger Anrufer durchgestellt worden. Dies sei ein Verstoß gegen die offizielle Gewinnspielsatzung, die verhindern soll, dass Zuschauer zum Anrufen animiert werden, obwohl keinerlei Gewinnchance besteht. “Astro TV” dürfte von den Beanstandungen nicht überrascht gewesen sein. Schließlich beschäftigt man dort genügend Wahrsager, Hellseher und Propheten.

Drogen-Doku, Facebook-Klage, Fake-News-Spezialist Franziskus

1. Drogen-Doku: Mit Kamera und Polizei zum Dreh
(ndr.de, Aimen Abdulaziz-Said)
Eine „Sat-1“-Reporterin hat sich undercover in ein illegales Psycholyse-Seminar geschlichen, bei dem es um Heilung durch den Konsum harter Drogen ging. Vorher hat sie jedoch der Polizei einen Besuch abgestattet und von ihren Recherchen und ihrem Vorhaben berichtet. Man einigte sich auf eine Zusammenarbeit zum beiderseitigem Vorteil: Im Gegenzug für die spektakulären Aufnahmen von der Razzia hätte die Reporterin versprochen, der Polizei das Drehmaterial zur Verfügung zu stellen. Die Ermittler hätten im Gegenzug Diskretion bis zur Ausstrahlung des Films zugesichert. Die Medienrechtlerin Dorothee Bölke kritisiert den Deal: “Wenn das Schule macht, was wir in diesem Beitrag gesehen haben, diese Form der Zusammenarbeit, verliert Presse Glaubwürdigkeit“.

2. “Facebook weiß, wer wie lange welchen Porno anschaut”
(sueddeutsche.de, Simon Hurtz)
Seit sieben Jahren klagt der Österreicher Max Schrems gegen Facebook. Schrems wirft dem Unternehmen mangelhaften Datenschutz vor und fügte dem Social-Media-Riesen 2015 bereits eine empfindliche Niederlage bei. Jetzt treffen sich David und Goliath erneut vor dem höchsten EU-Gericht. Im Interview erklärt Schrems, worum es in dem Verfahren geht und warum er auch nach sieben Jahren nicht müde wird, Facebook zu verklagen.
Weiterer Lesetipp: “Besser mit dem Bösen rechnen” (spiegel.de, Patrick Beuth).

3. Mut, Hass, Zusammenbrüche: Was bleibt nach fünf Jahren #aufschrei?
(broadly.vice.com, Yasmina Banaszczuk)
Vor fünf Jahren starteten Anne Wizorek, Jasna Strick und Nicole von Horst einen Hashtag, der wesentlichen Einfluss auf die Feminismus-Debatte hatte: #aufschrei. Yasmina Banaszczuk hat die drei Frauen zum Interview getroffen. Im Gespräch ging es unter anderem darüber, inwieweit die Aktion das Leben der Initiatorinnen veränderte und was sie womöglich heute anders machen würden.

4. Don’t be stupid: Die Twitter-Leitlinien der Deutschen Presse-Agentur
(kress.de, Froben Homburger)
Froben Homburger, Nachrichtenchef der „Deutschen Presse-Agentur“ hat im internen Blog “dpa think“ Leitlinien zur Twitter-Benutzung von „dpa“-Mitarbeitern aufgestellt. Darin geht es auch um etwaige Auswirkungen auf das Erscheinungsbild des Unternehmens: „Natürlich sollt Ihr Euren Arbeitgeber nicht verheimlichen, aber: Wer sich in seinem Profil mit dem Kürzel schmückt, muss ganz besonders berücksichtigen, dass jeder Tweet direkt mit dpa in Verbindung gebracht werden kann. Und da spielt es auch keine Rolle, ob Ihr Eurem Account das “Bin hier privat unterwegs”-Schild umhängt oder nicht. Im Gegenteil: Der “Privat”-Disclaimer gaukelt im Zweifel eine in Wahrheit trügerische Sicherheit vor und verführt zum twitternden Leichtsinn. Wenn Ihr Euch nicht hinter Fake-Accounts versteckt, ist Privatheit im digitalen Leben immer nur relativ.“

5. Leiden Frauen oder Männer?
(faz.net, Patrick Bernau)
Am Samstag schrieb die „FAZ“ nach einem Interview mit dem Oxford-Ökonomen Carl Benedikt Frey: „Computer kosten vor allem Männer ihre Stellen“. Zwei Tage später schrieb der „Spiegel“: „Digitalisierung gefährdet vor allem Jobs von Frauen“. Wie konnte es zu diesen gegensätzlichen Überschriften kommen? „FAZ“-Redakteur Patrick Bernau erklärt den Fall und versucht die Aussagen miteinander zu versöhnen.

6. »Die Wahrheit wird euch befreien« (Joh 8,32). Fake News und Journalismus für den Frieden
(press.vatican.va, Papst Franziskus)
Papst Franziskus hat sich in einer offiziellen Nachricht zum Thema „Fake News“ geäußert, die es zu bekämpfen gelte. Als ersten Fake-News-Verbreiter sieht er die biblische Schlange an, die mittels Desinformation den ersten Sündenfall ausgelöst habe. Ein Narrativ, das man wohl zu den „alternativen Fakten“ zählen kann, aber vielleicht wollte der Stellvertreter Gottes ja auch nur Gleiches mit Gleichem bekämpfen.

Compactgepfändet, Baby-Hitler, Graslutscher vs. Veganerfresser

1. Richard Gutjahr pfändet Compact-online.de
(golem.de)
Der Journalist Richard Gutjahr hat wegen ausstehender Kosten für eine einstweilige Verfügung die „gegnerische“ Domain Compact-online.de pfänden lassen. Hintergrund: Das umstrittene Online-Magazin hatte im vergangenen Jahr wahrheitswidrig behauptet, dass Gutjahr von dem Anschlag in Nizza und dem Amoklauf in München vorab gewusst habe. (Zum Hintergrund: In “Unter Beschuss” berichtet Gutjahr über seine Erfahrungen als Ziel- und Hassobjekt von Verschwörungstheoretikern und Hasskommentierern)
Nachtrag: Wie Gutjahrs Anwalt mitteilt, habe der Verlag gestern nachmittag “sehr eilig” bezahlt.

2. Wie der Deutschlandfunk 6 Absätze mit 6 fragwürdigen Falschbehauptungen veröffentlichte
(graslutscher.de, Jan Hegenberg)
Der sich zur veganen Szene zählende „Graslutscher“ ist ein Fan des „Deutschlandfunks“ und hat sich deshalb besonders über einen Beitrag des „Veganerfressers“ („FAZ“) Udo Pollmer geärgert, den „Deutschlandfunk Kultur“ am 19.01.2018 veröffentlichte. Der Text sei eine Aneinanderreihung von Fehlern und Falschbehauptungen, ein „in allen Belangen mangelhafter, geradezu unterirdischer Beitrag, in dem ein Autor offenbar seinen persönlichen Feldzug gegen Veganerinnen auslebt, dessen Ausführungen in der Redaktion vor Veröffentlichung zudem offenbar nicht im Ansatz geprüft werden, obwohl dort eigentlich bekannt sein müsste, wie manipulativ dieser das Thema in eigenen Publikationen behandelt.

3. Drei mal Medienkritik – drei verschiedene Reaktionen
(ennolenze.de)
Enno Lenze ist laut Eigenbeschreibung ehrenamtlicher Kriegsberichterstatter, Fotograf, Weltenbummler und politischer Aktivist. In diesen Funktionen kommt er viel in der Welt herum, auch in Krisenregionen, in die sich sonst nur wenige wagen. Was er dort erlebt, kann schon mal von dem abweichen, was hier in den Medien berichtet wird. In seinem Blog beschreibt Lenze anhand von drei Beispielen, wie Medien reagieren, wenn er sie auf Fehler hinweist.

4. Facebook will mit 10.000 neuen Mitarbeitern gegen Hetze vorgehen
(zeit.de)
Facebook-Chefin Sheryl Sandberg hat neue Maßnahmen gegen Online-Hass angekündigt: Bis zum Jahresende wolle man die Zahl der damit befassten Mitarbeiter verdoppeln. Von 10.000 Neueinstellungen ist die Rede. Außerdem wolle man den Nutzern mehr Kontrollmöglichkeiten geben und endlich dort Steuern zahlen, wo sie lokal anfallen. Facebook gehe auf Bedenken ein: “Wichtiger als alles andere ist: Wir wollen das Richtige tun“. Nun denn, warten wir es ab…

5. “Baby-Hitler töten!”: “Titanic” nach Kurz-Satire im Visier der Justiz
(derstandard.at, Oliver Mark)
Die „Titanic“ hat ein Bild des österreichischen Bundeskanzlers Sebastian Kurz verbreitet, versehen mit einem Fadenkreuz und der Aufschrift „Baby-Hitler töten!“. Das rief in Österreich das Landesamt für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung auf den Plan. Der Vorgang landete bei der Staatsanwaltschaft Wien, die wiederum die Kollegen in Berlin um Übernahme der Strafverfolgung ersucht hat. Nach Aussagen von Fachanwälten brauchen sich die Titanicler jedoch keine Sorgen machen. Die Fotomontage müsse im “satirischen Kontext” bewertet werden. Titanic-Chef Tim Wolff gibt sich eh unerschrocken: “Solange die linksgrün-versiffte Political-Correctness-Diktatur des Merkel-Regimes in Deutschland herrscht, haben wir vor frühreifen Baby-Hitlern keine Angst.”

6. Don Alphonso fotografiert jetzt für die FAZ Schwarze im Görlitzer Park. #Berlin
(facebook.com/uebermedien)
Der „FAZ“-Autor „Don Alphonso“, der in der „Welt“ jüngst als „Galionsfigur der Provokationsindustrie“ bezeichnet wurde, fotografiert in Berlin Schwarze und veröffentlicht die Bilder auf seinem “FAZ”-Twitter-Account. Weiterer Lesetipp: Maas fördert doch keine Terrorverharmlosung bei der „Zeit“ über die falschen Behauptungen des Don Alphonso, die von der “FAZ” öffentlich korrigiert werden mussten.

Geschürter Medienhass, No-Billag, Milchbubis und aufgeregte Mädchen

1. Aufstachelung zum Medienhass
(rbb24.de, Torsten Mandalka)
Am Samstag demonstrierten rund 1.000 Teilnehmer in Cottbus gegen Flüchtlinge. Dabei machte sich auch rechte Hetze gegen Journalisten breit. Für die anwesenden Reporter des „rbb“ eine bedrohliche Situation. Die Wortführer auf der Bühne (u.a. der stellvertretende AfD-Landesvorsitzende) stachelten die Menge auf, nannten einen Journalisten namentlich und erwähnten dessen Anwesenheit. Gleichzeitig gab man sich besorgt um die Sicherheit der Medienvertreter. Torsten Mandalka kommentiert: „Die Scheinheiligkeit ist das eine – die Aufstachelung zum Medienhass das andere. Journalisten – besonders die vom rbb – werden hier zum Freiwild gemacht für den militanten Arm der rechten Szene. Damit ist klar, was uns blühen soll, wenn diese Kräfte die Macht ergreifen: dasselbe wie den Flüchtlingen.“

2. Die 7 Gründe für ein NEIN zur No-Billag-Initiative
(infosperber.ch, Christian Müller)
In der Schweiz will eine Volksinitiative („No Billag“) die Radio- und Fernsehgebühren abschaffen. Die Betreiber der Initiative argumentieren unter anderem mit der Aussicht auf einen nach ihrer Ansicht faireren Wettbewerb und einer grösseren Medienvielfalt. Nur noch wenige Wochen und das Land stimmt darüber ab. Christian Müller erklärt in sieben Punkten, warum er die No-Billag-Initiative für einen „Angriff auf das Erfolgsmodell Schweiz“ hält.

3. „Krone“ verdoppelt Anteil der kriminellen Asylwerber
(kobuk.at, Katharina Grübl)
In einem Bericht der österreichischen „Krone“ wurde behauptet, dass beinahe jeder Zweite der kriminell gewordenen Ausländer ein Asylwerber sei. Die Zahl stamme aus dem aktuellen Sicherheitsbericht. „Kobuk“ erklärt, warum die Behauptung der „Krone“ Unsinn ist.

4. “Wir können abfeiern, was kommt”
(deutschlandfunk.de, Isabelle Klein, Audio, 7:48 Minuten)
Der „Deutschlandfunk“ hat sich mit Marcus von Jordan unterhalten, dem Gründer von „Piqd“. In der „Programmzeitung fürs Netz“ geben Experten Linktipps zu ihren Lieblingsartikeln. Das Netz sei nach wie vor “voll von erstklassigen Inhalten, die man umsonst konsumieren kann”, so “Piqd“-Chef von Jordan. Selbst produziere man keine Inhalte, sondern helfe dabei, den Überblick zu wahren: “Wir können abfeiern, was kommt.“ Außerdem bezieht er Stellung zu Facebooks Ansatz, künftig seine User über die Glaubwürdigkeit von Inhalten entscheiden zu lassen.

5. “Ein Polizist, der Gewalt anwendet, macht sich nicht automatisch strafbar”
(spiegel.de, Ansgar Siemens)
Der „Spiegel“ hat mit dem Hamburger Generalstaatsanwalt Jörg Fröhlich gesprochen, der die Ermittlungen zu den G20-Ausschreitungen leitet. Er äußert sich auch zum Fall der von der „Bild“ als „Krawall-Barbie“ stigmatisierten Minderjährigen. Man würde bei der Öffentlichkeitsfahndung darauf vertrauen, dass mit entsprechend hoher Verantwortung nur die Fahndung als solche betrieben werde, ohne einzelne Personen zusätzlich an den Pranger zu stellen. Darauf hätte man jedoch keinen Einfluss: „Wir können leider auch nicht verhindern, dass Redaktionen eigenständig Bilder ohne vorherigen Gerichtsbeschluss veröffentlichen. Sollte ein geordnetes Vorgehen nicht möglich sein, müssten wir künftig überlegen, Verfahren aus Gründen der Verhältnismäßigkeit ohne Fahndungsaufruf einzustellen. Damit wäre der Strafverfolgung ein Bärendienst erwiesen.“

6. Warum werden junge Politiker verniedlicht?
(deutschlandfunkkultur.de, Christoph Sterz & Max Oppel)
Der Juso-Bundesvorsitzender Kevin Kühnert (28) wird von manchen Medien wie ein kleiner Junge behandelt, die Juso-Vorsitzende Annika Klose (25) wird vom Chefredakteur der “Welt am Sonntag” auf Twitter als „aufgeregtes Mädchen“ bezeichnet. Warum dieser respektlose Umgang? Der Medienjournalist Christoph Sterz tippt zumindest bei Letzterem auf einen Fall von Ignoranz: “Es ist schon so, dass nicht mal verstanden wird, dass es da eine Herabwürdigung gibt.“

“Meinungspolizei” Facebook, Quotensterben, Modus Poschardt

1. NetzDG: Facebook will keine Meinungspolizei sein
(heise.de, Monika Ermert)
In München findet seit Samstag die von „Burda“ veranstaltete DLD-Konferenz statt („Europe’s hottest digital innovation conference“). Einer der bisherigen Sprecher ist Facebooks Vizechef Elliot Schrage, der gegen das Netzwerkdurchsetzungsgesetz wetterte. Es ging aber auch um die von Unternehmensschef Zuckerberg angekündigten neuen Maßnahmen zur Identifizierung von Fake News durch Auswertung von Nutzerreaktionen. Dazu auch: Nutzer sollen bewerten, welchen Medien sie vertrauen (“Zeit Online”)
Weiterer Lesetipp: NetzDG: Facebook sperrt Karikaturisten Schwarwel (Hartmut Gieselmann auf heise.de)

2. Gerhard Schröders Liebesfotos aus Seoul
(tagesspiegel.de, Ariane Bemmer)
Altkanzler Gerhard Schröder hat sich mit seiner koreanischen Freundin in der „Bunten“ großformatig und photoshopgeschönt ablichten lassen. Bei derartigen Inszenierungen sei die Grenze zwischen Offenheit und Exhibitionismus dünn und das Absturzrisiko hoch, wie Ariane Bemmer im „Tagesspiegel“ ausführt.

3. Der Tag, an dem die Quote starb
(sueddeutsche.de, Friedemann Fromm)
Der Regisseur und Drehbuchautor Friedemann Fromm kritisiert in einem Gastbeitrag in der „SZ“ das Quotendenken der Sender. Ein Verschwinden der Quote „würde dazu führen, dass man sich in den Produktionen und Redaktionen wieder ausschließlich mit dem Inhalt und seiner Umsetzung auseinandersetzen muss, ohne ihn im Vorfeld durch das Schlüsselloch der Quote zu schlagen. Dass man Gedankenleere nicht mehr mit “Aber es bringt Quote” tarnen kann. Dass Stoffe nicht schon im Vorfeld mit dem Spaten der Quote beerdigt werden. Wir müssten inhaltlich miteinander um den bestmöglichen Film ringen anstatt kommerziell um die beste Quote. Gute Quoten führen schnell zu einem bequemen “Weiter so”, schlechte Quoten zu einem fatalistischen “Das will das Publikum halt nicht sehen”.

4. Ulf Poschardt, der Dompteur
(taz.de, Uli Hannemann)
Dem “Welt”-Chefredakteur Ulf Poschardt geht es bei seinen umstrittenen Äußerungen über Weihnachtspredigten und Tempolimits nicht um die Sache, findet Uli Hannemann in der „taz“. Es sei vielmehr ein Feldversuch, das Zielpublikum zu triggern: „Ärgern sollen sie sich, Aufmerksamkeit sollen sie ihm schenken, zitieren sollen sie ihn, die Arschlöcher. Und all das wegen einem durchschaubaren und lächerlichen Nichts. Besonders die kleinen Kläffer von der taz dürften vorhersehbar ausrasten. Spinner, Radfahrer, Eisenbahnfreaks. Der kluge, schöne und schnelle Poschardt lacht verschmitzt. Er ist einfach der Größte.“

5. Audible: Hörbücher mit Journalismus?
(wdr.de, Daniel Bouhs, Audio, 4:23 Minuten)
Amazon-Tochter „Audible“ drängt mit Macht ins Podcast-Geschäft. Mit 22 Podcasts ist man unlängst gestartet. Jeden Monat sollen zwei neue dazu kommen, die dann jeweils wöchentlich erscheinen. Daniel Bouhs hat mit Paul Huizing gesprochen, der das Podcast-Geschäft von Audible Deutschland leitet. Zu Wort kommt außerdem „Radioeins“-Programmchef Robert Skuppin, dem mit Olli Schulz und Jan Böhmermann schon mal zwei prominente Podcaster von einem Streamingdienst abgeworben wurden.

6. Stillstand mit Quote
(siegstyle.de, Alf Frommer)
Alf Frommer erzählt davon, wie er vor einigen Jahren für eine kurze Zeit an der Konzeption von Fernsehsendungen mitgewirkt hat. Die Arbeit hätte im Wesentlichen daraus bestanden, erfolgreiche Sendungen aus anderen Ländern so umzuschreiben, dass keine Lizenz-Gebühren fällig wurden. Derart vorbelastet empfindet er bei den aktuellen Trash-Formaten eine besondere Tristesse: „Ich kann den Dschungel nicht mehr schauen. Nicht wegen Unterschichten-Fernsehen oder Ekel-Gründen. Es ist schlicht megalangweilig. Es passiert nichts, es entwickelt sich nichts und es unterhält mich auch nicht mehr. Vielleicht ist das Dschungelcamp das wirklich letzte Lagerfeuer der Nation – wenn nicht das dumme Blondinchen aus Trash-Format XY auch dieses bei der Nachtwache ausgehen lässt. Weil sie ihr Naildesign überarbeiten musste.“

Abzockverlag mit Fake-Magazinen, Auflagenschwund, Regenbogenpresse

1. So zockte eine Familie reihenweise Konzerne ab
(sueddeutsche.de, Leo Klimm & Alexander Mühlauer)
Von einer schier unglaublichen Geschichte berichtet die „Süddeutsche“: Eine französische Familie soll über viele Jahre namhafte Anzeigenkunden mit Fake-Magazinen geneppt haben. “Das Krankenhaus-Register”, “Technik-Revue der Verteidigungs-Ausrüster” oder “Das Nuklear-Magazin” hießen die Zeitschriften, denen man Auflagen von bis zu 48.500 andichtete. In Wahrheit druckte man jedoch nur einige wenige Exemplare, die für die Anzeigenkunden bestimmt waren. Die mehr oder weniger journalistischen Beiträge in den Magazinen seien “aus dem Internet kopiert” worden. Als Herausgeber der Zeitschriften fungierten Gewerkschaftler, die Beschäftigte französischer Ministerien, Behörden oder der französischen Bahn SNCF vertreten und die man mit ein paar tausend Euro im Jahr abspeiste. Der Fake-Verlag muss riesige Gewinne abgeworfen haben: Noch nach seiner vorübergehenden Festnahme sei es dem Clan-Chef gelungen, mehr als fünf Millionen Euro in ein Steuerparadies zu verschieben.

2. Selbst Nackte auf dem Cover retten IVW-Bilanz nicht mehr
(wuv.de, Petra Schwegler)
Petra Schwegler kommentiert die Print-Auflagenzahlen des letzten Quartals. Die Kurve gehe weiter nach unten. Bei einigen Titeln sogar dramatisch wie beim „Stern“, der ein Minus von 15 Prozent an verkaufter Auflage hinnehmen musste. Aber auch „Bild“, „Focus“ und „Spiegel“ zählen zu den Verlierern.

3. Wolfgang M. Schmitt im Gespräch (1)
(moviebreak.de)
Auf seinem YouTube-Kanal „Die Filmanalyse“ beleuchtet Wolfgang M. Schmitt aktuelle Großproduktionen und Kinoklassiker und bedient sich dabei der „ideologiekritischen Analyse“. Fast 15.000 Abonnenten schauen sich Woche für Woche an wie Schmitt beispielsweise Produktionen wie „Fack Ju Göthe 3“ zerlegt (den Schmitt übrigens für einen reaktionären und zynischen Film hält). Im auf vier Webseiten verteilten Interview spricht er von seiner Tätigkeit als Kritiker und seinem Verständnis von Filmen

4. Audio ist der Text der mobilen Generation
(zeitgeist.rp-online.de, Michael Bröcker)
Michael Bröcker, Chefredakteur der „Rheinischen Post“, berichtet über Audio als neuen Trend im Journalismus. Bei der Rheinischen Post setze man auf den Amazon-Assistenten „Alexa“ und demnächst Spotify. Außerdem habe man gleich vier Podcast-Formate pro Woche am Start. Das erfolgreichste Format sei der morgendliche Nachrichtenüberblick um sieben Uhr, mit dem man die Pendler erreiche.

5. Native Advertising – eine Mogelpackung
(de.ejo-online.eu, Georgia Ertz)
Gleich zwei Studien haben sich mit „Native Advertising“ beschäftigt, einer Werbeform, die sich als redaktioneller Inhalt tarnt. Die Ergebnisse sind ernüchternd: Trotz entsprechender Warnhinweise würden die meisten Mediennutzer Native Advertising nicht erkennen, wenn sie es sehen: „Beide Studien zeigen, dass Native Advertising somit ein Täuschungsmanöver bleibt, das vermutlich vor allem der Glaubwürdigkeit des Journalismus und der Medienunternehmen schadet.“

6. Elton trennt Barbara Schöneberger von ihrem Glück
(uebermedien.de, Mats Schönauer)
Haben Sie das Zeug zum Regenbogenredakteur? Finden Sie es heraus! Mats Schönauer vom „Topf voll Gold“ gibt Ihnen eine Nachricht, und Sie versuchen, eine angemessene Knallschlagzeile daraus zu basteln. Sie müssen sich jedoch anstrengen: Die Lügenbarone von der Regenbogenpresse haben Ihnen einiges an Berufserfahrung, Unverschämtheit und Skrupellosigkeit voraus.

YouTube-Geldpolitik, Leif-Nachruf, Le Pens Fälscherfront

1. Die Großen werden kontrolliert, die Kleinen aussortiert
(zeit.de, Eike Kühl)
YouTube ändert das Partner- und Vermarktungsprogramm. Zukünftig sind 1.000 Abonnenten und eine Wiedergabezeit von 4.000 Stunden innerhalb des vergangenen Jahres notwendig, um Werbepartner zu werden. Vor allem für die kleineren Kanäle und Neueinsteiger wird es damit schwieriger, auf YouTube Geld zu verdienen.

2. Sie nannten ihn „Professor“
(taz.de, Steffen Grimberg)
Der TV-Journalist Thomas Leif hat in seinem Leben vieles bewegt. Er war jahrzehntelang SWR-Chefreporter, moderierte Veranstaltungen und zählt zu den Mitgründern des „Netzwerk Recherche“. Ende Dezember ist er gestorben. Die „taz“ widmet ihm einen differenzierten und liebevollen Nachruf.

3. Konstruktiver Journalismus revisited
(medienblog.hypotheses.org, Uwe Krüger)
In einem Gastbeitrag fragt Journalist und Medienwissenschaftler Uwe Krüger („Mainstream. Warum wir den Medien misstrauen“), was vom Hype um den „konstruktiven Journalismus“ geblieben ist. Krüger bezweifelt, ob das Konzept eines kosmopolitischen Konstruktiven Journalismus im AfD-affinen „Lügenpresse“-Milieu ankomme: „Schon jetzt hält ja ein nicht unbeträchtlicher Teil der Deutschen den Tenor in den Medien für links-grün versifft, vaterlandsverräterisch und viel zu liberal-internationalistisch. Dieser Teil des Publikums dürfte nicht gerade scharf darauf sein, (noch mehr) fremdes Leid vermittelt zu bekommen – und dann auch noch zu erfahren, dass der eigene Wohlstand dafür mitverantwortlich ist.“

4. Ein Hochglanzmagazin für den guten Zweck
(deutschlandfunk.de, Carsten Schmiester, Audio, 3:34 Minuten)
Die schwedische Obdachlosenzeitschrift “Situation” wartet seit 20 Jahren mit einem bunten Mix aus Promigeschichten, Gesellschaftskritik und Filmrezensionen auf. Carsten Schmiester berichtet im „Deutschlandfunk“ über das ungewöhnliche Hochglanzmagazin, das monatlich etwa 33.000 Leser und Leserinnen findet.

5. „Für mich ist Syrien mehr als Krieg“
(message-online.com, Malte Werner)
Die syrische Journalistin Zaina Erhaim wurde 2015 von „Reporter ohne Grenzen“ als Journalistin des Jahres ausgezeichnet. Im Interview spricht sie über die gefährliche Ausbildung von Medienaktivisten, ihren Kampf für die Rechte von Frauen in Syrien und schlechte Erfahrungen mit ausländischen Kollegen: „Obwohl ich einen Abschluss in Journalismus vor einer europäischen Universität habe, behandeln mich viele Kollegen aus dem Ausland wie einen Gratis-Fixer. Ich werde ständig nach meinen Quellen gefragt oder soll sogar ganze Geschichten kostenlos zur Verfügung stellen.“

6. Front der Fälscher
(faz.de, Jörg Altwegg)
Aus Wut über ein Interview im öffentlich-rechtlichen Sender „France 2“ ließ Marine Le Pen laut „Buzzfeed“ Fake-Videos produzieren, in denen vermeintliche Mitarbeiter des Senders auftraten. Der plumpe Racheakt Le Pens kann Folgen haben: Die Verbreitung von Falschinformationen sei in Frankreich auch vor der Verabschiedung eines angekündigten Fake-News-Gesetzes strafbar.

No Yücel-Deals!, Trottel-Prankster, Historische Fake News

1. Deniz Yücel lehnt „schmutzige Deals“ für seine Freilassung ab
(faz.net)
Der weiterhin in der Türkei inhaftierte Journalist Deniz Yücel lehnt einen etwaigen Tauschhandel zwischen Berlin und Ankara für seine Freilassung ab. Er wolle seine Freiheit nicht „mit Panzergeschäften von Rheinmetall oder dem Treiben irgendwelcher anderen Waffenbrüder befleckt wissen“. Auch wolle er keinen etwaigen Austausch mit Anhängern der Gülen-Bewegung, nach denen die Türkei fahndet. Yücel wörtlich: „Für schmutzige Deals stehe ich nicht zur Verfügung!“

2. Kritik an der Besetzung der Jury des Deutschen Lokaljournalistenpreises der Konrad-Adenauer-Stiftung
(facebook.com, Pascal Hesse)
Der Journalist Pascal Hesse hat sich mit einem offenen Brief an den Vorstand der Konrad-Adenauer-Stiftung (KAS) und die Jury des „Deutschen Lokaljournalistenpreises“ gewandt. Hesse stört sich der Berufung des Chefredakteurs der „qualitätslosen Zombie-Zeitung Westfälische Rundschau“ in die Jury. Dies sei, so Hesse, „ein Faustschlag in die Gesichter aller Lokaljournalisten, die die Qualität im wichtigsten Ressort der Zeitung selbst unter schwierigsten Bedingungen und mit immer weniger Personal und immer geringeren Etats hochhalten.“

3. Wenig Verführungs- und Verblendungspotential
(deutschlandfunk.de, Arno Orzessek)
Unwort des Jahres des Jahres 2017 ist der Begriff „Alternative Fakten“ geworden. Eine Auszeichnung, die der Begriff nicht verdient hat, findet Arno Orzessek im „Deutschlandfunk“. Der Begriff habe einen entlarvenden Charakter, aber in der Realität zumindest in Deutschland wenig Schaden angerichtet. Anders als “Gutmensch” und “Volksverräter” besitze das Unwort “Alternative Fakten” wenig Verführungs- und Verblendungspotential.

4. ZDF-Anchorman Claus Kleber: „Wahrheit darf keine Emotion werden. Wir müssen sie retten!”
(t3n.de, Rafael Bujotzek)
„Rettet die Wahrheit“, heißt das jüngste Buch von ZDF-Anchorman Claus Kleber. Eine Rettung, die allen Seiten etwas abverlangt, wie Kleber im Interview ausführt: „Früher konnte man ein handgeschriebenes Papier oder ein an einen Baum genageltes Flugblatt gut von einem Leitartikel in der „Zeit“ unterscheiden. Heute gehört überhaupt nichts mehr dazu, Zehntausende und mehr zu erreichen mit irgendwas, das man sich überlegt hat. Und das sogar im Layout und in der Formulierung und im Videoteil professionell aussehen zu lassen. Umso mehr muss man auch von den Konsumenten Engagement fordern, sich mit der Sache ein bisschen vertiefter zu befassen.“

5. Asoziale Medien
(taz.de, Tilman Baumgärtel)
Tilman Baumgärtel kommentiert in der „taz“ die Sendepause des in Ungnade gefallenen YouTube-Pranksters Paul Logan: „Trottel wie Logan Paul kommen und gehen. Hoffentlich. Er wäre nicht der erste YouTuber, der sich durch einen dramatischen Fauxpas ins Nirwana katapultiert. Irgendwann rächt sich dann eben doch, dass solche Leute – im Grunde ein billigst produzierendes Medienprekariat – ohne Redaktion ungebremst vor sich hin wursteln. Aber die Maschinerie, die Trottel wie Logan Paul hervorbringt, wird weiter funktionieren.“

6. Die Konstantinsche Schenkung
(mdr.de, Video 5:06 Minuten)
In der Reihe „Historische Fake News“ geht es diesmal um die „Mutter aller Medienlügen“: Die Konstantische Schenkung. Im Zentrum dieser historischen Lüge steht eine im 9. Jahrhundert gefälschte Urkunde, die angeblich in den Jahren 315/317 vom römischen Kaiser Konstantin I. ausgestellt wurde. Eine Fälschung, die bis heute nachwirke. 
Weitere Folge der „Historischen Fake News“ in ähnlicher Aufmachung: „Bundespräsident Lübke baute Hitlers Konzentrationslager“

DSDS-Krankenausbeutung, Medien-Putinismus, Facebooks Crystal Meth

1. DSDS-Kandidat Diego sorgt für Diskussionen: „Ein psychisch kranker Mensch wird richtiggehend ausgestellt“
(meedia.de, Thomas Borgböhmer)
In der neuen Staffel von „Deutschland sucht den Superstar” (DSDS) sorgte ein Kandidat mit seltsamen Äußerungen für Irritationen. Er sei der Sohn von US-Rapper Tupac Shakur, von der Mafia entführt und nach Deutschland verschleppt worden. RTL verkauft den Bewerber als lustigen Paradiesvogel, verrät aber nicht, dass dieser sich seit zwei Jahren wegen einer Psychose in psychiatrischer Behandlung befindet. Aus medienethischer Sicht ein kritischer Fall wie die Professorin Marlis Prinzing findet: „Schon jetzt wird unübersehbar die Schaulust des Publikums bedient: ein psychisch kranker Mensch wird richtiggehend ausgestellt und zum Klatschobjekt, er wird benutzt, um medial breit durch diesen offenbar vorsätzlich erzeugten ‚Skandal‘ auf die Sendung aufmerksam zu machen.“

2. Ehre und Verantwortung
(wiwo.de, Miriam Meckel)
In einem Beitrag des „Zeitmagazins“ wurde über die Anschuldigungen von drei Frauen gegen den Regisseur Dieter Wedel berichtet, was in den Medien vereinzelt als „mediale Hinrichtung“ oder „Kampagne“ kritisiert wurde. Miriam Merkel findet in ihrer Kolumne, dass derartige Berichterstattung erlaubt sein muss: „Menschen mit Macht haben eine besondere Verantwortung als Vorbild und Führungskraft. Diese moralische Dimension verjährt nicht. Nicht bei mutmaßlich korrupten Politikern, nicht bei Unternehmern als mutmaßlichen Steuerhinterziehern und nicht bei Kulturschaffenden als mutmaßlichen Vergewaltigern. In solchen Fällen gibt es immer zwei Antworten auf die Frage der Ehre: die der potenziellen Täter und die der potenziellen Opfer.“

3. Medientrends 2018: Personalisierte Angebote, zahlende Nutzer
(de.ejo-online.eu)
Was sind die Medientrends 2018? Nic Newman vom Reuters Institute hat knapp 200 internationale Medienmacher befragt. Sprachaktivierte Assistenten und Podcasts wurden häufig genannt. Außerdem wollen Medienmacher auf einen Mix von Einnahmequellen setzen. Sorgen würden vor allem die Tech-Giganten wie Google, Facebook, Apple und Amazon machen. Werbung würde in Zukunft an Bedeutung verlieren, was den Druck erhöhen würde.

4. “Putinismus funktioniert durch Furcht”
(zeit.de, Steffen Dobbert)
Welchen Einfluss hat die russische Regierung auf das Internet und die Medien und wie funktioniert Zensur heute in Russland? Der Geheimdienstexperte Andrej Soldatow spricht im Interview mit der “Zeit” über Fake News, Folter und Propaganda des Kreml.
Weiterer Lesetipp: Mit diesen Tricks haben Kreml-Freunde die AfD vor der Wahl im Netz gepusht (“Motherboard”, Karolin Schwarz)

5. Facebook versorgt den Stammtisch mit Crystal Meth
(sueddeutsche.de, Andrian Kreye)
Facebook will uns zukünftig weniger Medieninhalte und mehr Texte, Fotos, Videos und Links einblenden, die von Freunden und Familie stammen. Bevorzugt solche, die Reaktionen auslösen. Adrian Kreye kritisiert den Vorstoß des Netzwerks: „Zuckerbergs Plan, Facebook zu emotionalisieren, wirkt deswegen, als würde er einem aufgebrachten Stammtisch einen Beutel Crystal Meth hinstellen und den Erzürnten viel Vergnügen damit wünschen. Die werden in der Nacht sicher länger bleiben. Allerdings werden sie sich wahrscheinlich auch an die Gurgel gehen. Das geschieht im Internet zwar nur virtuell. Der Effekt auf ganze Gesellschaften ist jedoch durchaus ernst zu nehmen.“

6. Die Geschichte des ersten viralen Videos
(netzpolitik.org, Markus Reuter)
Das erste virale Video stammt aus dem Jahr 1997: Ein Mann schlägt in seiner Großraumbüro-Wabe mit der Tastatur seines Rechners wutentbrannt auf den Monitor ein. „Wired“ ist der Geschichte des Videos nachgegangen, das seinerzeit für Werbezwecke aufgenommen und auf Promo-CDs verteilt wurde: In der seinerzeit „hohen Auflösung“ von 352×240.

Republikstart, Barbara-Zensur, Nebelkerzen mit Agenda

1. Der Vater der Republik
(tagesanzeiger.ch, Michèle Binswanger)
Nach einer rund einjährigen Vorbereitung ging die mit über drei Millionen Franken crowdgefundete “Republik” am Sonntag online. Im “Tagesanzeiger” gibt es dazu passend ein lesenswertes Porträt über Medienmacher und “Republik”-Mitgründer Constantin Seibt. Lesenswert wie übrigens auch der (frei zugängliche) “Republik”-Artikel über “Zuckerbergs Monster”.

2. Nebelkerzen mit Agenda
(spiegel.de, Georg Diez)
Georg Diez vergleicht im “Spiegel” das Wirken von Frank Schirrmacher mit dessen “FAZ”-Nachfolger Jürgen Kaube. Wo Schirrmacher ein dauerndes “Seht-Her” in die Welt gerufen habe, sei Kaubes Maxime ein einziges Abwinken: “Man könnte fast denken, dass hier jemand das eigene Phlegma als Grund nimmt, auf eine politische Sicht auf die Gegenwart oder die Gegenwart ganz generell zu verzichten — wenn hinter dem, was Kaube immer wieder als seinen Antiideologismus präsentiert, nicht doch ein ideologisches Motiv erkennbar wäre: Das Raunen war schon immer der Grundton der Rechten, und Nebel ist das Gegenteil von Aufklärung.”

3. Aufwärts ist noch nicht oben
(taz.de, Anne Fromm)
In den vergangenen Wochen wurden bei der der “Süddeutschen Zeitung” mehrere Redaktionsstellen mit Frauen besetzt. Was gut ist, denn beim Thema Frauenförderung gibt es Nachholbedarf: Nur bei rund einem Fünftel der im Impressum aufgelisteten Ressortleitungs- und journalistischen Chefposten finde man derzeit Namen von Frauen. Schlechter ginge es dann nur noch bei der “FAZ”. Das solle sich jetzt ändern, aber in München glauben nicht alle an einen echten Veränderungswillen des Verlagshauses.

4. Hi Leute, ich bin wieder zurück im Netz
(facebook.com, Barbara)
Die Zettel- und Streetartkünstlerin “Barbara” meldet sich nach einer Auszeit auf Facebook zurück. Doch die Freude ist getrübt, denn über Barbara schwebt das Damoklesschwert der Facebook-Lösch- und Kontrollinstanzen. Und die haben im Zweifel wenig Sinn für satirische Beiträge und löschen nicht nur Bilder, sondern machen den ganzen Account dicht. Satire könne unter den gegebenen Umständen nur noch höchst eingeschränkt geschehen: “Es beginnt schon mit der Zensur im Kopf. Ich muss mir jetzt gut überlegen, ob ich einen Beitrag poste oder nicht, denn die Gefahr, dass meine Seite komplett gelöscht wird, ist allgegenwärtig”, findet “Barbara”. “Ich habe ständig versucht dem Hass im Internet mit meinen Botschaften etwas entgegenzusetzen, habe dafür super viel positives Feedback bekommen, nicht zuletzt sogar den Grimme online Award. Dass ich jetzt von den Plattformen Facebook und Instagram dafür abgestraft werde, fühlt sich schrecklich und unwürdig an.”

5. Wie die AfD die Wut schürt
(faktenfinder.tagesschau.de, Patrick Gensing)
Hat sich die ARD tatsächlich “zunächst geweigert”, über den gewaltsamen Tod einer 15-Jährigen in Kandel zu berichten, wie ihr von der AfD auf Facebook vorgeworfen wurde? Natürlich nicht. Trotzdem hat sich die falsche Behauptung tausendfach im Netz verbreitet.

6. Ein Foto, zwei Stories
(detektor.fm)
Sind Kate Middleton und Meghan Markle beste Freundinnen oder schlimmste Feindinnnen? Während die Zeitschrift “das neue” vom “Geheimpakt der neuen Freundinnen” schreibt, betitelt “die aktuelle” den “Zicken-Zoff”. Regenbogenpresse-Spezialist (und BILDblogger) Moritz Tschermak würde weder für “das neue” noch für “die aktuelle” seine Hand ins Feuer legen: “Ich bin harmoniebedürftig und würde mich eher freuen, wenn die beiden Frauen neue Freundinnen sind. Aber ich wage es nicht, einer von beiden Zeitschriften zu glauben. So blöd bin ich nicht.”

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