Archiv für 6 vor 9

Urteil gegen Türkei, falsche Hartz-Rechnung in “FAZ”, Manipulation

1. Bit­terer Erfolg in Straßburg
(lto.de, Markus Sehl)
Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) hat die Türkei für die Inhaftierung der beiden Journalisten Sahin Alpay und Mehmet Altan verurteilt: Ihre Untersuchungshaft verstoße gegen das Recht auf Freiheit und das Recht auf freie Meinungsäußerung, so die Richter in Straßburg. Markus Sehl schreibt, dass das EGMR-Urteil, das lediglich die Untersuchungshaft betrifft, zumindest für Altan zu spät kommen könnte: Er wurde inzwischen zu einer lebenslangen Freiheitsstrafe verurteilt.

2. Bringt Hartz IV mehr Geld als Arbeit? FAZ verbreitet falsche Zahlen
(uebermedien.de, Stefan Niggemeier)
Die Überschrift in der “FAZ” war eindeutig: “Hartz IV lohnt sich oft mehr als Arbeit”. Mit Hilfe des Vereins “Bund der Steuerzahler” wollte die Redaktion zeigen, dass man in bestimmten Familienkonstellationen deutlich über Mindestlohn verdienen müsste, um netto ähnlich viel zur Verfügung zu haben wie Hartz-IV-Empfänger in derselben Familienkonstellation. Das Problem bei den Zahlen, die die “FAZ” nutzt: Der “Bund der Steuerzahler” hat einfach das Kindergeld aus der Rechnung gelassen, zu Ungunsten der vermeintlich üppigen Hartz-IV-Bezieher. Stefan Niggemeier schreibt: “Dass ausgerechnet der für ihre Wirtschaftskompetenz gerühmten FAZ ein solch gravierender Fehler unterläuft, ist peinlich. Aber er blieb nicht auf die FAZ begrenzt.”

3. Malta: Informantin von ermordeter Journalistin stellte sich
(orf.at)
Eine Informantin der ermordeten maltesischen Journalistin Daphne Caruana Galizia hat sich der Polizei in Griechenland gestellt. Die frühere Bankangestellte, die per Haftbefehl gesucht wurde, soll entscheidende Unterlagen geliefert haben für die Anschuldigung, dass die Ehefrau des maltesischen Regierungschefs Bestechungsgelder aus Aserbaidschan erhalten habe.

4. Zur Jagd freigegeben?
(journalist-magazin.de, Michael Kraske)
Wer als Reporter von Demonstrationen und Kundgebungen berichtet, bekommt oft zu spüren, wie medienfeindlich die Stimmung vor Ort ist. “Es wird beleidigt, bedroht und nach Kameras geschlagen. Gefahrenzonen sind längst nicht mehr nur Aufmärsche erkennbar extremistischer Organisationen”, schreibt Michael Kraske. Er hat ausführlich mit Journalisten und Polizisten gesprochen, um herauszufinden, welche Maßnahmen die Situation verbessern könnten.

5. Presserat: Lügenpresse-Rufer nehmen Polizei als “Kronzeugen” gegen Journalisten
(netzpolitik.org, Alexander Fanta)
Die deutsche Polizei hat sich in Sozialen Netzwerken eine beachtliche Reichweite aufgebaut. Wie sie diese nutzt, ist mitunter diskussionswürdig, beispielsweise wenn sie die Herkunft von Straftätern nennt. Alexander Fanta schreibt: “Mit immer stärkerem Selbstbewusstsein nutzt die Exekutive ihre amtliche Informationshoheit dazu, selbst ins Rampenlicht zu treten. Dabei zeigt die Exekutive wenig Rücksicht auf die ethische Frage, die durch ihr neues Sendungsbewusstsein aufgeworfen wird. Denn die Polizei entscheidet in der Auswahl der Straftaten, die sie an die Öffentlichkeit trägt, und auch in den Detailinformationen, die sie preisgibt, viel über die öffentliche Wahrnehmung der Fälle mit. Mit der Nennung von Herkunftsländern von Tatverdächtigen macht die Polizei Politik.”

6. Wir haben die Kontrolle über unser Gesicht und unsere Stimme verloren
(medienwoche.ch, Adrian Lobe)
Dass sich mit Photoshop Bilder manipulieren lassen, dürfte sich inzwischen rumgesprochen und Menschen beim Betrachten von Fotos vielleicht etwas misstrauischer gemacht haben. Adrian Lobe berichtet nun vom nächsten Schritt: dem Manipulieren von Video- und Audiomaterial. Er befürchtet weitreichende Folgen, sollte dadurch die “Integrität der Information” nachhaltig korrumpiert werden: “An der Integrität der Information hängt auch die Integrität einer funktionierenden Öffentlichkeit. Ist Journalismus unter den Bedingungen der totalen Manipulation überhaupt noch möglich?”

“Cambridge Analytica”, “RT”-Erfolg, Markworts “Stammtisch”-Aus

1. Cambridge Analytica: Mehrere Untersuchungen angekündigt, mögliche Billionenstrafe für Facebook
(heise.de, Martin Holland)
“Cambridge Analytica” steht mal wieder im medialen Fokus. Die Datenanalysefirma, die mit Microtargeting bei Facebook angeblich Donald Trump ins US-Präsidentenamt gebracht haben soll, könnte über viel mehr Informationen zu viel mehr Facebook-Profilen verfügen als bisher bekannt — die Rede ist von 50 Millionen Nutzerkonten. Während die Erhebung der Daten wohl legal war, soll die Weitergabe an und die Nutzung durch “Cambridge Analytica” illegal gewesen sein. All das kam nun raus, weil ein Whistleblower im “Guardian” und bei der “New York Times” ausgepackt hat. In seiner Geschichte spielen auch Trumps früherer Berater Steve Bannon und Russland eine wichtige Rolle. Jürgen Hermes hat sich auf Grundlage der aktuellen Entwicklungen noch einmal angeschaut, ob “Cambridge Analytica” wirklich zur individuell passgenauen Beeinflussung fähig ist, und ist skeptisch. Die Enthüllungen rund um das Datenunternehmen gehen unterdessen weiter: Der britische Sender “Channel 4” hat mit versteckter Kamera Vertreter von “Cambridge Analytica” gefilmt, die behaupten, sie könnten Politikern mit Hilfe von Bestechung und ukrainischen Sexarbeiterinnen Fallen stellen und so Einfluss auf Wahlen nehmen.

2. Putins Propagandasender verbucht Erfolg in Deutschland
(welt.de, Martin Niewendick)
Der russische Propaganda-Sender “RT Deutsch” komme “seinem Ziel näher, eine etablierte Größe in der deutschen Medienlandschaft zu werden”, schreibt Martin Niewendick. Das klappe auch, weil öffentlich-rechtliche Redaktionen den Chefredakteur des vom Kreml finanzierten Senders immer wieder in ihre Talkrunden einladen. Erst gerade habe Ivan Radionov bei “Phoenix” eine Verschwörungstheorie zur Vergiftung des Doppelagenten Sergej Skripal und dessen Tochter verbreiten können.

3. Mario Barth deckt auf: Stotterer-Witze nicht lustig
(ndr.de, Andrej Reisin)
Mario Barth hat in seiner RTL-Sendung “Mario Barth deckt auf” den Leiter der Berliner Justizvollzugsanstalt Plötzensee nachgeäfft, der bei einer Pressekonferenz zu einem Gefängnisausbruch nach Worten ringt: “Da kommt selbst der Gefängnisleiter ins Stottern”, so Barth vor seiner Prodie. Nur: Der Anstaltsleiter hat tatsächlich eine körperlich bedingte Sprachstörung — er stottert. RTL will nun um Entschuldigung bitten.

4. Die AfD-Politiker sind der rassistischen Gruppe „Unser Deutschland patriotisch & frei” aktiv beigetreten, sagt der Administrator
(buzzfeed.com, Karsten Schmehl)
23 Bundestagsabgeordnete der AfD sollen Mitglied in einer rassistischen Facebook-Gruppe gewesen sein, in der es auch Hakenkreuz-Verherrlichung gab und Mordfantasien gegen Angela Merkel geäußert wurden. Die AfD verteidigte sich in einer Stellungnahme: mindestens 20 Mitglieder der Fraktion seien “ohne Kenntnis und Einverständnis” zu “Unser Deutschland patriotisch & frei” hinzugefügt worden. Der Administrator der Gruppe sagt nun: ein automatischer Beitritt ohne aktive Zustimmung ist gar nicht möglich.

5. Die EU verweigert uns Presseakkreditierung, weil wir keine Medienorganisation seien
(netzpolitik.org, Markus Beckedahl)
Ein Redakteur von Netzpolitik.org hat eine Jahresakkreditierung bei der EU beantragt, diese aber nicht bekommen. Die Begründung: der EU-Kommission “Netzpolitik” sei keine Medienorganisation. Chefredakteur Markus Beckedahl und sein Team wollen sich “gegen diese Einschränkung der Pressefreiheit” wehren.

6. Helmut Markwort muss seinen BR-“Stammtisch” aufgeben
(dwdl.de, Alexander Krei)
Der ehemalige “Focus”-Chefredakteur Helmut Markwort will in die Politik: Bei der im Herbst stattfindenden Landtagswahl in Bayern steht er auf Listenplatz 32 der oberbayerischen FDP. Da laut einer Sprecherin des “Bayerischen Rundfunks” eine “Kandidatur für ein politisches Amt und die Moderation einer Sendung im BR” unvereinbar sei, muss Markwort die Moderation des “BR”-“Stammtischs” aufgeben.

Erstes Yücel-Interview, Scientology-TV, Unsinn über Taiwan

1. “Es liegt an dir, ob sie die Kontrolle über dich bekommen”
(welt.de, Doris Akrap & Daniel-Dylan Böhmer)
Nun ist es da: Das erste Interview mit “Welt”-Korrespondent Deniz Yücel, gemeinsam mit dessen Frau Dilek Mayatürk Yücel. Das lange Gespräch mit dem Journalisten, der über ein Jahr in der Türkei in Haft saß, haben Doris Akrap von der “taz” und Daniel-Dylan Böhmer von der “Welt” geführt. Auch das macht dieses Interview besonders: Akrap und Böhmer sind enge Freunde und Kollegen von Yücel und waren zwei der zentralen Personen bei den Bemühungen um dessen Freilassung.

2. “Bürgerliches Massaker”
(taz.de, Reinhard Wolff)
In Dänemark werden die Öffentlich-Rechtlichen künftig nicht mehr über eine Rundfunkgebühr, sondern steuerlich finanziert. Und, wohl mit noch größeren Auswirkungen: Das Budget von “Danmarks Radio”, dem öffentlich-rechtlichen Rundfunk und Fernsehen, soll um ein Fünftel sinken. Die Journalistengewerkschaft des Landes spricht von einem “‘Massaker am dänischen Public-Service.'” Ebenfalls zum Thema: Silke Bigalke bei Süddeutsch.de mit Ein Fünftel weniger Budget sowie Markus Ehrenberg bei Tagesspiegel.de mit Keine Rundfunkgebühr mehr in Dänemark.

3. Nichts als die Wahrheit
(sueddeutsche.de, Jürgen Schmieder)
In den USA hat die Sekte “Scientology” seit einer Woche einen eigenen TV-Kanal. Es handele sich dabei um einen Vertreter “einer neuen Sorte von Fernsehsendern: Agenda-Medien, von denen es nicht nur in den USA immer mehr gibt. Letztlich geht es um die Frage, die Pontius Pilatus im Johannes-Evangelium an Jesus richtet: “Was ist Wahrheit?”, so Jürgen Schmieder. Sein beunruhigendes Urteil: “Das Faszinierende ist, dass es funktionieren könnte.”

4. Unwissenheit oder alles egal? In deutschen News kommt Taiwan immer wieder unter die Räder
(intaiwan.de, Klaus Bardenhagen)
Klaus Bardenhagen ärgert sich über Agenturmeldungen von “AFP” und “Reuters” zum von Donald Trump unterzeichneten “Taiwan Travel Act”, die mehrere Redaktionen übernommen haben. Er beobachte drei Reflexe “vor allem bei Agenturen immer wieder, wenn es um Taiwan geht”: “Taiwans Demokratie wird ausgeblendet”, “Chinas Aggressionen werden gerechtfertigt” und “Der Fokus wird auf Trumps vermeintliche Unzurechnungsfähigkeit gelegt”.

5. Ein negatives Stück Fernsehgeschichte
(medienkorrespondenz.de, Carmen Molitor)
Wer erinnert sich noch an den Skandal um die Dokumentation “Auserwählt und ausgegrenzt — Der Hass auf Juden in Europa”? Genau: Im Juni vergangenen Jahres weigerten sich “Arte” und WDR, diesen Film über Antisemitismus zu zeigen, weil er den Ansprüchen nicht genüge, so die Begründung der Sender. Letztlich zeigten sie ihn dann doch, allerdings unter sehr besonderen Umständen, teils mit erläuternden Texttafeln und korrigierenden Anmerkungen. Carmen Molitor hat jetzt, wo “der Ärger verraucht ist und die Emotionen nicht mehr hochkochen”, die Aufregung um die Doku sowie die Krisenkommunikation der Beteiligten noch einmal analysiert.

6. Expert*in verzweifelt gesucht
(inkladde.blog, Nicola Wessinghage)
Dass neulich Manfred Spitzer wieder mal “seine kulturpessimistischen und unwissenschaftlichen Thesen” in einem Interview verbreiten durfte, dieses Mal im “Deutschlandfunk” zum Thema “digitales Klassenzimmer”, lässt Nicola Wessinghage fragen: “Was macht eine/n ‘Expert*in’ aus und wie findet man sie? Offensichtlich nicht so leicht, warum sonst begegnen uns in Medien so oft die immer gleichen und manchmal auch sehr fragwürdige?” Wessinghage plädiert dafür, “die Suche nach Interviewpartner*innen systematischer und professioneller anzugehen.”

Bolz-Account, Palandt-Tätergedenken, Bitte keine Unfallfotos

1. Social Media März
(pop-zeitschrift.de, Jörg Scheller & Wolfgang Ullrich)
Die Autoren Jörg Scheller und Wolfgang Ullrich haben sich den Twitter-Account des Medientheoretikers und Philosophen Norbert Bolz näher angeschaut. Und das auf interessante Weise: Das formal wie auch inhaltlich lesenswerte Gespräch könnte der Beginn eines neuen Genres von Twitter-Profil-Rezensionen sein. Im Kern gehe es bei Bolz um die Geschichte einer Radikalisierung. “In Bolz’ Tweets waltet der “Thymos”, also der von der Neuen Rechten beschworene “Zorn” und “Stolz”, in Beamtengestalt. Aus komfortabler Distanz, umhegt von Väterchen Staat, gut abgesichert durch ein unkündbares Beschäftigungsverhältnis, das Bolz all seinen Klagen über das Elend der Universitäten zum Trotz aufrechterhält.“

2. An Unglücksstellen besser nicht fotografieren
(lawblog.de, Udo Vetter)
Strafrechtler Udo Vetter macht in seinem Blog darauf aufmerksam, dass das Fotografieren von hilflosen Personen an Unglücksstellen geahndet werden kann. Möglich macht dies ein eigener Straftatbestand, nämlich § 201a Abs. 1 Ziff. 2 StGB. Wichtig: Bei Fotos von Unfallopfern spiele es keine Rolle, ob Rettungs- oder sonstige Einsatzkräfte behindert wurden.

3. “Die Konsumenten schauen genauer hin”
(deutschlandfunk.de, Bettina Köster)
Seit 1972 kann man sich mit Beschwerden über Werbung an den “Deutschen Werberat” wenden, eine von der Werbewirtschaft eingerichtete Institution. Im Jahr 2017 gingen dort 1389 Beschwerden ein, 135 davon rügte der Rat bei den Unternehmen. Einen Großteil dieser Beanstandungen macht sexistische Werbung aus. Der “Deutschlandfunk” hat sich deshalb mit Julia Busse vom “Werberat” über geschlechterdiskriminierende Werbung, Humor und Provokation unterhalten.

4. Hat Uwe Tellkamp recht – oder nicht?
(spiegel.de, Almut Cieschinger)
Almut Cieschinger von der “Spiegel”-Dokumentation hat drei von Uwe Tellkamps Dresdner Behauptungen zur Flüchtlingspolitik auf ihre Richtigkeit beziehungsweise Falschheit überprüft.

5. Beck to History
(verfassungsblog.de, Andreas Fischer-Lescano)
Juristen kennen ihn seit dem ersten Semester: den nach Otto Palandt benannten Kurzkommentar zum Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB). An dem Standardwerk geht im Recht kein Weg vorbei. Doch Namensgeber Otto Palandt hat eine unselige NS-Vergangenheit, auf die der Verlag zwar mittlerweile eingeht, diese aber nicht zum Anlass nimmt, das Werk umzubenennen. Andreas Fischer-Lescano, Professor für Öffentliches Recht, Europarecht und Völkerrecht an der Uni Bremen, kritisiert den Vorgang als eine Form von Tätergedenken im Namen „aufgeklärter Erinnerungskultur“: „Zu Zwecken aufgeklärter Erinnerungskultur in Adolf Eichmann-Zügen zu reisen, Rechtsprechung in Rudolf Freisler-Justizpalästen zu üben, die Bundeswehr in Generalfeldmarschall-Rommel-Kasernen zu stationieren oder über Rudolf Heß-Plätze zu flanieren, ist ein absurder Gedanke — an den sich der Verlag offenbar allein deshalb klammert, weil er den Markennamen seines Bestsellers konstant halten möchte.“

6. Über 1.000 Menschen drohten, ihn zu töten. Freunde wandten sich ab: “Ich würde es wieder tun”, sagt Sebastian Frankenberger.
(vice.com, Tim Geyer)
Wenn jemand weiß, wie es sich anfühlt, im Zentrum eines Shitstorms zu stehen, dann ist es Sebastian Frankenberger, der den Volksentscheid zum Nichtraucherschutz mit in Gang setzte. Acht Jahre sind seit der Abstimmung vergangen und immer noch trudeln bei ihm Hassbotschaften ein, darunter auch Morddrohungen. „Vice“ hat sich mit Frankenberger getroffen (natürlich in einer Raucherkneipe) und ihn gefragt, wie er mit all dem Hass umgeht.

Erlaubte Fragen, Ode an die Ignoranz, Stecker gezogen bei “Britain First”

1. Offene Fragen sind noch keine fal­schen Behaup­tungen
(lto.de)
“Günther Jauch – Sterbedrama um seinen besten Freund – Hätte er ihn damals retten können?” titelte die „Woche der Frau“. Der Fernsehmoderator setzte sich dagegen zunächst erfolgreich mit einer Gegendarstellung zur Wehr, unterlag nun aber vor dem Bundesverfassungsgericht. Die Argumentation des Gerichts, stark verkürzt: Es müsse erlaubt sein, Fragen zu stellen. Fragen, die offen für verschiedene Antworten seien, könnten keinen Gegendarstellungsanspruch auslösen.

2. Klartext: Ode an die Ignoranz
(heise.de, Clemens Gleich)
Clemens Gleich plädiert in seiner unterhaltsamen „Ode an die Ignoranz“ für mediale Abschottung und den Griff zum Ausschalter: „Unser Problem liegt längst nicht mehr darin, dass wir Wichtiges verpassen, im Gegenteil: Wir können das Unwichtige nicht lassen. (…) Bis wir die Technik und unsere angeborenen Verhaltensweisen wieder in eine brauchbare Balance gebracht haben, hilft uns nur die Axt der Abschottung.“

3. Facebook sperrt Britain First
(zeit.de)
Die Chefs der rechtsextremen und islamfeindlichen britischen Organisation „Britain First“ sitzen seit vergangener Woche wegen Hassverbrechen in Haft. Nun hat auch Facebook die Seite von „Britain First“ gesperrt. Sie hatte zuletzt zwei Millionen Likes.

4. Sprache: Es geht nicht um das „Mitgemeintsein“ von Frauen
(antjeschrupp.com)
Antje Schrupp fragt sich, warum sich unsere Kultur so vehement gegen eine Veränderung von Sprache wehrt, die Frauen sichtbar macht. „Während Frauen aufgrund des generischen Maskulinums von klein auf üben (müssen), zu unterscheiden, ob sie gemeint sind oder nicht, werden Männer daran gewöhnt, dass sie immer gemeint sind, dass es prinzipiell immer um sie geht, es sei denn, es ist ausdrücklich von Frauen die Rede.“

5. Eine Gesellschaft braucht Fiktion
(taz.de, Stefan Stuckmann)
Sollen öffentlich-rechtliche Sender auch Fiktion und Unterhaltung produzieren oder sich auf Information und Nachrichten beschränken? Drehbuchautor Stefan Stuckmann ist ein unbedingter Anhänger des Fiktionalen. Oftmals würden Serien Diskurse stärker prägen als nicht­fiktionale Stücke: „Serien wie „Girls“ oder „Sex and the City“ haben mehr getan für das sexuelle Selbstbewusstsein junger Frauen als jede Doku über Frauenrechte. In den USA war es kein Essay, kein Leitartikel, sondern das Musical „Hamilton“, dem die populäre Neudefinition des amerikanischen Gründungsmythos als Immigrantengeschichte gelang. Und die Serie „Black Mirror“ macht die Schattenseiten der Digitalisierung besser erfahrbar als jedes Erklärstück über russische Twitterbots.“

6. Die Drecksarbeit wird an Freiwillige outgesourct
(spiegel.de, Patrick Beuth)
YouTube will verschwörungstheoretischen Videos “Wikipedia”-Links beifügen, quasi als inhaltliches Gegengewicht. Patrick Beuth hält dies für „einen Versuch, die Drecksarbeit auszulagern. In diesem Fall an die freiwilligen Wikipedia-Autoren, die ganz sicher nicht darum gebeten haben, als unbezahltes Korrektiv für eine Plattform herzuhalten, die mit extremen Inhalten extrem viel Geld verdient.“

10.000-Euro-Lüge, Raus aus der Opferrolle, Kein Diskussionsbedarf

1. Vizekanzler Strache entschuldigt sich bei Armin Wolf für “Lügen”-Posting
(diepresse.com)
Österreichs Vizekanzler Heinz-Christian Strache hat jüngst eine Facebook-Bildertafel veröffentlicht, auf der er den ORF-Moderator Armin Wolf und den ORF selbst hart anging. (“Es gibt einen Ort, wo Lügen und Fake-News zu Nachrichten werden. Das sind der ORF und das Facebook-Profil von Armin Wolf.“) Nachdem Wolf juristische Schritte angekündigt hatte, kam es nun zu einer gütlichen Einigung: Strache entschuldigt sich bei Wolf, dieser zieht im Gegenzug seine Klage wegen Kreditschädigung, Ehrenbeleidigung und übler Nachrede zurück. Außerdem übernimmt Strache sämtliche Kosten des bisherigen Verfahrens und zahlt eine Entschädigung in Höhe von 10.000 Euro (die Armin Wolf dem Dokumentationsarchiv des österreichischen Widerstandes spendet).

2. Warum ich in Talk Shows nicht über Esoterik diskutiere
(scienceblogs.de/astrodicticum-simplex, Florian Freistetter)
Der Wissenschaftsjournalist und Sachbuchautor Florian Freistetter wird immer mal wieder in Talk Shows eingeladen, in denen es um Themen wie Astrologie, Homöopathie oder Esoterik geht. Die ihm zugedachte Rolle: die des aufklärenden Wissenschaftlers. Freistetter sagt bei ihm eingehende Talk-Anfragen ab, weil er prinzipiell etwas gegen derartige Sendungen hat: „Es gibt Themen, bei denen man problemlos eindeutige Aussagen treffen kann. Und wenn das so ist, dann sollten diese Themen auch so präsentiert werden. Dann sollte man nicht künstlich den Eindruck erzeugen, dass es hier noch Diskussionsbedarf gibt. Genau das tun aber solche Talk Shows und genau deswegen will ich kein Teil davon sein.“

3. Tellkamp-Debatte: Raus aus der Opferrolle!
(vorwaerts.de, Christian Wolff)
Der Schriftsteller Uwe Tellkamp sieht sich nach seinen Äußerungen zur Flüchtlingsthematik („Die meisten fliehen nicht vor Krieg und Verfolgung, sondern kommen her, um in die Sozialsysteme einzuwandern, über 95 Prozent.“) als Opfer einer angeblichen „Gesinnungsdiktatur“. Diesen Opfermythos gelt es zu entlarven, so Christian Wolff: (…) weder ein Thilo Sarrazin noch ein Uwe Tellkamp werden in Deutschland daran gehindert, ihre Ideen oder politischen Überzeugungen zu publizieren und öffentlich zur Diskussion zu stellen. Nur müssen sie damit rechnen, dass sie als Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens auch nach ihrer gesellschaftspolitischen Verantwortung gefragt und auch mit den Folgen ihrer Überzeugungen konfrontiert werden.“ 

Weiterer Lesetipp: Jemandem auf die Nase hauen und dann Aua rufen (spiegel.de, Georg Diez).

4. Den Schreihälsen den Spielplatz nehmen
(zeit.de, Eike Kühl)
„Reddit“ ist eine Webseite, auf der registrierte Benutzer Inhalte einstellen, die von anderen Nutzern als positiv oder negativ beurteilt werden. Diese Bewertungen entscheiden über das Ranking des Beitrags: ob er irgendwo im Nirwana oder gar auf der Startseite landet. Naturgemäß findet man bei „Reddit“ viel Seichtes, Unterhaltendes und Virales, aber auch Verschwörungstheorien, Hass und Propaganda. Eike Kühl berichtet auf “Zeit Online” von den Anstrengungen des Reddit-Chefs, die Plattform nicht den Hatern und Verschwörungstheoretikern zu überlassen. Es ist eine Mischung aus Abwägen, Kommunizieren und Gegentrollen.

5. “Killerspiele”: Wieso Politiker Videospiele immer wieder als Sündenbock verwenden
(derstandard.at, Sarah Elmer)
In Zusammenhang mit Schießereien oder Amokläufen wird immer wieder von einem angeblichen Einfluss durch Ballerspiele gesprochen. Der österreichische „Standard“ untersuchte dieses wiederkehrende Argument und sprach mit dem Historiker Eugen Pfister über das Massenmedium Computerspiele.

6. Verzeihung, Sie klauen da Daten!
(taz.de, Peter Weissenburger)
Der Verband Deutscher Zeitungsverleger kritisiert die Datenschutzpläne der EU und vergisst dabei selbst den Datenschutz. 

Weiterer Gucktipp: Der kurze Clip aus der Jahrespressekonferenz des “Verbands Deutscher Zeitschriftenverleger”, der das Kunststück fertig bringt, einen gleichzeitig zum Lachen und zum Weinen zu bringen: Deutsche Zeitschriften: Gibt auch Gegenbeispiele (uebermedien.de, Mats Schönauer & Boris Rosenkranz).

“Bild”s gekränkte Frauen, DAB+, Klaas Heufer-Umlauf geböhmibombt

1. Es geht nicht um verletzte Gefühle
(taz.de, Peter Weissenburger)
“Bild” schmeißt die selbstproduzierten Nacktbilder aus dem Blatt. Man habe das Gefühl gehabt, „dass viele Frauen diese Bilder als kränkend oder herabwürdigend empfinden, sowohl bei uns in der Redaktion, aber auch unter unseren Leserinnen“. Peter Weissenburger kritisiert dieser Art von Begründung: „Es ist natürlich prima, wenn sich Mitarbeiterinnen und Leserinnen melden und ihren Unmut über die „Miezen“ kundtun. Nicht so prima ist, dass die Bild all die Jahre gewartet hat, um dann so zu tun, als handelten sie auf Wunsch einiger „gekränkter“ Wesen.“
Weiterer Lesetipp: Wenn Redaktionen Frauen hassen: Von „Die Frauen sind selbst schuld“ zu angezogenen Bild-Girls (genderequalitymedia.org).

2. Mord an Ján Kuciak: Slowakische Behörden tragen vermutlich Mitschuld
(netzpolitik.org, Arne Semsrott)
Offenbar tragen slowakische Behörden eine Mitschuld am Mord des Journalisten Ján Kuciak und dessen Lebensgefährtin. Nach Angaben des Recherchenetzwerks “OCCRP”, sollen die Behörden Daten von Kuciak an diejenigen weitergegeben haben, über die Kuciak recherchierte.

3. Sag dem Radio leise Servus
(faz.net, Wolfgang Tunze)
Der digitale Hörfunk „DAB+“ kommt nach langer und zäher Entwicklung in Schwung: Immer mehr Geräte werden verkauft, während der Markt für UKW-Radios schrumpft. Wolfgang Tunze erklärt die Entwicklung der letzten Jahre, die Vorzüge der neuen Technik und warum sich Automobilhersteller lächerlich machen, wenn sie die digitale Hörfunktechnik als Sonderausstattung für mehrere hundert Euro verkaufen.

4. Nur Superhelden kennen keine Angst
(sueddeutsche.de, Luise Checchin)
Canan Coşkun (30) arbeitet seit sechs Jahren als Gerichtsreporterin der türkischen Zeitung “Cumhuriyet“. Im Gespräch mit der „SZ“ erzählt sie, wie sich ihr Alltag seit dem Putschversuch 2016 verändert hat und warum sie trotzdem weiter macht. Von Deutschland und der EU erwartet sie mehr Unterstützung: „Ich denke, gegen das Unrecht in der Türkei hilft es wenig, wenn man nur Floskeln abgibt, nach dem Motto “dies und das sollte getan werden”. Wer untätig zusieht, wie woanders Böses geschieht, macht sich an diesem Bösen mitschuldig.“
Weiterer Lesetipp: “Wir müssen davon ausgehen, dass wir unter Beobachtung sind” (deutschlandfunk.de, Karin Senz im Gespräch mit Henning Hübert).

5. „Fake News“ – die EU-Kommission fragt Experten
(blog.tagesschau.de, Kai Gniffke)
Die EU-Kommission hat 39 Experten zum Phänomen „Fake News“ befragt. Einer davon: „ARD“-Nachrichtenchef Kai Gniffke. In einem kurzen Blogbeitrag berichtet Gniffke von der zehnwöchigen Arbeit in der auch von Lobbyisten durchsetzten Expertengruppe.

6. “Late Night Berlin”-Premiere: Nanu, wer stört denn da?
(dwdl.de, Alexander Krei)
Klaas Heufer-Umlauf feierte am Montagabend die Premiere seiner ersten „Late Night Berlin“, doch in den Medien wird über Jan Böhmermann geredet — und das hat mit einer Werbeunterbrechung zu tun.

Methode Spitzer, Bauer Willis Frust, “taz”-Innovationslücken

1. Die Methode Spitzer
(spiegel.de, Christian Stöcker)
Bücher von Manfred Spitzer tragen gerne besorgniserregende, wenn nicht alarmistische Titel, ob “Cyberkrank!”, “Vorsicht Bildschirm!” oder, sein wohl bekanntestes Werk, “Digitale Demenz“. Nun sorgt Psychiater und Hirnforscher Spitzer mit „Einsamkeit“ und den angeblichen Einsamkeitsauslösern Internet und Digitales erneut für Diskussionen. „Spiegel“-Kolumnist Christian Stöcker kritisiert die „Methode Spitzer“, bei der oftmals selektiv zitiert werde und Korrelation mit Kausalzusammenhang verwechselt werden würde. „(…)es wäre doch schön, wenn wir die wirklich dringend notwendige Debatte über das, was die Digitalisierung mit uns macht, und das, was wir mit ihr anstellen, auf einer anderen, konstruktiveren Basis führen könnten als unter dem Mantra: “Selektiv ausgewählte und tendenziös interpretierte Studien zeigen, dass früher alles besser war.”

2. „Der Wahnsinn mit…
(bauerwilli.com, Alois Wohlfahrt)
Das ZDF hat eine Reportage produziert, die sich mit dem Export von Weizen nach Afrika befasst („Der Wahnsinn mit dem Weizen“) und hat dazu auch „Bauer Willi“ besucht. Der Landwirt hat sich für das Filmteam viel Zeit genommen, doch nun, da die Sendung ausgestrahlt wurde, sieht er sich getäuscht und als „nützlicher Idiot“ missbraucht: „Von den guten und offenen Gesprächen bei mir auf dem Hof war nichts übrig geblieben. Statt dessen wurden Zusammenhänge konstruiert, die ich schon vorher kommentiert hatte und die ich auch heute noch für falsch halte.“

3. Der grösste Internet-Hetzer der Schweiz wohnt in einer Villa in Riehen
(tageswoche.ch, Renato Beck & Gabriel Brönnimann)
Die Schweizer „TagesWoche“ hat versucht, mit dem „härtesten rechtsradikalen Troll“ Kontakt aufzunehmen. Als es endlich gelang, kniff er jedoch: „(…) der Mann, der seit Jahren ungestraft im Netz verleumdet, erniedrigt und hetzt, blockt ab, wenn man ihn auf sein Treiben anspricht. Der grösste Internethetzer der Schweiz ist kleinlaut, wenn man ihn konfrontiert. Er ist einer der härtesten Kerle, wenn er hinter seinem Bildschirm sitzt und Menschen öffentlich diffamiert. Zu seinem Tun stehen kann er nicht.“

4. Neue Welten
(sueddeutsche.de, Anna von Garmissen)
Die Zukunft von Regionalzeitungen in der digitalisierten Welt ist ungewiss. Viele Zeitungen kämpfen mit Auflagenrückgängen und schwindenden Werbeerlösen. Die “Ibbenbürener Volkszeitung” stemmt sich dem Trend mit einem neuen Verkaufsmodell entgegen: Die Leser können sich ihr Wunsch-Abo aus Themenwelten zusammenstellen. Wer alle beziehen will, erhält für vergleichsweise bescheidene 15 Euro den kompletten Zugang. Anna von Garmissen hat sich das Ibbenbührener Experiment näher angeschaut und mit den Ressortleitern und Ressortleiterinnen gesprochen, die dort Kapitäne genannt werden.

5. Die Lücke im Innovationsreport der taz
(medium.com, Lorenz Matzat)
Die „taz“ hat in einem lesenswerten und schonungslos offenen Report die eigenen Schwachstellen aufgedeckt. Dabei geht es u.a. um die inhaltliche Weichenstellung für die Zukunft, um gerechte Löhne für die Journalisten und verpasste Chancen bei der Digitalisierung. Datenjournalist Lorenz Matzat hat den Abschnitt über die Neugründung der „taz“ im Netz besonders aufmerksam gelesen und fragt: „Woher soll die Fähigkeit kommen, “Innovation” umzusetzen? Und ist das alles ohne intensiven Geldeinsatz, personellen Wechsel und grundlegenden Wandel möglich?“

6. “Tatort” ohne Ton: Keine Überraschungen an der Krimi-Front
(dwdl.de, Hans Hoff)
Hans Hoff hat das Experiment gewagt und sich den neuesten “Tatort” ohne Ton angeschaut. Die Überraschung: das wenig Überraschende.

Verdachtsberichterstattung, Lügen lohnen, Kampagnen-“Bild”?

1. Dürfen die das?
(deutschlandfunk.de, Philip Banse)
Am Beispiel des Falls Dieter Wedel beschäftigt sich Philip Banse im „Deutschlandfunk“ mit dem Thema Verdachtsberichterstattung. Wann dürfen Journalisten was berichten? Banse hat mehrere Experten dazu befragt.
Zusätzlicher Gucktipp: Georg Mascolo über Verdachtsberichterstattung (facebook.com, Video, 2:55 Minuten).

2. “Es geht wirklich um etwas”
(horizont.net, Ulrike Simon)
Als ehemalige SRG-Mitarbeiterin kennt die MDR-Programmchefin Nathalie Wappler-Hagen die Rundfunksysteme und Mentalitäten in der Schweiz und Deutschland. Im Gespräch mit Ulrike Simon vergleicht sie die Lage in den beiden Ländern: „Den Schweizern ist bewusst geworden, dass durch Sparmaßnahmen und Medienkonzentration einiges an Vielfalt verloren gegangen ist und dass das nicht zum gesellschaftlichen Klima beigetragen hat. In Deutschland geht es dagegen immer nur darum, was die Verleger wollen, was die KEF sagt oder wer auf welche Sendung verzichten könnte. Das überlagert die viel wichtigere Frage, wo öffentliche Meinungsbildung stattfindet und inwiefern Medien eher ein wirtschaftliches oder eben ein kulturelles Gut sind.“

3. S. Fischer vs. Project Gutenberg: Die Sperre des E-Book-Portals kennt nur Verlierer
(irights.info, Johannes Haupt)
Die Betreiber der amerikanischen Gemeinfrei-Bibliothek „Project Gutenberg“ wurden von einem deutschen Gericht dazu verpflichtet, 18 Romane von 18 auf Gutenberg.org verfügbare Romane von Heinrich Mann, Thomas Mann und Alfred Döblin aus ihrem Bestand zu entfernen. Statt die Bücher auszulisten, blockiert die Seite nun alle deutschen Nutzer. Dabei handele es sich um eine Vorsichtsmaßnahme; man habe allen Grund zur Annahme, der Verlag werde „mit Hilfe deutscher Gerichte“ weitere Titel beanstanden.
Bei dem Streit gibt es nur Verlierer, kommentiert Johannes Haupt: „Der S. Fischer Verlag hat einen sicherlich längerfristigen Reputationsschaden erlitten, ohne wirklich etwas gewonnen zu haben. Die Umsatzverluste durch die Gratis-Verfügbarkeit der 18 betroffenen Titel dürften nahe Null gelegen haben. Auf Gutenberg.org kommen juristische Kosten zu, die die sicherlich nicht allzu prall gefüllten Kassen weiter belasten und anderswo besser investiert wären.“

4. Lügen wird belohnt
(spiegel.de, Eva Wolfangel)
MIT-Forscher haben mehr als 4,5 Millionen Tweets der vergangenen zwölf Jahre ausgewertet. Ziel der Untersuchung: Herauszufinden, wie sich Falschmeldungen und Gerüchte über Twitter verbreiten. Der Erfolg von Falschmeldungen ist vor allem auf die Vorliebe der Menschen für Überraschendes und auf Belohnungsmechanismen zurückzuführen. Die sozialen Netzwerke sind im Zwiespalt: Einerseits schaden derartige Nachrichten ihrer Reputation, andererseits generieren sie geldwerte Klicks.

5. Verbotene Liebe
(sueddeutsche.de, Dunja Ramadan)
Eine große saudische Sendergruppe hat alle Seifenopern aus der Türkei aus ihrem Programm verbannt, obwohl diese eigentlich sehr beliebt sind. Offiziell soll es sich um den Versuch handeln, die türkischen Dramen durch arabische Produktionen von hoher Qualität zu ersetzen. Dunja Ramadan vermutet hinter dem Schritt allerdings politische Motive.

6. Kampagnenjournalismus bei BILD?
(daniel-bouhs.de)
Matthias Döpfner ist Vorstandsvorsitzender von Axel Springer SE und Präsident des Bundesverbandes Deutscher Zeitungsverleger. Und er sagt manchmal Dinge, bei denen man nicht weiß, ob man betrübt schluchzen oder lauthals loslachen soll.

Presserat-Bilanz, Crowd-Beschwerde, Skrupellose “Bild”

1. Ein Drittel aller Rügen wegen Schleichwerbung
(deutschlandfunk.de, Silke Ballweg, Audio, 5:00 Minuten)
Der Presserat hat seine Jahresbilanz vorgelegt: In den Beschwerden beim Kontrollorgan der deutschen Printmedien sei es im vergangenen Jahr besonders oft um Schleichwerbung gegangen. Aber auch die Herkunftnennung von Tätern und die Berichterstattung über den G20-Gipfel hätten zu vielen Beschwerden und Rügen geführt.

2. Der beste Rundfunkbeitrag aller Zeiten!
(kanzleikompa.de)
Die Bestimmung von Ex-Staatssekretär Eumann zum gutbezahlten Direktor der rheinland-pfälzischen Landesmedienanstalt verlief auf eine demokratisch recht zweifelhafte Art: Eigentlich als „Wahl“ deklariert, handelte es sich eher um eine Kungelei, bei der es nur einen einzigen Kandidaten gab. Medienrechtler Markus Kompa wollte sich damit nicht abfinden und bewarb sich in einer subversiven Protestaktion selbst um das Amt. Das Verwaltungsgericht ließ ihn abblitzen. Kompa sammelt nun per Crowdfundingaktion Geld, um beim Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz Beschwerde einlegen zu können.

3. «Die Zeit»: zweimal minus, einmal plus
(infosperber.ch, Christian Müller)
“Infosperber”-Autor Christian Müller ist genervt von Maxim Billers „Zeit“-Beiträgen: „Ja, natürlich, Maxim Biller darf schreiben, was er will. Er darf mir auch einen Brief schreiben, ich gebe ihm gerne meine postalische Adresse. Aber soll ich für ein Blatt – ich bin seit Jahrzehnten Abonnent der «Zeit» – noch Geld ausgeben, wenn diese Zeitung einen Brief an mich abdruckt, in dem ich persönlich «Heuchler» genannt und des «Provinzialismus» beschuldigt werde? Muss ich mich wirklich von der «Zeit» unter die Arschlöcher einreihen lassen?“

4. Faktencheck: Nein – Flüchtlinge überweisen nicht 4,2 Milliarden Euro deutscher Steuergelder in die Heimat
(correctiv.org, Caroline Schmüser)
Schickten Flüchtlinge 4,2 Milliarden Euro deutscher Steuergelder in ihre Herkunftsländer, wie von der Seite „Halle Leaks“ kolportiert? Caroline Schmüser ist der Sache für „Correctiv“ nachgegangen: Weder handelte es sich um deutsche Steuergelder, noch geht es dabei um Flüchtlinge.

5. „Lasst mehr Frauen unsere Filme machen!“
(deine-korrespondentin.de, Helen Hecker)
Frauen spielen im Filmbusiness immer noch eine untergeordnete Rolle: Bei den 100 erfolgreichsten Hollywood-Produktionen des letzten Jahres führten zu 92 Prozent Männer die Regie, die Drehbücher wurden zu neunzig Prozent von Männern verfasst. Die Zahlen in Deutschland sind ähnlich schlecht: Im Bereich Kamera kommen Frauen auf einen Anteil von 15 Prozent, beim Filmton auf gerade mal neun Prozent. Eine neue Initiative fordert mehr Gleichberechtigung im Filmgeschäft und eine 50-Prozent-Quote.

6. Ohne Skrupel: “Bild Plus” ködert mit Gewalt
(ndr.de, Sabine Schaper & Sophia Stritzel, Video, 4:16 Minuten)
Aus traurigem Anlass war BILDblogger Moritz Tschermak beim Medienmagazin “Zapp” virtuell zu Gast: Bild.de hatte ein Video verbreitet, in dem ein Mädchen nach einer Messerattacke um ihr Leben fleht, und das Video sogar als Abo-Köder verwendet.

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