Apple, Leserkommentare, VG Wort

6 vor 9

Um 6 Minuten vor 9 Uhr erscheinen hier montags bis freitags handverlesene Links zu lesenswerten Geschichten aus alten und neuen Medien. Tipps gerne bis 8 Uhr an [email protected].

1. “Beten und Steve Jobs danken”
(epd.de, Martin Meuthen)
Martin Meuthen kommentiert das Verhältnis zwischen den Zeitungsverlagen und Apple. “Renommierte Nachrichtenportale schalten Live-Ticker, Fernsehsender bringen Hintergrundberichte, wenn Apple-Guru Steve Jobs gewohnt unrasiert und in einem Aufzug, als käme er gerade aus dem Baumarkt, die neuesten der sogenannten Meilensteine vorstellt. Apple braucht dafür keine Werbung zu schalten, nicht einmal zu machen. Das erledigen die Medien schon von selbst. Kostenlos.”

2. “Test! Test! Test! Test! Test!”
(faz-community.faz.net/blogs/fernsehblog, Peer Schader)
“Aber, ach, machen wir’s kurz und lösen auf: ‘Der große deutsche IQ-Test by RTL 2’ bei RTL 2 war kein Versuch, jedenfalls kein absichtlicher. Sondern einfach – schrecklich langweiliges Fernsehen.”

3. “News Sites Rethink Anonymous Online Comments”
(nytimes.com, Richard Pérez-Peña, englisch)
News-Websites überdenken die Frage, ob sich Leser anonym auf ihren Plattformen äussern sollen dürfen.

4. Interview mit Markus Hofmann
(dirkvongehlen.de)
Markus Hofmann erzählt, wie sich die Lage geändert hat, seit auf badische-zeitung.de nur noch mit Klarnamen kommentiert werden kann. “Wir sind der Meinung, dass ein Klima, in dem gepöbelt wird, in dem man sich beleidigt, einfach nicht zu einer Tageszeitung und zu dem Online-Auftritt einer Tageszeitung passt.”

5. “Vergesst das Online-Image!”
(ftd.de, Lucy Kellaway)
Lucy Kellaway rät zu Gelassenheit, was das eigene Image im Internet betrifft. “Als ich das erste Mal etwas Gemeines über mich las, habe ich mich noch aufgeregt. Aber das Leben ging trotzdem weiter, und niemand sonst hatte das Gemeine überhaupt zur Kenntnis genommen. Beim nächsten Mal war ich schon gelassener.”

6. “Wie ihr als Autor Tantiemen für Online-Texte von der VG Wort bekommt”
(berufung-selbststaendig.de, Elke Fleing)
In einem Whitepaper (PDF-Datei, 9 Seiten) erklärt Elke Fleing, wie man Online-Texte der VG Wort meldet.

Bigott Is A DJ

Dieses Internet. Tummelplatz von Irren und Kranken:

Ihr Unschulds-Image törnt Perverslinge an: Auf der Website von Oslo-Star Lena Meyer-Landrut (18) hinterließen einige User primitive Beleidigungen. Es wurden sogar Nacktaufnahmen ihrer Füße gefordert. Fans sind entsetzt.

Nun sind es ja meist ganz andere Körperteile, die unbekleidet auf Fotos bei Bild.de zu sehen sind, aber für das Internetportal war hier eine (bisher ungeahnte) Grenze erreicht:

“Bewege dich wie eine Schlampe”, forderte bspw. ein User namens “Kami”. Außerdem wurden noch viel obszönere Dinge dort veröffentlicht, die an dieser Stelle nicht wiedergegeben werden können.

Aber das war am vergangenen Mittwoch. Gestern versagten offenbar die kalten Duschen in der Bild.de-Redaktion ihren Dienst und dann passierte das hier:

UNSERE SÜSSE GRAND PRIX HOFFNUNG: Lena Meyer-Landrut: Wie kurz wird ihr Rock in Oslo?

Der Beitrag ist bebildert mit einem unvorteilhaft zu nennenden Foto, auf dem Lena Meyer-Landrut beim Jubeln das Kleid ein wenig hochgerutscht ist, weswegen ihr bestrumpfhostes Gesäß zu erahnen ist. (Ein Foto, das ironischerweise schon die Bildergalerie zum Perverslingseintrag zierte.)

Oder wie Bild.de es formuliert:

Dabei ist ihr Röckchen gerne mal so kurz, dass es uns einen süßen Einblick auf ihre sexy Hinterseite ermöglicht…

Bleibt die Frage: Wie kurz wird Lenas Rock in Oslo sein?

Und damit diese Frage nicht unbeantwortet bleibt, können die Leser gleich abstimmen:

"Unser Star für Oslo" Lena Meyer-Landrut – welchen Look wird sie für den großen Auftritt wählen? A. Alles wie gehabt – nicht kürzer, nicht länger! B. Ganz bestimmt setzt sie noch einen drauf – weniger ist schließlich mehr!

Mit Dank an Tobias G.

Bestechungsversuche, Meyer-Landrut, iPad

6 vor 9

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1. “Wie korrupt sind Journalisten?”
(sprengsatz.de, Michael Spreng)
Michael Spreng, ehemaliger Chefredakteur von “Bild am Sonntag”, erzählt, wie Automobilhersteller und Medienagenturen versuchten, ihn zu bestechen und denkt grundsätzlich über die Bestechungsgefahr im Journalismus nach. “Als besonders korruptionsbedroht gelten Auto- und Reisejournalisten. Noch gefährdeter aber sind Medizinjournalisten, weniger durch die Arzneimittelhersteller, sondern mehr durch die Produzenten der (eigentlich überflüssigen) Nahrungsergänzungsmittel.”

2. “Leistungskurs Medien – Lena Meyer-Landrut auf allen Kanälen”
(haz.de, Imre Grimm)
Wie Lena Meyer-Landrut einen “PR-Marathon” absolviert, wie “Bild” “nach einer Leiche im Keller des Stefan-Raab-Schützlings Lena” sucht und wie Paparazzi das Haus ihrer Eltern umschleichen.

3. “Die Qualitätslüge”
(medienspiegel.ch, Daniel Weber)
Daniel Weber, Chefredakteur von “NZZ Folio”, wundert sich, dass Verlagsmanager nicht müde werden, “zu beteuern, dass mit dem Abbau keineswegs ein Qualitätsverlust einhergehe. Sondern im Gegenteil eher das Gegenteil.”

4. Interview mit Stephen Shepard
(focus.de, Leif Kramp und Stephan Weichert)
Stephen B. Shepard von der CUNY Graduate School of Journalism zur Frage, wer heute alles Journalist ist. “Wenn man ein Blogger für die Hyperlocal Newswebsite in Brooklyn ist, ist man dann ein Journalist? Die Antwort lautet: ja!”

5. “iPad als Chance für Medienbetriebe”
(netzwertig.com, A. Göldi und P. Sennhauser)
Nach einem enttäuschenden Test der iPad-Applikation der “Welt” fragen Peter Sennhauser und Andreas Göldi, welche Hoffnungen sich für die Medienkonzerne mit dem iPad erfüllen könnten. Und bleiben skeptisch: “Sie investieren nicht dort, wo sie gewinnen könnten – bei wirklich guten Inhalten – , sondern hoffen naiv auf eine künstliche Verknappung, die es nicht geben wird.”

6. “‘Explosiv’ bedient sich bei der ‘heute show'”
(dwdl.de, Jochen Voß)
Ein Reporter mit einer schwarzen Baseballkappe versucht für das RTL-Boulevardmagazin “Explosiv” in Privatwohnungen Fotos für einen angeblichen Dienst “Homeview” zu machen (Video, 8:52 Minuten). Genau das hatte schon vor zwei Wochen die ZDF-“heute show” gemacht (Video, 4:07 Minuten).

Keine Panik!

Wenn irre Wissenschaftler von einer unterirdischen Station in der Schweiz aus die Welt zerstören wollen, läuft entweder ein alter “James Bond”-Film im Fernsehen — oder die Medien berichten über ein seriöses naturwissenschaftliches Experiment.

Als Ende März im Teilchenbeschleuniger des Forschungszentrums CERN erstmalig Protonenstrahlen mit bisher unerreichter Energie zur Kollision gebracht werden sollten, war vor allem Bild.de bestens aufgestellt: Schon Tage vorher hatte man in Artikeln, Videos und Animationen immer wieder in Aussicht gestellt, dass die Erde im Verlauf des Experiments zerstört werden könnte, und als es endlich losging, war sogar ein Liveticker eingerichtet worden, um nötigenfalls wenigstens als Erste den Weltuntergang vermelden zu können.

Ich hatte schon geahnt (und ein wenig gehofft), dass das mit der möglichen Auslöschung meines Heimatplaneten übertrieben sein könnte, aber da ich heute noch manchmal schweißgebadet aufwache, weil ich von meinen Physikklausuren in der zwölften Klasse geträumt habe, war mir klar, dass ich nur schwerlich Zugang zu dieser Materie (und Antimaterie) finden würde.

Doch zum Glück gibt es ja zu jedem Thema Menschen, die sich bestens damit auskennen — und so haben wir die Kollegen vom Physikblog um einen Gastbeitrag gebeten.

André Goerres hat sich mit Unterstützung seiner Kollegen Andreas Herten und Bastian Kargoll sofort an die Arbeit gemacht. Dass wir den Artikel erst jetzt veröffentlichen, hat mit irgendwie mit dem Raum-Zeit-Kontinuum zu tun, aber das erklären Ihnen die Kollegen dann beim nächsten Mal.

“offenbar zu dumm”

Ein besonders hübsches Glashaus haben sich gestern die Leute von Bild.de gezimmert:

Die Hälfte aller Azubis ist offenbar zu dumm für die Ausbildung!

Doch worum geht’s?

Der Deutsche Industrie- und Handelskammertag (DIHK) hat unter dem Titel “Ausbildung 2010” eine Unternehmensumfrage veröffentlicht, “die BILD vorliegt” — oder die man ganz bequem als PDF-Datei von der Website des DIHK herunterladen kann.

Dazu stellt Bild.de Folgendes fest:

Demnach mangelt es bei vielen Auszubildenden nicht nur an Kenntnissen, sondern auch an Disziplin, Teamfähigkeit und Pünktlichkeit.

Mehr als die Hälfte aller Betriebe (54 Prozent) organisiere Nachhilfe für die Auszubildenden, heißt es in dem Bericht “Ausbildung 2010”.

Ja, so steht es da, auf Seite 33 des Berichts.

Aus dem BILDblog-Archiv

Nur sagt der Anteil der Unternehmen, die Nachhilfe für ihre Auszubildenden organisiert, nichts über den Anteil der Auszubildenden aus, die Nachhilfe in Anspruch nehmen (oder “zu dumm” sind, wie Bild.de es nennt).

Brechen wir es auf ein ganz simples Beispiel herunter: Es gibt zwei Unternehmen, Firma A und Firma B. Firma A hat sechs Auszubildende, Firma B vier. Wenn von den vier Auszubildenden von Firma B zwei von ihrem Arbeitgeber zur Nachhilfe geschickt werden, organisieren 50% der Unternehmen Nachhilfe für ihre Auszubildenden — aber nur 20% aller Auszubildenden nehmen Nachhilfe in Anspruch.

Es ist ein sehr beliebiges Beispiel, denn genaue Zahlen, wie viel Prozent der Auszubildenden Nachhilfe in Anspruch nehmen, liegen auch dem DIHK nicht vor, wie uns eine Sprecherin auf Anfrage bestätigte.

Nur Bild.de wusste es natürlich besser.

Mit Dank an Andreas H.

Schnaps: Das war sein* letztes Wort

“Welt Online” tut sich schwer damit, eine Rüge des Presserates zu akzeptieren. Vor vier Monaten beanstandete das Gremium einen aus der “Welt am Sonntag” übernommenen Artikel, der in den höchsten Tönen von Aperol-Sprizz schwärmte — einem Getränk, das offenbar “selig” macht.

Für alle, denen die Werbebotschaft im Text noch zu subtil war, hatte “Welt Online” den Artikel mit einem prägnanten Foto des Herstellers illustriert:

Nun könnte man das für ein fast schulbuchmäßiges Beispiel für eine fehlende Trennung von redaktionellen und werblichen Veröffentlichungen halten, wie sie der Pressekodex unter Ziffer 7 untersagt. Nicht so “Welt Online”: Dort legte man Beschwerde gegen den Beschluss des Presserates ein und wies u.a. darauf hin, dass man das Werbefoto im Artikel doch ausgetauscht habe, nachdem der Presserat sich gemeldet hatte.

Also beschäftigte sich der Presserat noch einmal mit der Sache, aber auch der zweite Ausschuss, der sich mit dem Thema befasste, kam zum selben Ergebnis wie der erste. Es bleibt bei der Rüge.

Das ist jetzt auch schon wieder vier Wochen her. Veröffentlicht hat “Welt Online” die Beanstandung noch nicht.

Wie es übrigens aussieht, wenn ein Qualitätsmedium wie die “Welt am Sonntag” seiner Pflicht nachkommt, die Leser über eine solche Rüge zu informieren, konnte man am 3. Januar dieses Jahres sehen:

Dass es sich bei “Ziffer 7” um das Trennungsgebot zwischen Werbung und Redaktion handelt, die Zeitung also für (besonders krasse) Schleichwerbung gerügt wurde, dieses Wissen setzt die “WamS” bei ihren Lesern einfach mal voraus. Man muss so Sachen ja auch nicht über-erklären. Dieses Prinzip hat die andere große Qualitätszeitung im Haus ja erfolgreich vorgemacht.

Korrektur, 15.50 Uhr. Wir hatten übersehen, dass in dem gerügten Aperol-Artikel von “Welt Online” doch schon ein Kasten steht, der auf die Rüge hinweist — mit derselben kryptischen Formulierung (siehe rechts).

Korrektur / Nachtrag, 12. April. Soweit wir oben den Eindruck erweckt haben, dass “Welt Online” bereits seit vier Wochen von der Bestätigung der Rüge durch den Presserat wusste und die Veröffentlichung schuldhaft
verzögert hat, stellen wir fest: Das war falsch. “Welt Online” hat nunmehr mitgeteilt, erst am 1. April 2010 von der Rüge erfahren zu haben und diese noch am gleichen Tag veröffentlicht zu haben.
Lukas Heinser, Stefan Niggemeier

*) des Presserates

Merkel, Schokolade, Schweinegrippe

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1. “Bildet Bild Merkels Meinung?”
(sueddeutsche.de, Wolfgang Jaschensky)
Die Agenturen melden wenige Stunden, nachdem “Bild” die Frage “Warum gibt die Kanzlerin den toten Soldaten nicht das letzte Geleit?” titelte, dass Angela Merkel an der betreffenden Trauerfeier teilnehmen wird. Siehe auch “BILD ruft, Merkel springt” (sprengsatz.de, Michael Spreng).

2. “Quatsch mit Schokolade”
(kathrin-zinkant.de)
Wissenschaftsjournalistin Kathrin Zinkant geht genauer auf eine Studie ein, aus der Schlagzeilen wie “Eine deutsche Langzeitstudie hat nachgewiesen: Schokolade schützt das Herz” (focus.de) oder “Freifahrtschein für Naschkatzen ausgestellt” (zeit.de/dpa) entstanden sind.

3. “Rettet sie, die Alte Tante!”
(zeit.de, Daniele Muscionico)
Über den Niedergang der seit 1780 erscheinenden “Neuen Zürcher Zeitung”. Von der Entlassung bedrohte Redakteure glauben: “Die Chefredaktion würde auf Wunsch des CEO selbst Einstein entlassen.”

4. “Geschäft mit Schweinegrippe”
(sf.tv, Video, 14 Minuten)
Die “Rundschau” widmet sich den Interessenverbindungen zwischen der WHO und der Pharmabranche und filmt die nahezu ohne Journalisten stattfindende Pressekonferenz, an der das Ende der Schweinegrippe verkündet wird. Betrachtet werden auch Vorgänge im eigenen Haus. So diente Klaus Stöhr dem “Schweizer Fernsehen” als Experte zur Vogelgrippe. Später wechselte er zur Pharma-Firma Novartis.

5. “Einige Notizen zu den rivva-Leitmedien”
(schmidtmitdete.de, Jan Schmidt)
Jan Schmidt analysiert die “Rivva Leitmedien” vom 2. März 2010.

6. “Michelle Obama Gets A Photoshop Facelift”
(jezebel.com, Jessica Coen, englisch)
Michelle Obama, die Ehefrau des US-Präsidenten, auf der Mai-Ausgabe der Zeitschrift “Good Housekeeping”: “The entire bottom half of Michelle’s face seems to have been replaced, her forehead has been nicely tightened, and the entire right (our left) side of her face seems to have scored some extreme chiseling. A solid helmet head and weird lighting finish off her look.”

Indiras Heiße-SMS-Ausschlachtung gestoppt

Gestern hatten wir noch berichtetet, dass der TV-Moderator Jörg Kachelmann vor dem Kölner Landgericht gegen weitere Medien vorgehen wollte, heute wissen wir, wen es diesmal erwischt hat:

Eine einstweilige Verfügung erging gestern gegen Bild.de, das unter Berufung auf den “Focus” (dem diese Art der Berichterstattung schon vor zehn Tagen verboten worden war) Details aus den Ermittlungsakten wiedergegeben und auf Basis von Aussagen der Frau, die Kachelmann der Vergewaltigung beschuldigt, über das mögliche Strafmaß für den Wetterexperten spekuliert hatte.

Eine weitere einstweilige Verfügung erging gegen die gedruckte “Bild” und ihre gestrige Titelgeschichte:

50 heiße Flirt-SMS: So baggerte Jörg Kachelmann Popstar Indira an

Die Sängerin Indira Weis, die seit längerem ihr Privat- und Berufsleben in “Bild” ausbreitet, erklärte in einem halbseitigen Artikel und einem Video auf Bild.de, sie könne sich nicht vorstellen, “dass so ein charmanter und liebevoller Mann wie Jörg Kachelmann eine Frau vergewaltigt haben soll.”

Und wie charmant und liebevoll Jörg Kachelmann ihrer Ansicht nach ist, meinte die vor sieben Jahren aus der Castingband Bro’Sis ausgestiegene Sängerin mit einigen ihrer angeblich “50 heißen Flirt-SMS von Kachelmann” im Wortlaut belegen zu können bzw. müssen.

Die Pressekammer des Landgerichts Köln entschied gestern auf Antrag Kachelmanns, dass es “Bild” und Bild.de verboten ist, derart private SMS weiter zu verbreiten. SMS, “die zudem in keinerlei Zusammenhang mit den strafrechtlichen Vorwürfen gegen Herrn Kachelmann stehen”, wie Kachelmanns Anwalt Prof. Ralf Höcker betont.

Das Rechtsmittel der einstweiligen Verfügung kommt zum Einsatz, weil Bild.de bzw. die Axel Springer AG auf eine vorherige Abmahnungen hin keine Unterlassungserklärung abgegeben hatten. Für jeden Fall der Zuwiderhandlung droht ihnen nun ein Ordnungsgeld von bis zu* 250.000 Euro. Zur Zeit sind die beanstandeten Artikel noch online.

*) Nachtrag / Korrektur, 12. April: Ein mögliches Ordnungsgeld muss nicht automatisch 250.000 Euro betragen. Dies ist vielmehr die festgelegte Obergrenze.
Bild  

Dennis Hopper von Paparazzo gestürzt

Es sind “erschütternde Bilder”, die “im Herzen wehtun” — und die “Bild” natürlich deswegen trotzdem zeigt:

Ausriss: "Bild"

Dennis Hopper (73), einer der größten Hollywoodstars der Filmgeschichte, bricht auf offener Straße zusammen.

Der Schauspiel-Gigant (“Easy Rider”, “Waterworld”) ist todkrank. Er leidet an Prostatakrebs im Endstadium, wiegt nur noch 45 Kilo. Als er sein Haus in Venice Beach verlassen will, verlässt ihn die Kraft. Er fällt. Hoppers Assistentin eilt zu Hilfe, stützt dem Hollywoodstar den Kopf.

Weil “Bild” selbst das Entstehungsdatum der Bilder nennt (“einen Tag bevor der Weltstar Ende März einen Stern auf dem ‘Hollywood Walk of Fame’ bekam”), lässt sich leicht überprüfen, dass die Geschichte von dem armen, kranken Mann, der einfach zusammenklappt, höflich ausgedrückt, eine riesige Unverschämtheit ist.

Bei eben dieser Veranstaltung erzählte Hopper nämlich, was wirklich geschehen war:

Er sei auf dem Weg zum Auto gewesen, erzählt der Schauspieler, als jemand seinen Namen gerufen habe. Weil ihm die Stimme bekannt vorgekommen sei, habe er sich umgedreht und dabei die Schwelle auf der Straße übersehen. Unter den Mitleidsbekundungen der Zuschauer fährt Hopper fort, dass er sich nicht habe abstützen können, weil er keine Muskeln mehr habe: “Ich fiel direkt auf mein Gesicht, mit der Brille in der Hand, ich war ziemlich übel zugerichtet.”

Dann wendet er sich an die Paparazzi, die er schon zu Beginn seiner Ausführungen angesprochen hatte: “Ich weiß, Ihr habt einen harten Job, aber ihr könntet manchmal ein bisschen feinfühliger sein.” Die Zuschauer stimmen ihm lautstark zu.

Mit anderen Worten: Wenn da nicht ein Fotograf gestanden hätte, der den krebskranken Mann verunsichert hat, wäre Hopper vermutlich nie gestürzt und es gäbe gleich doppelt keine “erschütternden Bilder”, die Bild und andere Medien der Fotoagentur des Paparazzo abkaufen konnten.

Auch “Bild” zitiert übrigens aus Hoppers Schilderungen des Zwischenfalls:

“Ich fiel direkt auf mein Gesicht, mit der Brille in der Hand”, sagte Hopper.

Man darf also davon ausgehen, dass sie auch den Rest seiner Erklärungen kennen.

Mit Dank an Dennis L. und Basti.

Mozart, Patalong, Westphal

6 vor 9

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1. “Die dpa als Gschichtldrucker über Mozart”
(kobuk.at, Hans Kirchmeyr)
Angeregt durch eine Bucherscheinung feiern die Medien altbekannte Fakten über Wolfgang Amadeus Mozart als Neuigkeiten. Mit dabei: Die Nachrichtenagentur dpa, die Online-Portale krone.at, tt.com, heute.at sowie die Tageszeitungen “Die Presse” und “Tagesspiegel”.

2. “Brustwarzen-Content”
(peterbreuer.wordpress.com)
Peter Breuer denkt nach über die “Bild”-Berichterstattung zu den Vorwürfen an Jörg Kachelmann: “Die Vergewaltigung selbst – ob sie stattgefunden hat oder nicht – wird zu einer harmlosen Spielart degradiert.”

3. “Der Militärzensor am Werk”
(andremarty.com)
André Marty liefert ein Bild der israelischen Zeitung “Yedioth Ahronot”, die ihre Seite 9 der Ausgabe vom 6. April an vielen Stellen schwärzen musste. Mehr zu den Hintergründen im Artikel “Enge Pressefreiheit in Israel” (nzz.ch, George Szpiro).

4. Interview mit Frank Patalong
(ruhrbarone.de, Stefan Laurin)
Frank Patalong, Redakteur bei “Spiegel Online”, glaubt, dass sich der “meinungsfreudige, beschreibende Journalismus aus den Online-Redaktionen positiv auf alle Medien ausgewirkt” hat. Zum Einsatz von Werbung sagt er: “Aufdringliche Werbeformen wünschen sich nicht die Medienmacher, sondern die Werbewirtschaft. Auch die muss lernen, dass sie sich mit solchen Formen selbst schadet.”

5. “Wikileaks und das Video”
(ndr.de, Video, 3:48 Minuten)
Deutsche Medien berichten nur zögerlich über den “US-Angriff auf zwei Journalisten vor drei Jahren”, der auf Wikileaks veröffentlicht wurde. Rüdiger Ditz von “Spiegel Online” und Kai Gniffke von der “Tagesschau” erklären, warum.

6. “Die Frank-Schirrmacher-Maschine”
(magda.de, Wolfgang Michal)
Wolfgang Michal porträtiert Frank Westphal, den Macher des Aggregators Rivva.

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