“Das ist völlig falsch”

Gestern Abend war “Bild”-Reporter Paul Ronzheimer in der Talksendung “maischberger” zu Gast. Er diskutierte dort mit Kerstin Palzer aus dem ARD-Hauptstadtstudio und Kabarettist Urban Priol. Und entweder hat Ronzheimer, trotz seiner Rolle als stellvertretender Chefredakteur, nicht mitbekommen, was und wie sein Blatt in letzter Zeit berichtet hat. Oder er hat es mitbekommen und tut so, als wüsste er es nicht besser. Jedenfalls hat er es bei “maischberger” geschafft, in gerade mal zweieinhalb Minuten die “Bild”-Berichterstattung zweimal falsch darzustellen.

Moderatorin Sandra Maischberger zitiert in der Sendung den bayerischen Ministerpräsidenten Markus Söder: “Eine Fortsetzung der rot-rot-grünen Regierung” in Berlin wäre angesichts des Wahlergebnisses “eine grobe Missachtung der Demokratie”. Dazu sagt Kerstin Palzer (ab Minute 4:55):

Also mich hat’s sehr geärgert, weil ich finde, das klingt total nach diesem “Wahl-Klau”, diese Kampagne da auch, das klingt letztendlich so wie Trump.

Maischberger fragt nach: “Welche Kampagne?” Darauf Palzer:

“Wahl-Klau”? Von der “Bild”-Zeitung.

Übergabe an Paul Ronzheimer:

Das war keine Kampagne, sondern wenn man sich mal anschaut, wie die SPD nach der Bundestagswahl argumentiert hat, und man gesagt hat: Armin Laschet hat die Wahl haushoch verloren, und die SPD, die damals zwei Prozentpunkte ungefähr vor der Union war, gesagt hat: Wir haben den klaren Auftrag und sonst niemand, da hat man alle platt gemacht, die was anderes gesagt haben. Deswegen finde ich es besonders lächerlich von der SPD, dass man sich daran nicht mehr erinnern will. Und wenn man jetzt mit Argumenten von 2001 kommt und sagt: Mensch, der Schill damals, also dass die SPD sich jetzt Herrn Schill als Beispiel nimmt, um zu sagen, dass das doch irgendwie geht, diese Koalition. Und man muss doch mal eins klar sagen: Also, Franziska Giffey hat ihr Direktmandat verloren. Die ganzen, also die große Mehrheit hat kein Direktmandat bekommen der SPD, in den Bezirken hat man keine Mehrheit mehr. Und Sie sagen, Herr Priol, es sei da vor allem um Gender-Gaga und andere Dinge gegangen. Nein, es waren ernste Themen.

Urban Priol grätscht rein: “Von Söders Seite.” Wieder Ronzheimer:

Ja, gut aber wenn wir uns Berlin anschauen, dann geht’s um innere Sicherheit, um Verwaltungschaos, um etwas, wo die SPD hier insgesamt über Jahrzehnte regiert hat. Und ich glaube, der Wähler hat klar gezeigt, dass man will, dass die SPD in die Opposition geht.

Paul Ronzheimer sagt also recht viel, aber so gut wie nichts zur “Wahl-Klau”-Geschichte von “Bild”. Kerstin Palzer hakt noch mal nach:

Ich will auch gar nicht argumentieren, ob es wirklich das Beste wäre, wenn diese Regierung Rot-Rot-Grün bliebe. Das ist ja noch mal ein anderes Thema. Aber zu behaupten, es wäre quasi ein Verlust an Demokratie, wenn sich die Regierung Rot-Rot-Grün wieder zusammenfände – das ist doch einfach falsch. Und dass die “Bild”-Zeitung dann titelt: Das ist ein “Wahl-Klau”, also quasi wie Trump argumentiert.

Ronzheimer:

Das war ja der Vorwurf, der aus der Union kam. Darauf bezog sich das.

Diese Behauptung Ronzheimers stimmt schlicht nicht. Seine Darstellung, dass ein Vorwurf des “Wahl-Klaus” von CDU/CSU kam, und “Bild” ihn lediglich aufgegriffen habe, ist Unsinn. Vor einer Woche erschien die “Bild”-Geschichte – mit “Bild”-Überschriften

Screenshot Bild.de - Am Sonntag wählt die Hauptstadt - Rot-Grün bereitet Wahl-Klau gegen die CDU vor
Ausriss Bild-Zeitung - Am Sonntag wählt die Hauptstadt - Rot-Grün bereitet Wahl-Klau gegen die CDU vor

… und einem “Bild”-Text, in dem vom “Wahl-Klau” die Rede war – ohne Anführungszeichen oder einen anderen Hinweis auf ein Zitat, ohne Bezug auf eine Aussage aus der Union:

Erst das Wahl-Debakel! Und jetzt auch noch Wahl-Klau? (…)

Im Klartext: Rot-Rot-Grün will der CDU den Sieg klauen!

In dem “Bild”-Artikel kommen drei Unionspolitiker mit kurzen Aussagen zu Wort: CDU-Generalsekretär Mario Czaja (“Der Regierungsauftrag liegt bei der stärksten Kraft. Punkt.”), Thorsten Frei, Erster Parlamentarischer Geschäftsführer der CDU/CSU-Bundestagsfraktion (“Für eine Koalition der Verlierer haben die Bürger kein Verständnis.”), und Kai Wegner, Berliner Spitzenkandidat der CDU (“Ich bin mir sicher, dass alle Parteien den demokratischen Wählerwillen respektieren werden.”). Keiner von ihnen spricht von einem “Wahl-Klau”. Das macht nur die “Bild”-Redaktion (später löschte sie klammheimlich alle “Wahl-Klau”-Stellen). Und Paul Ronzheimer behauptet bei “maischberger” einfach irgendwas anderes.

Dort greift kurze Zeit später Urban Priol einen anderen Aspekt aus der “Bild”-Berichterstattung auf:

Aber wir müssen jetzt nicht bis 2001 zurückgehen. 2021 nach der Bundestagswahl war es auch die “Bild”-Zeitung, die gesagt hat: Moment mal, es könnte ja auch Jamaika sein.

Dazu Ronzheimer:

Nein, Herr Priol, das ist völlig falsch.

Urban Priol:

Nein, das ist nicht falsch. Das habe ich vorgestern erst gelesen.

Und Ronzheimer:

Doch, das ist falsch. Ich habe in der Nacht der Wahl einen Kommentar geschrieben und gesagt: Wer sagt es endlich Herrn Laschet, dass er verloren hat? Also: Die “Bild”-Zeitung hat sich da sehr klar positioniert und hat gesagt: Die SPD hat diese Wahl gewonnen.

Tatsächlich gab es kurz nach der Bundestagswahl einen Videokommentar von Ronzheimer mit der Überschrift: “BILD-Vize Paul Ronzheimer: ‘Warum sagt da keiner ‘Hallo Armin, aufwachen!””. Aber das war natürlich nicht der einzige “Bild”-Beitrag zum Thema. Dass Ronzheimer Urban Priols Aussage als “völlig falsch” bezeichnet, ist völlig falsch. Priol hat nämlich völlig Recht: Nach der Bundestagswahl 2021 erklärte die “Bild”-Redaktion ihrer Leserschaft:

Screenshot Bild.de - Auch der Zweitplatzierte kann eine Regierung bilden - wie einst Helmut Schmidt

Fakt ist: Das Jamaika-Bündnis kommt wie die Ampel auf eine klare Mehrheit im Parlament – Union und FDP bevorzugen diese Koalition. Fakt ist auch: Kein Gesetz verbietet es dem Zweitplatzierten, sollte es so kommen, eine Regierung anzuführen. (…)

Die SPD wird den Regierungsauftrag für sich beanspruchen. Dennoch hat auch Laschet weiter Chancen auf das Kanzleramt.

Es ist schon ganz beeindruckend, mit welcher Überzeugung Paul Ronzheimer irgendwas behauptet, ohne wirklich zu wissen – oder wissen zu wollen -, wie es tatsächlich war.

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“Storykillers”, Hundekot-Attacke, EU-Kommission verklagt Deutschland

1. Storykillers
(zeit.de)
Die gemeinnützige Investigativredaktion “Forbidden Stories” hat das internationale Rechercheprojekt “Storykillers” ins Leben gerufen. Dafür haben sich 100 Journalistinnen und Journalisten aus 30 Medienhäusern zusammengeschlossen. Anlass für die Recherchen sei der Mord an der indischen Journalistin und Aktivistin Gauri Lankesh gewesen. In Deutschland waren neben der “Zeit” auch der “Spiegel” und das ZDF Teil der Recherchen, in Österreich der “Standard”. Es lohnt sich, die jeweiligen Übersichtsseiten anzuklicken, hinter denen sich so manch spektakuläre Geschichte verbirgt (teils allerdings hinter der jeweiligen Paywall), zum Beispiel, wie sich Undercover-Reporter bei der “Schattenfirma Team Jorge”, die “weltweit gegen Geld Wahlen manipuliert haben” soll, eingeschlichen haben (wobei die ganz große Brisanz des Berichts teilweise bezweifelt wird).

2. Hundekot-Attacke – Kritikerin Hüster im Studio
(ardmediathek.de, Nino Gadient, Video: 36:16 Minuten)
Wie diese Woche in den “6 vor 9” berichtet, kam es am vergangenen Wochenende am Rande einer Ballettpremiere zu einem Eklat: In der Pause nach dem ersten Stück hat der Direktor des Staatsballetts Hannover die “FAZ”-Tanzkritikerin Wiebke Hüster zunächst verbal, dann auch körperlich und mit Hundekot angegriffen. Anschließend suspendierte das Theater den Ballettdirektor, “um Ballettensemble und Staatstheater vor weiterem Schaden zu schützen.” Der Direktor selbst äußerte sich hingegen in einer Art und Weise, die den Verdacht aufkommen lässt, dass weder Einsicht noch Reue vorhanden sind. Dieser Eindruck verstärkt sich, wenn man ihm in der 3sat-Sendung “Kulturzeit” zuhört. Interessanter sind da schon die Aussagen seines im Studio anwesenden Opfers, der “FAZ”-Journalistin Wiebke Hüster.

3. EU-Kommission verklagt Deutschland
(tagesschau.de)
Das kam angesichts des bisherigen Verlaufs fast mit Ansage: “Die EU-Kommission verklagt Deutschland wegen unzureichendes Schutzes von Hinweisgebern vor dem Europäischen Gerichtshof (EuGH). Der Bundesrepublik wird vorgeworfen, Regeln zum Schutz von Menschen, die Verstöße gegen EU-Recht melden, nicht vollständig umgesetzt zu haben, wie die Kommission mitteilte.”

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4. Was braucht es für ein gutes Sachbuch?
(fachjournalist.de, Daniela Pucher)
“Fachbuch, Sachbuch oder Ratgeber sind wunderbare Medien, mit denen sich Fachjournalistinnen und -journalisten gleich in zweierlei Hinsicht positionieren können: Sie präsentieren ihre Schwerpunktthemen und beweisen gleichzeitig ihren professionellen Schreibstil.” Daniela Pucher hat einige Tipps für angehende Autoren und Autorinnen parat.

5. “Systeme sind keine Menschen”
(taz.de, Svenja Bergt)
Wolfgang Schulz ist unter anderem Forschungsdirektor des Alexander von Humboldt Instituts für Internet und Gesellschaft in Berlin und des Leibniz-Instituts für Medienforschung in Hamburg. Im Interview mit der “taz” äußert sich der Digitalisierungsexperte zu Chancen und Risiken der neuen KI-Textgeneratoren. Wichtig sei Transparenz, so Schulz: “Wenn eine KI am Erstellen eines Textes beteiligt war, ganz egal welcher Art, dann muss das ersichtlich sein.”

6. So willkürlich entstehen Horoskope in Medien
(kobuk.at, Thomas Pichler)
Man hätte es vorhersehen können, aber Horoskope in Medien sind oft willkürlich erfunden. Das jedenfalls ist das Ergebnis einer Untersuchung von Thomas Pichler, der sich angeschaut hat, wie österreichische Redaktionen mit dieser speziellen Textgattung umgehen. Sein Fazit: “Wenn Medien die Horoskope nicht selbst frei erfinden, werden sie oft von externen Quellen kopiert. Entweder per Copy&Paste plagiiert, oder von Agenturen gegen Geld.”

Betr.: “Drogen-Hölle”

Der Fall ist schon traurig und tragisch und schlimm genug: In Hagen soll ein fünfjähriger Junge von seiner Mutter über längere Zeit in einem Zimmer eingeschlossen worden sein. Die Ausstattung des Raums soll lediglich aus einer Matratze und einem Eimer für die Notdurft bestanden haben. Das Kind ist am vergangenen Sonntag aus dem Fenster und auf das Dach des viergeschossigen Hauses geklettert. Dort entdeckten es Nachbarn und alarmierten die Polizei, die den Jungen befreite. Das eingeschaltete Jugendamt nahm ihn daraufhin mit in eine städtische Einrichtung, brachte ihn allerdings am Montag wieder zurück in die Wohnung der Mutter und des Stiefvaters – offenbar aufgrund eines Fehlers. Am Dienstagmorgen ist das Kind dann vom Jugendamt wieder aus der Familie geholt worden.

Wie gesagt: Das alles ist schon schrecklich genug. Die “Bild”-Redaktion aber will es noch etwas schrecklicher haben:

Screenshot Bild.de - Er flüchtete über die Dachrinne vor seinen Eltern - Jugendamt bringt Jungen zurück in die Drogen-Hölle
(Links zu sehen ist ein gemeinsames Foto der Mutter, des Stiefvaters und des Kindes. Mehr zur Unkenntlichmachung des Fotos weiter unten im Text.)

Die “Drogen-Hölle”, von der Bild.de auf der Startseite spricht, soll aus “einigen Cannabispflanzen” bestehen. So steht es im dazugehörigen Artikel. Das erfahren allerdings nur jene, die mit ihrem “Bild-plus”-Abo hinter die Paywall schauen können. In einem weiteren Bild.de-Artikel (ebenfalls nur mit “Bild-plus”-Abo lesbar) wird es konkreter: Es soll sich um “drei Cannabispflanzen” handeln. Das erklärt die “Bild”-Redaktion also zu einer “Drogen-Hölle”. Es ist eine völlig unnötige Übertreibung zu diesem schlimmen Fall, die auch den sowieso schon heftigen Fehler des Jugendamts in der Schlagzeile noch mal heftiger wirken lässt.

Zur Bebilderung des Artikels nutzt Bild.de unter anderem ein gemeinsames Fotos des Jungen, der Mutter und des Stiefvaters. Die Gesichter der Erwachsenen hat die “Bild”-Redaktion verpixelt, den Jungen hat sie komplett mit einer weißen Fläche überdeckt. Die zusätzliche, großflächige Verpixelung stammt von uns. In der Bildunterschrift steht:

[Vorname und abgekürzter Nachname der Mutter] und [Vorname und abgekürzter Nachname des Stiefvaters] mit dem Kind am Tag ihrer Hochzeit. Um ihn zu schützen, nennt BILD den Namen des Jungen nicht

Das ist ja erstmal eine für die “Bild”-Redaktion überraschend weitsichtige Idee. Sie hat sie aber so gut wie gar nicht umgesetzt: Wenn Bild.de die Vornamen der Mutter und des Stiefvaters sowie den abgekürzten Nachnamen nennt und dazu ein Foto der beiden zeigt, auf dem zwar deren Gesichter verpixelt sind, sie aber beispielsweise aufgrund der Statur zumindest für Personen, die das Paar kennen, dennoch identifizierbar sind, dann dürfte diesen Personen auch direkt klar sein, um welches Kind es sich handelt.

Nur die “Bild”-Redaktion geht so vor – in keinem anderen Artikel zu dem Fall, den wir gesehen haben, wird ein Foto der beteiligten Personen gezeigt.

Mit Dank an Sabine P. für den Hinweis!

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“Focus”-“Arztsiegel”, Geld für Ex-Programmchef, NS-Verstrickungen

1. Focus-Siegel für Ärzte ist irre­füh­rend
(lto.de)
Endlich hat ein Gericht (voraussichtlich) Schluss gemacht mit den “Arztsiegeln” des “Focus”, die das Magazin zahlungswilligen Ärzten und Ärztinnen zum Preis von 2.000 Euro zur Übernahme anbietet. Mit der Vergabe der Siegel verstoße der Verlag gegen das “lauterkeitsrechtliche Irreführungsverbot”, urteilte das Landgericht München. Die Siegel erwecken den unzutreffenden Eindruck, die mit der “Focus-Empfehlung” werbenden “Top-Mediziner” seien aufgrund einer neutralen und sachgerechten Prüfung ausgezeichnet worden. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.

2. ZDF-Gründungsintendant: Verstrickungen ins NS-Regime
(dwdl.de)
Das ZDF hat anlässlich eines bevorstehenden Jubiläums die Rolle seines Gründungsintendanten Karl Holzamer während der NS-Zeit aufgearbeitet und ist dabei auf Verstrickungen in das Nazi-Regime gestoßen. Nach Angaben des Senders wurde der Lebenslauf Holzamers im eigenen Presseportal “aufgrund der jetzt vorliegenden neuen Erkenntnisse” korrigiert. Auch das “heute journal” berichtete gestern Abend über das Thema – mit einem Beitrag über die neuen Erkenntnisse zu Holzamers Rolle während der NS-Zeit und einem Interview mit dem Historiker Sönke Neitzel.

3. Abfindungspaket für RBB-Programmchef: Schulte-Kellinghaus bekommt mehr als 400.000 Euro und 9000 Euro Rente pro Monat
(businessinsider.de, Tobias Fuchs & Jan C. Wehmeyer)
Nach den Enthüllungen über Missstände beim RBB hat Programmdirektor Jan Schulte-Kellinghaus den Sender auf eigenen Wunsch verlassen. “Business Insider” hat Einblicke in sein Abfindungspaket erhalten: “Der öffentlich-rechtliche Sender zahlt dem Manager noch zwei Jahre monatlich 18.000 Euro und später eine Pension in Höhe von 9000 Euro. Dafür verzichtet Schulte-Kellinghaus auf das üppige Ruhegeld, das ihm ab dem Tag der Trennung zustünde.”

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4. Nach CORRECTIV-Klage: Sachsen-Anhalt gibt Daten zu größten Wasserschluckern heraus
(correctiv.org, Justus von Daniels & Gesa Steeger)
Im Rahmen einer Recherche über die größten industriellen Wasserverbraucher hatte “Correctiv” auch beim Landesverwaltungsamt Sachsen-Anhalt angefragt, doch die Behörde verweigerte die Auskunft. Erst als das “Correctiv”-Team auf Herausgabe der Daten klagte, lenkte das Amt ein. Wohl auch, um einem Urteil zu entgehen. Der mit Abstand größte Wasserverbraucher des Bundeslandes ist übrigens die MIBRAG Mitteldeutsche Braunkohlengesellschaft mbH.

5. Was sind Memes? Wenn Witz und Kritik viral gehen
(mdr.de)
Die Redaktion “Medien360G” des MDR hat ein umfangreiches Dossier zum Thema Memes veröffentlicht. Dabei handelt es sich laut Wikipedia um kreative Inhalte, die hauptsächlich über das Internet verbreitet werden und in der Regel humorvoll und erheiternd, manchmal auch satirisch und entsprechend gesellschaftskritisch sind. Die Zusammenstellung umfasst ein 13-minütiges Video, eine Kurzanimation sowie mehrere Online-Artikel und Interviews.

6. Musk-Tweets fluten Twitter
(spiegel.de)
Nachdem sich Elon Musk darüber beschweret hatte, dass er auf seiner eigenen Plattform Twitter zu wenig Aufmerksamkeit bekäme, scheinen Mitarbeiter etwas an den Algorithmen verändert zu haben: “Die Penetranz, mit der Twitter derzeit die Nachrichten des Firmeneigentümers vorführt, erscheint exzessiv. Selbst eine Stummschaltung des Accounts scheint keine Wirkung zu haben.”
Siehe dazu auch den Tweet des NBC-Reportes Ben Collins, hier in deutscher Übersetzung: “Elons Cousin James Musk hielt nach dem Super Bowl eine Dringlichkeitssitzung bei Twitter ab, weil die Tweets von Elon schlechter abschnitten als die von Joe Biden. Daraufhin ließen die Twitter-Ingenieure in aller Eile den Twitter-Algorithmus ändern, um sicherzustellen, dass Elon eine ‘noch nie dagewesene Förderung’ erhält.”

“Jetzt wollen sie sogar Kohle fürs Baby-Geschlecht”

Telegramkanalbetreiber Michael Wendler und dessen Ehefrau Laura Müller sollen Nachwuchs erwarten. Müller verdient ihr Geld unter anderem damit, Fans auf der Plattform OnlyFans für exklusive Fotos bezahlen zu lassen. Dort soll sie auch schon Aufnahmen ihres Babybauchs angeboten haben. Und dann gibt es ja noch die Frage nach dem Geschlecht des erwarteten Kindes.

Darüber schreiben auch Tanja May und Mark Pittlekau bei Bild.de. Und sie klingen geradezu schockiert, was Müller und Wendler alles so für Geld machen und vielleicht noch vorhaben:

Allein für ein Voting – wird Baby Wendler ein Junge oder ein Mädchen? – sollen Fans der beiden rund 11 Euro blechen. Auch alle weiteren Baby-Updates sollen kosten.

Kohle machen mit einem wehrlosen Kind. Oder wie May und Pittelkau schreiben:

Sogar das Baby-Geschlecht wollen sie jetzt zu Geld machen. BILD weiß schon, ob es ein Junge oder Mädchen wird!

So steht es bei Bild.de vor der “Bild-plus”-Paywall. Denn, ja, May, Pittelkau und “Bild” echauffieren sich nicht nur über die Geldmacherei der baldigen Eltern, sondern wollen auch selbst ein bisschen Geld mit dem Geschlecht des noch gar nicht geborenen Kindes verdienen: Nur wer für ein “Bild-plus”-Abo zahlt, erfährt, ob es ein Junge oder ein Mädchen werden soll:

Screenshot Bild.de - Laura und der Wendler - Jetzt wollen sie sogar Kohle fürs Baby-Geschlecht - Bild kennt es schon - der verlinkte Artikel befindet sich hinter der Bild-plus-Paywall

Vor vielen Jahren haben wir uns hier im BILDblog schon einmal gefragt, ob alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der “Bild”-Redaktion den sogenannten Spiegeltest bestehen würden, in dem untersucht wird, ob ein Lebewesen sich selbst in einem Spiegel erkennt und somit eine Selbstwahrnehmung besitzt. Diese Frage bleibt auch elf Jahre später aktuell.

Dass die “Bild”-Redaktion nach eigener Aussage “weiß”, “ob es ein Junge oder ein Mädchen wird”, ist angesichts der dünnen Faktenlage, die Tanja May und Mark Pittelkau in ihrem Artikel präsentieren, übrigens eine bemerkenswert selbstbewusste Behauptung. Das “Bild”-Duo schreibt, dass ein anonymer “Augenzeuge” Laura Müller und Michael Wendler beim Einkaufen gesehen habe, und dass die beiden werdenden Eltern etwas besorgt hätten, das man “fast nur” für eines der beiden Geschlechter kauft. Was genau das sein soll, wird nicht weiter spezifiziert. Jedenfalls ließe der Einkauf “höchstwahrscheinlich” auf das Geschlecht schließen, so der “Augenzeuge”. Das reicht bei “Bild”, um etwas zu “wissen”.

Ob es nun ein Junge oder ein Mädchen wird, das verraten wir hier natürlich nicht. Dafür müsst ihr schon unser kostenpflichtiges BILDblog-Babynews-Abo abschließen.

Kleiner Scherz. Es ist uns schlicht Wurscht und geht uns auch gar nichts an.

Mit Dank an Meike O. für den Hinweis!

Erdbeben, Staatstheater suspendiert Ballettchef, ChatGPT soll zahlen

1. Das eigene Versagen vertuschen
(taz.de, Wolf Wittenfeld)
Wolf Wittenfeld beschreibt die “offizielle Propaganda” der türkischen Regierung nach dem Erdbeben und zeigt, wie diese versucht, das Bild zu vermitteln, Präsident Recep Tayyip Erdoğan tue alles, um den Opfern zu helfen. Kritiker, die den offiziellen Verlautbarungen widersprechen, würden verhaftet, die Berichterstattung werde eingeschränkt. Sein Ziel erreiche der Staat laut Wittenfeld damit jedoch nicht, denn “so sehr die Regierung ihr geschöntes Bild der Lage durchzusetzen versucht, die Versäumnisse im Anschluss an das Beben und auch die Versäumnisse bei der Kontrolle von Bautätigkeiten zuvor sind einfach zu groß, um sie unter der Decke halten zu können.”

2. Nach Hundekotattacke: Staatstheater Hannover suspendiert Ballettchef
(rnd.de)
Wie gestern in den “6 vor 9” berichtet, kam es am Wochenende am Rande einer Ballettpremiere zu einem Eklat: In der Pause nach dem ersten Stück soll der Direktor des Staatsballetts Hannover die “FAZ”-Tanzkritikerin Wiebke Hüster zunächst verbal, dann auch körperlich und mit Tierkot angegriffen haben. Nun sei der Ballettdirektor vom Theater suspendiert und mit einem Hausverbot belegt worden, “um Ballettensemble und Staatstheater vor weiterem Schaden zu schützen.” In einem Video-Statement äußert sich der Direktor des Balletts in einer Art und Weise, die den Verdacht aufkommen lässt, dass weder Einsicht noch Reue vorhanden sind.

3. Verlage fordern Lizenzgebühren für Chatbot-Nutzung
(golem.de, Friedhelm Greis)
Da KI-Programme wie ChatGPT mit unzähligen Presseinhalten trainiert wurden und bei der Bewältigung von Aufgaben immer wieder auf journalistische Texte zurückgreifen, liegt der Gedanke nahe, die Verlage, von denen diese Inhalte hergestellt wurden, auch am wirtschaftlichen Erfolg der Software zu beteiligen. Friedhelm Greis fasst bei “Golem” die aktuellen Überlegungen und Schwierigkeiten zusammen.

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4. Google startet Kampagne gegen Fake News über ukrainische Geflüchtete
(spiegel.de)
Google startet in Deutschland eine Videoaufklärungskampagne gegen mögliche Vorbehalte gegenüber ukrainischen Flüchtlingen. Bisher hatte sich der Konzern bei seinen Aufklärungsaktionen auf Polen, Tschechien und die Slowakei konzentriert. Die Kampagne basiert auf Untersuchungen von Psychologen der britischen Universitäten Cambridge und Bristol, die ein Konzept zur Vermeidung von Fehlinformationen (“Prebunking”) entwickelt haben.

5. Honorarerhöhungen – freie Fotograf*innen reduzieren ihre Angebote an die dpa
(dju.verdi.de, Matthias von Fintel)
Der Deutsche Journalisten-Verband und Verdi fordern von der dpa höhere Honorare für freie Fotografinnen und Fotografen. Um dem Verlangen Nachdruck zu verleihen, soll der aktuelle Output reduziert werden: “Vor allem die gestiegenen Aufwendungen für Anreisen zu Terminen, Technik und auch gestiegene Lebenshaltungskosten bringen die Kolleginnen und Kollegen nun dazu, dass sie in dieser Woche bis auf weiteres ein reduziertes Angebot für Bildlieferungen der dpa offerieren.”

6. Das Geschäft der Regenbogenpresse mit Daniel Küblböck
(twitter.com/topfvollgold, Mats Schönauer, Video: 1:27 Minuten)
Yellow-Press-Kritiker Mats Schönauer von “topfvollgold” hat sich genauer angesehen, wie die Regenbogenpresse mit Daniel Küblböck Kasse macht. Natürlich zulasten des verstorbenen Künstlers, seiner Familie und all der Leserinnen und Leser, die mit den erfundenen Geschichten hinters Licht geführt werden.

Tierkot auf Tanzkritikerin, Kabale und Magazine, Seltsame Straßenumfrage

1. Ballettchef Goecke beschmiert Kritikerin in Hannover mit Hundekot
(ndr.de)
Am Samstag kam es am Rande einer Ballettpremiere zu einem Eklat der besonderen Art: In der Pause nach dem ersten Stück soll der Ballettdirektor des Staatsballetts Hannover die “FAZ”-Tanzkritikerin Wiebke Hüster zunächst verbal, dann auch körperlich und mit Tierkot angegriffen haben. Das “FAZ”-Feuilleton wertet die Attacke auch als “Einschüchterungsversuch gegenüber unserer freien, kritischen Kunstbetrachtung”.

2. Kabale und Magazine
(taz.de, Steffen Grimberg)
Steffen Grimberg lässt die unschönen Entwicklungen bei Gruner + Jahr Revue passieren. Vor allem für Bertelsmann-Chef Thomas Rabe findet er wenig schmeichelhafte Worte: “Wenn der 57-Jährige über mediale Inhalte spricht oder gar Journalismus zur Kardinaltugend erklärt, wirkt das nicht nur immer, als hätte es ihm die Pressestelle aufgeschrieben. Es ist es vermutlich auch genau so.”

3. Wie oft muss sowas passieren, bis es nicht mehr passiert?
(uebermedien.de, Boris Rosenkranz)
Bei Straßenumfragen kommen normalerweise zufällig ausgewählte Passanten oder Fußgängerinnen zu Wort. So tauchte in einem Beitrag der ZDF-Sendung “Drehscheibe” zur neuen Gestaltung der Berliner Friedrichstraße wie zufällig eine Marie Heidenreich auf und schwärmte davon, wie schön doch jetzt alles sei. Dass es sich bei Heidenreich um eine Person aus dem Umfeld der politische beteiligten Grünen handelt, sei jedoch nicht erwähnt worden. Boris Rosenkranz kommentiert: “Letztlich ist es ein Bärendienst in Sachen Glaubwürdigkeit und Unabhängigkeit des öffentlich-rechtlichen Rundfunks, den das ZDF und die Grüne da geleistet haben. Da ist es am Ende auch egal, wie journalistisch egal die Sendung ist, in der der Beitrag lief, und dass der sogar recht ausgewogen war.”

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4. Das ZDF im medienpolitischen Freiraum?
(medienpolitik.net, Helmut Hartung)
Helmut Hartung vermisst bei den Stellungnahmen des ZDF-Intendanten Norbert Himmler die Reformwilligkeit. Er habe “den Eindruck, dass man in der Mainzer Anstalt glaubt, sich in einem medienpolitischen Freiraum zu bewegen. Das wäre allerdings fatal. Das öffentlich-rechtliche System lässt sich nur als Ganzes reformieren. Wenn das nicht gelingt, helfen alle Bekundungen, wie wichtig es für unsere demokratische Grundordnung sei, auch nicht weiter.”

5. Bundesrat kippt Whistleblower-Gesetz
(tagesschau.de)
Der Bundesrat hat das bereits im Dezember vom Bundestag beschlossene Whistleblower-Gesetz gekippt. Nun gehe das Gesetz voraussichtlich in den Vermittlungsausschuss. “CDU/CSU lassen Whistleblower mit ihrer Blockadehaltung im Bundesrat erneut im Stich, wie bei allen früheren Anläufen für ein Hinweisgeberschutzgesetz. Den Schaden davon haben nicht nur die Whistleblower, sondern auch Demokratie, Rechtsstaat und die Wirtschaft selber”, kritisiert Annegret Falter, Vorsitzende des Whistleblower-Netzwerks.

6. Für eine neue Arbeitskultur
(out-takes.de, Peter Hartig)
Beim Max-Ophüls-Festival wurde auch über die Arbeitsbedingungen in der Filmbranche diskutiert. Es ging um “soziale Nachhaltigkeit und wie wir miteinander arbeiten wollen”. Peter Hartig war dabei und hat beobachtet, wie die Panel-Teilnehmer und -Teilnehmerinnen um Lösungen rangen.

KW 06/23: Hör- und Gucktipps zum Wochenende

Hurra, Wochenende – und damit mehr Zeit zum Hören und Sehen! In unserer Wochenendausgabe präsentieren wir Euch eine Auswahl empfehlenswerter Filme und Podcasts mit Medienbezug. Viel Spaß bei Erkenntnisgewinn und Unterhaltung!

***

1. “Katapult Ukraine” – Gründer Benjamin Fredrich spricht über Vorwürfe
(ndr.de, Siv Stippekohl & Carolin Kock, Video: 1:02:04 Stunden)
Ende Januar ist der Geschäftsführer und Chefredakteur von “Katapult”, Benjamin Fredrich, zurückgetreten. Er wolle sich nun verstärkt seinem Projekt “Katapult Ukraine” widmen, wie er sagt. Vorausgegangen waren zahlreiche Vorwürfe, die “Übermedien” veröffentlicht hatte. Nach Fredrichs Rückzug hatte “Katapult” einen “Transparenzbericht” zum Ukraine-Projekt nachgereicht. Anlass für den NDR, mit Benjamin Fredrich über die darin enthaltenen Informationen zu sprechen.

2. Reichsbürger: Der Medienhype um die Razzia
(ndr.de, Zapp Medienmagazin, Video: 19:17 Minuten)
Am 7. Dezember 2022 fand eine Großrazzia in der Reichsbürgerszene mit Schwerpunkten in Baden-Württemberg, Berlin, Niedersachsen und Hessen statt. Die große Medienpräsenz während der Polizeiaktion wirft Fragen auf: Wie kam es, dass offensichtlich viele Journalistinnen und Journalisten schon vor der Razzia Bescheid wussten? Gab es Absprachen zwischen Medien und Behörden? Das Medienmagazin “Zapp” ist der Sache nachgegangen.

3. Inside Iran: Journalismus unter Dauerzensur – Wie wir im Iran berichten
(youtube.com, Weltspiegel, Katharina Willinger, Video: 6:13 Minuten)
Nach mehreren gescheiterten Anläufen hat ARD-Korrespondentin Katharina Willinger ein Visum für den Iran erhalten und durfte endlich einreisen. Im “Weltspiegel” berichtet sie über die Arbeitsbedingungen vor Ort. Ihre Möglichkeiten seien massiv eingeschränkt, sie dürfe Teheran nicht verlassen und müsse Interviews mit Menschen auf der Straße anonymisieren, um die Gesprächspartner nicht zu gefährden.

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4. RechtSchreiben: Journalismus und Recht mit Prof. Dr. Doris König und Giovanni di Lorenzo
(youtube.com, Bucerius Law School, Luca Aliza Kleeberg, Video: 1:32:43 Stunden)
“Eine verantwortungsvolle und fachlich fundierte Berichterstattung über Gerichtsprozesse, neue Gesetze und gesetzliche Rahmenbedingungen aktueller politischer und gesellschaftlicher Themen ist essentiell für eine demokratische Gesellschaft. Gleichzeitig bietet der rechtliche Rahmen Schutz und Grenzen für journalistisches Arbeiten. Bedeuten sie einander Fluch oder Segen?” Darüber diskutieren “Zeit”-Chefredakteur Giovanni di Lorenzo und die Vizepräsidentin des Bundesverfassungsgerichts Doris König im Rahmen einer öffentlichen Podiumsdiskussion.

5. Panzer, nichts als Panzer – Berichten Medien tendenziös pro Waffenlieferungen an die Ukraine?
(ardaudiothek.de, Deutschlandfunk, Brigitte Baetz, Audio: 31:39 Minuten)
Berichten Medien tendenziös über und für Waffenlieferungen an die Ukraine? Über diesen auch von den Autoren Richard David Precht und Harald Welzer erhobenen Vorwurf diskutiert ein Hörer im Deutschlandfunk (Dlf) mit Friedbert Meurer (Dlf Aktuelles) und Brigitte Baetz (“mediasres”).

6. Ulrich Wickert – Wie schafft man es, eine Respektsperson zu werden?
(youtube.com, Hotel Matze, Matze Hielscher, Audio: 2:44:02 Stunden)
Ulrich Wickert blickt auf eine lange journalistische Karriere zurück, zunächst als Korrespondent in den USA und Frankreich, dann viele Jahre als Anchorman der “Tagesthemen”. Im Dezember feierte er seinen 80. Geburtstag, doch von Ruhestand kann bei Wickert keine Rede sein.

Bei der Union völlig legitim, bei Rot-Grün ein Skandal, bei Bild.de klammheimlich

Da hat die “Bild”-Redaktion gestern also die Vorbereitungen für einen “Wahl-Klau” durch Rot-Grün bei der anstehenden Wiederholungswahl zum Berliner Abgeordnetenhaus ausgemacht. Und wenn man das jetzt alles noch einmal bei Bild.de nachlesen will, um heute Abend beim Stammtisch gut vorbereitet über diese rot-grün-rote Schweineaktion lospoltern zu können, findet man: nichts.

Screenshot Bild.de - Bild.de-Suche, Übersicht der Ergebnisse eins bis zehn von insgesamt 25 Treffern Ihrer Suche nach Wahl-Klau

Der “Wahl-Klau” ist spurlos von Bild.de verschwunden. Die Formulierung findet sich in dem Artikel von “Bild”-Autor Carl-Victor Wachs an keiner Stelle mehr. Die ursprüngliche Überschrift

Screenshot Bild.de - Am Sonntag wählt die Hauptstadt - Rot-Grün bereitet Wahl-Klau gegen die CDU vor

… wurde geändert:

Screenshot Bild.de - Am Sonntag wählt die Hauptstadt - CDU vorne? So will Rot-Grün trotzdem weiterregieren

Der Absatz “Erst das Wahl-Debakel! Und jetzt auch noch Wahl-Klau?” wurde ersatzlos gestrichen. Genauso der Absatz “Im Klartext: Rot-Rot-Grün will der CDU den Sieg klauen!”

Dafür wurden die Zitate des CDU-Generalsekretärs Mario Czaja, des Berliner CDU-Spitzenkandidaten Kai Wegner und des ersten parlamentarischen Geschäftsführers der Unionsbundestagsfraktion Thorsten Frei ausgebaut sowie die Ergebnisse einer aktuellen INSA-Umfrage hinzugefügt.

Das alles ist klammheimlich passiert. Was es nämlich nirgends gibt: Eine transparente Erklärung der Redaktion, dass und warum sie den Artikel verändert und die “Wahl-Klau”-These verworfen hat. Erst recht gibt es nirgends eine ansatzweise Entschuldigung dafür, dass man einen legitimen demokratischen Vorgang – auch ohne den Wahlsieger eine Regierung zu bilden, sofern die dafür erforderliche Mehrheit vorhanden ist – prophylaktisch mit Schmutz beworfen und Rot-Grün-Rot unlauteres Verhalten unterstellt hat. Stattdessen nur die Verachtung für die eigene Leserschaft, die es aus Sicht der “Bild”-Redaktion offenbar nicht wert ist, all das mitgeteilt zu bekommen.

“Bild”-Autor Carl-Victor Wachs schrieb gestern kämpferisch bei Twitter über seinen “Wahl-Klau”-Beitrag:

Wenn Du heftig für einen Text angefeindet wirst, hast Du einen Nerv getroffen.

Ja, genau, so könnte es sein. Oder aber du hast einfach zündelnden Blödsinn geschrieben, den selbst deine eigene Zündel-Redaktion inzwischen nicht mehr mittragen will.

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ZDF-Inkubator, Inszenierung und Fälschung, Die zähen Pläne der ARD

1. Fragen und Antworten zum “Public Space Incubator” des ZDF
(netzpolitik.org, Leonhard Dobusch)
Wie gestern in den “6 vor 9” zu lesen war, hat sich das ZDF mit öffentlich-rechtlichen Anstalten aus Kanada, der Schweiz und Belgien zu einem “Forschungsprojekt für den offenen Dialog im Netz” (“Public Spaces Incubator”) zusammengeschlossen. Ziel des Projekts: die Entwicklung einer öffentlich-rechtlichen Alternative zu den US-amerikanischen Social-Media-Plattformen. Bei netzpolitik.org greift Leonhard Dobusch das Thema auf und beantwortet die häufigsten Fragen dazu.

2. Die ARD hat fast schon angefangen, mit dem Anfangen anzufangen
(uebermedien.de, Frederik von Castell)
“Wo auch immer der Maschinenraum der ARD zu finden ist, die Intendant:innen scheinen dort eher selten zugegen.” Bei “Übermedien” kommentiert Redaktionsleiter Frederik von Castell die zähen Reformpläne der ARD und ein merkwürdiges Pressegespräch: “Ich werde das Bild von Schülern beim Referat nicht los, die die nächtlich-eiligen Wikipedia-Copy-Paste-Ergüsse wortreich vor der Klasse präsentieren, während sie sie selbst das erste Mal lesen.”

3. “Geo”-Fotochef Lars Lindemann über Inszenierung und Fälschung im Foto-Journalismus.
(turi2.de, Nancy Riegel)
Mit “turi2” spricht “Geo”-Fotochef Lars Lindemann über Fälle von Bildinszenierung, er erklärt, wie Leserinnen und Leser erkennen können, ob Fotos inszeniert sind, und Lindemann erzählt, was seine Redaktion alles unternimmt, um Bilder zu überprüfen. Aus aktuellem Anlass geht es in dem Gespräch aber auch um den Kahlschlag beim Verlag Gruner + Jahr sowie das angekündigte Ende von “Geo Epoche”.

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4. Gruner + Jahr: Sagt nicht, ihr hättet nichts gewusst
(indiskretionehrensache.de, Thomas Knüwer)
Thomas Knüwer führt in seinem Blog aus, warum er “die Zertrümmerung des einst so stolzen Verlagshauses Gruner + Jahr durch den Bertelsmann-Konzern” für absehbar hielt. Bei allem Mitgefühl für die Betroffenen und bei aller Trauer um die verschwindenden Medienmarken: Schuld daran hätten laut Knüwer Management und Redaktionen gleichermaßen.

5. Wtf heißt “slip n slide”?
(taz.de, Laila Oudray)
Laila Oudray beschreibt in der “taz” die Entwicklung einer Geheimsprache, die auf TikTok und Instagram verwendet werde, um der Zensur durch Algorithmen zu entgehen. Betroffen seien vor allem Beiträge zu Sex- und LGBTQ-Themen sowie Auseinandersetzungen mit Rassismus und Gewalt. Um die Reichweite ihrer Beiträge zu erhöhen, würden Nutzer und Nutzerinnen bewusst Rechtschreibfehler, Emojis und Sonderzeichen einbauen. Die Journalistin Taylor Lorenz habe dem Phänomen einen Namen gegeben: “Algospeak”.

6. Turbo zünden
(journalist.de, Sebastian Pertsch & Udo Stiehl)
Sebastian Pertsch und Udo Stiehl werfen im Rahmen ihres Projekts “Floskelwolke” einen sprach- und medienkritischen Blick auf vielbenutzte Formulierungen. Diesmal nehmen sie sich einen Schlagzeilen-Klassiker vor und “zünden den Turbo”.

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