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1. “Olympia: Gericht entscheidet für uns – Medaillenziele werden öffentlich” (derwesten-recherche.org, Daniel Drepper)
Das Bundesinnenministerium muss die Medaillenvorgaben aller Sportverbände offenlegen, entscheidet das Verwaltungsgericht Berlin. “Da uns auf mehrmalige Anfrage weder DOSB noch Ministerium die Vorgaben an die Verbände mitteilen wollten, reichten wir am 6. Juli Klage beim Verwaltungsgericht Berlin ein. Unsere Begründung: Hier wird Steuergeld ausgegeben, das muss öffentlich sein.” Siehe dazu auch dieses Interview mit Daniel Drepper (newsroom.de, Bülend Ürük).
2. “2,5 Millionen Mails” (journalist.de, Max Ruppert)
“Stern” und NDR durchforsten derzeit die anfangs Juli von Wikileaks öffentlich gemachten Syria Files.
3. “Gericht beschwert sich über VOL.AT-Liveticker und fordert Verbot” (vol.at, Andreas Haller)
Ein Richter kritisiert nach der Urteilsverkündung im Testamentsfälscherprozess, die Internet-Live-Berichterstattung habe Zeugen vor ihrer Befragung beeinflusst: “Sie hätten aufgrund des VOL.AT-Livetickers gewusst, was sie gefragt werden. Der Richter regt nun in einem Schreiben an das Justizministerium eine gesetzliche Änderung für Berichte aus dem Gericht mittels Liveticker an.”
4. “Twitters folgenloser Fauxpas” (zeit.de, Juliane Leopold)
Juliane Leopold befasst sich mit dem zwischenzeitlich gesperrten Twitter-Konto @guyadams: “Es stimmt, Twitter hat versagt, als es NBC selbst auf den kritischen Tweet hinwies und damit gegen seine eigene Regel verstieß, Inhalte nicht aktiv zu überprüfen. Aber die Sperrung des Accounts, basierend auf einem Tweet, der private Informationen preisgab, entsprach geltendem Twitter-Regelwerk.”
Hasnain Kazim sitzt als Südasienkorrespondent für “Spiegel Online” in Pakistan. Für die Serie “Mein Leben als Ausländer”, in der Korrespondenten über ihren Alltag im Ausland schreiben, berichtet er aus Islamabad:
Hitlers “Mein Kampf” mit seinen kruden Ideen gibt es in jedem Buchladen und auf jedem Bücherbasar zu kaufen. Lesen können es die meisten nicht, in einem Land mit einer der höchsten Analphabetenraten der Welt. Die Händler wundern sich, wenn man ihnen erzählt, dass das Buch in Deutschland verboten ist. “Aber ich dachte, Deutschland sei eine Demokratie mit Meinungsfreiheit?”, sagte mir kürzlich einer. Wie führt man ein solches Gespräch?
Beim Führen eines solchen Gesprächs könnte es natürlich hilfreich sein, erst mal die Fakten auf die Kette zu kriegen: “Mein Kampf” ist in Deutschland gar nicht verboten, worauf die Kommentatoren unter dem Artikel auch seit heute Mittag hinweisen.
Da Adolf Hitler bis zuletzt in München gemeldet war, ging sein Vermögen nach seinem Tod am 30. April 1945 an den Freistaat Bayern über – inklusive des Urheberrechts an “Mein Kampf”. Das bayrische Finanzministerium hat sich einer neuen Drucklegung des Textes bisher verweigert. Dieses Urheberrecht läuft am 31. Dezember 2015 aus, am Ende des 70. Jahres nach Hitlers Tod, danach ist das Buch gemeinfrei. Es gibt aber Pläne der bayrischen Landesregierung, das Werk dann in einer kommentierten Ausgabe als Schulbuch auf den Markt zu bringen. Nachzulesen ist das unter anderem auf “Spiegel Online”.
Mit Dank an Gerd P. und Martin.
Nachtrag, 12. September: “Spiegel Online” hat den Artikel irgendwann in den letzten Wochen leicht angepasst.
Die Passage lautet nun:
Die Händler wundern sich, wenn man ihnen erzählt, dass der Nachdruck des Buches in Deutschland verboten ist. “Aber ich dachte, Deutschland sei eine Demokratie mit Meinungsfreiheit?”, sagte mir kürzlich einer. Wie führt man ein solches Gespräch?
Der erste Satz ist damit korrekt, steht aber in keinerlei Sinnzusammenhang zu den weiteren.
Der Weltraum. Unendliche Weiten. Wir schreiben das Jahr 2012. Dies sind die Abenteuer der Internationalen Raumstation ISS, die mit ihrer 30 Mann starken Besatzung unterwegs ist, um neue Welten zu erforschen, neues Leben und neue Zivilisationen. Drei Autostunden von der Erde entfernt kreist die ISS in Umlaufbahnen, auf denen die meisten Menschen noch nie waren.
Bitte, was? Wir sind bekloppt? Da passen überhaupt keine 30 Leute auf die ISS?
Europa aus dem Weltall. Diese atemberaubende Aufnahme machte ein 30-köpfiges internationales Team 240 Kilometer über der Erde. Ein Großteil des Fotos zeigt Italien
Das “30-köpfige internationale Team” ist nicht das einzig rätselhafte daran: Das Foto ist auch schon ein halbes Jahr alt und taugt deshalb irgendwie nicht so richtig in die Kategorie “Der Tag bei BILD.de” von gestern.
Andererseits liefert die Original-Bildunterschrift bei der US-Weltraumbehörde NASA schon mal eine Antwort auf die Frage, warum bei Bild.de 30 Menschen (statt sechs) an Bord der ISS sind:
This nighttime panorama of much of Europe was photographed by one of the Expedition 30 crew members aboard the International Space Station flying approximately 240 miles above the Tyrrhenian Sea on Jan. 25, 2012. Most of the country of Italy is visible running horizontally across the center of the frame, with the night lights of Rome and Naples being visible to the left and right of center, respectively. Sardinia, and Corsica are in the lower left quadrant of the photo. The Adriatic Sea is on the other side of Italy, and beyond it to the east and north can be seen parts of several other European nations.
Es geht also nicht um “30 crew members” (30 Crew-Mitglieder), sondern “one of the Expedition 30 crew members”, eines der Mitglieder der Crew von Expedition 30.
Aber warum war das Foto gestern bei den Bildern des Tages dabei?
Die Deutsche Presseagentur (dpa), die Bild.de als Quelle angibt, hat eine vielleicht etwas merkwürdige, aber durchaus plausible Erklärung dafür:
Wir haben das bereits ältere Foto am vergangenen Dienstag (31. Juli) neu als Illustration zum Thema “Euro-Schutzschirm ohne Limit im Gespräch” gesendet. Dabei haben wir den Original-Nasa-Text verwendet (“ILLUSTRATION – HANDOUT – This nighttime panorama of much of Europe was photographed by one of the Expedition 30 crew members …”). Wir haben auch nochmals auf das Datum der Aufnahme verwiesen (25. Januar 2012).
Ein Symbolfoto zum Euro-Schutzschirm sorgt für eine Überfüllung der ISS — und das rückwirkend um ein halbes Jahr. Was klingt wie ein Fehler im Raum-Zeit-Kontinuum, ist einfach nur die Fotoredaktion von Bild.de.
Mit Dank an Lorenz G.
Nachtrag, 15.46 Uhr: Mehrere Leser haben uns darauf hingewiesen, dass Bild.de sich auch bei der Umlaufbahn der ISS vertan hat: In der Bildbeschreibung von NASA und dpa ist von “240 miles” die Rede (rund 386 Kilometer), bei Bild.de von “240 Kilometern”.
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1. “Eine Umfrage – und was daraus wird…” (blog.tagesschau.de, Jörg Schönenborn)
Wie man mit Umfragen zum Euro “fast jedes Ergebnis behaupten und jede Schlagzeile gestalten kann”.
2. “Man muss Heribert Prantl verteidigen” (freitag.de, Michael Angele)
Michael Angele weist auf Heribert Prantls “man” hin: “Man muss erleben. Man! Hallo? Schon mal was von Heidegger gehört? Bei diesem vermutlich bedeutendsten Philosophen aller Zeiten ist das Man ja gerade das Gegenteil des Ich! ‘Abständigkeit, Durchschnittlichkeit, Einebnung’ zeichnen es aus.”
4. “Sterbenden Mann fotografiert – angeklagt” (20min.ch, kle)
Einem 19-Jährigen wird in Schottland vorgeworfen, er habe einen verunfallten Mann fotografiert, statt ihm Nothilfe zu leisten – und das Foto wenige Minuten später bei Twitter hochgeladen.
Kleine Kinder wollen immer wissen, was sie zum Geburtstag oder zu Weihnachten geschenkt bekommen. Wenn sie erwachsen werden, interessieren sie sich dafür, wie das neue iPhone, das neue Trikot ihres Lieblingsvereins oder ein neues Auto aussehen könnte, bevor diese Produkte offiziell vorgestellt werden.
Manche Medien leben ganz gut davon, mit einer Gemengelage aus Gerüchten, andererleuts Spekulationen und Selbstgedachtem die Stimmung weiter anzuheizen.
So sieht die aktuelle Ausgabe von “Auto Bild” aus:
Auch auf autobild.de zeigt die Redaktion stolz, wie der neue Mercedes GLG aussehen soll:
Sagen wir so: Es wäre schon ein arger Zufall, wenn der GLG tatsächlich so aussehen würde. Vieles deutet nämlich darauf hin, dass die Grafiker von “Auto Bild” ihren Photoshop-Fähigkeiten einfach freien Lauf gelassen haben.
Das hier ist jedenfalls ein Foto vom Konzept des Land Rover DC 100, das im vergangenen Jahr veröffentlicht wurde:
Wenn man dieses Bild spiegelt, ein bisschen verzerrt und dreht …
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1. “Kein Podium für ruhmsüchtige Attentäter” (lto.de, Henning Ernst Müller)
Der Presserat empfehle bislang nicht, die Identifizierung eines Attentäters oder die Verbreitung seines Fotos zu unterlassen. “Die Täter werden in ihrem Streben nach Prominenz bislang regelmäßig zufrieden gestellt: Nationale wie internationale Medien verbreiten meist schon kurz nach einem Anschlag Namen und Bild des Tatverdächtigen. Nicht etwa eine Goldmedaille bei den olympischen Spielen, sondern ein Anschlag mit möglichst vielen Toten scheint die effektivste Methode zu sein, weltweiten Ruhm zu erlangen, sei er auch noch so negativ besetzt.”
4. “Ich wünsche mir eine Deutsche Nationalmediathek, oder: Das kurze Gedächtnis von RTL” (leitmedium.de, ccm)
Caspar Clemens Mierau fordert, dass “auch private Sender in die Pflicht genommen werden, ein Archiv zu führen. Mindestens alle ausgestrahlten Sendungen sollten vorgehalten werden, wie auch wichtige Begleitmaterialien, Verträge, Pressetexte, usw. Es ist einfach bedauerlich, wenn kulturelle Geschichte nur versendet wird.”
6. “Machen Sie sich das ganze Bild!” (fernsehkritik.tv)
Fernsehkritik.tv veröffentlicht von der Sat.1-Dokusoap “Schwer verliebt” einen Drehplan, einen Kandidatenvertrag und einen Einwilligungsvertrag für Angehörige.
Am Dienstag machte die “Bild”-Zeitung groß mit der Nachricht auf, dass der britische Sänger Seal “mitten in der Scheidungs-Schlacht” von Model Heidi Klum Fotos der gemeinsamen Kinder verwendet hat, um für eine Kamera zu werben.
“Ob auch Heidi mit diesen Fotos glücklich ist”, fragte das Blatt bedeutungsschwanger und ließ sich von einem Experten für amerikanisches Familienrecht erklären, dass es “äußerst fragwürdig” sei, die minderjährigen Kinder “ohne Erlaubnis” der Mutter für so etwas zu nutzen.
“Bild”-Reporter Sven Kuschel formulierte:
Heidi Klum (39) wollte ihre Kinder immer schützen. Nun macht ihr Ex Seal (49) Werbung mit ihnen.
Unmittelbar über diesen Worten zeigte das “Bild” auf ihrer Titelseite die Fotos, um die es geht: Unverpixelte Aufnahmen von den Kindern, die Heidi Klum “immer schützen” wollte — zum Beispiel, indem sie keine unverpixelten Fotos von ihnen veröffentlichen ließ.
Man kann das dumm nennen oder dreist. Es war aber nicht halb so dreist wie das, was “Bild”-Mann Kuschel heute im Blatt treuherzig zu dem Thema nachtrug:
Das war wohl nicht mit Heidi abgesprochen … (…)
JETZT GIBT ES ZOFF UM DIE BILDER!
(…) Wie BILD erfuhr, hat Seal jedoch Heidi anscheinend nicht darüber informiert, dass er die gemeinsamen Kinder vermarkten will!
Klums Anwalt über die Veröffentlichung der Bilder: “Das ist rechtswidrig, denn meine Mandantin hat niemals darin eingewilligt, dass diese Bilder irgendwo gezeigt werden — weder in einem Film noch in einer Zeitung.”
Die Formulierung “Wie BILD erfuhr” ist offenbar eine Umschreibung dafür, dass der Anwalt von Heidi Klum eine Pressemitteilung herausgegeben hat. Und Anlass dieser Pressemitteilung war, man würde das aufgrund der Berichterstattung der “Bild”-Zeitung nicht erahnen, die Berichterstattung der “Bild”-Zeitung. Die Formulierung “Das ist rechtswidrig”, die Sven Kuschel zitiert, bezieht sich konkret nicht auf Seal, sondern auf “Bild”. Davor steht nämlich der Satz:
Die BILD-Zeitung hat die Kinder meiner Mandantin Heidi Klum heute völlig ungepixelt abgebildet. Das ist rechtswidrig.
Weiter heißt es:
Wir gehen für Frau Klum seit Jahren konsequent gegen die Verbreitung von Bildern ihrer Kinder vor, wenn diese auf den Fotos nicht unkenntlich gemacht wurden. Dabei wird es auch bleiben. Wir fordern die Medien auf, die rechtswidrige Berichterstattung der BILD-Zeitung nicht zu übernehmen und das Recht der Kinder auf ihre Privatsphäre zu respektieren.
Soviel Unaufrichtigkeit muss der “Bild” erst einmal jemand nachmachen: aus einem Schreiben, das ihr rechtswidriges Verhalten vorwirft, zu zitieren, ohne zu erwähnen, dass es sich gegen sie selbst richtet.
Die Kinderfotos sind inzwischen auch auf Bild.de unkenntlich gemacht.
Seit der sogenannten Teppichaffäre von Entwicklungsminister Dirk Niebel ist klar, dass gerade an Staatsbeamte besonders hohe moralische Maßstäbe angelegt werden, wenn es um die korrekte Verzollung hochpreisiger Gegenstände geht. Was viele noch nicht wussten, laut dieser “Bild”-Schlagzeile von gestern reicht es sogar schon, wenn man irgendwann einmal in seinem Leben einen Beamten im Fernsehen gespielt hat:
Die Rede ist von Mehmet Kurtuluş, der laut “Bild” …, aber lesen Sie selbst:
Der Fall: Am Freitagmittag landet in Frankfurt am Main die Lufthansa-Maschine “LH 457” aus Los Angeles. An Bord ist auch Schauspieler Kurtulus (…). An der Zollstation 6, im Terminal 1 (Halle B) dann der Zugriff: Die Beamten bitten den ARD-Star, seine Tasche zu öffnen. Sie finden: einen Laptop mit amerikanischer Tastatur! Auf die Frage, ob der Rechner neu gekauft sei, antwortet Kurtulus: “Nein, den habe ich vor etwa anderthalb Jahren gekauft, für ungefähr 1300 Dollar.” Doch einen Beleg hat er nicht. (…) Ein Strafverfahren wird eingeleitet: “Verdacht der versuchten Steuerhinterziehung”.
Gut, Mehmet Kurtuluş ist eigentlich gar kein “Tatort”-Kommissar mehr und der Fall ist so unbedeutend, dass eine Sprecherin des Zolls auf Anfrage von Welt.de erklärt:
Ob allerdings Anklage gegen den Schauspieler erhoben wird, sei unklar. “Solche Fälle passieren hier ständig”, sagte sie.
Wirklich infam ist, dass “Bild” einfach behauptet, dass der Schauspieler “beim Schmuggeln erwischt” wurde, obwohl dies überhaupt nicht erwiesen ist. Zwar wird im Artikel die Behauptung durch “scheint” und “soll” abgemildert, die Unschuldsvermutung sollte jedoch auch in der Überschrift gelten.
Manche Kommentatoren auf Bild.de kommen daher auch gar nicht erst auf den Gedanken, dass Kurtuluş womöglich gar nicht geschmuggelt hat, sondern lassen auch gleich noch ungehemmt ihrem Rassismus freien Lauf (aber das kennt man ja):
Wenn man schon so heißt……………..
Rotzfrech, dummdreist. Daran ändert auch deutsche Staatsbürgerschaft nichts.
Das ist wahre Kulturbereicherung.
Danke an Grüne und Konsorten.
ich wundere mich überhaupt nicht! Das ist nun mal deren Mentalität! Sieht man auf jedem derer Basare…jeder versucht jeden übers Ohr zu hauen.
jetzt wissen wir wenigstens dass er sich wieder in d aufhält und unser sozialsystem belastet
… in die Türkei abhauen !!!
Und damit die eigenen Leser nicht selbst versehentlich eine derartige “Basarmentalität” an den Tag legen, bietet Bild.de gleich noch den passenden Ratgeber:
Dabei zeigt sich auch die Komplexität der Zollbestimmungen:
Wer von außerhalb der Europäischen Union zurückkehrt (z. B. USA, Karibik, Afrika), darf zollfrei einführen:
(…)
• Kleidung und Wertsachen wie Schmuck oder Elektro-Artikel sind bis 300 Euro Wert zollfrei, bei Flug- und Seereisen bis 430 Euro.
(…)
Wer aus einem Nicht-EU-Land mehr mitbringt als erlaubt, muss die Ware bei der Einreise beim Zoll anmelden und eine Einfuhrabgabe zahlen.
Ein Ehepaar reist auf dem Landweg (Pkw) aus der Schweiz ein, wo es 4 antike Stühle gekauft hat. Die Wertgrenze beträgt pro Reisenden 300 Euro, da sie nicht im See- oder Flugverkehr einreisen. Jeder Stuhl kostet 120 Euro. Beide Reisende können innerhalb der Wertgrenze von 300 Euro jeweils 2 Stühle (240 Euro) abgabenfrei einführen.
Ein anderes Ehepaar reist ebenfalls aus der Schweiz ein, wo es sich einen alten, restaurierten Bauernschrank im Wert von 320 Euro gekauft hat. Da der Schrank jedoch nicht teilbar ist, kann sein Wert nicht aufgeteilt werden. Demnach ist der Bauernschrank einem Ehepartner zuzuordnen. Sein Wert in Höhe von 320 Euro übersteigt die Freigrenze von 300 Euro. Somit fallen für den Schrank Einfuhrabgaben an.
– Ist bei nicht teilbaren Waren die Reisefreigrenze überschritten, so werden die Einfuhrabgaben auf den Gesamtwert der Ware und nicht nur auf den die Freigrenze übersteigenden Wertanteil erhoben. Dies bedeutet, dass in oben genanntem Beispiel der Schrank mit seinem Gesamtwert von 320 Euro zu verzollen ist.
So weit so richtig. Weiter im Text:
• Wer maximal 700 Euro über der Freigrenze liegt, die Ware im persönlichen Gepäck mitführt und sie für den privaten Gebrauch bestimmt ist, zahlt pauschal 17,5 Prozent des Warenwertes, der über den Grenzen liegt.
Das hingegen ist falsch. Sobald die Freigrenze überschritten wird, werden sämtliche Abgaben auf den Gesamtbetrag fällig. Das gilt auch nicht bis “maximal 700 Euro über der Freigrenze”, sondern nur bis 700 Euro Gesamtbetrag.
Bild.de weiter:
• Bei einer Überschreitung der Einfuhrgrenze um mehr als 700 Euro, oder wenn der Urlauber die pauschale Besteuerung ablehnt, berechnet der Zoll die Abgaben einzeln für jedes Produkt, abhängig vom Warenwert, Herkunftsland und der Art der Ware. Ein kompliziertes Verfahren, das Sie vermeiden sollten.
Wer dieses komplizierte Verfahren vermeiden will, sollte besser nicht auf Bild.de hören. Wie bereits oben erwähnt, kommt die Einzelberechnung für jedes einzelne Produkt bereits bei Überschreiten der Grenze von 700 Euro und nicht erst bei “Überschreitung der Einfuhrgrenze um mehr als 700 Euro”. Die 700 Euro sind schon die Grenze.
Oder, um es mit den Worten einer großen deutschen Tageszeitung zu sagen:
Die ursprünglich als Zweiteiler (basierend auf den Büchern “Der Hobbit – Eine unerwartete Reise” und “Der Hobbit – Hin und wieder zurück”) geplante Saga sei angesichts des Reichtums der “Hobbit”-Geschichte, der Stärke der Charaktere und der Schauspieler besser auf drei Teile aufgeteilt, erklärte Regisseur Peter Jackson (50).
Doch die zwei Bücher, auf denen die Filme laut Bild.de basieren sollen, gibt es gar nicht — zumindest nicht in der Form: Die Vorlage ist das einzelne Buch “Der kleine Hobbit”. “Eine unerwartete Reise” und “Hin und zurück” (ohne “wieder”) sind die (Unter-)Titel der ursprünglich geplanten zweiFilme, die auf diesem einen Buch basieren. Der Name des dritten Teils ist noch nicht bekannt.
Aber die Ahnungslosigkeit von Bild.de geht noch weiter:
Fraglich, ob der neue Hollywood-Trend der Trilogie nicht nur auf ein weitere Einnahmequelle abzielt. Zum Vergleich: Die drei Bücher der “Herr der Ringe”-Saga haben je nach Publikation rund 1292 Seiten, die Bücher des “kleinen Hobbit” rund 718 Seiten. Ein deutlicher Unterschied, dennoch sind nun beide Verfilmungen Dreiteiler. Wird beim “Hobbit”-Drehbuch einfach noch etwas dazuerfunden?
Mal davon ab, dass Jackson bei der “Herr der Ringe”-Trilogie vieles aus der Buchvorlage weggelassen hat, hat die neueste Ausgabe von “Der Hobbit” (die irritierenderweise den Untertitel “Oder: Hin und zurück” trägt) 382 Seiten.
“Einfach noch was dazuerfinden” musste Jackson wohl dennoch nicht: In seine (jetzt dreiteilige) “Hobbit”-Geschichte lässt er auch die 125-seitigen Notizen einfließen, die “Hobbit”-Autor J.R.R. Tolkien dem dritten Buch seiner “Herr der Ringe”-Trilogie angehängt hatte.
Außerdem: Warum sollte Jackson aus einem Buch nicht drei Filme machen, wenn Bild.de aus “NICHTS” jede Menge Artikel machen kann?
Mit Dank an Volker K. und Mirko P.
Hinweis/Korrektur: Die Neuübersetzung des “Hobbit”-Buchs heißt nur noch “Der Hobbit”, nicht – wie ursprünglich geschrieben – “Der kleine Hobbit”.
Nachtrag, 17.30 Uhr: Bild.de hat den Artikel an den entsprechenden Stellen überarbeitet.
Um 6 Minuten vor 9 Uhr erscheinen hier montags bis freitags handverlesene Links zu lesenswerten Geschichten aus alten und neuen Medien. Tipps gerne bis 8 Uhr an [email protected].
1. “Schwer unter Druck gesetzt” (fernsehkritik.tv, Video, 22:12 Minuten)
Die Sat.1-Sendung “Schwer verliebt” droht einem Kandidaten wiederholt mit Konventionalstrafen in der Höhe von 250.000 Euro.
2. “‘Krone’ dramatisiert Foto aus Syrien: Leser wenden sich an Presserat” (derstandard.at, Sabine Bürger)
Christoph Dichand, Chefredakteur der “Kronen Zeitung”, nimmt Stellung zum manipulierten Foto aus Syrien: “Während wir die Copyrights beider Fotos korrekt angegeben haben, fehlte leider der Hinweis darauf, dass es sich eben um das journalistische Stilmittel einer Fotomontage handelt.”
3. “Leistungsschutzrecht: Google will Runden Tisch bei Angela Merkel” (deutsche-wirtschafts-nachrichten.de)
Kay Oberbeck von Google zum neuen Entwurf des von Presseverlegern angestrebten Leistungsschutzrechts: “Der jetzt vorgelegte Gesetzesvorschlag bedeutet einen Eingriff in die Informationsfreiheit und würde Deutschland weltweit isolieren. Schon jetzt kann sich jeder Verlag durch eine einfache Programmierungszeile aus der Google Suche herausnehmen – dafür bedarf es keines neuen Gesetzes. Presseverlage profitieren in erheblichem Umfang von Suchmaschinen und anderen Online-Diensten. Alleine durch Google werden pro Minute 100.000 Klicks auf Verlagsseiten weiter geleitet. Es ist absurd, dass nun ausgerechnet Suchmaschinen Adressaten des Gesetzes sein sollen.”
4. “ARD&ZDF: Disqualifikation bei den Olympischen Spielen” (dwdl.de, Thomas Lückerath)
ARD und ZDF weisen in ihrer Olympia-Übetragung nicht sauber aus, was live ist und was aufgezeichnet: “Während also in Wirklichkeit oft schon Medaillen verteilt sind, gaukeln ARD und ZDF mit zeitversetzt gezeigten Aufzeichnungen noch Spannung vor – ohne das kenntlich zu machen. (…) Da man annehmen darf, dass die beiden Sender doch technisch in der Lage sind, dies umzusetzen, will man die Fernsehzuschauer also bewusst in die Irre führen.”
5. “Trauerberichterstattung” (sueddeutsche.de, Saskia Aleythe)
ARD und ZDF beschwören aufgrund ausbleibender Medaillen deutscher Athleten eine Trauerstimmung: “Im gefühlten Halbstundentakt schoben die Kollegen von Katrin Müller-Hohenstein einen dreiminütigen Film zum ‘Schwarzen Tag der deutschen Schwimmer’ ein. (…) Mit langem Gesicht saß Expertin Franziska van Almsick vor der Kamera und hielt das Mikrofon starr wie eine brennende Kerze, bei der jede Schieflage ein Wachsdesaster zur Folge hätte.”