Kriegsfotografie, Rekrutenclips, Sterbe-TV

1. Von den Straßen Aleppos
(faz.net, Miray Caliskan)
Der Syrer Hosam Katan wollte das Assad-Regime bekämpfen. Er hat dazu jedoch nicht die Waffe, sondern die Handykamera verwendet. Mit Erfolg: Seine Fotos mitten aus dem Bürgerkrieg wurden in den sozialen Medien verbreitet und von Nachrichtenagenturen gekauft. Der 22-jährige Katan ist mittlerweile aus Aleppo nach Deutschland geflohen und hat unlängst einen Workshop für Handyfotografie geleitet. Die “FAZ” hat mit dem geflüchteten Syrer gesprochen, dessen Ziel es ist, an der Universität von Hannover Fotojournalismus zu studieren. Und natürlich werden einige seiner Bilder aus Aleppo gezeigt.

2. Kolumnist und Legende in Haft
(taz.de, Ali Celikkan)
Die schlechten Nachrichten aus der Türkei reißen nicht ab. Nun wurde der 75-jährige “Cumhuriyet”-Kolumnist Hikmet Çetinkaya ins Gefängnis geworfen. Wegen angeblicher Unterstützung der Gülen-Bewegung. Ausgerechnet, denn Çetinkaya berichtet seit Jahrzehnten kritisch über die Gülen-Bewegung und wurde nach eigenen Angaben bereits 170 Mal von Gülenisten verklagt.

3. Bundeswehr verteidigt Web-Serie
(ndr.de)
Die Bundeswehr goes Youtube. Mit der Webserie “Die Rekruten” will man für sich und vor allem für Nachwuchs werben. Die Bundeswehr lässt sich die Filmchen 1,7 Millionen Euro kosten, die Kampagne zur Bewerbung der Clips soll noch einmal 6,2 Millionen Euro kosten. Da ist es fast zwangsläufig, dass die Frage gestellt wird, ob das Geld gut investiert ist.

4. Der fliegende Holländer im Presserecht
(carta.info, Uwe Jürgens)
Wenn es um presserechtliche Vorgänge geht, taucht immer wieder der Begriff des “fliegenden Gerichtsstands” auf. Uwe Jürgens hat einen ausführlichen und in die Tiefe gehenden Artikel über das umstrittene Phänomen verfasst, in dem er die verschiedenen Positionen vorstellt. Jürgens plädiert am Ende seines Beitrags für weniger Gerichtsstände (“Kompetenzsicherung durch Spezialisierung”) und zeigt auf, wie es die Nachbarn in der Schweiz und in Österreich gelöst haben.

5. Syrien, Aleppo. Irak, Mosul. Fragen über Fragen
(infosperber.ch, Urs P. Gasche)
Urs P. Gasche fühlt sich von den Medien schlecht informiert, was die Lage in Syrien anbelangt und hat eine Liste von 23 Fragen erstellt. “Auf alle diese Fragen gibt es keine schnellen Antworten. Wenn Krieg herrscht, sind Informationen ein Teil davon. Medien werden instrumentalisiert und manipuliert, subtil oder weniger subtil. Und zwar von allen Kriegsparteien. Deshalb wäre Zurückhaltung angesagt. Vorsichtiges Formulieren in neutraler Sprache und mit deutlichen Hinweisen auf ungesicherte Quellen.”

6. Warum das Fernsehen sterben wird
(wiwo.de, Oliver Schütte)
Oliver Schütte sieht das öffentlich-rechtliche Fernsehen in ernsthaften Schwierigkeiten: Anspruchsvolle Stoffe und Erzählweisen gebe es nur noch bei den Streamingdiensten. Die herkömmlichen Programmsender würden dagegen nur niveauloses Bügelfernsehen liefern. Schüttes Empfehlung bezüglich öffentlich-rechtlicher Zukunftsgestaltung: “Die Agenda 2025 von ARD und ZDF sollte ehrgeizige Ziele entwickeln, für die deutsche Zuschauer bereit sind, mehr als 200 Euro Rundfunkbeitrag im Jahr zu bezahlen. Nur so wird es den deutschen öffentlich-rechtlichen Sendern gelingen, international erfolgreiche Formate wie die anderer europäischer Sender („Sherlock“, „Downton Abbey“, „Borgen“ und „Gomorrha“ et cetera) zu produzieren. Andernfalls werden sich nur noch die Älteren nostalgisch an ARD und ZDF erinnern können, weil die Sender von der Bildfläche verschwunden sein werden.”

Berlin-Verhängnis, Volontärsfrust, Facebook-Nazis

1. Zum Verhängnis
(sueddeutsche.de, Jens Schneider)
Ausgerechnet in Berlin, der größten Stadt Deutschlands, haben es Zeitungen besonders schwer. Hier kämpfen Blätter wie “Berliner Zeitung”, “Tagesspiegel”, “Morgenpost”, und “BZ” um die Gunst des Lesers. Die Größe des Berliner Zeitungsmarktes sei bei genauerer Betrachtung eher ein Nachteil. Durch ihre Konkurrenz würden sich die Zeitungen gegenseitig schwächen. Der Zeitungsmarkt hat aber auch noch andere Schwierigkeiten, ob es die vielen Zugezogenen ohne publizistische Heimat sind, die stark segmentierten Milieus oder eine noch immer bestehende Aufteilung in Ost und West.

2. Nackt im Netz: Millionen Nutzer ausgespäht
(ndr.de)
Multinationale Firmen haben sich darauf spezialisiert, die Nutzer im Netz zu beobachten, ihre Schritte aufzuzeichnen und diese Informationen weiterzuverkaufen. Angeblich anonymisiert und ohne Schaden für den Einzelnen. Der “NDR” hat dazu recherchiert und ist über die zig Millionen Male installierte Browser-Erweiterung der Firma “Web of Trust” (WOT) gestolpert. Diese greift allerlei Daten ab, die sie angeblich anonym abspeichert. Reporter des NDR konnten jedoch in Stichproben mehr als 50 Nutzerinnen und Nutzer persönlich identifizieren, zum Beispiel über E-Mail-Adressen, in denen der Name steht, Anmeldenamen oder andere Bestandteile der aufgerufenen URLs. Auf Anfragen des NDR reagierte das Unternehmen nicht. Und wer sich gegen die Schnüffelpraxis juristisch zur Wehr setzen will, hat es schwer, zumal vom Ausland aus operiert wird.

3. Wie eine Lokalzeitung kaputt gemacht wird
(deutschlandradiokultur.de, Anonym)
“Deutschlandradio” hat mit einem Volontär einer kleinen Regionalzeitung gesprochen. Dieser hat dem Radiosender aus dem Schutz der Anonymität heraus sein Herz ausgeschüttet: Sein Redaktionsalltag würde duch Sparzwänge, Ausbeutung und Unlust zur Veränderung bestimmt. Und über all dem würde ein Verlagsgeschäftsführer thronen, dem nicht viel am Journalismus liege. Am Ende des Volontariats wird ihm ein wenig attraktiver und befristeter PR-Job angeboten, doch er entscheidet sich zu gehen: “Nicht, weil mir nichts am Lokaljournalismus liegt – denn das tut es. Aber ich will nirgends bleiben, wo die Zukunft in der Vergangenheit liegt.”

4. Das Mediendesaster
(medienwoche.ch, René Zeyer)
“Medienwoche”-Autor René Zeyer empfindet die Berichterstattung über den US-Präsidentschaftswahlkampf als eine Karikatur des Journalismus. “Die mediale Vermittlung des US-Wahlkampfs lässt mehr Fragen offen als sie beantwortet. Die deutschsprachigen Medien bespaßen sich und das Publikum mit granulierten Informationsbytes, aus denen keine Schwarmintelligenz, sondern Schwarmdummheit resultiert.”

5. Neue „Feinde der Pressefreiheit“ veröffentlicht
(reporter-ohne-grenzen.de)
Zum heutigen UN-Welttag gegen Straflosigkeit für Verbrechen an Journalisten hat “Reporter ohne Grenzen” eine neue Liste der „Feinde der Pressefreiheit“ veröffentlicht. Darauf 35 Staats- und Regierungschefs, Extremisten- und Verbrecherorganisationen und Geheimdienste, die für die rücksichtslose Unterdrückung der Pressefreiheit durch Zensur, willkürliche Verhaftungen, Folter und Mord stehen.
Dazu auch: Alle fünf Tage wird ein Journalist umgebracht auf “Tagesschau.de”.

6. Was geschieht, wenn man einen Facebook-Nazi bei der Polizei anzeigt
(digitalpresent.tagesspiegel.de, Sebastian Leber)
Was geschieht, wenn man einen Facebook-Nazi wie “Andrea J.” bei der Polizei anzeigt? Manchmal eine ganze Menge: Hausbesuch durch Polizei, Beschlagnahme, Staatsanwaltschaft… “Sehr wahrscheinlich ist Andrea J. kein feinerer Mensch geworden. Aber immerhin hat sie aufgehört, das Netz zu verpesten. Das ist doch schon was. Hätte er sich an Facebook gewandt, sagt mein Freund, würde Andrea J. weiter Hakenkreuz-Party machen.”

BILDblog dankt

Wir möchten uns bedanken! Und zwar bei all denen, die uns Monat für Monat finanziell unterstützen. Zusammen mit den Lesern, die uns jeden Tag sachdienliche Hinweise schicken, sorgen Sie dafür, dass es das BILDblog überhaupt geben kann. Da wir es zeitlich nicht schaffen, jedem von Ihnen eine eigene Dankes-Mail zu schreiben, gibt es hier auf der Seite ab sofort jeden Monat einen herzlichen Sammel-Dank.

Sollte Ihr Name noch nicht in der Liste unten auftauchen, obwohl Sie große Lust hätten, mal einen Dank von uns zu bekommen — kleiner Tipp: Es ist ganz einfach, das BILDblog zu unterstützen.

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Sollten Sie Ihren Namen hier vergeblich suchen, obwohl Sie uns bereits finanziell unterstützen, nicht wundern: Doppel- und Firmennamen haben wir im Sinne der Anonymität gestrichen.

Härter gegen das “Pinkel-Phantom”

An manchen Tagen plagt man sich mit schrecklichen Gedanken, weil man sich schlecht fühlt und die Befürchtung hat, das könnte was Schlimmeres sein. Bei Google sprechen die Symptome gleich für mehrere tödliche Krankheiten, und es wird von Stunde zu Stunde unerträglicher. In der Nacht bekommt man kein Auge zu. Morgens bestellt man zum letzten Mal in seinem Leben ein Taxi und lässt sich zwei Straßen weiter zum Hausarzt fahren. Unterwegs schaut man sich durchs Fenster etwas wehmütig noch einmal die Gegend an, in der man gewohnt hat. Und nach endlosen Stunden im Wartezimmer reicht dem Arzt schon ein flüchtiger Blick in den Rachen, um sagen zu können: “Das ist wohl ein leichter Infekt. Ich schreib’ Ihnen hier mal was auf. In zwei, drei Tagen ist alles wieder in Ordnung.” Und augenblicklich geht es einem besser.

Ralf Heimann hat vor ein paar Jahren aus Versehen einen Zeitungsbericht über einen umgefallenen Blumenkübel berühmt gemacht. Seitdem lassen ihn abseitige Meldungen nicht mehr los. Er hat mehrere Bücher veröffentlicht, zuletzt zusammen mit Daniel Wichmann “Hier ist alles Banane — Erich Honeckers geheime Tagebücher 1994 – 2015”. Fürs BILDblog kümmert er sich um all die unwichtigen Dinge, die in Deutschland und auf der Welt so passieren.
(Foto: Jean-Marie Tronquet)

So funktionieren Menschen. Der gegenwärtige Zustand ist oft gar nicht das Problem. Es ist eher die Angst davor, dass alles noch schlimmer werden könnte und dann womöglich außer Kontrolle gerät. Das macht viele Menschen wahnsinnig. Leider kann der Hausarzt da nicht immer helfen. Oft kann niemand helfen. Und für den Fall gibt es Politiker.

Zum Beispiel die Sache mit den Grusel-Clowns. Mittlerweile schon seit ein paar Wochen verbreiten vor allem “Bild” und Bild.de Angst und Schrecken, indem sie unter dem Deckmantel der Trend-Berichterstattung Menschen dazu ermuntern, sich als Clown zu verkleiden und auf den Straßen andere zu erschrecken.

“Bild”-Leser müssen offenbar nur “Trend aus den USA” lesen, schon denken sie: Hier kann man mal vorne dabei sein, und dann machen sie auch den größten Unfug mit, es muss eben nur ein Trend sein. Die “Bild”-Medien könnten vermutlich auch das Gerücht verbreiten, aus den USA schwappe gerade ein neuer Trend rüber, der darin bestehe, dass Menschen sich in aller Öffentlichkeit laut grunzend einnässen und danach unerkannt verschwinden. Auch da würden sich wahrscheinlich “Bild”-Leser finden, die das für so positiv verrückt hielten, dass sie unbedingt mitmachen wollten. Die Wahrscheinlichkeit, dass sich davon irgendwer in der Öffentlichkeit belästigt fühlen und zuschlagen würde, wäre recht groß. Schon hätte man die nächste Schlagzeile.

Solche Trends werden schnell zum Selbstläufer. In jeder weiteren Meldung sehen viele Menschen nur eine Botschaft, nämlich: So kommen Sie in die Zeitung. Und dann tauchen immer mehr “Bild”-Leser auf, die in U-Bahn-Stationen und Kaufhäusern stehen und grunzen, während ihnen der Urin aus der Hose läuft.

Auch darüber wird selbstverständlich berichtet, denn das ist ja irgendwie auch ein Spektakel. In anderen Redaktionen fällt während der Morgenkonferenz der Satz: “Das können wir nicht einfach ignorieren.”

Von da an gibt es jeden Tag mindestens einen neuen Fall. Die “Bild”-Zeitung erfindet das Wort “Pinkel-Phantom”, und irgendwann sprechen sie darüber auch in politischen Gremien, wo man das Problem zwar nicht so ganz ernst nimmt, aber doch die Gefahr sieht, dass in der Bevölkerung der Eindruck entstehen könnte, man habe die Lage nicht mehr unter Kontrolle.

Und wenn dieses Stadium erreicht ist, tritt meistens irgendwer mit Verantwortung vor Journalisten an ein Mikrofon und sagt den entscheidenden Satz: “Wir werden härter dagegen vorgehen.”

In der Sache mit den Clowns hat Bayerns Innenminister Joachim Herrmann seine Erklärung schon vor über einer Woche abgegeben:

Kurz darauf hat auch die Polizei noch mal versichert, dass sie ein härteres Vorgehen für notwendig hält:

Und wenn man darüber nachdenkt, was den Menschen sonst noch Angst machen könnte, und das mal googelt, weiß man gar nicht, ob man es beruhigend oder doch eher beängstigend finden soll, dass dieser Medien-Mechanismus anscheinend so verlässlich funktioniert, dass er immer wieder zum Einsatz kommt.

Um nur mal in Bayern zu bleiben. Keine Woche zuvor ging es um die Reichsbürger. Da hatte Herrmann das hier gesagt:

Und die Reichsbürger sind in Bayern ja nicht die Einzigen, zu denen man noch viel zu nett ist:

Hinzu kommen die Kriminellen im Internet:

Nicht zu vergessen die an der Grenze:

Oder die Wirtschaftsflüchtlinge:

Selbstverständlich will Joachim Herrmann auch gegen Islamisten härter vorgehen:

Nicht ganz so häufig liest man später Meldungen wie: “Härteres Vorgehen gegen Horror-Clowns führt zu spektakulären Erfolgen.”

Das kann unterschiedliche Gründe haben. Möglicherweise ist das härtere Vorgehen oft zwar sensationell erfolgreich, aber die Politiker vergessen regelmäßig, das mitzuteilen, und die Journalisten fragen einfach nicht nach, weil sie entweder froh sind, über die Sache nichts mehr schreiben zu müssen, oder weil sie vergessen haben, dass es das Thema überhaupt irgendwann gab.

Vielleicht erreicht man mit noch mehr Härte aber auch einfach nicht ganz so viel. Und es gibt kaum einen Menschen, der wieder aus seinem Clown-Kostüm steigt, weil er denkt: “Noch unfreundlichere Polizisten? Noch härtere Strafen? Nee, das tu ich mir nicht an. Da erschreck’ ich lieber die Kaninchen im Garten.”

Es gibt aber noch eine weitere Möglichkeit. Es kann auch sein, dass die Erfolge in Wirklichkeit egal sind und es am Ende bei diesem Spiel von Medien und Politik um etwas ganz anderes geht — um den Eindruck, dass es jemanden gibt, der sich die Sache mal eben anschaut und dann relativ schnell sagen kann: “Ich verschreib’ Ihnen mal dieses Mittel hier. In zwei, drei Tagen ist alles wieder in Ordnung.”

Gema-Youtube-Lizenzfrieden, Oettinger-Hilfe, Digitales Brauchtum

1. Youtube zahlt Gema
(faz.net, Michael Hanfeld)
Gute Nachricht für Musikfans: Nach jahrelangem Rechtsstreit schließen Gema und Youtube einen Lizenzvertrag, der heute in Kraft tritt. Musikvideos, die unter Gema-Lizenz laufen, werden nicht mehr mit der Sperrtafel belegt, sondern können laut “FAZ”-Information ab heute abgespielt werden. Und die rund 70.000 Komponisten, Textdichter und Verleger werden an den von Youtube erwirtschafteten Einnahmen beteiligt.

2. Kein Geld, keine Kritik
(taz.de, Ali Celikkan)
Um die Medien in der Türkei ist es schlecht bestellt. Allein seit dem Putschversuch haben 3.000 Journalisten ihre Jobs verloren, sodass nun insgesamt 10.000 Journalisten in der Türkei arbeitslos sind, so Ali Celikkan in der “taz”. Mit einem neuen Gesetz will die türkische Regierung nun unliebsamen Medien die Anzeigeneinnahmen entziehen. Betroffen ist auch die finanziell nicht so gut ausgestattete überregionale Tageszeitung „Cumhuriyet“. Eine Anklage reicht und dem entsprechenden Medium werden alle staatlichen Anzeigen entzogen. Außerdem muss jeder Angestellte, der wegen Verstößen gegen die Verfassungsordnung oder der Unterstützung terroristischer Organisationen angeklagt wird, innerhalb von fünf Tagen entlassen werden.

3. Fragwürdiger Beistand der “Welt” für Oettinger
(ndr.de, Hendrik Maaßen)
EU-Kommissar Günther Oettinger hat für seine umstrittene Rede vor Unternehmern in Hamburg viel Kritik geerntet. Springers “Welt” hält jedoch zu Oettinger und leistet in auffälliger Weise Beistand. “Waren die freundliche Worte Schützenhilfe für einen Helfer in eigener Sache? EU-Digitalkommissar Günther Oettinger will mit einer geplanten Urheberrechtsreform Verlagen helfen, an den Gewinnen von Google und Co. beteiligt zu werden. Ein sogenanntes europaweites Leistungsschutzrecht soll Medienhäuser “auf Augenhöhe” mit IT-Giganten bringen.”

4. „Trumps Wahlkampf wird wie von einem Verrückten geführt“
(faz.net, Oliver Georgi)
Der amerikanische Wahlkampfberater Jim Walsh ist Experte für “digital campaigning”. Im Interview spricht er über die Strategien der Bewerber und wie man sich in den USA personalisierter digitaler Wahlwerbung bedient. Die Vorgehensweise lässt jeden deutschen Datenschützer zusammenzucken: “Vereinfacht gesagt kaufen wir gewaltige Mengen an Cookie-Daten, die von speziellen Datenhändlern angeboten werden. Unserem Unternehmen gehören rund 800 Millionen Cookie-Daten, die Nutzer im Netz hinterlassen haben: Wer hat sich wann auf welchem Browser eingeloggt, welche Mailadresse hat er in Diensten wie Amazon oder Yahoo benutzt, welche Seiten hat er besucht? Diese Datensätze vergleichen wir dann mit den sehr detaillierten Wählerdaten, die in Amerika in vielen Bundesstaaten öffentlich sind, und suchen nach Gemeinsamkeiten.”

5. Gruselpresse: Journalisten in Horrorfilmen
(journalistenfilme.de, Patrick Torma)
Pünktlich zu Halloween hat Patrick Torma auf “journalistenfilme.de” 13 Filme rausgesucht, in denen Journalisten eine gruselig-düstere Rolle spielen. Ein blutiges Potpourri des Grusel-Trashs.

6. Digitaler Heimat- und Brauchtumsverein (Digitale Oktober Notizen)
(dirkvongehlen.de)
Dirk von Gehlen fordert einen digitalen Heimat- und Brauchtumsverein, denn: “Wer im Internet Zuhause ist, hat das gleiche Recht auf Brauchtums- und Heimatpflege wie all die anderen Interessengruppen, die in Schulen, Behörden, Gremien, Kirchen, Parteien und Gewerkschaften Einfluss nehmen.” Update: Zwischenstand zum „Digitalen Heimat- und Brauchtumsverein“

Spaß-Rassismus, Kiosk-Forschung, Keylogger vor Gericht

1. Wer beendet den Murmeltiertag?
(faz.net, Michael Hanfeld)
Michael Hanfeld fühlt sich bei der Debatte um den Rundfunkbeitrag an den Murmeltiertag erinnert. “Es wiederholt sich immer alles, jeden Satz haben wir schon viele Male gehört, jede Entscheidung genau so und nicht anders gewärtigt: Die öffentlich-rechtlichen Sender beklagen, sie hätten zu wenig Geld und brauchten dringend eine Erhöhung der Abgabe. Die Experten der Gebührenkommission Kef rechnen nach, stellen fest, dass dem nicht so ist und schlagen vor, wie hoch der Monatsbeitrag sein soll. Die Ministerpräsidenten schauen sich das Ganze an und folgen der Empfehlung in der Regel beziehungsweise folgen ihr jetzt – wie zu erwarten – nicht, weil das unangenehme Folgen haben könnte.”

2. Spähaktion landet vor Gericht
(taz.de, Sebastian Erb & Martin Kaul)
Der Fall um den in der “taz”-Redaktion eingesetzten Keylogger soll nun juristisch aufgearbeitet werden: Die Berliner Staatsanwaltschaft hat gegen den früheren “taz”-Redakteur Sebastian Heiser Anklage erhoben. Der Vorwurf: Heiser soll zwischen dem 1. Januar 2014 und dem 17. Februar 2015 an verschiedenen Rechnern innerhalb der “taz”-Redaktion mit einem sogenannten Keylogger Daten abgefangen haben. Ob der Angeklagte vor Gericht erscheinen wird, ist jedoch fraglich. Er hatte sich nach Bekanntwerden der Vorwürfe gegen ihn in ein asiatisches Land abgesetzt, mit dem Deutschland kein Auslieferungsabkommen hat.

3. Nach Trump: Dieser Absturz wird heftig werden
(dwdl.de, Hans Hoff)
Hans Hoff sieht in seiner neuesten Kolumne eine große Medienkrise auf uns zukommen, sollte Trump die US-Wahlen verlieren: “Gedanken muss man sich auch machen um die Entsorgung der ganzen schlechten Wortspiele. Wenn das Trumpeltier auf dem Trumpelpfad mit Pauken und Trumpeten untergegangen ist, müssen die Konstruktionen ja irgendwo hin. Gibt es schon ein Endlager für Trump-Witze? Mit einer Sonderabteilung für Frisurenwitze? Lagern möglicherweise in der Asse die Trump-Haupthaargags dann gleich neben denen über Angela Merkels verstorbenen Friseur?”

4. Warum ich über den Schwarzen Mann als böse Überraschung nicht lachen kann
(uebermedien.de, Ali Schwarzer)
Samstagabend lief im Ersten die Unterhaltungssendung “Verstehen Sie Spaß?”, ein Showklassiker, der seit den Achtziger Jahren vor allem durch Bemühtheit und Muffigkeit auffällt. Vor der Ausstrahlung war bekannt geworden, dass Moderator Guido Cantz den Schweizer Talkshowmoderator Röbi Koller mit einem “Streich” der etwas seltsamen Art überrascht hat: Er war als klischeehaft verkleideter Schwarz-Afrikaner mit dunklem Make-up, Schlauchlippen und starkem Akzent aufgetreten. Dies hatte im Vorfeld für Unruhe gesorgt, doch die kritischen Stimmen haben den Sender nicht davon abgehalten, die umstrittene Sequenz auszustrahlen. Ali Schwarzer schreibt auf “Übermedien”, warum er über den Schwarzen Mann als böse Überraschung nicht lachen kann.

5. Hamburger Landgericht will “Schmähkritik”-Affäre klären
(horizont.net)
In der Auseinandersetzung um das Böhmermannsche “Schmähgedicht” hat der türkische Präsident Erdogan Anfang Oktober eine juristische Schlappe erlitten: Die Staatsanwaltschaft Mainz hat die Ermittlungen gegen Böhmermann eingestellt, eine Beschwerde Erdogans wies die Generalstaatsanwaltschaft Koblenz als unbegründet zurück. Nun wird sich ab Mittwoch das Landgericht Hamburg mit der Sache befassen. Dort liegt noch eine Klage des Präsidenten als Privatmann vor, die zum Ziel hat, das Gedicht in Gänze zu verbieten.

6. Entdeckt (62): Nackte, Tote und ein kiffendes Stinktier – 20 Hefte aus den USA
(kioskforscher.wordpress.com, Markus Böhm)
“Kioskforscher” Markus Böhm hat seinen New-York-Trip genutzt, sich in Zeitschriftenläden nach skurrilen Magazinen umzuschauen. Seine Ausbeute: 20 Hefte, die sich um Zielgruppen wie Kiffer, Wildpinkler und Nudisten bemühen. Gleich zu Beginn seiner Umschau widmet er sich “Going Natural”, einem Magazin, bei dem sogar die Autoren nackt sind und das erwartungsgemäß freikörperzentriert ausfällt. “Auf den Rest des Heftes verteilen sich Nachrichten („Veteranen behandeln posttraumatische Belastungsstörung mit Nudismus“), Ausflugstipps („Neues FKK-Restaurant in London“) und ein Kreuzworträtsel („Offizieller FKK-Strand in Florida“ mit acht Buchstaben?), drumherum berichten Nudisten über ihre Sorgen und Erfahrungen.”

Bild.de wärmt einen Grusel-Clown in altem Frittenfett auf

Wir müssen noch einmal auf die Horror-Clowns zurückkommen. Vor vier Tagen veröffentlichte Bild.de diesen Artikel:

So eine seltene Sichtung verkaufen Julian Reichelt und sein Team natürlich direkt als kostenpflichtigen Inhalt, das entscheidende Video kann man aber auch ohne “Bild plus”-Zugang bei Youtube sehen.

Zu einer sich viermal wiederholenden Videosequenz sagt der Sprecher:

Horror-Clown-Alarm bei McDonald’s in Bocholt. Am Freitagabend gegen 21 Uhr stürmt ein Mann mit Maske und Motorsäge das Schnellrestaurant. Oli H. zückt sein Smartphone und filmt alles mit. Die Mitarbeiter verstecken sich hinter dem Tresen, etwa 15 Leute laufen in Panik aus dem Laden. Die ganze Zeit hört man das irre Lachen des Clowns. Und so schnell, wie er kam, ist er dann auch wieder verschwunden. Die Hintergründe des irren Auftritts bleiben völlig unklar.

Im dazugehörigen Artikel gibt es noch ein paar Aussagen vom filmenden Augenzeugen Oli H., der dort allerdings Markus H. heißt:

Freitagabend gegen 21 Uhr, Markus H. (22) sitzt mit einigen Freunden in einem McDonald’s-Restaurant in Bocholt: “Es war schon dunkel draußen. Wir hatten gerade unser Essen bekommen.”

Markus H. zu BILD: “Ich war im ersten Moment extrem geschockt. Wir dachten alle, das ist ein schlechter Scherz.”

Zu “Focus Online” und selbst bis nach Österreich zu oe24.at hat es diese Horror-Clown-Geschichte geschafft:

Was weder Bild.de noch “Focus Online” noch oe24.at den Lesern verrät: Die Aufnahmen sind bereits zwei Jahre alt. Und statt der 15 Leute, die “in Panik aus dem Laden” laufen, sieht man in dem 51-Sekunden-Video vor allem zwei Mädchen, die sich vor Lachen kaum noch einkriegen. Und es sind auch keine Mitarbeiter zu sehen, die sich hinter dem Tresen verstecken, sondern ein Filialleiter, der mit dem Mann im Clown-Kostüm spricht.

Außerdem bleiben “die Hintergründe des irren Auftritts” nicht völlig unklar, wie Bild.de behauptet. Das “Bocholter-Borkener Volksblatt” hat nämlich mal nachgeforscht (Text hinter Bezahlschranke):

Im Teaser heißt es:

Panik bei McDonald’s in Bocholt, meldet eine Boulevardzeitung: Ein Gruselclown mit “offenbar echter Motorsäge” habe die Gäste in Angst und Schrecken versetzt. Doch Entwarnung: Was sich da “Freitag gegen 21 Uhr” ereignet haben soll, ist ein zwei Jahre alter Auftritt zu Halloween gewesen.

Die Lokalredaktion hat auch mit dem Grusel-Clown gesprochen. Der sagt heute:

“Ich hatte die Clownsmaske auf und die anderen haben das gefilmt. Das war damals ein echter Spaß für uns”, sagte der Bocholter Markus P. (Name geändert) dem BBV. […] Nun habe sich die Boulevardzeitung gemeldet und das Video gekauft.

Und:

Gruselclown Markus P. indes hat seinen zwei Jahre alten Auftritt ganz anders in Erinnerung: “Da ist niemand rausgerannt. Ich hab‘ mich am Anfang des Videos ruhig mit dem Geschäftsführer unterhalten.”

Es gibt nun zwei Möglichkeiten: Entweder hat sich Bild.de bei dieser Geschichte von Oli/Markus H. so richtig über den Fast-Food-Tisch ziehen lassen. Oder die Redaktion hat sich all den Quatsch mit der Panik einfach ausgedacht. So oder so — für ein zwei Jahre altes Video zahlt man doch gerne ein “Bild plus”-Abo.

Mit Dank an @im_fo, Sisi T. und Ralf H. für die Hinweise!

Snowdenappell, Einschüchterung, Medienverflechtungen

1. Snowden zu Journalisten: „Der Kampf um Privatsphäre wird auf euren Titelseiten gewonnen“
(netzpolitik.org, Ingo Dachwitz)
Die “SZ” hat im Rahmen des “Editor’s Lab” mit NSA-Whistleblower Edward Snowden gesprochen und das Gespräch via Live-Schalte übertragen. In dem 70-minütigen Gespräch ging es um Verantwortung und Möglichkeiten des Journalismus. Snowden: “Journalisten trifft es zuerst. Sie werden immer mehr zu einer bedrohten Klasse, wenn wir an das Recht auf Privatsphäre denken. Ich kann Tipps geben, wie ihr eure Kommunikation schützen könnt, aber das ist ein Kampf, den ihr so nicht gewinnen könnt. Ihr müsst ihn auf den Titelseiten führen und ihr müsst ihn gewinnen, wenn ihr in der Zukunft in der Lage sein wollt, so zu berichten, wie ihr es bislang konntet.”
Dazu passend der Beitrag der “SZ”: Snowden rechnet mit Bundesregierung ab

2. Interview: Journalisten unter Druck
(ndr.de, Timo Robben)
Ein prominenter Medienanwalt geht wiederholt gegen eine Verbraucherschutzorganisation vor, die im Zuge des Dieselskandals nicht nur Messergebnisse, sondern auch das Anwaltsschreiben veröffentlicht hatte, in dem er für den Fall der Veröffentlichung rechtliche Konsequenzen ankündigte. “Zapp” hat mit dem Geschäftsführer des Deutschen Journalisten Verbandes in Hamburg, Stefan Endter, gesprochen, der selbst Rechtsanwalt ist: “Solche Anschreiben können eine psychologische Wirkung erzielen. Journalisten könnten dann genauer darüber nachdenken, was sie wie veröffentlichen. Und genau darauf setzt diese Praxis auch. Solche Anschreiben, wie im vorliegenden Fall, sind von besonderer Qualität. Rechtsanwälte werden oft präventiv für ihre Mandanten aktiv und manchmal auch mit dem Versuch, Journalisten unter Druck zu setzen.”

3. Unwürdig und respektlos
(taz.de, Anne Fromm)
Der Verlag DuMont legt die Redaktionen von “Berliner Zeitung” und “Berliner Kurier” zusammen. Damit kommen Boulevard- und Qualitätsinhalte zukünftig aus einer Hand. Anne Fromm fragt sich in der “taz”, wie das funktionieren soll und prangert die Versäumnisse der Vergangenheit an: “Der Verlag hätte das verhindern können, wenn er früher umgebaut hätte. Die Berliner Zeitung ist nicht die einzige, die mit sinkenden Auflagen und der Konkurrenz im Internet kämpft. Andere haben schon lange ihre Onlineredaktionen aufgestockt, arbeiten multimedial, experimentieren mit Video und sozialen Medien, kurz: denken großen Journalismus online. Das hat die Berliner Zeitung verpasst.”

4. Und ewig sparen die Verleger
(jungejournalisten.ch, Karin Wenger)
In der Schweiz hat die Ankündigung eines neuen Medien-Startups vor kurzem für einigen Wirbel gesorgt. Der Journalist Constantin Seibt hatte angekündigt, den “Tages-Anzeiger” zu verlassen und “Project R” zu gründen, eine Plattform für “wachen und intelligenten Journalismus”, ein “digitales Magazin für aktuellen Hintergrund, Kontext und Diskurs”. Mit dabei: Der Medienjournalist und Bundeshausreporter Christof Moser. “jungejournalisten.ch” hat mit Moser gesprochen und ihn im Kurz-Interview über die neuesten Sparmaßnahmen beim Medienkonzern “Tamedia” befragt und sich erkundigt, ob “Project R” auch junge Journalisten an Bord holen wird.

5. Wir Individualisten — wie die Medienwelt sich seinen Nutzern anpasst
(medium.com, Christian Simon)
Egal ob Chatbots, Viralvideo oder Virtual Reality: Die neue Publishingwelt gehört denen, die den Nutzern genau das geben können, was sie wollen. Dies sei die wichtigste Lehre aus einem Tag “New Publishing”, findet Christian Simon in seinem Bericht von den 30. Medientagen München.

6. Kontrolle durch wirtschaftliche Verflechtung
(reporter-ohne-grenzen.de)
Im Rahmen des weltweiten Projekts “Media Ownership Monitor” wurden über einen Zeitraum von drei Monaten die wirtschaftlichen Verflechtungen der türkischen Medien untersucht. “Reporter ohne Grenzen” hat zusammen mit der türkischen Partnerorganisation “Bianet” die detaillierten Ergebnisse veröffentlicht. Kurz zusammengefasst: “Lange vor der Repressionswelle seit dem Putschversuch im Juli hat die zunehmende Medienkonzentration in der Türkei die Freiräume für unabhängigen Journalismus immer weiter eingeengt. Die politischen und wirtschaftlichen Verflechtungen vieler wichtiger Medienbesitzer ersticken eine kritische Berichterstattung im Keim.”

Bild.de schiebt Wladimir Putin ein britisches Kriegsschiff unter

Wenn Russlands Präsident Wladimir Putin irgendwo auf der Welt der Welt präsentiert, was sein Land militärisch so zu bieten hat, leuchtet im Großraumbüro von Bild.de immer eine rote Alarmlampe auf. Und wir finden auch, dass die aktuelle Aufrüstung — auf allen Seiten — einem schon ziemlich Angst einjagen kann. Angsteinjagen ist dann auch wieder genau das Gebiet, auf dem sich Bild.de bestens auskennt, wenn es eben um Wladimir Putin und Russland geht. Gestern meldete das Portal:

Im Text heißt es:

Die Nachricht erschütterte Montagabend Schweden. Zwei russische Kriegsschiffe, die mit Langdistanzraketen ausgerüstet sind und sogar mit Kernwaffen bestückt werden können, fuhren bei Dänemark durch den Großen Belt — direkt Richtung Ostsee und vorbei an der schwedischen Küste.

Sogar Schwedens Verteidigungsminister Peter Hultqvist äußerte sich laut Bild.de zu den beiden russischen Schiffen:

“Wir haben alle Informationen und verfolgen die Entwicklung. Das ist natürlich beunruhigend und trägt nicht zur Entspannung in unserer Region bei. Das betrifft alle Staaten an der Ostsee!”

Im Artikel zeigt Bild.de dann noch einmal dieses riesige graue Schiff mit dem roten Drachen am Bug, das auch schon in die Teaser-Optik zu sehen war:

Unter dem Foto steht:

Eskortiert von der britischen Marine passierten die Kriegsschiffe vor wenigen Tagen den Ärmelkanal

Nun ist auf dem Foto erstmal nur ein Kriegsschiff zu sehen und nicht zwei. Was aber noch viel problematischer ist: Das vermeintliche russische Kriegsschiff, das Bild.de zeigt, wird nicht nur von der britischen Marine eskortiert, es gehört sogar zur britischen Marine. Es handelt sich nämlich um den Zerstörer “HMS Dragon (D35)”, was man an dem roten Drachen und dem Schriftzug “D35” ganz gut erkennen kann. Und dieser Zerstörer gehört zur Royal Navy.

Die zwei russischen Schiffe “Serpuchow” und “Seljony Dol”, die an der schwedischen Küste vorbeifuhren, sind Korvetten und gehören zur sogenannten Bujan-Klasse. Mit ihrer Länge von 62 Metern sind sie deutlich kürzer als die “HMS Dragon”, die 152,4 Meter lang ist. Vielleicht sahen sie einfach nicht bedrohlich genug aus.

Mit Dank an Torben W. für den Hinweis!

So eine Erde kann man schon mal übersehen

Fangen wir für die Mitarbeiter von Bild.de mal ganz weit vorne an: Der Planet, auf dem wir uns befinden, ist die Erde. Die gibt es, sie existiert bereits.

Nun gehen die Menschen nicht besonders gut mir dieser Erde um. Das zeigt — neben vielen anderen Studien — auch der heute erschienene “Living Planet Report 2016” des “World Wide Fund For Nature”, kurz “WWF”. In der Zusammenfassung heißt es unter anderem:

Die Ergebnisse des Reports 2016 sind alarmierend: Die Menschheit verbraucht 60 Prozent mehr, als die Erde bereithält. Setzt sich dieser Verbrauch ungebremst fort, sind 2030 zwei komplette Planeten nötig, um den Bedarf an Nahrung, Wasser und Energie zu decken.

Zwei Planeten beziehungsweise Erden bräuchte man 2030 theoretisch also. Eine davon gibt es bereits. Wie viele neue Planeten bräuchte die Menschheit dann also rechnerisch bis 2030, liebe Bild.de-Mathematiker?

Nein.

Mit Dank an @moethe für den Hinweis!

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