Archiv für März, 2023

Kulturkämpfe der “Bild”, Germany’s Next Topmobbing, Oscars

1. Heißer gegessen als gekocht: Wie “Bild” mit falschen Zutaten Kulturkämpfe zubereitet
(uebermedien.de, Martin Rücker)
“Wer sich für seine Berichterstattung ein gleich dreifaches Dementi einfängt, kann sicher sein: Es geht um was.” Martin Rücker nimmt die Berichterstattung der “Bild”-Redaktion zu Plänen von Cem Özdemir auseinander, der sich im Kabinett um Landwirtschaft und Ernährung kümmert. Rückers Fazit: “Man kann Özdemirs Pläne richtig oder falsch finden, angemessen oder irgendwie drüber – die Frage ist nur, ob immer gleich Kulturkampf sein muss, der noch dazu losgelöst von den Fakten ausbricht.” Siehe dazu auch unseren Beitrag: Bild.de schiebt Özdemir radikales Werbeverbot für Milch unter.
Weiterer Lesetipp, auch die “Bild”-Berichterstattung betreffend: Falschmeldung der “Bild”-Zeitung: Habeck kostet uns keine Billion (taz.de, Tobias Schulze).

2. ARD-Korrespondentin zum Fall Lineker
(tagesspiegel.de, Joachim Huber)
Der Ex-Fußballer und prominente BBC-Moderator Gary Lineker hat in einem Tweet die britische Einwanderungspolitik kritisiert und dabei die Sprache der konservativen Regierung mit der Deutschlands der 1930er-Jahre verglichen. Darauf war Lineker von der BBC suspendiert worden, was auf vielfältigen Protest stieß. So zeigten sich BBC-Kollegen solidarisch mit ihm, so dass die Fußball-Berichterstattung der BBC am Wochenende stark eingeschränkt war. Inzwischen soll Tim Davie, Generaldirektor des Senders, Lineker wieder zurück auf Sendung haben wollen. Joachim Huber hat sich mit der Londoner ARD-Korrespondentin Annette Dittert über den Fall und die politischen Hintergründe unterhalten.

3. Enthüllung über Heidis Statement: Die Wahrheit über die Zukunft von GNTM
(youtube.com, Lijana Kaggwa, Video: 27:48 Minuten)
Die ehemalige “Germany’s-Next-Topmodel”-Kandidatin Lijana Kaggwa hat im vergangenen Jahr ein viel beachtetes Video veröffentlicht, in dem sie schwere Manipulationsvorwürfe gegen die ProSieben-Show erhebt: Die Produktionsfirma habe die Teilnehmerinnen monatelang isoliert, von der Außenwelt abgeschnitten, auf Zuckerentzug gesetzt, gegeneinander ausgespielt. Außerdem seien einigen Teilnehmerinnen vor dem Auftritt auf dem Laufsteg die Füße eingecremt worden, um Stolperszenen zu provozieren. ProSieben dementierte, die Produktionsfirma klagte, und Heidi Klum äußerte sich in der Auftaktsendung der neuen Staffel. Nun gibt es Gerichtsurteile dazu, was man über die Methoden von “Germany’s Next Topmodel” sagen darf – und das ist eine ganze Menge. Ex-Teilnehmerin Kaggwa hat sich für ihr neues Statement Rechtsanwalt Chan-jo Jun ins Boot geholt und nutzt die Gelegenheit, um auf ihre Anti-Cybermobbing-Initiative aufmerksam zu machen.

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4. Top Ten der Vergessenen Nachrichten 2023
(derblindefleck.de)
Die Initiative Nachrichtenaufklärung (INA) hat ihre “Top Ten der vergessenen Nachrichten 2023” vorgestellt. Dabei handelt es sich um Themen und Geschichten, die aus Sicht der INA in der medialen Berichterstattung weitgehend unsichtbar blieben, obwohl sie von gesellschaftlicher Bedeutung sind. Auf den ersten drei Plätzen: die Verdunkelung der Meere in Küstennähe, die Aufgabe von Schiffen und ihrer Besatzung und Mangelhafte Psychotherapieangebote für Menschen mit geistigen Behinderungen.

5. Facebook-Konzern erwägt dezentrale Twitter-Alternative
(zeit.de)
“Zeit Online” berichtet über die Pläne des Facebook-Mutterkonzerns Meta, ein neues Soziales Netzwerk zu schaffen, das womöglich mit Mastodon kompatibel ist.
Dazu eine aktuelle Podcast-Empfehlung: In der heutigen Ausgabe von “Haken dran” sprechen Dennis Horn und Gavin Karlmeier über eine sich abzeichnende technologische Entwicklung, die Metas Vorhaben in den Schatten stellen könnte.

6. Oscar für den besten Film geht an “Everything Everywhere All at Once”
(spiegel.de)
Zum 95. Mal wurden in Hollywood die Oscars verliehen. Die großen Gewinner sind die Fantasy-Komödie “Everything Everywhere All at Once” und die deutsche Literaturverfilmung “Im Westen nichts Neues”. “Wie lief die Oscar-Nacht? Wer hat triumphiert, worüber wurde gelacht, geweint – und getwittert?”
Interessant zum Vergleich: Die Ausführungen von Filmkritiker Wolfgang M. Schmitt, der sich bereits vor ein paar Wochen Gedanken über die Nominierten gemacht hat (youtube.com, Video: 25:27 Minuten).

KW 10/23: Hör- und Gucktipps zum Wochenende

Hurra, Wochenende – und damit mehr Zeit zum Hören und Sehen! In unserer Wochenendausgabe präsentieren wir Euch eine Auswahl empfehlenswerter Filme und Podcasts mit Medienbezug. Viel Spaß bei Erkenntnisgewinn und Unterhaltung!

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1. Wie manipulativ ist “Germany’s Next Topmodel” und wird sich das je ändern?
(uebermedien.de, Holger Klein, Audio: 14:42 Minuten)
Im “Übermedien”-Podcast fragt Holger Klein den Rechtsanwalt Chan-jo Jun, ob die von “ProSieben bekloppt sind”. Hintergrund: Der TV-Sender hat in zwei Instanzen versucht, die diversen Manipulationsvorwürfe gegen die Sendung “Germany’s Next Topmodel” verbieten zu lassen. Dabei geht es auch um eine Kandidatin, die Opfer von Cybermobbing wurde und die von Chan-jo Jun rechtlich beraten wird.

2. In 6 Monaten ist das alles vorbei
(spotify.com, Gavin Karlmeier & Dennis Horn, Audio: 42:52 Minuten)
Im Podcast “Haken dran” tauschen sich Dennis Horn und Gavin Karlmeier regelmäßig über die neuesten Entwicklungen rund um Twitter aus. Twitter-Eigentümer Elon Musk scheint sich jede Mühe zu geben, den beiden immer wieder neuen Gesprächsstoff zu liefern. In der aktuellen Folge sprechen Horn und Karlmeier über eine mögliche Twitter-Alternative: “Meta arbeitet an einem twittermäßigen Ableger für Instagram: P92. Klingt wie eine Waffe, aber kommt sie auch zum Schuss? (Entschuldigung.)”

3. Smarte Kids? Kinder und digitale Medien
(arte.tv, Raphaël Hitier, Video: 52:41 Minuten)
In dieser Arte-Dokumentation spricht Regisseur Raphaël Hitier mit renommierten Wissenschaftlern und Ärzten über die Auswirkungen von Medienkonsum auf die Gehirne von Kindern und Jugendlichen. Neurologen und Suchtexperten aus den USA, Schweden, Frankreich, China und der Schweiz erklären, wie sich Zeichentrickfilme, Soziale Netzwerke und Videospiele auf die neuronale und psychische Entwicklung auswirken können. Ist die digitale Generation tatsächlich eine kranke Generation?

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4. Konstruktiv berichten
(soundcloud.com, M – Der Medienpodcast, Danilo Höpfner, Audio: 21:38 Minuten)
Bei “M – Der Medienpodcast” geht es um den sogenannten konstruktiven Journalismus: “Worum geht’s beim konstruktiven Journalismus? Gibt er Antworten auf gesellschaftliche, auch globale, Fragen? Zeigt er Lösungen auf, indem er nicht nur die Probleme in den Blick nimmt, sondern ein möglichst umfassendes Bild vom Geschehen zeichnet?” Darüber spricht Danilo Höpfner mit Sham Jaff, freie Journalistin in Berlin und Mitglied im Kuratorium des Bonn Institute für Journalismus und konstruktiven Dialog.

5. Hype um Survival-Touren: im gefährlichsten Dschungel der Welt
(youtube.com, Y-Kollektiv, Katja Döhne, Video: 24:35 Minuten)
Die erfolgreiche Youtube-Produktion “7 vs. Wild” hat bei vielen Zuschauerinnen und Zuschauern das Interesse an Outdoor-Touren geweckt. “Y-Kollektiv”-Reporterin Katja Döhne hat sich einer Dschungeltour durch den Darién Gap angeschlossen, die von einem Unternehmen angeboten wird, das auch Mitveranstalter von “7 vs. Wild” ist. Schon der erste Part der zweiteiligen Reportage lässt erahnen, dass Döhne nicht mit allem zufrieden ist, was sie auf der Tour erlebt.

6. Not- und SpendengeiI: So lustig wird Tam-Dance-Despot Hornauer geprankt
(youtube.com, Walulis Daily, Video: 8:07 Minuten)
Bei “Walulis Daily” wird es mal wieder besonders schrill: “King Thomas dreht den Despoten-Swag auf! Wer nicht nach seiner Pfeife tanzt, fliegt raus. Wer gut tanzt, wird belohnt.” Gemeint ist der reichlich suspekte Thomas G. Hornauer, der inzwischen recht erfolgreich bei TikTok aktiv ist, dort aber auch getrollt wird.

Das Geld der Regierung, Gesundheit im Internet, Frauenmachtanteile

1. Ist die Regierung zu nah dran?
(t-online.de, Carsten Janz & Johannes Bebermeier & Jonas Mueller-Töwe)
Als Antwort auf eine Kleine Anfrage der AfD hat die Bundesregierung eine anonymisierte Liste veröffentlicht, aus der hervorgeht, dass die Bundesministerien und das Bundeskanzleramt in den vergangenen fünf Jahren rund 1,5 Millionen Euro an Journalistinnen und Journalisten gezahlt haben. Die Honorare habe es vor allem für Moderationen und die Leitung von Lehrgängen gegeben. Von den insgesamt 200 Medienschaffenden, die ein Honorar erhalten haben, sollen etwa 120 zur Zeit der Zahlung für die Öffentlich-Rechtlichen gearbeitet haben: “Das ist deshalb pikant, weil der öffentlich-rechtliche Rundfunk zwar unabhängig von Bundes- und Landesregierungen ist, in Teilen der Bevölkerung aber als besonders staatsnah wahrgenommen wird.”

2. Gesundheit im Internet: Was leisten YouTube Health und neue Google-Funktionen?
(riffreporter.de, Iris Hinneburg)
Auf Youtube gibt es zahlreiche medizinische Informationsangebote, deren medizinische Seriosität für Laien nicht immer leicht zu beurteilen ist. Nun hat Youtube ein Gütesiegel speziell für Gesundheitsthemen eingeführt (“YouTube Health”). Iris Hinneburg hat sich das Ganze genauer angesehen und auch einen Blick auf die erweiterte Google-Suche geworfen.

3. Recherche allein rettet uns nicht
(journalist.de, Björn Staschen)
Im Januar hat Daniel Drepper, Leiter der Recherchekooperation von NDR, WDR und “Süddeutscher Zeitung”, in einem Text auf die Wichtigkeit des Investigativjournalismus allgemein und speziell für den öffentlich-rechtlichen Rundfunk hingewiesen. Es brauche ganze Teams kluger Reporterinnen und Reporter mit Rückendeckung und Freiheiten: “Wenn ich möchte, dass diese Reporterinnen wichtige Diskussionen in der Gesellschaft anstoßen, wenn ich möchte, dass sich diese Reporterinnen für uns alle in den Wind stellen – dann muss ich als Sender investieren und dann muss ich mich als Sender etwas trauen.” Darauf antwortet nun Björn Staschen, der in der NDR-Programmdirektion den Bereich Technologie und Transformation betreut. Drepper habe “mit seiner Forderung grundsätzlich recht”, aber: “Ein öffentlich-rechtlicher Rundfunk, der sich nur darauf konzentriert, die Ergebnisse investigativer Recherche abzubilden, zeichnet ein Zerrbild unserer Gesellschaft. Diese Gesellschaft bestünde nur aus Politikerinnen und Politikern, die sich bestechen lassen, aus Ärztinnen und Ärzten, die Krankenkassen betrügen und aus Rüstungslobbyistinnen und -lobbyisten, denen Kriegstote im Lichte hoher Profite egal sind.”

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4. Der Fokus wird verschoben
(taz.de, Nelli Tügel)
Journalistische Faktenchecks wollen und sollen Klarheit schaffen, doch zwei aktuelle Beispiele würden zeigen, dass sie politische Konflikte nicht so einfach entschärfen können: Der Faktencheck zur Recherche des US-Journalisten Seymour Hersh über die Sprengungen der Nord-Stream-Pipelines sowie der Faktencheck zu einer “Hart-aber-fair”-Sendung, in der es um Kriegsverbrechen in der Ukraine ging.

5. Fox News soll kritische Reporter unter Druck gesetzt haben
(spiegel.de)
Nach den US-Wahlen 2020 verbreiteten Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter von Fox News wider besseres Wissen Donald Trumps Märchen von der gestohlenen Wahl. Jetzt zeigen durchgesickerte Dokumente: Wer nicht mitspielte, bekam offenbar Druck vom Sender.

6. Frauenmachtanteile in den Leitmedien: Stern sinkt, SZ und Focus steigen auf
(pro-quote.de)
ProQuote Medien zog zum Weltfrauentag Bilanz zur Macht der Frauen in den Medien: “Im Ranking der neun von ProQuote Medien ausgewerteten Medien konnte die Süddeutsche Zeitung sich vom fünften auf den dritten Platz verbessern: Der Frauenmachtanteil der Zeitung liegt aktuell bei 44 Prozent – und damit fünf Prozentpunkte höher als im Sommer 2022. Nur knapp darüber liegt Die Zeit auf Platz zwei, allerdings mit leichten Verlusten (1,9 Prozentpunkte). Weiter unangefochten an der Spitze steht die taz – mit einem Frauenmachtanteil von aktuell 64,6 Prozent.”
Dazu inhaltlich passend: Wer hat 2022 die Titel deutscher Magazine fotografiert oder illustriert? Eine Auswertung nach Geschlecht (freelens.com)

Machtmaschine Facebook, Gewalt gegen Journalistinnen, TikTok

1. Die Machtmaschine – Wie Facebook und Co. Demokratien gefährden
(daserste.de, Svea Eckert & Stella Peters & Petra Nagel & Petra Blum & Tobias Dammers, Video: 43:41 Minuten)
Anknüpfend an den Lesetipp von gestern zu Social Media als “Waffe der Autokraten” hier der dazugehörige Videotipp. Es geht um die Vorwürfe der Whistleblowerin Frances Haugen, die im Herbst 2021 über Missstände bei Facebook berichtet hatte und deren Dateien erneut ausgewertet wurden. Der Film geht der Frage nach, warum Regierungen Tech-Giganten wie Facebook gewähren lassen, während Populisten und Autokraten die Plattform missbrauchen, um Menschen zu manipulieren.

2. Gewalt gegen Journalistinnen
(deutschlandfunk.de, Anh Tran & Sebastian Wellendorf, Audio: 5:56 Minuten)
Ann-Katrin Müller ist Politikredakteurin im Hauptstadtbüro des “Spiegel” und hat unter anderem über MeToo-Fälle sowie die sogenannten Corona-Leugner-Demonstrationen berichtet. Das macht sie immer wieder zur Zielscheibe von Hass und Hetze, es kommt sogar zu physischen Angriffen. Im Deutschlandfunk spricht Müller über ihre Erfahrungen.

3. Musk verunglimpft Twitter-Mitarbeiter mit Behinderung
(tagesschau.de)
Jedes Mal, wenn man denkt, dass es bei Twitter nicht mehr schlimmer werden kann, sorgt Eigentümer Elon Musk für einen neuen Tiefpunkt. So konnte man jüngst mitverfolgen, wie sich Musk mit einem Mitarbeiter, der nicht sicher war, ob er überhaupt noch bei Twitter angestellt ist oder ob er bereits rausgeworfen wurde, einen öffentlichen Schlagabtausch lieferte und sich dabei mehrfach im Ton vergriff.

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4. Eine deutsche Lösung für ein Schweizer Problem
(blog.clickomania.ch, Matthias Schüssler)
“Eigentlich wollte ich bloss kurz einen medien­kritischen Podcast aus Deutsch­land rezensieren, doch dann ist daraus eine Ab­hand­lung über eklatante Mängel an Medien­kritik in der Schweiz gewor­den.” Matthias Schüssler blickt sehnsuchtsvoll auf das Angebot an medienkritischen Podcasts in Deutschland und wünscht sich ein etwas Ähnliches für die Schweiz.

5. TikTok verbessert auf internationalen Druck seinen Datenschutz
(zeit.de)
Um den Sicherheitsbedenken westlicher Staaten zu begegnen, habe TikTok ein neues Datenschutzkonzept vorgelegt, das vorsehe, die Daten europäischer Nutzerinnen und Nutzer ab diesem Jahr in Europa zu speichern. Die USA seien trotz ähnlicher Maßnahmen skeptisch.

6. Wie wollt ihr die Welt entdecken?
(youtube.com, Hotel Matze, Audio: 2:16:05 Stunden)
Im Podcast “Hotel Matze” begrüßt Gastgeber Matze Hielscher die Reisejournalisten Jochen Schliemann und Michael Dietz, die einen Reisepodcast betreiben. Im Gespräch geht es um ganz praktische, aber auch um kritische Aspekte des Unterwegsseins: Wann fühlen sich die beiden Reiseprofis fremd? Und wie haben sich die Welt und das Reisen in den vergangenen Jahren verändert?

Waffe der Autokraten, “Bild”-Chef besteht Drogentest, Schlämmer

1. Die Waffe der Autokraten
(tagesschau.de, Petra Nagel & Svea Eckert & Stella Peters & Ciara Cesaro-Tadic & Petra Blum & Tobias Dammers)
Autokraten und Populisten nutzen zunehmend Soziale Medien, um ihre Macht auszubauen oder Demokratien zu untergraben. Im Jahr 2021 hatte die Facebook-Whistleblowerin Frances Haugen genau davor gewarnt. Jetzt haben Reporterinnen und Reporter von WDR, NDR und “Süddeutscher Zeitung” Haugens Facebook-Dateien erneut ausgewertet. Mit erschreckendem Ergebnis: “Zahlreiche Gruppen, Netzwerke oder Accounts, die Mitarbeiter von Facebook intern schon vor Jahren als schädlich gelistet hatten, waren immer noch aktiv. Meta hatte sie weder gelöscht noch gesperrt. Der Konzern äußert sich dazu nicht.”

2. Robert Schneider wird ab Mitte April Co-Chef von “Bild”
(spiegel.de)
Der bisherige Chefredakteur des Nachrichtenmagazins “Focus”, Robert Schneider, hat offenbar seinen Drogentest bestanden und darf am 17. April seinen neuen Job als Co-Chefredakteur der “Bild”-Zeitung antreten. Nach “Spiegel”-Informationen war Schneider erst nach Vertragsunterzeichnung zu einem solchen Test aufgefordert worden. Der Springer-Verlag habe die ungewöhnliche Maßnahme zur neuen Routine erklärt.

3. Euronews entlässt die Hälfte der Redaktion in Lyon
(dwdl.de, Alexander Krei)
Der Fernsehsender Euronews entlasse die Hälfte seiner Redaktion in Lyon und wolle die Sendezentrale von Lyon nach Brüssel verlegen: “Der Wechsel nach Brüssel kommt wohl nicht zufällig, schließlich dürften die Verantwortlichen mit dem Schritt hoffen, mehr Geld von der EU und den nach wie vor an Euronews beteiligten Sendern zu bekommen, mutmaßt die ‘FAZ’. Immerhin 13 Millionen Euro an Subventionen soll es im kommenden Jahr geben.”

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4. Chinas globaler Einfluss auf Medien
(deutschlandfunk.de, Anh Tran & Brigitte Baetz)
Der Deutschlandfunk berichtet über die aktuelle Kommunikationsstrategie Chinas. Das Land versuche, seinen Einfluss auf allen Ebenen zu stärken, auch in den Medien. Die Journalistin Joyce Lee erklärt, wie und welche Narrative die chinesische Parteiführung gezielt weltweit verbreitet.
Weiterer Lesehinweis: Regime schränkt Korrespondenten weiter ein: “Überwachung, schleppende Visavergabe, Behinderungen durch die Polizei, Einschüchterung der Interviewpartner: Korrespondentinnen und Korrespondenten in China recherchieren unter schwierigsten Bedingungen.” (reporter-ohne-grenzen.de)

5. Neues Argumentationspapier der Allianz für Rundfunk- und Kulturfrequenzen
(sos-save-our-spectrum.org)
Die Allianz für Rundfunk- und Kulturfrequenzen hat ein neues Argumentationspapier veröffentlicht (PDF). Hintergrund ist der Verteilungskampf um Frequenzen, der Rundfunk und Kultur massiv schaden könnte: “Rundfunk und Kultur benötigen Sicherheit über die künftige Nutzbarkeit ihrer Kernressource von Frequenzen im Bereich 470 – 694 MHz. Davon hängen Investitionsentscheidungen und Arbeitsplätze, aber auch flächendeckende Informationswege für den Katastrophenfall und die Wettbewerbsfähigkeit des Eventstandorts Deutschland ab.”

6. Sahra Wagenknecht ist die neue Horst Schlämmer
(uebermedien.de, Stefan Niggemeier)
Medienkritiker Stefan Niggemeier hatte ein kleines Déjà-vu: Angesichts der medialen Umfrageeuphorie um Sahra Wagenknechts Eventuell-Partei fühlt er sich an Hape Kerkelings Kunstfigur Horst Schlämmer erinnert.

Bild.de schiebt Özdemir radikales Werbeverbot für Milch unter

Cem Özdemir und sein Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft wollen an Kinder gerichtete “Werbung für Lebensmittel mit hohem Zucker-, Fett- oder Salzgehalt in allen relevanten Medien” verbieten. So soll es im Fernsehen und Radio zwischen 6 und 23 Uhr keine entsprechenden Werbespots mehr geben, auch bestimmte Printmedien wären betroffen, ebenso Soziale Netzwerke und das dort stattfindende Influencer-Marketing, genauso Sponsoring, das sich an Kinder richtet, und so weiter. Es ist ein recht umfassendes Vorhaben zum Schutz von Unter-14-Jährigen, so das Ministerium. Einen Überblick darüber, welche Auswirkungen eine Umsetzung des Gesetzesentwurfs hätte, bietet Jost Maurin in der “taz” – allein schon wegen der vielen konkreten Beispiele sehr lesenswert.

Am vergangenen Freitag wollte auch die “Bild”-Redaktion ihren Leserinnen und Lesern erläutern, welche Folgen Özdemirs Plan hätte:

Screenshot Bild.de - Sogar Milch ist dabei! Özdemirs Werbe-Verbotsliste

In einer früheren Version lautete die Überschrift:

Screenshot Bild.de - Bild hat die ganze Liste - Özedmir will sogar Werbung für Milch verbieten

Zwischenzeitlich hatte es die aktuell in der Dachzeile genannte Milch also – neben einen fehlerhaften Ministernamen – sogar in die Bild.de-Überschrift geschafft. Und es klingt ja auch erstmal ziemlich irre: Ein wichtiger Calciumlieferant wie Milch soll auf einmal so gefährlich für Kinder sein, dass diese vor Milchwerbung geschützt werden müssen. Warum denn das?

Die Antwort ist recht simpel: Es stimmt schlicht nicht, was die “Bild”-Redaktion titelt.

Bereits am 27. Februar hat das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft eine Pressemitteilung zu Cem Özdemirs Gesetzesvorhaben veröffentlicht, in der unter anderem steht:

Milch (hinsichtlich des Fettgehalts) und Säfte (ohne zusätzlichen Zucker oder Süßungsmittel) sollen von der Regelung ausgenommen sein.

Am selben Tag hat “taz”-Redakteur Jost Maurin einen Artikel zum Thema veröffentlicht, in dem er schreibt:

Betroffen sind nur die Lebensmittel, die das Ministerium als zu fettig, zuckerig und salzig einstuft. Dabei will es sich nach eigenen Angaben an den Nährwertprofilen der Weltgesundheitsorganisation WHO orientieren. Sie gibt für 17 Kategorien Obergrenzen für diese Inhaltsstoffe vor. […] Bei Milch und Säften dagegen wolle man von den WHO-Grenzen abweichen, sagte [die zuständige Abteilungsleiterin des Ministeriums Eva] Bell der taz.

Vier Tage später titelt Bild.de: “Özedmir will sogar Werbung für Milch verbieten”. Im Text von “Bild”-Autor Elias Sedlmayr klingt es allerdings schon etwas anders:

Diese radikalen Werbeverbote plant Özdemir

► Milch und Milchgetränke, Getränke aus Soja, Nüssen oder Saaten, die Zuckerzusatz oder Süßstoff enthalten, dürfen nicht mehr beworben werden. Absurd: Normale Vollmilch hat einen Milchzucker-Gehalt von 4,7 Prozent.

Es scheint also gar nicht um Milch zu gehen, wie die “Bild”-Redaktion es in ihrer Überschrift wirken lässt, sondern um Milch mit zusätzlichem Zucker. Nur ist das dann keine Milch mehr (außer man würde auch Milch mit Orangensaft oder Milch mit Sojasauce oder Milch mit Rattengift als Milch einstufen). Im deutschen Milch- und Margarinegesetz ist ziemlich klar geregelt, was Milch ist:

Milch: das durch ein- oder mehrmaliges Melken gewonnene Erzeugnis der normalen Eutersekretion von zur Milcherzeugung gehaltenen Tierarten

Ein von “Bild” bei Twitter geposteter Ausschnitt des eigentlich nicht-öffentlichen Referentenentwurfs des Ministeriums bestätigt noch mal, dass es sich ausschließlich um ein mögliches Werbeverbot für Milch mit zusätzlichem Zucker oder Süßungsmittel handelt. Der in der Milch vorhandene Milchzucker spielt dabei keine Rolle.

Die “Bild”-Redaktion scheint das eigentlich auch verstanden zu haben. Einen Tag später, in der Samstagsausgabe der gedruckten “Bild”, erschien ebenfalls ein Artikel zu “Özdemirs absurder Werbeverbotsliste”. Weder in der Überschrift noch in der Dachzeile ist von “Milch” die Rede (in der Dachzeile lediglich von “Milchprodukten”). Im Artikel, ebenfalls von Elias Sedlmayr verfasst, steht nur zutreffend:

Auch Milch mit Zuckerzusatz ist vom Verbot betroffen.

Online bleibt die “Bild”-Redaktion hingegen bei ihrer falschen Milch-Behauptung.

Ob nun an Kinder oder an Jugendliche gerichtet, an Erwachsene oder an alle – welchen Stellenwert Lebensmittelwerbung als Einnahmequelle für “Bild” und den Axel-Springer-Verlag hat, erkennt man, wenn man sich das Blatt regelmäßig anschaut und nach Anzeigen durchsucht. In der zurückliegenden Woche, also seit vergangenem Mittwoch, sind in der “Bild”-Bundesausgabe insgesamt 52 Anzeigen erschienen. 22 davon stammten von Supermärkten oder Lebensmitteldiscountern – also über 42 Prozent (der Anteil erhöht sich noch einmal deutlich auf über 61 Prozent, wenn man die 16 Eigenanzeigen für “Bild”, “Bild am Sonntag” oder andere Springer-Veröffentlichungen rausrechnet). Nun kann es sich dabei ja um sehr unterschiedliche Anzeigengrößen und damit um sehr unterschiedliche Anzeigenpreise handeln. Also: Alle acht halbseitigen Anzeigen, die in dieser Zeit veröffentlicht wurden, kamen von Supermärkten oder Discountern. Sie schalteten auch fünf der insgesamt sieben ganzseitigen Anzeigen. Und auch die einzige doppelseitige Anzeige, die in diesem Zeitraum erschienen ist, hat ein Lebensmitteldiscounter geschaltet (nur zwei große Elektromärkte können da vielleicht noch mithalten: Sie haben in derselben Zeit zwar keine Anzeigen gebucht, dafür aber an drei Tagen mehrseitige Prospekte beilegen lassen).

Nicht wirklich überraschend, dass die “Bild”-Redaktion sich mit Verve und einer falschen Behauptung einem geplanten Werbeverbot entgegenstellt.

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Equal Pay Day, Woker Cancel-Toast?, Kritik an Klimaprotesten

1. Gleiche Bezahlung für Journalistinnen
(djv.de, Hendrik Zörner)
Anlässlich des heutigen Equal Pay Day fordert der Deutsche Journalisten-Verband (und auch die Deutsche Journalistinnen- und Journalisten-Union) die gleiche Bezahlung für Männer und Frauen im Journalismus: “Es gibt keinerlei Rechtfertigung dafür, dass Journalistinnen für die gleiche Leistung weniger verdienen als Journalisten”, so der DJV-Bundesvorsitzende Frank Überall. Die Honorare der Selbstständigen im Journalismus seien im Vergleich zu den Redakteursgehältern sowieso schon sehr niedrig. “Und dann noch ein Frauen-Malus? Das darf doch nicht wahr sein.”

2. Depesche aus dem Krieg
(journalist.de, Carsten Stormer)
“Fast ein Jahr lang habe ich den Ukraine-Krieg aus der Ferne verfolgt. Dann stand ich vor den qualmenden Trümmern eines Wohnblocks. Unter Schutt begraben lagen 47 Menschen, die nur wenige Stunden zuvor bei einem Raketenangriff getötet wurden. Das war der Moment, der mir endgültig klarmachte, dass ich am richtigen Ort war.” Der Kriegsreporter Carsten Stormer berichtet von seinem Einsatz als Berichterstatter in der Ukraine.

3. Taliban, Reichsbürger, Nazis – Die Kritik an Klimaaktivist*innen hat sich radikalisiert
(54books.de, Simon Sahner)
Simon Sahner kritisiert den Umgang von Politik und Medien mit Klimaaktivistinnen und -aktivisten und deren Protestaktionen: “Die Radikalisierung im Kampf um die Abwendung der Klimakatastrophe war lange befürchtet worden. Jetzt ist sie da. Im Streit um die aktuelle Aktion der sogenannten ‘Letzten Generation’ ist sie unübersehbar. Radikalisiert haben sich allerdings weniger die Aktivist*innen, sondern vielmehr ihre Kritiker*innen – jedenfalls auf einer verbalen Ebene.”

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4. App-Angst
(zeit.de, Meike Laaff & Jakob von Lindern)
Behörden in den USA, Kanada und der EU verbieten die Nutzung von TikTok auf ihren Diensthandys. Die Europäer sprechen diplomatisch von Datenschutz- und Cybersicherheitsbedenken. Die US-Amerikaner sind da schon deutlicher: Dort ist konkret von Spionage und Meinungsmanipulation aus China die Rede. Nun gebe es in den USA ernsthafte Bestrebungen, die App landesweit für alle zu verbieten.

5. “Schlechtes Klima”: RBB bestätigt Vorwürfe gegen Anja Caspary
(tagesspiegel.de, Joachim Huber)
Die Journalistin Anja Caspary war acht Jahre lang Musikchefin beim RBB-Sender radioeins. Jetzt wechsele sie zur Aktuellen Kultur des RBB. Klingt wie eine normale Personalie, doch dem Wechsel gingen dem “Tagesspiegel” zufolge “erhebliche Tonstörungen” voraus. So soll im Sender ein 106-seitiges Dossier mit Vorwürfen gegen Caspary kursieren, in dem es vor allem um Machtmissbrauch und unangemessenes Verhalten gegenüber Untergebenen und freien Mitarbeitern gehe.

6. So alt, dass es müffelt: Der Untergang des Abendessens
(uebermedien.de, Moritz Hürtgen)
Bei “Übermedien” erklärt Moritz Hürtgen, was es mit dem von “Bild am Sonntag” skandalisierten Woke-Wahnsinn und der angeblichen Cancel Culture gegen den Toast Hawaii auf sich hat: “Am Beispiel dieser Story zeigt sich, wie man mit minimalen Ressourcen viel Wind machen kann – indem man einen Social-Media-Post einer recht kleinen Gruppierung, die damit zum Nachdenken anregen will, möglichst gedankenfrei zum maximalen Verbots-Toast aufbackt.”

Buschmann muss “Libra” stoppen, “Impulse”, Nuhr ein Erzählmuster

1. Buschmann lässt umstrittenen Justiz-Infodienst einstellen
(tagesspiegel.de, Jost Müller-Neuhof)
Bundesjustizminister Marco Buschmann muss den erst im vergangenen Jahr gestarteten Online-Informationsdienst für juristische und rechtspolitische Nachrichten “Libra Rechtsbriefing” stoppen. Grund dafür sei ein vom Ministerium selbst in Auftrag gegebenes Rechtsgutachten, nach dem “Libra” als Verstoß “gegen den Verfassungsgrundsatz der Staatsfreiheit der Presse” bewertet wird. Diesem Grundsatz zufolge darf der Staat keinen Journalismus betreiben.

2. Auf Augenhöhe mit dem Mittelstand
(journalist.de, Nikolaus Förster)
Eine spannende Geschichte hat Nikolaus Förster, Chefredakteur des Wirtschaftsmagazins “Impulse”, zu seiner Übernahme des Magazins vor zehn Jahren zu erzählen: “Es war der Moment der Wahrheit: Am 9. Januar 2013, abends um 22.08 Uhr, unterschrieb ich nach monatelangen Verhandlungen den Management-Buy-out-Vertrag und übernahm Impulse. 14 Jahre lang hatte ich für Gruner+Jahr gearbeitet, zunächst im Entwicklungsteam der Financial Times Deutschland, als Reporter, Kommentarchef, Ressortleiter, ab 2009 schließlich an der Spitze des Unternehmermagazins Impulse. An diesem kalten Januarabend Anfang 2013 aber, als hunderte Kolleginnen und Kollegen bereits ihre Kündigung erhalten hatten, weil Gruner+Jahr sich dazu entschieden hatte, ihre Wirtschaftsmediengruppe zu zerschlagen, wechselte ich die Rollen: vom angestellten Chefredakteur zum unabhängigen Unternehmer.” In seinem Text beschreibt Förster, wie es gelang, “Impulse” wieder profitabel zu machen, und was er im Lauf der Zeit gelernt hat.

3. Dieter Nuhr und die Angst vorm gesellschaftlichen Wandel
(dwdl.de, Peer Schader)
Bei “DWDL” beschäftigt sich Kolumnist Peer Schader ausführlich und anhand von vielen Zitaten mit den Erzählmustern des Kabarettisten Dieter Nuhr. Sein Fazit: “Nein, Dieter Nuhr ist genauso wenig Nazi wie ein ‘Opfer der Grünen Sekte’, auch wenn er auf Twitter abwechselnd so bezeichnet wird. Er will bloß eine Welt zurück, in der ihm die klimaverklebten veganen Fahrradfahrer:innen mit den Gendersternchen nicht ständig durch ihre schiere Präsenz diktieren, wie sein wochenaktuelles Stand-up-Programm auszusehen hat, wo deswegen dann kein Raum mehr für geistreiche Witze über die wirklich wichtigen Themen unserer Zeit bleibt.”

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4. Schaut, wie süß wir sind: Selenskyj, Madonna und die Fotos des Monats
(uebermedien.de, Hendrik Wieduwilt)
Hendrik Wieduwilt analysiert bei “Übermedien” regelmäßig Nachrichtenbilder: Wie wirken sie? Und warum? Was ist inszeniert? Und von wem? Diesmal mit dabei: Kriegsbilder aus dem Hubschrauber, Begegnungen mit Wolodymyr Selenskyj, Ursula von der Leyen in Blau-Gelb und diverse Fototricks.

5. “Sparen ist bei uns Alltagsgeschäft”
(medienpolitik.net, Helmut Hartung)
Helmut Hartung hat sich mit Yvette Gerner, Intendantin von Radio Bremen, über die Zukunft des Senders unterhalten und nachgefragt, ob sich durch einen Zusammenschluss mit einer oder mehreren anderen ARD-Anstalten Geld sparen ließe. Gerner verneint: “Bei Radio Bremen gibt es nicht mehr viel zu sparen. Ginge es wirklich um Einsparungen, wäre bei einem Zusammenschluss keine echte Fusionsrendite drin, da wir besonders kostengünstig produzieren.”

6. Aufhören, wenn’s am schlimmsten ist
(taz.de, Carolina Schwarz)
“taz”-Redakteurin Carolina Schwarz war lange Fan von “Deutschland sucht den Superstar”, doch die Liebe ist erloschen. Ohne Dieter Bohlen funktioniere “DSDS” zwar nicht – mit ihm aber auch nicht mehr. Schwarz’ Rat an die Senderverantwortlichen: “Das einzig Richtige wäre, DSDS abzusetzen und sich einzugestehen, dass man aufhören sollte, wenn es am schlimmsten ist.”

KW 09/23: Hör- und Gucktipps zum Wochenende

Hurra, Wochenende – und damit mehr Zeit zum Hören und Sehen! In unserer Wochenendausgabe präsentieren wir Euch eine Auswahl empfehlenswerter Filme und Podcasts mit Medienbezug. Viel Spaß bei Erkenntnisgewinn und Unterhaltung!

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1. Böse Fälschung: Was steht in den “Hitler-Tagebüchern”?
(youtube.com, Strg F, John Goetz & Felix Meschede & Nadja Hübner & Malte Herwig & Antonius Kempmann & Anton Maegerle & Julian Feldmann, Video: 27:22 Minuten)
Als der “Stern” vor 40 Jahren auf gefälschte Hitler-Tagebücher hereinfiel, sprachen viele vom Medienskandal des Jahrhunderts. Jahrzehnte später kommt ein weiterer Skandal hinzu: Wie der NDR recherchierte, wird Adolf Hitler in den Tagebüchern positiv dargestellt, ein Mensch, der vom systematischen Mord an Millionen Jüdinnen und Juden angeblich nichts wusste. Offenbar kein Zufall: Der damalige Fälscher Konrad Kujau soll Verbindungen in die radikale Neonazi-Szene gehabt haben, der frühere “Stern”-Reporter Gerd Heidemann, der die Tagebücher kaufte, einen auffälligen Nazi-Tick.

2. Wie verändern diese krassen Gesichtsfilter unser Bild von uns selbst?
(uebermedien.de, Holger Klein, Audio: 25:13 Minuten)
Bei TikTok gibt es seit Kurzem zwei neue, erschreckend echt wirkende Gesichtsfilter: den “Bold-Glamour”- und den “Teenage-Look”-Filter. Holger Klein spricht mit Samira El Ouassil über die Wirkung dieser Filter und die Frage, wie man damit einigermaßen gesund umgehen kann.

3. Welche Folgen hat der Kahlschlag bei Gruner und Jahr?
(br.de, Linus Lüring, Audio: 22:04 Minuten)
Was lässt sich aus dem Kahlschlag beim einst mächtigen und größten europäischen Zeitschriftenverlag Gruner & Jahr lernen? Und welche Folgen könnte die Entwicklung haben? Darüber spricht Linus Lüring mit dem Medienwissenschaftler Stephan Weichert und dem ehemaligen “Geo”-Chefredakteur Peter-Matthias Gaede.

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4. Siller fragt: Ralf Hohlfeld
(sillerfragt.podigee.io, Stefan Siller, Audio: 37:58 Minuten)
Der Kommunikationswissenschaftler Ralf Hohlfeld hat mit seinen Studierenden Telegram- und Facebook-Posts ausgewertet. Das Ergebnis sei schockierend: In den Beiträgen werde kalter Hass geschürt, zum Sturz von Institutionen und Regierungen und zum Mord aufgerufen. Hohlfeld sieht einen Anteil von etwa zehn Prozent in der deutschen Bevölkerung, die er als “Antidemokraten” bezeichnet.

5. Wird ChatGPT bald Filme schreiben, drehen und analysieren?
(youtube.com, Filmanalyse, Wolfgang M. Schmitt, Video: 25:48 Minuten)
In der “Filmanalyse” beschäftigt sich Filmkritiker Wolfgang M. Schmitt mit dem Einfluss von Künstlicher Intelligenz (KI) auf die TV- und Kinowelt: Wird ChatGPT bald Filme schreiben, drehen und analysieren? Wie immer lohnenswert, geistreich und unterhaltsam – sowohl für KI- als auch für Film-Interessierte.

6. Sarah Bosetti antwortet Heidi Klum und GNTM
(ndr.de, Extra 3, Sarah Bosetti, Video: 5:14 Minuten)
Wie vor zwei Wochen in den “6 vor 9” berichtet, startete die aktuelle Staffel der Castingshow “Germany’s Next Topmodel” mit einem immerhin zehnminütigen Statement an die Zuschauerinnen und Zuschauer, in dem Chefjurorin Heidi Klum die vielfältige Kritik an der Sendung zurückwies. ProSieben hat das Klum-Statement offenbar inzwischen aus dem Netz genommen, aber Sarah Bosetti hat aufgepasst – und eine Antwort parat.

10.000 Euro für Null Information, Ohne “Sinn und Form”, Lokales

1. 10.000 Euro Kosten für Null Information
(fragdenstaat.de, Aiko Kempen)
500 Euro soll die Transparenzinitiative “FragDenStaat” dem Land Baden-Württemberg für eine Behördenanfrage zahlen, die nicht mal beantwortet, sondern abgelehnt wurde: “Rund 140 Arbeitsstunden will Baden-Württembergs Innenministerium benötigt haben, um zu dem Schluss zu kommen, dass es einen Antrag nach dem Informationsfreiheitsgesetz (IFG) ablehnt – die Rechnung dafür sollen wir jetzt zahlen. Wir gehen juristisch dagegen vor.”
Korrekturhinweis: In einer vorherigen Version war hier von 10.000 Euro die Rede. Dabei handelt es sich um den kalkulatorischen Gesamtaufwand der Behörde, der jedoch auf 500 Euro gedeckelt sei.

2. Medienhäuser dominieren auf YouTube
(netzpolitik.org, Sebastian Meineck & jocca*)
netzpolitik.org hat untersucht, von welchen Quellen bei Youtube die Top-Suchergebnisse zu politischen Themen stammen. Bei den mit Abstand meisten Videos seien es die öffentlich-rechtlichen Sender und traditionelle Nachrichtenverlage, nur ein Bruchteil stamme von unabhängigen Youtubern. Einer dieser unabhängigen Inhalteproduzenten fühlt sich nun benachteiligt: “Hier werden Menschen diskriminiert, nur weil sie kein Medienhaus im Hintergrund haben.”

3. “Das Kleine im Großen”
(journalist.de, Jan Freitag)
Ulrike Heidenreich und René Hofmann leiten die Redaktion München, Region, Bayern der “Süddeutschen Zeitung” und sind damit nicht nur für das Große, sondern auch für das Lokale und Regionale zuständig. Im Interview mit dem “journalist” erzählen sie, dass das Lokale inzwischen das größte Ressort der “SZ” ist und keineswegs querfinanziert werden muss. Außerdem geht es in dem Gespräch um Strukturen und Inhalte der Berichterstattung: “Wir müssen nicht mehr auf jeder Gemeinderatssitzung präsent sein und die Sperrung jeder Sackgasse redaktionell begleiten.”

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4. Wissing hui, Lambrecht pfui – Werden Politikerinnen strenger beurteilt?
(ardaudiothek.de, Deutschlandfunk, Brigitte Baetz, Audio: 33:54 Minuten)
Eine Deutschlandfunk-Hörerin findet, dass die Politikerinnen der Ampel-Koalition in der medialen Berichterstattung viel härter angegangen werden als ihre männlichen Kollegen. Woran das liegen könnte, darüber diskutiert sie mit Nico Fried vom “Stern”, der Publizistin Bascha Mika und der Moderatorin Brigitte Baetz.

5. Zwischen Desinformationskampagne und Verschwörungsideologie
(belltower.news, Andrej Steinberg & Manja Vitter)
Wie am vergangenen Dienstag in den “6 vor 9” zu lesen war, hat die Amadeu Antonio Stiftung eine Broschüre über “demokratiefeindliche Narrative in Russlands Angriffskrieg gegen die Ukraine” herausgegeben. Darin analysieren die Autorinnen und Autoren verschiedene Narrative wie die angebliche Bedrohung russischer Minderheiten oder die Behauptung, die Ukraine werde von Faschisten regiert. Der hier verlinkte Auszug aus der Publikation beschäftigt sich mit den “Fünf Methoden der Propaganda”. Die vollständige Broschüre kann als PDF heruntergeladen werden.

6. Ein Verlust für alle
(taz.de, Dirk Knipphals)
Das Landgericht Berlin hat der Akademie der Künste untersagt, die Kulturzeitschrift “Sinn und Form” weiter herauszugeben. Das helfe niemandem, findet Dirk Knipphals: “Nun ist das Gebot der Staatsferne tatsächlich unverzichtbar, weil nur so das Wächteramt der Presse und ihre Unabhängigkeit gewährleistet werden können. Nur sind solche Zeitschriften wie Sinn und Form nicht in dem Sinne Presse, wie es die FAZ oder die Zeit, die SZ, Welt oder auch die taz sind.”

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