1. Wie Russland seine Trollarmeen bastelt und dirigieren will (derstandard.at, Christo Buschek & Dajana Kollig & Roman Höfner & Fabian Schmid)
Der “Standard” beschäftigt sich mit den Versuchen Russlands, Trolle und Desinformationskampagnen im Internet zu organisieren und zu kontrollieren. Die russische Regierung setze auf eine Vielzahl von Strategien und Instrumenten, um die öffentliche Meinung im In- und Ausland zu beeinflussen. Dazu sollen unter anderem die gezielte Verbreitung von Falschnachrichten, die Nutzung von Social-Media-Plattformen und die Koordination von Trollarmeen gehören. Es geht darum, wie Russland gezielt Personen rekrutiert und ausbildet, um Propaganda und Desinformation zu verbreiten, und wie dabei auch moderne Technologien wie Künstliche Intelligenz zum Einsatz kommen. Der Artikel ist Teil der Recherchen zu den “Vulkan-Files”, die sich mit Russlands Cyberkrieg befassen und die neun Medien aus acht Ländern analysiert haben, darunter der “Spiegel”, die “Süddeutsche Zeitung” und das ZDF.
2. Die Filterblasen-Theorie ist überholt (deutschlandfunkkultur.de, Anna-Katharina Meßmer, Audio: 4:35 Minuten)
Bewegen sich die Nutzerinnen Nutzer Sozialer Netzwerke nur noch in ihren eigenen Filterblasen? Und werden Diskussionen im Internet dadurch tatsächlich aggressiver? Die Soziologin Anna-Katharina Meßmer hält die Theorie der Filterblasen für überholt.
3. Kein Anspruch auf Herausgabe von Kohl-Akten (lto.de)
Muss das Bundeskanzleramt Akten von Helmut Kohl zurückholen, die bei dessen Witwe vermutet werden? Und wie viele Akten müssen durchsucht werden, die sich noch in der Behörde befinden? Mit diesen Fragen hat sich das Bundesverwaltungsgericht befasst und letztendlich zu Ungunsten der klagenden Journalistin entschieden.
4. Wir müssen das Internet neu lernen (spiegel.de, Carola Padtberg)
In ihrem Kommentar schreibt Carola Padtberg über die Notwendigkeit, das Internet und den Umgang mit Künstlicher Intelligenz (KI) neu zu erlernen. Sie argumentiert, dass die KI immer mehr Einzug in unseren Alltag erhalte. Gleichzeitig berge sie Risiken wie Datensammlung, Diskriminierung und Manipulation. Padtberg fordert daher mehr Bildung und Aufklärung in diesem Bereich, eine breitere gesellschaftliche Debatte und mehr Bewusstsein für die Thematik. Dies betreffe auch die Medienhäuser: “Je alltäglicher künstliche Intelligenz wird, je häufiger nun Fake-Bilder und Falschinformationen die Runde machen, desto schwieriger wird es, Leser von der Echtheit des eigenen Contents zu überzeugen.”
5. Burda stellt sieben Magazine wegen Unwirtschaftlichkeit ein (dwdl.de, Timo Niemeier)
Der Burda-Verlag will sieben seiner Magazine wegen Unwirtschaftlichkeit einstellen: die Zeitschriften “Villa”, “Einfach los”, “Sweet Dreams” sowie “Lisa Romance”, “Wohnen & Garten Feste & Gäste”, “Wohnen & Garten Hund im Glück” und “Mein schönes Landhaus”. Den bis zu 40 betroffenen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern sollen die in solchen Fällen häufig genannten sozialverträglichen Lösungen oder andere Aufgaben im Unternehmen angeboten werden.
6. Landgericht: “Dämliches Stück Hirn-Vakuum” von Meinungsfreiheit gedeckt (faz.net)
Der Artikel auf FAZ.net befasst sich mit einer vor dem Landgericht Heilbronn gescheiterten Beleidigungsklage der Politikerin Sawsan Chebli. Chebli hatte einen Mann wegen eines beleidigenden Kommentars auf Facebook angezeigt und eine Geldstrafe gefordert. Das Gericht entschied jedoch, dass der Kommentar nicht strafbar ist, da er von der Meinungsfreiheit gedeckt sei.
1. “Drohende Katastrophe”: Elon Musk und Hunderte Forscher fordern eine “Denkpause” für künstliche Intelligenz (rnd.de, Imre Grimm)
In einem offenen Brief haben sich mehr als 1.000 namhafte Forscherinnen und Unternehmer für eine sechsmonatige “Denkpause” bei der Entwicklung der Künstlichen Intelligenz ausgesprochen, darunter Personen wie Twitter-Besitzer Elon Musk, Apple-Mitgründer Steve Wozniak und der Historiker und Philosoph Yuval Noah Harari. Das Thema berge “tiefgreifende Risiken” für die gesamte Menschheit, der Welt drohe eine “Katastrophe”. Beim “RedaktionsNetzwerk Deutschland” ordnet Imre Grimm die Debatte mitsamt ihrer vielfältigen Aspekte ein.
2. Warum werden freie Journalisten so mies bezahlt? (uebermedien.de, Holger Klein, Audio: 25:02 Minuten)
Im “Übermedien”-Podcast spricht Holger Klein mit Joachim Budde, freier Wissenschaftsjournalist und Co-Vorsitzender des Berufsverbands Freischreiber, über die vergleichsweise schlechte Bezahlung freier Journalistinnen und Journalisten. Anlass für das Gespräch war auch ein Tweet der Journalistin Laura Ewert, die ihr Honorar für einen Aufmacherartikel im Kulturteil des “Tagesspiegel” öffentlich gemacht hatte.
3. RBB-Direktoren sollen künftig weniger verdienen (dwdl.de, Timo Niemeier)
Der Verwaltungsrat des RBB habe beschlossen, seinen Führungsstab zu verschlanken. Außerdem wolle der öffentlich-rechtliche Sender künftigen Direktorinnen und Direktoren weniger als bislang zahlen und das sogenannte Ruhegeld abschaffen. Letzteres sei auch bei anderen ARD-Anstalten im Gespräch.
4. 3 unglaubliche Medien-Fakes und die Folgen (ndr.de, Zapp Medienmagazin, Mirko Drotschmann, Audio: 13:54 Minuten)
“Medienskandale wie die um Tom Kummer, Michael Born und LonelyGirl15 gibt es immer mal wieder. Wie konnten sich so viele täuschen lassen? Und haben Medien und Publikum daraus gelernt? Ist sowas heute noch möglich und kann man Medien trotz solcher Skandale weiter vertrauen?” Mit diesen Fragen beschäftigt sich Mirko Drotschmann in der neuen Folge von “Medienwissen2go” des Medienmagazins “Zapp”.
5. BMW stellt Freundin von Julian Nagelsmann ein (automobilwoche.de, Lennart Wermke)
Wie die “Automobilwoche” aus BMW-Konzernkreisen erfuhr, übernimmt die bisherige “Bild”-Journalistin Lena Wurzenberger zum 1. April die Position der Sprecherin für das Lieferantennetzwerk und Nachhaltigkeit. Am vergangenen Samstag hatte die “Süddeutsche Zeitung” berichtet (nur mit Abo lesbar), dass Wurzenberger, die privat mit dem ehemaligen Trainer des FC Bayern München Julian Nagelsmann liiert ist, ihren bisherigen Job als “Bild”-Reporterin aufgegeben habe.
6. Floskel des Monats: aktuell (journalist.de, Sebastian Pertsch & Udo Stiehl)
Sebastian Pertsch und Udo Stiehl werfen im Rahmen ihres Projekts “Floskelwolke” einen sprach- und medienkritischen Blick auf vielbenutzte Formulierungen. Diesmal nehmen sie sich die Eigenart von Journalisten und Journalistinnen vor, aus allem etwas “Aktuelles” machen zu wollen.
1. Muster erkennen (sueddeutsche.de, Lilian Köhler)
Das ehemalige NDR-Rundfunkratsmitglied Stephan Reimers hat einen rund hundertseitigen “NDR Klimabericht” zur Unternehmenskultur des öffentlich-rechtlichen Senders vorgelegt. Die Studie basiere auf 620 Einzel- und Gruppeninterviews mit mehr als tausend Mitarbeitern und Vertreterinnen der Aufsichtsgremien. Die Ergebnisse seien zum Teil niederschmetternd, entsprechend skeptisch kommentiert Lilian Köhler: “Abzusehen bleibt, ob man es mit den Veränderungen im NDR ebenso ernst meint, wie mit den Analysen.”
2. Revolution abgesagt: So will ProSiebenSat.1 wachsen (dwdl.de, Timo Niemeier)
Der neue ProSiebenSat.1-Chef Bert Habets hat verraten, wie die Sendergruppe in Zukunft wachsen will. Doch seine Ideen klingen eher nach Evolution als nach Revolution, meint Timo Niemeier. In seinem Beitrag fasst Niemeier zusammen, was in Zukunft zu erwarten ist – und was eher nicht.
3. Tarifergebnis im ZDF nach Warnstreiks (verdi.de)
Erstmals in der Geschichte des ZDF waren zwei Warnstreiks nötig, um die Senderverantwortlichen in einer siebten Tarifverhandlungsrunde zu einem verbesserten Eckpunktepapier zu bewegen, meldet die Gewerkschaft Verdi. In einer aktuellen Tarifinformation teilt sie mit, dass eine Einigung über die Erhöhung der Festgehälter, der Teuerungszulage und der Mobilitätszulage erzielt werden konnte. Auch für Freie und Auszubildende seien Verbesserungen erreicht worden.
4. RUMS hat heute Geburtstag (rums.ms)
Seit drei Jahren bietet “Rums” digitalen Journalismus aus Münster. In seinem Geburtstagsrundbrief erzählt Ralf Heimann von den Anfängen bis heute, sinniert über Künstliche Intelligenz (KI) und die Zukunft des Lokaljournalismus und verrät, warum sein Sohn dessen Nebenjob verloren hat (ohne zu viel verraten zu wollen: Es hat auch etwas mit KI zu tun). Eine interessante Lektüre – nicht nur für Leute aus Münster.
Transparenzhinweis: Ralf Heimann ist auch BILDblog-Autor und hat bei uns zum Beispiel die Serie “Kleine Wissenschaft des Fehlers” zur Fehlerkultur in Medien veröffentlicht.
5. Internet Archive verliert Klage um digitale Ausleihe (golem.de, Friedhelm Greis)
Wie Friedhelm Greis bei golem.de berichtet, haben mehrere Verlage eine Klage gegen das Internet Archive gewonnen. Demnach dürfen eingescannte Bücher dort nicht kostenlos zur Verfügung gestellt werden. Das Internet Archive habe umgehend angekündigt, gegen das Urteil juristisch vorzugehen.
6. Twitter bevorzugt offenbar rund 35 Prominente (spiegel.de)
Ausgewählte Personen erhalten auf Twitter offenbar mehr Reichweite als die breite Masse. Das soll eine jetzt veröffentlichte Geheimliste zeigen, auf der Prominente wie die demokratische Kongressabgeordnete Alexandria Ocasio-Cortez, der Schauspieler Jaboukie Young-White, der Youtuber Mr. Beast und Basketballstar LeBron James, aber auch Twitter-Chef Elon Musk selbst stehen.
In Dresden wird eine Frau erschlagen. Bild.de zeigt ein unverpixeltes Foto des Opfers. Der Presserat erteilt dafür eine Rüge: “Eine Einwilligung für eine identifizierbare Abbildung konnte die Redaktion nicht vorlegen.”
In Nürnberg wird ein Mann erschossen. “Bild” und Bild.de zeigen ein unvepixeltes Foto des Opfers. Der Presserat erteilt dafür eine Rüge: “Die Identität von Opfern muss laut Ziffer 8, Richtlinie 8.2 des Pressekodex besonders geschützt werden.”
In Ibbenbüren wird eine Frau mit mehreren Messerstichen getötet. “Bild” und Bild.de zeigen ein unverpixeltes Foto des Opfers. Der Presserat erteilt dafür eine Rüge: “Das Wissen um die Identität des Opfers ist in der Regel unerheblich. Eine Einwilligung der Angehörigen lag nicht vor, es handelte sich auch nicht um eine Person des öffentlichen Lebens.”
In Stadtallendorf wird eine Frau mit mehreren Messerstichen getötet. “Bild” und Bild.de zeigen ein unvepixeltes Foto des Opfers. Der Presserat erteilt dafür eine Rüge: Im Artikel “zeigte die Redaktion das Porträt des Opfers, für das offenbar keine Einwilligung der Angehörigen vorlag.”
In Warendorf wird eine Frau getötet. Bild.de zeigt ein unvepixeltes Foto des Opfers. Der Presserat erteilt dafür eine Rüge: “Das Bild stammte von der Gedenkseite eines Bestattungsunternehmens. Eine Einwilligung der Angehörigen zur Veröffentlichung bei BILD.DE lag offenbar nicht vor.”
Der Deutsche Presserat hat vergangene Woche Rügen verteilt: insgesamt 17 Stück, acht allein an “Bild” und Bild.de, davon fünf für “Verstöße gegen den Opferschutz”.
Gestern berichteten die “Bild”-Medien über einen “tödlichen Streit um Vermögen in Hamburg”. In der “Bild”-Bundesausgabe groß auf Seite 6:
Bei Bild.de auf der Startseite:
Die Verpixelungen oben stammen alle von uns. “Bild” und Bild.de haben die Fotos des Opfers und des Tatverdächtigen, der auch nicht mehr lebt, ohne irgendeine Unkenntlichmachung veröffentlicht.
Wir haben bei “Bild” nachgefragt, ob der Redaktion Einwilligungen der Familien vorliegen, die Fotos ohne Verpixelung zu veröffentlichen. Ein “Bild”-Sprecher antwortete uns: Das Foto des Tatverdächtigen …
wurde uns aus dem direkten familiären Umfeld rechtefrei für unsere Berichterstattung zur Verfügung gestellt.
Leider sagt er nicht, von wem genau. Es könnte die Verlobte des Mannes sein, jedenfalls scheint “Bild” mit ihr gesprochen zu haben, sie wird im Artikel zitiert. Ob das mit Blick auf den Pressekodex für eine Veröffentlichung reichen würde, ist fraglich. In dem eingangs erwähnten Fall aus Nürnberg hatte “Bild” das Foto offenbar von einem Cousin des Opfers erhalten. Das reichte dem Presserat nicht: “Die für eine identifizierbare Berichterstattung notwendige Einwilligung eines nahen Angehörigen konnte die Redaktion nicht vorlegen, lediglich die eines Cousins.” Die Entscheidung des Presserats: “Zustimmung des Cousins zur Verwendung eines Opferfotos reichte nicht aus”.
Doch zurück zum Hamburger Fall. Zur Veröffentlichung des Fotos, das das Opfer zeigt, schreibt der “Bild”-Sprecher: Die Aufnahme sei …
in sozialen Medien mit großer Reichweite öffentlich und dort ebenfalls unverpixelt einsehbar.
Die Argumentation ist gleich in mehrfacher Hinsicht interessant. Erstmal scheint keine Einwilligung der Familie vorzuliegen, jedenfalls erwähnt der “Bild”-Sprecher sie nicht. Mit der Begründung macht er es sich bemerkenswert einfach: Dass irgendwer irgendwas irgendwo in irgendwelchen “sozialen Medien” postet, soll für “Bild” und Bild.de ein legitimer Grund für eine identifizierende Berichterstattung sein? Und was meint der “Bild”-Sprecher überhaupt, wenn er davon schreibt, das Foto sei “in sozialen Medien mit großer Reichweite öffentlich”?
Die “Bild”-Redaktion gibt selbst an, wo sie das Foto her hat: von der Instagram-Seite eines Hells-Angels-Charters (auch nicht unbedingt die typische “Bild”-Quelle). Dort trauern sie um das verstorbene Mitglied. Der Account hat aktuell 3.172 Follower, der Beitrag mit dem Foto, das sich die “Bild”-Redaktion geschnappt hat, wurde bislang 392 Mal geliket, es gibt 75 Kommentare. Nun ja.
Eine gute halbe Stunde nach der ersten Mail des “Bild”-Sprechers schickt er uns eine zweite. Wir “dürfen bitte noch ergänzen”:
Die Veröffentlichung der Fotos erfolgte unter Einhaltung sämtlicher presserechtlicher und pressethischer Regeln und Standards.
Ob das stimmt, werden wir vermutlich nach der nächsten Sitzung des Deutschen Presserats erfahren.
1. RBB und Betriebsdirektor vor Arbeitsgericht (tagesspiegel.de, Joachim Huber)
Der RBB-Skandal kostet den öffentlich-rechtlichen Sender nach wie vor viel Zeit und vor allem viel Geld. Beim Arbeitsgericht Berlin gäben sich ehemalige und gekündigte Mitglieder der Geschäftsleitung die Klinke in die Hand, berichtet Joachim Huber. Er erklärt, um welche beträchtlichen Summen es dabei geht, und erörtert die Frage, warum der RBB bei einem Urteil schlechte Karten haben dürfte.
2. Eine Königsdisziplin (epd.de, Hans-Jürgen Jakobs)
Hans-Jürgen Jakobs war einige Jahre Leiter des Medienressorts der “Süddeutschen Zeitung” und ist nun Senior Editor beim “Handelsblatt”. Beim epd macht er sich Gedanken über die Rettung des Medienjournalismus und fragt: “Inwieweit sind Presse und öffentlich-rechtlicher Rundfunk in der Lage, ein positives Gegenbild zum publizistischen Inferno der vorzugsweise amerikanischen Internetkonzerne abzugeben, oder sind sie in Wahrheit längst deren Zulieferer und Vollstrecker geworden?”
3. Bundesweit die Nachrichten kappen (taz.de, Shoko Bethke)
Journalismus ist unterbezahlt und wird zu wenig wertgeschätzt, findet Shoko Bethke und überlegt, ob ein Streik helfen könnte: “Medien berichten ständig über Streiks. In der einen Woche ist es das Gesundheitspersonal, in der anderen das deutsche Verkehrswesen. Aber der Journalismus streikt nicht mit, zumindest nicht medienübergreifend und nicht bundesweit. Warum eigentlich nicht?”
4. Fake News (podcastfe7a98.podigee.io, Media Lab Bayern, Sabrina Harper, Audio: 32:01)
Die aktuelle Folge des “Media-for-Peace”-Podcasts beschäftigt sich mit dem globalen Problem der “Fake News”. Diese würden gezielt eingesetzt, um Meinungen und Stimmungen in Gesellschaften zu erzeugen, was besonders in Kriegs- und Krisengebieten brisant sei. Darüber sprechen der afghanische Journalist Omid Sobhani, Christoph Neuberger von der Freien Universität Berlin und Lina Timm, Leiterin des Media Lab Bayern.
5. Öffentliche Anhörung als Symbolpolitik? (whistleblower-net.de)
Gestern fand die zweite öffentliche Anhörung des Rechtsausschusses des Bundestags zum Hinweisgeberschutz und zur Umsetzung der EU-Whistleblowing-Richtlinie statt. Das Whistleblower-Netzwerk ist pessimistisch, dass die von verschiedenen Experten und Interessenvertretern geforderten Änderungen noch umgesetzt werden.
6. “Wirklich etwas für die Geschichtsbücher” (twitter.com, Übermedien, Boris Rosenkranz, Video: 1:20 Minuten)
Boris Rosenkranz hat in einem kurzen Video zusammengestellt, wie verschiedene Redaktionen ihre besten Leute in die Welt geschickt haben, um packende Bilder und viel Gerede über das große Nichts leerer Bahnhöfe und Bahnsteige liefern zu können.
1. Presserat rügt Verstöße gegen die Sorgfaltspflicht und den Opferschutz (presserat.de)
Wie der Deutsche Presserat mitteilt, wurden zwischen dem 21. und 23. März insgesamt 17 Rügen ausgesprochen. Trauriger Spitzenreiter ist mal wieder “Bild” beziehungsweise Bild.de mit acht der 17 Rügen. Eine Auflistung der aktuellen sowie der Rügen der vergangenen Jahre findet man auf der Übersichtsseite des Presserats.
2. “Der Cringe ist groß” (spiegel.de, Kristin Haug)
Statt einer Ausgabe des “ZDF Magazin Royale” mit Jan Böhmermann im üblichen Setting gab es am Freitagabend etwas völlig Unerwartetes: Die Redaktion hatte die Sendung “Nuhr im Ersten” nachgebaut und ließ einen erschreckend gut parodierenden Dieter-Nuhr-Imitator durch die vermeintliche Satiresendung führen. Im Netz wurde die Aktion gefeiert und verurteilt. Kristin Haug hat einige Reaktionen gesammelt.
3. Tarifabschluss erzielt (djv.de, Hendrik Zörner)
Der Deutsche Journalisten-Verband und die Gewerkschaft Verdi auf der einen Seite und die Zeitschriftenverleger auf der anderen haben sich auf einen neuen Tarifabschluss geeinigt. Dieser sieht unter anderem vor, dass die Gehälter in den Redaktionen ab dem 1. April dieses Jahres um 4,4 Prozent steigen. Ab dem 1. April 2024 soll es zudem eine Festbetragserhöhung von 125 Euro monatlich geben.
4. Lustiger Literaturbetrieb (taz.de, Fatma Aydemir)
Der Kölner Verlag Kiepenheuer & Witsch hat sich das TikTok-Format “Unverlangt eingesandt” ausgedacht, das sich in kurzen Videos über Manuskripteinreichungen lustig macht. Fatma Aydemir kann darüber nicht lachen: “Also ein Mensch schreibt da jahrelang an einem Text, fasst sich irgendwann ein Herz, sendet ihn an einen Verlag und der guckt dann bloß rein, um daraus pseudolustigen Content zu generieren.”
Transparenzhinweis: “Ohne Rücksicht auf Verluste”, das Buch der BILDblog-Autoren Mats Schönauer und Moritz Tschermak, ist bei Kiepenheuer & Witsch erschienen.
5. Das neue Feigenblatt des Spielejournalismus (netzpolitik.org, Dom Schott)
Der Infokasten werde zum Schleichweg einer Branche, kommentiert Dom Schott auf netzpolitik.org. Statt Verantwortung zu übernehmen, würden sich die Redaktionen der Diskussion entziehen, wie moderner Spielejournalismus auszusehen hat. Als konkretes Beispiel nennt er den Umgang mit der Debatte “um den Riesenkonzern Blizzard, Missbrauchsvorwürfe von ehemaligen Mitarbeiterinnen, Kündigungswellen und Klagen von Angestellten.”
6. Ruhe bewahren! (uebermedien.de, Boris Rosenkranz, Video: 0:58 Minute)
Am heutigen Montag findet ein bundesweiter Warnstreik statt, der weite Teile des öffentlichen Nahverkehrs, des Flugbetriebs und der Schifffahrt betrifft. Oder wie einige Medien es nennen: ein “Superstreik”, ein “Megastreik”, ein “Monsterstreik”. Boris Rosenkranz hat sich angeschaut, zu welchen Formulierungen die berichtenden Fernsehsender sonst noch greifen.
Hurra, Wochenende – und damit mehr Zeit zum Hören und Sehen! In unserer Wochenendausgabe präsentieren wir Euch eine Auswahl empfehlenswerter Filme und Podcasts mit Medienbezug. Viel Spaß bei Erkenntnisgewinn und Unterhaltung!
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1. Wie viel Journalismus kann Satire? (deutschlandfunk.de, Annika Schneider, Audio: 43:12 Minuten)
In der NDR-Satiresendung “extra 3” hatte kürzlich Sven Matis, Pressesprecher der Stadt Stuttgart, einen unfreiwilligen Auftritt. Der Deutschlandfunk (Dlf) fragt: “Hat die Redaktion unsauber gearbeitet? Oder müssen öffentliche Personen damit rechnen, hochgenommen zu werden?” Darüber diskutieren der von dem Vorgang betroffene Matis, Christian Sieh von “extra 3”, der Kommunikationswissenschaftler Martin Herbers und Dlf-Moderatorin Annika Schneider.
2. Erst Hochzeiten, dann Balkanroute (hinterdenzeilen.de, Niklas Münch & Tobias Hausdorf, Audio: 33:59 Minuten)
In der aktuellen Folge des Podcasts “Hinter den Zeilen” geht es um Fotojournalismus. Der freie Fotograf Ilir Tsouko erzählt unter anderem von der wichtigen Rolle seines Großvaters in Albanien, seinem Einstieg über die Hochzeitsfotografie und Recherchen auf eigene Faust.
3. Der Filmmarkt in Hongkong und der Einfluss aus Peking (deutschlandfunkkultur.de, Anke Leweke, Audio: 36:47 Minuten)
Nach drei Jahren Corona-Pause findet in Hongkong wieder der internationale Filmmarkt statt. Welche Filme werden dort gehandelt? Wie ist die Stimmung angesichts der politischen Lage? Und wie groß ist der Einfluss Pekings auf das Filmbusiness? Anke Leweke hat sich auf dem Filmmarkt in Hongkong umgeschaut.
4. Gaming-YouTuberin “Gnu” über Erfolg und die Schattenseiten von YouTube (stern.de, Simone Menne, Audio: 54:42 Minuten)
Im “Stern”-Podcast “Die Boss” spricht die erfolgreiche Youtuberin und Streamerin “Gnu” über Sexismus im Gaming, ihre soziale Verantwortung und die Schattenseiten des Erfolgs. Im Gespräch geht es unter anderem darum, wie “Gnu” gelernt hat, mit Druck umzugehen, welche neuen Jobs sie kreiert, und wie künstliche Intelligenz die Gaming-Branche beeinflusst.
5. Wie berichtet man von Deutschland aus über Iran? (uebermedien.de, Holger Klein, Audio: 32:15 Minuten)
Farhad Payar leitet die Redaktion des “Iran Journal”, das in deutscher Sprache über politische und zivilgesellschaftliche Themen aus Iran und der iranischen Diaspora berichtet. Wie kommen Payar und sein Team von Deutschland aus an ihre Informationen? Inwiefern hilft das “Iran Journal” anderen Medien bei ihrer Arbeit? Und wie schätzt Farhad Payar die aktuelle Lage im Land ein?
6. ZDF Magazin Royale: Guinness World Records (zdf.de, ZDF Magazin Royale, Video: 33:06 Minuten)
Wer eine Buchausgabe der “Guinness World Records” in den Händen hält, ahnt oft nicht, dass sich dahinter ein Medienunternehmen mit einem fragwürdigen, aber offenbar äußerst lukrativen Geschäftsmodell verbirgt. Die Redaktion des “ZDF Magazin Royale” hat sich die Sache genauer angesehen und selbst einen Rekord angemeldet.
1. Verfassungsschutz warnt vor Risiken bei Tiktok-Nutzung (faz.net)
Das Bundesamt für Verfassungsschutz erkenne erhebliche Risiken bei der Verwendung der Kurzvideo-App TikTok: “Wenn Sie sich Umfang der Daten, der Metadaten, der Inhalte bei Tiktok anschauen auf der einen Seite, und wenn Sie sich dann auch anschauen, welche Einflussmöglichkeiten staatliche Stellen auf solche Unternehmen haben, dann kann das nur Bauchschmerzen auslösen. Und die habe ich”, so Sinan Selen, Vizepräsident des Inlandsgeheimdienstes. Innenministerin Nancy Faeser sehe derzeit jedoch keinen Anlass für ein TikTok-Verbot. Mehr zu der komplizierten Lage gibt es bei tagesschau.de: Spaßige App – oder Sicherheitsrisiko? (Manuel Bewarder & Svea Eckert & Florian Flade)
Und noch ein passender Gucktipp: Kommt das TikTok-Verbot in den USA?: “Die US-Regierung setzt laut Medienberichten den chinesischen Mutterkonzern ByteDance unter Druck: Entweder die Konzernführung verkaufe ihre Anteile an der App oder TikTok werde in den USA verboten. Hintergrund sind massive Datenschutzbedenken der US-Regierung: Die chinesische Regierung könnte über die App massenhaft Daten von Amerikanerinnen und Amerikanern abgreifen.” (youtube.com, ZDFheute Nachrichten, Victoria Reichelt, Video: 38:34 Minuten)
2. “Letzte Generation”: Medienhype um Klimaaktivisten (ndr.de, Zapp, Laura Borchardt & Mandy Mülling, Video: 32:07 Minuten)
Das Medienmagazin “Zapp” hat sich die Berichterstattung zu den Protestaktionen der “Letzten Generation” angeschaut: “Sind sie Weltretter oder Klimaradikale? Zwischen diesen Polen bewegt sich auch die Medienberichterstattung. Über fast jede Aktion wird berichtet. Beinahe täglich. Ist das gerechtfertigt? Und welchen Anteil haben Medien an der aufgeheizten Stimmung um Klimaproteste?”
Dazu passend: Wenn Hass zu Gewalt wird: Der Deutschlandfunk beschäftigt sich mit der zunehmenden Gewalt gegen Klimaschützerinnen und Umweltaktivisten. Die Gewalt reiche von Einschüchterungen und Drohungen bis hin zu körperlichen Angriffen und Morddrohungen. Dass Menschen, die sich für Klima- und Umweltschutz einsetzen, beschimpft und bedroht werden, könne auch mit einseitiger Berichterstattung zusammenhängen, so eine Expertin (deutschlandfunk.de, Antje Allroggen, Audio: 5:07 Minuten).
3. Wie ungewöhnlich ist so ein Regierungsleck? (uebermedien.de, Hendrik Wieduwilt)
Bei “Übermedien” beschäftigt sich Hendrik Wieduwilt mit dem jüngsten “Regierungsleck”, bei dem vertrauliche Informationen aus internen Gesprächen an die Presse weitergegeben wurden. Wann sind derartige Durchstechereien hinnehmbar? Wann sind sie ein eklatanter Vertrauensbruch? Und ist Robert Habecks Empörung über das Leck aus der Ampelkoalition berechtigt?
4. Ein Streaming-Netzwerk aller deutscher Sender (tagesspiegel.de, Joachim Huber)
Beim “Tagesspiegel” kommentiert Joachim Huber die Bemühungen um ein gemeinsames Streaming-Netzwerk der deutschen TV-Sender: “Die Denkrichtung muss sich ändern. Nicht Gründe für eine Absage finden, sondern Argumente für ein Gelingen. Die internationalen Konzerne von Netflix über Metaversum bis Youtube sind in Deutschland auch deswegen so erfolgreich, weil sie nicht klein, sondern groß denken. Und vom Nutzer her.”
5. Mehr Tiger als Bettvorleger (taz.de, Thomas Klatt)
Die “taz” portraitiert den Religionsjournalisten Raphael Rauch, der seit gut drei Jahren das Portal kath.ch leitet und nun zum Schweizer Boulevardblatt “Sonntagsblick” wechselt. Dort wird er sich, wie er selbst sagt, sowohl wirtschaftsethischen Themen als auch gelegentlich seinen bisherigen kirchlichen Themen widmen. Natürlich geht es auch um die Frage, wie es mit dem katholischen Portal aus Zürich weitergeht.
6. US-Börsenaufsicht geht gegen Lindsay Lohan und andere Prominente vor (spiegel.de)
Die US-Börsenaufsicht SEC geht verstärkt gegen Prominente vor, die in Sozialen Medien für Kryptowährungen und andere Investments werben. Sie hat nun acht Personen zur Rechenschaft gezogen, weil diese nicht offengelegt hätten, Geld für die Werbebeiträge erhalten zu haben. Die Schauspielerin Lindsay Lohan habe sich angesichts der Vorwürfe zu einer Zahlung von rund 40.000 US-Dollar bereit erklärt, ohne ein Schuldeingeständnis. Im Fall des Youtubers und Boxers Jake Paul belaufe sich die Summe auf rund 100.000 US-Dollar.
1. Medienethik bei BILD (PDF) (edoc.ku.de, Volker Lilienthal)
Hochschulprofessor Volker Lilienthal hat eine Untersuchung zur “Medienethik bei BILD” vorgelegt. Die Grundlage dafür bilden sogenannte Leitfadeninterviews mit 43 “Bild”-Mitarbeiterinnen und -Mitarbeitern, die Lilienthal im Jahr 2020 durchführen konnte. Außerdem durfte er an Redaktionskonferenzen teilnehmen. Im Vorwort weist Lilienthal auf eine wichtige Erkenntnis hin: “Die bei BILD arbeitenden Menschen sollte man nicht voreilig gleichsetzen mit dem, was BILD produziert und an Meinung und stark geframter Information veröffentlicht.” Die verlinkte, 92-seitige PDF bietet einen tiefen und seltenen Einblick in den “Bild”-Kosmos.
2. Feindbild Journalist:in 7: Berufsrisiko Nähe (ecpmf.eu)
Wie das Europäische Zentrum für Presse- und Medienfreiheit mitteilt, ist die Zahl der Angriffe auf Medienschaffende in Deutschland nach zwei Negativrekorden in Folge im Jahr 2022 wieder gesunken. Der Rückgang sei vor allem auf die Marginalisierung der Proteste der “Querdenker”-Bewegung zurückzuführen.
3. Gericht: Unternehmen von Julian Reichelt darf trans Frau nicht misgendern (queer.de)
Wie der Rechtsanwalt Jasper Prigge mitteilt, hat das Landgericht Frankfurt der Firma Rome Medien von Ex-“Bild”-Chefredakteur Julian Reichelt und deren Autorin Judith Sevinç Basad untersagt, die Journalistin Janka Kluge in einem veröffentlichten Artikel als “Mann” zu bezeichnen. Damit habe erstmals ein Landgericht im Wege einer einstweiligen Verfügung das Misgendern einer trans Frau untersagt. Die Entscheidung sei allerdings noch nicht rechtskräftig.
4. SWR: Kai Gniffke will 12 Millionen pro Jahr einsparen (dwdl.de, Timo Niemeier)
SWR-Intendant Kai Gniffke habe auf der jüngsten Sitzung des Rundfunkrates ein 12 Millionen Euro umfassendes Sparpaket vorgestellt. Bei “DWDL” berichtet Timo Niemeier, an welchen Stellen die Einsparungen erfolgen sollen.
5. Kritik an Intendant Peter Limbourg (deutschlandfunk.de, Annika Schneider, Audio: 5:29 Minuten)
Auch der Intendant der Deutschen Welle, Peter Limbourg, hat Sparmaßnahmen angekündigt, die zudem einen Stellenabbau nach sich ziehen. Davon könnten die Arbeitsplätze von 200 bis 300 Personen betroffen sein. Das Ausmaß der Sparmaßnahmen habe alle überrascht, die Leute seien erschüttert, so Personalratsmitglied Michael Stegemann: “Die Kolleginnen und Kollegen stellen sich die Frage: Wie konnte die Führung in diesem Maße versagen, dass wir uns vor einem solchen Loch wiederfinden?”
6. Das Bild der “arabischen Clans” in deutschen Medien (belltower.news, Mahmoud Jaraba)
Immer mehr Medien, von lokalen Tageszeitungen bis hin zu überregionalen Wochenzeitungen, würden über “Clan-Kriminalität” berichten, oft mit recycelten Geschichten und reißerischen Schlagzeilen. Der Politikwissenschaftler Mahmoud Jaraba kommentiert: “Um zu vermeiden, dass unschuldige Menschen zu Schaden kommen und laufende Ermittlungen gefährdet werden, sollte die Medienberichterstattung auf Fakten und Beweisen beruhen und nicht auf Sensationslust und Spekulationen. Bei der Berichterstattung über kriminelle Aktivitäten müssen die Medien vorsichtig und verantwortungsbewusst vorgehen, um zu vermeiden, dass sie Kriminellen unbeabsichtigt helfen oder unnötige Panik schüren.”
2. Verschwörungssender Auf 1: Mit “Flood the zone with shit” zum Erfolg (derstandard.at, Markus Sulzbacher)
Der österreichische TV-Sender Auf1 habe dank einer Social-Media-Strategie, die auf dem Konzept “Flood the Zone with Shit” basiere, seine Zuschauerzahlen deutlich steigern können. Der Ansatz bestehe darin, viele verschiedene Verschwörungserzählungen und Falschmeldungen in den Sozialen Medien zu verbreiten, um die Aufmerksamkeit der Menschen zu erregen. Das Erfolgsgeheimnis des Senders liege auch in der Erschließung des deutschen Desinformationsmarktes, so der Rechtsextremismusexperte Bernhard Weidinger vom Dokumentationsarchiv des österreichischen Widerstandes.
3. Wie es betrügerische Werbeanzeigen immer wieder in Online-Medien schaffen (tagesspiegel.de, Tobias Mayer)
Tobias Mayer zeigt im “Tagesspiegel”, wie Betrüger mit gefälschten Anzeigen in Online-Medien Erfolg haben. Diese Anzeigen werden oft mit manipulierten Bilder und falschen Meldung bestückt. Mayer erklärt, wie solche Betrugsversuche funktionieren, welche Folgen sie haben können und wie man sich davor schützen kann.
4. Facebook kann löschen (faz.net)
Die “FAZ” berichtet über eine wichtige Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts Münster, das Social-Media-Nutzerinnen und -Nutzern einen wichtigen Anspruch nehme: Löscht Facebook oder eine andere Plattform Beiträge, müsse das nicht überprüft und begründet werden.
5. Welchen Nachrichten kann man trauen? (medienpolitik.net, Helmut Hartung)
In repräsentativen Umfragen hat die CDU-nahe Konrad-Adenauer-Stiftung untersucht, in welchem Maße Menschen Angst vor der Verbreitung von Desinformation haben und ob sie den öffentlich-rechtlichen Medien vertrauen. Bei medienpolitik.net fasst Helmut Hartung die Ergebnisse zusammen.
6. Warum TikTok eine Notbremse braucht (netzpolitik.org, Sebastian Meineck)
Sebastian Meineck äußert sich kritisch zur Diskussion um ein mögliches TikTok-Verbot in den USA. Er hält TikTok zwar für bedenklich, aber nicht für gefährlich. Die Gründe dafür hätten nur am Rande mit Datenschutz und China zu tun, vielmehr mit der besonderen Sogwirkung und Suggestivkraft TikToks.
Weiterer Lesehinweis zu TikTok: TikTok schränkt Challenges stärker ein: Kurz vor einer Anhörung vor dem US-Kongress kündigt die Plattform strengere Vorgaben für seine Nutzerinnen und Nutzer an. Sie schließen unter anderem Aktivitäten aus, die zu “mäßigen körperlichen Schäden führen können” (spiegel.de).
1. Defizit und Krise beim Auslandssender (tagesspiegel.de, Joachim Huber)
Wie gestern in den “6 vor 9” berichtet, steht der Deutschen Welle ein unter Umständen massiver Stellenabbau bevor. Die Gewerkschaft Verdi warnt, dass bis zu 300 Arbeitsplätze von freien Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern bedroht sein könnten. Joachim Huber sieht zwei Personen in der Pflicht: “Intendant Limbourg, der den Sender vor Defizit und innerer Krise bewahren muss, und zum anderen Claudia Roth. Die Kulturstaatsministerin muss sich ihre Zahlen genau anschauen und erneut prüfen, ob sich nicht weitere Millionen für die Welle finden lassen. Das Außenministerium darf gleich mitsuchen. Wer Haubitzen und Panzer liefert, der muss auch nachhaltige Informationen liefern.”
2. Veränderung durch Unterbrechung (taz.de, Ruth Lang Fuentes)
Im “taz lab” erzählt der ehemalige Journalist Raphael Thelen, warum der Journalismus in Deutschland in der Klimakrise seiner Meinung nach versagt. Und wie er vom Beobachter zum Aktivisten der “Letzten Generation” wurde: “Ich sitze hier und blockiere, unterbreche den Lauf der Dinge und sage nein. Das war einfach klar, ehrlich. Geht das alles am Schluss gut aus? Keine Ahnung. Aber ich würde mich schlechter fühlen, wenn ich es nicht tun würde.”
3. Unterm Radar: Die vergessenen Nachrichten (sr.de, Sabine Wachs & Florian Mayer, Audio: 13:54 Minuten)
Die Initiative Nachrichtenaufklärung (INA) hat kürzlich ihre “Top Ten der vergessenen Nachrichten 2023” vorgestellt. Dabei handelt es sich um Themen und Geschichten, die aus Sicht der INA in der medialen Berichterstattung weitgehend unsichtbar geblieben sind, obwohl sie von gesellschaftlicher Relevanz sind. Sabine Wachs und Florian Mayer sprachen mit der Medienwissenschaftlerin und INA-Geschäftsführerin Filiz Kalmuk über die Auswahl, das Zustandekommen und die Ziele.
4. Es gibt keine zuverlässigen Zahlen, trotzdem sind die Überschriften voll davon (uebermedien.de, Martin Rücker)
In Medien kursieren die unterschiedlichsten Zahlen von Long- und Post-Covid-Betroffenen, die jedoch nicht durch seriöse Daten gedeckt seien. Martin Rücker kommentiert: “Aufrichtig und nachhaltiger wäre es, wenn Minister wie Medien feststellten: Es gibt bislang keine zuverlässigen Daten. Das kann man sagen, ohne das Problem für die Betroffenen zu leugnen oder es zu übertreiben. Redaktionen könnten, anstatt Zahlen in ihre Headlines zu schreiben, ihre Rolle darin sehen, zu hinterfragen, warum es keine aussagekräftigen Statistiken gibt.”
5. Twitter reagiert auf Pressemails mit Kackhaufen-Emoji (spiegel.de)
Bisher konnten Journalistinnen und Journalisten ihre Fragen an Twitter unter der Adresse [email protected] stellen und hatten zumindest eine theoretische Chance auf eine Antwort. Jetzt bekommt jeder, der an diese Adresse schreibt, auf Geheiß von Elon Musk garantiert eine Antwort: ein Kothaufen-Emoji per Autoresponder. (Ja, richtig gelesen …)
6. Wendler will juristisch gegen Volksverpetzer vorgehen (volksverpetzer.de, Thomas Laschyk)
Nach heftiger Kritik hatte der Fernsehsender RTLzwei seine Pläne für eine Baby-Dokusoap mit Ex-Schlagersänger und Verschwörungsideologen Michael Wendler und dessen Frau Laura gestoppt. Auch die Aufklärungsseite “Volksverpetzer” hatte kritisch über den Fall berichtet. Diese hat Wendler nun abmahnen lassen, unter anderem wegen der angeblich illegalen Verwendung eines Screenshots.
1. 11.000 Euro für eine Moderation (taz.de, Sebastian Erb)
Die langjährige “Tagesschau”-Sprecherin und jetzige ProSieben-Moderatorin Linda Zervakis soll für die Moderation einer 90-minütigen Diskussionsrunde mit Bundeskanzler Olaf Scholz, Bundesinnenministerin Nancy Faeser, Integrationsstaatsministerin Reem Alabali-Radovan und weiteren Gästen knapp 11.000 Euro erhalten haben. Eine Zahlung, die das Bundeskanzleramt nun verteidigt: “Aufgrund des herausgehobenen Veranstaltungsformates war eine qualifizierte Moderation angezeigt”, so eine Regierungssprecherin gegenüber der “taz”.
2. Marion Horn: So tickt die neue Bild-Chefin (mediummagazin.de)
Wie der Axel-Springer-Verlag in der vergangenen Woche überraschend mitteilte, trennt er sich von allen drei Führungskräften der bisherigen “Bild”-Chefredaktion. Zu ihren Nachfolgern wurden Marion Horn und Robert Schneider ernannt. Das “medium magazin” hat aus diesem Anlass ein über zehn Jahre altes Interview mit Marion Horn (PDF) aus dem Archiv geholt, das viel darüber verrate, wie die neue “Bild”-Chefredakteurin tickt.
3. Bewährungsstrafe für früheren MDR-Unterhaltungschef Foht (faz.net)
Der frühere MDR-Unterhaltungschef Udo Foht ist wegen Betrugs im Zusammenhang mit Fernsehproduktionen zu einer Freiheitsstrafe auf Bewährung verurteilt worden. Das Landgericht Leipzig habe den 72-Jährigen am Freitag wegen Betrugs in 13 Fällen sowie Bestechlichkeit schuldig gesprochen. Die Tatvorwürfe würden auf die Jahre 2008 bis 2011 zurückgehen.
4. Bundesregierung klagt gegen ihren Datenschutzbeauftragten (golem.de, Moritz Tremmel)
Die Bundesregierung, oder genauer: das Bundespresseamt, klage gegen ihren eigenen Datenschutzbeauftragten Ulrich Kelber. Der habe die Bundesregierung bereits 2021 aufgefordert, ihren Facebook-Auftritt aus Datenschutzgründen stillzulegen. Gegen die letzte Frist klage das Amt nun.
5. DW vor Stellenabbau – ver.di protestiert (verdi.de)
Bei der Deutschen Welle droht ein massiver Stellenabbau, von dem bis zu 300 überwiegend freie Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter betroffen wären. Dies stößt bei der Gewerkschaft Verdi auf Widerstand: “Wir fordern die Deutsche Welle auf, die eingeleiteten Maßnahmen sofort zu stoppen. Es ist völlig unklar, ob finanzielle Engpässe überhaupt entstehen werden. Denn im Koalitionsvertrag ist für die Deutschen Welle ausreichende Unterstützung vorgesehen”, so Christoph Schmitz, Mitglied des Verdi-Bundesvorstands.
6. 50 Jahre Talkshows in Deutschland: Wir müssen reden (rnd.de, Imre Grimm)
Der 50. Geburtstag der ersten deutschen Talkshow ist für Imre Grimm ein guter Anlass, über das Format nachzudenken und es kritisch zu hinterfragen: “50 Jahre deutsche Talkshows haben mehr als bewiesen, dass die Frequenz nicht zwingend auch die Substanz erhöht. Und dass die demokratiefördernden Eigenschaften einer Talkshow verwässern, wenn immer dieselben Gäste zu Wort kommen.”
Hurra, Wochenende – und damit mehr Zeit zum Hören und Sehen! In unserer Wochenendausgabe präsentieren wir Euch eine Auswahl empfehlenswerter Filme und Podcasts mit Medienbezug. Viel Spaß bei Erkenntnisgewinn und Unterhaltung!
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1. Rauswurf-Rumms! Was steckt hinter dem “Bild”-Beben? (uebermedien.de, Holger Klein, Audio: 21:04 Minuten)
Wie am Freitag in den “6 vor 9” zu lesen war, hat sich der Axel-Springer-Verlag überraschend von allen drei Führungskräften der bisherigen “Bild”-Chefredaktion getrennt. Stattdessen sollen die “Bild”-Rückkehrerin Marion Horn und der aktuelle “Focus”-Chefredakteur Robert Schneider, der ebenfalls schon einmal bei “Bild” war, an die Spitze der Redaktion rücken. Im “Übermedien”-Podcast spricht Marvin Schade vom stets gut unterrichteten “Medieninsider” über die möglichen Hintergründe.
Weiterer Hörtipp: Im Interview mit dem MDR spricht auch Medienwissenschaftler Volker Lilienthal über den Wechsel in der “Bild”-Chefredaktion (mdr.de, Audio: 6:24 Minuten).
Weiterer Lesetipp: Anlässlich der Rückkehr Horns haben wir ihr Schaffen als Chefredakteurin der “Bild am Sonntag” noch einmal in Erinnerung gerufen.
2. True Crime: Mord, Totschlag, Missbrauch als Entertainment (ndr.de, Zapp, Nhi Le, Video: 18:34 Minuten)
Ob als Audio-Podcast, im Fernsehen oder auch in Printmedien: Das Format “True Crime” erfreut sich schon seit Jahren großer Beliebtheit. Dabei stehen vor allem die Täter und Täterinnen im Mittelpunkt der Erzählung. Darüber spricht “Zapp”-Reporterin Nhi Le mit Matthias Corssen (Überlebender eines Serienmörders), Ingrid Liebs (Mutter der ermordeten Frauke Liebs) sowie Macherinnen und Machern von “True-Crime”-Podcasts.
3. Zukunft (Lokal)Journalismus – Lokale Vielfalt gegen mediale Einfalt (youtube.com, DJV Thüringen, Mariana Friedrich, Video: 1:41:50 Stunden)
Eine Veranstaltung der Friedrich-Ebert-Stiftung, des Deutschen Journalisten-Verbands Thüringen und der Thüringer Landesmedienanstalt beschäftigte sich mit der Zukunft des Lokaljournalismus: “Wie kann das drohende Aussterben des (Lokal)Journalismus verhindert werden? Was kann, ja was muss Politik tun, um diesen Stützpfeiler unserer Demokratie zu erhalten und zu stärken? Können andere lokaljournalistische Modelle, wie bspw. Bürgermedien, die entstehende Lücke füllen und wenn ja, wie? Ist die angesprochene Zustellförderung für Tageszeitungen wirklich eine Lösung in der digitalen Medienwelt? Und was droht, wenn keine Rettung gelingt?”
4. Wie schlimm steht es um die BBC? (ardaudiothek.de, BR 24 Medien, Linus Lühring, Audio: 27:58 Minuten)
Die BBC hat einen legendären Ruf, aber die britische öffentlich-rechtliche Rundfunkanstalt steht unter politischem Druck wie nie zuvor. Das zeigte sich zuletzt im Fall Lineker. Der frühere Fußballspieler und heutige BBC-Moderator Gary Lineker hatte in einem Tweet die britische Einwanderungspolitik kritisiert und die Sprache der konservativen Regierung mit der Deutschlands in den 1930er-Jahren verglichen. Es folgte die Suspendierung, dann die Aufhebung der Suspendierung. Wie unabhängig ist die BBC noch? Und was können ARD und ZDF von den Entwicklungen bei der BBC lernen? Darüber spricht Linus Lühring mit Gabi Biesinger, ARD-Korrespondentin in London.
5. Polarisierung, soziale Medien und Journalismus (journalistik.blogs.uni-hamburg.de, Leonie Urbanczyk, Audio: 55:46 Minuten)
Der “JKW-Podcast” der Journalistik und Kommunikationswissenschaft an der Universität Hamburg beschäftigt sich mit der zunehmenden Polarisierung: “Was gehört noch zu dem Begriff der ‘Meinungsverschiedenheit’ und welche Aussagen sind ein Indiz für die Polarisierung verschiedener Personen? Haben wir es überhaupt mit einer polarisierenden Gesellschaft zu tun?” Darüber sprechen die zwei Professoren Michael Brüggemann und Axel Bruns.
6. 50 Jahre “Talkshow” in Deutschland (deutschlandfunk.de, Michael Borgers, Audio: 46:19 Minuten)
Anlässlich des 50-jährigen Bestehens des Unterhaltungsformats Talkshow präsentiert der Deutschlandfunk eine Sonderausgabe, in der fünf prominente Talkerinnen und Talker zu Wort kommen: Bettina Tietjen, Aminata Belli, Michael Steinbrecher, Bettina Böttinger und Hubertus Meyer-Burckhardt.
Im November 2019, als klar war, dass Marion Horn den Axel-Springer-Verlag verlassen wird, hatten wir hier im BILDblog einen kritischen Blick auf Horns Schaffen als Chefredakteurin der “Bild am Sonntag” veröffentlicht: Zum Abschied von Marion Horn.
Was von uns als Rückschau auf die kleinen Merkwürdigkeiten und das große Schlimme gedacht war, könnte nun als Vorschau dienen: Gestern wurde bekannt, dass Marion Horn zum Springer-Verlag zurückkehrt, als Vorsitzende der Chefredaktionen der “Bild”-Gruppe. Daher veröffentlichen wir unseren Beitrag von damals unverändert hier noch einmal: Zur Rückkehr von Marion Horn.
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Marion Horn war nicht mal ein halbes Jahr im Amt, da zeigten sich selbst hartgesottene Islamhasser beeindruckt. So schrieb das Hetzportal “Politically Incorrect” im März 2014 verblüfft:
Ja was ist denn in die BILD am SONNTAG (BamS) gefahren? (…) Gleich zwei mal packt das Springer-Blatt das heiße Thema Islam an – und zwar in einer Deutlichkeit, die es in sich hat.
Schon auf dem Titelblatt prangt die unmissverständliche Headline: “Islam-Rabatt für Jolins Mörder”. Ohne Fragezeichen!
Tatsächlich behauptete die “Bild am Sonntag” gemeinsam mit den anderen “Bild”-Medien ohne Fragezeichen, in Deutschland gebe es einen “Islam-Rabatt”, also mildere Strafen vor Gericht, wenn es sich bei den Straftätern um Muslime handelt.
In Wahrheit kam eine Studie, die die “Bild”-Medien als vermeintlichen Beleg für den in Deutschland vorherrschenden “Islam-Rabatt” anführten, sogar zum genau gegenteiligen Schluss: Deutsche Strafgerichte würden sogenannte Ehrenmörder “nicht milder als andere Beziehungstäter” behandeln, “sondern sogar strenger.”
Der zweite Artikel in der “Bild am Sonntag”, über den sich “Politically Incorrect” damals so freute, war ein Interview mit einem deutsch-türkischen Schriftsteller – große “BamS”-Überschrift: “‘Islam gehört zu uns wie die Reeperbahn nach Mekka'”.
Fazit der Fremdenfeinde:
“Zum Regieren brauche ich BILD, BamS und Glotze”, sagte Ex-Bundeskanzler Gerhard Schröder vor zehn Jahren. Wenn die oben erwähnten Artikel eine intensive und schnörkellose Debatte über die Gefahren des Islam in Deutschland auslösen, könnte die BamS vom heutigen 30. März 2014 eine nicht zu unterschätzende Katalysator-Funktion gehabt haben.
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So ging sie also los, Marion Horns Karriere als Chefredakteurin der “BamS”. Und nun, gut sechs Jahre später, geht sie zu Ende: Wie der Axel-Springer-Verlag in dieser Woche mitteilte, verlässt Horn die “Bild am Sonntag”.
Mit “Kompetenz und Leidenschaft” habe sie als Chefredakteurin “insbesondere die investigative und politische Relevanz von BILD am SONNTAG geprägt”, sagte Springer-Chef Mathias Döpfner.
Werfen wir zum Abschied also einen Blick zurück auf ihr glorreiches Werk.
Herzogin Kate war im Mai 2014 “dem Wind sei Dank” das Kleid hochgerutscht, wodurch ihr Po entblößt wurde.
Der Windhauch des royalen Helikopters bei der Landung in den australischen Blue Mountains sorgte für diesen kurzen, aber magischen Moment.
Diesem “magischen Moment” widmete die “Bild am Sonntag” unter Feministin Horn fast die ganze letzte Seite.
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Im Juli 2014 veröffentlichte die “BamS” neben den anderen “Bild”-Medien zahlreiche Fotos und persönliche Informationen von Menschen, die beim Abschuss eines Flugzeuges über der Ukraine ums Leben gekommen waren.
Eine Erlaubnis der Angehörigen hatte die Redaktion nicht eingeholt. Die Veröffentlichung wurde später auch vom Presserat kritisiert.
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Wenige Tage später entschied sich Marion Horn für den Abdruck eines islamfeindlichen Kommentars ihres damaligen Stellvertreters Nicolaus Fest. “Der Islam stört mich immer mehr”, schrieb er darin, ihn störe “die weit überproportionale Kriminalität von Jugendlichen mit muslimischem Hintergrund”, “die totschlagbereite Verachtung des Islam für Frauen und Homosexuelle” und vieles mehr. Der Islam sei wohl “ein Integrationshindernis”, was man “bei Asyl und Zuwanderung ausdrücklich berücksichtigen” solle.
Ich brauche keinen importierten Rassismus, und wofür der Islam sonst noch steht, brauche ich auch nicht.
Im Monat darauf verkündete die “Bild am Sonntag” exklusiv, Schauspieler Henning Baum habe das Ende seiner Serie “Der letzte Bulle” bestätigt. Noch am selben Tag teilte sein Management mit, das Zitat in der “BamS” sei frei erfunden.
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Zwei Wochen später berichtete die “Bild am Sonntag” über den Mord an einem 14-jährigen Mädchen und druckte im Artikel ein Foto des vermeintlichen Täters, das die Redaktion bei Facebook geklaut hatte:
Im Dezember 2014 fragte die “Bild am Sonntag” empört:
Denn in Berlin-Kreuzberg, so die Behauptung der “BamS”, müsse der Weihnachtsmarkt neuerdings “Winterfest” heißen. Auf “dem Altar der politischen Korrektheit” werde “die christliche Tradition geopfert”, insinuierte das Blatt.
In Wahrheit stimmte die Geschichte gar nicht: “Wie die Märkte sich nennen, ist uns total egal”, erklärte das zuständige Bezirksamt auf unsere Nachfrage. Die “Bild am Sonntag” hatte sich das Weihnachtsmarktverbot ausgedacht – und lieferte den besorgten Bürgern und Islamhassern einmal mehr neue Munition.
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Im darauffolgenden Frühjahr berichtete die “BamS”, dass die Schweizer Bundesanwaltschaft Franz Beckenbauer wegen der WM-Vergabe an Russland und Katar als Zeugen befragen wolle. Die Schweizer Bundesanwaltschaft teilte auf unsere Nachfrage mit, dass das Quatsch sei. Die Geschichte in der “Bild am Sonntag” sei sogar “mehrfach falsch”. Die Redaktion habe nicht mal bei ihr nachgefragt.
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Im Monat darauf schrieb die “BamS” auf ihrer Titelseite, Angela Merkel habe in Bayreuth einen “Kollaps” erlitten.
Die Meldung des angeblichen Schwächeanfalls verbreitete sich rasend schnell, doch kurz darauf brachte die Nachrichtenagentur AFP folgende (wortwörtliche) Breaking News:
Regierungssprecher: Merkel bei Wagner-Festspielen nicht kollabiert – Kein Schwächefall – Stuhl der Kanzlerin brach zusammen
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Im August 2015 wurde in Schleswig-Holstein die Leiche eines Mannes gefunden, der Suizid begangen hatte. Daraufhin bat die Polizei die Medien darum, die Fotos, die sie zur Fahndung veröffentlicht hatte, “aus der Berichterstattung zu nehmen”.
Die “Bild am Sonntag” ignorierte nicht nur die Bitte der Polizei, sondern lieferte möglichen Nachahmern auch gleich noch den genauen Ort des Suizids:
(Wenn du selber Probleme hast, depressiv bist oder über Suizid nachdenkst, kansst du dich jederzeit unter 0800 – 111 0 111 oder 0800 – 111 0 222 an die TelefonSeelsorge wenden.)
Eine Zustimmung der Angehörigen lag wieder nicht vor, und wieder wurde die Veröffentlichung vom Presserat kritisiert.
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Wenige Monate später druckte die “Bild am Sonntag” zahlreiche Fotos und persönliche Informationen von Menschen, die bei einem Anschlag auf ein Einkaufszentrum in München getötet worden waren.
Eine Zustimmung der Angehörigen lag wieder nicht vor, und wieder wurde die Veröffentlichung vom Presserat kritisiert.
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Im September 2016 druckte die “Bild am Sonntag” einen Gastkommentar des Fußballers Arne Friedrich. Der meldete sich kurz darauf bei Twitter zu Wort und erklärte, die Redaktion habe in seinem Kommentar rumgepfuscht. Als Beweis schickte er einen Screenshot seines Originaltextes mit:
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An Ostern 2017, nachdem ein Mann einen Anschlag auf den Mannschaftsbus von Borussia Dortmund verübt hatte, titelte die “Bild am Sonntag”:
Wie sich später herausstellte, war auch diese Geschichte Unsinn. Die Bundesanwaltschaft teilte in einer Pressemitteilung mit, die Sprengsätze seien “zeitlich optimal gezündet” worden.
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Anfang 2018 behauptete die “Bild am Sonntag”:
Doch auch diese Schlagzeile war falsch. Tatsächlich ergab die Statistik, dass nicht “4 von 5 Flüchtlingen” bei ihrem Deutsch-Test durchfallen, sondern dass vier von fünf Flüchtlingen, die Analphabeten sind, nicht das Sprachniveau B1 erreichen. Insgesamt schafften nicht nur 20 Prozent einen Abschluss, wie von “BamS” behauptet, sondern 76 Prozent.
Auch diese falsche Schlagzeile war eine willkommene Vorlage – nicht nur für andere Medien, sondern vor allem für rechte Hetzer.
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Wenige Wochen später schrieb die “Bild am Sonntag”:
Was in der Überschrift schon mal nicht klar wurde: Dabei handelte es sich nicht um eine drei- oder vierköpfige Familie, sondern um eine Mutter mit neun Kindern. Zudem wurden die 7300 Euro für die zehnköpfige Familie nicht bar ausgezahlt, sondern ein Großteil wurde schon vorher abgezogen, um die Kosten für die Unterbringung in einem Asylwohnheim inklusive aller Nebenkosten zu begleichen. Auch die Dauer der Bearbeitung war entgegen der “BamS”-Behauptung komplett irrelevant. Und auch sonst gab sich die “Bild am Sonntag” große Mühe, in dem Artikel möglichst viel Irreführendes und Falsches unterzubringen.
Tatsächlich hätte jede deutsche Mutter mit neun Kindern im selben Alter als Sozialhilfeempfängerin genauso viel und dieselben Leistungen bekommen wie die Flüchtlingsfamilie. Davon war in der “Bild am Sonntag” allerdings nichts zu lesen.
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Als im Dezember 2018 über die Nachfolge von Angela Merkel an der Spitze der CDU abgestimmt werden sollte, veröffentlichte die “Bild am Sonntag” eine Liste von 1001 Delegierten und verriet, für welchen Kandidaten/welche Kandidatin sie jeweils stimmen würden. Allerdings erklärten daraufhin etliche der angeblich Befragten, sie hätten überhaupt nicht mit der “Bild am Sonntag” gesprochen.
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Sechs Jahre war Marion Horn Chefredakteurin der “Bild am Sonntag”. Sechs Jahre, in denen ihr Blatt Unwahrheiten in die Welt setzte, Persönlichkeitsrechte verletzte und den Hass gegen den Islam befeuerte. Die Liste ließe sich noch viel weiter fortsetzen, mit Schleichwerbung, geheuchelterSelbstkritik oder politischen Kampagnen.
Oder wie man beim Axel-Springer-Verlag sagt: “Kompetenz und Leidenschaft”.
1. Axel Springer wirft komplette »Bild«-Führung raus (spiegel.de, Anton Rainer)
Wie der Axel-Springer-Verlag gestern überraschend mitteilte, trennt man sich von allen drei Führungskräften der bisherigen “Bild”-Chefredaktion. Johannes Boie, Alexandra Würzbach und Claus Strunz scheiden demnach aus ihren “bisherigen Rollen” aus. Über “mögliche künftige Aufgaben” im Hause Springer werde man zu einem späteren Zeitpunkt informieren. Mit den zwei “Bild”-Rückkehrern Marion Horn und Robert Schneider steht die Nachfolge bereits fest.
2. Neuer Anlauf für ein Hinweisgeberschutzgesetz (whistleblower-net.de)
Am heutigen 17. März wollen die Regierungsfraktionen einen neuen Anlauf zur überfälligen Umsetzung der EU-Whistleblowing-Richtlinie unternehmen und gleich zwei neue Gesetzentwürfe in den Bundestag einbringen. Das Whistleblower-Netzwerk befürchtet eine “Verschlimmbesserung statt Mängelbeseitigung”. Es sei bedauerlich, dass die Ampelfraktionen den neuen Anlauf nicht dazu genutzt hätten, “zwei offensichtliche Mängel des vorherigen Gesetzesbeschlusses zu beheben”.
3. SLAPP-Richtlinie in Gefahr (verdi.de)
“SLAPP” ist die englische Abkürzung für “Strategic Lawsuits Against Public Participation”. Derartige Klagen sollen Medienschaffende sowie Aktivistinnen und Aktivisten einschüchtern und von ihrer Arbeit abhalten. Die EU will solche missbräuchlichen Verfahren verhindern und hat eine entsprechende Richtlinie vorgelegt. Nun befürchtet ein zivilgesellschaftliches Bündnis aus Gewerkschaften, Menschenrechts- und Nichtregierungsorganisationen einen faulen Kompromiss.
4. Mehr Kontrolle bei ARD und ZDF (tagesspiegel.de)
Die Ministerpräsidentinnen und -präsidenten der Länder haben sich auf einen vierten Medienänderungsstaatsvertrag und einheitliche Regeln zur Stärkung von Transparenz und Kontrolle bei den öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten geeinigt. Ausschlaggebend für die Reformdiskussion sei die RBB-Affäre um Verschwendung und Vetternwirtschaft gewesen.
5. Medienkritik professionalisieren: Medienwatchblog Kobuk sammelt Geld (derstandard.at, Oliver Mark)
Das österreichische Medienwatchblog “Kobuk”, das wir auch gern hier in den “6 vor 9” verlinken, will sich professionalisieren und setzt künftig auf ein Mitglieder- und Spendenmodell, das von 3 bis 35 Euro im Monat reicht. Die Artikel sollen aber nicht hinter einer Bezahlschranke verschwinden. Mit den Einnahmen sollen Honorare für Autorinnen und Autoren sowie neue Inhalte finanziert werden.
6. RTL gegen RTL 2: Geschwisterzoff wegen Wendler-Doku (rnd.de, Matthias Schwarzer)
Nachdem RTLzwei die (mittlerweile abgesagte) Dokusoap mit dem umstrittenen Ex-Schlagersänger und Verschwörungsideologen Michael Wendler angekündigt hatte, meldete sich RTL zu Wort. Die Staffel werde weder vor noch nach der TV-Ausstrahlung auf dem Portal RTL+ verfügbar sein. Matthias Schwarzer erklärt, warum es mit der von “Respekt und Wertschätzung” getragenen “vertrauensvollen Zusammenarbeit” der Sender nicht so weit her ist.
Tanja May und Sarina Roocks sind erleichtert. Beinahe hätten sie mitansehen müssen, wie ein deutscher TV-Sender einem “Extremisten” eine Plattform bietet. Denn beinahe hätte RTLzwei eine Dokusoap über Michael Wendler und Laura Müller, “den umstrittenen Sänger und seine schwangere Frau”, wie May und Roocks schrieben, gedreht. Über den Michael Wendler, der “2021 beim Nachrichten-Dienst Telegram Corona-Regeln mit einer erschütternden Holocaust-Verharmlosung kommentiert” hatte, der immer wieder “mit kontroversen Aussagen, Verschwörungstheorien und Werbung für Krisen-Produkte (z.B. Entgiftungskuren, Strom-Aggregatoren und ‘Das große Buch der Überlebenstechniken’) die Öffentlichkeit” schockierte, der “Schwurbel-Geschäfte im Netz” machte, so May und Roocks. Doch soweit wird es nun doch nicht kommen: RTLzwei hat sich nach heftiger Kritik und großem Entsetzen von dem Projekt verabschiedet.
Tanja May und Sarina Roocks, bei “Bild” für die Promi-Berichterstattung zuständig, können aufatmen:
Gut, dass RTLZWEI die Kurve gekriegt hat.
Man stelle sich mal vor, es gäbe eine Redaktion, die durch ihre Berichterstattung einen Typen normalisiert, der auf seinem Telegram-Kanal allen möglichen Unsinn und jegliche Schrecklichkeiten zu “Ufos, Chemtrails, Impf-Panikmache, Antisemitismus, Reichsbürger-Ideologie, Pro-Putin-Propaganda, Wahlbetrug-Lügen, Klimawandelleugnung, Gewaltverherrlichung” verbreitet, wie das Team vom “Volksverpetzer” dokumentiert. Eine Redaktion, die, wenn Michael Wendler und Laura Müller ihr “Mietshaus in der Palmetto Street in Punta Gorda (Südflorida) verlassen” müssen, berichtet:
Eine Redaktion, die, wenn Michael Wendler und Laura Müller kurz darauf ein neues Haus gefunden haben, berichtet:
Eine Redaktion, die selbstverständlich auch über Michael Wendlers “NEUES BOOT” berichtet:
Oder eine Redaktion, die einfach mal nur “die wahre Liebesgeschichte” von Michael Wendler und Laura Müller erzählen will:
Das ist nur ein kleiner Ausschnitt aus der umfassenden Wendler-Berichterstattung der “Bild”-Medien der vergangenen Monate und Jahre. All diese Beiträge da oben sind nach 2021 bei Bild.de erschienen, also nachdem Michael Wendler “beim Nachrichten-Dienst Telegram Corona-Regeln mit einer erschütternden Holocaust-Verharmlosung kommentiert” hatte. Die meisten Artikel befinden sich hinter der “Bild-plus”-Paywall, die Redaktion will mit Michael Wendler Geld verdienen.
Auch über Laura Müllers Schwangerschaft, also das Thema der für kurze Zeit geplanten RTLzwei-Dokusoap, deren Ausfall Tanja May und Sarina Roocks so erleichtert, berichtet die “Bild”-Redaktion ausführlich. Natürlich erstmal über die Nachricht an sich:
Und lässt die Leserschaft einen Blick auf den “Schwangerschafts-Alltag bei Wendlers” werfen:
Da ist Laura Müller “mit süßer Babykugel” unterwegs, Michael Wendler kümmert sich per Aufsitzmäher um den Rasen, und die “Bild”-Redaktion schaut in die offene Garage:
Ob die werdenden Eltern hier bald schon Teile ihrer Baby-Ausstattung parken werden?
Wir werden es zu gegebener Zeit ganz bestimmt erfahren. Denn eigentlich gibt es schon längst eine Dokusoap über Michael Wendler und Laura Müller, in verschriftlichter Form, garniert mit Fotos, bei Bild.de.
Tanja May und Sarina Roocks werden intern sicherlich dafür kämpfen, dass diese Praxis bald ein Ende hat, egal wie geil dieser Wendler-Content geklickt wird, egal wie viele “Bild-plus”-Abos man damit verkaufen kann. Denn wer will schon einen Verbreiter von Verschwörungstheorien und Holocaust-Verharmlosungen zu größerer Prominenz verhelfen?
1. Nach scharfer Kritik: RTLzwei stoppt Wendler-Dokusoap (dwdl.de, Alexander Krei)
Gestern haben wir in den “6 vor 9” über die Ankündigung einer RTLzwei-Dokusoap mit Michael Wendler und das vernichtende Medienecho berichtet. Nun hat der Sender die Reißleine gezogen, das Projekt abgeblasen und eine halbherzige Entschuldigung nachgeschoben. Alexander Krei kommentiert: “Was bleibt, ist ein Imageschaden für RTLzwei und die beteiligten Produktionsfirmen – verbunden mit der Frage, wie die Verantwortlichen überhaupt zu einer solch verheerenden Fehleinschätzung kommen konnten.”
2. Mit falschem Namen in der SPD – Handelsblatt beurlaubt Mitarbeiter (tagesspiegel.de, Felix Hackenbruch)
Es klingt wie ausgedacht, aber offenbar hat sich ein Journalist und Mitarbeiter des “Handelsblatt” jahrelang bei der SPD in Berlin-Pankow engagiert und ist dort unter anderem Namen und teilweise mit falschem Bart aufgetreten. Nun wurde ihm offenbar eine Wutrede zum Verhängnis, die zu seiner endgültigen Enttarnung führte. Felix Hackenbruch erklärt die seltsame Posse.
3. “Libra”-Skandal: Fürstlich in Saarbrücken und am Kurfürstendamm (msn.com, Jochen Zenthöfer)
“Dreiundzwanzig Mitarbeiter des Bundesjustizministeriums, darunter zwei Abteilungsleiter, waren vor dem 20. Dezember 2022 für den Newsletter ‘Libra – eine Marke von Juris’ angemeldet. Trotzdem will Minister Marco Buschmann (FDP) erst an diesem Tag, und aus der F.A.Z., erfahren haben, dass ‘Libra’ zu Juris gehört, einem Unternehmen, bei dem sein Ministerium einen der beiden Geschäftsführer bestimmt.” Jochen Zenthöfer berichtet, wie es beim “Libra”-Skandal weitergegangen ist.
4. Pyrrhus-Siege im Kulturkampf (uebermedien.de, Andrej Reisin)
Der Ex-Fußballspieler und BBC-Moderator Gary Lineker hatte in einem Tweet die britische Einwanderungspolitik kritisiert und dabei die Sprache der konservativen Regierung mit der Deutschlands der 1930er-Jahre verglichen. Daraufhin war Lineker von der BBC suspendiert worden, was auf vielfältigen Protest stieß. Nun darf er wieder zurück auf den Sender, aber Andrej Reisin ist skeptisch: “Es sieht also nach einem großen Erfolg für Lineker aus. Ich würde bei einem britischen Buchmacher jedoch einige Pfund darauf wetten, dass sich Gary Linekers Erfolg im Kampf gegen seine Suspendierung über kurz oder lang als Pyrrhus-Sieg erweisen wird.”
5. Was macht eine VR-Reporterin, Frau Wolfangel? (fachjournalist.de, Gunter Becker)
Der “Fachjournalist” hat mit der Journalistin Eva Wolfangel gesprochen. Es geht dabei um Wolfangels Arbeitsweise, ihr journalistisches Selbstverständnis und die Frage, wie sie bei “RiffReporter” zur “VR-Reporterin” wurde. Außerdem spricht Wolfangel über den Einsatz von Virtual Reality im Journalismus allgemein und zeigt auf, wo Chancen, aber auch Gefahren liegen: “VR im Journalismus kann nur gut werden, wenn wir unsere Formate loslassen und erst einmal überlegen, was die Vorteile der Technologie sind und was wir damit machen könnten.”
6. Don’t mention the war (coffeeandtv.de, Lukas Heinser)
Man sollte meinen, dass die Formulierung “größter Irgendwas aller Zeiten” in Deutschland mit Vorsicht zu genießen ist, meint Lukas Heinser. Dem ist aber nicht so, wie er anhand einer Bild.de-Schlagzeile zeigt.
Man wird ja wohl noch träumen dürfen, erst recht als “Bild”-Leser:
Es wäre doch gigantisch, wenn BILD demnächst auf Seite 1 schreiben könnte: “Aufstand! 40 Mio. Haushalte wehren sich gegen Habecks Schwachsinn”.
Dieser Wunsch von “Bild”-Leser Mathias erschien gestern als Leserbrief auf der Titelseite des Boulevardblatts. Und die “Bild”-Redaktion wäre nicht die “Bild”-Redaktion, wenn sie nicht alles versuchen würde, ihren Leserinnen und Lesern solch kühne Träume irgendwie zu erfüllen.
Ebenfalls gestern erschienen, acht Seiten hinter dem Leserbrief, in der Dresden-Ausgabe der “Bild”-Zeitung:
Der von Mathias gewünschte “Aufstand!”, er scheint loszugehen. Gut, nicht “40 Mio. Haushalte”, sondern erstmal nur eine Person, aber immerhin.
Aber was hat sich Wirtschaftsminister und Grünen-Politiker Robert Habeck denn nun eigentlich schon wieder geleistet? Gehen wir den Fall aus dem “Bild”-Artikel mal Stück für Stück durch:
Holger Schubert (41) aus Dresden will alles richtig machen – bevor Habecks Sanierungshammer greift. Doch er wird für ihn zum Boomerang! Denn der sächsische Denkmalschutz spielt nicht mit!
Kurze Überprüfung: Hat das was mit Robert Habeck zu tun? Nein, wohl eher mit dem “sächsischen Denkmalschutz”.
Weiter im “Bild”-Text:
“Ich saniere ein denkmalgeschütztes Haus aus dem Jahre 1914, tausche die vorhandene Kohleheizung gegen eine moderne Wärmepumpe ein, dämme Fassade und Dach und will natürlich auch die Fenster erneuern”, erklärt Schubert. Doch letzteres verbietet ihm die Denkmalschutzbehörde.
Hat das was mit Robert Habeck zu tun? Nein.
Der Witz: Sowohl sein direkter Nachbar verbaute im ebenfalls denkmalgeschützten Haus ungefragt Kunststoff-Fenster. Und die Stadt Dresden betreibt unweit in der denkmalgeschützten, früheren Feuer-Wache eine Kita mit Hort. Die hat ebenso neue Holzsprossenfenster!
Warum das so ist, wollte das Denkmalschutzamt der Stadt Dresden BILD auf Anfrage nicht erklären.
Hat das was mit Robert Habeck zu tun? Nein.
In seiner Verzweiflung schrieb der gebürtige Dresdner dem sächsischen Ministerpräsidenten Michael Kretschmer (47, CDU) und dessen Umweltminister Wolfram Günther (49, Grüne) einen Protest-Brief – ohne Erfolg.
Hat das was mit Robert Habeck zu tun? Nein.
Letzte Woche erhielt nun auch Bundes-Klimaschutzminister Robert Habeck (53, Grüne) Post von Schubert. Er schreibt: “Ich möchte als Bauherr freiwillig energetisch sanieren, es wird mir seitens der Ämter aber leider untersagt. In wenigen Jahren werde ich dann vermutlich gesetzlich dazu verpflichtet – ist das nicht schizophren?”
Und dann ist der “Bild”-Artikel auch schon zu Ende. Ein “HAUSBAUER” schreibt Robert Habeck also in einem Brief, dass er sein Haus freiwillig etwa im Sinne Habecks sanieren will, ihm die Ämter, mit denen Habeck nichts zu tun hat, aber Steine in den Weg legen. Die “Bild”-Redaktion macht daraus eine Abrechnung dieses Mannes “mit Habeck”. So kann man die Dinge natürlich auch verdrehen, um die eigene Leserschaft zu bedienen.
1. RTLzwei auf Irrwegen: Hass hat Hausverbot, der Wendler nicht (dwdl.de, Alexander Krei)
“Nach seiner Schwurbelei von Gleichschaltung der Medien und einem abstrusen KZ-Vergleich war Michael Wendler zwei Jahre lang aus dem Fernsehen verschwunden. Doch jetzt ist RTLzwei verzweifelt genug, um ihn zurückzuholen. Das geht gar nicht.” Alexander Krei kommentiert die Ankündigung des Fernsehsenders RTLzwei, Michael Wendler und dessen Frau Laura eine sechsteilige Doku-Soap zu widmen.
Zahlreiche abschreckende Beispiele aus Wendlers Telegramkanal dokumentiert der “Volksverpetzer”: “Es gab kaum eine rechtsextreme Lüge, eine Holocaust-Verharmlosung, einen Nazi-Vergleich, eine wirre Verschwörungserzählung oder antisemitisch codierten Content, den Wendler nicht geteilt hat. Ufos, Chemtrails, Impf-Panikmache, Antisemitismus, Reichsbürger-Ideologie, Pro-Putin-Propaganda, Wahlbetrug-Lügen, Klimawandelleugnung, Gewaltverherrlichung, er leugnete sogar die Klimakatastrophe von Ahrtal.”
Mittlerweile hat sich herausgestellt, dass RTL Deutschland auf Abstand geht. Man werde die geplante RTLzwei-Doku-Soap nicht via RTL+ verbreiten. Bei “DWDL” kommentiert Thomas Lückerath: “Die Weigerung von RTL Deutschland, das von Rainer Laux Productions und EndemolShine Germany produzierte Format bei RTL+ zu veröffentlichen, raubt dem Format einen Teil der eingeplanten Refinanzierung und das in ohnehin schon angespannten Zeiten.”
2. Sechs Prozent der Minderjährigen abhängig von sozialen Medien (faz.net)
Laut einer gemeinsamen Studie der Krankenkasse DAK und des Universitätsklinikums Hamburg-Eppendorf hat sich die Zahl der Kinder und Jugendlichen, die von Computerspielen und Sozialen Netzwerken abhängig sind, während der Corona-Pandemie mehr als verdoppelt. Vor allem männliche Jugendliche seien anfällig.
3. Forschung: Schafft sich der lokale Kulturjournalismus selbst ab? (flurfunk-dresden.de)
Ein Berliner Forscherteam hat am Beispiel von Neusalza-Spremberg im Landkreis Görlitz untersucht, ob gezielte kulturelle Bildungsangebote die lokale Berichterstattung über das Thema verändern. Das Fazit: Kultur sei ein Thema in den Medien, aber auf dem Land gebe es Nachholbedarf.
4. Wer nicht kämpft (freischreiber.de)
Der Berufsverband Freischreiber setzt sich seit 2008 für die Belange freier Journalistinnen und Journalisten ein. Im Newsletter berichtet das Team über aktuelle Entwicklungen, den Kampf für bessere Honorare und Rahmenbedingungen, anstehende Termine und interessante Fortbildungen.
5. Nutzerorientierter Journalismus: Dieses Tool hilft bei der Entwicklung neuer Angebote (konradweber.ch)
Konrad Weber schreibt über die Bedeutung von nutzerorientiertem Journalismus und über die Frage, wie sich Medieninhalte verändern müssen, um den sich wandelnden Bedürfnissen der Nutzerinnen und Nutzer gerecht zu werden. Weber beschreibt, wie Medienunternehmen wie “The Atlantic”, “Buzzfeed” und die “New York Times” das aktualisierte “User Needs Model” genutzt haben, um Inhalte an die Bedürfnisse der Zielgruppe anzupassen.
6. In Berliner Bädern fallen ein paar Oberteile, bei “Stern TV” alle Hemmungen (uebermedien.de, Frederik von Castell)
Bei “Übermedien” wirft Frederik von Castell der TV-Sendung “Stern TV” vor, die Debatte um das Oben-ohne-Schwimmen in Berliner Bädern unnötig aufgebauscht und unsachlich geführt zu haben, anstatt sich konstruktiv mit dem Thema auseinanderzusetzen: “In dem Beitrag wird keine Chance vertan, das Thema möglichst groß zu fahren. Dabei wird mit allerlei Tricks gearbeitet.”
1. Medienschaffende schützen (djv.de, Hendrik Zörner)
Für das Jahr 2022 seien im Rahmen des kriminalpolizeilichen Meldedienstes 320 Straftaten erfasst worden, die sich gegen Medien richteten. Das gehe aus einer Antwort der Bundesregierung auf eine Kleine Anfrage der Linksfraktion im Bundestag hervor, die dem Deutschen Journalisten-Verband (DJV) vorliegt. Der DJV fordert die Strafverfolgungsbehörden in Deutschland auf, Gewalttaten gegen Journalistinnen und Journalisten konsequent zu verfolgen: “Gewalttaten gegen Medienschaffende sind kein Kavaliersdelikt. Die Behörden müssen hier entschieden handeln und Journalisten schützen”, so der DJV-Bundesvorsitzende Frank Überall.
2. “Gezielter Angriff auf die Pressefreiheit” (netzpolitik.org, Markus Reuter)
Der “Volksverpetzer” ist ein Blog, das sich in Faktenchecks unter anderem mit Falschmeldungen, Desinformation und rechten Narrativen auseinandersetzt. Damit macht sich das Projekt viele Feinde. So berichtete “Volksverpetzer”-Gründer Thomas Laschyk kürzlich von technischen Angriffen auf die Plattform, darunter DDoS-Attacken und koordiniertes “Review-Bombing”. netzpolitik.org hat mit Laschyk über die aktuelle Hasswelle gesprochen.
3. Gesellschaft für Freiheitsrechte geht mit Radio Dreyeckland gegen Durchsuchung der Redaktionsräume vor Gericht (freiheitsrechte.org)
Die Gesellschaft für Freiheitsrechte (GFF) unterstützt den unabhängigen Sender Radio Dreyeckland (RDL) bei dessen Beschwerde gegen die im Januar erfolgten Durchsuchungen sowie die Beschlagnahme von Laptops: “Die GFF unterstützt die Beschwerde von RDL, um klären zu lassen, ob das Setzen eines Links im Rahmen eines Presseberichts eine strafbare Unterstützungshandlung darstellen kann und inwieweit die Rundfunkfreiheit der Durchsuchung von Redaktionsräumen und Mitarbeiterwohnungen entgegensteht. Sollte das Landgericht die Durchsuchungsbeschlüsse bestätigen, will die GFF dagegen Verfassungsbeschwerde erheben.”
4. Nichts gelernt: Der MDR und die ewige Intransparenz (dwdl.de, Timo Niemeier)
“Spätestens nach 2022 sollte allen Verantwortlichen in der ARD bewusst sein, dass ein ‘weiter so’ nicht mehr funktioniert. Heute wählt der MDR-Rundfunkrat nun einen neuen Intendanten und sowohl die Gremien als auch der einzige Kandidat machen dabei keine gute Figur.” Bei “DWDL” kommentiert Timo Niemeier den bemerkenswert intransparenten Auswahlprozess der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalt und das laute Schweigen der Beteiligten.
5. KI im Journalismus richtig nutzen (verdi.de, Bärbel Röben)
Die Deutsche Akademie der Technikwissenschaften hat ein Whitepaper über Künstliche Intelligenz im Journalismus veröffentlicht (PDF-Download): “Das Whitepaper liefert eine Bestandsaufnahme zum Thema KI und Journalismus und zeigt auf, welche neuen Möglichkeiten und Chancen, aber auch welche Herausforderungen und Grenzen dem Einsatz von KI-Systemen hierbei gesetzt sind.”
6. Eine Anleitung zur Krone-Kampagne in 6 Schritten (kobuk.at, Tobias Kachelmeier)
Weil die Kampagnen der “Kronen Zeitung” in der österreichischen Medienwelt legendär seien, hat Tobias Kachelmeier eine Anleitung verfasst, mit deren Hilfe man in sechs Schritten eine erfolgreiche (aber schmutzige) Medienkampagne nach “Kronen”-Vorbild aufziehen kann.
1. Heißer gegessen als gekocht: Wie “Bild” mit falschen Zutaten Kulturkämpfe zubereitet (uebermedien.de, Martin Rücker)
“Wer sich für seine Berichterstattung ein gleich dreifaches Dementi einfängt, kann sicher sein: Es geht um was.” Martin Rücker nimmt die Berichterstattung der “Bild”-Redaktion zu Plänen von Cem Özdemir auseinander, der sich im Kabinett um Landwirtschaft und Ernährung kümmert. Rückers Fazit: “Man kann Özdemirs Pläne richtig oder falsch finden, angemessen oder irgendwie drüber – die Frage ist nur, ob immer gleich Kulturkampf sein muss, der noch dazu losgelöst von den Fakten ausbricht.” Siehe dazu auch unseren Beitrag: Bild.de schiebt Özdemir radikales Werbeverbot für Milch unter.
Weiterer Lesetipp, auch die “Bild”-Berichterstattung betreffend: Falschmeldung der “Bild”-Zeitung: Habeck kostet uns keine Billion (taz.de, Tobias Schulze).
2. ARD-Korrespondentin zum Fall Lineker (tagesspiegel.de, Joachim Huber)
Der Ex-Fußballer und prominente BBC-Moderator Gary Lineker hat in einem Tweet die britische Einwanderungspolitik kritisiert und dabei die Sprache der konservativen Regierung mit der Deutschlands der 1930er-Jahre verglichen. Darauf war Lineker von der BBC suspendiert worden, was auf vielfältigen Protest stieß. So zeigten sich BBC-Kollegen solidarisch mit ihm, so dass die Fußball-Berichterstattung der BBC am Wochenende stark eingeschränkt war. Inzwischen soll Tim Davie, Generaldirektor des Senders, Lineker wieder zurück auf Sendung haben wollen. Joachim Huber hat sich mit der Londoner ARD-Korrespondentin Annette Dittert über den Fall und die politischen Hintergründe unterhalten.
3. Enthüllung über Heidis Statement: Die Wahrheit über die Zukunft von GNTM (youtube.com, Lijana Kaggwa, Video: 27:48 Minuten)
Die ehemalige “Germany’s-Next-Topmodel”-Kandidatin Lijana Kaggwa hat im vergangenen Jahr ein viel beachtetes Video veröffentlicht, in dem sie schwere Manipulationsvorwürfe gegen die ProSieben-Show erhebt: Die Produktionsfirma habe die Teilnehmerinnen monatelang isoliert, von der Außenwelt abgeschnitten, auf Zuckerentzug gesetzt, gegeneinander ausgespielt. Außerdem seien einigen Teilnehmerinnen vor dem Auftritt auf dem Laufsteg die Füße eingecremt worden, um Stolperszenen zu provozieren. ProSieben dementierte, die Produktionsfirma klagte, und Heidi Klum äußerte sich in der Auftaktsendung der neuen Staffel. Nun gibt es Gerichtsurteile dazu, was man über die Methoden von “Germany’s Next Topmodel” sagen darf – und das ist eine ganze Menge. Ex-Teilnehmerin Kaggwa hat sich für ihr neues Statement Rechtsanwalt Chan-jo Jun ins Boot geholt und nutzt die Gelegenheit, um auf ihre Anti-Cybermobbing-Initiative aufmerksam zu machen.
5. Facebook-Konzern erwägt dezentrale Twitter-Alternative (zeit.de)
“Zeit Online” berichtet über die Pläne des Facebook-Mutterkonzerns Meta, ein neues Soziales Netzwerk zu schaffen, das womöglich mit Mastodon kompatibel ist.
Dazu eine aktuelle Podcast-Empfehlung: In der heutigen Ausgabe von “Haken dran” sprechen Dennis Horn und Gavin Karlmeier über eine sich abzeichnende technologische Entwicklung, die Metas Vorhaben in den Schatten stellen könnte.
Hurra, Wochenende – und damit mehr Zeit zum Hören und Sehen! In unserer Wochenendausgabe präsentieren wir Euch eine Auswahl empfehlenswerter Filme und Podcasts mit Medienbezug. Viel Spaß bei Erkenntnisgewinn und Unterhaltung!
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1. Wie manipulativ ist “Germany’s Next Topmodel” und wird sich das je ändern? (uebermedien.de, Holger Klein, Audio: 14:42 Minuten)
Im “Übermedien”-Podcast fragt Holger Klein den Rechtsanwalt Chan-jo Jun, ob die von “ProSieben bekloppt sind”. Hintergrund: Der TV-Sender hat in zwei Instanzen versucht, die diversen Manipulationsvorwürfe gegen die Sendung “Germany’s Next Topmodel” verbieten zu lassen. Dabei geht es auch um eine Kandidatin, die Opfer von Cybermobbing wurde und die von Chan-jo Jun rechtlich beraten wird.
2. In 6 Monaten ist das alles vorbei (spotify.com, Gavin Karlmeier & Dennis Horn, Audio: 42:52 Minuten)
Im Podcast “Haken dran” tauschen sich Dennis Horn und Gavin Karlmeier regelmäßig über die neuesten Entwicklungen rund um Twitter aus. Twitter-Eigentümer Elon Musk scheint sich jede Mühe zu geben, den beiden immer wieder neuen Gesprächsstoff zu liefern. In der aktuellen Folge sprechen Horn und Karlmeier über eine mögliche Twitter-Alternative: “Meta arbeitet an einem twittermäßigen Ableger für Instagram: P92. Klingt wie eine Waffe, aber kommt sie auch zum Schuss? (Entschuldigung.)”
3. Smarte Kids? Kinder und digitale Medien (arte.tv, Raphaël Hitier, Video: 52:41 Minuten)
In dieser Arte-Dokumentation spricht Regisseur Raphaël Hitier mit renommierten Wissenschaftlern und Ärzten über die Auswirkungen von Medienkonsum auf die Gehirne von Kindern und Jugendlichen. Neurologen und Suchtexperten aus den USA, Schweden, Frankreich, China und der Schweiz erklären, wie sich Zeichentrickfilme, Soziale Netzwerke und Videospiele auf die neuronale und psychische Entwicklung auswirken können. Ist die digitale Generation tatsächlich eine kranke Generation?
4. Konstruktiv berichten (soundcloud.com, M – Der Medienpodcast, Danilo Höpfner, Audio: 21:38 Minuten)
Bei “M – Der Medienpodcast” geht es um den sogenannten konstruktiven Journalismus: “Worum geht’s beim konstruktiven Journalismus? Gibt er Antworten auf gesellschaftliche, auch globale, Fragen? Zeigt er Lösungen auf, indem er nicht nur die Probleme in den Blick nimmt, sondern ein möglichst umfassendes Bild vom Geschehen zeichnet?” Darüber spricht Danilo Höpfner mit Sham Jaff, freie Journalistin in Berlin und Mitglied im Kuratorium des Bonn Institute für Journalismus und konstruktiven Dialog.
5. Hype um Survival-Touren: im gefährlichsten Dschungel der Welt (youtube.com, Y-Kollektiv, Katja Döhne, Video: 24:35 Minuten)
Die erfolgreiche Youtube-Produktion “7 vs. Wild” hat bei vielen Zuschauerinnen und Zuschauern das Interesse an Outdoor-Touren geweckt. “Y-Kollektiv”-Reporterin Katja Döhne hat sich einer Dschungeltour durch den Darién Gap angeschlossen, die von einem Unternehmen angeboten wird, das auch Mitveranstalter von “7 vs. Wild” ist. Schon der erste Part der zweiteiligen Reportage lässt erahnen, dass Döhne nicht mit allem zufrieden ist, was sie auf der Tour erlebt.
6. Not- und SpendengeiI: So lustig wird Tam-Dance-Despot Hornauer geprankt (youtube.com, Walulis Daily, Video: 8:07 Minuten)
Bei “Walulis Daily” wird es mal wieder besonders schrill: “King Thomas dreht den Despoten-Swag auf! Wer nicht nach seiner Pfeife tanzt, fliegt raus. Wer gut tanzt, wird belohnt.” Gemeint ist der reichlich suspekte Thomas G. Hornauer, der inzwischen recht erfolgreich bei TikTok aktiv ist, dort aber auch getrollt wird.
1. Ist die Regierung zu nah dran? (t-online.de, Carsten Janz & Johannes Bebermeier & Jonas Mueller-Töwe)
Als Antwort auf eine Kleine Anfrage der AfD hat die Bundesregierung eine anonymisierte Liste veröffentlicht, aus der hervorgeht, dass die Bundesministerien und das Bundeskanzleramt in den vergangenen fünf Jahren rund 1,5 Millionen Euro an Journalistinnen und Journalisten gezahlt haben. Die Honorare habe es vor allem für Moderationen und die Leitung von Lehrgängen gegeben. Von den insgesamt 200 Medienschaffenden, die ein Honorar erhalten haben, sollen etwa 120 zur Zeit der Zahlung für die Öffentlich-Rechtlichen gearbeitet haben: “Das ist deshalb pikant, weil der öffentlich-rechtliche Rundfunk zwar unabhängig von Bundes- und Landesregierungen ist, in Teilen der Bevölkerung aber als besonders staatsnah wahrgenommen wird.”
2. Gesundheit im Internet: Was leisten YouTube Health und neue Google-Funktionen? (riffreporter.de, Iris Hinneburg)
Auf Youtube gibt es zahlreiche medizinische Informationsangebote, deren medizinische Seriosität für Laien nicht immer leicht zu beurteilen ist. Nun hat Youtube ein Gütesiegel speziell für Gesundheitsthemen eingeführt (“YouTube Health”). Iris Hinneburg hat sich das Ganze genauer angesehen und auch einen Blick auf die erweiterte Google-Suche geworfen.
3. Recherche allein rettet uns nicht (journalist.de, Björn Staschen)
Im Januar hat Daniel Drepper, Leiter der Recherchekooperation von NDR, WDR und “Süddeutscher Zeitung”, in einem Text auf die Wichtigkeit des Investigativjournalismus allgemein und speziell für den öffentlich-rechtlichen Rundfunk hingewiesen. Es brauche ganze Teams kluger Reporterinnen und Reporter mit Rückendeckung und Freiheiten: “Wenn ich möchte, dass diese Reporterinnen wichtige Diskussionen in der Gesellschaft anstoßen, wenn ich möchte, dass sich diese Reporterinnen für uns alle in den Wind stellen – dann muss ich als Sender investieren und dann muss ich mich als Sender etwas trauen.” Darauf antwortet nun Björn Staschen, der in der NDR-Programmdirektion den Bereich Technologie und Transformation betreut. Drepper habe “mit seiner Forderung grundsätzlich recht”, aber: “Ein öffentlich-rechtlicher Rundfunk, der sich nur darauf konzentriert, die Ergebnisse investigativer Recherche abzubilden, zeichnet ein Zerrbild unserer Gesellschaft. Diese Gesellschaft bestünde nur aus Politikerinnen und Politikern, die sich bestechen lassen, aus Ärztinnen und Ärzten, die Krankenkassen betrügen und aus Rüstungslobbyistinnen und -lobbyisten, denen Kriegstote im Lichte hoher Profite egal sind.”
4. Der Fokus wird verschoben (taz.de, Nelli Tügel)
Journalistische Faktenchecks wollen und sollen Klarheit schaffen, doch zwei aktuelle Beispiele würden zeigen, dass sie politische Konflikte nicht so einfach entschärfen können: Der Faktencheck zur Recherche des US-Journalisten Seymour Hersh über die Sprengungen der Nord-Stream-Pipelines sowie der Faktencheck zu einer “Hart-aber-fair”-Sendung, in der es um Kriegsverbrechen in der Ukraine ging.
5. Fox News soll kritische Reporter unter Druck gesetzt haben (spiegel.de)
Nach den US-Wahlen 2020 verbreiteten Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter von Fox News wider besseres Wissen Donald Trumps Märchen von der gestohlenen Wahl. Jetzt zeigen durchgesickerte Dokumente: Wer nicht mitspielte, bekam offenbar Druck vom Sender.
6. Frauenmachtanteile in den Leitmedien: Stern sinkt, SZ und Focus steigen auf (pro-quote.de)
ProQuote Medien zog zum Weltfrauentag Bilanz zur Macht der Frauen in den Medien: “Im Ranking der neun von ProQuote Medien ausgewerteten Medien konnte die Süddeutsche Zeitung sich vom fünften auf den dritten Platz verbessern: Der Frauenmachtanteil der Zeitung liegt aktuell bei 44 Prozent – und damit fünf Prozentpunkte höher als im Sommer 2022. Nur knapp darüber liegt Die Zeit auf Platz zwei, allerdings mit leichten Verlusten (1,9 Prozentpunkte). Weiter unangefochten an der Spitze steht die taz – mit einem Frauenmachtanteil von aktuell 64,6 Prozent.”
Dazu inhaltlich passend: Wer hat 2022 die Titel deutscher Magazine fotografiert oder illustriert? Eine Auswertung nach Geschlecht (freelens.com)
1. Die Machtmaschine – Wie Facebook und Co. Demokratien gefährden (daserste.de, Svea Eckert & Stella Peters & Petra Nagel & Petra Blum & Tobias Dammers, Video: 43:41 Minuten)
Anknüpfend an den Lesetipp von gestern zu Social Media als “Waffe der Autokraten” hier der dazugehörige Videotipp. Es geht um die Vorwürfe der Whistleblowerin Frances Haugen, die im Herbst 2021 über Missstände bei Facebook berichtet hatte und deren Dateien erneut ausgewertet wurden. Der Film geht der Frage nach, warum Regierungen Tech-Giganten wie Facebook gewähren lassen, während Populisten und Autokraten die Plattform missbrauchen, um Menschen zu manipulieren.
2. Gewalt gegen Journalistinnen (deutschlandfunk.de, Anh Tran & Sebastian Wellendorf, Audio: 5:56 Minuten)
Ann-Katrin Müller ist Politikredakteurin im Hauptstadtbüro des “Spiegel” und hat unter anderem über MeToo-Fälle sowie die sogenannten Corona-Leugner-Demonstrationen berichtet. Das macht sie immer wieder zur Zielscheibe von Hass und Hetze, es kommt sogar zu physischen Angriffen. Im Deutschlandfunk spricht Müller über ihre Erfahrungen.
3. Musk verunglimpft Twitter-Mitarbeiter mit Behinderung (tagesschau.de)
Jedes Mal, wenn man denkt, dass es bei Twitter nicht mehr schlimmer werden kann, sorgt Eigentümer Elon Musk für einen neuen Tiefpunkt. So konnte man jüngst mitverfolgen, wie sich Musk mit einem Mitarbeiter, der nicht sicher war, ob er überhaupt noch bei Twitter angestellt ist oder ob er bereits rausgeworfen wurde, einen öffentlichen Schlagabtausch lieferte und sich dabei mehrfach im Ton vergriff.
4. Eine deutsche Lösung für ein Schweizer Problem (blog.clickomania.ch, Matthias Schüssler)
“Eigentlich wollte ich bloss kurz einen medienkritischen Podcast aus Deutschland rezensieren, doch dann ist daraus eine Abhandlung über eklatante Mängel an Medienkritik in der Schweiz geworden.” Matthias Schüssler blickt sehnsuchtsvoll auf das Angebot an medienkritischen Podcasts in Deutschland und wünscht sich ein etwas Ähnliches für die Schweiz.
5. TikTok verbessert auf internationalen Druck seinen Datenschutz (zeit.de)
Um den Sicherheitsbedenken westlicher Staaten zu begegnen, habe TikTok ein neues Datenschutzkonzept vorgelegt, das vorsehe, die Daten europäischer Nutzerinnen und Nutzer ab diesem Jahr in Europa zu speichern. Die USA seien trotz ähnlicher Maßnahmen skeptisch.
6. Wie wollt ihr die Welt entdecken? (youtube.com, Hotel Matze, Audio: 2:16:05 Stunden)
Im Podcast “Hotel Matze” begrüßt Gastgeber Matze Hielscher die Reisejournalisten Jochen Schliemann und Michael Dietz, die einen Reisepodcast betreiben. Im Gespräch geht es um ganz praktische, aber auch um kritische Aspekte des Unterwegsseins: Wann fühlen sich die beiden Reiseprofis fremd? Und wie haben sich die Welt und das Reisen in den vergangenen Jahren verändert?
1. Die Waffe der Autokraten (tagesschau.de, Petra Nagel & Svea Eckert & Stella Peters & Ciara Cesaro-Tadic & Petra Blum & Tobias Dammers)
Autokraten und Populisten nutzen zunehmend Soziale Medien, um ihre Macht auszubauen oder Demokratien zu untergraben. Im Jahr 2021 hatte die Facebook-Whistleblowerin Frances Haugen genau davor gewarnt. Jetzt haben Reporterinnen und Reporter von WDR, NDR und “Süddeutscher Zeitung” Haugens Facebook-Dateien erneut ausgewertet. Mit erschreckendem Ergebnis: “Zahlreiche Gruppen, Netzwerke oder Accounts, die Mitarbeiter von Facebook intern schon vor Jahren als schädlich gelistet hatten, waren immer noch aktiv. Meta hatte sie weder gelöscht noch gesperrt. Der Konzern äußert sich dazu nicht.”
2. Robert Schneider wird ab Mitte April Co-Chef von “Bild” (spiegel.de)
Der bisherige Chefredakteur des Nachrichtenmagazins “Focus”, Robert Schneider, hat offenbar seinen Drogentest bestanden und darf am 17. April seinen neuen Job als Co-Chefredakteur der “Bild”-Zeitung antreten. Nach “Spiegel”-Informationen war Schneider erst nach Vertragsunterzeichnung zu einem solchen Test aufgefordert worden. Der Springer-Verlag habe die ungewöhnliche Maßnahme zur neuen Routine erklärt.
3. Euronews entlässt die Hälfte der Redaktion in Lyon (dwdl.de, Alexander Krei)
Der Fernsehsender Euronews entlasse die Hälfte seiner Redaktion in Lyon und wolle die Sendezentrale von Lyon nach Brüssel verlegen: “Der Wechsel nach Brüssel kommt wohl nicht zufällig, schließlich dürften die Verantwortlichen mit dem Schritt hoffen, mehr Geld von der EU und den nach wie vor an Euronews beteiligten Sendern zu bekommen, mutmaßt die ‘FAZ’. Immerhin 13 Millionen Euro an Subventionen soll es im kommenden Jahr geben.”
4. Chinas globaler Einfluss auf Medien (deutschlandfunk.de, Anh Tran & Brigitte Baetz)
Der Deutschlandfunk berichtet über die aktuelle Kommunikationsstrategie Chinas. Das Land versuche, seinen Einfluss auf allen Ebenen zu stärken, auch in den Medien. Die Journalistin Joyce Lee erklärt, wie und welche Narrative die chinesische Parteiführung gezielt weltweit verbreitet.
Weiterer Lesehinweis: Regime schränkt Korrespondenten weiter ein: “Überwachung, schleppende Visavergabe, Behinderungen durch die Polizei, Einschüchterung der Interviewpartner: Korrespondentinnen und Korrespondenten in China recherchieren unter schwierigsten Bedingungen.” (reporter-ohne-grenzen.de)
5. Neues Argumentationspapier der Allianz für Rundfunk- und Kulturfrequenzen (sos-save-our-spectrum.org)
Die Allianz für Rundfunk- und Kulturfrequenzen hat ein neues Argumentationspapier veröffentlicht (PDF). Hintergrund ist der Verteilungskampf um Frequenzen, der Rundfunk und Kultur massiv schaden könnte: “Rundfunk und Kultur benötigen Sicherheit über die künftige Nutzbarkeit ihrer Kernressource von Frequenzen im Bereich 470 – 694 MHz. Davon hängen Investitionsentscheidungen und Arbeitsplätze, aber auch flächendeckende Informationswege für den Katastrophenfall und die Wettbewerbsfähigkeit des Eventstandorts Deutschland ab.”
6. Sahra Wagenknecht ist die neue Horst Schlämmer (uebermedien.de, Stefan Niggemeier)
Medienkritiker Stefan Niggemeier hatte ein kleines Déjà-vu: Angesichts der medialen Umfrageeuphorie um Sahra Wagenknechts Eventuell-Partei fühlt er sich an Hape Kerkelings Kunstfigur Horst Schlämmer erinnert.
Cem Özdemir und sein Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft wollen an Kinder gerichtete “Werbung für Lebensmittel mit hohem Zucker-, Fett- oder Salzgehalt in allen relevanten Medien” verbieten. So soll es im Fernsehen und Radio zwischen 6 und 23 Uhr keine entsprechenden Werbespots mehr geben, auch bestimmte Printmedien wären betroffen, ebenso Soziale Netzwerke und das dort stattfindende Influencer-Marketing, genauso Sponsoring, das sich an Kinder richtet, und so weiter. Es ist ein recht umfassendes Vorhaben zum Schutz von Unter-14-Jährigen, so das Ministerium. Einen Überblick darüber, welche Auswirkungen eine Umsetzung des Gesetzesentwurfs hätte, bietet Jost Maurin in der “taz” – allein schon wegen der vielen konkreten Beispiele sehr lesenswert.
Am vergangenen Freitag wollte auch die “Bild”-Redaktion ihren Leserinnen und Lesern erläutern, welche Folgen Özdemirs Plan hätte:
Zwischenzeitlich hatte es die aktuell in der Dachzeile genannte Milch also – neben einen fehlerhaften Ministernamen – sogar in die Bild.de-Überschrift geschafft. Und es klingt ja auch erstmal ziemlich irre: Ein wichtiger Calciumlieferant wie Milch soll auf einmal so gefährlich für Kinder sein, dass diese vor Milchwerbung geschützt werden müssen. Warum denn das?
Die Antwort ist recht simpel: Es stimmt schlicht nicht, was die “Bild”-Redaktion titelt.
Bereits am 27. Februar hat das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft eine Pressemitteilung zu Cem Özdemirs Gesetzesvorhaben veröffentlicht, in der unter anderem steht:
Milch (hinsichtlich des Fettgehalts) und Säfte (ohne zusätzlichen Zucker oder Süßungsmittel) sollen von der Regelung ausgenommen sein.
Am selben Tag hat “taz”-Redakteur Jost Maurin einen Artikel zum Thema veröffentlicht, in dem er schreibt:
Betroffen sind nur die Lebensmittel, die das Ministerium als zu fettig, zuckerig und salzig einstuft. Dabei will es sich nach eigenen Angaben an den Nährwertprofilen der Weltgesundheitsorganisation WHO orientieren. Sie gibt für 17 Kategorien Obergrenzen für diese Inhaltsstoffe vor. […] Bei Milch und Säften dagegen wolle man von den WHO-Grenzen abweichen, sagte [die zuständige Abteilungsleiterin des Ministeriums Eva] Bell der taz.
Vier Tage später titelt Bild.de: “Özedmir will sogar Werbung für Milch verbieten”. Im Text von “Bild”-Autor Elias Sedlmayr klingt es allerdings schon etwas anders:
Diese radikalen Werbeverbote plant Özdemir
► Milch und Milchgetränke, Getränke aus Soja, Nüssen oder Saaten, die Zuckerzusatz oder Süßstoff enthalten, dürfen nicht mehr beworben werden. Absurd: Normale Vollmilch hat einen Milchzucker-Gehalt von 4,7 Prozent.
Es scheint also gar nicht um Milch zu gehen, wie die “Bild”-Redaktion es in ihrer Überschrift wirken lässt, sondern um Milch mit zusätzlichem Zucker. Nur ist das dann keine Milch mehr (außer man würde auch Milch mit Orangensaft oder Milch mit Sojasauce oder Milch mit Rattengift als Milch einstufen). Im deutschen Milch- und Margarinegesetz ist ziemlich klar geregelt, was Milch ist:
Milch: das durch ein- oder mehrmaliges Melken gewonnene Erzeugnis der normalen Eutersekretion von zur Milcherzeugung gehaltenen Tierarten
Ein von “Bild” bei Twitter geposteter Ausschnitt des eigentlich nicht-öffentlichen Referentenentwurfs des Ministeriums bestätigt noch mal, dass es sich ausschließlich um ein mögliches Werbeverbot für Milch mit zusätzlichem Zucker oder Süßungsmittel handelt. Der in der Milch vorhandene Milchzucker spielt dabei keine Rolle.
Die “Bild”-Redaktion scheint das eigentlich auch verstanden zu haben. Einen Tag später, in der Samstagsausgabe der gedruckten “Bild”, erschien ebenfalls ein Artikel zu “Özdemirs absurder Werbeverbotsliste”. Weder in der Überschrift noch in der Dachzeile ist von “Milch” die Rede (in der Dachzeile lediglich von “Milchprodukten”). Im Artikel, ebenfalls von Elias Sedlmayr verfasst, steht nur zutreffend:
Auch Milch mit Zuckerzusatz ist vom Verbot betroffen.
Online bleibt die “Bild”-Redaktion hingegen bei ihrer falschen Milch-Behauptung.
Ob nun an Kinder oder an Jugendliche gerichtet, an Erwachsene oder an alle – welchen Stellenwert Lebensmittelwerbung als Einnahmequelle für “Bild” und den Axel-Springer-Verlag hat, erkennt man, wenn man sich das Blatt regelmäßig anschaut und nach Anzeigen durchsucht. In der zurückliegenden Woche, also seit vergangenem Mittwoch, sind in der “Bild”-Bundesausgabe insgesamt 52 Anzeigen erschienen. 22 davon stammten von Supermärkten oder Lebensmitteldiscountern – also über 42 Prozent (der Anteil erhöht sich noch einmal deutlich auf über 61 Prozent, wenn man die 16 Eigenanzeigen für “Bild”, “Bild am Sonntag” oder andere Springer-Veröffentlichungen rausrechnet). Nun kann es sich dabei ja um sehr unterschiedliche Anzeigengrößen und damit um sehr unterschiedliche Anzeigenpreise handeln. Also: Alle acht halbseitigen Anzeigen, die in dieser Zeit veröffentlicht wurden, kamen von Supermärkten oder Discountern. Sie schalteten auch fünf der insgesamt sieben ganzseitigen Anzeigen. Und auch die einzige doppelseitige Anzeige, die in diesem Zeitraum erschienen ist, hat ein Lebensmitteldiscounter geschaltet (nur zwei große Elektromärkte können da vielleicht noch mithalten: Sie haben in derselben Zeit zwar keine Anzeigen gebucht, dafür aber an drei Tagen mehrseitige Prospekte beilegen lassen).
Nicht wirklich überraschend, dass die “Bild”-Redaktion sich mit Verve und einer falschen Behauptung einem geplanten Werbeverbot entgegenstellt.
1. Gleiche Bezahlung für Journalistinnen (djv.de, Hendrik Zörner)
Anlässlich des heutigen Equal Pay Day fordert der Deutsche Journalisten-Verband (und auch die Deutsche Journalistinnen- und Journalisten-Union) die gleiche Bezahlung für Männer und Frauen im Journalismus: “Es gibt keinerlei Rechtfertigung dafür, dass Journalistinnen für die gleiche Leistung weniger verdienen als Journalisten”, so der DJV-Bundesvorsitzende Frank Überall. Die Honorare der Selbstständigen im Journalismus seien im Vergleich zu den Redakteursgehältern sowieso schon sehr niedrig. “Und dann noch ein Frauen-Malus? Das darf doch nicht wahr sein.”
2. Depesche aus dem Krieg (journalist.de, Carsten Stormer)
“Fast ein Jahr lang habe ich den Ukraine-Krieg aus der Ferne verfolgt. Dann stand ich vor den qualmenden Trümmern eines Wohnblocks. Unter Schutt begraben lagen 47 Menschen, die nur wenige Stunden zuvor bei einem Raketenangriff getötet wurden. Das war der Moment, der mir endgültig klarmachte, dass ich am richtigen Ort war.” Der Kriegsreporter Carsten Stormer berichtet von seinem Einsatz als Berichterstatter in der Ukraine.
3. Taliban, Reichsbürger, Nazis – Die Kritik an Klimaaktivist*innen hat sich radikalisiert (54books.de, Simon Sahner)
Simon Sahner kritisiert den Umgang von Politik und Medien mit Klimaaktivistinnen und -aktivisten und deren Protestaktionen: “Die Radikalisierung im Kampf um die Abwendung der Klimakatastrophe war lange befürchtet worden. Jetzt ist sie da. Im Streit um die aktuelle Aktion der sogenannten ‘Letzten Generation’ ist sie unübersehbar. Radikalisiert haben sich allerdings weniger die Aktivist*innen, sondern vielmehr ihre Kritiker*innen – jedenfalls auf einer verbalen Ebene.”
4. App-Angst (zeit.de, Meike Laaff & Jakob von Lindern)
Behörden in den USA, Kanada und der EU verbieten die Nutzung von TikTok auf ihren Diensthandys. Die Europäer sprechen diplomatisch von Datenschutz- und Cybersicherheitsbedenken. Die US-Amerikaner sind da schon deutlicher: Dort ist konkret von Spionage und Meinungsmanipulation aus China die Rede. Nun gebe es in den USA ernsthafte Bestrebungen, die App landesweit für alle zu verbieten.
5. “Schlechtes Klima”: RBB bestätigt Vorwürfe gegen Anja Caspary (tagesspiegel.de, Joachim Huber)
Die Journalistin Anja Caspary war acht Jahre lang Musikchefin beim RBB-Sender radioeins. Jetzt wechsele sie zur Aktuellen Kultur des RBB. Klingt wie eine normale Personalie, doch dem Wechsel gingen dem “Tagesspiegel” zufolge “erhebliche Tonstörungen” voraus. So soll im Sender ein 106-seitiges Dossier mit Vorwürfen gegen Caspary kursieren, in dem es vor allem um Machtmissbrauch und unangemessenes Verhalten gegenüber Untergebenen und freien Mitarbeitern gehe.
6. So alt, dass es müffelt: Der Untergang des Abendessens (uebermedien.de, Moritz Hürtgen)
Bei “Übermedien” erklärt Moritz Hürtgen, was es mit dem von “Bild am Sonntag” skandalisierten Woke-Wahnsinn und der angeblichen Cancel Culture gegen den Toast Hawaii auf sich hat: “Am Beispiel dieser Story zeigt sich, wie man mit minimalen Ressourcen viel Wind machen kann – indem man einen Social-Media-Post einer recht kleinen Gruppierung, die damit zum Nachdenken anregen will, möglichst gedankenfrei zum maximalen Verbots-Toast aufbackt.”
1. Buschmann lässt umstrittenen Justiz-Infodienst einstellen (tagesspiegel.de, Jost Müller-Neuhof)
Bundesjustizminister Marco Buschmann muss den erst im vergangenen Jahr gestarteten Online-Informationsdienst für juristische und rechtspolitische Nachrichten “Libra Rechtsbriefing” stoppen. Grund dafür sei ein vom Ministerium selbst in Auftrag gegebenes Rechtsgutachten, nach dem “Libra” als Verstoß “gegen den Verfassungsgrundsatz der Staatsfreiheit der Presse” bewertet wird. Diesem Grundsatz zufolge darf der Staat keinen Journalismus betreiben.
2. Auf Augenhöhe mit dem Mittelstand (journalist.de, Nikolaus Förster)
Eine spannende Geschichte hat Nikolaus Förster, Chefredakteur des Wirtschaftsmagazins “Impulse”, zu seiner Übernahme des Magazins vor zehn Jahren zu erzählen: “Es war der Moment der Wahrheit: Am 9. Januar 2013, abends um 22.08 Uhr, unterschrieb ich nach monatelangen Verhandlungen den Management-Buy-out-Vertrag und übernahm Impulse. 14 Jahre lang hatte ich für Gruner+Jahr gearbeitet, zunächst im Entwicklungsteam der Financial Times Deutschland, als Reporter, Kommentarchef, Ressortleiter, ab 2009 schließlich an der Spitze des Unternehmermagazins Impulse. An diesem kalten Januarabend Anfang 2013 aber, als hunderte Kolleginnen und Kollegen bereits ihre Kündigung erhalten hatten, weil Gruner+Jahr sich dazu entschieden hatte, ihre Wirtschaftsmediengruppe zu zerschlagen, wechselte ich die Rollen: vom angestellten Chefredakteur zum unabhängigen Unternehmer.” In seinem Text beschreibt Förster, wie es gelang, “Impulse” wieder profitabel zu machen, und was er im Lauf der Zeit gelernt hat.
3. Dieter Nuhr und die Angst vorm gesellschaftlichen Wandel (dwdl.de, Peer Schader)
Bei “DWDL” beschäftigt sich Kolumnist Peer Schader ausführlich und anhand von vielen Zitaten mit den Erzählmustern des Kabarettisten Dieter Nuhr. Sein Fazit: “Nein, Dieter Nuhr ist genauso wenig Nazi wie ein ‘Opfer der Grünen Sekte’, auch wenn er auf Twitter abwechselnd so bezeichnet wird. Er will bloß eine Welt zurück, in der ihm die klimaverklebten veganen Fahrradfahrer:innen mit den Gendersternchen nicht ständig durch ihre schiere Präsenz diktieren, wie sein wochenaktuelles Stand-up-Programm auszusehen hat, wo deswegen dann kein Raum mehr für geistreiche Witze über die wirklich wichtigen Themen unserer Zeit bleibt.”
4. Schaut, wie süß wir sind: Selenskyj, Madonna und die Fotos des Monats (uebermedien.de, Hendrik Wieduwilt)
Hendrik Wieduwilt analysiert bei “Übermedien” regelmäßig Nachrichtenbilder: Wie wirken sie? Und warum? Was ist inszeniert? Und von wem? Diesmal mit dabei: Kriegsbilder aus dem Hubschrauber, Begegnungen mit Wolodymyr Selenskyj, Ursula von der Leyen in Blau-Gelb und diverse Fototricks.
5. “Sparen ist bei uns Alltagsgeschäft” (medienpolitik.net, Helmut Hartung)
Helmut Hartung hat sich mit Yvette Gerner, Intendantin von Radio Bremen, über die Zukunft des Senders unterhalten und nachgefragt, ob sich durch einen Zusammenschluss mit einer oder mehreren anderen ARD-Anstalten Geld sparen ließe. Gerner verneint: “Bei Radio Bremen gibt es nicht mehr viel zu sparen. Ginge es wirklich um Einsparungen, wäre bei einem Zusammenschluss keine echte Fusionsrendite drin, da wir besonders kostengünstig produzieren.”
6. Aufhören, wenn’s am schlimmsten ist (taz.de, Carolina Schwarz)
“taz”-Redakteurin Carolina Schwarz war lange Fan von “Deutschland sucht den Superstar”, doch die Liebe ist erloschen. Ohne Dieter Bohlen funktioniere “DSDS” zwar nicht – mit ihm aber auch nicht mehr. Schwarz’ Rat an die Senderverantwortlichen: “Das einzig Richtige wäre, DSDS abzusetzen und sich einzugestehen, dass man aufhören sollte, wenn es am schlimmsten ist.”
Hurra, Wochenende – und damit mehr Zeit zum Hören und Sehen! In unserer Wochenendausgabe präsentieren wir Euch eine Auswahl empfehlenswerter Filme und Podcasts mit Medienbezug. Viel Spaß bei Erkenntnisgewinn und Unterhaltung!
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1. Böse Fälschung: Was steht in den “Hitler-Tagebüchern”? (youtube.com, Strg F, John Goetz & Felix Meschede & Nadja Hübner & Malte Herwig & Antonius Kempmann & Anton Maegerle & Julian Feldmann, Video: 27:22 Minuten)
Als der “Stern” vor 40 Jahren auf gefälschte Hitler-Tagebücher hereinfiel, sprachen viele vom Medienskandal des Jahrhunderts. Jahrzehnte später kommt ein weiterer Skandal hinzu: Wie der NDR recherchierte, wird Adolf Hitler in den Tagebüchern positiv dargestellt, ein Mensch, der vom systematischen Mord an Millionen Jüdinnen und Juden angeblich nichts wusste. Offenbar kein Zufall: Der damalige Fälscher Konrad Kujau soll Verbindungen in die radikale Neonazi-Szene gehabt haben, der frühere “Stern”-Reporter Gerd Heidemann, der die Tagebücher kaufte, einen auffälligen Nazi-Tick.
2. Wie verändern diese krassen Gesichtsfilter unser Bild von uns selbst? (uebermedien.de, Holger Klein, Audio: 25:13 Minuten)
Bei TikTok gibt es seit Kurzem zwei neue, erschreckend echt wirkende Gesichtsfilter: den “Bold-Glamour”- und den “Teenage-Look”-Filter. Holger Klein spricht mit Samira El Ouassil über die Wirkung dieser Filter und die Frage, wie man damit einigermaßen gesund umgehen kann.
3. Welche Folgen hat der Kahlschlag bei Gruner und Jahr? (br.de, Linus Lüring, Audio: 22:04 Minuten)
Was lässt sich aus dem Kahlschlag beim einst mächtigen und größten europäischen Zeitschriftenverlag Gruner & Jahr lernen? Und welche Folgen könnte die Entwicklung haben? Darüber spricht Linus Lüring mit dem Medienwissenschaftler Stephan Weichert und dem ehemaligen “Geo”-Chefredakteur Peter-Matthias Gaede.
4. Siller fragt: Ralf Hohlfeld (sillerfragt.podigee.io, Stefan Siller, Audio: 37:58 Minuten)
Der Kommunikationswissenschaftler Ralf Hohlfeld hat mit seinen Studierenden Telegram- und Facebook-Posts ausgewertet. Das Ergebnis sei schockierend: In den Beiträgen werde kalter Hass geschürt, zum Sturz von Institutionen und Regierungen und zum Mord aufgerufen. Hohlfeld sieht einen Anteil von etwa zehn Prozent in der deutschen Bevölkerung, die er als “Antidemokraten” bezeichnet.
5. Wird ChatGPT bald Filme schreiben, drehen und analysieren? (youtube.com, Filmanalyse, Wolfgang M. Schmitt, Video: 25:48 Minuten)
In der “Filmanalyse” beschäftigt sich Filmkritiker Wolfgang M. Schmitt mit dem Einfluss von Künstlicher Intelligenz (KI) auf die TV- und Kinowelt: Wird ChatGPT bald Filme schreiben, drehen und analysieren? Wie immer lohnenswert, geistreich und unterhaltsam – sowohl für KI- als auch für Film-Interessierte.
6. Sarah Bosetti antwortet Heidi Klum und GNTM (ndr.de, Extra 3, Sarah Bosetti, Video: 5:14 Minuten)
Wie vor zwei Wochen in den “6 vor 9” berichtet, startete die aktuelle Staffel der Castingshow “Germany’s Next Topmodel” mit einem immerhin zehnminütigen Statement an die Zuschauerinnen und Zuschauer, in dem Chefjurorin Heidi Klum die vielfältige Kritik an der Sendung zurückwies. ProSieben hat das Klum-Statement offenbar inzwischen aus dem Netz genommen, aber Sarah Bosetti hat aufgepasst – und eine Antwort parat.
1. 10.000 Euro Kosten für Null Information (fragdenstaat.de, Aiko Kempen)
500 Euro soll die Transparenzinitiative “FragDenStaat” dem Land Baden-Württemberg für eine Behördenanfrage zahlen, die nicht mal beantwortet, sondern abgelehnt wurde: “Rund 140 Arbeitsstunden will Baden-Württembergs Innenministerium benötigt haben, um zu dem Schluss zu kommen, dass es einen Antrag nach dem Informationsfreiheitsgesetz (IFG) ablehnt – die Rechnung dafür sollen wir jetzt zahlen. Wir gehen juristisch dagegen vor.”
Korrekturhinweis: In einer vorherigen Version war hier von 10.000 Euro die Rede. Dabei handelt es sich um den kalkulatorischen Gesamtaufwand der Behörde, der jedoch auf 500 Euro gedeckelt sei.
2. Medienhäuser dominieren auf YouTube (netzpolitik.org, Sebastian Meineck & jocca*)
netzpolitik.org hat untersucht, von welchen Quellen bei Youtube die Top-Suchergebnisse zu politischen Themen stammen. Bei den mit Abstand meisten Videos seien es die öffentlich-rechtlichen Sender und traditionelle Nachrichtenverlage, nur ein Bruchteil stamme von unabhängigen Youtubern. Einer dieser unabhängigen Inhalteproduzenten fühlt sich nun benachteiligt: “Hier werden Menschen diskriminiert, nur weil sie kein Medienhaus im Hintergrund haben.”
3. “Das Kleine im Großen” (journalist.de, Jan Freitag)
Ulrike Heidenreich und René Hofmann leiten die Redaktion München, Region, Bayern der “Süddeutschen Zeitung” und sind damit nicht nur für das Große, sondern auch für das Lokale und Regionale zuständig. Im Interview mit dem “journalist” erzählen sie, dass das Lokale inzwischen das größte Ressort der “SZ” ist und keineswegs querfinanziert werden muss. Außerdem geht es in dem Gespräch um Strukturen und Inhalte der Berichterstattung: “Wir müssen nicht mehr auf jeder Gemeinderatssitzung präsent sein und die Sperrung jeder Sackgasse redaktionell begleiten.”
4. Wissing hui, Lambrecht pfui – Werden Politikerinnen strenger beurteilt? (ardaudiothek.de, Deutschlandfunk, Brigitte Baetz, Audio: 33:54 Minuten)
Eine Deutschlandfunk-Hörerin findet, dass die Politikerinnen der Ampel-Koalition in der medialen Berichterstattung viel härter angegangen werden als ihre männlichen Kollegen. Woran das liegen könnte, darüber diskutiert sie mit Nico Fried vom “Stern”, der Publizistin Bascha Mika und der Moderatorin Brigitte Baetz.
5. Zwischen Desinformationskampagne und Verschwörungsideologie (belltower.news, Andrej Steinberg & Manja Vitter)
Wie am vergangenen Dienstag in den “6 vor 9” zu lesen war, hat die Amadeu Antonio Stiftung eine Broschüre über “demokratiefeindliche Narrative in Russlands Angriffskrieg gegen die Ukraine” herausgegeben. Darin analysieren die Autorinnen und Autoren verschiedene Narrative wie die angebliche Bedrohung russischer Minderheiten oder die Behauptung, die Ukraine werde von Faschisten regiert. Der hier verlinkte Auszug aus der Publikation beschäftigt sich mit den “Fünf Methoden der Propaganda”. Die vollständige Broschüre kann als PDF heruntergeladen werden.
6. Ein Verlust für alle (taz.de, Dirk Knipphals)
Das Landgericht Berlin hat der Akademie der Künste untersagt, die Kulturzeitschrift “Sinn und Form” weiter herauszugeben. Das helfe niemandem, findet Dirk Knipphals: “Nun ist das Gebot der Staatsferne tatsächlich unverzichtbar, weil nur so das Wächteramt der Presse und ihre Unabhängigkeit gewährleistet werden können. Nur sind solche Zeitschriften wie Sinn und Form nicht in dem Sinne Presse, wie es die FAZ oder die Zeit, die SZ, Welt oder auch die taz sind.”
Wenn auf der Bild.de-Startseite ein Artikel mit der Überschrift “Mann erschießt Obdachlosen auf dem Bordstein” zu finden ist und in der dazugehörigen Dachzeile steht: “SCHOCKIERENDES VIDEO AUS USA”, dann ist zu befürchten, dass die “Bild”-Redaktion eben dieses Video auch zeigt. Und genau so ist es: Bei Bild.de ist seit gestern zu sehen, wie ein Mensch regelrecht hingerichtet wird (auf jegliche Verlinkungen verzichten wir in diesem Fall bewusst).
(Die Unkenntlichmachung stammt von uns. Mehr dazu weiter unten im Beitrag.)
Am Montag soll in St. Louis ein Mann einen anderen am helllichten Tag auf der Straße erschossen haben. Ein Passant hat einen Teil der Tat mit seiner Handykamera aus kürzerer Distanz, leicht versteckt gefilmt. Dieses Video hat die “Bild”-Redaktion in ihren Artikel eingebettet. Zu Beginn blendet sie einen Warnhinweis ein:
Anschließend ist eine Straßenszene zu sehen, in der ein Mann auf dem Bordstein sitzt. Ein anderer steht neben ihm und hantiert mit einer Waffe. Nichts ist verpixelt, nicht das Opfer, nicht der Täter. Nach kurzer Zeit streckt der stehende Mann den Arm aus und richtet die Waffe auf den Kopf des sitzenden Mannes. In diesem Moment friert bei Bild.de das Video ein (dieses Standbild ist auch die Aufnahme, die bei Bild.de auf der Startseite zu sehen ist, und die wir weiter oben unkenntlich gemacht haben). Die Tonspur des Videos läuft hingegen weiter, ein Schuss ist zu hören und die Aussage der filmenden Person: “Oh my God, he just fucking killed him.”
Was nicht in dem Video zu sehen ist, aber aus einem Polizeiprotokoll hervorgeht: Dem Opfer wurde vom Täter zuvor bereits in den Rücken geschossen. Der Mann sitzt völlig wehrlos auf dem Bordstein, während der Täter seine Waffe nachlädt. Es ist eine regelrechte Hinrichtung, die die “Bild”-Redaktion da zeigt. Und sie zeigt sie nicht nur einmal – in dem 1:21 Minuten langen Clip zeigt sie die Szene insgesamt dreimal. Es scheint dabei einzig um Sensationsgier zu gehen.
Als unangemessene Darstellung von Brutalität und Leid nach Ziffer 11 des Pressekodex beurteilte der Presserat das Video einer Tötungsszene. Unter dem Titel “Mann in New York aus Auto erschossen” zeigte BILD.DE, wie ein Mann beim Überqueren einer Straße erschossen wird und zu Boden fällt. Die Redaktion hatte das Fahndungsvideo vom Twitter-Account der New Yorker Polizei übernommen. Nach Ansicht des Presserats bediente das Video – in dem die Tötung wiederholt gezeigt wurde – reine Sensationsinteressen. Der ursprüngliche Fahndungszweck des Videos hatte in der deutschen Öffentlichkeit keine Bedeutung. Für die Presse gilt bei der Veröffentlichung von Ermittler-Material der Pressekodex, betonte der Beschwerdeausschuss.
Die “Bild”-Redaktion weiß von dieser Kritik, sie hat die Rüge damals unter dem entsprechenden Bild.de-Artikel wie vorgeschrieben veröffentlicht.
Ein Unterscheid zwischen dem aktuellen Video aus St. Louis und dem aus New York, für das Bild.de die Rüge bekommen hat: Während in dem New Yorker Fall das Video nach einem Schnitt auch die Szene nach dem Schuss und damit den Übelebenskampf des Opfers zeigt, friert das Video aus St. Louis bei Bild.de, wie gesagt, direkt vor der Schussabgabe ein. Allerdings sollte man das nicht als Rücksichtnahme auf Opfer und Leser-/Zuschauerschaft und als letztes Fünkchen Anstand der “Bild”-Mitarbeiter deuten. Im Originalvideo, das uns vorliegt, schwenkt die filmende Person genau in diesem Moment weg. Die Redaktion konnte also gar nichts weiter zeigen.
1. Zu Teuer, zu Groß, zu Einseitig? Die Zukunft der ARD (youtube.com, Zapp Medienmagazin, Kathrin Drehkopf & Tilo Jung, Video: 1:32:35 Stunden)
Das Medienmagazin “Zapp”hat eine Diskussionsrunde zur Zukunft der ARD initiiert: Wie müssen sich Strukturen, Programme und Inhalte der ARD verändern, um das Publikum auch in Zukunft mit Fernsehen und Radio zu erreichen? Und wie sieht die neue Digitalstrategie der ARD aus? Mit Kathrin Drehkopf und Tilo Jung diskutieren der neue ARD-Vorsitzende und SWR-Intendant Kai Gniffke, die Medienmanagerin Julia Jäkel, Medienstaatssekretärin Heike Raab und die Journalistin Yasmine M’Barek.
2. Was bringt der geplante Zukunftsrat? (deutschlandfunk.de, Annika Schneider, Audio: 6:58 Minuten)
Wer nutzt in zehn Jahren noch das klassische Live-Fernsehen? Sollten öffentlich-rechtliche Sender stattdessen mehr Geld in Formate für Plattformen wie TikTok investieren? Und wie sieht eine Mediathek aus, die mit großen Streaming-Anbietern mithalten kann? Fragen über Fragen, die nun ein “Zukunftsrat” beantworten soll. Was könnte so ein Gremium zur öffentlich-rechtlichen Zukunft bewegen?
3. Wie sich Pornoseiten klein machen (netzpolitik.org, Chris Köver & Sebastian Meineck)
Online-Plattformen verkaufen sich gegenüber Investoren gerne als populär und mächtig. Gegenüber dem Gesetzgeber würden sie sich hingegen klein machen, um nicht in den Fokus von Regulierungen zu geraten. Auffällig schweigsam seien die großen Porno-Plattformen, denen eine ganze Reihe von zusätzlichen Auflagen drohe.
4. Zwischen “rasenden Reporter:innen” und “Action-Journaille” – journalistische Berufsbilder in digitalen Spielen (fachjournalist.de, Rudolf Inderst)
Beim “Fachjournalist” beschäftigt sich Rudolf Inderst, Professor für Game Design, mit der Darstellung von Journalisten und Journalistinnen sowie deren Beruf in Videospielen. Dabei beleuchtet er verschiedene Aspekte wie die Rolle von Medienschaffenden als Charaktere im Spiel, die Inszenierung von Journalismus als Teil der Spielmechanik oder auch die Vermischung realer und digitaler Welten.
5. Der YouTuber und die erschwindelten Spenden (t-online.de, Lars Wienand)
Rund um den rechten Youtuber Niklas Lotz könnte es so manche Ungereimtheit geben. Wie Lars Wienand bei t-online.de berichtet, lasse sich der Polit-Influencer einiges einfallen, um Spenden zu generieren. Wienand ist der Frage nachgegangen, ob Lotz möglicherweise Strafanzeigen und Ermittlungsverfahren gegen sich erfindet, um seine Followerschaft um finanzielle Unterstützung bitten zu können. Fortsetzung: “Spenden-YouTuber tobt nach t-online-Recherchen” (t-online.de, Lars Wienand).
6. Stellenabbau bei “Bild”: Verkommt Deutschlands renommierteste Zeitung jetzt zum unseriösen Bumsblatt? (der-postillon.com)
Der “Postillon” macht sich Sorgen um Renommee und Ruf der “Bild”-Zeitung als angesehenes Qualitätsblatt: “Nachdem die Verlagsgruppe Axel Springer SE gestern einen massiven Stellenabbau bei ‘Bild’ angekündigt hat, mehren sich Befürchtungen, die Zeitung könnte mittelfristig zum unseriösen Bumsblatt heruntergewirtschaftet werden.”
1. Springer-Verlag kündigt Stellenabbau an (spiegel.de)
Der Springer-Vorstandsvorsitzende Mathias Döpfner habe sich am gestrigen Dienstag in einem Brief an die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter gewandt und “deutliche Reduzierungen von Arbeitsplätzen” angekündigt. Von dem Stellenabbau seien auch die Redaktionen von “Bild” und “Welt” betroffen. Zudem habe Döpfner die wachsende Bedeutung von Künstlicher Intelligenz thematisiert, die “Journalismus und Mediengeschäft revolutionieren” werde. Die Gewerkschaft Verdi kritisiert den geplanten Stellenabbau. Gleichzeitig wurde bekannt, dass Springer ab Mitte des Jahres die Zustellung von “Bild am Sonntag” und “Welt am Sonntag” einstellen wird.
2. “Für die Finanzierung der Presse sind Werbeeinnahmen unverzichtbar” (medienpolitik.net, Helmut Hartung)
Das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft hat ein Verbot für an Kinder gerichtete Werbung für ungesunde Lebensmittel angekündigt, um Kinder besser vor “Zuckerbomben” zu schützen. Was viele Eltern freuen dürfte, stößt bei der Werbewirtschaft auf Unmut. Der Bundesverband Deutscher Zeitungsverleger, der Medienverband der freien Presse und der Zentralverband der deutschen Werbewirtschaft lehnen die Pläne ab.
3. Es ging nie um Journalismus (taz.de, Steffen Grimberg)
Medienmogul Rupert Murdoch musste vor Gericht einräumen, dass es im Rahmen der US-Wahlberichterstattung seines TV-Senders Fox News zu Falschaussagen und unbewiesenen Unterstellungen gekommen ist. Das könnte Fox News und Murdoch teuer zu stehen kommen, wie Steffen Grimberg erklärt: “Konkret geht es bei dem Verfahren in Delaware um eine Klage des Wahlmaschinenherstellers Dominion. Weil Trump und Konsorten Dominion unterstellten, sie hätten Stimmen für Trump einfach Biden zugeschlagen, laufen aktuell diverse Klagen. Dominion fordert 1,6 Milliarden Dollar von Fox beziehungsweise Murdoch wegen Verleumdung.”
4. Organisationen fordern starke Plattformaufsicht (reporter-ohne-grenzen.de)
Gemeinsam mit zwölf weiteren Organisationen fordert Reporter ohne Grenzen die Bundesregierung auf, im Zuge der Umsetzung des europäischen Digital Services Act eine starke Plattformaufsicht einzurichten. Ein gestern veröffentlichter offener Brief (PDF) beschreibt, was geschehen muss, um Rechte im digitalen Raum besser zu schützen und die Sorgfaltspflichten von Plattformen stärker zu kontrollieren.
5. Null Covid, viel Repression (sueddeutsche.de, Philipp Riessenberger)
Der Verband der Auslandskorrespondenten in Peking beklagt die erschwerten Arbeitsbedingungen in China. Das Spektrum der Schikanen reicht von einer restriktiven Visavergabe, staatlichen Kontrollen, Behinderungen durch die Polizei und lokale Behörden bis hin zur Einschüchterung und Verfolgung von Gesprächspartnern.
6. TikTok muss von allen Dienstgeräten der US-Behörden verschwinden (zeit.de)
Die chinesische App TikTok muss nach einer Anordnung der US-Regierung innerhalb von 30 Tagen von allen Geräten der US-Bundesbehörden gelöscht werden. Kanada hat einem Zeitungsbericht zufolge TikTok bereits seit diesem Dienstag von den Diensthandys der Regierung verbannt, “um die Sicherheit von Regierungsinformationen zu gewährleisten”. Auch die EU-Kommission habe ihren Beschäftigten die Nutzung von TikTok auf Diensthandys und Laptops untersagt. Grund seien Bedenken hinsichtlich der Cybersicherheit (gemeint ist wohl die Angst vor Ausspähung durch China).