Jörg Hofmann, Vorsitzender der IG Metall, war zum Interview bei “Bild”. In dem Gespräch ging es unter anderem um die Debatte über die Anhebung des Renteneintrittsalters, um im Wahlkampf versprochene Steuersenkungen und auch um den Klimaschutz. Auf die Frage von “Bild”-Redakteur Johannes C. Bockenheimer “Industriepolitik und Klimapolitik widersprechen sich also?” antwortete Hofmann:
Nein, ich bin überzeugt, dass wir den Wandel zu einer klimaneutralen Wirtschaft schaffen können. Aber dafür brauchen die Industrie und die dort Beschäftigten jetzt Planungssicherheit, andernfalls sind weit mehr als 100 000 Jobs in Gefahr. Wenn wir aber jetzt massiv Ladesäulen bauen, in Batteriezellfabriken und Recycling investieren, eine Wasserstoffinfrastruktur aufbauen, Unternehmen davon abhalten, alles in Billiglohnländer zu verlagern und die Menschen aktiv weiterbilden, dann kann die Transformation ein Erfolgsmodell werden. Aber was wir bei Teilen der Politik und der Unternehmen erleben, ist Trägheit – und die gefährdet Arbeitsplätze.
Daraus macht die “Bild”-Redaktion heute auf der Titelseite diese Schlagzeile:
Bei Bild.de wird aus dem “IG-Metall-Boss” zwar der “IG-Metall-Chef”, die Schlagzeile ist aber auch dort genauso verzerrend:
Online kann jeder, der sich die Mühe macht, immerhin nachlesen, dass Jörg Hofmann keineswegs findet, dass Klimaschutz per se “Hunderttausende Jobs” kosten wird, sondern dass der aus seiner Sicht richtig gemachte Klimaschutz sogar “ein Erfolgsmodell” sein kann. In der gedruckten “Bild” ist das nicht möglich. Dort ist kein Wortlautinterview erschienen, sondern nur eine Zusammenfassung Bockenheimers. Der “Bild”-Autor schreibt lediglich:
Hofmanns Sorge: Es sind “weit mehr als 100 000 Jobs in Gefahr!”
1. Afghanische Journalisten nicht im Stich lassen (reporter-ohne-grenzen.de)
Grundsätzlich begrüßt Reporter ohne Grenzen die pauschale Aufnahmezusage des Innenministeriums für mehr als 2.000 schutzsuchende Menschen aus Afghanistan, unter ihnen auch Journalistinnen und Journalisten. Dies reiche jedoch nicht aus: “Denn Überlegungen, die Sicherheitsüberprüfungen in Kabul durchführen zu lassen, sind angesichts der Lage vor Ort weltfremd. Für viele bedrohte Medienschaffende in Afghanistan schwindet gerade die Hoffnung, einem der größten Feinde der Pressefreiheit weltweit noch zu entkommen.”
2. Eilantrag erfolgreich: Land Berlin muss Auskunft zu Vonovia-Deal geben (fragdenstaat.de, Arne Semsrott)
Monatelang habe sich die SPD-geführte Finanzverwaltung in Berlin gegen Transparenz gewehrt, jetzt müsse sie Details zum umstrittenen Milliarden-Deal mit den Wohnungsunternehmen Vonovia und Deutsche Wohnen veröffentlichen. Das meldet die Transparenz-Offensive “FragDenStaat”, die dafür beim Berliner Verwaltungsgericht einen Eilantrag auf Basis des Landespressegesetzes eingereicht hatte. Vorherige Versuche, an Informationen zu gelangen, hatten nicht gefruchtet.
3. Der Fall Nemi El-Hassan und die blinden Flecke (uebermedien.de, Andrej Reisin)
Eigentlich sollte die Fernsehmoderatorin Nemi El-Hassan demnächst die WDR-Wissenschaftssendung “Quarks” übernehmen. Nachdem bekannt geworden war, dass sie im Jahr 2014 an der Al-Quds-Demonstration teilgenommen hat, ruht der Vorgang allerdings. Für “Übermedien” hat Andrej Reisin die nicht einfache Angelegenheit aus verschiedenen Perspektiven betrachtet: “Wir müssen uns streiten!”
4. AfD kündigt juristische Schritte gegen “Tagesschau” an (dwdl.de, Uwe Mantel)
Die “Tagesschau” hat durch eine nachlässige Formulierung den Eindruck erweckt, die AfD hätte sich gegen die Einrichtung eines Wiederaufbaufonds für die Flutgebiete ausgesprochen. Es war jedoch im sogenannten Omnibusverfahren gleichzeitig über zwei verschiedene Gesetze abgestimmt worden. Bei der Schlussabstimmung hatte sich die AfD enthalten. Die AfD-Fraktion hat nun angekündigt, juristische Schritte gegen die “Tagesschau” einzuleiten, und fordert, die Behauptung, die Fraktion habe der Fluthilfe nicht zugestimmt, richtigzustellen und nicht weiter zu verbreiten.
5. Hält Facebook kritische Studien zurück? (meedia.de, Frank Puscher)
“Facebook weiß laut vorliegender Unternehmensdokumente, dass Instagram für Teenager-Mädchen toxisch ist”, schreibt das “Wall Street Journal” (nur mit Abo lesbar). Frank Puscher hat den Bericht gelesen: “Es geht vor allem um junge Mädchen und es geht in erster Linie um deren Wahrnehmung des eigenen Körpers. Die permanente Zurschaustellung, perfekt durchtrainierter und proportionierter Körper von Fitness- und Beauty-Influencerinnen, führt augenscheinlich dazu, dass die jungen Damen zusehends mit dem eigenen Körper unzufrieden sind.”
6. Die Kinderfernsehfalle: Wie Laschet im Schülerinterview zum dünnhäutigen Grummelonkel wurde (rnd.de, Imre Grimm)
Imre Grimm kommentiert den Besuch Armin Laschets in der ProSieben-Sendung “Late Night Berlin” und das dort durchgeführte Kinderinterview: “Gewiss ist das Ziel des Formats kein echter Erkenntnisgewinn für Kinder, sondern eine sorgsam orchestrierte Blamage zur Beömmelung Erwachsener. Trotzdem war die Außenwirkung von Laschets hilflosem Strampeln verheerend. Statt auf Augenhöhe mit den Kindern zu sprechen, wirkte er wie ein huldreicher Großonkel zweiten Grades, der auf einer Familienfeier ein paar passiv-aggressive Pflichtworte mit dem Kleingemüse wechselt, damit die Gattin hinterher nicht schimpft, er habe den ganzen Abend nur schmollend in der Ecke gesessen und Zigarillos geraucht.”
Weiterer Lesehinweis: Beim “Spiegel” erklärt Marco Wedig, was ihn an dem Format stört und wie beim “Spiegel” bei Kinderinterviews vorgegangen wird: “Mich hätte beim ‘Late Night Berlin’-Gespräch mit Laschet zum Beispiel mehr interessiert, ob Pauline und Romeo einen Luftfilter in ihrer Klasse haben und was Herr Laschet dazu gesagt hätte.” Auf Twitter antwortet Medienkritiker Stefan Niggemeier dem Autor unter anderem: “Man kann diese waghalsige Mischung aus Ernst und Unernst auch kritisieren. Ich find’s nur schwer, diese Kinder-Interviews mit euren zu vergleichen, ohne darauf hinzuweisen, dass die Ziele im Zweifel andere sind, und die Methoden sehr offenkundig auch.”