Archiv für August 27th, 2021

Springer kauft “Politico”, Falsche Blaulicht-Reporter, Mohn-Ernte

1. US-Armee schiebt SPIEGEL-Reporter aus Kabul ab
(spiegel.de)
Der “Spiegel”-Reporter und Afghanistan-Spezialist Christoph Reuter ist nach Kabul gereist, um über die Situation in Afghanistan zu berichten. Doch wenige Stunden nach seiner Ankunft am Flughafen habe die US-Armee ihn (und zwei weitere deutsche Journalisten) gegen seinen Willen vom Kabuler Flughafen nach Doha ausgeflogen. “Spiegel”-Chefredakteur Steffen Klusmann protestiert: “Es kann nicht sein, dass Journalisten von staatlichen Stellen an der Ausübung ihrer Tätigkeit gehindert werden.”

2. Journalist oder Gaffer mit Kamera?
(deutschlandfunk.de, Thomas Wagner, Audio: 5:16 Minuten)
Warum erschleichen sich immer wieder falsche Blaulicht-Reporter den Zugang zu Unfällen oder Katastrophenereignissen und behindern dort nicht selten die Arbeit der Einsatzkräfte? “Der Reiz ist natürlich schwer an die Aufmerksamkeit gekoppelt, die man damit generieren kann”, sagt Jan Söffner, Professor für Kulturtheorie und Kulturanalyse an der Universität Friedrichshafen: “Wer Aufmerksamkeit hat, hat viele Facebook-Freunde und viele Likes. Sicherlich spielt aber auch eine Rolle, dass man Held sein will: Der Adrenalin-Spiegel steigt, wenn man nah an so etwas rangeht. Man will wichtig sein.”

3. Rekordsumme für Politico
(sueddeutsche.de, Björn Finke)
Der Medienkonzern Axel Springer erwirbt das US-amerikanische Nachrichtenunternehmen “Politico”. Der Vorstandsvorsitzende Mathias Döpfner habe den Deal laut “Handelsblatt” als “vom Volumen her die größte Akquisition” in der Geschichte des Unternehmens bezeichnet. Demnach müsste “Politico” mehr als 630 Millionen Euro gekostet haben – so teuer kam dem Springer-Konzern der Kauf des französischen Immobilienportals “SeLoger”.

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4. Ein Medienjournalist berichtet: Wie Bertelsmann kritische Recherchen verhindern wollte
(kress.de)
Im Juni erschien bei Bertelsmann ein Buch über den “Jahrhundertunternehmer” Reinhard Mohn, der in diesem Jahr 100 Jahre alt geworden wäre. Aus Sicht des Journalisten und Mohn-Kenners Thomas Schuler zeige das Buch neue Details aus Mohns Leben, es verschweige aber vieles. Für den “Wirtschaftsjournalist” hat Schuler aus diesem Anlass aufgeschrieben, wie der Konzern häufig versucht habe, seine Recherchen zu behindern. kress.de veröffentlicht einen Auszug aus seinem Text.
Bei “Übermedien” ist bereits vor einigen Tagen ein weiterer Text von Thomas Schuler zur neuen Reinhard-Mohn-Biografie erschienen: Bertelsmann klittert schon wieder die eigene Geschichte.

5. “Die Zeit der Katzenvideos ist lange vorbei!”
(chrismon.evangelisch.de, Christine Holch & Nils Husmann)
“Chrismon” hat sich mit der Youtuberin Mai Thi Nguyen-Kim und der Virologin Melanie Brinkmann zum Gespräch getroffen. Wie muss Wissenschaftsvermittlung aussehen, damit so gut wie alle Menschen etwas verstehen? Sind Youtube-Videos ein besseres Format dafür als Talkshows? Und was haben die beiden Wissensvermittlerinnen während der Pandemie über die ­Menschen hierzulande gelernt?

6. Werden Influencer jetzt politisch?
(freitag.de, Wolfgang M. Schmitt)
Wolfgang M. Schmitt steht dem Influencertum normalerweise kritisch gegenüber, findet jedoch lobende Worte für das neueste Video des Youtubers Rezo: “Während Rezo sonst nur Quatsch sendet, gönnt er sich alle zwölf Monate politische Aufklärung. Immerhin. Diesen journalistischen Anspruch haben seine Kollegen allesamt nicht. Als politisch geltende Influencer wie Louisa Dellert oder Diana zur Löwen – sie geben sich pseudo-politisch, arbeiten dezidiert nicht journalistisch. Sie verknüpfen bloß ihre gefilterte ‘Personality’ mit Lifestyle-Politik und sonnen sich bei lammfrommen Politikerinterviews im Glanz des Ruhms.”

Abos verkaufen mit dem Tod eines Menschen

Im Suicide Club, einem Berliner Techno-Club, wurde in der Nacht zum vergangenen Montag eine Frau aus Irland regungslos auf einer Toilette gefunden. Sie starb später in einem Krankenhaus. Angeblich soll sie zuvor die Partydroge GHB, auch bekannt als Liquid Ecstasy, genommen haben, was die Polizei bisher aber nicht offiziell bestätigt hat.

All das kann man frei zugänglich im Internet lesen, beispielsweise beim Berliner “Tagesspiegel”, bei der “Berliner Zeitung”, bei t-online.de, bei der “B.Z.” (von dort stammt die Info mit der Droge).

Der “B.Z.”-Artikel ist später fast wortgleich beim Springer-Schwesterportal Bild.de erschienen. Dort allerdings hinter der “Bild-plus”-Paywall:

Screenshot Bild.de - Auf Club-Toilette gefunden - Irin stirbt nach Drogenkonsum auf Berlins Party-Meile

Im Teaser heißt es:

In Berlin ist eine junge Frau gestorben. Mutmaßlicher Grund: Drogenkonsum!

In welchem Club die leblose Irin gefunden wurde und welche Todesdroge in Verdacht steht, lesen Sie mit BILDplus.

Eine Frau stirbt, und die “Bild”-Redaktion versucht, damit ein paar Abos zu verkaufen.