In der “Bild”-Ausgabe von gestern und bei Bild.de schreibt “Bild”-Autor Kai Weise:
Im nächsten Jahr wird unser Parlament 973,7 Millionen Euro kosten, wie ein Bericht des Rechnungshofes darlegt: 100 Mio. mehr als im vergangenen Jahr!
137 Mio./Jahr für Miete und Unterhalt der Gebäude, 112 Mio. für die Fraktionen. Immer teurer aber werden vor allem unsere Abgeordneten: Nächstes Jahr kosten ihre Diäten rund 460 Mio.!
Grund: Der Bundestag hat 709 Sitze, fast 100 mehr als vor zehn Jahren.
Insgesamt 460 Millionen Euro für Diäten? Das wären bei den aktuell 709 Abgeordneten 648.801,13 Euro pro Jahr für jede Politikerin und jeden Politiker, die/der im Bundestag sitzt, beziehungsweise ein Monatsgehalt von 54.066,76 Euro pro Person. Das ist natürlich kompletter Unfug. Darauf weist auch der SPD-Abgeordnete Ulrich Kelber bei Twitter hin. Tatsächlich beträgt die Diät seit dem 1. Juli dieses Jahres monatlich 9.780,28 Euro.
Hinzu kommen noch weitere Posten, die jeder und jedem Bundestagsabgeordneten zustehen: etwas mehr als 20.000 Euro pro Monat für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im Bundestagsbüro zum Beispiel oder Erstattungen für Dienstreisen oder eine Kostenpauschale. Frank Schwabe (SPD) hat das auf seiner Website im Sinne der Transparenz mal aufgeschlüsselt.
Der Bericht des Rechnungshofes, auf den sich “Bild”-Autor Kai Weise bezieht, ist noch nicht veröffentlicht. Es gibt aber den gleichen Bericht für 2018. Dort findet man unter “Personalausgaben” den Punkt “Aufwendungen für Abgeordnete” (PDF, Seite 4). Im zweiten Haushaltsentwurf 2018 waren dafür 446,7 Millionen Euro vorgesehen — also nur etwas weniger als die 460 Millionen Euro, die Kai Weise für 2019 nennt. Diese “Aufwendungen für Abgeordnete” beinhalten auch die Diäten der Bundestagsabgeordneten, aber eben längst nicht nur.
Die falschen Diäten haben einige Redaktionen blind von “Bild” abgeschrieben. Beim Onlineauftritt der “Hannoverschen Allgemeinen” sind sie noch zu finden, genauso bei n-tv.de. “Spiegel Online” und Tagesspiegel.de hatten die Zahl ebenfalls übernommen, die Redaktionen haben sich aber inzwischen transparent korrigiert. Bei “Spiegel Online” steht nun am Ende des Artikels (ganz ähnlich bei Tagesspiegel.de):
Anmerkung der Redaktion: In einer früheren Version dieser Meldung hieß es unter Berufung auf “Bild”, die Abgeordneten-Diäten würden sich 2019 auf 460 Millionen Euro summieren. Laut dem Entwurf des Bundeshaushalts für 2019 belaufen sich die Kosten für die Diäten der Bundestagsabgeordneten aber auf gut 81 Millionen Euro. Selbst wenn man Sach- und weitere Personalaufwendungen, die den Abgeordneten ebenfalls zustehen, addiert, kommt man laut Haushalt nicht auf 460 Millionen Euro für 2019. Wir haben die Stelle korrigiert.
Dennoch ist die falsche Diäten-Summe nun in der Welt. Wenn die Stammtischnörgler sich mal wieder über die da oben im Bundestag ärgern und dabei dann auch über die 460 Millionen Euro schimpfen, die die Politikerinnen und Politiker vermeintlich als Diäten kassieren, dann ist das der “Bild”-Redaktion zu verdanken.