Christian Titz, Trainer der Profi-Fußballer des HSV, soll die Tradition seiner Vorgänger, Extrawürste an “Bild”-Reporter zu verteilen, nicht fortgeführt haben. Dafür soll Titz nun den Zorn der “Bild”-Redaktion spüren. Das berichten jedenfalls andere Hamburger Medien.
Tatsächlich steht Christian Titz in den “Bild”-Medien besonders in der Kritik. Nach der — zugegeben, blamablen — 0:5-Heimniederlage gegen Jahn Regensburg stellte Bild.de den Posten des Trainers direkt in Frage:
Und “Bild” titelte zur Niederlage:
Es folgten ein 0:0 gegen die SpVgg Greuther Fürth und ein weiteres 0:0 im Stadtderby gegen den FC St. Pauli am vergangenen Wochenende. Und schon wieder fragen sie sich bei “Bild”, ob es das für Christian Titz jetzt gewesen ist:
Dazu muss man wissen: Aktuell liegt der HSV auf Platz 4 der 2. Fußball-Bundesliga. Nach der 0:5-Klatsche gegen Regensburg stand der Klub sogar noch auf Platz 2. In den Sportteilen der lokalen Medien gab und gibt es natürlich auch Kritik am HSV-Trainer, gerade nach der deutlichen Niederlage vor eineinhalb Wochen. Es wird dort aber längst nicht so hart gegen ihn geschossen wie bei “Bild”.
Woher kommt die harsche Kritik der “Bild”-Redaktion? Lars Albrecht, stellvertretender Sportchef der “Hamburger Morgenpost” erklärte sie bereits am 25. September so:
Eine Zeitung mit vier Buchstaben, die nicht MOPO heißt, hat es sich zum klaren Ziel gemacht, Christian Titz als HSV-Trainer abzusägen. Die Kampagne läuft schon lange vor und hinter den Kulissen auf Hochtouren, das 0:5 gegen Regensburg kam da gerade recht, im Derby wird dann nun wohl St. Pauli die Daumen gedrückt.
Klar, der “Trainer-Lehrling” (BILD) hat Fehler gemacht – wie jeder andere Trainer auch. Er hat es aber auch mit seiner unvergleichlichen Art geschafft, die Fans trotz des Abstieges für die 2. Liga zu mobilisieren, sie wieder hinter die Mannschaft zu stellen. Der HSV lebt!
Nach dem Derby gegen den FC St. Pauli wird die “Mopo” konkreter. Simon Braasch und Christian Jung schreiben:
Erschwert, und auch das beklagt Titz offen, werde dieser Prozess durch äußere Einflüsse. “Wenn du beim HSV Trainer bist und deine Spiele nicht gewinnst, gibt es immer ein gewisses mediales Tohuwabohu”, erklärt der Coach und schmückt etwas nebulös aus: “Ich nehme gewisse Aufmerksamkeiten wahr. Das Thema, dass man sich auf gewisse Dinge fokussiert, hat schon vor einiger Zeit begonnen.”
Um zu wissen, was genau Titz damit meint, muss man die Hintergründe kennen. Denn einen seit Monaten wirklich schweren Stand (unabhängig von Ergebnissen) hat der Trainer eigentlich nur bei einem Medium, allerdings Deutschlands lautestem, der “Bild”. Darüber, warum das so ist, hält sich vor allem eine Darstellung hartnäckig.
So soll der Trainer zu Beginn seiner Amtszeit im März recht zügig klargestellt haben, dass er im Gegensatz zu vielen seiner Vorgänger nicht beabsichtige, gesondert mit “Bild” kooperieren zu wollen, woraufhin ihm gegenüber unverhohlen angedeutet worden sein soll, er könne sich dann auf ein deutlich schwereres Leben als HSV-Trainer einstellen. War dem so, wurde diesbezüglich Wort gehalten.
Und Kai Schiller schreibt im “Hamburger Abendblatt” zum selben Gerücht:
Dass nach dem dritten Spiel in Folge ohne Sieg und ohne Tor nicht jeder Kritiker so schnell zufriedengestellt werden kann, dürfte Trainer Titz spätestens nach der Lektüre der “Bild”-Zeitung am Morgen klar gewesen sein. “Jetzt letzte Chance für Titz?”, hatte die Boulevardzeitung getitelt — und damit den roten Faden der Berichterstattung der vergangenen Tage konsequent aufgenommen. “Dieser HSV ist ein Titz”, hatte die “Bild” nach dem 0:5 gegen Regensburg getitelt. Danach folgte: “Titz unter Druck — zwei Pleiten könnten schon sein Aus bedeuten.”
Warum Titz, der noch bis zur vergangenen Woche hinter Legende Branko Zebec der nach Punkten und Siegen erfolgreichste HSV-Coach der Clubgeschichte war, so hart kritisiert wird, beantwortet Matthias Müller, Sportchef der Hamburg-Ausgabe der “Bild”, auf Nachfrage so: “Unsere Berichterstattung über den HSV spiegelt das Ergebnis unserer Recherchen wider. Nicht mehr — und nicht weniger.”
Ein anderer Erklärungsansatz könnte dieser sein: Nach Informationen des Abendblatts hatte sich Titz direkt nach seiner Beförderung zum Cheftrainer die Chuzpe herausgenommen, der “Bild” — anders als die meisten seiner Vorgänger — keine Privataudienz nach den wöchentlichen Spieltagskonferenzen zu gewähren. Was erlauben Titz?
Mit Dank an Dirk H., Martin R. und Anonym für die Hinweise!