Bei “Bild” haben sie neulich einen Rekord geknackt: Im Juni erreichte die Redaktion mit ihren Artikeln als erste deutschsprachige Website mehr als 5 Millionen Interaktionen in den Sozialen Netzwerken, also zusammengerechnete Likes und Kommentare bei Facebook, Retweets bei Twitter und so weiter. Der Chef dankte dem “ganzen NP-Team”, was wohl “New Platforms” heißen soll:
Nun ist 5.000.000 erst mal eine (große) Zahl, die nicht zwingend etwas über die Qualität der kommentierten, geliketen und retweeteten Artikel aussagt. Und dass ein Lügenportal wie “jouwatch” im selben Ranking auf Platz 11 liegt oder die Islamhasser von “Politically Incorret” auf Platz 31 oder “RT Deutsch” auf Platz 19 oder “Promiflash” auf Platz 10 oder “Epoch Times” auf Platz 6 oder “Focus Online” auf Platz 4, spricht auch dafür, dass es dort ausschließlich um Quantität geht.
Wie die “Bild”-Redaktion auch zu ihrem Rekord kommt, mit welcher Art von Inhalten sie viele Interaktionen erzielt, und wie diese Inhalte aufbereitet sind, kann man zum Beispiel an diesem Text über Freibäder in Chemnitz und Zwickau beobachten, der am 24. Juli bei Bild.de erschienen ist:
Ausgangspunkt des Artikels ist ein Facebook-Post des Betreibervereins des Freibads Crossen in Zwickau. Carol Forster, der Vorsitzende des Vereins, schreibt darin unter anderem:
Hallo Zusammen…
aus aktuellem Anlass hier auf der Facebook Seite des Freibades Crossen ein mehr oder weniger Hilferuf und / oder die Frage: Was können wir noch verändern und/ oder verbessern.
Hintergrund ist jener, dass wie vielleicht Einige von Euch gelesen haben, die derzeitige Besuchersituation in allen Freibädern der Stadt Zwickau, so auch bei uns recht Verhalten ist.
Obwohl wir ja nun schon seit einigen Wochen mehr als nur schönes Badewetter haben.
Woran liegt es:
An den Ferien ?
An den Eintrittspreisen ?
Am Umfeld ?
Am Service ?
Oder hat jetzt jeder einen Mini Pool im Garten ?Eure Meinung zählt…..
Wir wissen es eben nicht und machen uns nun berechtigte Sorgen wie es weiter gehen soll.
“Bild” und Bild.de griffen die Sache auf. Forster kommt im Artikel zu Wort und sagt, dass “das Freibad als soziokultureller Treffpunkt” verlorengehe:
“Heute verabredet man sich in der WhatsApp-Gruppe, bequatscht so alles — früher war der Treffpunkt das Freibad.”
Roland Mehlhorn, Schwimmmeister aus Annaberg, nennt einen anderen Grund, warum vornehmlich Jugendliche nicht mehr ins Freibad kämen:
“Wenn ihre komischen Wetter-Apps Regen anzeigen, kommen sie nicht. Dabei stimmen die Vorhersagen oft gar nicht!”
Und dann taucht noch ein “Bad-Betreiber aus dem Vogtland” auf, der seinen Namen aber offenbar nicht nennen möchte, jedenfalls bleibt er anonym:
Weiterer Grund für den Besucherschwund: “Es sind andere Gäste da als früher. Jugendliche, auch aus anderen Kulturkreisen, die oft sehr laut sind”, so ein Bad-Betreiber aus dem Vogtland zu BILD.
Jaja, die lärmenden Ausländer wieder.
Das Argument ist allein schon deswegen interessant, weil es auch recht schnell unter dem Facebook-Post des Freibads Crossen auftauchte …
Schon einmal darüber nachgedacht, dass es vielen “Einheimischen” unbehaglich ist, von unseren zugereisten Neubürgern begafft zu werden?
… und Vereinschef Forster darauf antwortete, dass es so gut wie keine “zugereisten Neubürger” als Badegäste bei ihnen gebe:
Das ist aber weit weit hergeholt als Argument. Sorry. Erstens haben wir noch fast keine, wie sagtet ihr, Neudeutschen, bei uns gehabt und zweitens ist es immer möglich, gegenüber evtl. Daneben Benehmen einzuschreiten.
All die Leute, die unter dem zum Artikel gehörenden Facebook-Post der “Bild”-Redaktion ihren Ärger, ihre Wut, ihren Hass hinterlassen, juckt so ein Argument natürlich nicht. Sie wollen eben nur ihren Ärger, ihre Wut, ihren Hass hinterlassen:
Noch mal: Im Zwickauer Freibad Crossen, um das es im Beitrag geht, sind Menschen mit Migrationshintergrund laut Betreiberverein kein Problem, allein schon, weil kaum da. Eine anonyme Quelle hat diesen Aspekt ins Spiel gebracht, und “Bild” hat ihn in den Artikel gepackt.
Dass es daraufhin im Kommentarbereich der “Bild”-Facebookseite so wirkt, als traue sich kaum noch jemand ins Freibad, weil dort “Bereicherer”, “neue Bürger”, “Jugendliche aus anderen Kulturkreisen” lauern, ist umso erstaunlicher, wenn man sich aktuelle Meldungen zu Besucherzahlen von Freibädern im Rest Deutschlands anschaut:
Aachen — Rekord!
Elmshorn — Rekord!
Grevesmühlen — Rekord!
Unna — Rekord!
Wermelskirchen — Rekord!
Ganderkesee — Rekord!
Saarlouis — Rekord!
Rastede — Rekord!
Siegburg — Rekord!
Leipzig — Rekord!
Ratingen — Rekord!
Tarp — Rekord!
Hannover — Rekord!
Das ließe sich noch eine ganze Weile fortführen.
Apropos Rekord: Bis jetzt hat die “Bild”-Redaktion mit ihrem Artikel zum Freibad in Crossen nur bei Facebook über 10.700 Interaktionen erzielt. Allein der Facebook-Post des “Bild”-“NP-Teams” wurde 2197 Mal kommentiert, 936 Mal geteilt, 1725 Mal geliket. Dazu kommen zahlreiche Interaktionen durch AfD-Accounts und -Politiker. Es braucht eben nur Ausländer, schon läuft das mit dem Rekord in den Sozialen Netzwerken.
Mit Dank an die vielen Hinweisgeber!
Jens Schröder hat den Fall bei “Meedia” ebenfalls schön aufgedröselt: