Archiv für August 16th, 2018

“Bild” zum Fall Sami A.: Populismus statt Aufklärung

Das Oberverwaltungsgericht Münster hat gestern entschieden: Sami A., vor gut einem Monat nach Tunesien abgeschoben, muss zurück nach Deutschland geholt werden.

In der “Bild”-Ausgabe von heute und bei Bild.de ist dazu ein Kommentar der gesamten Redaktion erschienen:

Ausriss Bild-Zeitung - Das meint Bild - Propaganda-Fest für Radikale

Darin heißt es unter anderem:

In über einem Jahr hat die Bundesregierung es nicht geschafft, einen Mechanismus zu schaffen, um Terroristen wie Sami A. rechtssicher in ihre Heimat zurückzuschicken.

Ein Land, das diejenigen, die es auslöschen und mit Terror überziehen wollen, jahrelang auf Kosten der Steuerzahler aushält, dann auf Kosten der Steuerzahler im Privatjet ausfliegt und dann auf Kosten der Steuerzahler im Privatjet wieder zurückholt, damit sie hier wieder — vom Steuerzahler bezahlt — ihr Unwesen treiben können, das gibt es nur ein einziges Mal auf der Welt. Und dieses Land heißt Deutschland.

Natürlich gelte im Rechtsstaat Deutschland das letzte Wort der Gerichte, natürlich müsse dieser Staat dem Urteil im Fall Sami A. folgen. Doch:

Es ist sehr wahrscheinlich, dass Osama bin Ladens Leibwächter bald wieder deutschen Boden betreten und umgehend seinen Antrag auf Hartz IV stellen wird. Ein Propaganda-Fest für alle Radikalen im Land, das Merkel, ihr Innenminister Horst Seehofer und der zuständige Minister in NRW zu verantworten haben.

“Das Land, das Terroristen zurückholt” — diesen Wahlkampfslogan bekommt die AfD in Bayern von der Bundesregierung geschenkt. (…)

Wenn Sami A. zurückkehrt, kann man das durchaus als Sieg des Rechtsstaats bezeichnen. Aber auch als schreckliche Niederlage für die Handlungsfähigkeit unseres Staates. All die Versprechen, dass Deutschland Gefährder, Kriminelle, Vorbestrafte bald konsequent abschieben wird, kann kein Mensch mehr ernsthaft glauben.

Es gehört schon ein bisschen Aufwand und Wille dazu, den eigenen Leserinnen und Lesern Urteile von Gerichten, die viele Leute vielleicht nicht verstehen können oder wollen, zu erklären. Bei den “Bild”-Medien gibt es diesen Willen offenbar nicht. Stattdessen hohlen Populismus und falsche Fakten.

Die Redaktion erklärt den Vorgang zu einer “schrecklichen Niederlage für die Handlungsfähigkeit unseres Staates”. Dabei ist die Rückholung — ob sie nun wirklich stattfinden oder an der tunesischen Staatsanwaltschaft scheitern wird, die noch gegen Sami A. ermittelt — das genaue Gegenteil davon. Der Vorgang zeigt, dass der Rechtsstaat funktioniert, auch wenn ihn manch einer auszutricksen versucht. Er zeigt, dass Gerichte unabhängig entscheiden, auch wenn Politiker öffentlich Druck ausüben. Und er zeigt, dass der Rechtsstaat für alle gilt, auch für jene, die als Gefährder geführt werden, auch für jene, die die “Bild”-Redaktion als “Terroristen” bezeichnet, obwohl sie mindestens rechtlich gesehen keine sind.

Genau das müsste man den Leserinnen und Lesern erklären: Dass der Rechtsstaat für jeden gilt; dass jeder das gleiche Recht auf einen fairen Prozess hat, unabhängig von politischer Einstellung und Ideologie, und egal wie unliebsam die jeweilige Person sein mag.

Man müsste den Leserinnen und Lesern erklären, dass sich die Stärke eines Staates auch darin zeigt, wie er mit seinen Feinden umgeht: Ob er ihnen dieselben Rechte und Verfahren zugesteht wie allen anderen; dass es dabei unerheblich sein muss, wer die politische Macht gerade innehat.

Man müsste den Leserinnen und Lesern erklären, dass es im Interesse jeder Bürgerin und jedes Bürgers ist, dass das genau so bleibt; dass es für jeden nur Vorteile hat, wenn Gerichte unabhängig und nur auf Grundlage des Gesetzes entscheiden; dass Behörden und Ministerien sich nicht einfach über Gerichtsentscheidungen hinwegsetzen können; und dass es zu solchen Entscheidungen wie der des Oberverwaltungsgerichts (OVG) Münster kommt, wenn sie es doch tun.

Man müsste den Leserinnen und Lesern erklären, dass die Entscheidung des OVG nicht bedeutet, dass Sami A. in Zukunft nicht abgeschoben werden kann; dass es darum auch gar nicht ging; dass sein Asylantrag weiter als abgelehnt gilt, dass aber auch weiterhin ein Abschiebeverbot besteht; dass es in der Entscheidung des OVG auch nicht darum ging, ob Sami A. gefährlich ist oder nicht, ob er Leibwächter Osama bin Ladens war oder nicht, ob er Terrorist ist oder nicht oder ob ihm im Falle einer Abschiebung Folter droht; dass es um die Fragen ging, ob die Abschiebung rechtswidrig war, ob Behörden einem Gericht Informationen vorenthalten und ob sie sich über eine Gerichtsentscheidung hinweggesetzt haben.

Man müsste den Leserinnen und Lesern erklären, dass bisher eine Abschiebung unter anderem auch daran gescheitert ist, dass es noch immer keine offizielle Zusicherung aus Tunesien gibt, dass Sami A. dort nicht gefoltert wird; dass die einzige Aussage in diese Richtung vom tunesischen Minister für Menschenrechte stammt, erschienen in “Bild”; dass das dem Verwaltungsgericht Gelsenkirchen verständlicherweise nicht als Zusicherung reichte.

Man müsste den Leserinnen und Lesern erklären, dass Sami A. kein verurteilter Terrorist ist; dass Ermittlungen der Bundesanwaltschaft gegen ihn wegen des Verdachts auf Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung eingestellt wurden, weil die Ergebnisse dieser Ermittlungen nicht für eine Anklageerhebung reichten.

Man müsste den Leserinnen und Lesern erklären, dass nicht endgültig bewiesen ist, dass Sami A. Leibwächter Osama bin Ladens war; dass dieser Vorwurf vor allem auf der Aussage eines anderen Mannes beruht, bei dem Ermittler schon früh Zweifel hatten, ob seine Geschichte in allen Punkten stimmt.

Vielleicht interessieren sich die “Bild”-Leute auch deswegen nicht für eine solche Aufklärung der eigenen Leserschaft, weil sie mit ihrer Berichterstattung der vergangenen Monate Beteiligte sind. Mit dem Druck, den ihre Schlagzeilen auf Politiker und Behörden ausübten, sorgten auch sie dafür, dass der Fall Sami A. für alle so groß wurde, dass derart überstürzt gehandelt wurde.

Statt aufzuklären, schreiben die “Bild”-Medien dann Sätze wie diesen:

“Das Land, das Terroristen zurückholt” — diesen Wahlkampfslogan bekommt die AfD in Bayern von der Bundesregierung geschenkt.

Genau genommen ist es natürlich nicht die Bundesregierung, die der AfD den Wahlkampfslogan mit dem falschen “Terroristen” schenkt, sondern “Bild”. Und es sind die “Bild”-Mitarbeiter, die das alles als “Propaganda-Fest für Radikale” bezeichnen.

Welche “Radikalen” meinen sie damit? Jene, die die Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts Münster für ihre Stimmungsmache als “schreckliche Niederlage für die Handlungsfähigkeit unseres Staates” auslegen? Das macht die Redaktion ja schon selbst.

Mit Dank an Johannes K. und Thomas für die Hinweise!

Wer im “Bild”-Haus sitzt, sollte nicht mit Shitstorms werfen

“Wir haben alle in den letzten Jahren etwas zu oft und auch zu dankbar über Shitstorms berichtet”, erklärte Julian Reichelt am 28. Dezember 2016 — und verkündete darum groß:

Screenshot Bild.de - Warum Bild 2017 den Shitstorm abschafft

Wenn wir nach dem Begriff Shitstorm bei BILD suchen, zeigt die Google-Suche mehr als 2500 Treffer: Die Links führen zu Artikeln mit Zeilen wie “Neid Shitstorm bei ‘Das ProSieben Auswärtsspiel'” oder “Mindestlohn-Tweet löst Shitstorm aus.”

Zwei von vielen Beispielen, bei denen wir uns selbstkritisch fragen: Sind eine Handvoll negativer Kommentare immer gleich ein Shitstorm? Wir finden: Nein!

Deshalb schafft BILD den Begriff Shitstorm im Jahr 2017 ab.

Und weil “Bild” ein Ehrenblatt ist, das zu seinem Wort steht, hat die Redaktion den Begriff seitdem auch nie wieder ben…

Der Shitstorm lies nicht lange auf sich warten (sic!)

(30. Dezember 2016)

Shitstorm gegen Lidl in Tschechien

(6. Januar 2017)

Shitstorm nach dem Bikini-Einsatz

(7. Januar 2017)

Die Folge: ein böser Shitstorm auf Calhanoglus Facebook-Seite.

(3. Februar 2017)

Die Jugendgruppe der AfD löste daraufhin bei Facebook einen Shitstorm gegen den OB aus

(4. Februar 2017)

(…) einen regelrechten „Pack die Brüste ein“-Shitstorm löste sie damit aus.

(10. Februar 2017)

NOCH hat Katy Perry nicht auf den Shitstorm reagiert.

(14. Februar 2017)

Ihre peinlichen Momente auf der Bühne entfachten prompt einen Shitstorm auf Twitter.

(5. März 2017)

Hollywood-Promis wie Colin Farrell (40) und Nicole Kidman (49) schüttelten im Publikum nur die Köpfe, auf Twitter entfachte ein Shitstorm.

(5. März 2017)

Shitstorm wegen dieses Busen-Bilds!

(7. März 2017)

Bodybuilderin kassiert Shitstorm

(16. März 2017)

Nach Shitstorm gegen Klaus Burgers Biber-Delikatessen

(1.April 2017)

Im Internet erntete United umgehend einen enormen Shitstorm.

(11. April 2017)

Der Sender reagierte damit auf den mächtigen Shitstorm, der nach Alphonsos überraschendem Ausscheiden im Internet losbrach.

(15. April 2017)

Dafür kassierte das Freilichtmuseum einen Shitstorm.

(21. April 2017)

Jetzt steht Van der Bellen in einem Shitstorm der Empörung

(28. April 2017)

Der Münchner Homeshopping-Sender ist nach dem ersten Auftritt von Alexander „Honey“ Keen (34) in einen schweren Shitstorm geraten.

(2. Mai 2017)

Auf die Twitter-Nutzerin, die Madison beschimpft hat, ging ein Shitstorm los.

(4. Mai 2017)

Das gab sogar einen kleinen Shitstorm bei ihren 61 000 Instagram-Fans.

(12. Mai 2017)

Auch wenn es im Internet mal wieder einen Shitstorm gibt, perlt das an ihr ab

(17. Mai 2017)

Die Folge: ein Shitstorm gegen den Bücher-Discounter.

(21. Mai 2017)

Ein unglaublicher Shitstorm unter dem Hashtag #donutgate kam über die Sängerin

(23. Mai 2017)

Im Netz brach ein Shitstorm aus.

(18. Juni 2017)

Auf Instagram löste diese Werbung einen Shitstorm aus.

(30. Juni 2017)

Vox hatte dafür einen Shitstorm erlebt.

(27. Juli 2017)

Was folgt, ist ein heftiger Shitstorm für den Star von Real Madrid.

(4. September 2017)

Über Meghan ergoss sich so mancher Shitstorm

(5. September 2017)

Panthers-Quarterback Cam Newton (28) antwortet auf den Sexismus-Shitstorm unter der Woche mit einer Gala-Vorstellung

(9. Oktober 2017)

Doch in den sozialen Netzwerken kam es zu einem richtigen „Shitstorm“.

(9. Oktober 2017)

In den sozialen Netzwerken setzte sofort der vorhersehbare Shitstorm ein.

(23. Oktober 2017)

Der Käse-Shitstorm ließ nicht lange auf sich warten!

(30. Oktober 2017)

Luther erlebt auch einen Shitstorm

(30. Oktober 2017)

Prompt brach ein Shitstorm der „Trump-Trolle” in den sozialen Medien gegen ihn los.

(7. November 2017)

Der Shitstorm ist noch lange nicht zu Ende!

(28. November 2017)

Kurz vor ihrem Tod hatte die gebürtige Polin einen Shitstorm ausgelöst

(8. Dezember 2017)

Folge: Shitstorm!

(19. Dezember 2017)

Auf den Ikea-Facebook-Seiten in Schweden und Dänemark ist inzwischen ein Shitstorm ausgebrochen.

(22. Dezember 2017)

Der Shitstorm, der sich in England daraufhin über die geborene Baronin von Reibnitz ergoss, war gewaltig.

(27. Dezember 2017)

Er hat einen Shitstorm dafür geerntet, und das fand er gut.

(30. Dezember 2017)

Nach einem Shit-Storm gegen ihn, entschuldigte er sich öffentlich

(2. Januar 2018)

Das ging nach hinten los. Shitstorm.

(30. Januar 2018)

Shitstorm auf Facebook gegen den Nürnberger Sender Hitradio N1.

(1. Februar 2018)

Hat sie der Shitstorm, der über sie hereinbrach, zu sehr mitgenommen?

(1. Februar 2018)

Shitstorm gegen die „Zeit“

(2. Februar 2018)

Das Pöbel-Playmate erlebte einen Shitstorm

(6. Februar 2018)

Justin Bieber bekommt Shitstorm ab

(7. Februar 2018)

Ein gigantischer Shitstorm hat sich entladen über der SPD

(9. Februar 2018)

Tor gegen den Trainer-Shitstorm

(12. Februar 2018)

Auf Twitter tobt ein Shitstorm, Fans sind empört.

(14. Februar 2018)

Mutter erntet Shitstorm wegen Still-Videos

(19. Februar 2018)

Fieser Fuß-Shitstorm

(25. Februar 2018)

Als Fia-Präsident Jean Todt auf Twitter Fotos aller zehn Wagen postet und dazu schreibt „Viel Erfolg all diesen wunderbaren neuen Autos“, erntet er einen heftigen Shitstorm

(26. Februar 2018)

Und auf den Wirt geht ein Shitstorm nieder.

(12. April 2018)

Am Freitag hatte es nach dem Bekanntwerden seines Wechsels noch einen Shitstorm („Schäm dich!“, „sofortige Freistellung“) in den sozialen Netzwerken gegeben.

(14. April 2018)

Das Unternehmen kämpft derzeit wegen eines Postings – untertitelt mit den Worten „Unsere Osterhöschen“ – gegen einen Shitstorm.

(20. April 2018)

Die Folge: ein Shitstorm von frustrierten Fans im Netz!

(25. April 2018)

DJ Khaled erntet Shitstorm nach Machospruch

(7. Mai 2018)

Folge: ein Shitstorm auf Facebook.

(17. Mai 2018)

Im Internet tobte derweil ein Shitstorm.

(23. Mai 2018)

Als sie ein Treffen mit einem Imam verweigerte, der Frauen nicht die Hand gibt, ging ein rot-grüner Shitstorm auf sie nieder.

(7. Juni 2018)

Comedian Ricky Gervais tritt Shitstorm gegen Giraffen-Killerin los

(23. Juni 2018)

Entnervt vom Shitstorm nahm er das Video von seinem Instagram-Account.

(10. Juli 2018)

Das Gay Center Rom veröffentlichte das Foto der Rechnung am Donnerstag und trat damit einen Shitstorm gegen das Restaurant los.

(21. Juli 2018)

Aber da war es natürlich schon zu spät, das unerbittliche Internet hatte längst zum Shitstorm angesetzt.

(27. Juli 2018)

Bild  

Der Retweet-Gesinnungsfuror des selbstgerechten Julian Reichelt

Aus der beliebten Reihe “Die gelenkige Selbstgerechtigkeit des Julian Reichelt”: Wirft man dem “Bild”-Chef vor, dass er einen rechten Hetzaccount kommentarlos retweetet hat, fragt Reichelt: “Seit wann sind denn bitte Retweets gleich politische Unterstützungsbekundungen?”:

Screenshot eines Tweets von Julian Reichelt - Seit wann sind denn bitte Retweets gleich politische Unterstützungsbekundungen? Ich verstehe nicht, wieso Zitierungen hier gleich solche Wutwellen auslösen. Zitieren muss erlaubt sein, ohne dass gleich ein Gesinnungsnachweis beigefügt werden muss.

Die Kritik an einem Retweet (RT) sei laut Reichelt “schrecklicher RT-Gesinnungsfuror”:

Screenshot eines Tweets von Julian Reichelt - Meine Position ist, dass mein Retweet nichts mit der Person zu tun hat, dass ich in keiner Verbindung stehe und keine Agenda unterstütze. Herr Gensing sollte schlicht seine Sicht auf Feine Sahne Fischfilet erläutern. Der Screenshot wirft nunmal Fragen auf. Und dieser RT-Gesinnungsfuror ist schrecklich.

Retweetet hingegen “FAZ”-Journalist Patrick Bahners ein Gedicht des Satiremagazins “Titanic” über Sami A., in dem es unter anderem darum geht, dass der Tunesier doch mit einem Flugzeug ins Axel-Springer-Hochhaus fliegen könnte, will Julian Reichelt nichts mehr wissen von “Seit wann sind denn bitte Retweets gleich politische Unterstützungsbekundungen?” Keine Spur mehr davon, “dass mein Retweet nichts mit der Person zu tun hat, dass ich in keiner Verbindung stehe und keine Agenda unterstütze.” Und “zitieren muss erlaubt sein, ohne dass gleich ein Gesinnungsnachweis beigefügt werden muss”? Pah!

Für Reichelt ist Bahners Retweet nichts weniger als Propaganda für den Massenmord an Journalisten:

Screenshot eines Tweets von Julian Reichelt - Unter dem Deckmantel der Satire propagiert FAZ-Kollege Patrick Bahners den Massenmord an Journalisten.

Mit Dank an die vielen Hinweisgeber!

100 Leid-Artikel, Das Fegefeuer des Wettergotts, Blick auf RB Leipzig

1. “Wir sind nicht die Feinde des Volkes”
(sueddeutsche.de, Christian Zaschke)
Der amerikanische Präsident Donald Trump überzieht die Medien seit seinem Amtsantritt mit hasserfüllten Attacken und bezeichnet sie öffentlich gar als “Feinde des Volkes”. Auf Initiative des “Boston Globe” haben sich mehr als 100 Zeitungsredaktionen in den USA zusammengeschlossen, um ein Zeichen gegen Trump und seine pressefeindliche Agitation zu setzen: Am heutigen Donnerstag erscheint in jedem der Blätter ein Leitartikel, der sich kritisch mit Trumps Angriffen auseinandersetzt.

2. Huch, Agathe, die Leser schreiben!
(spiegel.de, Sascha Lobo)
Die “Deutsche Welle” hat vor ein paar Tagen die Kommentarfunktion unter ihren Beiträgen weitgehend abgeschaltet. Man sehe sich außerstande, die Vielzahl von teilweise hasserfüllten und beleidigenden Kommentaren zu moderieren. Sascha Lobo hält dies für eine falsche Entscheidung. Eigene Communities seien der kritische Erfolgsfaktor von Medienseiten. Daher würde es sich lohnen, in diese zu investieren: “Man muss das nur wollen und eben bezahlen wollen — eine Prioritätenfrage. Aber da Kommentarverachtung unter Medienpeople zum guten Ton gehört, möchte man in diese Latrine natürlich nicht auch noch Geld hineinwerfen.”

3. Jörg Kachelmann im Interview: “Warum schreibt ihr so einen Scheiß?”
(hna.de, Matthias Lohr)
Medienvertreter, die den Wetterexperten Jörg Kachelmann interviewen, müssen Nehmerqualitäten haben. “HNA”-Redakteur Matthias Lohr hat sich der Herausforderung gestellt und mit Kachelmann telefoniert. Sein Artikel endet mit den Worten: “Falls es einen Wettergott gibt, wünscht man sich nach diesem Interview, dass es bitte nicht Jörg Kachelmann sein möge. Sonst wird es für einen im Fegefeuer sehr viel heißer werden als diesen Sommer. Und trockener sicher auch.”

4. “Kinder werden nicht zu Nazis, wenn sie ein Hakenkreuz sehen”
(zeit.de, Lisa Hegemann)
Bislang waren Hakenkreuze, SS-Runen oder der Hitlergruß in Computerspielen verboten, doch die Prüf- und Freigabestelle USK hat diese Regelung aufgehoben. Lisa Hegemann hat für “Zeit Online” mit der Medienwissenschaftlerin Lisa Gotto über die möglichen Folgen gesprochen. Gotto hat keine Bedenken, dass es nun zu einer Hakenkreuz-Überflutung kommt: “Die USK wird auch künftig noch jedes Computerspiel einzeln daraufhin prüfen, ob es für Kinder und Jugendliche geeignet ist. Auch in anderen Medien werden Nazisymbole ja nicht inflationär abgebildet, nur weil man sie theoretisch zeigen darf.”

5. Tschüss Google, Tschüss Tracking?
(journalist-magazin.de, Marvin Milatz)
Seit dem 25. Mai gilt die neue Datenschutzgrundverordnung (DSGVO). Viele Verlage haben daraufhin ihre Abläufe überprüft und angepasst. Doch an ein Feld will man ungern ran: den Werbemarkt. Und deshalb setzen Medienseiten immer noch auf den Einsatz von Cookies und Trackingtools. Der österreichische “Standard” beschreitet nun einen neuen Weg: Für sechs Euro im Monat kann man eine komplett trackingfreie Version beziehen. Medien- und Datenjournalist Marvin Milatz hat sich das Modell näher angeschaut und bei anderen Medienhäusern nach deren Strategie gefragt. Ein spannender Blick auf einen Aspekt, der ansonsten weitgehend im Dunklen bleibt.

6. Sportjournalismus: RB Leipzig – neutrale Berichterstatter als Spiegel der Kritik?
(fachjournalist.de, Jonas Bormann)
Der vom Brausehersteller Red Bull finanzierte Fußballklub RB Leipzig sieht sich seit seiner Gründung Kritik ausgesetzt. Dabei geht es unter anderem um die als unfair empfundene Finanzkraft des Klubs und die fehlende Tradition. An der Hochschule Darmstadt wurde nun untersucht, wie deutsche Sportmedien mit der Kritik umgehen. Die Untersuchung hat sich dabei auf die Sportmedien “Kicker Online” und Sport1.de konzentriert.