Archiv für September 9th, 2014

Rüge für Anti-Islam-Kommentar von Nicolaus Fest

Der islamfeindliche Kommentar von Nicolaus Fest in der “Bild am Sonntag” (BILDblog berichtete) ist heute vom Presserat öffentlich gerügt worden.

215 Beschwerden waren dazu eingegangen, erklärte das Gremium in einer Pressemitteilung. Fest hatte unter anderem geschrieben:

Mich stört die weit überproportionale Kriminalität von Jugendlichen mit muslimischem Hintergrund. Mich stört die totschlagbereite Verachtung des Islam für Frauen und Homosexuelle. (…)

Nun frage ich mich: Ist Religion ein Integrationshindernis? Mein Eindruck: nicht immer. Aber beim Islam wohl ja. Das sollte man bei Asyl und Zuwanderung ausdrücklich berücksichtigen!

Ich brauche keinen importierten Rassismus, und wofür der Islam sonst noch steht, brauche ich auch nicht.

Der Beschwerdeausschuss befand, dass der Kommentar “pauschalisierende Aussagen über das Verhalten von Muslimen im Allgemeinen” enthalte und diese “eine diskriminierende Wirkung für Angehörige dieses Glaubens entfalten”. Er verletze nicht nur die Ziffer 12 des Pressekodex (Diskriminierungen), sondern sei auch “mit dem Ansehen der Presse nach Ziffer 1 des Pressekodex unvereinbar”. Der Kommentar spreche zudem dem Islam “die Integrationsfähigkeit an sich ab und verletzt damit die Ziffer 10 des Kodex”. Ursula Ernst, die Vorsitzende des Ausschusses, sagte:

Kommentare dürfen pointiert sein, starke Kritik – auch an Religionen – enthalten und manchmal auch an Grenzen gehen. Hier wird jedoch die Grenze der Meinungsfreiheit deutlich überschritten, indem alle Muslime unter einen Generalverdacht gestellt werden. Die Angehörigen der Religion fühlen sich verständlicherweise diskriminiert.

Presserat missbilligt MH17-Opferfotos

Der Beschwerdeausschuss des Presserats hat sich heute mit den Fotos der MH17-Opfer beschäftigt, die im Juli von einigen deutschen Medien veröffentlicht wurden (BILDblog berichtete). 30 Beschwerden waren dazu beim Presserat eingegangen.

Grundsätzlich seien “Abbildungen von Opfern in der Regel nicht mit dem Opferschutz nach Ziffer 8, Richtlinie 8.2 vereinbar”, schreibt das Gremium in einer Pressemitteilung. Ursula Ernst, Vorsitzende des Ausschusses, sagte:

Die Argumentation einiger Medien, den Opfern ein Gesicht zu geben, ist nachvollziehbar, dennoch: Nur weil jemand zufällig Opfer eines schrecklichen Ereignisses wird, darf er nicht automatisch mit Foto in der Presse gezeigt werden.

So erhielt Bild.de eine Missbilligung für diesen Artikel:

(Alle Verpixelungen von uns.)

Das Portal hatte 100 Opfer des Unglücks gezeigt und viele Details aus ihrem Privatleben genannt. Doch: “Ein öffentliches Interesse am Abdruck dieser Bilder bestand nicht”, so der Presserat.

Auch die Print-“Bild” wurde kritisiert, bekam aber nur einen sogenannten “Hinweis”.

Der “Spiegel” kassierte eine Missbilligung — für diese Titelseite:


Nach Ansicht des Presserats wurden die Opferfotos “für eine politische Aussage instrumentalisiert.” Damit sei auch hier der Opferschutz verletzt worden.

Ebenfalls kritisiert wurden die Beiträge des “Stern” …

… und von Bunte.de:

Beide Medien bekamen aber nur einen “Hinweis” — weil die Darstellung “weniger detailliert” sei, argumentierte der Ausschuss.

In weiteren Beschwerden ging es um Fotos vom Trümmerfeld, auf denen auch Leichenteile zu erkennen waren. Diese Fotos seien nicht unangemessen sensationell, urteilte der Ausschuss:

Die Fotos dokumentieren eindringlich die schreckliche Dimension und die Folgen des Ereignisses. Sie sind noch akzeptabel, da kein Opfer erkennbar ist und die abgebildeten Situationen nicht unangemessen in der Darstellung hervorgehoben werden.

Uwe Ostertag, TV-Quoten, Russland

1. “Ich bin der Troll”
(faz.net, Timo Steppat)
Timo Steppat besucht Uwe Ostertag, der jeden Tag Hunderte von Kommentaren unter die Artikel der Zeitungs-Websites schreibt: “Jeden Morgen um halb acht, wenn sein 18-jähriger Sohn zur Schule gegangen ist, setzt sich Ostertag auf das Sofa. Er klappt den Laptop auf und liest, was in der Welt passiert. Dann beginnt das, was er seine Arbeit nennt. (…) Uwe Ostertag balanciert auf einem schmalen Grat: Geht er in seinem Beitrag zu weit, löscht ihn Porzky. Ist er zu zahm, sagt er, findet er keinen Zuspruch bei den anderen Lesern.”

2. “Ich bin die Quote”
(medienwoche.ch, Nik Niethammer)
Der Haushalt der Familie von Nik Niethammer wird ausgewählt, TV-Quoten zu messen: “Es wäre einfach, das System zu manipulieren, wollte ich es denn. Meine Freunde Viktor Giacobbo und Mike Müller unter Quotendruck? Kein Problem: Schnell die Tasten aller Haushaltbewohner – also auch die unserer Kinder – gedrückt, dazu vier Klicks auf ‘Gäste weiblich’ und ‘Gäste männlich’, und die tatsächlich zuschauende Zahl von Personen wäre sieben Mal höher. Wäre.”

3. “‘Neutralität ist keine Option'”
(tageswoche.ch, Simon Jäggi)
Kriegsreporter Kurt Pelda erzählt von seiner Reise nach Syrien: “Mein Geld steckt in meiner Ausrüstung, Ersparnisse habe ich keine. Wenn wir meine Steuererklärung anschauen würden, wäre ich in der Nähe der Armutsgrenze.”

4. “‘Die Berichterstattung unterscheidet sich kaum von den Statements der Politik'”
(heise.de/tp, Marcus Klöckner)
“Westliche Medien, aber auch Experten und Geheimdienste” hätten die Reaktion Russlands im Konflikt mit der Ukraine nicht vorhergesehen, sagt Friedensforscher Lutz Schrader: “Doch dafür wäre eine grundsätzlich andere Berichterstattung nötig gewesen. Anstatt unablässig westliche Vorurteile gegenüber Russland zu bestätigen, sollten sich die hiesigen Medien darum bemühen, das riesige und in sich sehr widersprüchliche Land – auch seine Träume und Ängste – zu verstehen und den Deutschen und Westeuropäern näher zu bringen.”

5. “Wie es sich dieser Tage anfühlt, ein Journalist zu sein”
(mitvergnuegen.com, Thilo Mischke)
Thilo Mischke verabschiedet sich von Print: “Ich gehe nicht zum Kiosk, um eine Zeitung zu kaufen. Ich lese die Website. Nein, selbst das ist gelogen. Ich lese Reddit. Nur. Das finde ich großartig.”

6. “Sommersprossenalbino”
(haessy.de)