Archiv für September 3rd, 2014

Cicero  

Eine Begegnung der besonderen Art

Sie wirkt leicht angespannt, ja skrupulös in ihren Ausführungen, wie sie dasitzt am Tisch eines Cafés in Berlin-Charlottenburg und von ihrem Romandebut spricht.

“Sie”, das ist Schriftstellerin Judith Hermann. Die Passage stammt aus einem Porträt über sie, das in der vergangenen Ausgabe des “Cicero” erschienen ist, geschrieben von Peter Henning, der ebenfalls Schriftsteller ist.

Und es wirkt, als habe Peter Henning seine Gesprächspartnerin sehr genau beobachtet, während sie so dasaß in dem Café in Berlin-Charlottenburg, denn er schreibt:

Jede ihrer Bewegungen erscheint bewusst und kontrolliert, ihr Lächeln beinahe scheu.

Oder:

(…) erläutert sie und fährt sich mit den Händen über das streng zu einem Knoten gefasste Haar.

Oder:

(…) sagt Judith Hermann und lächelt.

Oder:

Über ihren Zügen liegt Anspannung.

Oder:

Wenn sie aber kurz lacht, weicht die grüblerische Konzentriertheit so schnell, wie sie kam, mädchenhafter Leichtigkeit.

Das Problem ist allerdings: Judith Hermann saß gar nicht in diesem Café in Berlin-Charlottenburg. Also, vielleicht schon, irgendwann mal. Aber nicht mit Peter Henning. Das Treffen zwischen ihm und der Schriftstellerin, das er hier suggeriert, hat es in Wahrheit nämlich nie gegeben.

Der “Cicero” hat das in seiner aktuellen Ausgabe richtiggestellt:

Richtigstellung - Im August-Heft berichtete Peter Henning unter dem Titel 'Licht im Schacht' auf S. 103 von einer Begegnung mit der Schriftstellerin Judith Hermann. Wir bedauern außerordentlich, feststellen zu müssen, dass es die Begegnung zwischen der Autorin und Peter Henning nicht gegeben hat. Wir entschuldigen uns in aller Form bei Frau Hermann für die falsche Berichterstattung, die zudem noch zu früh erfolgt ist: Ihr Roman

Wir wollten von Peter Henning wissen, warum er die Redaktion — und die Leser — dermaßen getäuscht hat, doch auf unsere Anfragen hat er nicht reagiert.

Mit großem Dank an Sarah T.

Spiegel, Kriegsfotografinnen, Werbung

1. “Die Zwei-Klassen-Gesellschaft beim ‘Spiegel'”
(wiwo.de, Bettina Röhl)
Bettina Röhl beleuchtet das “sozialistische Experiment” der Mitarbeiterbeteiligung beim “Spiegel”: “Links schreiben, rechts leben ist kein unbekanntes Phänomen. Tatsächlich wurden die Redakteure schnell zu saturierten Kapitalisten, die ihre Pfründe unter keinen Umständen und zu keinem Zeitpunkt mit irgendjemand wieder teilen wollten. Und da ist man schnell bei dem aktuellen Geschehen im Spiegel. Eigentlich könnte die Mitarbeiter-KG selbstherrlich durchregieren. Doch dazu ist sie aufgrund innerer Befindlichkeit offenkundig nicht in der Lage, obwohl sie in einer sehr komfortablen Lage ist.”

2. “‘Print und Online! Macht endlich gemeinsame Sache!'”
(jensrehlaender.tumblr.com)
Jens Rehländer hat Ideen, wie die “Spiegel”-Print-Redaktion aktiviert werden könnte: “Vielleicht ist der Kulturkampf zwischen Print- und Online ja auch bloß wieder eine Frage des Geldes. Auch beim SPIEGEL. Denn offenbar gibt es eine enge Relation zwischen festem Monatseinkommen und persönlicher Innovationsfähigkeit. So lange das Konto zu jedem Ersten verlässlich gefüllt ist, lahmt der Wille zum Wandel. Ist das Geld aber gefährdet ist man plötzlich zu vielem fähig. Vielleicht ja auch zur Kooperation mit jenen, die man vorher noch als Gegner betrachtet hat?”

3. “‘Gaza ist eigentlich ein hübscher Ort'”
(freitag.de, Tracy McVeigh und Joëlle Weil)
Tracy McVeigh und Joëlle Weil sprechen mit vier Kriegsfotografinnen: Loulou d‘Aki, Lynsey Addario, Alixandra Fazzina und Maggie Steber.

4. “‘RP Online’ hat das Rätsel gelöst: So wird der Journalismus im Netz finanziert!”
(tobiasgillen.de)
“Konsequentes Leservergraulen, maximale Ausschlachtung der Werbeplätze, minimale Aufmerksamkeit für die eigenen Inhalte”, so funktioniere die Finanzierung von Journalismus online, stellt Tobias Gillen fest, der eigentlich nur einen Artikel lesen wollte: “Statt einen Text über ‘Funkschalter und Funkempfänger’ zu lesen, sah ich VW-, Aldi- und Hemden-Werbung, die dann aber von einem fahrenden Auto-Duo inklusive Banner und Stadtpanorama überdeckt wurde.”

5. “Werbespot vor der Hinrichtung”
(medienblog.blog.nzz.ch, Rainer Stadler)
In einem von Werbung unterbrochenen Beitrag kritisiert Rainer Stadler Werbung vor einem Reuters-Video “mit der minutenlangen, erzwungenen Deklaration” des Journalisten James Foley “kurz vor seiner Ermordung”.

6. “‘Glaubst du, dass du mir helfen kannst?'”
(tagesspiegel.de, Alexandra Rojkov)